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Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen · Berlin-Institut für Bevölkerung und...

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Berlin- Institut für Bevölkerung und Entwicklung Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen Wie sich die Länder der Neuen Welt demografisch und wirtschaftlich entwickeln t wächst am schnellsten +++ Aussicht auf Frieden weckt in Kolumbien Hoffnung auf wirtschaftlichen Aufschwung +++ Costa Rica die älteste Demokratie Lateinamerikas +++ verpasste Chancen in Brasilien weiterhin die Werkbank der USA +++ erneuter Regierungswechsel in Peru +++ Guatemala vor einem demografischen Bonus +++ Sorgenkind Haiti +++Ecuador zwischen Ölabhängigkeit und dem Prinzip
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Page 1: Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen · Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen Wie sich die Länder

Berlin-Institut für Bevölkerungund Entwicklung

Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste ChancenWie sich die Länder der Neuen Welt demografisch und wirtschaftlich entwickeln

++++ Lateinamerikas Wirtschaft am Tropf des asiatischen Aufschwungs +++ weiße US-Amerikaner bald in der Minderheit +++ Kanada ist der Musterschüler im Norden des Kontinents +++ Panamas Wirtschaft wächst am schnellsten +++ Aussicht auf Frieden weckt in Kolumbien Hoffnung auf wirtschaftlichen Aufschwung +++ Costa Rica die älteste Demokratie Lateinamerikas +++ verpasste Chancen in Brasilien +++ Venezuelas sozialistisches Experiment ist gescheitert +++ Kubas Bevölkerung altert schnell +++ eine neue Chance für Argentinien +++ Fortschritt auf wackligem Boden in Bolivien +++ Chile ist Lateinamerikas Vorzeigeland +++ Mexiko weiterhin die Werkbank der USA +++ erneuter Regierungswechsel in Peru +++ Guatemala vor einem demografischen Bonus +++ Sorgenkind Haiti +++Ecuador zwischen Ölabhängigkeit und dem Prinzip des „Guten Lebens“+++

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20 30 5040 60 70 80

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14,8

Erklärung der Piktogramme

Einwohnerzahl 2015 und 2030

Durchschnittliche Kinderzahl pro Frau, 2010–2015

minimaler und maximaler Wert im Ländervergleich

Anteil älterer Menschen über 64 Jahre in Prozent, 2015

Bevölkerungsanteil der 20- bis 64-Jährigen mit Sekundarbildung und höher in Prozent, 2015

Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in US-Dollar, 2014

Ease of Doing Business Index als Rangplatz, 2015

Ecosystem Vitality Index (1=niedrig, 100=hoch), 2016

LAND2015

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Über das Berlin-Institut

Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung ist ein unabhängiger Thinktank, der sich mit Fragen regionaler und globaler demografischer Veränderungen beschäf-tigt. Das Institut wurde 2000 als gemeinnützige Stiftung gegründet und hat die Auf-gabe, das Bewusstsein für den demografischen Wandel zu schärfen, nachhaltige Ent-wicklung zu fördern, neue Ideen in die Politik einzubringen und Konzepte zur Lösung demografischer und entwicklungspolitischer Probleme zu erarbeiten.

In seinen Studien, Diskussions- und Hintergrundpapieren bereitet das Berlin-Institut wissenschaftliche Informationen für den politischen Entscheidungsprozess auf.

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Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste ChancenWie sich die Länder der Neuen Welt demografisch und wirtschaftlich entwickeln

Berlin-Institut für Bevölkerungund Entwicklung

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2 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

INHALTImpressum

Herausgeber:GfK VereinNordwestring 10190419 NürnbergTelefon: (0911) 395-2231Telefax: (0911) 395-2715E-Mail: [email protected]

Die Studie wurde vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung im Auftrag des GfK Vereins erstellt.

Mai 2016

Autoren: Franziska Woellert, Klemens Maget, Florian Sievers, Stephan Sievert, Sabine Sütterlin, Reiner Klingholz

Lektorat: Sabine Sütterlin

Organisation: Franziska Woellert

Gestaltung: Jörg Scholz, Köln (www.traktorimnetz.de)

Druck: Gebrüder Kopp GmbH & Co. KG, Köln

Berlin-Institut für Bevölkerung und EntwicklungSchillerstraße 5910627 BerlinTelefon: (030) 22 32 48 45E-Mail: [email protected]

Die thematischen Landkarten wurde auf Grundlage des Programms EasyMap der Lutum+Trappert DV-Beratung GmbH, Bonn, erstellt.

VORWORT ................................................................................................................................ 3

KONTINENT DER GEGENSÄTZE .................................................................................................4

LÄNDER, INDIKATOREN UND DEREN BEWERTUNG ................................................................10

VON GROSSEN MÄCHTEN UND KLEINEN STAATEN ................................................................ 16

DIE GFK-HAUSHALTSBEFRAGUNG ZEIGT, WAS SICH AMERIKANER LEISTEN KÖNNEN .......... 22

LÄNDERKAPITELKANADA ..........................................................................................................................................................24USA ..................................................................................................................................................................25 MEXIKO ...........................................................................................................................................................29GUATEMALA ................................................................................................................................................... 31COSTA RICA ...................................................................................................................................................32PANAMA..........................................................................................................................................................33KUBA ...............................................................................................................................................................35VENEZUELA ....................................................................................................................................................36KOLUMBIEN ...................................................................................................................................................37ECUADOR .......................................................................................................................................................39PERU ............................................................................................................................................................... 40BOLIVIEN .......................................................................................................................................................42BRASILIEN .................................................................................................................................................... 44ARGENTINIEN ............................................................................................................................................... 46CHILE .............................................................................................................................................................. 48

QUELLEN ................................................................................................................................50

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Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 3

Mit der vorliegenden Studie setzt der GfK Verein in Zusammenarbeit mit dem Berlin- Institut für Bevölkerung und Entwicklung seine Reihe zu Analysen der wirtschaftlichen und demografischen Potenziale fort: Nach Afrika und Asien rückt nun der amerikanische Konti-nent in den Fokus.

Der Kontinent Amerika ist geprägt durch seine besondere kulturelle Nähe zu Europa: Die US-Amerikaner mit europäischen Vorfahren stellen heute 72 Prozent der Gesamtbevölke-rung. Über 50 Millionen US-Amerikaner geben explizit eine deutsche Herkunft und knapp 37 Millionen irische Vorfahren an. In Brasilien hat rund jeder zweite Einwohner europäische Wurzeln, in Argentinien gilt das sogar für 90 Prozent der Menschen, die sich dort vor allem auf eine italienische Abstammung beru-fen. Auch bei der Konfession zeigt sich für die Länder Amerikas im Gegensatz zu Afrika und Asien eine größere Nähe zu Europa: Der katho-lische Glaube dominiert vor allem in Süd- und Zentral amerika, während in Kanada und noch mehr in den USA protestantische Glaubens-gemeinschaften verbreitet sind.

Auch beim Einkommen der amerikanischen Bevölkerung zeigen sich Unterschiede zu jenen Afrika oder Asiens, was sich auch auf den privaten Konsum auswirkt. Während auf

dem amerikanischen Kontinent nur rund jeder achte Erdbewohner lebt, ist dort weltweit jeder fünfte Mensch mit einem mittleren Ein-kommen anzutreffen. Was die Rangfolge der Einkommensgruppen innerhalb Amerikas be-trifft, so liegt Nordamerika mit Abstand vorne, gefolgt von den südamerikanischen Ländern. In Zentral amerika und der Karibik verfügen die Menschen weiterhin über durchschnittlich niedrige Einkommen.1 Diese starken ökonomi-schen Gegensätze erklären, dass die Migration von Lateinamerika in die USA weltweit zu den größten Wanderungsströmen zählt.2

Am stärksten ist in den letzten Jahren die Mittel schicht in Südamerika gewachsen. Doch mit diesem Aufstieg droht den dortigen Län-dern, insbesondere Brasilien oder Mexiko, die „Falle der mittleren Einkommen“. Steigende Einkommen und höhere Produktionskosten haben dazu geführt, dass die Unternehmen im Wettbewerb mit weiter entwickelten Staaten zurückfallen, die einen höheren Bildungsstand und höhere Produktivität aufweisen. Unter die-sen Bedingungen erlahmt das zunächst rasche und relativ einfach zu bewerkstelligende Wirt-schaftswachstum in der frühen Entwicklungs-phase der Schwellenländer. Die abgeklungene Euphorie über das Wachstum der BRIC-Staaten und anderer aufstrebender Länder ist auch vor diesem Hintergrund zu verstehen.3

Betrachtet man den globalen Markt für Konsum-güter, so bleibt Asien aufgrund seiner Größe zwar weiter dominant. Aber der Ausstattungs-grad pro Kopf beziehungsweise Haushalt ist in den Ländern Amerikas deutlich höher: Während

VORWORTdie asiatischen Länder – dominiert von China – bei einem Weltbevölkerungsanteil von rund 60 Prozent knapp 45 Prozent der weltweiten PKW-Neuzulassungen im Jahr 2014 für sich verbuchen können, werden auf dem amerika-nischen Kontinent knapp 30 Prozent der welt-weiten Neuwagen registriert – bei einem Anteil an der Weltbevölkerung von nur 13 Prozent.4

Wirft man einen Blick auf den Fernsehgeräte-markt, so ergibt sich ein ähnliches Bild: Sowohl Asien als auch Amerika kommen bei den 2015 weltweit verkauften TV-Geräten nach den Daten der GfK Consumer Choices auf einen Anteil von jeweils rund 35 Prozent – allerdings leben in Asien 4,5-mal so viele Menschen. In Europa werden mit 21 Prozent rund doppelt so viele TV-Geräte verkauft, wie es dem Anteil an der Weltbevölkerung entspricht. Im globalen Smartphone-Markt dominieren 2015 die Län-der Asiens, wo rund die Hälfte der Geräte ver-kauft wird. In Nord- und Südamerika liegt der Anteil der verkauften Geräte bei 22 Prozent und damit knapp doppelt so hoch wie der Anteil dieser Länder an der Weltbevölkerung.

Vergleichbar präsentiert sich der globale Markt für Haushaltsgeräte: Während die asiatischen Länder 2015 insgesamt auf einen Marktanteil von rund 35 Prozent kommen, liegen sowohl die Länder des amerikanischen als auch des eu-ropäischen Kontinents mit jeweils etwa einem Viertel der weltweit verkauften Haushaltsge-räte auf einem doppelt so hohen Niveau wie es ihr Bevölkerungsanteil vermuten ließe. In Asien sind es vor allem Kühlgeräte und Wasch-maschinen mit globalen Anteilen von jeweils

rund 50 Prozent, die den Markt für Haushalts-geräte antreiben. Dagegen wird der Markt für Herde überproportional von Amerika mit den Schwerpunkten USA und Brasilien mit jeweils 16 respek tive 13 Prozent – und von Westeuropa mit 25 Prozent dominiert.

Dass der amerikanische Doppelkontinent durch große Gegensätze geprägt ist, zeigt sich auch bei einem Blick auf das Vertrauensklima und die von den Bürgern geäußerten Herausforde-rungen. Während in den USA und Kanada das durchschnittliche Vertrauen in Institutionen zwischen 50 und 60 Prozent liegt, äußern sich die Menschen in Brasilien und Argentinien mit 40 respektive 33 Prozent merklich skep-tischer.5 Auch auf die Frage, welche Probleme die Menschen in ihrem Land sehen, bekommt man in Brasilien signifikant mehr Antworten als in den USA. Die Gesundheitsversorgung, das Bildungs wesen und die innere Sicherheit stellen in dem größten Land Südamerikas die zentralen zu lösenden Aufgaben dar. In den USA steht neben der wirtschaftlichen Stabilität ebenfalls das Gesundheitssystem im Sorgen-fokus der Bürger – allerdings auf einem deutlich geringeren Niveau als in Brasilien.6

Welche Länder des amerikanischen Kontinents gegenwärtig welches Potenzial für eine positive demografische und wirtschaftliche Entwicklung haben, beantwortet die vorliegende Studie des Berlin-Instituts in einem kompakten Überblick.

Ronald FrankGfK Verein

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4 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

Amerika erstreckt sich über eine Länge von 15.000 Kilometern zwischen dem Pazifischen und dem Atlantischen Ozean. Im Westen bilden die Amerikanischen Kordilleren mit den Rocky Mountains und den Anden das Rückgrat des Doppelkontinents. Unterbrochen wird der Gebirgszug nur an der zentralamerikanischen Landbrücke zwischen der nördlichen und der südlichen Kontinentalplatte, die an ihrer schmalsten Stelle lediglich 84 Kilometer misst. Knapp eine Milliarde Menschen, also etwa jeder siebte Weltbewohner, lebt in Amerika. Geo-politisch wird der Kontinent in drei Regionen gegliedert: Zu Nordamerika zählen die Vereinig-ten Staaten von Amerika (USA) und Kanada, die sich von ihrer Fläche her kaum unterscheiden. Doch während Kanada mit einer Bevölkerung von knapp 36 Millionen sehr dünn besiedelt ist, leben in den USA fast zehnmal so viele Menschen. Zu Mittelamerika zählen die karibi-schen Insel- sowie die zentralamerikanischen Festlandstaaten – allen voran Mexiko, wo mehr als jeder zweite der insgesamt 216 Millionen Einwohner dieser Region lebt. Südamerika ist mit einer Fläche von knapp 18.000 Quadrat-kilometern und einer Bevölkerungszahl von 414 Millionen Einwohnern in etwa so groß wie Nordamerika. Mittel- und Südamerika werden zusammen auch als Lateinamerika bezeichnet. Sie grenzen sich sowohl kulturhistorisch als auch in ihrer wirtschaftlichen und weltpoliti-schen Bedeutung klar von Nordamerika ab.

Bruttoinlandsprodukt und Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in US-Dollar, 2014 (Daten für Venezuela von 2012, für Kuba von 2013)

Nordamerika: Der große und der kleine Bruder

Mit knapp 9.000 Kilometern teilen sich die USA und Kanada die längste gemeinsame Grenze zweier Staaten weltweit. Anders als die stark abgeriegelte und von der US Border Patrol überwachte Südgrenze der USA zu Mexiko wird diese Verbindungslinie nur durch wenige Polizeiposten kontrolliert. Sie steht sinnbildlich für die mehr als 200 Jahre währende friedliche Nachbarschaft der beiden nordamerikanischen Staaten.1 Doch trotz kultureller Ähnlichkeiten, gemeinsamer Sicherheitspolitik und enger Handelsbeziehungen finden sich Unterschiede zwischen den beiden Ländern. Während die USA im Jahr 1776 als erstes Land des amerika-nischen Doppelkontinents seine Unabhängig-keit von den europäischen Kolonialmächten erlangte, schaffte Kanada diesen Schritt erst 1867, also fast ein Jahrhundert später, und gehört bis heute zum Commonwealth der ehe-maligen britischen Kolonien. Die stärkere Bin-dung an die „Alte Welt“ zeigt sich heute noch in vielen Bereichen der kanadischen Gesellschaft. Beispielsweise ähneln das politische wie auch das Sozialsystem in Kanada in vielerlei Hinsicht stärker den europäischen als den US-amerika-nischen Äquivalenten.

KONTINENT DER GEGENSÄTZE

Ungleicher Wohlstand

Die 24 hier untersuchten Staaten des amerikanischen Doppel-kontinents unterscheiden sich erheblich hinsichtlich ihrer Wirtschaftskraft. Die Spanne reicht von den USA – mit einem Bruttoinlandsprodukt von 17,4 Billionen US-Dollar die größte Volks-wirtschaft der Welt – bis hin zu extrem armen Ländern wie Haiti (8,7 Milliarden US-Dollar). Ein Vergleich der Pro-Kopf-Einkommen zeigt ein ganz ähnliches Bild. Auch hier bildet Haiti das Schlusslicht, während die USA an der Spitze stehen. Kleinere, aber wirtschaft-lich relativ starke Länder wie Trinidad und Tobago, Panama oder Uruguay weisen ebenfalls relativ gute Pro-Kopf-Einkommen auf.

(Datengrundlage: World Bank2)

BRASILIEN

USA

MEXIKO

BOLIVIEN

PERU

ARGENTINIENCHILE URUGUAY

PARAGUAY

ECUADORKOLUMBIEN

VENEZUELA

USA

KANADA

HAITIJAMAIKA

KUBA

DOMINIKANISCHEREPUBLIK

TRINIDAD UND TOBAGO

PANAMA

NICARAGUACOSTA RICA

EL SALVADORHONDURAS

GUATEMALA

BIP (US-Dollar)

unter 30 Milliarden

30 Milliarden bis unter 100 Milliarden

100 Milliarden bis unter 500 Milliarden

500 Milliarden bis unter 1 Billion

1 Billion bis unter 5 Billionen

über 5 Billionen

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2014

Kanada ist die elftgrößte Volkswirtschaft der Welt und die drittgrößte des amerikanischen Kontinents nach den USA und Brasilien. Das nahezu menschenleere Hinterland Kanadas ist reich an Rohstoffen wie Erdöl, Erdgas, Uran und Eisenerz, deren Abbau einen Großteil der kanadischen Wirtschaftskraft ausmacht. Die Mehrheit der Kanadier lebt jedoch in den Städten und industriellen Zentren im Süden des Landes, an der Grenze zu den USA. Trotz der relativ kleinen Bevölkerung zeigt Kanada eine auffällige Präsenz in der internationalen Politik. Das Land war und ist an verschiedenen mili-tärischen, zivilen und humanitären Einsätzen der Vereinten Nationen und der NATO beteiligt, unter anderem in Afghanistan, Irak, Nepal und der Ukraine.

An einem politischen oder wirtschaftlichen Austausch mit anderen amerikanischen Län-dern außer den USA zeigte Kanada bis vor kur-zem jedoch wenig Interesse. Einzig mit Mexiko schloss das Land 1994 zusammen mit den USA das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta. Im Herbst 2015 wurde nun mit der Eini-gung zum Transpazifikpakt (TTP), in dem Chile, Mexiko und Peru Partner sind, der Grundstein für eine engere wirtschaftliche Beziehung zum südlichen Teil des Kontinents gelegt. Hiervon und auf Grund einer wachsenden Mittelschicht in den lateinamerikanischen Ländern, erhofft sich Kanada neue Märkte für seine Produkte zu erschließen.3 Die Freizügigkeit für Arbeitskräfte ist jedoch weder in Nafta noch in TTP vorge-sehen.4 Bis heute kommen lateinamerikanische Arbeitsmigranten vor allem mit temporären

Visa für unattraktive und gering bezahlte Jobs ins Land. Von dem international vielbeachteten Punktesystem der kanadischen Zuwanderungs-politik profitieren sie kaum. So kommt es, dass in dem multikulturellen Staat, in dem jeder fünfte Bewohner im Ausland geboren wurde, Latinos nur eine kleine Minderheit ausmachen.5

Die USA haben sich seit ihrer Unabhängigkeit Schritt für Schritt als mächtigste Nation im internationalen Staaten- und Wirtschafts gefüge etabliert. Dies gilt bis heute, auch wenn die schwächelnde Konjunktur und die wachsen-de soziale Ungleichheit, die Verschärfung internationaler Konflikte und terroristische Bedrohungen das Land vor einige Herausforde-rungen stellen.6 Noch immer sind die USA die mit Abstand stärkste Volkswirtschaft, die allein ein Fünftel des jährlichen Welteinkommens erwirtschaftet.7 Sie bedienen nicht nur einen der größten Binnenmärkte, sondern sind nach China auch die zweitgrößte Exportnation welt-weit.8 Nach einer kurzen Rezession im Zuge der Finanzkrise 2007/2008, die mit dem Platzen der US-amerikanischen Immobilienblase ihren Anfang genommen hatte, ist das Wirtschafts-wachstum der USA mit zwei Prozent heute wieder eines der stabilsten unter den west-lichen Industrieländern.9

Die USA verstehen sich selbst als Weltmacht mit globalem Führungsanspruch. Für ihre Außenpolitik stellen die westlichen Industrie-länder wichtige Verbündete, allen voran die europäischen. Die transatlantischen Beziehun-gen basieren dabei bis heute auf dem in der Monroe-Doktrin von 1823 festgelegten Verbot der gegenseitigen politischen Einflussnahme.

Anders verhalten sich die USA gleichsam vor der eigenen Haustür: Was aus US-amerikani-scher Sicht als Zeichen der Unabhängigkeit der „Neuen“ von der „Alten Welt“ begann, entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem Hegemonialanspruch über den gesamten amerikanischen Kontinent.10 Auf dieser Grund-lage verfolgten die USA vor allem in der Zeit des Kalten Kriegs (1946-1989) ihre eigene Interessen politik in Lateinamerika, das lange

Zeit auch als Hinterhof der USA bezeichnet wurde. So brachten die USA in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter anderem in Guatemala, El Salvador, Chile und Nicaragua demokratisch gewählte linksgerichtete Regie-rungen zu Fall und unterstützten verschiedene autokratische Systeme. Noch heute nährt sich die lateinamerikanische Linke aus der Empö-rung über US-amerikanische Eingriffe in die staatliche Souveränität vieler Länder.

Wirtschaftsgigant Nordamerika

Im Vergleich der regionalen Wirtschaftsleistungen von Nordamerika, Lateinamerika mit der Karibik und der Euro-zone wird die Übermacht der beiden nordamerikanischen Staaten deutlich. Ihr gemeinsames Bruttoinlandsprodukt und Bruttoinlandsprodukt pro Kopf lagen in den letzten 25 Jahren um das Vier- bis Fünffache über jenen aller latein-amerikanischen und karibischen Staaten zusammen. Auch im Vergleich zur Eurozone weist Nordamerika die stärkere Leistung auf und konnte den Abstand in den letzten Jahrzehnten sogar vergrößern.

Bruttoinlandsprodukt in Billionen US-Dollar (bezogen auf 2005) und Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Tausend US-Dollar (bezogen auf 2005), 1991–2014(Datengrundlage: World Bank11)

BIP in Billionen US-Dollar

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BIP Nordamerika

BIP pro Kopf Nordamerika

BIP Eurozone

BIP Lateinamerika und Karibik

BIP pro Kopf Lateinamerika und Karibik

BIP pro Kopf in Tausend US-Dollar

BIP pro Kopf Eurozone

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6 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

Lateinamerika: beeindruckender Wirtschaftsboom

Als Christoph Kolumbus vor über 500 Jahren auf einer der Inseln der heutigen Bahamas landete, begann für die indigene Bevölkerung Lateinamerikas ein langer Leidensweg. Die einstigen Hochkulturen der Mayas, Azteken und Inkas fielen bald darauf dem Eroberungszug der europäischen Kolonialmächte zum Opfer.12 Anders als in Nordamerika ging es diesen anfangs weniger um die Besiedlung des Landes als vielmehr um die Ausbeutung des schier unermesslichen Reichtums der Region. Mit bis zu 220 Tonnen Silber im Jahr finanzierte die spanische Krone ihr Imperium. Mehr als die Hälfte davon stammte aus einem einzigen Berg, dem Cerro Rico am Rande der Stadt Potosí im heutigen Bolivien, in dessen Minen Aber tausende Indigene und schwarze Sklaven ihr Leben ließen.13 Trotz zahlreicher Aufstände gelang den meisten lateinamerikanischen Ländern erst Anfang des 19. Jahrhunderts die Loslösung von den Kolonialmächten.

Bis in die 1980er Jahre hinein zählte Latein-amerika zu den ärmsten Regionen der Welt. 1984 lebten über 40 Prozent der Bevölkerung in Armut, 27 Prozent sogar in extremer Armut.14 In den meisten Ländern regierten Diktatoren. Bürgerkriege, Korruption und Willkürherrschaft waren weit verbreitet. Länder wie Brasilien, Argentinien und Mexiko legten zwar beein-druckende Wachstumsraten vor, hatten sich für ihre Industrialisierung aber große Summen an den internationalen Finanzmärkten geliehen. Dann erschütterte die lateinamerikanische Schuldenkrise die gesamte Region, führte in

Mexiko zum Staatsbankrott und machte viele Länder abhängig von internationalen Finanz-hilfen. Die 1980er Jahre sind als „verlorenes Jahrzehnt“ in die Geschichtsbücher eingegan-gen, in dem Wachstum und Entwicklung nahezu unerreichbar schienen.

Im Laufe der 1990er und vor allem der 2000er Jahre schafften es jedoch immer mehr latein-amerikanische Länder, sich aus dem Teufels-kreis von hoher Verschuldung, schwacher Wirt-schaftsleistung und großer Armut zu befreien. Heute gehören nach dem Human Develop ment Index, dem Wohlstandsindikator der Ver-

Erfolgreiche Armutsbekämpfung

Noch zur Jahrtausendwende lebten weite Teile der Bevölkerung in Lateinamerika in Armut. In dem armen und von Naturkatastrophen heimgesuchten Haiti mussten drei Viertel der Bevölkerung mit weniger als umgerechnet 3,1 US-Dollar pro Tag auskommen. In Ecuador, Honduras und Bolivien lag die Armutsquote über 40 Prozent. Zehn Jahre später hat sich das Bild – außer in Haiti – deutlich gewandelt. Kritiker bemängeln allerdings, dass die Reduzierung der Armut in vielen Ländern nicht mit strukturellen Veränderungen einherging, sondern auf Wohlfahrtsprogramme mit Direkttransfers wie die „Bolsa Familia“ in Brasilien zurückzuführen ist. Wenn die Staatseinnahmen aus dem Rohstoffabbau weiter zurückgehen, können viele Staaten diese Programme nicht mehr aufrechterhalten. Den gerade der Armut entronnenen Menschen droht dann wieder der soziale Abstieg.

Entwicklung des Bevölkerungsanteils in Armut (unter 3,1 US-Dollar pro Tag) für ausgewählte Länder in Prozent, zwischen 1999/2001 und 2011/2013 (je nach Verfügbarkeit) (Datengrundlage: World Bank, World Development Indicators19)

1999/2001

2011/2013

Haiti

Prozent 75 55 35 1565 45 25 570 50 30 1060 40 20 0

Uruguay

Chile

Argentinien

Dominikanische Republik

Costa Rica

Paraguay

Panama

Guatemala

El Salvador

Mexiko

Brasilien

Kolumbien

Peru

Bolivien

Honduras

Ecuador

einten Nationen, mit Chile und Argentinien zwei latein amerikanische Staaten zu den Ländern mit einer „sehr hohen menschlichen Entwicklung“. Lediglich das im Januar 2010 vom Erdbeben zerstörte Haiti weist demnach noch einen niedrigen Entwicklungsstand auf.15 Auch politisch hat sich die Region stabilisiert. Waren noch Ende der 1970er Jahre gerade mal drei Länder – Costa Rica, Venezuela und Kolumbien – als demokratisch einzustufen, zäh-len heute alle lateinamerikanischen Länder als Demokratien, auch wenn die Qualität der Re-

gierungsführung unterschiedlich zu bewerten ist.16 Wirtschaftlich kann die Region auf eine Phase stabilen Wachstums zurückblicken. So hat sich die gemeinsame Wirtschaftsleistung Lateinamerikas seit Anfang der 1980er Jahre von 1,2 auf fast 3 Billionen US-Dollar mehr als verdoppelt.17 Insbesondere in den 2000er Jahren verhalf die weltweit starke Nachfrage nach lateinamerikanischen Exportgütern vielen der Länder zu einem „goldenen Jahrzehnt“.18 Getragen von ihrer wachsenden wirtschaft-lichen und politischen Stärke treten Länder wie Brasilien, Chile, Argentinien und Mexiko mit neuem Selbstbewusstsein auf die internatio-nale Bühne.

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Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 7

Im politischen, wirtschaftlichen und geo-strategischen Bewusstsein der Europäer spielte Lateinamerika lange nur eine untergeordnete Rolle. So wickelte die EU in den vergangenen Jahren gerade einmal fünf bis sechs Prozent ihres Außenhandels mit Ländern dieser Region ab. Umgekehrt ist gegen Ende der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts auch das latein-amerikanische Interesse am „alten“ Kontinent spürbar zurückgegangen, während neue wirt-schaftliche Beziehungen zu Asien entstanden, vor allem zu China. Dadurch konnte sich die Region zunehmend dem Einfluss der west-lichen Staatengemeinschaft und der von ihr geprägten Institutionen wie der Weltbank oder dem Internationalen Währungsfonds entziehen und eigene politische Modelle entwickeln.20 Der lateinamerikanische Sozialismus in all seinen unterschiedlichen Ausprägungen – ver-körpert von „Lula“ da Silva in Brasilien, von Evo Morales in Bolivien, Hugo Chávez in Venezuela oder den Kirchners in Argentinien – hat im Süden des Doppelkontinents seit Anfang des neuen Jahrtausends ein ganz neues Selbstver-ständnis hervorgebracht. Dieses hat allerdings mittlerweile durch Krisen, Misswirtschaft und Korruptionsskandale wieder erheblichen Scha-den genommen.

Im Zuge dieser Entwicklung setzen die meisten lateinamerikanischen Länder wieder vermehrt auf ihren Reichtum an Erzen, Edelmetallen, fossilen Brennstoffen und landwirtschaftlichen Rohprodukten.21 Dieser Neo-Extraktivismus, das Wachstum auf Basis von Rohstoffverkäu-fen, steht seit einigen Jahren jedoch als ökono-misch, ökologisch und sozial wenig nachhaltig in der Kritik: Trotz Förderung und Maßnahmen zum Schutz der einheimischen Industrie findet die Verarbeitung der Rohstoffe noch immer kaum in den Ländern selbst statt, so dass die Abhängigkeit vom globalen Primärgütermarkt

bestehen bleibt und die Wertschöpfung wo-anders entsteht. Einbrüche der Nachfrage, wie sie durch die Konjunkturflaute in Asien momentan zu beobachten sind, bringen daher das Wachstum in vielen lateinamerikanischen Ländern zum Erliegen.22 Hinzu kommt, dass Großprojekte zum Abbau von Rohstoffen und zum Anbau landwirtschaftlicher Produkte oder Infrastrukturmaßnahmen wie der Bau von Staudämmen und Straßen zu gesellschaftlichen Zerwürfnissen führen, da sie oft ohne Rücksicht auf ökologische Kosten und zum Teil gegen erhebliche Widerstände durchgesetzt werden.23 Darin unterscheiden sich Länder mit linken Regierungen wie Brasilien oder Bolivien wenig von Ländern wie dem eher konservativ geführ-ten Chile.24 2014 schwelten in Lateinamerika

allein im Bergbau 210 Konflikte, die meisten von ihnen in Chile, Peru, Mexiko, Argentinien und Brasilien.25

Unbestritten hat der Wirtschaftsboom der vergangenen Jahre zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen in Lateinamerika geführt. Nach Berechnungen der Weltbank haben zwi-schen 1995 und 2010 etwa 40 Prozent der lateinamerikanischen Haushalte einen Aufstieg in die jeweils nächsthöhere sozioökonomische Klasse geschafft. Von 20 auf 30 Prozent ist in dieser Zeitspanne der Anteil der Bevölkerung Lateinamerikas gestiegen, der über 10 bis 50 US-Dollar pro Tag verfügt, was nach Definition

Auf und Ab beim Wachstum

Fast alle lateinamerikanischen Länder konnten sich im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts über hohe Wirtschaftswachs-tumsraten freuen. Die Konjunktur in vielen asiatischen Staaten boomte und befeuerte die Nach-frage nach lateinamerikanischen Exportprodukten wie Erdöl, Erdgas, Erzen, seltenen Erden oder Soja. Doch mit der konjunk-turellen Flaute auf dem globalen Rohstoffmarkt verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum der Region deutlich. Für die nächsten Jahre rechnen Experten mit weiteren Einbrüchen. Für Venezuela, das zusätzlich zu den niedrigen Weltmarktpreisen mit massiven politischen Unruhen zu kämpfen hat, prognostizieren sie gar ein deutliches Schrumpfen der Wirtschaftsleistung. Nach den neueren Entwicklungen in Brasilien dürften die Prognosen für die größte Volkswirtschaft der Region mittlerweile ebenfalls schlechter ausfallen.

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2015–2017

Durchschnittliche jährliche Wachstumsraten und Prognose des Bruttoinlandsprodukts für ausgewählte Länder Lateinamerikas in Prozent, verschiedene Zeiträume(Datengrundlage: Rabobank26)

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8 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

der Weltbank die Einkommensspanne der Mittelklasse ist. Dagegen sank der Anteil der Menschen, die mit weniger als 4 US-Dollar am Tag auskommen müssen und damit in die-sem Kontext als arm gelten, von 44 auf 30,5 Prozent.27 Die Nachhaltigkeit dieses sozialen Wandels muss sich jedoch erst noch beweisen. Die meisten Menschen (38,5 Prozent) befinden sich mit einem täglichen Einkommen von 4 bis 10 US-Dollar in der sogenannten „Sand-wich“-Klasse zwischen Armut und Mittelstand. Sie gelten damit als besonders gefährdet, aufgrund von Konjunkturkrisen oder politischer Instabilität wieder in die Armut abzurutschen.28 Denn die meisten von ihnen arbeiten in der Schatten wirtschaft, ohne Anstellung und formale Ab sicherung. Der Anteil informell Be-schäftigter außerhalb des landwirtschaft lichen Sektors liegt trotz florierender Wirtschaft zwischen 33 Prozent in Chile und Uruguay und über 70 Prozent in Honduras, Guatemala und Bolivien.29

Eine weitere Herausforderung stellt das Bil-dungsniveau. Zwar haben sich die Einschu-lungsraten in Grund- und weiterführenden Schulen deutlich verbessert und liegen in der Sekundarbildung durchschnittlich bei 74 Pro-zent. Allerdings ist dies noch immer weit unter dem Durchschnittswert aller OECD-Länder von 91 Prozent. Die Qualität der Ausbildung liegt ebenfalls deutlich unter dem OECD-Durch-schnitt.30 Der Druck aus der Bevölkerung für weitere soziale Reformen und eine gerechtere Verteilung des Wohlstandes steigt in vielen Ländern.31 Die politische Stabilität der Region wird mit davon abhängen, wie es die einzelnen Länder schaffen, ihre Erfolgsgeschichte zu ver-stetigen und breiteren Bevölkerungsschichten zugänglich zu machen.

Amerikanische Regional-organisationen

Von Anbeginn der Staatengründung auf dem amerikanischen Kontinent spielte die Idee einer panamerikanischen Integration eine wichtige Rolle in den zwischenstaatlichen Be-ziehungen. So entstehen immer wieder neue regionale Abkommen und Bündnisse, welche die politische, wirtschaftliche oder soziale Integration zum Ziel haben. Manche von ihnen erlangen kaum politischen Einfluss und gera-ten schnell wieder in Vergessenheit. Andere sind für die internationalen Beziehungen auf dem Kontinent von großer Bedeutung. Die folgende Aufführung beschränkt sich daher auf die wichtigsten Regionalorganisationen und Abkommen, die sich vorrangig auf den amerikanischen Kontinent beziehen.

Nafta, das North American Free Trade Agree-ment, ist das einzige Freihandelsabkommen zwischen dem Norden und dem Süden des Kontinents. Es beschränkt sich auf die beiden nordamerikanischen Staaten und Mexiko. Nafta trat 1994 in Kraft und soll den Aus-tausch von Waren, Finanzmitteln und Dienst-leistungen zwischen den drei Mitgliedsstaaten erleichtern. Die Freizügigkeit für Arbeitskräfte ist in dem Abkommen nicht vorgesehen.

Mercosur, der Mercado Común del Sur, wurde 1991 als südamerikanische Freihandels-zone und Zollunion gegründet. Argentinien, Bolivien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Venezuela zählen zu den festen Mitgliedern. Ihnen sind bilaterale Freihandelsabkommen

schen beigetreten. Mitglieder von OLADE erhalten technische und politische Unter-stützung, um den regionalen Energiemarkt weiterzuentwickeln und zu integrieren. So soll die Energiesicherheit in der Region gestärkt werden.

Die Lateinamerikanische Integrationsvereini-gung Aladi existiert seit 1980 auf Grundlage des Vertrages von Montevideo. Sie löste die lateinamerikanische Freihandelsorgani-sationen Lafta und ALALC ab. Aladi hat 13 Mitgliedsstaaten. Die Organisation widmet sich der sozioökonomischen Entwicklung und Integration in der Region. Bisherige Erfolge sind regionale Vorzugszölle und einzelne Vereinbarungen zwischen verschiedenen Mitgliedsstaaten. Das langfristige Ziel ist die schrittweise Einrichtung eines gemeinsamen lateinamerikanischen Markts.

Unasur, kurz für Unión de Naciones Sur-americanas, ist ein im Jahr 2008 gegründeter Zusammenschluss aller zwölf südamerikani-schen Staaten. Deren Ziel ist, bis 2025 eine wirtschaftliche und politische Integration ähnlich der EU zu erreichen. Dazu gehört eine gemeinsame Währung sowie eine einheitliche Außen- und Sicherheitspolitik. Bisher konnte die Unasur erfolgreich bei verschiedenen innenpolitischen Konflikten zur Deeskalation beitragen und koordiniert die humanitäre Hilfe der lateinamerikanischen Länder bei Natur-katastrophen wie zuletzt dem verheerenden Erdbeben 2016 in Ecuador. In den internatio-nalen Beziehungen außerhalb Lateinamerikas ist die Unasur allerdings noch wenig präsent.

mit Drittstaaten untersagt. Unter anderem deshalb sind Chile, Peru, Kolumbien, Ecuador, Guyana und Suriname nur assoziierte Staaten. Mexiko befindet sich derzeit in Verhandlungen über eine Assoziation. Weitere Abkommen mit den USA zu einer gesamtamerikanischen Freihandelszone (FTAA) und mit der EU scheitern bisher an Interessengegensätzen beispielsweise beim Handel von Agrarpro-dukten. Auch intern kämpft der Mercosur mit Rivalitäten zwischen seinen Mitgliedsstaaten. Vorhaben wie eine gemeinsame Währung oder eine von der Weltbank und vom IWF unabhän-gige Regionalbank liegen seit Jahren auf Eis.

Die Alianza del Pacifico ist seit 2011 ein Handelszusammenschluss von vier latein-amerikanischen Pazifikanrainern: Chile, Kolumbien, Mexiko und Peru. Seit 2014 be-findet sich Costa Rica im Aufnahmeprozess. Zusammen stehen die Mitgliedsstaaten für mehr als ein Drittel der lateinamerikanischen Wirtschaftskraft. Ziel der Allianz ist die wirt-schaftliche Kooperation und die Öffnung der Märkte Richtung Asien. Neben dem Freihandel hat die Pazifische Allianz auch andere Projekte der regionalen Integration in Angriff genom-men, wie etwa visumsfreies Reisen, einen gemeinsamen Aktienmarkt und gemeinsame Botschaften in mehreren anderen Ländern.

Olade ist die lateinamerikanische Organisa-tion für Energie, die 1973 mit der Verein-barung von Lima als Antwort auf die damalige Ölkrise gegründet wurde. 28 Länder aus Lateinamerika und der Karibik sind inzwi-

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Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 9

deutung. Unter Celac wurden bereits mehrere gemeinsame Positionspapiere erarbeitet, wie zum Beispiel zum Umgang mit Terrorismus. 2016 übernimmt die Celac unter anderem eine Mission zur Kontrolle der Waffenruhe in Kolumbien und koordiniert den Austausch der lateinamerikanischen Staaten untereinan-der im Kampf gegen den Zika-Virus.

Alba steht für Bolivarische Allianz für die Völker unseres Amerikas. Sie geht auf eine Initiative des kubanischen Revolutionsfüh-rers Fidel Castro und des verstorbenen vene-zolanischen Staatspräsidenten Hugo Chávez im Jahr 2004 zurück und ist als Gegenmodell zu der von den USA geplanten gesamtame-rikanischen Freihandelszone Alca gedacht. Die Organisation knüpft an die Ideologie des Freiheitskämpfers Simón Bolívar an, der im 19. Jahrhundert ein Großreich aller spanisch-sprachigen lateinamerikanischer Länder anstrebte. Neben den Gründungsstaaten Kuba und Venezuela zählen sieben mittel-amerikanische und karibische Staaten sowie Bolivien und Ecuador zu den Mitgliedern. Alba verfolgt das Ziel einer engen politischen und wirtschaftlichen Kooperation und führte schon 2010 eine virtuelle gemeinsame Wäh-rung ein, die jedoch kaum eine Bedeutung hat. Die Organisation zeichnete sich in den letzten Jahren durch eine starke Präsenz in der internationalen Politik aus. Beobachter nehmen außerdem eine zunehmende Militari-sierung wahr.

Die Comisíon Económica para América Latina (Cepal) ist eine Organisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Santiago de Chile. Ihr Ziel ist es, die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der gesamten Region zu fördern. Cepal verwaltet mehrere Datenbanken mit einer Vielzahl sozioökonomischer Indikatoren und gibt neben dem jährlich erscheinenden sozioökonomischen Entwicklungsreport für Lateinamerika verschiedene weitere Publika-tionen zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Region heraus.

Die OAS, auf Deutsch Organisation ameri-kanischer Staaten, wurde bereits 1948 auf Betreiben der USA gegründet und umfasst sämtliche unabhängigen Staaten des Konti-nents. Ihr ursprüngliches Ziel war, eine sowje-tische Einflussnahme auf dem amerikanischen Kontinent zu verhindern. Die heutigen Inter-essen sind Demokratieförderung, Schutz und Wahrung der Menschenrechte, wirtschaftliche und soziale Entwicklung sowie die Zusammen-arbeit in der regionalen Sicherheit. Der Haupt-sitz der OAS ist in Washington D.C. Die 2011 von lateinamerikanischen Staaten gegründete Celac gilt als Alternativorganisation zur OAS.

Celac, die Gemeinschaft lateinamerikanischer und karibischer Staaten, entstand 2011 aus dem Zusammenschluss mehrerer kleinerer Re-gionalbündnisse. Sie hat zum Ziel, die latein-amerikanische Integration zu verstärken und den Einfluss der USA auf die Region zu ver-ringern. Der Vorsitz wechselt jedes Jahr unter den 33 Mitgliedsstaaten des Bündnisses. Die Regionalorganisation gewinnt rasch an Be-

Die Falle des mittleren Einkommens

Die Totale Faktorproduktivität gilt als Maß für technologischen Fortschritt und Effizienzsteigerung. Sie sagt also aus, wie viel ein Land bei gegebenem Einsatz an Arbeit und Kapital produzieren kann, weil beispielsweise die Be-schäftigten einen hohen Bildungsgrad aufweisen oder weil verstärkt Informationstechnologie zum Einsatz kommt. In den meisten lateinamerikanischen Ländern ist die Faktorproduktivität seit 1990 nur langsam gewachsen und schrumpft seit kurzem wieder. Sie stecken in der sogenannten Falle des mittleren Einkommens fest, zusammen mit all jenen Schwellenländern, die sich zwar aus der ärgsten Armut befreien konnten, denen aber die technologischen und innovativen Kapazitäten fehlen, um im Wettbewerb mit den Industrieländern mithalten zu können.

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Durchschnittliches jährliches Wachstum der Totalen Faktorproduktivität in ausgewählten Ländern Lateinamerikas, 1990–2002, 2003–2011, 2012–2014(Datengrundlage: Rabobank32)

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10 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

Für die vorliegende Studie haben wir alle Staa-ten des amerikanischen Doppelkontinents und der Karibik betrachtet, die mehr als eine Million Einwohner haben. Neben den Kleinststaaten wurde auch Puerto Rico aus dem Länderver-gleich herausgenommen. Die Inselgruppe ist ein Außengebiet der USA, daher liegen für eini-ge der in der Studie verwendeten Indikatoren keine Daten vor. Insgesamt haben 24 Staaten Eingang in diese Studie gefunden.

Der Ländervergleich basiert auf 20 Indikatoren aus fünf verschiedenen Bereichen: Bevölke-rungspotenzial, Lebensbedingungen, Politik, Wirtschaft und Umwelt. Die Zahl der Indikato-ren je Bereich variiert zwischen zwei (Umwelt) und sechs (Wirtschaft). Für jeden Indikator erhalten die Länder abhängig von ihrem rela-tiven Ergebnis Punkte, wobei 24 die maximal zu erreichende Punktzahl ist. Für die einzelnen Bereiche wurde aus der durchschnittlichen Punktzahl jedes Landes eine Rangliste erstellt, bei dem das Land mit der höchsten durch-schnittlichen Punktzahl auf Platz eins kommt. Dieses Verfahren bietet den Vorteil, dass feh-lende Daten für einzelne Indikatoren sich nicht auf das Ranking auswirken. Das Gesamtranking ergibt sich aus dem Durchschnitt der Endpunkt-stände aller fünf Bereiche, wobei der Bereich Umwelt nur zur Hälfte in die Schlussbewertung eingeflossen ist.

2. Veränderung des Anteils der 20- bis 39-Jährigen an der Gesamteinwohnerzahl bis 2030 (Index: 2015=100)(Datengrundlage: UN Desa)

Menschen im jüngeren Erwachsenenalter gelten als besonders innovativ, produktiv und konsumfreudig. Sie sind eher bereit, Neues auszuprobieren und zur Erfüllung ihrer Wün-sche auch Risiken einzugehen. Gerade bei jungen Menschen, die das Elternhaus verlassen, ist der Bedarf an Konsumgütern groß. Mit zu-nehmender Arbeitserfahrung wächst zudem die Kaufkraft der jungen Erwachsenen. Schwindet der Anteil dieser Bevölkerungsgruppe im Zuge der Alterung einer Gesellschaft, kann dies zu Konjunktureinbrüchen führen. Nur in wenigen der hier untersuchten Länder dürfte der Anteil 20- bis 39-Jähriger bis 2030 noch wachsen. Am stärksten fällt die Zunahme in Guatemala mit knapp vier Prozent aus. In Trinidad und Tobago dagegen schrumpft der Anteil dieser Alters-gruppe um mehr als ein Fünftel.

3. Veränderung des Anteils der über 64-Jährigen an der Einwohnerzahl bis 2030 (Index: 2015=100)(Datengrundlage: UN Desa)

Auch wenn ältere Menschen heute oft deutlich gesünder und agiler sind als noch vor wenigen Jahrzehnten, so bedeutet ein hoher Anteil über 64-Jähriger für eine Gesellschaft doch eine Belastung. Denn wenn ältere Menschen nicht mehr erwerbstätig sind, müssen sie von den jüngeren Erwachsenen mit versorgt werden. Dies kann gelingen, wenn die Produktivität

einer Volkswirtschaft ausreichend schnell wächst. Die zum Teil sehr rasch voranschrei-tende Alterung stellt jedoch die meisten der hier untersuchten Länder vor große Heraus-forderungen. Am stärksten steigt der Anteil der Bevölkerung über 64 Jahren in Kolumbien: von heute 7 Prozent auf 12,8 Prozent im Jahr 2030. Uruguay weist mit 14,4 Prozent schon heute den höchsten Anteil über 64-Jähriger aller lateinamerikanischen Staaten auf. Damit liegt das kleine südamerikanische Land in punkto Alterung nur knapp hinter Kanada (16,1 Prozent) und den USA (14,8 Prozent). Bis 2030 zeigt Uruguay jedoch im gesamtamerika-nischen Vergleich die geringste Steigerung des Anteils älterer Menschen.

4. Anteil der städtischen Bevölkerung in Prozent, 2015(Datengrundlage: UN Desa)

Menschen, die in Städten leben, verfügen häu-fig über ein höheres Einkommen als Landbe-wohner. Da sie in der Regel keine Lebensmittel selbst anbauen können, sind sie auf den Kauf von Konsumgütern angewiesen. Je höher der Anteil der städtischen Bevölkerung, desto grö-ßer ist das Konsumpotenzial. In Lateinamerika sind die Verstädterungsraten im Vergleich zu anderen Weltregionen relativ hoch. In Uruguay leben sogar 95 Prozent der Bevölkerung in Städten, während es in Guatemala nur 52 Pro-zent sind. Eine Ausnahme bildet der von Erdöl und Plantagenwirtschaft lebende Inselstaat Trinidad und Tobago, wo nur acht Prozent der Bevölkerung in urbanen Räumen leben.

LÄNDER, INDIKATOREN UND DEREN BEWERTUNGBereich Bevölkerungspotenzial

Mit der Bevölkerungsgröße wächst die Zahl der Konsumenten. Ein bevölkerungsreiches Land birgt daher tendenziell mehr Markt-potenzial als ein bevölkerungsarmes. Doch nicht immer bedeuten mehr Menschen mehr Absatz und stärkere wirtschaftliche Entwick-lung. Die Altersstruktur der Bevölkerung be-einflusst wesentlich die Produktivität, aber auch die Nachfrage nach bestimmten Gütern. Und die Lage des Wohnortes im städtischen oder ländlichen Raum entscheidet mit über das Konsumverhalten der Menschen.

1. Einwohnerzahl, 2015(Datengrundlage: UN Desa)

Je mehr Menschen in einem Land leben, desto größer ist rein zahlenmäßig das Marktpotenzial. Auf dem amerikanischen Kontinent finden sich zwei regelrechte Bevölkerungsgiganten: die USA mit 321,8 Millionen Einwohnern und Brasilien mit 207,8 Millionen Einwohnern. Das kleinste unter den 24 betrachteten Ländern ist der Inselstaat Trinidad und Tobago mit 1,4 Millionen Einwohnern. Aber auch Jamaika (2,8 Millionen), Uruguay (3,4 Millionen) und Panama (3,9 Millionen) zählen zu den Staaten mit einer geringen Bevölkerungsgröße.

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Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 11

oder Gewaltverbrechen zu werden. Die Zahl der Todesfälle je 1.000 Einwohner dieser Alters-gruppe variiert zwischen 252 in Haiti und 66 in Kanada.

7. Bevölkerungsanteil der 20- bis 64-Jäh-rigen mit mindestens Sekundarbildung in Prozent, 2015(Datengrundlage: Wittgenstein Centre)

Der Bildungsstand einer Bevölkerung lässt auf die soziale und wirtschaftliche Entwicklung eines Landes und auf seine Innovationskraft schließen. Denn ohne ausreichende Bildung der Bevölkerung ist eine wirtschaftliche Entwick-lung kaum möglich. Während in Honduras der Anteil der 20- bis 64-Jährigen mit mindestens einer Sekundarbildung nur bei 31 Prozent liegt, sind es in Kanada 98 Prozent.

8. Einkommenssicherheit älterer Menschen, 2015(Datengrundlage: HelpAge International)

Alternde Gesellschaften stehen vor großen Herausforderungen. Dem wachsenden Anteil älterer Menschen, die zu versorgen sind, steht eine anteilig schrumpfende erwerbsfähige Bevölkerung gegenüber. Je leistungsfähiger eine Gesellschaft insgesamt ist, desto besser meistert sie diese Aufgabe, was sich unter anderem in der Einkommenssicherheit älterer Menschen zeigt. Finanziell abgesicherte Senio-ren sind eher in der Lage, am gesellschaftlichen Zusammenleben teilzunehmen, und sie bilden eine eigene Konsumentengruppe. Im AgeWatch Index von HelpAge International ist Einkom-

menssicherheit eine von vier Komponenten, um die Lebensbedingungen älterer Menschen ein-zuschätzen. Sie liegt besonders hoch in Staaten mit einem gut ausgebauten Sozialsystem wie Kanada, Uruguay und Brasilien. In Honduras erhält dagegen kaum eine ältere Person staat-liche Unterstützung. Das Land landet damit bei der Komponente Einkommenssicherheit nur auf Platz 85 von 96 untersuchten Ländern des AgeWatch Index.

Bereich Politik

Wer in anderen Ländern Geschäfte machen möchte, muss wissen, wie stabil die politi-sche Lage ist, ob Korruption verbreitet ist und wie es um die Rechtssicherheit bestellt ist. Der Bereich Politik beinhaltet vier weithin anerkannte Indizes, die Auskunft über diese Aspekte geben. Sie beruhen auf verschiedenen Erhebungen zu den subjekti-ven Einschätzungen von Befragten und auf Expertenmeinungen.

9. Ease of Doing Business Index, 2015 (Datengrundlage: Word Development Indicators, World Bank)

Der Ease of Doing Business Index bewertet alle Länder der Welt hinsichtlich geregelter Rahmenbedingungen für unternehmerische Tätigkeiten – von der Möglichkeit eine Firma anzumelden über den Zugang zu Lizenzen bis zum Umgang mit Insolvenzen. Die USA stehen weltweit auf dem siebten Platz von 189 bewerteten Ländern und schneiden damit unter allen amerikanischen Ländern am besten ab. Venezuela und Haiti landen auf Platz 186 beziehungsweise Platz 182 – und liegen damit ganz am Ende des Rankings.

10. Rule of Law Index, 2014(Datengrundlage: World Government Indicators, World Bank)

Unternehmerisches Handeln benötigt die Sicherheit, sich auf geltendes Recht verlas-sen und dieses gegebenenfalls einklagen zu können. Dazu braucht es unter anderem eine unabhängige Justiz und einen funktionierenden Polizeiapparat. Im Rule of Law Index fasst die Weltbank Ergebnisse unterschiedlicher Befragungen zur Qualität der Rechtssicherheit zusammen. Die Skala reicht von +2,5 Punkten für eine sehr hohe bis –2,5 Punkte für eine sehr niedrige Rechtssicherheit. Im weltweiten Ranking steht Venezuela mit einem Wert von –1,9 auf dem zweitletzten Platz vor Somalia und deutlich hinter Haiti (–1,2). Das am besten bewertete amerikanische Land ist Kanada mit einem Wert von 1,9, gefolgt von den USA (1,6) und Chile (1,4).

11. Corruption Control Index, 2014(Datengrundlage: World Government Indicators, World Bank)

Korruption ist in vielen Ländern Lateiname-rikas weit verbreitet. Da sie jedoch verdeckt stattfindet, ist sie schwer zu messen. Im Corruption Control Index fasst die Weltbank die Ergebnisse verschiedener Meinungsumfragen und Experten einschätzungen zusammen. Im schlechtesten Fall erreicht ein Land in diesem Index –2,5 Punkte, im besten Fall +2,5 Punkte. Die meisten Länder der Region erhalten nega-tive Punktzahlen. Am schlechtesten schneiden wiederum Venezuela mit –1,4 und Haiti mit –1,3 Punkten ab. Am anderen Ende der Skala steht Kanada mit +1,8 Punkten, gefolgt von Chile (1,5), Uruguay (1,4) und den USA (1,3).

Bereich Lebensbedingungen

Aus Informationen zum Gesundheits- und Bildungsstand einer Bevölkerung lassen sich Rückschlüsse auf die Lebensbedingun-gen in einem Land ziehen. Je besser diese ausfallen, desto günstiger ist generell das wirtschaftlichen Entwicklungspotenzial. Der Lebensstandard der Menschen steigt und damit auch ihre Konsummöglichkeiten.

5. Säuglingssterblichkeit in Promille, 2010–2015(Datengrundlage: UN Desa)

Die Überlebenschance von Neugeborenen hängt wesentlich von der medizinischen Ver-sorgungslage sowie vom Wohlstands- und Bildungsniveau der Familie ab. Daher wird der Anteil der Kinder, die ihr erstes Lebens-jahr nicht überleben, oft als Indikator für den sozioökonomischen Entwicklungsstand eines Landes herangezogen. In hochentwickelten Staaten wie Kanada, aber auch in Kuba liegt die Säuglingssterblichkeit bei 5 Todesfällen je 1.000 Lebendgeburten, im 2010 von einem Erdbeben zerstörten und politisch seit langem instabilen Haiti dagegen bei 47 Fällen.

6. Sterbewahrscheinlichkeit im Erwachsenenalter (15 bis 60 Jahre) in Promille, 2010–2015(Datengrundlage: UN Desa)

Die Sterbewahrscheinlichkeit im Erwachsenen-alter gibt ebenfalls Auskunft über den allgemei-nen Gesundheitszustand einer Bevölkerung. Zudem bildet sie alltägliche Risiken ab, zum Beispiel die Gefahr, Opfer von Verkehrsunfällen

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12 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

12. Political Stability Index, 2014(Datengrundlage: World Government Indicators, World Bank)

Ohne ein Mindestmaß an politischer Stabilität sind wirtschaftliche Investitionen mit einem hohen Risiko behaftet. Der Political Stability Index gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der es zu politischer Gewalt etwa in Form von Put-schen, politischen Morden, Bürgerkriegen und Terrorismus kommen kann. Wie die anderen Indizes zur Regierungsführung beruht er auf einer Zusammenstellung verschiedener Quellen und bewegt sich zwischen –2,5 (niedrige Stabi-lität) und +2,5 (hohe Stabilität). Deutlich vorne liegen bei diesem Indikator wiederum Kanada mit 1,2 Punkten und Uruguay mit 1,0 Punkten. Kolumbien dagegen erreicht nur einen Wert von –1,1, Venezuela und Mexiko jeweils von –0,8.

Bereich Wirtschaft

Nordamerika ist eine der reichsten und wirt-schaftsstärksten Regionen weltweit. Auch die meisten lateinamerikanischen Staaten haben sich in den 2000er Jahren wirtschaft-lich stabilisiert und können zum Teil recht hohe Wachstumsraten vorweisen. Dennoch bleiben die Unterschiede zwischen wie auch innerhalb der verschiedenen Länder recht groß. Zudem haben viele lateinamerikani-sche Länder ihre wirtschaftlichen Erfolge im Wesentlichen den hohen Weltmarkt-preisen für Rohstoffe zu verdanken, von deren Export sie noch immer abhängen. Mit dem Verfall der Preise verdüstern sich ihre Konjunkturaussichten und es steigt das Po-tenzial für gesellschaftliche Umbrüche, wie sie sich schon heute andeuten. Anhand der ausgewählten Indikatoren lassen sich die ak-tuelle Leistungsfähigkeit der amerikanischen Volkswirtschaften ablesen und mögliche Schwachstellen identifizieren.

13. Bevölkerungsanteil der Internetnutzer in Prozent, 2014(Datengrundlage: Word Development Indicators, World Bank)

In modernen Gesellschaften sind wirtschaft-liche Aktivitäten wie auch das soziale Zusam-menleben ohne Zugang zu neuen Informations- und Kommunikationstechnologien kaum noch möglich. Für eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft bedarf es also mindestens eines Zugangs zum Internet. Dazu muss zum einen der Staat die entsprechende Infrastruktur zur Verfügung stellen, zum anderen müssen die Menschen genügend Ressourcen haben, die angebotenen Strukturen auch zu nutzen. Daher lassen sich aus der Zahl der Internetnutzer

Rückschlüsse auf den Entwicklungsstand eines Landes und die Kaufkraft seiner Bevölkerung ziehen. Auf dem amerikanischen Kontinent schwankt diese Zahl stark. Während in Kanada und den USA je 87 und in Chile 72 von 100 Einwohnern in den letzten zwölf Monaten das Internet nutzten, waren es in Haiti nur 11 und in Nicaragua 18 von 100 Einwohnern.

14. Durchschnittliches jährliches Wirt-schaftswachstum in Prozent, 2009 bis 2014 (Datengrundlage: Word Development Indicators, World Bank)

Konjunkturdaten sind stark abhängig von kurzfristigen Entwicklungen. Extreme Wetter-ereignisse wie El Niño oder Schwankungen der Weltmarktpreise für Rohstoffe können sich in einzelnen Jahren negativ auf das Wirtschafts-wachstum auswirken, das sich jedoch in den Folgejahren wieder erholen kann. Das durch-schnittliche Wachstum der letzten fünf Jahre er-möglicht daher einen besseren Überblick über den langfristigen Trend der wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes. Deutlich vorne liegt bei diesem Vergleich Panama, dessen Brutto-inlandsprodukt von 21,3 auf 31,8 Milliarden US-Dollar anstieg, was einer jährlichen Wachs-tumsrate von 8,3 Prozent entspricht. Auch kleinere Volkswirtschaften wie Paraguay und Peru weisen für diesen Zeitraum Wachstums-raten zwischen 6,8 und 5,8 Prozent auf. Die US-Volkswirtschaft als größte des Kontinents wuchs im selben Zeitraum nur um 2,2 Prozent (allerdings auf deutlich höherem Niveau) und liegt damit im Vergleich auf dem sechstletzten Platz. Das geringste Wirtschaftswachstum weisen Trinidad und Tobago mit 0,4 Prozent und Venezuela mit 1,1 Prozent auf.

15. Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in US-Dollar, 2014(Datengrundlage: Word Development Indicators, World Bank)

Um die Wirtschaftsleistung eines Landes ein-schätzen zu können, ist neben der Höhe des Bruttoinlandsprodukts auch die durchschnitt-liche Verteilung je Einwohner heranzuziehen. Die gesamte Wirtschaftsleistung von Uruguay beispielsweise beträgt nur knapp ein Zehntel derjenigen von Argentinien. Dennoch liegt das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Uruguay um 30 Prozent über dem argentinischen. Damit steht Uruguay bei diesem Indikator nach den etablierten Wirtschaftsmächten USA und Kanada sowie dem Erdöl und Erdgas fördern-den Inselstaat Trinidad und Tobago an vierter Stelle im amerikanischen Ranking. Über das geringste Pro-Kopf-Einkommen verfügen mit 833 US-Dollar die Menschen in Haiti. Selbst in dem zweitärmsten Staat Nicaragua liegt das Pro-Kopf-Einkommen mit 1.914 US-Dollar mehr als doppelt so hoch.

16. Gini-Koeffizient gemittelter Wert, 2009–2013(Datengrundlage: Word Development Indicators, World Bank)

Amerika gehört zu den Weltregionen mit der höchsten Ungleichverteilung des Einkommens. Abzulesen ist dies am Gini-Koeffizienten. Dieser misst die Abweichung der realen Ein-kommensverteilung von einer hypothetischen Gleichverteilung. Ein Gini-Koeffizient von 0 würde somit bedeuten, dass alle Bewohner das gleiche Einkommen erzielen, ein Wert von 100, dass ein Bewohner alles und die anderen nichts erhalten. Da nicht für alle Länder über alle Jahre

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Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 13

Daten vorliegen, wurde für diesen Indikator der Durchschnitt aller vorhandenen Werte zwi-schen 2009 und 2013 gebildet. Für drei Länder liegen nur ältere Daten vor (Jamaika=2004, Trinidad und Tobago=1992, Venezuela=2006). Außer Kanada, das einen Gini-Koeffizienten von 34 hat, weisen alle hier untersuchten Länder Werte über 40 auf. In Haiti liegt der Gini- Koeffizient bei 61 und gilt damit als einer der höchsten Werte weltweit.

17. KOF-Index zur ökonomischen Globalisierung, 2015(Datengrundlage: KOF Konjunktur-forschungsstelle, ETH Zürich)

Starke Volkswirtschaften weisen enge Verflech-tungen mit den Weltmärkten auf. Nur so kön-nen sie genügend Absatzmärkte erschließen, Investoren anlocken oder vom internationalen Knowhow profitieren. Mit Hilfe des KOF-Index bewertet die ETH Zürich den Grad der ökono-mischen Globalisierung in einem Land anhand einer Skala von 1 (niedrig) bis 100 (hoch). In diesen Index fließen verschiedene Indikatoren zum aktuellen Waren- und Finanzaustausch einer Volkswirtschaft sowie zu den regulativen Rahmenbedingen ein. Panama schneidet als internationaler Güterumschlagplatz Mittelame-rikas bei diesem Indikator am besten ab, dicht gefolgt von Trinidad und Tobago sowie Chile. Ganz hinten stehen Venezuela, Argentinien und Ecuador, die alle drei in den letzten Jahren unter ihren linken Regierungen eine sehr protektio-nistische Wirtschaftspolitik verfolgt haben.

18. Anteil verarbeitendes Gewerbe und Dienstleistungen am Bruttoinlandsprodukt in Prozent, 2009–2014(Datengrundlage: Word Development Indicators, World Bank)

Die Wirtschaftskraft vieler Länder des ame-rikanischen Kontinents basiert im Wesent-lichen auf der Förderung und dem Export von Rohstoffen. Schwanken die Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt, wirkt sich das direkt auf die Konjunktur dieser Länder aus. Je höher jedoch der Anteil des verarbeitenden Gewerbes am Bruttoinlandsprodukt ist, desto widerstands-fähiger ist die Wirtschaft insgesamt und desto mehr Arbeitsplätze entstehen. Auch der Ausbau des Dienstleistungssektors zum Beispiel im Banken- und Versicherungsgewerbe, Handel, Gastgewerbe oder dem öffentlichen Dienst schafft Arbeitsplätze und zählt daher als wichti-ger Entwicklungsschritt hin zu einer modernen Volkswirtschaft. In dem vom Erdölexport le-benden Inselstaat Trinidad und Tobago beträgt der Anteil der beiden Sektoren zusammen am Bruttoinlandsprodukt nur 47 Prozent. In Bolivien und Paraguay sind es immerhin 63 respektive 62 Prozent. Die USA als stärkste Volkswirtschaft der Region beziehen dagegen 91 Prozent ihrer Wirtschaftskraft aus den bei-den Sektoren.

Bereich Umwelt

Gesunde und stabile Umweltbedingungen sind die Grundlage für langfristige Inves-titionen. In vielen der amerikanischen Festlands- und Inselstaaten stellen Extrem-wettereignisse oder Naturkatastrophen ein ständiges Risiko dar, sei es in Gestalt von Wirbelstürmen, Starkregen, Erdrutschen, Vulkanausbrüchen oder Erdbeben. Der Klima wandel, aber auch lokale menschliche Eingriffe in das Ökosystem wie Bergbau, Abholzung und Monokultur-Landwirtschaft oder die Versiegelung von immer mehr Flächen durch Städte- und Straßenbau verstärken die naturräumlichen Gefahren. Die Stabilität der Ökosysteme sowie die Fähigkeit der Staaten, mit den Umweltrisiken umzugehen, wirken sich auf ihre Möglichkei-ten zur wirtschaftlichen Entwicklung aus. In vielen Ländern erstarken zivilgesellschaft-liche Umweltschutzbewegungen, die durch ihre Proteste gegen Eingriffe in Ökosysteme politische Instabilität verursachen können, zum Beispiel in Bolivien oder Chile.

19. Ecosystem Vitality Index, 2016(Datengrundlage: Yale Center for Environmental Law and Policy)

Verschmutztes Wasser, abgeholzte Wälder, belastete Böden, schrumpfende Fischbestände oder Monokulturen – dies sind alles Faktoren, welche die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes langfristig beeinträchtigen kön-nen und die in den Ecosystem Vitality Index einfließen. Dieser zeigt, wie stark sich die Länder für den Schutz ihrer Ressourcen und Ökosysteme einsetzen und wie erfolgreich sie damit sind. Je höher die Punktzahl ausfällt,

desto besser steht ein Land da. Am schlechtes-ten schneidet Haiti ab, das auch im weltweiten Vergleich auf einem der letzten Plätze landet. Die modernen Industrienationen USA und Kanada führen das Feld der amerikanischen Staaten an.

20. Gefährdung durch Naturgewalten, 2015(Datengrundlage: World Risk Index, United Nations)

Je stärker ein Land der Gefahr von Naturkatas-trophen ausgesetzt ist, desto mehr müssen Re-gierungen, Unternehmen und Privatpersonen in den Schutz der Menschen, aber auch ihrer Besitztümer und der Infrastruktur investieren. Der World Risk Index der Vereinten Nationen bewertet die Gefährdungssituation eines jeden Landes durch Naturkatastrophen wie Erdbeben, Stürme, Überflutungen, Dürren und den Anstieg des Meeresspiegels anhand des Anteils der Bevölkerung, der diesen Gefahren ausgesetzt ist. Die kleineren mittelamerikanischen Län-der sind von besonders vielen Naturgefahren bedroht, da sie lange Küsten abschnitte haben, oft von Wirbelstürmen heimgesucht werden und in einer tektonisch aktiven Zone liegen. Das größte Gefährdungspotenzial hat Costa Rica, gefolgt von Guatemala, El Salvador und Nicaragua. Chile liegt als einziges stark gefähr-detes südamerikanisches Land dazwischen auf dem viertletzten Platz. Als am sichersten gelten dagegen die südamerikanischen Staaten Paraguay, Bolivien und Brasilien.

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14 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

Rang alle Bereiche

Bevölkerungspotenzial Lebensbedingungen Politik Wirtschaft Umwelt

Rang alle Bereiche

Einwoh-nerzahl 2015

Verände-rung des Anteils der Einwoh-nerzahl der 20- bis 39-Jähri-gen bis 2030

Verände-rung des Anteils der Einwoh-nerzahl der über 64-Jäh-rigen bis 2030

Anteil der städti-schen Bevöl-kerung 2015

Rang Säuglings-sterblich-keit 2010–2015

Sterbewahr-schein-lichkeit im Erwachse-nenalter 2010–2015

Bevölke-rungs- anteil der 20- bis 64- Jährigen mit min-destens Sekundar-bildung 2015

Einkom-mens-sicherheit älterer Menschen 2015

Rang Ease of Doing Business Index 2015

Rule of Law Index 2014

Corrup- tion Control Index 2014

Political Stability Index 2014

Rang Bevölke-rungs- anteil der Internet-nutzer 2014

Durch-schnitt-liches jährliches Wirt-schafts-wachstum 2009 bis2014

Brutto-inlands-produkt pro Kopf 2014

Gini-Koeffizient 2009–2013

KOF-Index zur öko-nomischen Globali-sierung2015

Anteil verarbei-tendes Ge-werbe und Dienstleis-tungen am Brutto-inlands-produkt 2009 bis 2014

Rang Eco system Vitality Index 2016

Gefähr-dung durch Natur-gewalten 2015

Rang

MillionenIndex 2015=100

Index 2015=100

Prozent Promille Promille Prozent Prozent Prozent US-Dollar Prozent

Kanada 1 35,9 88,2 145 82 7 5 66 98 83 1 14 1,9 1,8 1,2 1 87 2,6 50.271 34 75 82 1 75 10 1 1 Kanada

USA 2 321,8 95,4 140 82 1 6 106 96 76 3 7 1,6 1,3 0,6 2 87 2,2 54.629 41 59 91 2 75 12 2 2 USA

Uruguay 3 3,4 96,8 118 95 3 13 109 61 83 5 92 0,7 1,4 1,0 5 61 5,0 16.811 44 64 79 3 52 11 13 3 Uruguay

Chile 4 17,9 88,8 160 90 13 7 74 79 71 4 48 1,4 1,5 0,5 3 72 4,6 14.520 51 78 71 5 62 31 22 4 Chile

Argentinien 5 43,4 93,3 120 92 1 14 117 66 79 6 121 –0,9 –0,6 0,1 16 65 4,3 12.922 44 38 79 7 65 10 6 5 Argentinien

Kuba 6 11,4 89,5 164 77 19 5 94 89 k.A. 2 k.A. –0,6 0,1 0,6 7 30 2,7a) 6.848b) k.A. k.A. 85 13 67 17 13 6 Kuba

Panama 7 3,9 93,8 151 67 19 15 120 67 72 8 69 –0,1 –0,4 0,1 6 45 8,3 11.771 52 80 81 4 70 16 10 7 Panama

Mexiko 8 127,0 94,6 160 79 6 19 115 66 73 10 38 –0,5 –0,7 –0,8 15 44 3,3 10.361 48 62 79 12 70 14 6 8 Mexiko

Brasilien 9 207,8 88,0 173 86 14 20 149 62 82 12 116 –0,1 –0,4 –0,0 10 58 3,2 11.613 53 51 82 14 71 10 2 9 Brasilien

Peru 10 31,4 91,2 151 79 9 19 129 74 51 11 50 –0,6 –0,6 –0,5 13 40 5,8 6.594 46 73 70 11 68 14 11 10 Peru

Costa Rica 11 4,8 87,4 170 77 22 9 91 49 65 9 58 0,5 0,7 0,6 4 49 4,3 10.035 49 63 85 8 69 43 17 11 Costa Rica

Jamaika 12 2,8 90,4 149 55 21 15 136 86 k.A. 7 64 –0,3 –0,4 0,1 8 41 k.A. 5.290b) 45c) 67 82 10 67 26 15 12 Jamaika

Dominikanische Republik 13 10,5 96,8 152 79 9 25 166 74 30 17 93 –0,4 –0,8 0,2 13 50 5,1 6.076 47 58 82 8 72 23 11 13 Dominikanische Republik

Kolumbien 14 48,2 89,7 182 76 18 18 145 58 48 15 54 –0,3 –0,4 –1,1 12 53 4,8 7.720 55 57 69 15 70 14 5 14 Kolumbien

Trinidad und Tobago 15 1,4 78,4 158 8 24 25 173 76 k.A. 15 88 –0,1 –0,6 0,3 9 65 0,4a) 18.218b) 40d) 79 47 6 56 18 20 15 Trinidad und Tobago

Bolivien 16 10,7 100,0 126 69 4 43 193 64 63 18 157 –1,1 –0,6 –0,4 22 39 5,3 3.151 48 57 63 21 63 9 6 16 Bolivien

El Salvador 17 6,1 100,9 141 67 8 17 185 53 38 18 86 –0,5 –0,4 –0,1 11 30 1,8 3.951 44 60 81 16 59 33 23 17 El Salvador

Venezuela 17 31,1 93,6 165 89 12 14 147 62 51 12 186 –1,9 –1,4 –0,8 24 57 1,1 16.530 47e) 43 60 18 71 13 4 17 Venezuela

Ecuador 19 16,1 94,8 155 64 16 21 130 58 63 14 117 –1,0 –0,8 –0,0 19 43 5,0 6.291 48 44 66 18 48 16 19 19 Ecuador

Paraguay 20 6,6 96,3 144 60 14 29 148 48 36 21 100 –0,7 –1,0 –0,2 18 43 6,8 4.479 50 58 62 17 60 7 9 20 Paraguay

Guatemala 21 16,3 103,6 124 52 5 23 185 32 42 22 81 –1,0 –0,7 –0,6 17 23 3,6 3.703 52 59 79 22 67 36 18 21 Guatemala

Honduras 22 8,1 101,4 153 55 17 28 151 31 21 23 110 –1,0 –0,8 –0,5 19 19 2,1 2.347 55 64 77 23 65 20 16 22 Honduras

Nicaragua 23 6,1 92,0 175 59 22 20 154 39 38 20 125 –0,7 –0,9 –0,0 19 18 4,7 1.914 46 60 71 20 56 27 23 23 Nicaragua

Haiti 24 10,7 97,8 135 59 9 47 252 40 k.A. 24 182 –1,2 –1,3 –0,6 23 11 1,9 833 61 49 k.A. 24 37 16 21 24 Haiti

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Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 15

Rang alle Bereiche

Bevölkerungspotenzial Lebensbedingungen Politik Wirtschaft Umwelt

Rang alle Bereiche

Einwoh-nerzahl 2015

Verände-rung des Anteils der Einwoh-nerzahl der 20- bis 39-Jähri-gen bis 2030

Verände-rung des Anteils der Einwoh-nerzahl der über 64-Jäh-rigen bis 2030

Anteil der städti-schen Bevöl-kerung 2015

Rang Säuglings-sterblich-keit 2010–2015

Sterbewahr-schein-lichkeit im Erwachse-nenalter 2010–2015

Bevölke-rungs- anteil der 20- bis 64- Jährigen mit min-destens Sekundar-bildung 2015

Einkom-mens-sicherheit älterer Menschen 2015

Rang Ease of Doing Business Index 2015

Rule of Law Index 2014

Corrup- tion Control Index 2014

Political Stability Index 2014

Rang Bevölke-rungs- anteil der Internet-nutzer 2014

Durch-schnitt-liches jährliches Wirt-schafts-wachstum 2009 bis2014

Brutto-inlands-produkt pro Kopf 2014

Gini-Koeffizient 2009–2013

KOF-Index zur öko-nomischen Globali-sierung2015

Anteil verarbei-tendes Ge-werbe und Dienstleis-tungen am Brutto-inlands-produkt 2009 bis 2014

Rang Eco system Vitality Index 2016

Gefähr-dung durch Natur-gewalten 2015

Rang

MillionenIndex 2015=100

Index 2015=100

Prozent Promille Promille Prozent Prozent Prozent US-Dollar Prozent

Kanada 1 35,9 88,2 145 82 7 5 66 98 83 1 14 1,9 1,8 1,2 1 87 2,6 50.271 34 75 82 1 75 10 1 1 Kanada

USA 2 321,8 95,4 140 82 1 6 106 96 76 3 7 1,6 1,3 0,6 2 87 2,2 54.629 41 59 91 2 75 12 2 2 USA

Uruguay 3 3,4 96,8 118 95 3 13 109 61 83 5 92 0,7 1,4 1,0 5 61 5,0 16.811 44 64 79 3 52 11 13 3 Uruguay

Chile 4 17,9 88,8 160 90 13 7 74 79 71 4 48 1,4 1,5 0,5 3 72 4,6 14.520 51 78 71 5 62 31 22 4 Chile

Argentinien 5 43,4 93,3 120 92 1 14 117 66 79 6 121 –0,9 –0,6 0,1 16 65 4,3 12.922 44 38 79 7 65 10 6 5 Argentinien

Kuba 6 11,4 89,5 164 77 19 5 94 89 k.A. 2 k.A. –0,6 0,1 0,6 7 30 2,7a) 6.848b) k.A. k.A. 85 13 67 17 13 6 Kuba

Panama 7 3,9 93,8 151 67 19 15 120 67 72 8 69 –0,1 –0,4 0,1 6 45 8,3 11.771 52 80 81 4 70 16 10 7 Panama

Mexiko 8 127,0 94,6 160 79 6 19 115 66 73 10 38 –0,5 –0,7 –0,8 15 44 3,3 10.361 48 62 79 12 70 14 6 8 Mexiko

Brasilien 9 207,8 88,0 173 86 14 20 149 62 82 12 116 –0,1 –0,4 –0,0 10 58 3,2 11.613 53 51 82 14 71 10 2 9 Brasilien

Peru 10 31,4 91,2 151 79 9 19 129 74 51 11 50 –0,6 –0,6 –0,5 13 40 5,8 6.594 46 73 70 11 68 14 11 10 Peru

Costa Rica 11 4,8 87,4 170 77 22 9 91 49 65 9 58 0,5 0,7 0,6 4 49 4,3 10.035 49 63 85 8 69 43 17 11 Costa Rica

Jamaika 12 2,8 90,4 149 55 21 15 136 86 k.A. 7 64 –0,3 –0,4 0,1 8 41 k.A. 5.290b) 45c) 67 82 10 67 26 15 12 Jamaika

Dominikanische Republik 13 10,5 96,8 152 79 9 25 166 74 30 17 93 –0,4 –0,8 0,2 13 50 5,1 6.076 47 58 82 8 72 23 11 13 Dominikanische Republik

Kolumbien 14 48,2 89,7 182 76 18 18 145 58 48 15 54 –0,3 –0,4 –1,1 12 53 4,8 7.720 55 57 69 15 70 14 5 14 Kolumbien

Trinidad und Tobago 15 1,4 78,4 158 8 24 25 173 76 k.A. 15 88 –0,1 –0,6 0,3 9 65 0,4a) 18.218b) 40d) 79 47 6 56 18 20 15 Trinidad und Tobago

Bolivien 16 10,7 100,0 126 69 4 43 193 64 63 18 157 –1,1 –0,6 –0,4 22 39 5,3 3.151 48 57 63 21 63 9 6 16 Bolivien

El Salvador 17 6,1 100,9 141 67 8 17 185 53 38 18 86 –0,5 –0,4 –0,1 11 30 1,8 3.951 44 60 81 16 59 33 23 17 El Salvador

Venezuela 17 31,1 93,6 165 89 12 14 147 62 51 12 186 –1,9 –1,4 –0,8 24 57 1,1 16.530 47e) 43 60 18 71 13 4 17 Venezuela

Ecuador 19 16,1 94,8 155 64 16 21 130 58 63 14 117 –1,0 –0,8 –0,0 19 43 5,0 6.291 48 44 66 18 48 16 19 19 Ecuador

Paraguay 20 6,6 96,3 144 60 14 29 148 48 36 21 100 –0,7 –1,0 –0,2 18 43 6,8 4.479 50 58 62 17 60 7 9 20 Paraguay

Guatemala 21 16,3 103,6 124 52 5 23 185 32 42 22 81 –1,0 –0,7 –0,6 17 23 3,6 3.703 52 59 79 22 67 36 18 21 Guatemala

Honduras 22 8,1 101,4 153 55 17 28 151 31 21 23 110 –1,0 –0,8 –0,5 19 19 2,1 2.347 55 64 77 23 65 20 16 22 Honduras

Nicaragua 23 6,1 92,0 175 59 22 20 154 39 38 20 125 –0,7 –0,9 –0,0 19 18 4,7 1.914 46 60 71 20 56 27 23 23 Nicaragua

Haiti 24 10,7 97,8 135 59 9 47 252 40 k.A. 24 182 –1,2 –1,3 –0,6 23 11 1,9 833 61 49 k.A. 24 37 16 21 24 Haiti

a) Wachstum zwischen 2009 und 2013 b) 2013 c) 2004 d) 1992 e) 2006

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16 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

Die Bandbreite der 24 untersuchten Länder Amerikas reicht von der wirtschaftlichen Super macht USA über große Schwellenländer wie Mexiko, Brasilien und Argentinien, die sich ambivalent entwickeln, und kleinere, aber stabile Staaten wie Uruguay und Costa Rica bis hin zu Ländern, die noch immer mit immensen Entwicklungsproblemen zu kämpfen haben wie Nicaragua, Honduras und Haiti. Entsprechend groß fallen die Differenzen bei den einzelnen Indikatoren über die fünf Bereiche des Index hinweg aus. Doch wo liegen die Unterschiede im Einzelnen? Wo gibt es Gemeinsamkeiten? Und welches sind die wichtigen Entwicklungen und Herausforderungen auf dem Kontinent für die nächsten Jahre?

VON GROSSEN MÄCHTEN UND KLEINEN STAATENBevölkerungspotenzialLateinamerika altert am schnellsten

Die Fertilitätsraten auf dem amerikanischen Kontinent sinken schon seit mindestens sechs Jahrzehnten kontinuierlich und liegen heute im Schnitt bei 2,2 Kindern je Frau in Mittelamerika und der Karibik, 2,0 in Südamerika und 1,9 in Nordamerika.1 Bis auf wenige Ausnahmen wie in Guatemala, Haiti oder Bolivien, wo Frauen im Schnitt noch 3,3 respektive 3,1 und 3,0 Kinder zur Welt bringen, ist der demografische Übergang in den amerikanischen Ländern weit fortgeschritten. Hinzu kommt eine steigende Lebenserwartung. Während Nordamerikaner im Vergleich zu 1950 statistisch gesehen mit 10 zusätzlichen Lebensjahren rechnen können, haben in Lateinamerika die Menschen in den letzten sechs Jahrzehnten im Schnitt sogar 24 Jahre dazu gewonnen. Damit ist Lateinamerika die am schnellsten alternde Region der Welt.2

Wie stark sich die sinkenden Fertilitätsraten und die steigende Lebenserwartung auf die Altersstruktur der jeweiligen Gesellschaft auswirken, variiert zwischen den einzelnen Staaten. Besonders ausgeprägt wird sich in den nächsten Jahren das Verhältnis zwischen der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und den von ihr zu versorgenden jüngeren beziehungs-weise älteren Menschen in Kuba verschieben: Kommen in dem kommunistischen Inselstaat heute auf je 100 Personen im erwerbsfähigen Alter zwischen 20 und 64 Jahren noch 57 jün-gere und ältere Personen, dürften es im Jahr 2050 etwa 98 sein.3 Auch in Chile, Brasilien und Costa Rica steigen die Abhängigkeitsraten in den nächsten Jahren deutlich an, was sich an ihren relativ niedrigen Rangplätzen im Bereich Demografie des Index widerspiegelt. Diese Staaten stehen vor der Herausforderung, die positive wirtschaftliche und soziale Entwick-lung der letzten Jahrzehnte in einer alternden Gesellschaft aufrecht zu erhalten. Dazu benöti-gen sie vor allem Investitionen in das Bildungs-niveau der Menschen, um ihre Innovationskraft und die Produktivität trotz beziehungsweise mit der älteren Bevölkerung zu bewahren. Als hilfreich könnte sich dabei erweisen, dass die Verstädterungsraten der untersuchten Staaten mit Ausnahme von Trinidad und Tobago sehr hoch ausfallen. In Städten haben die Menschen oft einen besseren Zugang zu Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen. Auch die Infrastruk-tur zur Versorgung älterer Menschen ist zumeist besser ausgebaut.

Von der Pyramide zum Bienenstock

Anfang der 1960er Jahre hatte die Altersstruktur der Be-völkerungen Mittel- und Südamerikas noch die typische Pyramidenform von Ländern mit einem relativ niedrigen Entwicklungsstand. Die Kinderzahl je Frau variierte damals zwischen 2,9 (Uruguay) und 7,4 (Honduras). Mit der Verbesserung der Lebensbedingungen in der Region sind die Fertilitätsraten in allen Ländern deutlich gesun-ken und liegen heute nur noch in Guatemala und Haiti über drei Kindern je Frau. Auf dem ganzen Kontinent weisen Kanada und Kuba mit knapp 1,6 die niedrigsten Kinderzahlen je Frau auf. Auch in Trinidad und Tobago, Chile, Brasilien, Costa Rica, Kolumbien, den USA, Uruguay und El Salvador werden weniger als 2,1 Kinder je Frau geboren und damit weniger, als zur langfristigen Erhaltung des Bevölkerungsstands ohne Zuwanderung nötig wären. Als Folge wandelt sich die Form der mittel- und südamerikanischen Bevölkerungspyramiden bis 2050 zum typischen Bienenstock von Ländern im demo-grafischen Übergang. Die nordamerikanische Bevölke-rungspyramide zeigt schon heute diese Form, da hier der demografische Übergang früher einsetzte.

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Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 17

2015

1960

2050

LebensbedingungenEntscheidend sind Bildung, Gesund-heit und Sicherheit

Die Lebenserwartung der Bevölkerung ist nicht nur ein wichtiger Indikator, um die demogra-fische Entwicklung zu projizieren. Sie lässt auch Rückschlüsse auf die Lebensbedingungen der Menschen zu. So hängt der Rückgang der Säuglingssterblichkeit eng mit einer verbesser-ten medizinischen Versorgung, gesünderer Ernährung und einem höheren Bildungsniveau der Bevölkerung zusammen. In Haiti, dem ärmsten Staat im Ländervergleich, sterben von 1.000 Neugeborenen 47 vor ihrem ersten Geburtstag – das sind fast zehnmal mehr als im hochentwickelten Kanada. Die Werte für die Todesfälle je 1.000 Personen im Alter von 15 bis 60 Jahren klaffen sogar noch weiter aus-einander. Sie liegen besonders hoch in Ländern mit sehr niedrigen Pro-Kopf-Einkommen wie Haiti, Bolivien, El Salvador oder Guatemala. Doch nicht immer führt eine Verbesserung der Lebensbedingungen auch zu einer höheren Lebenserwartung. Trinidad und Tobago, die Dominikanische Republik und Brasilien wei-sen trotz höherer Pro-Kopf-Einkommen eine überdurchschnittliche Sterbewahrscheinlich-keit im Erwachsenenalter auf. Die Verteilung der Einkommen, der Zugang zu Bildung und Gesundheit sowie die Sicherheit im Alltag ent-scheiden ebenfalls darüber, ob ein Leben kurz oder lang währt. Lateinamerika ist die einzige Weltregion, in der zwischen 2000 und 2010 die Wahrscheinlichkeit gestiegen ist, einem tödlichen Verbrechen zum Opfer zu fallen. Über eine Million Menschen starben in diesem Zeit-raum im Zuge gewaltsamer Übergriffe.5

0 0 010 10 10151515 1510 10 105 5 55 5 5

2015

1960

2015

1960

2050

8075–7970–7465–6960–6455–5950–5445–4940–4435–3930–3425–2920–241 5 –1910–14

5 –90–4

10095–9990–9485–8980–8475–7970–7465–6960–6455–5950–5445–4940–4435–3930–3425–2920–241 5 –1910–14

5 –90–4

10095–9990–9485–8980–8475–7970–7465–6960–6455–5950–5445–4940–4435–3930–3425–2920–241 5 –1910–14

5 –90–4

und älter

SüdamerikaNordamerika

2050

Bevölkerung nach Altersgruppen und Geschlecht in Millionen Einwohner, 1960, 2015 und Projektion (mittlere Variante) für 2050(Datengrundlage: UN Desa4)

und älter

und älter

MittelamerikaMänner Männer MännerFrauen Frauen Frauen

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18 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

Investitionen in die schulische und berufliche Ausbildung sind in vielen lateinamerikanischen Ländern lange Zeit vernachlässigt worden. Zwar nahmen schon Anfang der 1990er Jahre nahezu alle Kinder im Grundschulalter am Schulunter-richt teil. Doch im Schnitt besuchten 45 Prozent aller Kinder im entsprechenden Alter keine weiterführende Schule, oft, weil diese zu teuer oder zu weit weg war. Deshalb fällt der Anteil der erwachsenen Bevölkerung mit mindestens einem Sekundarabschluss in vielen Ländern der Region recht niedrig aus. Im Zuge des Wirtschaftsbooms, der in den späten 1990er Jahren einsetzte, begannen die lateinamerika-nischen Regierungen ihre Bildungsausgaben zu erhöhen und in den Ausbau der Schulsysteme zu investieren. Die Erfolge zeigen sich in den Einschulungsraten, die für weiterführende Schulen bis 2013 auf 76 Prozent anstiegen. Doch damit liegt die Region noch immer deut-lich unter dem Schnitt der nordamerikanischen Staaten von 88 Prozent.6 Ein weiteres Problem des Bildungssystems in Lateinamerika ist die

mangelnde Qualität der Ausbildung. Nach dem Pisa-Test von 2012 hinken lateinamerikanische Schüler dem durchschnittlichen Wissensstand der Schüler gleicher Klassenstufen aller OECD-Länder um mindestens zwei Jahre hinterher.7

In Kanada und den USA hat dagegen nahezu jede Person zwischen 20 und 64 Jahren den Abschluss einer weiterführenden Schule in der Tasche. Doch auch in den USA liegt die Qualität der Ausbildung zumindest in den geisteswissenschaftlichen Fächern unter dem OECD-Durchschnitt.8 In Kanada profitiert die Bevölkerung von einem sozial integrativen Bildungssystem, das alle Kinder unabhängig von ihrer sozialen Herkunft fördert. Dies zeigt sich regelmäßig in den überdurchschnittlich guten Ergebnissen kanadischer Schüler – auch aus Einwandererfamilien – in sämtlichen inter-national vergleichenden Leistungstests.

Unter anderem aufgrund des niedrigen Bil-dungsniveaus kann in Lateinamerika ein großer Anteil der älteren Menschen im Laufe ihres Erwerbslebens kaum für das Alter vorsorgen.

US-Dollar

9.000

8.000

7.000

6.000

5.000

4.000

3.000

2.000

1.000

0

Staatliche Sozialausgaben pro Kopf ausgewählter Länder in US-Dollar, 1999–2000, 2005 und 2009-2012 (jeweils zuletzt verfügbares Jahr)Anteil der staatlichen Sozialausgaben ausgewählter Länder am Bruttoinlandsprodukt in Prozent, 2009-2012 (jeweils zuletzt verfügbares Jahr)(Datengrundlage: CEPALSTAT10; OECD11)

1999/2000

2005

2009–2012

Anteil am BIP

Boliv

ien

Nic

arag

ua

Hon

dura

s

Ecua

dor

Peru

Mex

iko

Cost

a Ri

ca

Vene

zuel

a

Chile

Bras

ilien

Uru

guay

Kuba

Arge

ntin

ien

Kana

da

USA

Wo der Staat für seine Bürger sorgt

Was der Staat seinen Bürgern an Sozialleistungen bietet, hängt zum einen von der Höhe seiner Einnahmen ab, zum anderen davon, wie er seine Aufgaben versteht. In den sehr wohlhabenden Ländern Kanada und USA liegen die absoluten Sozialausgaben pro Kopf zwar deutlich höher als in allen anderen amerikanischen Staaten. Doch im Verhältnis zum Bruttoinlandseinkom-men liegen die nordamerikanischen Sozialleistungen im Durchschnitt aller amerikanischen Länder. In Kuba, Argentinien, Brasilien und Uruguay erhalten die Menschen im Vergleich zur Wirtschaftsleistung hohe Sozialleistungen.

Können sie selbst nicht mehr arbeiten, sind ältere Menschen auf die Hilfe ihrer Familie oder auf staatliche Unterstützung angewiesen. Panama, Chile und Uruguay verfügen über die weitreichendsten staatlichen Sozialprogramme und haben diese in den letzten Jahren verstärkt an die Erfordernisse einer alternden Gesell-schaft angepasst. Auch Bolivien und Brasilien haben Altersrenten eingeführt und Argentinien hat ein bemerkenswertes System zur Versor-gung und Pflege älterer Menschen aufgebaut. In Honduras dagegen bekommen ältere Menschen kaum staatliche Unterstützung. Die USA weisen trotz des höchsten Pro-Kopf-Einkommens auf dem gesamten Kontinent mit 19 Prozent eine der höchsten Altersarmutsraten auf. Dies hängt vor allem mit den sehr geringen staatlichen Renten und dem mangelhaften Versicherungs-schutz im Krankheitsfall zusammen. Kanada dagegen weist für alle Lebensbereiche älterer Menschen überdurchschnittlich gute Werte auf.9

18,3

17,7

27,8

26,623,1

8,3

36,5

14,7

10,7

12,0

24,2

9,9

21,2

9,513,011,5

Page 21: Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen · Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen Wie sich die Länder

Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 19

Politik Zwischen Konsolidierung und Umbruch

Während die USA und Kanada schon seit ihrer Unabhängigkeit als demokratische Staaten gelten und in punkto guter Regierungsführung als Vorbilder dienen können, blicken die latein-amerikanischen Staaten auf eine sehr bewegte politische Vergangenheit zurück. Südamerika erlebte zahlreiche Militärputsche, Diktaturen und autoritäre Regimes, die erst seit den 1990er Jahren allmählich von demokratisch gewählten Regierungen abgelöst wurden. In Zentral amerika herrschten ebenfalls bis weit in die 1990er Jahre hinein oligarchische Füh-rungen, die oft aus dem Ausland unterstützt wurden. In zahlreichen blutigen Bürgerkriegen versuchten oppositionelle Kräfte diese Regime aufzubrechen. Wenn dies gelang, kamen oft nicht minder diktatorische Systeme an die Macht.12 Doch seit etwa 20 oder 30 Jahren erlebt Lateinamerika – mit einigen wenigen Rückschlägen – die längste stabile demokrati-sche Phase seiner Geschichte.13

Die Qualität der Regierungsführung unter-scheidet sich jedoch innerhalb Lateinamerikas erheblich. In der Region verfügen nur Costa Rica, Chile und Uruguay über eine gefestigte Demokratie.14 In allen anderen Ländern treten die strukturellen Defizite der Regierungs-systeme in den letzten Jahren immer deutlicher zutage.15 So vermögen diese vielerorts weder die Unabhängigkeit von Polizei und Justiz zu gewährleisten noch Bürgerrechte oder Presse-

und Meinungsfreiheit zu wahren. Festnahmen ohne Anklage oder Verhandlungen, Korruption und bürokratische Schikanen sind in vielen der Länder noch immer allgegenwärtig. Die von linken Regierungen geführten Staaten schotten ihre Wirtschaft zudem von internationalen Märkten ab, was die Intransparenz fördert und ausländische Investoren abschreckt. Im Vergleich zu ihren Bewertungen in den anderen Index-Bereichen schneiden im Bereich Politik vor allem Venezuela, Bolivien, Argentinien und Mexiko auffallend schlecht ab.

Die Bevölkerung reagiert zunehmend hitzig auf die Missstände in den demokratischen Systemen. Die „Cacerolazos“ in Argentinien – Protestmärsche, bei denen die Demonstranten ihrem Unmut mit Töpfen und Pfannen lautstark Gehör verschaffen –, Studentenkrawalle in Chile und die spontanen Großdemonstrationen gegen Brasiliens Präsidentin Rousseff zeugen von dem Aufbegehren der Zivilgesellschaft ge-gen ihre politische Elite. Wie in Argentinien mit dem Ende der Kirchner-Ära bereits geschehen, zeichnen sich in einigen lateinamerikanischen Ländern Regierungswechsel ab. In den für Juni 2016 angesetzten Stichwahlen in Peru hat die Rechtspopulistin Keiko Fujimori die besten Chancen, die Regierung des Linksnationalisten Ollanta Humala abzulösen. In Brasilien läuft ein Amtsenthebungsverfahren gegen die Nachfol-gerin des legendären linkssozialen Präsidenten „Lula“ da Silva und Venezuelas sozialistische Regierung unter Nicolás Maduro ist seit dem Tod von Hugo Chávez kaum noch politisch handlungsfähig. Anders als noch im 20. Jahr-hundert sind diese Regierungswechsel jedoch keine Folge von Militärputschen, sondern kom-men durch demokratische Wahlen zustande, was die gewachsene Stärke der lateinamerika-nischen Zivilgesellschaft zeigt.

Bewertung der Regierungsführung lateinamerikanischer Länder nach dem Demokratie-Index Lateinamerika IDD-LAT 2014(Datengrundlage: Konrad-Adenauer-Stiftung16)

10

9

8

7

6

5

4

3

2

1

0

Gua

tem

ala

Dom

. Rep

ublik

Hon

dura

s

Vene

zuel

a

Nic

arag

ua

Para

guay

Kolu

mbi

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Boliv

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Bras

ilien

Ecua

dor

Pana

ma

El S

alva

dor

Mex

iko

Peru

Arge

ntin

ien

Cost

a Ri

ca

Chile

Uru

guay

minimaler Entwicklungsstand

niedriger Entwicklungsstand

mittlerer Entwicklungsstand

hoher Entwicklungsstand

0,8

76

1,

77

1,

943

2,

406

2,

63

3,

179

3,

23

3,

292

4

,197

4

,64

4

,768

4

,81

5,

019

6,

415

6,

65

8,

485

8,

523

10

Nachholbedarf in Sachen Demokratie

Spätestens im Verlauf der 1990er Jahre haben frei ge-wählte demokratische Regierungen nach und nach die autoritären Regime Lateinamerikas abgelöst. Die Qualität der Regierungsführung fällt jedoch recht unterschiedlich aus. Nach dem Demokratie-Index der Konrad- Adenauer-Stiftung weisen diesbezüglich nur drei Länder der Region – Uruguay, Costa Rica und Chile – einen hohen Entwick-lungsstand auf.

Page 22: Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen · Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen Wie sich die Länder

20 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

WirtschaftVon Supermacht bis Armenhaus

In keinem anderen Bereich des Index fallen die Unterschiede zwischen den Staaten des ameri-kanischen Kontinents so stark aus wie im Be-reich Wirtschaft. Das Bruttoinlandseinkommen pro Kopf liegt in den USA und Kanada 60- bis 65-mal höher als im ärmsten Staat der Region, Haiti, und etwa dreimal höher als in Uruguay, dem lateinamerikanischen Land mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen. In den beiden reichen nordamerikanischen Staaten fällt da-her das im Regionalvergleich relativ niedrige Wirtschaftswachstum weniger ins Gewicht. Am stärksten legte die Wirtschaft in den letzten Jahren in Panama zu. Das kleine Land profitiert von seiner Rolle als Güter-und Finanzdrehkreuz Mittelamerikas, was ihm den höchsten Wert beim Vergleich der ökonomischen Globalisie-rung eingebracht hat. Argentinien, Venezuela, Ecuador und Brasilien dagegen verfolgten die letzten Jahre bewusst eine protektionistische Wirtschaftspolitik. Durch hohe Importzölle und rigide Einfuhrbestimmungen sollte sich die heimische Produktion vom internationalen Warenhandel unabhängig entwickeln können. Doch noch heute hängt die Wirtschaft dieser wie auch fast aller anderen lateinamerikani-schen Länder außer Mexiko und Panama im Wesentlichen vom Rohstoffexport ab, während die Weiterverarbeitung in anderen Weltregio-nen stattfindet.

Die Abhängigkeit der Wirtschaft vom Rohstoff-abbau hat während des wirtschaftlichen Booms der frühen 2000er Jahre vor allem den linken Regierungen Lateinamerikas als Entwicklungs-motor gedient. Anders als in früheren Phasen der Rohstoffausbeutung übernimmt im Zuge des Neo-Extraktivismus der Staat eine starke Rolle und beteiligt sich möglichst weitgehend an den Erträgen, indem er Abgaben und Steu-ern erhebt oder Unternehmensanteile über-nimmt. Die Gewinne setzen die Regierungen oft für Sozialprogramme ein, was ihnen den Rück-halt der Bevölkerung sichert. Ob die Rohstoff-gewinnung Umweltschäden verursacht, spielt meist keine Rolle – auch nicht, wenn Bürger dagegen aufbegehren. Ökoaktivisten werden in vielen linksregierten lateinamerikanischen Ländern geradezu als Staatsfeinde behandelt.17

Mit dem Verfall der Preise auf den Rohstoff-märkten gerät Lateinamerika zunehmend in Schwierigkeiten. Zwischen 2011 und 2015 fie-len die Preise für Metalle und für Energieträger wie Öl, Gas oder Kohle um 50 Prozent, die für Agrargüter um 30 Prozent.18 Als Folge schmel-zen die Wachstumsaussichten der Länder dahin, die Währungen verlieren an Wert und die Inflationsraten steigen. Ähnlich wie in den USA denken viele lateinamerikanische Regierungen inzwischen offen über eine Anhebung des Leit-zinses nach, um die Inflation zu stoppen.19 Dies würde jedoch die ohnehin schwache Nachfrage auf den Binnenmärkten weiter mindern und die sozialen Unterschiede in der Region verstärken. Der Gini-Koeffizient, der die Verteilung der Einkommen in einer Bevölkerung misst, weist in Lateinamerika schon heute mit die höchsten Werte weltweit auf. Darin unterscheiden sie sich wenig von den USA, wo die Ungleichvertei-lung der Einkommen ebenfalls hoch ist.

Abhängigkeit von Rohstoffen

Der Anteil von Rohmaterialien an den Exporten hat in Lateinamerika in den letzten Jahren deutlich zugenom-men. Beim Handel mit den asiatischen Ländern stellt er inzwischen über 70 Prozent des Volumens, während der Anteil höherwertig verarbeiteter Produkte zurückgeht. Auch der Warenexport in die EU wird von Rohstoffen dominiert. Der Handel mit den USA ist stark durch me-xikanische Warenexporte geprägt, denn das nördlichste aller lateinamerikanischen Länder hat die Rolle einer verlängerten Werkbank für viele US-amerikanische und global agierende Unternehmen. Rechnet man Mexiko heraus, liegt der Rohstoffanteil bei den Exporten von Lateinamerika in die USA etwa doppelt so hoch.

Exporte der Region Lateinamerika und Karibik nach technologischer Fertigungsstufe in verschiedene Weltregionen in Prozent, 2000, 2005, 2014(Datengrundlage: UN ECLAC20)

Rohmaterialien

Primärgüter

Güter geringer Technologiestufe

Güter mittlerer Technologiestufe

Güter hoher Technologiestufe

Prozent

200

0

200

5

2014

200

0

200

5

2014

200

0

200

5

2014

EU Asien und Pazifik

USA

100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0

Page 23: Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen · Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen Wie sich die Länder

Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 21

UmweltVom Umgang mit dem Risiko

Die naturräumlichen Gegebenheiten beeinflus-sen die Lebensbedingungen und die wirtschaft-liche Prosperität einer Region. Diese hängen aber auch von der Fähigkeit der Staaten ab, sich diesen Rahmenbedingungen anzupassen und für möglichst stabile Ökosysteme zu sorgen. Der amerikanische Kontinent ist zahlreichen Gefahren durch Naturgewalten ausgesetzt. Erdbeben, Vulkanausbrüche, Wirbelstürme und Extremwetterereignisse, wie sie unter dem Klimaphänomen El Niño auftreten, stellen auf dem gesamten Kontinent eine allgegenwärtige Bedrohung dar und haben in der Vergangenheit immer wieder ganze Landstriche verwüstet. Am stärksten gefährdet sind die mittelamerika-nischen Staaten, allen voran Costa Rica. Aber auch das am Rücken der Anden gelegene Chile ist massiv Naturgefahren – insbesondere Erd-beben – ausgesetzt. Allerdings unterscheiden sich die Länder in ihren finanziellen, techni-schen und administrativen Möglichkeiten, sich im Katastrophenfall zu schützen. Daher ist ein gut entwickeltes Land wie Chile trotz der hohen Wahrscheinlichkeit, von Naturkatastrophen heimgesucht zu werden, insgesamt weniger schutzlos als etwa Honduras.

Die Fähigkeit, zum Schutz und Erhalt der Ökosysteme beizutragen, wird im Ecosystem Vitality Index abgebildet. Wirtschaftlich bes-ser entwickelte Länder, zu denen neben den beiden nordamerikanischen Staaten auch Chile, Brasilien oder Mexiko gehören, haben eher die Mittel, Abwasser umweltschonend

aufzubereiten, Schutzgebiete auszuweisen oder Wiederaufforstungsprogramme durchzufüh-ren. Sie schneiden daher im Bereich Umwelt überdurchschnittlich gut ab. Als eher schwach erweisen sich hierbei Staaten, die weitgehend von intensiver Landwirtschaft und Viehzucht leben wie Uruguay oder Paraguay.

Wo Gefahren drohen

Der World Risk Index der Vereinten Nationen misst die Bedrohung einzelner Staaten durch Naturgewalten. Dabei fließen nur im Bereich Gefährdung die geophysikalischen Bedingungen der Länder in den Index ein, während alle anderen Bereiche die Fähigkeit der Staaten bewerten, mit diesen Gefahren umzugehen. Bei Haiti ist das Risiko trotz eines relativ niedrigen Gefährdungspotenzials aufgrund der mangelnden Handlungsfähigkeit besonders hoch. Auch Honduras und Venezuela sind vergleichsweise schlecht auf einen Katastrophenfall vorbereitet. Costa Rica, Kuba und Chile hingegen weisen trotz hoher Gefährdung relative gute Strukturen auf, im Ernstfall effizient reagieren zu kön-nen, wodurch sie in der Endbewertung besser abschneiden.

Bewertung der amerikanischen Länder nach den vier Kategorien des World Risk Index von 0=wenig stark ausgeprägt bis 100=stark ausgeprägt, 2015(Datengrundage: World Risk Index21)

GuatemalaCosta Rica

Kuba

Jamaika

Peru

Argentinien

Chile

Haiti

Uruguay

Honduras

Kolumbien

Bolivien El Salvador

Panama

USA

Dominikanische Republik

Mexiko

Brasilien

Nicaragua

Ecuador

Kanada

Trinidad und TobagoVenezuela

Paraguay

Gefährdung

Anfälligkeit

Mangel an Anpassungskapazität

Mangel an Bewältigungskapazität

100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0

Page 24: Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen · Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen Wie sich die Länder

22 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

DIE GFK-HAUSHALTSBEFRAGUNG ZEIGT, WAS SICH AMERIKANER LEISTEN KÖNNENNicht nur zwischen den Ländern des ame-rikanischen Kontinents ist der Wohlstand ungleich verteilt, auch innerhalb der Länder bestehen große Unterschiede. Was sich die Menschen im Einzelnen leisten können und mit welcher Art von Anschaffung sie in finanzielle Schwierigkeiten kommen, lässt sich mit rein makroökonomischen Daten schwer erfassen. Der GfK-Verein hat daher im Rahmen einer standardisierten Erhebung1 in 13 nord-, mittel- und südamerikanischen Ländern Angehörige zufällig ausgewählter Haushalte gefragt, wie sie die Einkommenssituation in ihrem Haushalt einschätzen. Dazu sollten die Befragten anhand von sechs möglichen Antwortkategorien be-werten, welche Art von Anschaffungen in ihrem Haushalt möglich sind und welche sie vor finan-zielle Probleme stellen würden.

Auf den ersten Blick bieten die Ergebnisse wenig Überraschendes. So liegt der Anteil der Haushalte, die selbst grundlegende Bedürfnisse wie Essen und Kleidung nur schwer decken können, in Ländern mit niedrigem Pro-Kopf-Ein-kommen wie Guatemala deutlich höher als in wirtschaftlich starken Ländern. Umgekehrt geraten in den reicheren Ländern anteilig mehr Haushalte erst bei dem Kauf eines PKWs oder von Wohneigentum finanziell ins Straucheln.

Doch die Befragung hat auch Erstaunliches zutage gefördert. In Chile und Argentinien liegt der Anteil der Haushalte, die sich bereits beim Kauf von Nahrungsmitteln und Kleidung finan-ziell überfordert fühlen, höher, als sich nach dem relativ hohen Pro-Kopf-Einkommen in den Ländern vermuten ließe. Am höchsten liegt dieser Anteil jedoch in Venezuela. In dem Land mit dem sozialistisch geprägten Anspruch, die Gewinne aus den Ölexporten der Bevölkerung zugutekommen zu lassen, geben zwei Drittel aller befragten Haushalte an, schon mit dem Kauf der Dinge des täglichen Bedarfs Proble-me zu haben. Fehlende Eigenproduktion und Mangel wirtschaft führen dazu, dass Venezuela stark von Importen abhängt, wodurch die Lebenshaltungskosten in die Höhe schießen. Seit dem Verfall der Rohölpreise hat der Staat immer größere Schwierigkeiten, den heimi-schen Markt mit dem Notwendigsten zu versor-gen, so dass die Regale in den Supermärkten zunehmend leer bleiben. Das Pro-Kopf-Einkommen in Ecuador beträgt deutlich weniger als die Hälfte des venezola-nischen Durchschnitts. Dennoch hat in dem Andenland nur jeder neunte Haushalt Prob-leme, für ausreichend Nahrungsmittel und Kleidung aufzukommen. Die Erklärung liegt zum Teil in der Wirtschaftsstruktur des Landes. In Ecuador ist ein Viertel der Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt und dadurch in

Die sechs Antwortmöglichkeiten der GfK-Haushaltsbefragung

Anhand der folgenden Aussagen konnten die befragten Haushalte ihre Einkommenssituation einschätzen. Haushalte in den beiden hochentwickelten Ländern USA und Kanada hatten nur die letzten vier Antwortmöglichkeiten zur Auswahl. Pro Land wurden um die 1.000 Haushalte aller Einkommensklassen befragt. Die Ergebnisse wurden anhand sozioökono-mischer Merkmale gewichtet.

Es fehlt regelmäßig an Geld für Essen.

Wir haben genug für Essen, aber der Kauf von Kleidung stellt uns finanziell vor Probleme.

Wir haben genug für Essen, Kleidung und kleinere Haushaltsartikel, aber der Kauf von Haushaltsgeräten stellt uns finanziell vor Probleme.

Wir haben genug für die normalen Haushaltswaren, aber der Kauf eines PKWs stellt uns finanziell vor Probleme.

Wir verfügen über ausreichend Ersparnisse, aber der Kauf von Wohneigentum stellt uns vor finanzielle Probleme.

Wir haben gar keine finanziellen Probleme.

1

2

3

4

5

6

Page 25: Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen · Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen Wie sich die Länder

Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 23

der Lage, sich selbst mit Nahrungsmitteln zu versorgen.2 Für weitere kleinere Anschaffungen wie Kleidung oder Haushaltsartikel bleibt dann oft noch genügend Geld übrig. In der Berufsgruppe der Landwirte fällt daher der Anteil der Haushalte, die sich den ersten beiden Antwortkategorien zuordnen, geringer aus. 77 Prozent von ihnen geben jedoch an, beim Kauf von großen Haushaltsgeräten, etwa eines Kühlschranks, werde es finanziell eng, während dies im Durchschnitt der Bevölkerung nur auf 32 Prozent der befragten Haushalte zutrifft.

In den USA wiederum korreliert das Einkom-men stark mit dem Ausbildungsgrad der Befrag-ten. 37 Prozent der Haushalte von Personen, die höchstens einen Sekundarschulabschluss besit-

zen, können sich den Kauf von Haushaltsgerä-ten wie Fernsehern oder Kühlschränken kaum leisten. Dieser Anteil liegt mehr als doppelt so hoch wie bei Haushalten von Personen mit einem Universitätsabschluss. Und auch die eth-nische Herkunft spielt eine Rolle. Weiße oder Amerikaner asiatischer Herkunft verdienen im Schnitt deutlich besser als Afroamerikaner und Hispanics. So gibt jeder sechste der befragten Weißen an, überhaupt keine finanziellen Prob-leme zu haben, aber nur jeder elfte Afroameri-kaner oder Hispanic.

Mehr Wohlstand bedeutet nicht unbedingt mehr Konsum

Wie die Haushalte ihre eigene Einkommenssituation einschätzen, hängt nur zum Teil von dem tatsäch-lichen Pro-Kopf-Einkommen eines Landes ab. So verfügen US-amerikanische Haushalte zwar über das höchste Durchschnittseinkommen des Kontinents, dennoch gibt mehr als jeder vierte Haushalt an, finanzielle Schwierigkeiten beim Kauf von größeren Haushaltsgeräten, etwa eines Fernsehers zu haben. Hintergrund ist das vergleichsweise starke Gefälle zwischen armen und reicheren Haushalten. In Kanada, das ein vergleichbares Wohlstandsniveau aufweist, ist dieser Anteil nur halb so hoch. Auch in Mittel- und Südamerika hängt das Ergebnis der Befragung nur zum Teil mit dem tatsächlichen Wohl-stand in der Bevölkerung zusammen.

Einschätzung der Einkommenssituation von Haushalten nach den sechs Antwortkategorien (USA und Kanada vier Antwortkategorien) in Prozent (fehlende zu 100 Prozent=weiß nicht), 2015(Datengrundlage: GfK-Verein3)

Kanada

USA

Costa Rica

Guatemala

Mexiko

Panama

Ecuador

Bolivien

Brasilien

Chile

1

2

3

4

5

6

3

4

5

6

Gliedert man die Befragten nach Altersgruppen, lässt sich nur schwer ein typisches Muster der Einkommensverhältnisse finden. In den meisten lateinamerikanischen Ländern sind es vor allem die jungen Menschen unter 19 Jahren, die angeben, beim Kauf von Kleidung in finanzielle Nöte zu geraten. Dies könnte zum einen damit zusammenhängen, dass Familien eher mit Konsumeinschränkungen leben müs-sen als Haushalte ohne Kinder. Zum anderen könnte aber auch der erhöhte Konsumanspruch der Jugendlichen dazu führen, dass sie ihre finanzielle Situation als prekärer wahrnehmen als andere Altersgruppen. Weiterhin zeigt sich, dass in Ländern mit umfassenden Basisleis-tungen für ältere Menschen wie Bolivien die Anteile derjenigen Älteren, die eine der ersten beiden Antwortkategorien gewählt haben, eher geringer ausfallen.

Die Möglichkeiten zu konsumieren hängen nicht nur von objektiven Faktoren ab, sondern sind auch durch das eigene Konsumverhalten, den symbolischen Wert bestimmter Konsumgüter sowie deren Verfügbarkeit geprägt. Ein gutes Beispiel für Letzteres liefert Argentinien. Hier ist Wohneigentum – zumindest auf dem Land – recht günstig zu bekommen. Der Kauf von Wohneigentum hat damit für Argentinier einen geringeren Stellenwert als in anderen Ländern, weshalb die Antwortkategorie 5 in der argen-tinischen Haushaltsbefragung gar nicht erst verwendet wurde.

Nordamerika Mittelamerika Südamerika1

2

3

4

5

6

Argentinien

Peru

Venezuela

4540353025201510

50

4540353025201510

50

4540353025201510

50

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24 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

Musterschüler im Norden

Lange Jahre war Fort McMurray nicht mehr als eine trostlose Arbeitersiedlung in den endlosen Wäldern Kanadas. Doch in den vergangenen Jahrzehnten hat sich der Ort zu einem der Zentren des kanadischen Ölbooms entwickelt. Seit den 1930er Jahren gewinnen Förderkon-zerne hier unter Einsatz gewaltiger Mengen an Wasser und Energie Rohöl aus Ölsand. Das brachte Arbeitsplätze, die Bevölkerung von Fort McMurray wuchs darum auf fast 83.000 Ein-wohner im Jahre 2015 an.1 Die zugewanderten Arbeiter freuten sich über Zulagen für die harte Arbeit in der subarktischen Einöde. Ihre Löhne bescherten der Stadt den Spitznamen „Fort McMoney“ und machten die umliegende Region zur wohlhabendsten des gesamten Landes.2

Gewichtiger Nachbar

Das eigentliche wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Landes liegt jedoch in der südöst-lichen Tiefebene. Vier von fünf Kanadiern leben in einem rund 150 Kilometer tiefen Streifen ent-lang der US-Grenze. Hier finden sich Großstäd-te wie Toronto, mit 2,8 Millionen Einwohnern die größte Stadt des Landes, außerdem das vorwiegend französischsprachige Montreal so-wie die Hauptstadt Ottawa. In diesem Landes-teil bilden moderne Dienstleister, aber auch Industrieunternehmen wie Automobilzulieferer oder Firmen aus der Luft- und Raumfahrttech-nik ein Gegengewicht zum ressourcenbasierten Teil von Kanadas Volkswirtschaft.

Der gewichtige Nachbar im Süden ist dabei von größter Bedeutung. Die beiden Volkswirtschaf-ten kooperieren über das Freihandelsabkom-men Nafta eng miteinander und sind einander der jeweils wichtigste Handelspartner. Selbst die Stromnetze der beiden Länder sind mitein-ander verknüpft. Die US-amerikanische Kultur prägt den Nachbarn im Norden zwar stark. Doch zugleich finden sich in Kanadas Sozial-system auch Ähnlichkeiten mit Skandinavien: Das Land ist ein egalitärer Sozialstaat mit ver-gleichsweise geringen Unterschieden zwischen Arm und Reich. In keinem anderen Staat auf dem amerikanischen Kontinent sind die Vermö-gen so ausgeglichen verteilt wie hier.

Als hochentwickelter Industriestaat ist Kanada Mitglied der G8-Gruppe. Es kann stabile poli-tische Verhältnisse und hohe Rechtssicherheit vorweisen. Im vorliegenden amerikanischen Gesamtranking nimmt das Land den Spitzen-platz ein – noch vor den USA. Vor allem bei den Lebensbedingungen kann Kanada punkten, von geringer Säuglingssterblichkeit bis zu hoher Lebenserwartung. In weiten Teilen

Doch vor einiger Zeit begann sich das Bild in Fort McMurray zu wandeln: Wohnungen stehen leer, Restaurants verzeichnen weniger Gäste und der örtliche Flughafen ist nicht mehr tag-ein, tagaus bevölkert mit an- und abreisenden Ölarbeitern.3 Der Grund: Der anhaltend niedrige Weltmarktpreis für Rohöl macht die aufwendige Gewinnung aus Ölsand zunehmend unrentabel. Unternehmen schieben darum Projekte auf die lange Bank und entlassen Arbeiter. Die kanadi-sche Wirtschaft ist zwar zwischen 2009 und 2014 um durchschnittlich 2,6 Prozent pro Jahr gewachsen. Doch 2015 rutschte sie zeitweise in die Rezession4 – auch weil die Ölindustrie weniger produzierte und investierte.5

Der niedrige Ölpreis hat, zusammen mit den ebenfalls abgesackten Weltmarktpreisen für mehrere Metallerze, im Herbst 2015 sogar zu einem Regierungswechsel in Kanada bei-getragen. Denn die Wähler haben die Wirt-schaftsflaute dem vormaligen konservativen Premierminister Stephen Harper zur Last gelegt. Der neue liberale Premier Justin Trudeau will nun das Land mit einem groß aufgelegten Konjunkturprogramm aus seiner Abhängigkeit von natürlichen Ressourcen lösen. Noch immer landet jeder dritte kanadische Dollar, den Un-ternehmen und Anleger im Land investieren, im Öl- und Gassektor.6 Kanada verfügt nach Saudi-Arabien und Venezuela über die dritt-größten nachgewiesenen Ölreserven der Welt.7 Sie werden vor allem im Westen sowie in den Prärien der Landesmitte gefördert, wo auch der große kanadische Agrarsektor beheimatet ist.

des riesigen Landes ist die Natur, der Öl- und Minenindustrie zum Trotz, noch intakt – zu-mindest intakter als in jedem anderen Land auf dem Kontinent. Vor allem aber landen die Kanadier in Untersuchungen zum Bildungsgrad regelmäßig weltweit ganz vorn. So hat mehr als die Hälfte der 20- bis 64-Jährigen im Land ein Studium absolviert, so viele wie in keinem anderen OECD-Mitgliedstaat.8

Wachstum durch Migration

Die hervorragenden Lebensbedingungen locken Zuwanderer aus allen Teilen der Welt an. Kanada zählt zusammen mit anderen Nationen wie Israel oder Australien, die historisch bedingt ebenfalls hohe Einwandererzahlen vorweisen, zu den Ländern mit dem höchsten Migranten anteil weltweit.9 Etwas mehr als ein Fünftel der Einwohner ist nicht im Land geboren.10 Schon seit seiner Gründung steuert Kanada, woher und in welcher Zahl es Neu-bürger aufnimmt. Seit den 1960er Jahren ent-scheiden der Bildungsstand und die berufliche Qualifikation Einwanderungswilliger sowie die jeweilige Lage auf dem Arbeitsmarkt darüber. Hatte Kanada früher bevorzugt um Europäer geworben, sind es inzwischen hauptsächlich Menschen aus Süd- und Ostasien, die hier einen Job und eine neue Heimat finden.11 So ist das in Pakistan und Nordindien gesprochene Punjabi nach den Amtssprachen Englisch und Franzö-sisch bereits die am dritthäufigsten gespro-chene Sprache im Land.12 Nach der Aufnahme zahlreicher Bootsflüchtlinge aus Vietnam in den 1970er und 1980er Jahren öffnet sich Kanada in jüngster Zeit vermehrt auch wieder für Flüchtlinge.

KANADA2015

100

203035,9 Mio.40,4 Mio.

1,6

3020 40 6050 70 80 90

100

0

20

1.000

30

10.000

50

30 60 90 120 150

40 60 70

100.000

80

BIP 50.271

75

5 100 15 20

16,1

98

180

14

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Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 25

Supermacht mit inneren Spannungen

An zwei große Freihandelsabkommen arbeiten die USA zurzeit. Seit 2013 beraten sie mit der Europäischen Union über die Transatlantic Trade Investment Partnership (TTIP). Diese steht in einigen europäischen Ländern in der Kritik, Ausgang offen. Derweil konnten die USA nach rund fünfjährigen Verhandlungen im Februar 2016 mit elf Pazifikanrainern die trans-pazifische Partnerschaft (TPP) unterzeichnen.1 Sollten die beteiligten Staaten das Abkom-men ratifizieren, entstünde damit die größte Freihandelszone der Welt, auf die mehr als ein Drittel des globalen Bruttoinlandsprodukts und über ein Viertel des Welthandels von 2014 entfielen.2

Durch die Zuwanderung gewinnt das Land pro Jahr knapp ein Prozent seiner Bevölkerung hinzu.13 Trotz der niedrigen Fertilitätsrate von 1,6 Kindern je Frau – der niedrigsten auf dem amerikanischen Kontinent – gehört die kanadi-sche Bevölkerung darum zu den am schnellsten wachsenden unter jenen der Industriestaaten weltweit.14 Allein in den kommenden 15 Jahren könnte die Zahl der Einwohner von 36 Millionen auf über 40 Millionen wachsen.15 Wegen der Zuwanderung dürfte die Bevölkerung bis 2030 etwas weniger stark altern als der amerikani-sche Durchschnitt.

Um die zahlreichen Neubürger in die kana-dische Kultur zu integrieren, setzt das Land schon seit 1971 offiziell auf Multikulturalismus

US-Wirtschaft dominiert

Die Aufschlüsselung auslän-discher Direktinvestitionen nach ihrer Herkunft zeigt: Kein Land ist für Kanadas Wirtschaft wichtiger als die USA. Rund die Hälfte aller Vermögensanlagen von Ausländern stammt aus dem südlichen Nachbarland. So haben zahlreiche US-Firmen in Kanada Produktionsstätten errichtet und lassen hier für den heimischen Markt fertigen. Der Nachteil: Die Firmenzent-ralen – und damit das Gros der Wertschöpfung – bleiben in den USA. Kanada muss sich darum in absehbarer Zeit von seinem Status als verlängerte Werkbank lösen und vermehrt auf eigene Forschung und Entwicklung setzen.

Anteile der zehn wichtigsten Quellenländer für ausländische Direktinvestitionen in Kanada in Prozent, 2014(Datengrundlage: Global Affairs Canada16)

USA

49,4

Niederlande

9,4

Luxemburg7,3

Großbritannien 6,6

Schweiz 3,8

China 3,4

Brasilien2,7

Japan2,5

Deutschland1,9

Frankreich1,6

Sonstige

11,5

als Leitbild. Darunter verstehen Kanadier ein Mosaik aus eigenständigen Kulturen, die zusammen die kanadische ergeben. Der ver-antwortliche Premierminister bei Einführung des Ideals war übrigens Pierre Trudeau – der Vater des aktuellen Premiers. Mit der Integra-tion von Zuwanderern unter dem Banner des Multi kulturalismus hatte sich das Land vor mehr als 40 Jahren fit für die Zukunft gemacht. Nun muss sich zeigen, ob ihm ein ähnlicher Schritt auch bei seiner Wirtschaft gelingt. Fort McMurray wurde inzwischen bei den verhee-rendsten Waldbränden seit Jahrzehnten im Frühjahr 2016 weit gehend zerstört.

Da China bei dem Abkommen bisher außen vor steht, könnten die USA durch die TPP ihren wirtschaftlichen Einfluss in der Pazifikregion gegenüber dem ständig wachsenden Konkur-renten ausdehnen.3 Seit der Jahrtausendwende ist der US-amerikanische Beitrag zur Weltwirt-schaft von über 30 auf 22 Prozent gefallen. China hat im gleichen Zeitraum seinen Anteil von 3,5 auf über 13 Prozent vervierfacht.4 Gleichzeitig konnte China seine Bedeutung als Exportnation im globalen Vergleich verdreifa-chen, während der Anteil der USA an den welt-weiten Ausfuhren zurückgeht.5 Bei all diesen Vergleichen ist jedoch zu berücksichtigen, dass Chinas Wirtschaftsleistung mit der vierfachen Einwohnerzahl zustande kommt.

Der amerikanische Weg aus der Krise

Auch deshalb sind die Vereinigten Staaten als weltweit führende Wirtschaftsmacht unum-stritten. Sie tragen noch immer über ein Fünftel zum weltweiten Bruttosozialprodukt bei6 und leisten jede vierte ausländische Direktinvesti-tion.7 Zudem gehören sie zu den wohlhabends-ten Ländern der Welt: Das Bruttoinlandspro-dukt von knapp 55.000 US-Dollar pro Kopf ist siebenmal so hoch wie das in China.8 Wie robust die US-Volkswirtschaft ist, zeigt sich insbesondere in ökonomisch schwierigen Zeiten. Nach der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009, die durch den Zusammenbruch des Immobilien- und Finanzsektors in den USA ausgelöst wurde und das Land in eine 19 Monate andauernde Rezession stürzte, hat sie sich schneller als andere betroffene Volks-wirtschaften erholt. Die Wirtschaft wächst seit 2009 jährlich um über 2,2 Prozent.9 Zum Ver-gleich: Die Länder der EU kommen im gleichen

USA2015

100

2030321,8 Mio.355,8 Mio.

1,9

3020 40 6050 70 80 90

100

0

1.000 10.000

30 60 90 120 150

100.000BIP

96

180

7

54.629

20 30 5040 60 70 80

75

5 100 15 20

14,8

Page 28: Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen · Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen Wie sich die Länder

Zeitraum im Durchschnitt gerade einmal auf ein Prozent Wachstum.10 Auch die Arbeitslosen-quote liegt in den USA mit fünf Prozent schon wieder auf Vorkrisenniveau.11

Die rasche Erholung ihrer Wirtschaft haben sich die USA mit zwei über 700 Milliarden US-Dollar schweren Rettungs- beziehungsweise Konjunk-turprogrammen teuer erkauft. Damit stieg die ohnehin hohe Staatsverschuldung noch einmal an und lag 2014 bei etwa 123 Prozent der nationalen Wirtschaftskraft.12 Doch die Regene-rationskraft der US-amerikanischen Wirtschaft verdankt sich zu einem guten Teil auch der Mentalität im Land. Ein hoher Grad an individu-eller Freiheit und ein damit verbundenes über-durchschnittliches Maß an Eigenverantwortung gehören zum gesellschaftlichen Konsens. So sagen 73 Prozent der Amerikaner, es sei wich-tig, hart zu arbeiten, um weit zu kommen, wäh-rend nur 49 Prozent der Deutschen dieser Aus-sage zustimmen.13 Dafür sind die Amerikaner auch bereit, sich flexibel auf dem Arbeitsmarkt einzubringen. Sie wechseln häufiger den Job und den Wohnort als Arbeitskräfte in anderen Volkswirtschaften.14 Die vergleichsweise locke-ren Arbeitsschutzregeln und das eher dünne soziale Sicherungsnetz tragen ebenfalls zur Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt bei.15

Es ist nicht nur der Wille zum sozialen Aufstieg, der die USA zu einem der innovativsten Län-der macht.16 Das Land verfügt auch über eine exzellente Wissenschafts- und Forschungs-landschaft. Nach dem Ranking des britischen Magazins Times Higher Education finden sich 14 der 20 besten Universitäten weltweit in den USA.17 Neben hohen staatlichen Zuschüssen

Das Land der Gegensätze

Einkommensunterschiede sind in den USA nicht nur sozial oder ethnisch begründet, sondern haben auch eine regionale Komponente. Während an der West- und Nordostküste das Haushaltsmedianein-kommen größtenteils über dem Landesmedian von 53.657 US-Dollar pro Jahr liegt, müssen die Men-schen im mittleren Westen und den Südstaaten im Schnitt mit weniger auskommen. Diese Diskrepanz liegt in der Wirtschaftsstruktur der USA begründet. Die Küstenregionen um Boston, New York City oder San Francisco beheimaten die führenden Technologieunternehmen und Universitäten. In den Süd-staaten hingegen konnte der wirtschaftliche Strukturwandel nur punktuelle Impulse setzen, etwa mit der Petrochemie in Texas oder der Raumfahrt in Florida. Das soziale Gefälle spiegelt sich auch innerhalb der einzelnen Bundesstaaten wider. Besonders auffällig ist der Unterschied im District of Columbia. Dort steht dem ärmsten Fünftel der Bevölkerung nur etwas mehr als ein Zehntel des Einkommens des reichsten Fünftels zur Verfügung,

Medianeinkommen aller Haushalte, Medianeinkommen der einkommensschwächsten 20 Prozent sowie der einkom-mensstärksten 20 Prozent aller Haushalte pro Jahr nach Bundesstaaten in US-Dollar, 2014 (Datengrundlage: U.S. Census Bureau18; Corporation for Enterprise Development19)

unter 40.000

40.000 bis unter 50.000

50.000 bis unter 60.000

60.000 bis unter 70.000

70.000 und mehr

Medianeinkommen aller Haushalte in US-Dollar

Haushaltseinkommen (Median)

der unteren 20 Prozent

der oberen 20 Prozent

in US-Dollar

Washington

Oregon

ArizonaNew Mexico

ColoradoUtah

Nevada

Californien

Idaho

Montana

Wyoming

Texas

Oklahoma

Kansas

North Dakota

South Dakota

Nebraska

Minnesota

Iowa

Missouri

Arkansas

MississippiAlabam

Louisiana

Georgia

Wisconsin

IllinoisIndiana

Ohio

Kentucky

Tennessee

SouthCarolina

North Carolina

Florida

a

MichiganNe Y

Maine

N.H.Vt.

Mass.R.I.Conn.

w ork

ennsylvaniaNew Jerse

P

Westrginia

rginia

Washington D.C.

y

DelawareMaryland

ViVi

Alaska

Hawaii

New York

Maine

Massachusetts

Rhode IslandConnecticut

New Jersey

Delaware

Maryland

West VirginiaWashington D.C.

Virginia

Pennsylvania

MichiganWisconsin

Minnesota

North DakotaMontana

Idaho

Alaska

Oregon

Washington

South Dakota

North Carolina

South Carolina

Georgia

Florida

Alabama

Tennessee

Kentucky

Mississippi

Louisiana

Arkansas

Missouri

Wyoming

Utah Colorado

Kalifornien

Arizona

Hawaii

New Mexico

Texas

Oklahoma

Kansas

Nebraska Iowa

NevadaIllinois Indiana

Ohio

20.000

40.000

60.000

80.000

Vermont

New Hampshire

26 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

Page 29: Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen · Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen Wie sich die Länder

Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 27

profitieren Exzellenzuniversitäten wie Harvard, Stanford, Yale oder das Massachusetts Institute of Technology (MIT) dabei auch von privatem Stiftungskapital in Milliardenhöhe, das es ihnen erlaubt, ihren Wissensvorsprung auszubauen und Top-Wissenschaftler aus der ganzen Welt anzulocken.20 So kommen über die Hälfte aller bisherigen Nobelpreisträger aus den USA.21 Die hohe Forschungsintensität spiegelt sich auch bei der Zahl neuer Erfindungen wider. 2014 wurden in den USA 578.802 Patente angemel-det. Nur in China mit seiner viermal größeren Bevölkerung liegt die Zahl der Patentanmeldun-gen mit knapp einer Milliarde höher.22

Gefördert durch sehr unternehmerfreundliche Rahmenbedingungen, etwa einem vergleichs-weise leichten Zugang zu Krediten oder Risikokapital, schaffen es US-amerikanische Unternehmen besonders schnell, gute Ideen in markttaugliche Produkte umzusetzen. Das zeigt sich nicht nur an der Vielzahl kleiner Start-ups, die sich innerhalb weniger Jahre zu Global Players entwickelt haben: Die Angebote von Facebook, Paypal oder Google etwa sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Auch Ideen, die ursprünglich nicht aus den USA stammen, haben große Chancen, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten umgesetzt zu wer-den. So ließ eine Münchner Hochschule bereits in den 1990er Jahren ein selbstfahrendes Auto testen. Langfristig werden aber den US-Unter-nehmen Google, Apple und Tesla die größten Chancen eingeräumt, ein voll autonomes Fahr-zeug zu produzieren und damit die Mobilität zu revolutionieren. Im Gegensatz zu Deutschland

Die Zuwanderung und die für westliche Indus-trienationen recht hohe Fertilitätsrate von fast zwei Kindern je Frau führen dazu, dass die Bevölkerung von heute rund 322 Millionen auf voraussichtlich 356 Millionen Menschen im Jahr 2030 und knapp 390 Millionen im Jahr 2050 wächst. Zudem altern die USA deutlich langsamer als andere moderne Gesellschaf-ten. Im Durchschnitt ist ein US-Bürger heute 37, ein Deutscher 45 Jahre alt.28 Im Jahr 2030 dürften 100 Erwerbsfähige in Deutschland etwa 51 über 64-Jährige zu versorgen haben, in den USA nur 38.29 Statt sich mit Schrump-

Im Tal der Eliten

In den USA können sich US-Bürger afroamerikanischer oder hispanischer Abstammung deutlich weniger leisten als Weiße. So sagen 17 Prozent der weißen US-Amerikaner, sie hätten kaum finanzielle Probleme, während dies nur 9 Prozent der Afroamerikaner und 9 Prozent der Hispanics bestätigen können.30 Die Ursache liegt oft schon im Bildungssystem, das nur wenigen einen sozialen Aufstieg ermöglicht. Aber auch Vorurteile auf dem Arbeitsmarkt stellen weitere Hürden. Im Silicon Valley, Heimat der größten US-Internetunternehmen wie Ebay oder Twitter, wird diese Schieflage deutlich. Dort ist der Anteil von Afroamerikanern und Hispanics an den Beschäftigten verschwin-dend gering. Sie bekleiden höchstens niedrig bezahlte Jobs als Sicherheits- oder Reinigungskräfte.31

Anteil der Arbeitskräfte nach ethnischer Herkunft an den Gesamtbeschäftigten in ausgewählten Unterneh-men des Silicon Valley in Prozent, 2013 (Datengrundlage: Working Partnership USA32)

Twitter GoogleEbay Facebook

fungsszenarien zu beschäftigen, können die USA dann noch immer auf einen der größten und konsumstärksten Binnenmärkte weltweit zurückgreifen.

Zur Stärkung des Binnenmarkts trägt auch bei, dass sich die Zusammensetzung der Zuwande-rung leicht verändert. Bisher bilden die Mexi-kaner mit zwölf Millionen in den USA lebenden Menschen die größte Einwanderungsgruppe. Doch zwischen 2009 und 2014 kehrten mehr Mexikaner wieder in ihr Heimatland zurück als neu hinzukamen. Grund ist, dass der

Weiße

Asiaten

Hispanics

Afroamerikaner

Sonstige

ist das autonome Fahren in den USA per Gesetz bereits zulässig, weshalb auch europäische und asiatische Autobauer ihre Modelle in den USA einem Realitätscheck unterziehen.23

Wie leicht sich in den USA Ideen zu Geld ma-chen lassen, lässt sich an den Statistiken der weltweit erfolgreichsten Unternehmer und Unternehmen ablesen: Die fünf Firmen mit dem höchsten Börsenwert sind ausnahmslos in den USA ansässig. Dazu zählen mit Apple, Google und Microsoft drei vergleichsweise junge IT-Giganten. Unter den Top Ten der reichsten Menschen der Welt stehen mit Bill Gates, Jeff Bezos, Mark Zuckerberg und Larry Ellison vier Selfmade-Milliardäre, die teilweise nicht einmal einen Universitätsabschluss haben und ihre Karriere in Garagenfirmen begannen.24

Noch immer attraktiv für Zuwanderer

Aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten sind die USA weiterhin ein beliebtes Ziel von Migranten. Nach Berechnungen des US-Ins-tituts für Migrationsforschung ist allein seit 2000 die Anzahl der in den USA lebenden illegal oder legal zugewanderten Menschen um knapp 40 Prozent auf etwa 42 Millionen angestiegen.25 13 Prozent der Bewohner der USA sind nicht im Land geboren.26 Zuwanderer tragen in den USA überproportional zum Wirt-schaftswachstum bei, denn unter ihnen gibt es offenbar besonders Risikofreudige: Sie gründen mehr als ein Viertel aller neuen Unternehmen und stellen über 20 Prozent der Führungsriegen in den 500 größten Unternehmen des Landes. Allein im Silicon Valley gingen zwischen 1995 und 2005 über die Hälfte aller Start-ups auf Personen zurück, die nicht in den USA geboren wurden.27

Page 30: Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen · Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen Wie sich die Länder

28 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

Auf dem Weg zur weißen Minderheit

Im Schmelztiegel USA werden bisherige Minderheiten zukünftig über die Hälfte der Bevölkerung stellen. Während der Anteil der weißen Bevölkerung von heute 62 Prozent bis 2060 voraussichtlich auf 43 Prozent zurück-geht, dürfte allein der Anteil der US-Bürger mit hispanischen Wurzeln im gleichen Zeitraum von 17 auf 28 Prozent steigen. Auch der Anteil der asiatischen Bevölkerungsgruppe dürfte leicht zunehmen, von heute fünf auf dann neun Prozent. Der Anteil der Afroamerikaner dürfte dagegen aufgrund niedrigerer Geburtenraten und eines geringen Anteils an der Zuwanderung konstant bleiben.44

Bevölkerung nach Altersjahren, Geschlecht und ethnischer Herkunft* in Millionen Personen, 2015, 2030, 2050 (Datengrundlage: United States Census Bureau45)

* Unter hispanischer Herkunft werden alle US-Amerikaner zusammengefasst, die einen lateinamerikanischen Migrationshintergrund aufweisen. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie sich selbst einer „anderen Hautfarbe“ zuordnen. Alle anderen werden wie folgt kategorisiert: Weiße, Afroamerikaner, Asiaten und Andere (Ureinwohner Amerikas, Alaskas oder Hawaiis sowie anderer Pazifikstaaten sowie Menschen mit zwei oder mehr Angaben zur ethnischen Herkunft).

US-Arbeitsmarkt für die überwiegend gering qualifizierten Mexikaner nicht genügend Jobs bietet. Stattdessen steigt die Zahl der oft gut bis hoch qualifizierten Zuwanderer aus dem asiatischen Raum. Chinesen bildeten im Jahr 2013 die größte Gruppe mit fast 150.000 Einwanderern, gefolgt von Indern mit 129.000 Einwanderern. Auch die Zahl der Migranten aus anderen asiatischen Ländern wie den Philippinen, Südkorea oder Vietnam nimmt deutlich zu.33 Anders als die mexikanischen Zuwanderer kommen diese mehrheitlich in den gut bezahlten Jobs der IT-Branche unter.

American Dream für alle?

Menschen auf den unteren Stufen der sozialen Leiter haben es indes zunehmend schwer in den USA. Dies gilt insbesondere für US-Ame-rikaner hispanischer und afroamerikanischer Herkunft, die zusammen rund 30 Prozent der Bevölkerung ausmachen.34 Sie scheitern oft schon am Bildungssystem. Während aus der weißen Bevölkerung jeder Dritte einen College- Abschluss schafft, gelingt dies unter den Afro-amerikanern nur jedem Fünften und unter den Hispanics sogar nur jedem Zehnten.35 Für die anderen bleiben oft nur Beschäftigungen im Niedriglohnsektor übrig. Dies trifft auf immer mehr Amerikaner zu.36 So fiel das Median-

einkommen in den letzten 15 Jahren um mehr als sieben Prozent von 57.000 auf etwa 53.000 US-Dollar im Jahr, und das, obwohl die Amerika-ner im Schnitt immer länger arbeiten.37 Gleich-zeitig nimmt die Einkommensungleichheit zu.38 2014 entfielen auf die wohlhabendsten 20 Pro-zent über 50 Prozent des Gesamteinkommens, auf die ärmsten 20 Prozent lediglich rund drei Prozent.39 Unter den OECD-Staaten geht es heute nur in Mexiko und der Türkei ungleicher zu.40

Damit gerät das weit verbreitete Selbstverständ-nis der US-Amerikaner ins Wanken, wonach es Jeder aus eigener Kraft nach ganz oben schaffen kann. Tatsächlich waren einer Umfrage der

New York Times im Jahr 2014 zufolge nur noch 64 Prozent der Befragten der Überzeugung, der „American Dream“ sei umsetzbar.41 Selbst kurz nach der Rezession im Frühjahr 2009 hatten noch 72 Prozent einen sozialen Aufstieg für möglich gehalten. Welche Folgen soziale Unge-rechtigkeit und das Gefühl der Perspektivlosig-keit bei breiten Bevölkerungsteilen nach sich ziehen können, zeigt sich am Beispiel der Klein-stadt Ferguson im Bundesstaat Missouri. Nach-dem ein Polizist im Jahr 2014 einen schwarzen Jugendlichen erschossen hatte, kam es wieder-holt zu heftigen Protesten und Ausschreitungen der überwiegend afroamerikanischen Bevölke-rung.42 In Ferguson hatte sich die Armutsquote binnen 20 Jahren mehr als verdreifacht.43

0 0 015 15 1515 15 1510 10 1010 10 105 5 55 5 5

Weiße

Afroamerikaner

Asiaten

Hispanics

Andere

2015 2030 2050FrauenMänner100

95–9990–9485–8980–8475–7970–7465–6960–6455–5950–5445–4940–4435–3930–3425–2920–241 5 –1910–14

5 –90–4

+ Frauen FrauenMänner Männer

Page 31: Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen · Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen Wie sich die Länder

Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 29

Konzentration aufs Innere

Die Regierung unter dem bis Ende 2016 amtierenden Präsidenten Barack Obama hat sich verstärkt diesen innenpolitischen Heraus-forderungen zugewandt. So zielt eines der zentralen Anliegen Obamas, die Einführung einer allgemeinen Krankenversicherungspflicht, darauf ab, den sozial Schwächeren eine bes-sere Absicherung zu ermöglichen. Außen- und wirtschaftspolitisch suchten die USA dagegen verstärkt ihre Unabhängigkeit. Statt sich offen siv in die vielen schwelenden globalen Konflikt herde insbesondere in den ölfördern-den Ländern einzubringen, hat sich Obama eine möglichst autarke Energieversorgung zum Ziel gesetzt. Mit Hilfe des ökologisch umstrittenen Frackings, einer Fördertechnik, bei der tief lagerndes Schiefergas und -öl unter Druck mit einem Wasser-Sand-Gemisch und Chemikalien gelöst werden, soll die Energieunabhängigkeit bis 2030 weitestgehend erreicht werden.46 Gleichzeitig hat Obama in seinem Klimaaktions-plan von 2013 auch den flächendeckenden Ausbau erneuerbarer Energien angekündigt.47

Dennoch wächst der Druck auf die US-ameri-kanische Regierung, ihre politische und wirt-schaftliche globale Spitzenposition zu halten. Die geplanten Freihandelszonen TPP und TTIP könnten dabei helfen, neue Absatzmärkte für US-amerikanische Produkte eröffnen und die einheimische Wirtschaft weiter ankurbeln. Ob dies gelingen mag, ist indes fraglich. Kritiker befürchten, dass durch eine engere Kooperation mit Billiglohnländern weitere Arbeitsplätze im Land zerstört werden und sich dadurch die innenpolitischen Spannungen eher verschärfen.48

Zwischen zwei Welten

Mexiko bildet das Scharnier des amerikani-schen Doppelkontinents. Geografisch gehört der Großteil der fast zwei Millionen Quadrat-kilometer umfassenden Landesfläche zu Nordamerika. Kulturhistorisch zählt Mexiko als Ursprungsland der Mayas und Azteken sowie als ehemalige Kolonie Spaniens zum lateiname-rikanischen Kulturraum.1 Ähnlich zwiegespalten zeigt sich das Land auch hinsichtlich seiner sozioökonomischen Entwicklung.

Seit Mitte der 1990er Jahre hat sich Mexiko zu einer der größten lateinamerikanischen Volks-wirtschaften entwickelt.2 Das Bruttoinlandspro-dukt beträgt über 10.000 US-Dollar pro Kopf,3 kaufkraftbereinigt liegt das Land sogar vor dem regionalen Schwergewicht Brasilien.4 Mit

einem Ausfuhrvolumen von fast 400 Milliarden US-Dollar ist es die bedeutendste Exportnation Lateinamerikas und die fünfzehntstärkste welt-weit.5 Wichtigstes Zugpferd ist die Produktion von Kraftfahrzeugen. Darin belegt Mexiko weltweit den siebten Platz. Daneben hat es sich aber auch als Produzent von elektronischen Ge-räten wie Computern oder Telefonen etabliert. Insgesamt steht die Wirtschaft im lateinameri-kanischen Vergleich auf einer breiten Basis.6

Der wirtschaftliche Aufschwung des Landes ist eng mit der Mitgliedschaft in dem nordamerika-nischen Freihandelsabkommen (Nafta) ver-knüpft. Mit ihrem gewaltigen Binnenmarkt sind die Vereinigten Staaten der mit Abstand wich-tigste Handelspartner. Sie stehen für über 80 Prozent der mexikanischen Ausfuhren und für fast 50 Prozent der mexikanischen Importe.7 Zudem lockt Mexiko Unternehmen und Inves-toren mit günstigen Produktionskosten sowie unbürokratischen und wirtschaftsfreundlichen Rahmenbedingungen. So findet sich entlang der nördlichen Landesgrenze eine Vielzahl zoll-freier Produktionszonen, in denen sich über-wiegend US-amerikanisch dominierte Betriebe, sogenannte Maquiladoras, nieder gelassen ha-ben. Im Ease of Doing Business Index liegt das Land 2016 im globalen Vergleich auf dem 38. Platz und schneidet unter allen lateinamerika-nischen Ländern am besten ab.8 Internationale Automobilkonzerne von Audi bis Toyota haben zukünftige Investitionen in bestehende oder neue Produktionsflächen bereits angekündigt.9

Mangelnde Kaufkraft schwächt Binnenmarkt

Die guten Handelsdaten täuschen jedoch dar-über hinweg, dass nur wenige der exportierten Produkte tatsächlich im Land gefertigt werden. Die Maquiladoras schrauben oder nähen vor al-lem auswärts gefertigte Einzelteile zusammen, so dass nur ein geringer Teil der Wertschöpfung im Land selbst erfolgt.10 Ein weiteres Manko der mexikanischen Wirtschaft ist der schwä-chelnde Binnenmarkt, der vor allem unter den niedrigen Löhnen leidet.11 Während in anderen lateinamerikanischen Ländern wie Chile, Brasilien oder Uruguay die Löhne seit 2005 um mehr als 20 Prozent gestiegen sind, konnte der Durchschnittslohn in Mexiko im gleichen Zeitraum nur um 2,6 Prozent zulegen.12 Rund 46 Prozent der Mexikaner leben unterhalb der nationalen Armutsgrenze von umgerechnet etwa 350 Euro im Monat.13 Das wirkt sich auch auf den Konsum aus. So kann sich heute nur jeder vierte Haushalt in Mexiko ein Auto leisten. Fast die Hälfte hätte schon mit dem Kauf eines Kühlschranks oder Fernsehgeräts finanzielle Probleme.14 Ohne die Unterstützung durch die in die USA ausgewanderten Mexikaner, die im Jahr 2014 über 24 Milliarden US-Dollar an Ver-wandte überwiesen, würden vermutlich noch mehr Menschen in Armut leben.15

Die Zeit läuft ab

Auch demografisch gesehen birgt Mexikos Entwicklung zwei Seiten. Zwar konnte das Land die noch in den 1970er Jahren mit über sieben Kindern je Frau hohe Fertilitätsrate auf heute 2,3 Kinder je Frau senken. Dadurch konnte sich

MEXIKO2015

100

2030127,0 Mio.148,1 Mio.

2,3

3020 40 6050 70 80 90

100

0

1.000 10.000

30 60 90 120 150

100.000BIP

66

180

38

10.361

20 30 5040 60 70 80

70

5 100 15 20

6,5

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30 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

eine günstige Bevölkerungsstruktur mit relativ vielen Menschen im erwerbsfähigen Alter her-ausbilden, was sich positiv auf die wirtschaft-liche Entwicklung auswirkte. Allerdings schafft Mexiko es bisher nicht, ausreichend Jobs für die vielen nachrückenden jungen Arbeitskräfte bereitzustellen.18 Der informelle Beschäfti-gungssektor ist in Mexiko größer als in anderen vergleichbaren lateinamerikanischen Volks-wirtschaften. 2014 gingen 58 Prozent der erwerbstätigen Mexikaner einer informellen Tätigkeit nach und zahlen dementsprechend keine Steuern an den Staat.19 Bis 2030 dürfte die mexikanische Bevölkerung im erwerbsfähi-

Im Süden Armut, Gewalt im ganzen Land

Soziökonomisch ist Mexiko von einem starken Nord-Süd- Gefälle geprägt. In den südwestlichen Bundesstaaten wie Oaxaca, Guerrero oder Chiapas leben mehr als zwei Drittel der Menschen unterhalb der nationalen Armuts-grenze. Nur die südöstlichen Regionen an der touristisch gut erschlossenen Karibikküste bilden eine Ausnahme. In Mexiko-Stadt sowie in den grenznahen nördlichen Bun-desstaaten ist die Armutsquote nur etwa halb so hoch. Unabhängig davon halten jedoch Ermordungen, die oft im Zusammenhang mit dem Drogenkrieg stehen, das ganze Land in Atem. 2013 war Guerrero im Süden des Landes mit 65 Mordfällen im Jahr am stärksten betroffen, gefolgt von Chihuahua an der Grenze zu den USA. Zum Vergleich: In Deutschland fallen je 100.000 Einwohner im Schnitt nur 0,8 Menschen pro Jahr einem Mord zum Opfer.16

Anteil der Menschen unter der nationalen Armutsgrenze an der Gesamtbevölkerung in Prozent, 2014

Sonora

Chihuahua

Coahuila

Durango

Sinaloa

Zacatecas Tamaulipas

Nayarit

Jalisco

ColimaMichoacán

San Luis Potosí

Yucatán

QuintanaRoo

CampecheTabasco

ChiapasOaxaca

Veracruz

Distrito Federal

Morelos

Tlaxcala

QuerétaroHidalgoMéxicoGuanajuat

Aguascalientes

Puebla

Guerrero

NuevoLeón

BajaCalifornia

BajaCaliforniaSur

unter 30

30 bis unter 40

40 bis unter 50

50 bis unter 60

60 bis unter 70

70 und mehr

sollen den Wettbewerb in teilweise noch staatlich gelenkten Schlüsselsektoren wie der Energiewirtschaft, der Telekommunikation oder dem Bankensektor ankurbeln.26 Zudem verfolgt Präsident Peña Nieto eine umfassende Steuerreform, um mehr Geld für die Verbesse-rung der Infrastruktur und die Bekämpfung der Armut zur Verfügung zu haben.27 Heute ist die Steuerquote mit nicht einmal 20 Prozent die niedrigste unter allen OECD-Ländern.28

Der Traum droht zu platzen

Eine ganz andere Bedrohung für Mexikos Auf-stieg zu den entwickelten Ländern der Welt stellt der seit Jahrzehnten wütende Drogenkrieg im Land dar. Als Transitland zwischen Latein-amerika und den USA sowie als Erzeugerland für illegale Drogen spielt Mexiko für den internationalen Rauschgifthandel eine zentrale Rolle.29 Seit 2006 sind den gewalttätigen Kon-flikten zwischen den Drogenkartellen und der Armee wie auch der Kriminellen untereinander geschätzt über 70.000 Menschen zum Opfer gefallen.30 Ein großes Problem bei der Bekämp-fung des Drogenhandels dürfte dabei die Politik selbst sein. Mexiko gilt als eines der korrup-testen Länder der Welt. Im Corruption Control und im Political Stability Index weist das Land deutlich negative Werte auf.31 Mexiko muss also nicht nur seine wirtschaftlichen Erfolge weiter ausbauen, sondern vor allem die politische und rechtsstaatliche Kultur an das Niveau entwi-ckelter Länder heranführen, um seine Rolle in der Region zu halten.

Sonora

BajaCalifornia

Sinaloa

Durango

Nayarit

Jalisco

Tamaulipas

Querétaro

Hidalgo

México

Morelos Puebla

GuerreroOaxaca

Veracruz

Tabasco

Chiapas

Campeche

Yucatán

Quintana Roo

TlaxcalaDistrito Federal

Guanajuato

MichoacánColima

San Luis Potosí

Zacatecas

Aguascalientes

BajaCaliforniaSur

Chihuahua

Coahuila

Nuevo León

Mordrate pro 100.000 Einwohner in den 31 mexikani-schen Bun-desstaaten, 2013

(Datengrundlage: UNPD17)

10

20

30

40

50

60

gen Alter von 20 bis 64 Jahren um jährlich über eine Million auf dann 88 Millionen Menschen ansteigen.20 Wenn es nicht gelingt, entspre-chend mehr Arbeitsplätze zu schaffen, dürften es auch weiterhin viele schwer haben, eine formelle Beschäftigung zu finden.

Gleichzeitig setzt die Alterung der Gesellschaft ein. Schon 2030 dürfte der Anteil der über 64-Jährigen im Land um 60 Prozent gegenüber 2015 gestiegen sein.21 Aufgrund der prekären Beschäftigungsverhältnisse haben nur wenige Menschen im Laufe ihres Erwerbslebens in die staatliche oder private Altersversorgung inves-tieren können. Die heute im Vergleich zu ande-ren lateinamerikanischen Ländern recht gute Einkommenssicherheit älterer Menschen dürfte sich damit in Zukunft verschlechtern.22

Unter dem seit 2012 amtierenden Präsident Enrique Peña Nieto brachte die Regierung ein Reformpaket auf den Weg, das einige der größten Baustellen im Land angehen soll. So soll erstmals eine Arbeitslosen- und Renten-versicherung für alle eingeführt werden.23 Auch im Bildungsbereich sind Strukturreformen geplant.24 Im Vergleich zu den USA oder Chile hat Mexiko gerade bei der Ausbildung von Hochqualifizierten großen Nachholbedarf.25 Liberalisierungen und private Investitionen

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Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 31

3.703

Dividende oder Desaster?

Die Bevölkerung Guatemalas ist für lateiname-rikanische Verhältnisse extrem jung: 37 Prozent sind Kinder und Jugendliche unter 15, der An-teil 15- bis 29-Jähriger beläuft sich auf knapp 30 Prozent. Grund ist die hohe Fertilitätsrate. Während im lateinamerikanischen Durchschnitt die Kinderzahl je Frau bei 2,2 liegt, bringen in Guatemala Frauen noch immer durchschnittlich 3,3 Kinder zur Welt. Als Folge wächst die Be-völkerung stetig; allein im Zeitraum von 2000 bis 2015 um über ein Drittel von 11,7 auf 16,3 Millionen und auf 21,4 Millionen im Jahr 2030.1

Die Altersstruktur der Guatemalteken birgt eine Chance. Während andere lateinamerikanische Länder schon altern, wächst in Guatemala der Anteil der als besonders produktiv und inno-

vativ geltenden Altersgruppe zwischen 20 und 39 Jahren stark an. Um diesen demografischen Bonus nutzen zu können, müsste das Land jedoch stärker in Gesundheitsversorgung und Bildung investieren. So haben nur zwei von drei Guatemalteken Zugang zu sanitären Anlagen, neun von zehn zu sauberem Trinkwasser. Die Säuglingssterblichkeit liegt bei 23 Todesfällen je 1.000 Geburten.2 Lediglich jeder dritte Erwachsene im erwerbsfähigen Alter verfügt mindestens über einen Sekundarabschluss. Da-mit bildet Guatemala zusammen mit Honduras das Schlusslicht innerhalb Lateinamerikas.3 Unter den 40 Prozent der Guatemalteken, die direkt von den Mayas abstammen, ist die Bildungs situation besonders prekär. Nur knapp die Hälfte der indigenen Frauen kann lesen und schreiben, unter den Männern sind es vier von fünf.4

Aufschwung verfehlt Gesellschaft

Gemessen am Bruttoinlandsprodukt ist die guatemaltekische Volkswirtschaft die größte in Zentralamerika. Zwar entwickelt sie sich positiv – zwischen 2009 und 2014 legte das Brutto inlandsprodukt jährlich um 3,6 Pro-zent zu.7 Aber mit einem Pro-Kopf-Brutto-inlandsprodukt von 3.700 US-Dollar im Jahr 2014 zählt Guatemala noch immer zu den lateinamerikanischen Ländern mit geringem Wohlstandsniveau.8 Einzig durch die Ausfuhr von Agrarprodukten wie Kaffee, bei dem das Land siebtgrößter Exporteur weltweit ist, und in einem geringeren Ausmaß von Bananen und Zucker, erlangt es im internationalen Welthan-del Bedeutung.9 Dabei profitiert Guatemala von einer strategisch günstigen Lage, da es sowohl Zugang zum Pazifik als auch zum Atlantik be-sitzt und in der Nähe zu den großen nordameri-kanischen Märkten liegt.10

Die industrielle Produktion beschränkt sich auf Textil- und Nahrungsmittelunternehmen, die vorwiegend in ausgewiesenen Freihandels-zonen ansässig sind.11 Mithilfe ausländischer Direktinvestitionen stellen diese jedoch vor-nehmlich Produkte mit geringer Wertschöpfung her,12 unterlaufen dabei häufig Regelungen zum Mindestlohn und unterhöhlen Arbeitsrechte, sodass langfristige und sichere Arbeitsplätze kaum entstehen können.13 Positiv entwickelt sich der Tourismus. Die Naturschönheiten und die antiken Stätten der Mayas lockten 2014 etwa zwei Millionen Touristen ins Land, was 2013 Devisen im Wert von über eine Milliarde US-Dollar einbrachte.14

Ein Großteil der Bevölkerung bleibt bei der wirt-schaftlichen Entwicklung außen vor.15 Zwischen 2006 und 2011 stieg der Anteil der Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, sogar von 51 auf fast 54 Prozent.16 Heute fehlt jedem fünften Haushalt Geld für eine regelmäßige Mahlzeit, jeder vierte wäre mit dem Kauf eines Kühl-schranks oder eines Fernsehers überfordert.17 Die schwierige Arbeitsmarktsituation führt zudem dazu, dass laut dem Nationalen Zentrum für Wirtschaftsstudien vier Millionen Menschen ihren Lebensunterhalt im informellen Sektor verdienen, doppelt so viele wie in regulären Beschäftigungsverhältnissen.18 Eine bedeuten-de Einkommensquelle für die Bevölkerung sind auch die Überweisungen von im Ausland leben-den Guatemalteken, die 2013 fast zehn Prozent des BIP ausmachten.19

Weit entfernt vom Bonus

Je weniger Menschen unter 20 und über 64 Jahren die Erwerbsbevölkerung zu versorgen hat, desto mehr Ressour-cen bleiben einer Gesellschaft für ihre wirtschaftliche Entwicklung. Deshalb wird diese Phase im demografischen Übergang von einer jungen zu einer alten Bevölkerung auch als demografischer Bonus bezeichnet. Da in Guatemala die Kinderzahlen je Frau nur langsam sinken, könnte das Land diese Phase erreichen, wenn andere lateinamerikani-sche Länder wie Mexiko oder Brasilien bereits altern.5 Doch um den Bonus nutzen zu können, muss das Land stärker in die Ausbildung und Produktivität seiner Arbeitskräfte investieren.

Zahl der unter 20-Jähri-gen und über 64-Jährigen je 100 Personen im erwerbsfähigen Alter zwischen 20 und 64 Jahren, 2000 bis 2100 (Projek tion, mittlere Variante)(Datengrundlage: UN Desa6)

Abhängigenrate

150

140

130

120

110

100

90

80

70

60

50

200

0

2010

2020

2030

204

0

2050

206

0

2070

208

0

209

0

210

0

Guatemala

Honduras

Mexiko

Lateinamerika und Karibik

Brasilien

GUATEMALA2015

100

203016,3 Mio.21,4 Mio.

3,3

3020 40 6050 70 80 90

100

0

1.000 10.000

30 60 90 120 150

100.000BIP

32

180

81

20 30 5040 60 70 80

67

5 100 15 20

4,8

Page 34: Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen · Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen Wie sich die Länder

32 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

Hoffnung auf bessere Lebens-verhältnisse

Obwohl der blutige Bürgerkrieg, der Guatemala dreieinhalb Jahrzehnte fest im Griff hatte, schon vor 20 Jahren endete, konnten sich bis heute kaum funktionierende staatliche Strukturen herausbilden. Zu eng sind die Verflechtungen zwischen politischer Elite und halbstaatlichen kriminellen Organisationen. So weist das Land sowohl im Political Stability Index als auch im Corruption Control Index negative Werte auf.20 Dadurch gehen dem Staat wichtige Steuereinnahmen verloren – die Steuerquote ist eine der niedrigsten weltweit, wodurch finanzielle Mittel für dringend benötigte Infra-strukturmaßnahmen fehlen.21 Ohne Investiti-onen dürften sich die Lebensbedingungen für einen großen Teil der Bevölkerung kaum ver-bessern. Darunter leidet auch das Vertrauen der Bevölkerung in das politische System.22 Dies zeigt eine Umfrage aus dem Jahr 2011, bei der die Regierung 15- bis 29-jährige Guatemalteken nach ihrer Lebenssituation und ihren Erwar-tungen an die Zukunft fragte: Zwei Drittel der Befragten gaben der Hoffnung Ausdruck, es gehe ihnen in den nächsten fünf Jahren besser. Ebenso viele meinten aber auch, sie hätten kein Problem damit, in einem undemokratischen System zu leben, wenn sich damit die Lebens-verhältnisse verbessern würden.23

Kleine Schatten über dem Paradies

Vor 20 Jahren war Puerto Viejo – spanisch für „alter Hafen“ – ein kleines Fischerdorf mit traumhaften, aber verschlafenen Strän-den an der südöstlichen Karibikküste Costa Ricas. Heute ist es eine der vielen quirligen Tourismusdestinationen des Landes, ein Surf-paradies mit Hotels in allen Preisklassen und Freizeitangeboten wie geführten Fahrradtouren durch den tropischen Regenwald oder einer Baumkronen-Seilbahn.1 Das Örtchen steht stellvertretend für die Entwicklung des Landes der letzten Jahre. Costa Rica hat sich vom Ge-heimtipp für Naturliebhaber zum Vorreiter des Massen-Ökotourismus gewandelt. Im Jahr 2014 kamen 2,5 Millionen internationale Besucher in das zentralamerikanische Land, das selbst

nur 4,8 Millionen Einwohner zählt.2 Der Touris-mus brachte mehr als 2,6 Milliarden US-Dollar Devisen und trug damit über fünf Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei.

Nicht immer wusste Costa Rica seine reiche Flora und Fauna so gut zu nutzen. Noch Ende der 1980er Jahre war das Land mit einer der höchsten Abholzungsraten weltweit in den Schlagzeilen. Denn die Zahl der „Ticos“, wie sich die Einwohner des Landes nennen, hat sich von nur 950.000 im Jahr 1950 bis heute ver-fünffacht. Dieses starke Bevölkerungswachs-tum forderte seinen Tribut: Der Regenwald musste den sich ausbreitenden Siedlungen, dem Ackerbau und der Viehzucht weichen. Eine Erhebung im Jahr 1987 ergab, dass nur noch 21 Prozent der Landesfläche mit Wald bedeckt waren. Seitdem ist die Fertilitätsrate jedoch rasch gesunken und liegt heute mit 1,8 Kindern je Frau unter dem Reproduktionsniveau, ein Zeichen für einen hohen sozioökonomischen Entwicklungsstand. Damit hat sich auch das Bevölkerungswachstum deutlich verlangsamt. Zudem begann die Regierung in den 1990er Jahren massiv in die Wiederaufforstung zu investieren – mit spektakulärem Erfolg. 2013 war der Anteil der bewaldeten Gebiete auf 52 Prozent der Landesfläche angewachsen. Ein Viertel des Staatsgebietes steht inzwischen unter Naturschutz.

Die Wiederaufforstung hat auch wesentlich zu der guten CO2-Bilanz des Landes beige-tragen, denn solange die Bäume wachsen, absorbieren sie große Mengen des Treibhaus-gases. In der neusten Auflage des nationalen Klimaschutzplans, der im Vorfeld der Pariser Weltklimakonferenz Ende 2015 in Kraft trat, hat sich Costa Rica vorgenommen, rasch klima-neutral zu werden. Bis zum Jahr 2050 soll der CO2-Ausstoß pro Kopf von heute etwa 1,7 auf

1,19 Tonnen pro Jahr sinken und bis zum Ende des Jahrhunderts sogar minus 0,27 Tonnen pro Kopf und Jahr betragen.3 Zum Vergleich: In Deutschland liegt der CO2-Ausstoß derzeit bei 8,9 Tonnen pro Kopf und Jahr.4 Zumindest in Bezug auf eine umweltfreundliche Energiever-sorgung hat Costa Rica sein ambitioniertes Ziel, 100 Prozent seines Strombedarfs aus regenera-tiven Energiequellen zu decken, schon 2015 so gut wie erreicht.5 Dank der bergigen Landschaft und der hohen Niederschläge stammt die Elektrizität überwiegend aus Wasserkraft.

Stabilität ohne Reformen Costa Rica sticht nicht nur mit seiner Umwelt- und Klimapolitik hervor. Die „Schweiz Mittel-amerikas“ verzichtet seit dem sechswöchigen Bürgerkrieg 1948 auf eine eigene Armee und wird seither durchgehend demokratisch re-giert. Seine Sonderrolle nutzte es lange Zeit als diplomatischer Vermittler in der ansonsten von Konflikten heimgesuchten Region. 1987 erhielt der damalige Präsident Óscar Arias für dieses Engagement sogar den Friedensnobelpreis.6 Da sich die Nachbarländer in den letzten Jahren jedoch zunehmend stabilisiert haben, verliert die costaricanische Außenpolitik an Bedeutung. Innenpolitisch wurde das Land jahrelang ab-wechselnd von denselben zwei Parteien re-giert: der sozialdemokratischen Partido Libera-ción Nacional (PLN) und der christlich-sozialen Partido Unidad Social Cristiana (PUSC). Unter beiden Parteien entwickelte sich Costa Rica zunächst nahezu modellhaft zu einem in der Region einmaligen sozialen Wohlfahrtsstaat. Bei den Indikatoren im Bereich Politik liegt das Land auch heute noch nach Kanada, USA und Chile auf dem viertbesten Platz innerhalb Amerikas.

COSTA RICA2015

100

20304,8 Mio.5,4 Mio.

1,9

3020 40 6050 70 80 90

100

0

1.000 10.000

30 60 90 120 150

100.000BIP

49

180

58

10.035

20 30 5040 60 70 80

69

5 100 15 20

8,9

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Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 33

11.771

Doch die politische Stabilität täuscht über viele interne Probleme hinweg. 1995 haben die beiden großen Parteien ein Abkommen geschlossen, in dem sie ihre Einigkeit darin bekundeten, den bereits begonnenen Abbau des Sozialstaates und die Liberalisierung der Wirtschaft fortzusetzen. In der Folge kürzte die Regierung die staatlichen Ausgaben im Bildungs- und Gesundheitsbereich, privatisierte staatliche Unternehmen und lancierte ein Freihandelsabkommen mit den USA (Cafta), das 2009 in Kraft trat. Die Liberalisierung wurde

Mehr Massen- als Individualtourismus

Die jährliche Zahl internationaler Besucher Costa Ricas hat sich in den letzten 15 Jahren verfünffacht. Etwa die Hälfte von ihnen kommt aus Nordamerika und Mexiko. Gleich danach folgen in der Liste Besucher aus den deut-lich ärmeren Nachbarländern – allen voran Nicaragua. Ob es sich dabei jedoch ausschließlich um Touristen handelt, bleibt offen. Aus Europa kamen 2014 nur 15 Prozent aller Touristen. Synchron zu den Besucherzah-len sind auch die Deviseneinnahmen des Landes ge-stiegen, die inzwischen gut fünf Prozent der nationalen Wertschöpfung ausmachen.

Ankünfte internationaler Besucher in Costa Rica in Tausend, 1990 bis 2014 Deviseneinnahmen durch Tourismus in Millionen US-Dollar, 1996 bis 2014(Datengrundlage: Instituto Costarricense de Turismo15)

1990

1991

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

200

0

200

1

200

2

200

3

200

4

200

5

200

6

200

7

200

8

200

9

2010

2011

2012

2013

2014

689

1.359

884

1.621

1.229

2.1741.858

2.089

2.636

1.078

Millionen US-DollarPersonen

2.500

2.250

2.000

1.750

1.500

1.250

1.000

750

500

250

0

Das Drehkreuz Mittelamerikas

Etwa zehn Kilometer nordöstlich von Panama Stadt, der an der Pazifikseite gelegenen Haupt-stadt des gleichnamigen Landes, gründeten die Spanier schon Anfang des 16. Jahrhunderts ei-nes der wichtigsten Handelszentren der Neuen Welt. Hierher verschifften die Konquistadoren ihre in der Andenregion erbeuteten Reichtümer, transportierten die Schätze über die Landenge zum Atlantik und schickten sie von dort weiter mit Schiffen in Richtung Heimatland.1 1671 wurde die mächtige Kolonialstadt von einst fast vollständig von Piraten zerstört. Nach dem Überfall bauten die Kolonialherren die Stadt auf einer besser zu verteidigenden nahe

von vielen Protesten begleitet und führte zu einer zunehmenden Ungleichheit im Land.7 Heute lebt ein Fünftel der costaricanischen Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze.8 Die lange unter der Hand gehaltene Vetternwirt-schaft brach 2004 auf, als gleich drei ehema-lige Präsidenten wegen Korruption angeklagt wurden.9

Bei den Wahlen 2014 erzielte dann der Kandidat der links der Mitte angesiedel-ten Partido Acción Ciudadana (PAC), Luis

Guillermo Solís, einen Überraschungserfolg. Ihm steht nun die Aufgabe bevor, dringend notwendige Reformen durchzusetzen. Die Infrastruktur ist marode, die Sozialkasse steht kurz vor dem Zusammenbruch und Steuern werden kaum eingetrieben, dafür wächst das Haushaltsdefizit.10 Zudem kommt auf das Land eine massive Alterung zu. Der Anteil der über 64-Jährigen steigt in den nächsten Jahren stark an, von heute 9 Prozent auf 15 Prozent der Bevölkerung bis 2030. Gleichzeitig sinkt der Anteil der produktiven Altersgruppe der 20- bis 39-Jährigen. Nur in Trinidad und Tobago fällt dieser Anteil noch stärker ab.11

Costa Rica hat jedoch gute Chancen, diesen Herausforderungen zu begegnen, denn das Land lebt bei Weitem nicht nur vom Tourismus. Ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts wird im industriellen Sektor erwirtschaftet. Die landwirtschaftliche Produktion steht nur für knapp sechs Prozent der Wirtschaftsleistung.12 Dies zeigt sich auch in den Exporten: Neben traditionellen Produkten wie Kaffee, Bananen und Ananas stehen heute vor allem medizin-technische Geräte wie Herzschrittmacher ganz oben auf der Liste. Industrielle Güter machen insgesamt drei Viertel der Exporte aus.13 Doch um seine Produktivität erhalten zu können, muss Costa Rica vermehrt in die Bildung seiner Bürger investieren. Der Anteil der Menschen im erwerbsfähigen Alter, die mindestens eine weiterführende Schule abschließen konnten, liegt nur bei 49 Prozent und damit deutlich un-ter jenem der meisten anderen amerikanischen Staaten. Und noch etwas könnte die „reiche Küste“ gefährden: Nach dem Weltrisikoindex der Vereinten Nationen hat kein anderes Land auf dem amerikanischen Kontinent ein höheres Risiko, von Naturgewalten wie Hurrikanen, Erdbeben und Vulkanausbrüchen heimgesucht zu werden, als Costa Rica.14

PANAMA2015

100

20303,9 Mio.4,8 Mio.

2,5

3020 40 6050 70 80 90

100

0

1.000 10.000

30 60 90 120 150

100.000BIP

67

180

69

20 30 5040 60 70 80

70

5 100 15 20

7,6

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34 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

gelegenen Landzunge neu auf. Heute gilt die 1,5 Millionen-Einwohner-Metropole noch im-mer als wichtigster Güterumschlageplatz des Kontinents.2

Anders als zu Kolonialzeiten werden die Waren aber nicht mehr auf dem Landweg zwischen Atlantik und Pazifik transportiert, sondern über den Panamakanal, die einzige schiffbare Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik in der Mitte des Kontinents. Die Geschichte der 80 Kilometer langen Wasserstraße hat maßgeb-lich die Geschicke des kleinen Landes geprägt, das nach seiner Loslösung von der spanischen Krone im Jahr 1821 zunächst zu Kolumbien gehörte. Als sich die kolumbianische Regierung Anfang des 20. Jahrhunderts weigerte, den USA einen Teil ihres Staatsgebietes für den geplan-ten Kanal abzutreten, verhalfen diese Panama kurzerhand zur Unabhängigkeit. Über einen 16 Kilometer tiefen Streifen in der dünnen Mitte des Landes behielten sich die USA jedoch die Hoheitsrechte vor und bauten dort in den darauffolgenden Jahren den legendären Kanal, den sie erst knapp 100 Jahre später dem pana-maischen Volk übergaben. Noch heute spielen für Panama die wirtschaftlichen wie politischen Beziehungen zum großen Nachbarn im Norden eine wichtige Rolle.3

Panamas Wirtschaft profitiert stark von der Stellung als Transitland zwischen den beiden Ozeanen. Seit der Übernahme des Kanals hat sich das Bruttoinlandsprodukt des Landes nahezu vervierfacht und lag 2014 bei 46,2 Milliarden US-Dollar.4 Mit einem Pro-Kopf-Ein-kommen von rund 11.770 US-Dollar und einem prognostizierten Wirtschaftswachstum für 2016 von 6,2 Prozent kann sich Panama durch-aus mit den ökonomischen Schwergewichten

der Region wie Chile, Argentinien und Brasilien messen.5 Etwa sechs Prozent der nationalen Wertschöpfung lassen sich allein auf die den Panamakanal verwaltende Behörde ACP zu-rückführen.6 Insgesamt stammen 75 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus dem Dienstleis-tungssektor, nahezu 20 Prozent allein durch den Handel. Dazu trägt nicht nur der Panama-kanal bei, sondern auch die Anbindung der nationalen Währung Balboa an den US-Dollar sowie die sehr unternehmerfreundliche Wirt-schaftspolitik des Landes. Mit verschiedenen Freihandels-, Sonderwirtschafts- und Förder-zonen lockt das Land erfolgreich ausländische Unternehmen an.7 Allein in der Zona libre de Colón, der zweitgrößten Freihandelszone welt-weit, betreiben mehr als 1.600 internationale Firmen und 120 verschiedene Banken Nieder-lassungen.8 Die ausländischen Direktinvestitio-nen steigen dadurch beständig.

Allerdings bemängelt die Welthandelsorganisa-tion, dass die Sonderzonen noch zu wenig zur allgemeinen nationalen Wertschöpfung und zur Beschäftigung im Lande beitragen.9 Insgesamt hat das Land mit großen regionalen und sozia-len Ungleichheiten zu kämpfen. 80 Prozent der Wertschöpfung werden in der Kanalregion und der Hauptstadt erwirtschaftet.10 Dort liegt der Anteil derjenigen, die unterhalb der nationalen Armutsgrenze leben, nur bei 15 Prozent. In den ländlichen Gebieten, wo immerhin ein Drittel der Bevölkerung lebt, fällt dagegen jeder Zweite unter die Armutsgrenze.11 Die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung verdienen mehr als 40 Prozent der privaten Einkommen, während

die ärmsten zehn Prozent zusammen nur ein Prozent der Einkommen zur Verfügung haben.12 Daher fällt der Gini-Koeffizent in Panama mit einem Wert von 52 relativ hoch aus. Abhilfe soll ein Gesetz zur Dezentralisierung schaffen, das nach gut siebenjähriger Vorarbeit Anfang 2016 in Kraft getreten ist. Es sieht einen Finanzaus-gleich zwischen den wirtschaftlich starken und den schwachen Regionen vor. Dadurch können gerade periphere Regionen neue Investitionen planen, ihre Wirtschaft ankurbeln und ihrer Bevölkerung neue Chancen eröffnen.13

Neben dem Handel hat schon jetzt der Bausek-tor wesentlich zum panamaischen Wirtschafts-wunder der letzten Jahre beigetragen. So baut Panama zurzeit für mehr als acht Milliarden US-Dollar seine Infrastruktur aus. Dazu gehören gleich zwei Megaprojekte: die Erweiterung des Panamakanals, deren Kosten die geplanten fünf Milliarden US-Dollar schon überstiegen haben, sowie der Ausbau des U-Bahn-Netzes in der Hauptstadt.14 Dank der guten ökonomischen Lage herrscht in Panama nahezu Vollbeschäfti-gung: Die Arbeitslosigkeit liegt bei 4,1 Prozent.Hinsichtlich seiner demografischen Entwick-

Handel statt Eigenproduktion

Panama setzt für seine wirtschaftliche Entwick-lung stark auf seine Rolle als Handelsdrehkreuz des Kontinents. Drei Viertel seiner gesamten Wertschöpfung leistet der Dienstleistungssektor. Die Landwirtschaft spielt dagegen kaum eine Rolle. Das Land ist daher weit-gehend auf die Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Treib-stoffen angewiesen. Der industrielle Sektor wird zunehmend durch die Baubranche dominiert, während die Produktion eigener Waren an Bedeu-tung abnimmt.

Anteil verschiedener Wirt-schaftszweige am Brutto-inlandsprodukt in Prozent, 2007 und 2013(Datengrundlage: World Trade Organization15)

primärerSektor

sekundärerSektor tertiärer Sektor

Land

- und

For

st-

wir

tsch

aft,

Fisc

here

i

Prod

ukti

on Bau

Han

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und

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- und

W

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und

Hot

els

Fina

nzw

esen

Prozent

18

16

14

12

10

8

6

4

2

0

2007

2013

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Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 35

lung kann Panama ebenfalls recht entspannt in die Zukunft schauen. Die Fertilitätsrate war schon Anfang der 1990er Jahre auf unter drei Kinder je Frau gesunken und liegt heute bei 2,5. Dadurch wächst die Bevölkerung zwar weiter-hin von heute knapp 4 auf voraussichtlich 4,8 Millionen im Jahr 2030, die Alterung ver-läuft jedoch im Vergleich zu anderen Ländern Lateinamerikas relativ moderat.16 In diesem Zeitraum dürfte der Anteil der über 64-Jährigen von acht auf zwölf Prozent steigen, während der Anteil der Bevölkerung in dem besonders leistungsfähigen Alter zwischen 20 und 39 Jah-ren relativ stabil bleibt.17

Allein aufgrund der Altersstruktur seiner Bevöl-kerung wird Panama seine Produktivität also noch einige Jahre bewahren können. Um sich jedoch im globalen Wettbewerb weiter behaup-ten zu können, müsste das Land dringend mehr in den Bildungssektor investieren. Bisher liegen die staatlichen Ausgaben je Schüler in Primar- oder Sekundarbildung nur etwa bei der Hälfte des Durchschnitts aller lateinamerikanischen Länder.18 Dies wirkt sich nicht so sehr auf die Bildungsbeteiligung aus – der Anteil der er-wachsenen Bevölkerung mit einem weiterfüh-renden Schulabschluss liegt im vorliegenden Regionalvergleich im oberen Mittelfeld19 – als vielmehr auf die Qualität der Bildung: In der Pisa-Studie von 2009, welche die Kompeten-zen 15-jähriger Schüler aus 68 verschiedenen Ländern miteinander verglich, lag Panama weit abgeschlagen auf einem der letzten Plätze.20 Auch die Privatwirtschaft beklagt sich über einen Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften. Trotz der engen Bindung an die USA sprechen nur wenige panamaische Arbeitnehmer Eng-lisch.21 Mangelnde Kenntnisse der Weltsprache erschweren jedoch eine Teilhabe am globalen Handel.

Revolution mit Anpassungen

Mehr als ein halbes Jahrhundert hält sich Kubas kommunistisches Regime schon an der Macht. Zwei Generationen von Kubanern haben nie etwas anderes als das Einparteiensystem des Revolutionsführers Fidel Castro und seiner Kampfgenossen kennengelernt – und das seit 1960 bestehende „totale“ Embargo des erklär-ten Feindes USA.

Den siegreichen Revolutionären verdankt Kuba Bildungs- und Gesundheitswesen, die als vorbildlich gelten.1 Die Analphabetenquote fällt im regionalen Vergleich sehr niedrig aus und beim Anteil Erwachsener mit mindestens einem Sekundarschulabschluss an der Ge-samtbevölkerung hält Kuba den Spitzenplatz in Lateinamerika.2 Kubanische Ärzte genießen auch international einen exzellenten Ruf. Die

Kubaner erhalten kostenlose medizinische Versorgung, auch in den entlegensten Regionen der Insel. Mit einer durchschnittlichen Lebens-erwartung von 78 Jahren liegen sie nur wenig unter jener der deutlich reicheren USA.3 Die Säuglingssterblichkeit ist ebenso niedrig wie in dem Industrieland Kanada.4 Im globalen Human Development Index fällt Kuba in die zweitbeste Gruppe der hoch entwickelten Länder.5

Wirtschaft in der Dauerkrise

Die „permanente Revolution“ hat jedoch viele ihrer Ziele verpasst: Einmal sind Menschenrech-te wie Reise-, Meinungs- und Versammlungsfrei-heit stark eingeschränkt. Kritische Äußerungen von Oppositionellen und Journalisten unterbin-det das Regime durch allgegenwärtige Über-wachung und harte Sanktionen. Auch hat die Ungleichheit über die Jahre eher zu- statt abge-nommen. Die Elite besitzt vielerlei Privilegien, während das einfache Volk, das nicht auf Über-weisungen von Verwandten in den USA hoffen kann, den Gürtel stets enger schnallen musste. Bekam anfangs jede Familie eine Wohnung zugewiesen, müssen heute oft mehrere Gene-rationen auf engstem Raum zusammenleben, weil noch bis 2011 allein der Staat Wohnraum schaffen und vermieten durfte.6 Es ist nicht gelungen, den Lebensstandard der Bevölkerung über das Niveau eines Entwicklungslandes zu heben – auch weil die Wirtschaft des Landes nur mühsam auf eigene Füße kommt.

Während des Kalten Krieges überlebte das rohstoffarme Land trotz der US-Handelssperre dank massiver Finanzspritzen der Sowjet union und des Handels mit den sozialistischen Bruder-ländern. Der Zusammenbruch des Ostblocks stürzte Kuba Anfang der 1990er Jahre in eine tiefe Krise, von der es sich nur kurzfristig

erholen konnte, bevor 2008 mehrere Hurri-kane Teile der Infrastruktur zerstörten und die globale Finanz- und Wirtschaftskrise die Probleme verschärfte. Zwar hatte Kuba in dem venezolanischen Staats chef Hugo Chávez wie-der einen großzügigen Geldgeber gefunden. Chávez‘ Tod 2013 und der Ölpreisverfall ließen die Subventionen aber wieder versiegen. Heute funktioniert die planwirtschaftliche Industrie- und Agrarproduktion so schlecht, dass Kuba den größten Teil seiner Nahrungsmittel und Industriegüter einführen muss. Dank des staat-lich gelenkten Tourismus und medizinischer Dienstleistungen verzeichnet Kuba immerhin einen Zahlungsbilanzüberschuss.7 Dennoch ist die Lage desolat: Kubas Pro-Kopf-Einkommen gehört zu den niedrigsten in ganz Amerika.8 Angaben zur Verteilung der Einkommen fehlen ganz. Die mangelnde Versorgung treibt immer wieder Menschen dazu, das Land zu verlassen.

Vorsichtige Öffnung

Nachdem Fidels jüngerer Bruder Raúl Castro 2008 offiziell die Macht übernommen hatte, versuchte das Regine gegenzusteuern, indem es in begrenztem Umfang privates Wirtschaften zuließ. Die Friseure, Taxi- und Restaurant-betreiber unterliegen aber weiterhin scharfer Kontrolle und Repressionen. Selbst ausländi-sche Investoren werden schikaniert, Konten werden eingefroren, Korruption beeinträchtigt das Geschäft. 2013 lockerte das Regime die Reisebeschränkungen, ermöglichte zumindest punktuell den Zugang zum Internet und erleich-terte Firmengründungen.

Seit die langjährigen Erzfeinde Kuba und USA im Dezember 2014 eine neue Entspan-nungspolitik einleiteten, rückt die Lockerung,

KUBA2015

100

203011,4 Mio.11,2 Mio.

1,6

3020 40 6050 70 80 90

100

0

1.000 10.000

30 60 90 120 150

100.000BIP

89

180

6.848

20 30 5040 60 70 80

67

5 100 15 20

14,0

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36 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

womöglich sogar Aufhebung des US-Embargos in greifbare Nähe. Gleichzeitig hat jedoch auch die Zahl der gemeldeten Menschenrechtsverlet-zungen zugenommen.

Es fällt schwer vorherzusagen, was die Zukunft bringt. Nicht nur gibt es keine Regelung für die Nachfolge der Castros. Auch die Wirtschaft dürfte ohne Investitionen und ohne Rück-

Die langen Schatten der Bolivarischen Revolution

Manche Bürger konnten kaum glauben, dass Nicolás Maduro es ernst meinte. Per Dekret ermächtigte sich der venezolanische Präsident Anfang 2016, Maßnahmen zur Bekämpfung der Energiekrise im Lande zu ergreifen – und die wurden von Mal zu Mal absurder: Um Strom zu sparen, stellte Maduro die Zeitzone um und führte vorübergehend die Viertagewoche ein. Frauen riet er, ihre Haare nur noch zu besonde-ren Gelegenheiten zu föhnen.1

Das Absurdeste ist, dass der Energiemangel ausgerechnet das Land mit den höchsten nachgewiesenen Ölreserven der Welt trifft.2 Venezuela steckt seit einiger Zeit in einer Krise, die sich seit dem Verfall der Erdölpreise 2014 massiv verschärft hat. Die Preise steigen, die Währung verfällt, die Inflation galoppiert: Von 275 Prozent im Jahr 2015 könnte sie nach Ein-schätzung des Internationalen Währungsfonds 2016 auf unvorstellbare 720 Prozent steigen.3 Im Frühjahr 2016 blieben die Regale in den Läden leer, für Grundnahrungsmittel mussten die Menschen Schlange stehen und es fehlte an Medikamenten. Zu allem Übel fiel im Frühjahr der Stausee El Guri beinahe trocken, der nor-malerweise mit 60 Prozent zur landesweiten Energieversorgung beiträgt. Schuld daran war der Regierung zufolge die durch El Niño verur-sachte Dürre. Kritiker hielten dagegen, die Re-gierung habe für dieses periodisch auftretende Klimaphänomen nicht vorgesorgt und zudem den Ausbau der Infrastruktur zur Entlastung des Stausees äußerst schlampig vorangetrie-ben.4 Die Wasser- und Stromknappheit beein-trächtigte nicht nur den Alltag der Bevölkerung, sie ließ auch die heimische Produktion einbre-chen. Schmuggel und Schwarzmarkt florierten.

Selbst bei friedlichen Protesten griff die Regierung hart durch, es gab Verwundete und Tote. Schon im Februar 2014 ließ sie Kritiker und Oppositionspolitiker inhaftieren.5 Die wachsende Unzufriedenheit führte bei der Parlamentswahl im Dezember 2015 zum Sieg des konservativen Oppositionsbündnisses über die sozialistische Partei PSUV, die seit 1999 regiert.6 Die Opposition bereitet jetzt den Regierungswechsel vor.7

VENEZUELA2015

100

203031,1 Mio.36,7 Mio.

2,4

3020 40 6050 70 80 90

100

0

1.000 10.000

30 60 90 120 150

100.000BIP

62

180

186

16.530

wanderung nur schleppend in Gang kommen – unter anderem, weil der demografische Wandel dank des hohen Entwicklungsstandes bei der Gesundheit und der Bildung weit fortgeschrit-ten ist: Die Kinderzahl je Frau ist mit 1,6 nach Kanada die zweitniedrigste des Kontinents. Der Bevölkerungsanteil im erwerbsfähigen Alter geht bis 2030 deutlich zurück, während jener der Älteren sich bis dahin fast verdoppeln dürfte.

Bildung kann den demografischen Wandel auffangen

In Kuba ist der demografische Übergang schon weit fortgeschritten. Brachten Frauen zu Beginn der kubanischen Revolution im Durchschnitt noch über vier Kinder zur Welt, liegt die Fertilitätsrate heute nur noch bei 1,6 Kindern je Frau. Eine Erklärung für den Rückgang ist der hohe Bildungsstand der kubanischen Bevölkerung. Bei den Menschen unter 45 Jahren liegt der Anteil jener mit mindestens einem Sekundarabschluss weit über 90 Prozent. Damit stehen die Chancen gut, dass Kuba auch mit weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter seine Produktivität erhalten be-ziehungsweise erhöhen kann. In Brasilien hat sich für die junge Generation ebenfalls der Bildungsstand verbessert, weshalb auch dort die Fertilitätsrate gesunken ist und heute bei 1,8 Kindern je Frau liegt. Allerdings hat das süd-amerikanische Land bei der Qualität der Bildung noch einen Nachholbedarf.

Bevölkerungszusammensetzung Kubas und Brasiliens nach Bildungshintergrund in Tausend, 2015(für die unter 15-Jährigen wird davon ausgegangen, dass sie sich noch in Ausbildung befinden)(Datengrundlage: Wittgenstein Centre9)

0 0600 600400 8.000 8.000400200 4.000 4.000200

Kuba Brasilien10095–9990–9485–8980–8475–7970–7465–6960–6455–5950–5445–4940–4435–3930–3425–2920–241 5 –1910–14

5 –90–4

+ FrauenMänner

ohne Bildung

Grundschulbildung

Sekundarbildung

Tertiärbildung

FrauenMänner

20 30 5040 60 70 80

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5 100 15 20

6,3

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Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 37

Noch viel Arbeit vor dem Frieden

Mehr als 50 Jahre lang hat die linke Guerilla-truppe FARC Kolumbien mit Terror und Gewalt überzogen. Der Konflikt, in den neben FARC und staatlichen Sicherheitskräften auch rechtsgerichtete paramilitärische Einheiten verwickelt waren, ist einer der langwierigsten der gesamten westlichen Hemisphäre. Knapp 1,6 Millionen Menschen starben dabei oder gelten als verschwunden, die meisten von ihnen Zivilisten.1 Fast sechs Millionen Kolumbianer wurden von den Auseinandersetzungen aus ihren Heimatregionen vertrieben – zurzeit mehr als in jedem anderen Land weltweit außer in Syrien.2 Doch 2016 könnte einen Wendepunkt markieren. Denn in diesem Jahr wollen Regie-rung und FARC-Untergrundkämpfer einen Frie-densvertrag unterzeichnen.

Denkmäler für einen demokratisch gewählten Diktator

Damit ist die „Bolivarische Revolution“ ge-scheitert, mit der Hugo Chávez einst angetreten war, die Gesellschaft neu zu gestalten. Mit der Berufung auf den in Caracas geborenen Unabhängigkeitskämpfer Simon Bolívar und der – vom kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro befeuerten – Vision eines „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ hatte der ehemalige Offizier, erfolglose Putschist und glühende Links nationalist Chávez 1998 die Wahl gewon-nen. Die Bewegung ergriff in den folgenden Jahren ganz Lateinamerika und brachte in vielen Ländern linksgerichtete Regierungen an die Macht. Unter Chávez‘ Führung wurde die venezolanische Ölindustrie teilweise verstaat-licht, um mit den Einnahmen ein umfassendes Sozialprogramm zu finanzieren. Und Venezuela stieg zu einer führenden Regionalmacht auf, die den kapitalistischen USA mit dem Entzug ihrer Öllieferungen drohen konnte.

KOLUMBIEN2015

100

203048,2 Mio.53,2 Mio.

1,9

3020 40 6050 70 80 90

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0

1.000 10.000

30 60 90 120 150

100.000BIP

58

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54

7.720

Veränderung des Konsumerpreisindex zum Vorjahres-quartal in Prozent, 2014 und 2015(Datengrundlage: Banco Central de Venezuela11)

Prozent Bis heute wird Chávez, der 2013 im Amt einem Krebsleiden erlag, dafür von vielen wie ein Heiliger verehrt. Doch er hat die Gesellschaft tief gespalten. Denn die sozialen Wohltaten dürften auf Dauer nicht aufrecht zu erhalten sein. Chávez hat nichts dafür getan, die Wirt-schaft zu diversifizieren und das Land damit weniger abhängig vom Auf und Ab der globalen Rohstoffmärkte zu machen. Im Gegenteil, an den Politik- und Wirtschaftsindikatoren lässt sich ablesen, dass Venezuela potenzielle Inves-toren geradezu abschreckt und eine Strategie der Abschottung betreibt. Vor allem aber hat Chávez in den Zeiten, als die Öleinnahmen sprudelten, keine Arbeitsplätze für die nach wie vor stark wachsende Bevölkerung geschaffen. Er hat weder in das Bildungssystem noch in die Bekämpfung der alltäglichen Kriminalität inves-tiert. Dafür hat er in den gut 14 Jahren seiner Präsidentschaft alle Register gezogen, um seine Macht zu erhalten und trotzdem den Schein von Demokratie zu wahren.8 Sein blasser Nachfolger Maduro versuchte an das Charisma des verstorbenen Comandante anzuknüpfen: „Wo ich bin, ist auch Chávez.“ Doch Maduro ist es nicht gelungen, die Krise zu meistern. Von den 24 untersuchten Ländern verzeichneten nur Trinidad und Tobago zwischen 2009 und 2014 noch weniger Wirtschaftswachstum als Venezuela: 2014 schrumpfte es bereits, 2015 sackte es erneut um fünf bis zehn Prozent ab – je nachdem, welcher Wechselkurs der Berech-nung zugrunde liegt.9

I II

2014 2015

III IV I II III IV

Das Leben wird immer schwerer bezahlbar

Nahrungsmittel und alltägliche Bedarfs-güter sind in Venezuela knapp und massiv teurer geworden: Allein im Jahr 2015 hat sich der Konsumentenpreis-index nahezu verdoppelt. Besonders starke Anstiege verzeichneten im vierten Quartal 2015 die Preise für Kleidung und Verkehrsmittel, für Nah-rungsmittel und Getränke sowie für Restaurants und Hotels. Mithilfe von Notverordnungen versucht Präsident Maduro die Lebens mittelknappheit zu bekämpfen. Bisher hat er jedoch vor allem das Haushaltsdefizit erhöht und die Währungsreserven dahin schmelzen lassen. Dem Land droht der Zahlungsausfall.10

180

170

160

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30

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0

20 30 5040 60 70 80

70

5 100 15 20

7,0

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38 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

80.000

70.000

60.000

50.000

40.000

30.000

20.000

10.000

0

Die Regierung hofft, dass das Abkommen Kolumbien aufblühen lässt. Es soll nicht nur der Drogenökonomie, aus der sich alle bewaffneten Gruppen im Land finanzieren, endlich den Hahn abdrehen, sondern auch die Abwanderung junger Menschen bremsen, die Sicherheits-ausgaben des Staats senken, für neues Vertrau-en bei ausländischen Investoren sorgen und nicht zuletzt das Wirtschaftswachstum ankur-beln.3 Die Hoffnungen könnten berechtigt sein. So hat der kolumbianische Thinktank CERAC berechnet, dass das Bruttoinlandsprodukt 2013 mit 8,7 Prozent statt 4,3 Prozent mehr als dop-pelt so stark gewachsen wäre, hätte die Regie-rung schon damals einen Friedensvertrag mit der FARC abgeschlossen.4 Die Weltbank geht davon aus, dass das nationale Pro-Kopf-Ein-kommen heute um 50 Prozent höher läge, hätte das Land in den vergangenen 20 Jahren in Frieden gewirtschaftet.5

Dabei steht Kolumbien auch ohne Frieden schon vergleichsweise gut da. Mit Ausnahme der Rezession im Jahr 1999 kann das Land auf ein halbes Jahrhundert ununterbrochenes Wirt-schaftswachstum zurückblicken. Inzwischen ist Kolumbien mit einem Bruttoinlandsprodukt von 377 Milliarden US-Dollar nach Brasilien, Mexiko und Argentinien die viertgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas.6

Boomende Städte, arme Savannen

Die relativ guten Wirtschaftsdaten täuschen jedoch darüber hinweg, dass Kolumbien von starken Ungleichgewichten geprägt ist. Das ergibt sich schon aus der Topographie des Lan-des. Es setzt sich aus sehr unterschied lichen Regionen zusammen – den heiß-feuchten

Küsten an Pazifik und Karibik, den Hochebenen der Anden mit den beiden Haupttälern sowie der tropischen Tiefebene im Südosten des Lan-des. Drei schlecht zu überwindende Bergketten der Anden bilden die natürlichen Grenzen zwi-schen diesen Landstrichen. Die Mehrheit der etwa 48 Millionen Kolumbianer siedelt entlang der Karibikküste sowie in den urbanen Zentren in den klimatisch gemäßigten Regionen, darun-ter die 2.600 Meter hoch gelegene Hauptstadt Bogotá mit 7,8 Millionen Einwohnern oder die zweitgrößte Stadt Medellín, in deren Großraum 3,7 Millionen Menschen leben. Den eher wohl-habenden und gut entwickelten Städten stehen dünn besiedelte, verarmte und nur schwer erreichbare Landesteile gegenüber, die sich staatlicher Kontrolle oft weitgehend entziehen. Diese Zonen ohne staatliche Strukturen sind ein wesentlicher Grund dafür, dass Kolumbien im amerikaweiten Vergleich der politischen Stabi-lität auf dem letzten Platz liegt. Dabei gilt das Land – trotz der Konflikte im Inneren – als die älteste Demokratie der Region: In den vergan-genen 100 Jahren herrschte hier nur während vier Jahren eine Militärdiktatur.7

Auch das soziale Zusammenleben ist durch gro-ße Unterschiede gekennzeichnet. 29 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armuts-grenze, 8 Prozent sogar in extremer Armut.8 Eine anhaltend hohe Arbeitslosigkeit, die Ende 2014 bei 9,1 Prozent lag, bremst vielerorts den Aufstieg in die Mittelschicht.9 Kolumbien zählt innerhalb Südamerikas zu den Ländern, in denen die Schere zwischen Arm und Reich am weitesten auseinanderklafft.10 Dadurch weist es einen der höchsten Gini-Koeffizienten des gesamten amerikanischen Doppelkontinents auf. In Zukunft könnten noch mehr Menschen von Armut bedroht werden, denn keine ande-re Bevölkerung der Region altert so schnell wie die kolumbianische. Der Anteil der über

64-Jährigen dürfte bis 2030 von heute sieben auf zwölf Prozent steigen und 2050 bereits bei 21 Prozent liegen. Schon heute ist die Ein-kommenssituation älterer Menschen im Land vergleichsweise schlecht. Die Versorgung der wachsenden Zahl älterer Menschen stellt das in weiten Teilen immer noch sehr arme Land vor große Herausforderungen.11

Starke Wirtschaft, kaum globale Anbindung

Immerhin ist die kolumbianische Wirtschaft breiter aufgestellt als die vieler anderer latein-amerikanischer Länder. Öl und Kohle sind zwar die wichtigsten Exportgüter des Landes, neben Agrarprodukten wie Kaffee, Schnittblumen und Bananen führt es aber auch Elektrogeräte aus. Ein neuer Hoffnungsträger ist der Tourismus, der wegen der sich allmählich verbessern-

Das Auf und Ab der Gewalt

Seit Beginn des bewaffneten Konfliktes in den 1980er Jahren bis heute wurde über eine Millionen Menschen ermordet. Weitere 600.000 gelten als verschwunden. Viele von ihnen sind Zivilisten, die zwischen die Fronten der rivalisierenden Konfliktparteien geraten sind. Zudem wurden rund 30.000 Menschen entführt, entweder ebenfalls getötet oder erst nach Jahren freigelassen. Bekanntestes Beispiel ist die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Íngrid Betancourt Pulecio, die in der Wahlkampfphase 2002 entführt wurde und erst 2008 befreit werden konnte.

Anzahl der Mordfälle und Entführungen sowie markante Ereignisse im bewaffneten Konflikt in Kolumbien, 1985 bis 2015(Datengrundlage: Red Nacional de Información12; The Economist13)

198

519

86

198

719

88

198

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519

96

199

719

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00

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200

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06

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08

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102

011

20

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20

15

EntführungenMordfälle

4.000

3.500

3.000

2.500

2.000

1.500

1.000

500

0

Gründung des Dachverbands paramilitärischer Gruppen (AUC)

Friedens-gespräche

Abbruch der Gespräche mit der FARC

Demobilisierung AUC Tod des Gründers und Anführers der FARC, Manuel Marulanda

Tötung des Nachfolgers Marulandas, Alfonso Cano, durch die kolum-bianische Armee

FARC ruft einsei-tige Waffenruhe aus, die bisher mit einer Unterbre-chung von April bis Juli anhält

Im September kündigen Regie-rung und Rebel-len einen Frie-densvertrag an

Page 41: Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen · Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen Wie sich die Länder

Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 39

Zwischen Ölabhängigkeit und dem Ideal des „Guten Lebens“

Noch vor einem Jahrzehnt kam Ecuador dem Bild einer von politischen Krisen gebeutelten Bananenrepublik ziemlich nahe, wie die briti-sche Zeitung The Guardian schrieb.1 Richtig ist, dass zwischen 1996 und 2007 kein gewählter Präsident seine Amtszeit regulär beenden konnte. Einer nach dem anderen musste nach Massenprotesten und oft genug auf Druck des Militärs seinen Posten räumen.2 Die stark vom Export von Rohöl und landwirtschaftlichen Gütern – allen voran Bananen – abhängige Wirtschaft des Landes schlitterte Ende der 1990er in eine tiefe Krise. Ursachen waren ne-

ben internen Problemen die Asienkrise und der damit zusammenhängende Verfall des Ölprei-ses sowie die verheerenden Auswirkungen des Klimaphänomens El Niño. Die Staatsverschul-dung schoss in die Höhe und die Inflationsrate erreichte im Jahr 2000 mit 96 Prozent ihren Höchststand. Die im gleichen Jahr durchge-setzte Anbindung der nationalen Währung an den US-Dollar konnte den Preisverfall zwar stoppen, führte jedoch zu einer starken Abhän-gigkeit vom US-amerikanischen Wechselkurs, was sich wiederum negativ auf die Warenpreise und Reallöhne auswirkte.3 Im Jahr 2003 lebte ein Drittel der Ecuadorianer in Armut (unter 3,1 US-Dollar pro Tag) und ein Sechstel in extre-mer Armut (unter 1,9 US-Dollar pro Tag).4

Politik nach indigenen Prinzipien

2007 kam Rafael Correa im Zuge der lateiname-rikanischen Erfolgsserie linksnationaler Politi-ker ins Amt des Präsidenten, das er noch heute innehat. Unter seiner Regierung und der von ihr eingeführten „sozialen und solidarischen Wirt-schaft“5 erlebte das kleine Andenland eine nie gekannte Phase der politischen Stabilisierung und des ökonomischen Wachstums.6 Die Politik Correas lehnt sich an das in der neuen Verfas-sung von 2008 verankerte Prinzip des „Guten Lebens“ an, womit eine sozial und ökologisch verträgliche Lebensweise gemeint ist. Damit ist Ecuador das einzige lateinamerikanische Land, das seine nationalen Entwicklungspläne konsequent auf ein von den klassisch neo-liberalen Wachstumstheorien abweichendes Wirtschaftskonzept aufbaut.7

Dieses schien zunächst aufzugehen. Das Wirtschaftswachstum zog an und zählte mit durchschnittlich fünf Prozent pro Jahr von 2009 bis 2014 zu den höchsten der Region,8 wäh-rend die Inflationsrate mit zuletzt 3,4 Prozent zu den niedrigsten gehörte.9 Auf Grundlage der neuen Verfassung setzte Correa mehrere wirtschaftspolitische Reformen um. Eine der einschneidendsten ist bis heute die Gesetzes-änderung von 2010, wonach die Regierung den Förderfirmen Festpreise bezahlt und alle zusätzlichen Profite in die Staatskasse fließen. Die Mehr einnahmen investierte das Land in umfangreiche Sozialprogramme wie den kos-tenlosen Zugang zu Bildungs- und Gesundheits-einrichtungen.10 Tatsächlich verbesserte sich die Lebenssitua tion der Ecuadorianer deutlich. Der Mindestlohn wurde um 80 Prozent auf 365 US-Dollar erhöht, die Einschulungsrate in weiterführende Schulen stieg von 56 auf 83 Prozent und die Armutsraten liegen heute bei weniger als einem Viertel der Werte von vor 15 Jahren.11

Ganz im Sinne des „Guten Lebens“ im Einklang mit der Natur erregte die neue ecuadorianische Regierung gleich 2007 mit einer Initiative zur Verminderung der klimaschädlichen Treib-hausgase international große Aufmerksam-keit. Auf der Vollversammlung der Vereinten Nationen bot sie der Weltgemeinschaft an, auf die Erdölförderung im Nationalpark Yasuní zu verzichten. Als Kompensation forderte Ecuador die Hälfte des Werts der dort vermuteten Öl-reserven, damals etwa sieben Milliarden Dollar, die für Umweltschutzmaßnahmen eingesetzt werden sollten. Trotz positiver Reaktionen scheiterte der Vorstoß. Es gelang nicht, die erforderlichen Mittel einzusammeln.12 2013 entschied Ecuador, mit der Ölförderung im Schutzgebiet zu beginnen.

ECUADOR2015

100

203016,1 Mio.19,6 Mio.

2,6

3020 40 6050 70 80 90

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180

58

6.291

117

den Sicherheitslage mit zweistelligen Raten wächst.14 Insgesamt legt die kolumbianische Wirtschaft vor allem bei Dienstleistungen und in der Baubranche zu15 – auch dank eines um-fangreichen Förderprogramms der Regierung, die bis 2020 rund 22 Milliarden US-Dollar in die marode Verkehrsinfrastruktur investieren will.16

Die kolumbianische Industrie ist dagegen inter-national wenig wettbewerbsfähig. Die Anbin-dung an den globalen Handel ist gemessen am KOF-Index relativ gering. Billige Importwaren aus Asien – und seit dem 2015 in Kraft getrete-nen Freihandelsabkommen zwischen Mexiko, Chile, Kolumbien und Peru zunehmend auch aus den Nachbarländern – setzen der eigenen Produktion weiter zu.17 Die Unternehmen im Land leiden zudem unter einem der weltweit höchsten Steuersätze.18 Bei Privatpersonen befördert dagegen ein ungerechtes und nicht ausreichend vom Staat durchgesetztes Steuer system die ungleiche Verteilung von Wohlstand.19

Der niedrige Ölpreis schwächt zudem die Lan-deswährung Peso. Dies verteuert die Importe, treibt damit die Lebenshaltungskosten in die Höhe und reißt Löcher in den Haushalt des Landes. Die Haushaltsprobleme kommen zur Unzeit. Denn gerade jetzt benötigt der Staat viel zusätzliches Geld, um das Friedensabkom-men umzusetzen, Reparationen an die zahlrei-chen Opfer zu zahlen und die Guerillakämpfer der FARC mit regulären Jobs zu versorgen. Wenn der Staat nach einer Auflösung der FARC nicht schnell das Machtvakuum füllt und Alter-nativen anbietet, könnten sich Ex-Mitglieder zu kriminellen Banden zusammenschließen und dann die wirtschaftliche Entwicklung weiter lähmen.20 Bevor mit dem Friedensvertrag ein Boom einsetzen kann, hat Kolumbien also noch viel Arbeit vor sich.

20 30 5040 60 70 80

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6,7

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40 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

Auch die wirtschaftlichen Erfolge waren nicht von Dauer. Durch die weiterhin bestehende hohe Abhängigkeit vom Öl und die Bindung an den US-Dollar wird das Land wie kaum ein anderes in Lateinamerika von den niedrigen Rohölpreisen und den Schwankungen der US-amerikanischen Währung getroffen. Die Erlöse aus dem Export von Erdölprodukten sanken allein 2015 auf die Hälfte des Vor-jahresniveaus. Dadurch stieg das Defizit der Handelsbilanz im ersten Halbjahr 2015 auf minus 2,5 Prozent.15 Als Reaktion hat die ecua-dorianische Regierung hohe Sondersteuern auf Importwaren eingeführt, was den internatio-

Kurze Blütezeit

Im Jahre 1990 steckte Peru in einer tiefen Krise. Seit den 1960er Jahren überzog die mao-istisch geprägte Guerillaorganisation Leuchten-der Pfad vor allem die ländlichen Regionen mit Terror und Gewalt. Die Regierung reagierte mit breit gestreutem Gegenterror, der häufig die Zivilbevölkerung am stärksten traf. Die soziale Schere klaffte weit auseinander, staatliche Strukturen existierten praktisch nicht und die Wirtschaftsleistung des Landes war auf einem Tiefpunkt angelangt.1 Die Inflationsrate lag bei unglaublichen 6.261 Prozent.2 Die instabile politische Lage und die schwierige wirtschaft-liche Situation machten den Weg frei für die Präsidentschaft von Alberto Fujimori, der als „ehrlicher“ Außenseiter des politischen Estab-lishments die Wahl gewann und 1995 wieder-

PERU2015

100

203031,4 Mio.36,9 Mio.

2,5

3020 40 6050 70 80 90

100

0

1.000 10.000

30 60 90 120 150

100.000BIP

180

74

6.594

50

Die Kehrseite der Medaille

An dem Beispiel der Yasuní-Initiative zeigt sich die ganze Ambivalenz der ecuadorianischen Politik. Obwohl die Verfassung den Schutz des Regenwaldes garantiert, fällt dem Abbau natürlicher Ressourcen wie Holz oder Erdöl jährlich eine Waldfläche von der doppelten Größe Hamburgs zum Opfer.13 Umweltschutz-organisation erleiden immer wieder scharfe Re-pressalien durch die Regierung.14 Im Eco system Vitality Index landet Ecuador vor Haiti auf dem zweitletzten Platz im Ländervergleich.

nalen Warenverkehr weiter einschränkt.16 Nach Argentinien und Venezuela weist Ecuador nach dem KOF-Index zur ökonomischen Globalisie-rung die geringste Anbindung an den Weltmarkt auf, und auch die ausländischen Direktinves-titionen sind im regionalen Vergleich gering.17 Ecuador versuchte jüngst massiv dagegen zu wirken und warb Ende 2015 mit einem Katalog von 94 Großprojekten – etwa dem Ausbau einer U-Bahn-Linie in der Hauptstadt Quito – um ausländische Investoren. Bisher ist die Resonanz jedoch eher gering. Trotz der politi-schen Stabilisierung leidet das Land weiterhin an mangelnder Rechtssicherheit und überbor-dender Reglementierung. Das Wirtschafts-wachstum stagnierte 2015 bei 0,4 Prozent und dürfte 2016 negativ ausfallen. Die krisenhafte Lage lässt den Rückhalt der Regierung Correas in der Bevölkerung merklich schwinden – wenn er auch immer noch zu den beliebtesten Regie-rungsführern der Region zählt.18 Dennoch hat Correa eine erneute Kandidatur bei den Präsi-dentschaftswahlen 2017 ausgeschlossen.

Politikmodelle auf schwachen Füßen

Im Indexbereich Politik des Ländervergleichs schneidet Ecuador auffallend schlecht ab. Außer beim Political Stability Index fällt das Land am Äquator deutlich hinter seine Nachbarländer Peru und Kolumbien zurück. Im Vergleich mit Bolivien und Venezuela, die ebenfalls von linksnationalen populistischen Regierungen geführt werden, weist Ecuador jedoch überwiegend die besseren Werte auf.

Vergleich der Indexwerte aus dem Bereich Politik, 2014/2015(Datengrundlage: World Bank19)

Ease of Doing Business Index

Political Stability Index

Corruption Control Index

Rule of Law Index

20

15

10

5

0

Kolumbien

Peru

Ecuador

Bolivien

Venezuela

20 30 5040 60 70 80

68

5 100 15 20

6,8

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Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 41

gewählt wurde. Sein größter Erfolg war die Zer-schlagung des Leuchtenden Pfades, was ihm bei der Bevölkerung viel Sympathie einbrachte. Im Laufe seiner Amtszeit entwickel te er sich je-doch mit Unterstützung durch den berüchtigten Geheimdienstchef Vladimiro Montesinos zu ei-nem nicht minder diktatorischen und korrupten Regenten wie seine Vorgänger. Nachdem sich gezeigt hatte, dass sein erneute Wahlsieg im Jahr 2000 durch Bestechung und Manipulation zustande gekommen war, setzte das Parlament Fujimori ab und rief Neuwahlen aus.3

Aus diesen ging Alejandro Toledo als Sieger hervor, ein Wirtschaftswissenschaftler indi-gener Herkunft. Auch wenn es Toledo nicht schaffte, der sozialen Unruhen im Land gänz-lich Herr zu werden, und er ebenfalls unter dem Verdacht der Korruption und des Wahlbetrugs stand, setzte unter seiner Präsidentschaft doch eine Phase der wirtschaftlichen und politischen Konsolidierung ein.4 Das Wirtschaftswachs-tum zog wieder an und lag zum Ende seiner Amtszeit 2006 mit 7,5 Prozent deutlich über dem lateinamerikanischen Durchschnitt von 5,4 Prozent. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf hat sich von 2000 bis 2014 verdoppelt, die Auslandsverschuldung konnte im gleichen Zeit-raum auf 34 Prozent der jährlichen Wirtschafts-leistung mehr als halbiert werden und die Inflationsrate liegt seit Jahren im einstelligen Bereich.5 Von der Entwicklung profitierte nicht nur eine Oberschicht. Auch die Armutsrate sank seit der Jahrtausendwende von 24 Prozent der Bevölkerung in extremer Armut auf knapp 5 Prozent im Jahr 2013.6 Seit 2008 gehört Peru nach Klassifizierung der Weltbank zu der Gruppe der Länder mit gehobenen mittleren Einkommen und ist damit in kürzester Zeit von einem Entwicklungs- zu einem Schwellenland aufgestiegen.7

Strukturelle Probleme

Wie in anderen lateinamerikanischen Ländern basierte Perus Wirtschaftswachstum jedoch im Wesentlichen auf den hohen Rohstoffpreisen der vergangenen Jahre. Der Bergbau ist die wichtigste Einnahmequelle des Landes mit Gold, Kupfer und Zinn als führenden Export-gütern. Des Weiteren exportiert Peru landwirt-schaftliche Produkte wie Trauben und Spargel und Fischereierzeugnisse wie Fischmehl. Abge-sehen von der Textilbranche findet sich dage-gen kaum eine weiterverarbeitende industrielle Produktion. Daher treffen die sinkenden Welt-marktpreise für Rohstoffe sowie die schwache Konjunktur in den Hauptabnahmeländern USA und China den bisherigen wirtschaftlichen Aufschwung empfindlich. Die Handelsbilanz brach 2013 von 4,5 Milliarden US-Dollar im Vorjahr auf minus 0,8 Milliarden US-Dollar ein.8 Das Wirtschaftswachstum wird 2015 voraus-sichtlich nur noch 2,4 Prozent betragen – der niedrigste Wert seit Jahren.9

Dabei bemüht sich die jetzige peruanische Regierung verstärkt um eine weitere Diversifi-zierung der Wirtschaft und versucht, ausländi-sche Investoren zu gewinnen. Im Ease of Doing Business Index liegt das Land inzwischen vor Costa Rica oder Kolumbien.10 Doch Peru hat mit einer Reihe struktureller Probleme zu kämpfen. So weist der Andenstaat im Vergleich zu anderen Schwellenländern eine extrem niedrige Arbeitsproduktivität auf. Mit rund 8.000 US-Dollar je Arbeitskraft im Jahre 2015 lag sie weit unter dem lateinamerikanischen Durchschnitt von knapp 12.000 US-Dollar.11 Eine wesent liche Ursache ist der niedrige

Bildungsstand der peruanischen Bevölkerung. Zwar hat sich die Bildungsbeteiligung, also die Einschulungsraten in Vor-, Grund- und Se-kundarschulen, in den letzten Jahren deutlich verbessert und liegt heute im lateinamerikani-schen Durchschnitt. Doch bei der Qualität der Schul- und Berufsbildung schneidet Peru im Vergleich zu anderen Ländern auffällig schlecht ab. So erreichte das Land bei der Pisa-Studie von 2012 von allen 65 untersuchten Ländern die niedrigste Punktzahl im Schwerpunkt-bereich Mathematik.12 Der Mangel an quali-fizierten Arbeitskräften stellt gerade im aus-baufähigen Industriesektor ein Problem dar.13 Etwa ein Drittel der peruanischen Unternehmen findet nicht die Fachkräfte, die gebraucht wür-den. Das sind anteilig doppelt so viele wie im

OECD-Durchschnitt.14 Mittels verschiedener Maßnahmen will die peruanische Regierung den Bildungsstand ihrer Bevölkerung verbes-sern. Dazu sollen die öffentlichen Bildungsaus-gaben von 0,5 Prozent des Bruttoinlandspro-dukts auf 6 Prozent im Jahr 2021 ansteigen.15

Eine der zentralen Herausforderungen der Regierung wird jedoch in der Umsetzung beschlossener Maßnahmen auf Lokalebene liegen. Die im Jahr 2002 eingeleitete Dezentra-lisierung der Verwaltung nimmt inzwischen absurde Formen an. Peru gliedert sich mit einer Bevölkerung von etwa 31 Millionen Menschen in 25 Departements, 196 Provinzen und 1.846 Kommunen auf. Nicht nur die schiere Zahl der

Anteil der Erwerbstätigen im Sektor

Wo die meisten arbeiten, ist die Produktivität am geringsten

Eine der Hauptursachen für das geringe Pro-Kopf-Einkommen in Peru sieht die OECD in der niedrigen Arbeitsproduk-tivität. Gerade die Sektoren, in denen ein Großteil der peruanischen Erwerbstätigen beschäftigt ist, zeichnen sich durch eine besonders niedrige Produktivität aus. Dazu gehören insbesondere die Agrarwirtschaft sowie Handel und Gastronomie. Zu den produktivsten Sektoren gehören dagegen Bergbau, Finanzwesen, Energie und Wasser sowie Telekommunikation. Im Bergbau liegt die Arbeitsproduktivität sogar 40 Mal höher als in der Landwirtschaft. Aller-dings ist hier nur ein kleiner Teil der Erwerbstätigen beschäftigt.

Produktivität je Arbeits-kraft in US-Dollar und Anteil der Erwerbstätigen in verschiedenen Sek-toren an allen Erwerbs-tätigen in Prozent, 2013(Datengrundlage: OECD16)

Produktivität

1.200

1.000

800

600

400

200

00 5 15 2510 20 30

Bergbau

FinanzwesenEnergie und Wasser

TelekommunikationFertigungsindustrie

BausektorTransport und Logistik

Dienst-leistungen Agrar-

wirtschaft

Handel und Gastronomie

Page 44: Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen · Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen Wie sich die Länder

42 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

stoffreichtümern im Land zu halten.7 So haben sich zwischen 2003 und 2007 allein die Steu-ereinnahmen aus den Öl- und Gasvorkommen von 220 Millionen auf 1,5 Milliarden US-Dollar nahezu versiebenfacht.8 Insgesamt verzeichne-te Bolivien zwischen 2009 und 2014 ein Wirt-schaftswachstum von 5,3 Prozent – so viel wie kaum ein anderes Land des amerikanischen Doppelkontinents.9

Mit den Mehreinnahmen hat die Regierung nicht nur die Staatsverschuldung abgebaut und den Haushalt ausgeglichen, sondern auch ver-schiedene Sozialprogramme aufgelegt.10 Seit 2006 haben sich die öffentlichen Ausgaben im Bildungs- und Gesundheitsbereich verdrei-facht.11 Neben Programmen zur Verbesserung der Mutter-Kind-Gesundheit und der Bildung führte die Regierung auch einen Mindestlohn und eine Mindestrente ein.12 Die Erfolge sind deutlich: Von 2006 bis heute hat sich der Anteil der Menschen, die in extremer Armut leben, von 17,9 auf 7,7 Prozent mehr als halbiert. Im gleichen Zeitraum stiegen die Konsumausga-ben der privaten Haushalte nahezu um das Eineinhalbfache.13 Seit 2014 gilt das Land, in dem noch 2001 fast jeder vierte über 15-Jähri-ge nicht lesen und schreiben konnten, als al-phabetisiert.14 Zudem investiert die Regierung in die Infrastruktur, hat Straßen ausgebaut, Krankenhäuser und Schulen errichtet und neue Industrieanlagen eingeweiht.15 Eines der größ-ten Prestigeprojekte ist die Seilbahn, die den in einem Talkessel liegenden Regierungssitz La Paz mit der Millionenstadt El Alto verbindet, die aus einem ehemaligen Armenviertel an den Berghängen und auf der Hochebene entstan-den ist. Drei Linien sind bereits in Betrieb, drei weitere sollen in der dritten Amtsperiode des Präsidenten hinzukommen.16

Fortschritt auf wackligem Boden

Als Juan Evo Morales Ayma 2006 als erstes bolivianisches Staatsoberhaupt indigener Abstammung mit überwältigender Mehrheit gewählt wurde, nahm ihn kaum jemand auf der internationalen Bühne ernst. Auch deutsche Medien berichteten eher über den unkonventionellen Kleidungsstil des aus sehr armen Verhältnissen stammenden ehemaligen Lamahirten, Kokabauern und Gewerkschaf-ters als über seine politischen Kompetenzen. Sein sozialistisches Wahlprogramm sowie die offene Freundschaft zum damaligen venezo-lanischen Präsidenten Hugo Chávez und zum kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro schürten zudem Ängste vor einer neuen Links-

radikalisierung Lateinamerikas.1 Nicht wenige Beobachter befürchteten, das Land würde bald im Chaos versinken und international isoliert werden.2

Doch nach zehn Jahren regiert Morales in seiner inzwischen dritten Amtszeit. Damit ist er jetzt schon das am längsten amtierende Staats-oberhaupt in der an Konflikten, Umstürzen und Militärdiktaturen reichen Geschichte Boliviens seit der Unabhängigkeit im Jahre 1825.3 Gleich zu Beginn seiner Regierungszeit machte Morales zwei seiner Wahlversprechen wahr. Erstens brachte er trotz erbitterter Auseinan-dersetzungen erfolgreich eine neue Verfassung zur Abstimmung, die insbesondere den bisher unterdrückten indigenen Gruppen mehr Rechte einräumte.4 Indirekt ermöglichte ihm die neue Verfassung eine bis dato nicht vorgesehene dritte Amtszeit, da seine erste Amtszeit unter der alten Verfassung zustande kam und damit nicht mehr mitzählte.5 Zweitens gelang Morales das Kunststück, innerhalb kürzester Zeit einen Großteil der ursprünglich in ausländischer Hand befindlichen Bergwerke, Gas- und Erdölförderanlagen zu verstaatlichen, ohne jedoch die internationalen Konzerne gänzlich zu verschrecken. Dazu bot er den bisherigen Konzessionären Vereinbarungen an, die zwar einen Großteil der Gewinne in die Staatskasse lenken, den Firmen jedoch genug Spielraum lassen, um weiterhin profitabel arbeiten zu können. Die ausgeklügelten Verträge ließ er mit Hilfe von Experten anderer, in der Rohstoff-förderung erfahrener Staaten erstellen – allen voran Venezuela, Algerien und Norwegen.6 Vor die Wahl gestellt, auf das Angebot der neuen Regierung einzugehen oder enteignet zu werden, entschieden sich die meisten der ausländischen Konzerne für ersteres. Damit schaffte es Morales, sowohl die Expertise zum Abbau als auch die Gewinne aus den Roh-

BOLIVIEN2015

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203010,7 Mio.13,2 Mio.

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64

3.151

157

Lokalverwaltungen erschwert die Kontrolle, sondern auch die Tatsache, dass in den meis-ten davon Vertreter regionaler Bewegungen sitzen, die politisch von der Zentralregierung unabhängig sind. Nur wenige können der Ver-suchung widerstehen, in die eigenen Taschen zu wirtschaften.17 Und auch für Bestechung von Seiten der organisierten Kriminalität sind sie anfällig – mit besorgniserregenden Folgen: Seit 2012 gilt Peru noch vor Kolumbien als das größ-te Anbaugebiet innerhalb Lateinamerikas für Kokablätter, den Grundstoff für Kokain.18 Eben-so stellt der Menschenhandel ein ernstzuneh-mendes Problem dar. Auf dem globalen Index zur Sklaverei steht Peru in Lateinamerika an sechster Stelle hinter Haiti, Surinam, Guayana, Mexiko und Kolumbien. Häufig sind es Kinder, die unter Zustimmung der Eltern als billige Arbeitskräfte weitergereicht werden.19

Dies sind einige der Gründe, weshalb Peru beim Political Stability Index im amerika weiten Ver-gleich nur auf dem sechstletzten Platz landet.20 Eine Verbesserung zeichnet sich kaum ab. Der 2011 gewählte, ebenfalls aus einer indi-genen Familie stammende Präsident Ollanta Humala gerät zunehmend ins Fadenkreuz von Ermittlungen wegen Bestechung.21 Bei den Präsidentschaftswahlen 2016 darf er nach zwei Regierungszeiten eh nicht mehr antreten. Statt-dessen hat die Rechtspopulistin Keiko Fujimori die besten Chancen auf das höchste Amt. Doch nicht jeder nimmt der Tochter des ehemaligen Präsidenten ihre demokratische Gesinnung ab. Das peruanische Volk ist gespalten wie selten zuvor. Von dem beginnenden Aufschwung des Landes ist momentan nur noch wenig zu sehen.

20 30 5040 60 70 80

63

5 100 15 20

6,5

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Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 43

Immer noch große Armut

Doch die Fortschritte können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Bolivien noch immer zu den ärmsten Ländern der Region gehört. Das Brutto inlandseinkommen pro Kopf lag auch 2014 mit rund 3.150 US-Dollar nur etwa halb so hoch wie in den Nachbarländern Peru und Ecuador.17 Fast drei Viertel der Erwerbstätigen, die nicht in der Landwirtschaft tätig sind, gehen einer informellen Beschäftigung nach. Sie profi-tieren damit weder vom Mindestlohn noch von

anderen Maßnahmen zum Schutz der Arbeit-nehmer und zahlen auch keine Steuern auf ihre Einkommen.18 Die Säuglingssterblichkeit sowie die Sterbewahrscheinlichkeit im Erwachsenen-alter fallen unter den hier betrachteten Ländern nur in Haiti höher aus.19 Die Fertilitätsrate ist mit durchschnittlich drei Kindern je Frau eine der höchsten auf dem Kontinent.20

MAS zu vereinigen. Doch aus den eigenen Reihen droht ihm der Aufstand derjenigen, denen seine sozialen Reformen nicht radikal genug sind.26 Auf nationaler Ebene versuchen die ostbolivianischen Tiefland-Departemente, auf deren Gebiet sich die die gesamten Erd-gasvorkommen des Landes befinden, schon seit Jahren die Abtrennung vom Hochland.27 Und außenpolitisch muss sich der Sozialist Morales weiterhin gegen westliche Ressenti-ments behaupten. So musste die Präsidenten-maschine im Juli 2013 – vermutlich auf Druck der USA – auf dem Weg von Russland zurück nach Bolivien in Wien zwischenlanden und wurde von der österreichischen Polizei durch-sucht, da der vom US-Geheimdienst gesuchte Whistleblower Edward Snowden an Bord vermutet wurde.

Bis 2019, wenn seine dritte Amtszeit endet, hat Morales noch Zeit, Bolivien sozial und wirt-schaftlich weiter zu stabilisieren. Dann muss das Land auch ohne seinen charismatischen Staatsführer auskommen.28 Die von ihm ange-strebte Wiederwahl wird nicht mehr möglich sein, nachdem das Referendum für eine ent-sprechende Verfassungsänderung im Februar 2016 gescheitert ist. Dass die Bolivianer sich diesem Wunsch ihres Präsidenten widersetzt haben, obwohl er bei der letzten Wahl selbst in den reicheren Regionen Stimmen sammelte, kann als Meilenstein auf dem Weg zu einer de-mokratischen und pluralistischen Gesellschaft gewertet werden.29

Zudem besteht die Gefahr, dass die gesunkenen Weltmarktpreise für Rohstoffe weitere Entwick-lungserfolge bremsen, denn noch immer hängt Boliviens Wirtschaft im Wesentlichen vom Export von Gas und Mineralien ab. Schon 2015 verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum aufgrund der geringen Einnahmen aus den Rohstoffexporten, für 2016 liegen die Progno-sen mit 3,5 Prozent deutlich unter dem Schnitt der letzten Jahre. Im Vergleich zu anderen Län-dern ist das zwar noch kein Grund zur Sorge, doch mittelfristig sollte das Land Wege finden, seine Wirtschaft stärker zu diversifizieren. Der Internationale Währungsfond mahnt daher unter anderem eine Verbesserung der Rahmen-bedingungen für nationale und internationale Investoren an.21 Im Ease of Doing Business Index liegt Bolivien im vorliegenden Länder-vergleich nur auf dem viertletzten Platz.22 Ähn-lich schwach schneidet das Land im Vergleich der Rechtssicherheit (Rule of Law Index) ab. Das liegt vor allem daran, dass es starke Zweifel an der Unabhängigkeit der Rechtssprechung unter der Regierung Morales gibt.23

Politische Gratwanderung

Die schwächelnde Wirtschaftskraft könnte die wacklige politische Einheit gefährden. Bolivien ist ein Vielvölkerstaat, in dem neben den bei-den größten Ethnien der Aymara und Quechua noch Angehörige von mindestens 117 weiteren indigenen oder afrobolivianischen Gruppen leben.24 Insgesamt 40 Prozent der Bevölkerung über 14 Jahren sind indigener Abstammung.25 Bisher hat es Morales zwar geschafft, mit sei-nem autoritär-demokratischen Führungsstil die Mehrheit der Bevölkerung hinter seiner Partei

Rohstoffabhängigkeit bleibt hoch

Boliviens Wirtschaft hängt hauptsächlich vom Rohstoffexport ab. Dabei haben im Laufe der letzten vier Jahrzehnte Erdöl und Erdgas massiv an Bedeutung gewonnen, während das Land immer weniger Metalle und Mineralien fördert und ausführt. Weiterverarbeitete Produkte wie Industriegüter oder Lebensmittel exportiert es dagegen kaum.

Anteil verschiedener Güter an allen Warenexporten in Prozent, 1980 bis 2014(Datengrundlage: World Bank30)

Prozent

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44 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

während Regierung und Opposition sich ge-genseitig die Verantwortung zuschieben. Eine Suspendierung der Präsidentin wegen eines Verfahrens zur Amtsenthebung wird immer wahrscheinlicher.

Doch gerade jetzt bräuchte Brasilien dringend eine klare Regierungsführung. Denn die siebt-größte Volkswirtschaft der Welt steckt tief in der schwersten Rezession seit Jahrzehnten.2 Experten rechnen für 2015 mit einem bis zu dreiprozentigen Rückgang der nationalen Wirtschaftsleistung.3 Schon Mitte des Jahres lag die Inflation mit etwa zehn Prozent mehr als doppelt so hoch wie ursprünglich erwartet. Dies wirkt sich zusammen mit der steigenden Arbeitslosigkeit auch auf den Konsum aus, der um zwei Prozent zurückging. Die Investitions-tätigkeit nahm sogar um zwölf Prozent ab, so stark wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr.4 Für 2016 sehen die Prognosen ähnlich düster aus. Die großen Ratingagenturen reagierten bereits Ende 2015 auf die Krise und stuften das Land auf „Ramsch“-Niveau herab, was eine unterdurchschnittliche Kreditwürdigkeit bedeutet und es für Brasilien teurer macht, sich Geld an internationalen Märkten zu leihen.

Lulas Erfolge

Damit steht Brasiliens Erfolgsstory auf der Kip-pe, die um die Jahrtausendwende mit Reformen begonnen und in der Amtszeit des populären linksliberalen Präsidenten Luiz Inácio „Lula“ da Silva von 2003 bis 2011 einen enormen Schub erfahren hatte.5 Unter Lula wuchs das Brutto-inlandsprodukt im jährlichen Mittel um 4,4 Prozent und die Arbeitslosenquote reduzierte sich um nahezu die Hälfte auf 5,9 Prozent. Über weitreichende Sozialprogramme erzielte die

Ein Land der Zukunft?

Ende 2015 brachen bei einer Eisenerzmine im Südosten Brasiliens zwei Dämme eines Rück-haltebeckens. 62 Millionen Kubikmeter eines Gemischs aus Schlamm, Wasser, Arsen, Alumi-nium, Blei, Kupfer und Quecksilber ergossen sich in das Tal des Rio Doce und verwandelten dessen einstmals klares Wasser in eine toxische braune Brühe. Eine Region von der Größe Portugals, für ihren Artenreichtum bekannt, ist für Jahrzehnte verseucht. Die dort ansässigen Menschen sind ihrer Lebensgrundlage beraubt. Es ist eine der größten Umweltkatastrophen des Kontinents, die zudem einen besonders pikanten Beigeschmack hat: Das verantwort-liche Minenunternehmen Samarco gehört zur Hälfte dem brasilianischen Bergbaugiganten Vale. Dieser soll bei der Präsidentschaftswahl

2014 die Wahlkampfkampagnen beider Spit-zenkandidaten zu großen Teilen finanziert haben. Der Verdacht liegt nahe, dass die Politik bei der Kontrolle der Sicherheits- und Umweltschutzmaßnahmen des Konzerns zum eigenen Vorteil beide Augen zugedrückt hat. Nach dem verheerenden Korruptionsskandal

um den Energiekonzern Petrobras, in den mehr als hundert Personen aus Wirtschaft und Politik verwickelt sind und der das Land geschätzt mehr als drei Milliarden US-Dollar gekostet hat, verlor damit die politische Elite des Landes um Präsidentin Dilma Rousseff weiter das Vertrau-en der Bevölkerung.1 Tausende von Menschen verleihen ihrem Frust auf der Straße Ausdruck,

Demografische Chance verpasst?

Dank einer schon seit Mitte des letzten Jahrhunderts sinkenden Fertilitätsrate, die heute bei 1,8 Kindern je Frau liegt, ist der demografische Übergang in Brasilien schon weit fortgeschritten. Der Anteil der zu Versorgenden im Verhältnis zu den Erwerbsfähigen sinkt schon seit Ende der 1970er Jahre massiv und hat gegenwärtig sein Minimum erreicht. Die günstige Altersstruktur – der demografische Bonus – hat mit zu den wirtschaftlichen Erfolgen des Lan-des beigetragen. Mit dem steigenden Anteil älterer Personen schwindet die demografisch günstige Situation wieder. Brasilien steht vor der Gefahr zu altern, bevor es sich wirtschaftlich ausreichend stabilisiert hat.

Anteil verschiedener Altersgruppen an der brasilianischen Gesamtbevölkerung in Prozent, 1960 bis 2060 (Projek tion, mittlere Variante)Anzahl der unter 20-Jährigen und über 64-Jährigen je 100 Personen im erwerbsfähigen Alter zwischen 20 und 64 Jahren (Abhängigenrate) in Brasilien, 1960 bis 2060 (Projektion, mittlere Variante)(Datengrundlage: UN Desa6)

Prozent Abhängigenrate

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unter 20-Jährige

20- bis 64-Jährige

über 64-Jährige

BRASILIEN2015

100

2030207,8 Mio.228,7 Mio.

1,8

3020 40 6050 70 80 90

100

0

1.000 10.000

30 60 90 120 150

100.000BIP

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20 30 5040 60 70 80

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0

196

5

1970

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0

198

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0

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0

200

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2020

2025

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2060

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Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 45

Regierung außerdem Fortschritte im Gesund-heitsbereich.9 Die Säuglingssterblichkeit sank von 28 auf 20 Todesfälle je 1.000 Geburten und die Lebenserwartung stieg von 71 auf 74 Jahre.10 Die Maßnahmen führten nicht nur zu einem deutlichen Anwachsen der Mittelschicht, sondern erreichten auch die ärmeren Haus-halte. Die Zahl der Menschen, die unter die

Armutsgrenze von umgerechnet 3,1 US-Dollar pro Tag fallen, sank um 27 Millionen.11 Als Teil der BRICS-Staaten, dem Zusammenschluss der aufsteigenden Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, erlangte das Land auch außenpolitisch immer mehr Profil und galt als wichtigste Regionalmacht mit globalen Ambitionen.12

anderen OECD-Ländern eine der niedrigsten Produktivitätsraten überhaupt auf.16 Ein Grund ist das niedrige Bildungsniveau. 65 Prozent aller Industrieunternehmen im Land klagen über Schwierigkeiten, geeignete Fachkräfte zu finden.17 Im ersten PISA-Test von 2000 schnitt Brasilien unter allen teilnehmenden Ländern am schlechtesten ab.18 Seitdem investierte das Land zwar massiv in den Bildungssektor und konnte zumindest im PISA-Test seine Ergeb-nisse deutlich verbessern. Doch beim Anteil an Personen mit mindestens einem sekundären Bildungsabschluss an der erwerbsfähigen Bevölkerung zwischen 20 und 64 Jahren liegt Brasilien im Vergleich der Staaten Amerikas nur im Mittelfeld.19

Die Zeit für tiefgreifende strukturelle Reformen wird knapp, denn in dem mit 207 Millionen Ein-wohnern mit Abstand bevölkerungsreichsten Land der Region hat die Alterung der Gesell-schaft schon eingesetzt. Sind heute noch 8 Pro-zent der brasilianischen Bevölkerung 65 Jahre oder älter, werden es 2030 schon 14 Prozent und 2050 sogar 23 Prozent sein. Die drän-gendste Herausforderung stellt daher die Um-stellung des bis dato sehr großzügigen Renten-systems dar: Die Mindestleistung für Rentner ist an den recht hohen Mindestlohn angepasst, das durchschnittliche Renteneintritts alter liegt bei nur 50 Jahren für Frauen und bei 55 Jahren für Männer. Schon heute kostet das Renten-system den Staat mehr als zehn Prozent seiner Wirtschaftsleistung.20 Selbst mit der 2012 eingeführten Reform der Pensionsleistungen für Beamte wird dieser Anteil bis 2030 ver-mutlich auf 13 Prozent steigen.21 Der positive Effekt ist, dass es in Brasilien älteren Menschen so gut geht wie in kaum einem anderen Land des amerikanischen Kontinents. Zwar hat auch

Regionalmacht unter Druck

Doch die Erfolge verdankten sich zum großen Teil den hohen Rohstoffpreisen der 2000er Jahre, die viel Geld in die staatlichen Kassen spülten. Erdöl, Erdgas, Soja und Zuckerrohr bilden die wesentlichen Exportgüter des Landes. Da deren Weltmarktpreise gesunken sind, gerät Brasilien verstärkt in fiskalische Nöte. Während die Handelsbilanz 2001 mit 20 Milliarden US-Dollar noch deutlich positiv ausfiel, sinkt sie seitdem kontinuierlich und lag 2014 bei minus 4 Milliarden US-Dollar.13 Das Haushaltsdefizit stieg im selben Zeitraum von zwei Prozent des Bruttosozialprodukts auf zehn Prozent an, die Staatsverschuldung lag zuletzt bei 70 Prozent der Wirtschaftsleistung, was für ein aufstrebendes Schwellenland ein sehr hoher Wert ist.14

Unter dem finanziellen Druck werden die strukturellen Versäumnisse der vergangenen Jahre umso deutlicher. Brasiliens Wirtschaft ist zwar relativ divers aufgestellt, aber kaum wettbewerbsfähig. Schutzzölle, Subventionen, ein ineffektives Steuersystem, eine marode Infrastruktur und eine völlig unübersichtliche öffentliche Verwaltung – Brasilien leistet sich 38 verschiedene Ministerien – erschwerten bisher eine Einbindung in die globalen Wert-schöpfungsketten. So liegt Brasilien bei der wirtschaftlichen Teilkomponente des KOF- Index, der den Grad der Globalisierung einer Volkswirtschaft misst, auf dem fünftletzten und beim Ease of Doing Business Index auf dem siebtletzten Platz im vorliegenden Länderver-gleich.15 Zudem weist das Land im Vergleich zu

„Brasilianische Kosten“

Während in allen anderen amerikanischen OECD-Ländern die industrielle Produktion seit 2010 ansteigt, ist sie in Brasilien rückläufig. Dies liegt zum einen an den sinkenden Weltmarktpreisen für Rohstoffe, von deren Export Brasi-liens Wirtschaft noch immer maßgeblich abhängt. Zum anderen sind Unternehmer im Land mit strukturellen Proble-men konfrontiert, welche die Produktionskosten nach oben treiben. Zu diesen „brasilianischen Kosten“ gehören ein ineffizientes Steuersystem, eine marode Infrastruktur und das niedrige Bildungsniveau im Land.7

Veränderung der industriellen Produktionsleistung (inklusive Bergbau, industrielle Fertigung und öffentliche Dienstleistungen wie Strom-, Gas- und Wasserversorgung) amerikanischer OECD-Länder und Durchschnitt aller OECD-Länder (2010=100), 2010 bis 2015 (Datengrundlage: OECD8)

Index 2010=100

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Brasilien

Chile

Kanada

Kolumbien

Mexiko

USA

OECD

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46 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

fruchtbaren Böden, eines weit entwickelten Eisenbahnnetzes und der Anbindung an Europa gemessen am Pro-Kopf-Einkommen zu den reichsten Ländern der Welt.4 Mit dem neuen Präsidenten Mauricio Macri, der mit einer Koalition unter dem vielversprechenden Titel „Cambiemos“ (Wir verändern was) angetreten war, keimt nun abermals die Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Aufschwung.

Das Erbe der Kirchners

Zu den dringendsten Aufgaben des neuen Präsidenten gehört, den Scherbenhaufen zu beseitigen, den die Vorgängerregierung hin-terlassen hat. So bestand Cristina Kirchners Wirtschaftspolitik im Wesentlichen darin, heimische Unternehmen mit günstigen Ener-giepreisen zu subventionieren und durch hohe Importzölle vor der globalen Konkurrenz zu schützen. Zudem kurbelte sie die Nachfrage künstlich an, indem sie den öffentlichen Sektor

Argentinier vor ungewisser Zukunft

Die Menschen in Argentinien können sich von ihren Löhnen und Ersparnissen weniger leisten als ihre Nachbarn in Chile und Brasilien, obwohl das Pro-Kopf-Einkommen in allen drei Ländern etwa gleich hoch ist. Durch die hohe Inflationsrate schmelzen jedoch die Ersparnisse der Argentinier dahin, während die Lebenshaltungskosten steigen. Die daraus resultierende Verunsicherung spiegelt sich in der eigenen Einschätzung des Konsumverhaltens wider.

Antworten auf die Frage „Bitte schätzen Sie Ihr Haushaltseinkommen ein“ nach sechs Kategorien in Argentinien, Brasilien und Chile in Prozent (für Argentinien liegen keine Daten in der Antwortmöglichkeit „Wir haben gar keine finanziellen Proble-me“ vor), 2015(Datengrundlage: GfK- Haushaltsbefragung5)

Es fehlt regelmäßig an Geld für Essen

Der Kauf von Kleidung stellt uns finanziell vor Probleme

Der Kauf von Haushaltsgeräten stellt uns finanziell vor Probleme

Der Kauf eines PKWs stellt uns finanziell vor Probleme

Wir verfügen über ausreichende Ersparnisse, aber der Kauf von Wohneigentum stellt uns vor finanzielle Probleme

Wir haben gar keine finanziellen Probleme

Weiß nicht

Brasilien Chile Argentinien

Vor einer neuen Chance

Es war eine hauchdünne Mehrheit – nur rund 700.000 von über 25 Millionen gültigen Stim-men –, die Ende 2015 für einen politischen Machtwechsel in Argentinien sorgte.1 Damit endete die zwölf Jahre dauernde Regierungs-zeit der Kirchners. Das Präsidentenpaar führte von 2003 bis 2007 unter Nestor sowie von 2008 bis 2015 unter Ehefrau Cristina das Land erst aus der Staatspleite der Jahreswende 2001/2002,2 um es anschließend wieder so herunterzuwirtschaften, dass 2015 der nächste Staatsbankrott drohte.3 Dieser neuerliche Ab-stieg fügt sich ein in eine Reihe von wirtschaft-lichen und politischen Krisen in den letzten Jahrzehnten. Dabei gehörte Argentinien noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts dank seiner

ARGENTINIEN2015

100

203043,4 Mio.49,4 Mio.

2,3

3020 40 6050 70 80 90

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0

1.000 10.000

30 60 90 120 150

100.000BIP

180

66

12.922

121

in Brasilien jeder vierte über 60-Jährige nicht genug Geld, um sich ausreichend Lebensmittel und Kleidung zu kaufen. Doch in dem wirt-schaftlich besser gestellten Chile trifft dies auf fast jeden zweiten der gleichen Altersgruppe zu. Im Vergleich der Einkommenssicherheit für ältere Menschen liegt Brasilien nur knapp hinter Kanada und Trinidad und Tobago.22 Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der sinkenden Wirtschaftskraft könnte sich die Situation der älteren Menschen in Brasilien jedoch wieder verschlechtern.

Ebenso könnten die Fortschritte im Umweltbe-reich in Gefahr geraten. Erst 2015 hat die OECD Brasilien gute Erfolge bescheinigt. Das Land brachte in den letzten zehn Jahren weitreichen-de Gesetzesreformen zum Schutz der Biodiver-sität und der Förderung einer grünen Wirtschaft auf den Weg. Die jährliche Abholzungsrate in der Amazonasregion reduzierte sich damit um 75 Prozent, während sich der Anteil rege-nerativer Energiequellen auf 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs erhöhte.23 Doch das Unglück am Rio Doce zeigt, dass es beim Schutz der Umwelt nicht nur Fortschritte gibt.

Die brasilianische Regierung steht nun vor der gigantischen Aufgabe, einschneidende und unpopuläre Sparmaßnahmen durchzusetzen, ohne die bisherigen Erfolge weiter zu gefährden und das Vertrauen der Bevölkerung endgültig zu verlieren. Wie schwer dies werden kann, war schon 2014 bei den offenen sozialen Konflikten im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft zu beobachten. Die Aussichten für „Das Land der Zukunft“, wie der deutsche Literat Stefan Zweig Brasilien schon 1941 betitelte, sahen schon einmal besser aus.

5,3 13,412,5

37,1

29,2

15,1

27,4

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16,8

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8,12,3

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12,3

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20 30 5040 60 70 80

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5 100 15 20

10,9

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Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 47

aufblähte sowie umfassende Zugeständnisse an Renten- und Lohnforderungen machte.6 Dazu schreckte sie internationale Investoren ab, indem sie ausländischen Unternehmen, die in Argentinien produzieren, Ausfuhrsteuern auferlegte oder sie, wie im Fall des spanischen Energiekonzerns Repsol und dessen argenti-nischer Tochterfirma, sogar enteignete.7 In der Folge rutschte Argentinien in Indices zur Mes-sung der Unternehmerfreundlichkeit, etwa dem Ease of Doing Business Index, auf die letzten Plätze im amerikanischen Vergleich ab.8

Kirchners Sozial- und Wirtschaftspolitik schei-terte, als sich die hohen Staatsausgaben nicht mehr aus den Rohstoffeinnahmen decken und ausländische Kredite nur noch durch den Griff in die Devisenreserven bedienen ließen. Seit-her verlor die argentinische Währung durch die starke Inflation an Wert und die öffentlichen Schulden türmten sich immer weiter auf.9 2014 wuchs das Bruttoinlandsprodukt nur noch um 0,5 Prozent.10 Es liegt damit deutlich unter dem Durchschnitt aller Mercosur-Staaten von zwei Prozent.11 Die Ratingagentur Standard and Poor‘s stufte Argentinien 2014 auf „SD“ herab: teilweise zahlungsunfähig.12 Zumindest bei den Streitigkeiten mit einem US-Hedgefonds über alte Anleiheschulden fand die neue Regierung Ende Februar 2016 eine Einigung. Der Vergleich kostet Argentinien zwar einen Großteil seiner Devisen, macht jedoch den Weg zu den inter-nationalen Finanzmärkten wieder frei.13

Wie prekär die soziale Lage im Land ist, kann nur vermutet werden. Seitdem die nationale Statistikbehörde INDEC unter die Aufsicht von Cristina Kirchner selbst gestellt wurde, gibt es immer wieder Zweifel an den offiziellen Zahlen.14 Demnach liegt die Armutsquote bei fünf Prozent.15 Die Universität von Buenos Aires spricht hingegen von knapp 30 Prozent.16 Fest

Bevor es zu spät ist

Dabei verfügt Argentinien neben dem Reichtum an natürlichen Ressourcen noch über weitere Potenziale, etwa eine große und gut gebildete Erwerbsbevölkerung. 56 Prozent der über 40 Millionen Argentinier sind im erwerbsfähigen Alter zwischen 20 und 64 Jahren.24 Fast jeder Zehnte kann ein abgeschlossenes Studium an

steht: Viele Argentinier können sich kaum mehr als das Nötigste leisten. Wie eine Haushalts-befragung der GfK zeigt, hat fast jeder siebte Argentinier nur knappes Geld für Lebensmittel zur Verfügung. Schon der Kauf von Kleidung stellt knapp 30 Prozent der Bevölkerung vor Probleme. 37 Prozent können sich keinen neuen Kühlschrank oder neue Waschmaschine leisten.17

Im Griff der Sojabohne

Die argentinische Wirtschaft basiert im Wesent lichen auf dem Export landwirtschaft-licher Produkte. Diese machten 2014 über die Hälfte der rund 70 Milliarden US-Dollar Export-erlöse aus.18 Beflügelt durch die steigende globale Nachfrage nach Soja als Futtermittel und Biokraftstoff hat Argentinien seine Anbau-flächen für Soja zwischen 2000 und 2014 auf 19,3 Millionen Hektar verdoppelt und sich damit weiter von den starken Schwankungen der Weltmarktpreise abhängig gemacht.19 Ein wettbewerbsfähiger industrieller Sektor hat sich indessen nicht etablieren können. Der Anteil der Industrieproduktion an der Wirt-schaftskraft stagniert mit rund 30 Prozent auf dem Niveau von 1974.20 Nur die Automobilwirt-schaft, die zwischen 2003 und 2012 mit einem jährlichen Wachstum von 18 Prozent einen großen Anteil am kurzzeitigen Aufschwung hatte,21 ist überregional bedeutsam. 2014 ging jedoch die Produktion um mehr als ein Fünftel zurück.22 Dies liegt auch an der unsicheren Energieversorgung. Fehlende Investitionen und eine marode Infrastruktur führen immer wieder zu Stromausfällen, und trotz reicher Erdgas- und Erdölvorkommen muss Argentinien Energie importieren.23

Nach der Krise ist vor der Krise

Bereits Ende der 1990er Jahre schlitterte Argentinien in eine soziale und wirtschaftliche Krise. Durch die Koppelung des argentinischen Pesos an den US-Dollar kam es zu einer Überbewertung, die Exportwirtschaft konnte daher im globalen Wettbewerb nicht mehr mithalten. Nach der Rezession 2001/2002 erlebte das Land eine kurze wirtschaft-liche Blütezeit. Durch die Abwertung des Pesos waren argentinische Produkte wieder günstig und begehrt. Die wirtschaftliche Berg- und Talfahrt in den letzten Jahren sowie der lange ungelöste Schuldenstreit mit internationalen Geldgebern hat die Furcht vor einer neuen Staatspleite aber wieder entfacht, was sich auch an der Teuerungsrate zeigt, die nach Daten der Weltbank 2015 bei 30 Prozent lag.27 Damit es nicht zu einer Kapitalflucht wie 2001/2002 kommt, hat die Regierung bis vor kurzem Geldtransfers ins Ausland beschränkt und den Einkauf von Dollar für Privatpersonen untersagt.28

Veränderung des Bruttoinlandsprodukts und der Inflationsrate zum Vorjahr in Prozent, 1996 bis 2014 (Datengrundlage: World Bank29)

einer der 110 Universitäten des Landes vorwei-sen, die zu den besten in Lateinamerika zäh-len.25 Das gute Bildungsniveau zieht wissens- und forschungsintensive Branchen wie die Biotechnologie an, die sich langsam im Land ansiedeln.26 Da die Fertilitätsrate schon seit den 1980er Jahren langsam, aber beständig gesunken ist und heute bei 2,3 Kindern je Frau liegt, ist die Altersstruktur der Bevölkerung

Prozent

35

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20

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Inflationsrate

Bruttoinlandsprodukt

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48 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

Risiko Rente

Einen wichtigen Schritt, die Gesellschaft auf die bevorstehende Alterung vorzubereiten, legten bereits 1980 die Wirtschaftspolitiker des Pinochet-Regimes. Im Zuge der weitgehen-den Privatisierung der chilenischen Wirtschaft ersetzten die sogenannten Chicago Boys – be-nannt nach ihrer ökonomischen Ausbildung an der University of Chicago unter dem Wirt-schaftsnobelpreisträger Milton Friedman – das traditionelle Umlageverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung durch ein vollständig kapitalgedecktes System. In der Theorie bietet die privat angesparte Altersvorsorge neben der Aussicht auf höhere Erträge auf dem Kapitalmarkt vor allem eine Unabhängigkeit von demo grafischen Veränderungen. Gleich-zeitig geht die kapitalgedeckte Versicherung aber auch mit höheren Risiken einher, da ange-spartes Vermögen in Krisenzeiten kaum Erträge abwirft.

Knapp 35 Jahre später sind sich Experten un-einig, wie erfolgreich das chilenische Renten- Experiment gewesen ist. Das Rentenniveau ist im internationalen Vergleich durchschnittlich.6 Allerdings leidet das System darunter, dass vie-le Menschen nicht genug einzahlen, um im Ru-hestand davon leben zu können oder überhaupt Ansprüche zu erwerben.7 Dies hat damit zu tun, dass Chilenen mindestens 20 Jahre einzahlen müssen, um mehr als das Existenz minimum zu erhalten. Vor allem Frauen scheitern hieran häufig. Darüber hinaus gelten die administrati-ven Kosten des Systems als hoch, was gerade für Geringverdiener schmerzhaft ist.8 Um Letz-tere besser zu stellen, führte die Regierung im Jahr 2008 eine sogenannte Solidaritätsrente

Lateinamerikas Vorzeigeland

Seit dem friedlichen Ende der Pinochet-Dikta-tur 1989 hat Chile den Sprung vom Entwick-lungsland zur Industrienation geschafft. Mit einem Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner von rund 14.500 US-Dollar liegt es im konti-nentalen Vergleich einzig hinter den nordame-rikanischen Giganten USA und Kanada sowie den erdölfördernden Staaten Trinidad und Tobago sowie Venezuela zurück. Nach Defini-tion der Weltbank gilt Chile als High Income Country.1 Beeindruckende Fortschritte hat es insbesondere bei der Armutsbekämpfung gemacht: Musste im Jahr 1989 noch mehr als jeder fünfte Chilene seinen Lebensunterhalt mit täglich weniger als 3,1 US-Dollar bestreiten,

war es 2013 nur noch jeder fünfzigste.2 Und auch politisch ist Chile stabil und liegt bei allen in dieser Studie gemessenen Indikatoren unter den besten Ländern Amerikas. Die Korruption ist lediglich in Kanada weniger verbreitet als in dem langgestreckten Land jenseits der Anden, die Rechtssicherheit ist einzig in den USA und Kanada höher.

Das Beispiel Chile zeigt, dass eine langfristig positive Entwicklung vor allem dann einsetzt, wenn ein Land in verschiedenen Gesellschafts-bereichen Verbesserungen erzielt, die sich ge-genseitig verstärken. Zu diesen Bereichen zählt unter anderem die Bildung. Mit einem Anteil von 79 Prozent an Menschen mit mindestens Sekundarbildung unter den 20- bis 64-Jährigen liegt Chile im Amerika-Vergleich auf Platz 5. Noch 1990 hatten lediglich 58 Prozent diesen Bildungsstand erreicht.3 Parallel zum immer höheren Bildungsniveau sind in Chile die Kin-derzahlen gesunken. Bekamen Frauen im Jahr 1985 im Schnitt noch 2,6 Kinder, sind es aktuell nur 1,8.4 Damit liegt das Land inzwischen deut-lich unter dem bestandserhaltenden Niveau von 2,1 Kindern je Frau. Erste Folgen dieser Entwicklung sind bereits zu spüren. So lag das jährliche Bevölkerungswachstum 2015 erst-mals bei unter einem Prozent. Vor allem aber muss sich Chile auf eine vergleichsweise rapide Alterung seiner Gesellschaft einstellen. Aktuell übertrifft einzig Uruguay das Medianalter der chilenischen Bevölkerung von 34,4 Jahren noch leicht. Dies wird sich allerdings sehr bald än-dern, und im Jahr 2040 dürfte Chile mit einem Medianalter von dann 44 Jahren das älteste Land Südamerikas sein.5

CHILE2015

100

203017,9 Mio.20,2 Mio.

1,8

3020 40 6050 70 80 90

100

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1.000 10.000

30 60 90 120 150

100.000BIP

180

79

14.520

48

relativ ausgeglichen. Der Anteil älterer Men-schen über 64 Jahren an der Gesamtbevölke-rung steigt bis 2030 um 20 Prozent. Das ist verhältnismäßig moderat im Vergleich mit dem Nachbarland Chile, das im selben Zeitraum mit einem Anstieg des Anteils älterer Menschen von 60 Prozent rechnen muss.30 Dennoch muss sich auch Argentinien zukünftig auf eine schrumpfende Erwerbsbevölkerung einstellen. Um den Übergang zu einer alternden Gesell-schaft gut zu meisten, muss das Land seinen Bildungs vorsprung halten und ihn in eine höhere Produktivität umsetzen. In den letzten Jahren ist jedoch weniger als ein Prozent der Wertschöpfung in Forschung und Entwicklung geflossen.31 Argentinien droht damit im Wett-kampf um die besten Wirtschaftsstandorte an Boden zu verlieren.

Schwieriger Spagat

Um das vorhandene Potenzial des Landes zu nutzen, muss dem neuen Präsidenten ein schwieriger Spagat zwischen Wirtschafts- und Sozialpolitik gelingen. Einerseits benötigt er das Vertrauen von Investoren, um die Staats-pleite abzuwenden und dringend benötigte Investitionen anzugehen. Andererseits muss er notwendige soziale Reformen auf den Weg bringen, ohne die Zustimmung der eigenen Bevölkerung zu verlieren.32 Die ersten Monate seiner Amtszeit verliefen bisher durchaus vielversprechend. Ändert sich dies, könnte es ihm jedoch so ergehen wie vor 15 Jahren dem damaligen Präsidenten Fernando de la Rúa. Der Vorgänger der Kirchners stand vor ähnlichen Herausforderungen wie heute Macri. Monate-lange Massenproteste zwangen ihn, bereits nach zwei Jahren abzudanken.33

20 30 5040 60 70 80

62

5 100 15 20

11,0

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Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 49

ein, die aus Steuermitteln finanziert wird und Menschen ohne Rentenanspruch ein Mindest-einkommen garantiert. Darüber hinaus sind nun auch Selbstständige verpflichtet, in die Rentenfonds einzuzahlen.9 Zentrale Aufgabe für die Zukunft wird es dennoch sein, stabile Beschäftigungsverhältnisse für möglichst viele Chilenen zu ermöglichen, damit sich die Men-schen selbst absichern können. Dabei ist es unerheblich, ob das Rentensystem im Umlage-verfahren organisiert oder kapitalgedeckt ist.

Bildung für die Zukunft

Die Ungleichheit im Rentenanspruch ist das Re-sultat einer generell hohen Ungleichheit in der chilenischen Gesellschaft. Damit unterscheidet sich Chile einerseits nicht von den meisten anderen lateinamerikanischen Ländern, liegt andererseits in vielen Bereichen aber sogar über dem Niveau seiner Nachbarn – etwa bei der Einkommensungleichheit.10 Bei mehr als je-dem vierten Chilenen reicht das Geld nicht, um sich Kleidung zu kaufen, mehr als jeder siebte hat nicht einmal genug fürs Essen.11 Dies zu än-dern wird nur möglich sein, wenn es gelingt, die Wirtschaft des Landes weiter zu diversifizieren. Derzeit ist die chilenische Volkswirtschaft stark vom Weltmarktpreis für natürliche Rohstoffe, allen voran Kupfer, abhängig. Chile produziert etwa ein Drittel der weltweiten Menge des Me-talls, und die Rohstoffausfuhr macht über die Hälfte aller Exporte aus.12 Der Fall des Kupfer-preises im Jahr 2014 traf Chile deswegen hart: Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts ging binnen eines Jahres von 4,3 auf 1,9 Prozent zurück.13

Um die Wirtschaft auf breitere Füße zu stel-len und noch mehr Menschen am Wohlstand teil haben zu lassen, muss Chile auch im Bil-dungssystem ansetzen. Denn noch immer ist der Zugang zu einer guten Ausbildung stark vom Elternhaus abhängig.14 So haben zumeist nur diejenigen Schüler eine Chance, die an-spruchsvollen Aufnahmetests der staatlichen

unter die Obhut des Staates zu bringen. In einem ersten Gesetz hat ihre Regierung verfügt, dass Schulen, die Geld vom Staat erhalten, kei-ne zusätzlichen Gebühren mehr von ihren Schü-lern verlangen dürfen. Ab 2016 entfallen zudem für die ärmsten 50 Prozent der Studenten an staatlichen Hochschulen die Studiengebühren. Wegen des geringen Wirtschaftswachstums und der daraus resultierenden Mindereinnah-men des Staates hat die Regierung allerdings einige Reformvorschläge bereits wieder ver-wässert. Die so wichtige öffentliche Unterstüt-zung für die Reformen droht daher langsam zu schwinden.

Um die Wirtschaftsdynamik anzufachen, setzt Chile zudem auf internationale Verbindungen. So unterhält das Land unter anderem Freihan-delsabkommen mit den USA und der Euro-päischen Union und ist assoziiertes Mitglied des südamerikanischen Staatenbündnisses Mercosur. Seit 2010 versucht die Regierung außerdem, über ihr Programm Start-up Chile explizit Firmengründer ins Land zu locken. Sie bietet ihnen etwa finanzielle Hilfen und einfache Visumsbestimmungen. Im Januar 2016 geht das Programm in die nächste Runde und auch dieses Mal dürften sich wieder meh-rere tausend Gründer bewerben; die Regierung kann sich scheinbar auf die Attraktivität ihres Landes verlassen. Dass Chile endgültig in der Gruppe der Industriestaaten angekommen ist, zeigt sich auch daran, dass mehr Menschen ein- als abwandern.16

Universitäten zu meistern, die sich die teuren Privatschulen leisten können.15 Dass dies massiven gesellschaftlichen Sprengstoff birgt, haben nicht zuletzt die Studentenproteste der Jahre 2006 und 2011 verdeutlicht. Präsidentin Michelle Bachelet hat sich in ihrer zweiten Amtszeit vorgenommen, das Problem anzu-gehen und das Bildungssystem wieder stärker

Chiles Aufholjagd

1990, im ersten Jahr nach Ende der Pinochet-Diktatur, lag das Wohlstandsniveau in Chile unter jenen Argentiniens, Brasiliens und Mexikos. Dies hat sich inzwischen gewandelt: Chile ist auf die Bevölkerung gerechnet das reichste Land Lateinamerikas und gilt nach Definition der Weltbank als High Income Country.

Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in US-Dollar, 1990 bis 2014(Datengrundlage: World Bank17)

US-Dollar

18.000

16.000

14.000

12.000

10.000

8.000

6.000

4.000

2.000

0

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0

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1

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3

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0

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1

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7

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8

200

9

2010

20

11

20

12

2013

2014

Argentinien

Brasilien

Chile

Mexiko

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50 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

Vorwort1 Kochhar, R. (2015): A Global Middle Class Is More Promise than Reality. Pew Research Center. 8.7.2015. pewrsr.ch/24KOskL (abgerufen am 6.5.2016).2 Abel, G.J./Sander, N. (2014): Quantifying Global Internati-onal Migration Flows. Scien-ce, 343/6178. bit.ly/1rFYUvt (abgerufen am 10.5.2016).3 Follath, E. (2013): Die neu-en Großmächte. Wie Brasili-en, China und Indien die Welt erobern. München.4 ACEA (2015): The Automo-bile Industry Pocket Guide 2015/2016. Brüssel.5 GfK Verein (2015): Global Trust Report 2015. Vertrauen in Institutionen und Bran-chen. Nürnberg.6 GfK Verein (2015): Challenges of Nations 2015. Nürnberg.

Kontinent der Gegensätze1 Schmitt, U. (2007). Wo Amerika schwer verwundbar ist. Die Welt, 15.1.2007. bit.ly/1VT19IA (abgerufen am 15.3.2016).2 World Bank. World Development Indicators. bit.ly/1RX4a9y (abgerufen am 23.3.2016).3 Germany Trade&Invest (2015): Kanada erhofft sich positive Effekte vom Trans-pazifikpakt. 19.11.2015. bit.ly/24KOOry (abgerufen am 15.3.2016).

4 Blau, A. (2009): Permanent temporär. Lateinamerikani-sche ArbeitsmigrantInnen in Kanada. Lateinamerika Nachrichten, 426, Dezember 2009. bit.ly/24KOU2e (abgerufen am 10.5.2016).

QUELLEN5 Winnick, H. (2014). Die kanadischen Wahlen 2015: Die Macht der „Ethnischen Stimme“. Böll-Stiftung Nordamerika.6 Hulverscheidt, C. (2016): Amerika rutscht in eine Rezession – ja, nein, jein. Süddeutsche Zeitung, 10.2.2016. bit.ly/1Wpp2rE (abgerufen am 17.3.2016); Buchter, H. (2012): Der ganz große Unterschied. Zeit-online, 4.10.2012. bit.ly/1QYqYi8 (abgerufen am 17.3.2016).7 Auswärtiges Amt (2016): Länderinformation USA. Wirtschaft. bit.ly/1rUWLM9 (abgerufen am 26.2.2016).8 International Monetary Fund. IMF eLibrary Data. bit.ly/1T5Hj6X (abgerufen am 18.3.2016).9 OECD (2016): The OECD Interim Economic Outlook. bit.ly/1rFZbyu (abgerufen am 10.5.2016).10 Kaller-Dietrich, M., May-er, D. (2012): Geschichte Lateinamerikas im 19. und 20. Jahrhundert. Ein histori-scher Überblick. Lateiname-rika-Studien Online. bit.ly/1VT1k6z (abgerufen am 15.3.2016).11 Vgl. Endnote 2.12 Sievernich, M. (2005): Las Casas. Kurzgefaßter Bericht von der Verwüstung der West indischen Länder. Leipzig.13 Uchatius, W. (2011): Gold, Silber, Armut. Zeitalter der Entdecker. Zeit-online, 15.2.2011. bit.ly/21W62jW (abgerufen am 17.3.2016).14 Vgl. Endnote 2.15 UNDP (2015): Human Development Report 2015: Work for Human Develop-ment. New York

16 Thiery, P. (2007): Latein-amerika: Politische Trans-formation zur Demokratie. Bundeszentrale für Politische Bildung. Dossier Lateiname-rika. bit.ly/1T8zLpA (abgerufen am 10.5.2016).17 Vgl. Endnote 2.18 Cué, C.E./Lafuente, J. (2016): La exigencia de una mejor democracia golpea a la izquierda latinoamericana. El País. 27.2.2016. bit.ly/1rUYa5m (abgerufen am 15.3.2016).19 Vgl. Endnote 2.20 OECD/CAF/ECLAC (2015): Latin American Economic Outlook 2016. Towards a New Partnership with China. Paris.21 Spiller, I. (2014): Rohstoff-ausbeutung und Demo-kratie in Lateinamerika. Heinrich-Böll-Stiftung. 22 ECLAC (2016). Economic and Social Panorama of the Communitiy of the Latin American and Caribbean States, 2015. Santiago de Chile.23 Costa, A. (2015): Nach der Plünderung. Wege in den Post-Extraktivismus. Hein-rich-Böll-Stiftung (2015): Jenseits des Raubbaus. Lateinamerikanische Alter-nativen zum Extraktivismus. Perspectivas Lateinamerika, Ausgabe 1, 2015. Berlin.24 Crncic, Z. (2014): Wenn Wachstum zum Streitpunkt wird. Neo-Extraktivismus als Entwicklungsmodell? In: Welttrends. Zeitschrift für internationale Politik, Nr. 97. S. 53-61. 25 Observatorio de Conflictos Mineros de América Latina. Mapa de Conflictos Mineros en América Latina 2014. bit.ly/1X0Cocl (abgerufen am 14.3.2016).

26 Rabobank (2015): Latin America after the commodity boom. Rabobank Research 1/10. 28. September 2015. bit.ly/1QYr9tX (abgerufen am 10.5.2016).27 The World Bank (2013): Economic Mobility and the Rise of the Latin American Middle Class. Washington DC. 28 Lay, J./Schotte, S. (2013): Lateinamerikas neue Mittelschicht: nachhaltiger Aufstieg? GIGA Focus, Nr. 8, 2013. 29 International Labour Organization. Key Indicators of the Labour Market, 9. Edition. 30 OECD/UN/CAF (2014): Latin American Economic Outlook 2015. Education, skills and innovation for development. Paris.31 Vgl. Endnote 18.32 Vgl. Endnote 26.

Von großen Mächten und kleinen Staaten1 UN Desa (2015): World Population Prospects, the 2015 Revision. New York.2 HelpAge International (2015): Global AgeWatch Index 2015. Insight report. London.3 Vgl. Endnote 1.4 Vgl. Endnote 1.5 UNDP (2013): Citizen Security with a Human Face. Evidence and Proposal for Latin America. Regional Human Development Report 2013-2014. Summary. New York.6 World Bank. World Develop-ment Indicators. bit.ly/1RX4a9y (abgerufen am 30.4.2016).

7 OECD/UN/CAF (2014): Latin American Economic Outlook 2015. Education, skills and innovation for development. Paris.

8 OECD (2013): Strong Performers and Successful Reformers in Education. Lessons from PISA 2012 for the United States. Paris.

9 Vgl. Endnote 2.

10 CEPAL. CEPALSTAT. Bases de Datos y Publicaciones Estadísticas. bit.ly/1QYrAnY (abgerufen am 29.4.2016).

11 OECD. OECD.Stat. bit.ly/1OhuPMT (abgerufen am 29.4.2016).

12 Thiery, P. (2007): Latein amerika: Politische Transformation zu Demo-kratie. Bundeszentrale für Politische Bildung. Dossier Lateinamerika. bit.ly/1T8zLpA (abgerufen am 10.5.2016).

13 UNDP (2016): About Latin America and the Caribbean. bit.ly/1rV0slg (abgerufen am 22.3.2016).

14 Konrad-Adenauer-Stif-tung/Polilat (2013): Demokratie-Index Latein-amerika. IDD-Lat 2014. Montevideo.

15 Vgl. Endnote 14.

16 Vgl. Endnote 14.

17 Crncic, Z. (2014): Wenn Wachstum zum Streitpunkt wird. Neo-Extraktivismus als Entwicklungsmodell? In: WeltTrends (2014). Zeitschrift für Internationale Politik. Heft 97. Juli/August 2014. S. 53-61.

18 Spiller, I. (2014): Roh-stoffausbeutung und De-mokratie in Lateinamerika. Heinrich-Böll-Stiftung.

19 The Economist (2015): Grex days. A slow road to recovery. 10.10.2015. econ.st/24NHrmF (abgerufen am 10.5.2016).20 UN ECLAC (2016): Econo-mic and Social Panorama of the Community of Latin America and Caribbean States, 2015. Santiago.21 Bündnis Entwicklung Hilft/UNU-EHS (2015): WeltRisi-koBericht 2015. Berlin.

Die GfK-Haushalts-befragung1 GfK-Verein über GfK GLOBO BUS®.2 International Labour Organization: Key Indicators of the Labour Market, 9. Edition.3 Vgl. Endnote 1.

Kanada1 Government of Alberta (2015): 2015 Municipal Affairs Population List. Re-gional Municipality of Wood Buffalo, Urban Service Area Fort McMurray. bit.ly/24Ndbbi (abgerufen am 1.3. 2016).2 Government of Alberta (2014): Alberta’s Oil Sands. bit.ly/24KJeFq (abgerufen am 7.1.2016).3 Austen, I. (2015): Oil Sands Boom Dries Up in Alberta, Taking Thousands of Jobs With It. In: New York Times, 21.10.2015. nyti.ms/23H8aLC (abgerufen am 2.3.2016).4 OECD (2015): OECD Wirt-schaftsausblick. Ausgabe 2015/2. Paris.5 Sorensen, Ch./Hutchins, A. (2015): How Canada’s

economy went from book to recession so fast. In: McLean’s, 15.7.2015. bit.ly/1TzR3pJ (abgerufen am 7.1.2016).

6 Alex, B. (2015): Niedriger Ölpreis drückt auf die kana-dische Wirtschaft. Germany Trade&Invest, 2.2.2015. bit.ly/1WozQpf (abgerufen am 2.3.2016).

7 BP (2015): BP Statistical Review of World Energy June 2015 on.bp.com/1rURGUd (abgerufen am 1.3.2016).

8 OECD (2014): Education at a Glance 2014. OECD Indicators. Paris.

9 HWWI (2007): Focus Migration – Länderprofil Kanada. HWWI März 2007.

10 OECD (2015): Indicators of Immigrant Integration 2015. Settling In. Paris.

11 OECD (2012): Connecting with Emigrants: A Global Profile of Diasporas. Paris.

12 CIA World Fact Book – Canada. 1.usa.gov/1OnkZnt (abgerufen am 7.1.2016).

13 UNDP (2015): Human Development Report 2015. Work for Human Develop-ment. New York.; Sievert, St.et al. (2012): Nach Punk-ten vorn. Was Deutschland von der Zuwanderungs- und Integrationspolitik Kanadas lernen kann. Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwick-lung. Berlin.

14 Green, J. (2012): Canada’s population hits 35 million. In: The Star, 6.12.2012. on.thestar.com/1VT03N1 (abgerufen am 2.3.2016).

15 UN Desa (2015): World Po-pulation Prospects. The 2015 Revision. bit.ly/1RXbO3Q (abgerufen am 1.3.2016).

16 Investment Strategy and Analysis Division, Office of the Chief Economist Foreign Affairs, Trade and Develop-ment Canada (2016): Think Canada. February 2016. bit.ly/1WpnrSM (abgerufen am 4.3.2016)

USA1 Office of the United States Trade Representative (2016): Trans-Pacific Partnership Ministers’ Statement. 1.usa.gov/1TEAt7O (abgerufen am 26.2.2016).

2 Hilpert, H.G. (2015): Eini-gung auf ein Transpazifisches Freihandelsabkommen. In: SWP-Aktuell 86, Oktober 2015. Berlin.

3 Vgl. Endnote 2.; Hänsel, L. /Lairo, J. (2015): US-Handels-politik im Pazifischen Raum. Aktuelle Entwick-lungen bei den Verhand-lungen zu TPP. KAS Länderbericht, August 2015. Washington.

4 World Bank. World Development Indicators. bit.ly/1RX4a9y (abgerufen am 23.2.2016).

5 UNCTAD (2015): Trade trends. bit.ly/1T8zfYr (abgerufen am 14.12.2015). 6 Vgl. Endnote 4.7 UNCTAD (2015): Foreign direct investments: Outward flows, percentage of the world. bit.ly/1VT0hUf (abgerufen am 14.12.2015).

8 Vgl. Endnote 4.9 Index der Studie. 10 Vgl. Endnote 4.11 United States Department of Labor (2015): Employment Situation. 1.usa.gov/1X0zsN1 (abgerufen am 22.12.2015).

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Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen 51

12 OECD (2015): General government debt. OECD data. bit.ly/1TEANn3 (abgerufen am 1.3.2016).13 Gao, G. (2015): How do Americans stand out from the rest of the world? Pew Research Center, Fact Tank, 12. März 2015. pewrsr.ch/1qdsvep (abgerufen am 14.12.2015). 14 World Bank (2012): Golden Growth. Restoring the luster of the European economic model. Country Benchmarks. bit.ly/1USkico (abgerufen am 1.3.2016).15 OECD/IAB (2013): OECD Indicators of Employment Protection. bit.ly/1OnlqOq (abgerufen am 17.12.2015).16 Atkinson, R. (2014): Understanding the U.S. National Innovation System. The Information Technology and innovation Foundation. bit.ly/1YlykSL (abgerufen am 25.2.2016). 17 Times Higher Education (2016): World University Rankings 2015-2016. bit.ly/1YlypWD (abgerufen am 4.3.2016).18 United States Census Bureau (2015): State Median income. 1.usa.gov/1TQkJSf (abgerufen am 26.2.2016).19 Corporation for Enterprise Development (2015): State Income Quintiles. bit.ly/1Onmt0O (abgerufen am 26.2.2016).20 Vgl. Endnote 16.21 Nobelprize (2016): Nobel Prize Facts. bit.ly/1T4wntV (abgerufen am 4.3.2016).22 World Intellectual Property Organization (2014): 2014 Global IP Filings – China still leads. bit.ly/1VT0ve1 (abgerufen am 4.3.2016).23 Dudenhöffer, F./Schneider, W. (2015): Fehlender recht-licher Rahmen verschafft den USA Zeitvorsprung beim Zukunftsmarkt »individuelle Mobilität«. Ifo Schnelldienst 7/2015.

24 Forbes (2016): The World’s Billionaires. 2016 Ranking. onforb.es/27diX4T (abgerufen am 4.3.2016).25 Center for Immigration Studies (2015): Immigrant Population Hits Record. 42.1 Million in Second Quarter of 2015. bit.ly/1WoChbr (abgerufen am 22.2.2016).26 OECD (2015): Indicators of Immigrant Integration 2015. Settling In. Paris.27 Bluestein, A. (2015): The Most Entrepreneurial Group in America Wasn’t Born in America. Inc. Magazine, Fe-bruary 2015. bit.ly/1X0A4Sz (abgerufen am 4.3.2015).28 UN Desa (2015): World Po-pulation Prospects. The 2015 Revision. bit.ly/1RXbO3Q (abgerufen am 1.3.2016).29 Vgl. Endnote 28.30 GfK-Haushaltsbefragung USA31 Working Partnership USA (2015): Tech s Diversity Pro-blem: More than meets the eye. San Jose. bit.ly/27djdAP (abgerufen am 26.2.2016).32 Vgl. Endnote 31.33 Wall Street Journal (2015): Immigrants to U.S. From Chi-na Top Those From Mexico. on.wsj.com/1OnlKwQ (abgerufen am 26.2.2016).34 US Census Bureau (2015): State & Country quick facts. 1.usa.gov/1X0AeJH (abgerufen am 26.2.2016).35 Braml, J. (2012): Der amerikanische Patient – Was der drohende Kollaps der USA für die Welt bedeutet. Bundeszentrale für politische Bildung. Bonn.36 Vgl. Endnote 31.37 Federal Reserve Bank of St. Louis (2015): Real Median Household Income in the United States. bit.ly/1TQkmqB (abgerufen am 26.2.2016).38 DeNavas-Walt, C./ Proctor, B. (2015): Income and Pover-ty in the United States 2014.

Current Population Reports. United States Census Bureau. Washington DC. 39 United States Census Bureau (2015): Income Inequality. 1.usa.gov/1WoCM5v (abgerufen am 26.2.2016).40 OECD (2015): Income inequality 2012. OECD data. bit.ly/1N5XtL2 (abgerufen am 1.3.2016).41 Sorkin, A.R./Thee-Brenan, M. (2014): Many feel the American Dream Is Out of Reach, Poll Shows. The New York Times, 10.12.2014. nyti.ms/1TzRIY8 (abgerufen am 6.2.2016).42 The Economist (2014): The fury of Ferguson, 29.11.2014. econ.st/1T4x9qA (abgerufen am 26.2.2016).43 Jargowsky, P.A. (2015): Architecture of Segregation. The Century Foundation. bit.ly/23HavGB (abgerufen am 26.2.2016).44 Colby, S.L./Ortman, J.M. (2015): Projections of the Size and the Composition of the U.S. Population. 2014 to 2060. Population Estimates and Projections. United States Census Bureau. March 2015. 45 United States Census Bureau (2015): 2014 Natio-nal Population Projections. 1.usa.gov/24NAAtj (abgerufen am 26.2.2016).46 The White House (2015): Advancing American Energy. 1.usa.gov/1T4xee4 (abgerufen am 17.12.2015).47 The White House (2015): Fact Sheet: President Obama to announce historic carbon pollution standards for power plants. 1.usa.gov/1VT0WF6 (abgerufen am 22.12.2015).48 Merica, D./Bradner, E. (2015): Hillary Clinton comes out against TPP trade deal. CNN Politics vom 07.10.2015. cnn.it/1X0AGrq (abgerufen am 24.11.2015).

Mexiko1 Sommerhoff, G./Weber, Ch. (1999): Mexiko. Wissen-schaftliche Länderkunden. Darmstadt.2 Index der Studie.3 Vgl. Endnote 2.4 World Bank. World Development Indicators. bit.ly/1RX4a9y (abgerufen am 4.1.2016).5 UNCTAD (2015): Merchan-dise: Total Exports 2014. bit.ly/1VT0hUf (abgerufen am 5.6.2016). 6 The Observatory of Econo-mic Complexity (2015): ECI Ranking Mexiko. bit.ly/1QYrFbl (abgerufen am 5.1.2016).7 Germany Trade&Invest (2015): Wirtschaftsdaten kompakt Mexiko. November 2015. bit.ly/1T4A6HR (abgerufen am 5.1.2016). 8 Vgl. Endnote 2.9 Pro Mexico (2015): Trade and Investment. The Mexi-can Automotive Industry: A Success Story with a promising future. April 2015. bit.ly/1Ohvazc (abgerufen am 6.1.2015). 10 CEPAL (2014): Pactos para la igualdad. Hacia un futuro sostenible. bit.ly/1T8AN4G (abgerufen am 5.1.2016); Vargas-Hernández, J. G./Noruzi, M. R. (2011): Central America Maquiladoras and their impact on economic Growth and Employment. Economic and Finance Review 1, März 2011. bit.ly/1YlBnKI (abgerufen am 5.1.2016).11 Manz, Th. (2014): Stra-tegischer Partner Mexiko – neuer Hoffnungsträger in Lateinamerika. Interna-tionale Politikanalyse der Friedrich-Ebert-Stiftung, September 2014. bit.ly/24KTWff (abgerufen am 5.1.2016).12 Vgl. Endnote 10(1).13 Instituto Nacional de Estadistica y Geografia

(2015): Anuario estadístico y geográfico de los Estados Unidos Mexicanos 2015. 14 GfK Haushaltsbefragung Mexiko15 World Bank (2015): Migra-tion and Remittances: Recent Developments and Outlook – Special Topic: Financing for Development. Migration and Development Brief 24. 16 Mexico¿como vamos? (2016): Generacion de Empleos. bit.ly/24NEKBi (abgerufen am 29.2.2016).17 Instituto Nacional de Esta-distica y Geografia (2015): Indicadores de Bienestar por entidad federativa. bit.ly/1WprwGp (abgerufen am 6.1.2016).18 UN Desa (2015): World Population Prospects. The 2015 Revision. bit.ly/1T8Bkni (abgerufen am 25.1.2016). 19 Vgl. Endnote 2.20 Vgl. Endnote 2.21 Vgl. Endnote 17.22 Gobierno de México (2013): Plan Nacional de Desarollo 2013-2018. bit.ly/21WasHx (abgerufen am 12.1.2016).23 OECD/UN/CAF (2015): Latin American Economic Outlook 2015. Education, Skills and Innovation for Development. Paris.24 Vgl. Endnote 22.25 Vgl. Endnote 11.26 OECD (2015): Revenue statistics. bit.ly/1OhwtxV (abgerufen am 5.1.2016).27 UNODC (2015): World Drug Report 2015. Wien.28 Heidelberger Institut für Konfliktforschung (2015): Conflict Barometer 2014. Heidelberg.29 Vgl. Endnote 2.30 Bundeszentrale für politi-sche Bildung: Informations-portal Krieg und Frieden. Datentabellen. Morde pro 100.000 Einwohner (aktuellste Jahr).

bit.ly/1QYs8KJ (abgerufen am 4.3.2016).31 UNDP (2015): Índice de Desarrollo Humano para las entidades federativas, México 2015. México, DF.

Guatemala1 UN Desa (2015): World Po-pulation Prospects: The 2015 Revision. bit.ly/1T8Bkni (abgerufen am 22.2.2016).2 World Bank (2015): World Development Indicators. bit.ly/24KWoCs (abgerufen am 14.12.2015).3 Index der Studie. 4 Instituto Nacional de Esta-distica Guatemala (2012): Caracterizacion Republica de Guatemala. bit.ly/1T4ButW (abgerufen am 16.12.2015).5 Vgl. Endnote 2.6 Vgl. Endnote 3.7 Vgl. Endnote 2.8 Deutsch-Guatemaltekische Industrie- und Handelskam-mer (2015): Zielmarktana-lyse: Erneuerbare Energien Guatemala 2015. Dezentrale Energieversorgung – Photo-voltaik, Windenergie und Geothermie mit Profilen der Marktakteure. Ciudad Guatemala. 9 Vargas-Hernandez, J., G./Noruzi, M.R. (2011): Central America maquiladoras and their impact on economic growth and employment. In: Economics and Finance Review 1(1): 1-14 März 2011 (abgerufen am 16.12.2015).10 Danish Trade Union (2014): Guatemala Labour Market profile 2014. bit.ly/1rV3ohN (abgerufen am 16.12.2015).11 UNCTAD (2011): Investment Policy Review Guatemala. Genf.12 Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenar-beit (2015): Guatemala Wirt-schaftssystem und Sektoren. Stand November 2015. bit.ly/1WpshiO (abgerufen am 15.12.2015).

13 Vgl. Endnote 2.14 Instituto Nacional de Estadística Guatemala (2014): Porcentaje de pobreza general bit.ly/1YlCxWw (abgerufen am 16.12.2015).15 GFK-Haushaltsbefragung Guatemala.16 La Hora (2015): 97,3% de los guatemaltecos tiene un trabajo, pero la mayoria es informal. Online-Ausgabe vom 21. Juli 2015. bit.ly/1WoKvAl (abgerufen am 16.12.2015).17 World Bank (2014): Guatemala Economic DNA Harnessing Growth with a special focus on Jobs. Guatemala.18 Vgl. Endnote 3.; Bertelsmann Stiftung (2014): Bertelsmann Stif-tung Transformation Index. Guatemala Country Report. Gütersloh.19 Danish Trade Union (2014): Guatemala Labour Market profile 2014. bit.ly/1rV3ohN (abgerufen am 16.12.2015).20 Schwarzbauer, A. (2015): Welche Wahl hat Guatemala? – Ein Blick in den Ozean von Korruption und Straflosig-keit. KAS Länderbericht. Juni 2015. bit.ly/1VT3kM1 (abgerufen am 16.12.2015).21 Institut Nacional de Esta-distica Guatemala/Conjuve/Servicio Civico/GIZ (2014): Primera encuesta nacional de Juventud en Guatemala (ENJU 2011). bit.ly/1WpsIcX (abgerufen am 14.12.2015).22 Saad, P.M. (2009): Demographic Trends in Latin America and the Caribbean. bit.ly/1WpsMJK (abgerufen am 16.12.2015).23 Vgl. Endnote 21.

Costa Rica1 Drouve, A. (2015): Men-schen sind die besseren Brüllaffen. Abenteuerreisen in Costa Rica. Frankfurter

Allgemeine Zeitung, 10.12.2015. bit.ly/1TQmHlq (abgerufen am 24.1.2016).2 Instituto Costarricense de Turismo (o.J.): Anuario Estadístico de Turismo 2014. San José.3 Government of Costa Rica, Ministry of Environment and Energy (2015): Costa Rica’s intended nationally deter-mined contribution. San José.4 World Bank, World Development Indicators. bit.ly/1T5LwYm (abgerufen am 25.01.2016).5 GIGA (2015): Disabling the Steering Wheel? National and International Actors’ Climate Change Mitigation Strategies in Latin America. GIGA WorkingPapers, No 278, September 2015.; Marti, W. (2015): Der kleine grüne Musterknabe. Klimapolitik in Costa Rica. Neue Zürcher Zeitung, 28.11.2015. bit.ly/1ZEOA1E (abgerufen am 25.1.2016).6 Huhn, S. (2007): Costa Rica – ein Sozialstaat im Wandel. Dossier Lateinamerika. Bundeszentrale für politische Bildung. bit.ly/1WpsZg0 (abgerufen am 24.1.2016).7 Vgl. Endnote 6.8 Konrad-Adenauer-Stiftung (2015). Armut in Costa Rica. Costa Rica Mediareport, Ausgabe 5/2015. San José.9 Vgl. Endnote 6.10 Luxner, L. (2014): World Bank official: Costa Rica faces some painful choices in 2015. The Tico Times, 11.12.2014. bit.ly/21WdfR5 (abgerufen am 25.1.2016).11 Index der Studie.12 Vgl. Endnote 4.13 Promotora del Comercio Exterior de Costa Rica (2015): Esencial Costa Rica. Estadísticas de comercio exterior de Costa Rica 2014. San José.14 Vgl. Endnote 11.

Page 54: Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen · Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen Wie sich die Länder

52 Amerika – Wohlstand, Aufstieg und verpasste Chancen

15 Instituto Costarricense de Turismo (o.J.): Anuario Estadístico de Turismo 2014. San José.; Instituto Costarricense de Turismo (o.J.): Anuario Estadístico de Turismo 2005. bit.ly/1TQmSx5 (abgerufen am 25.1.2016).

Panama1 Nachrichten aus Lateiname-rika: Panama. bit.ly/1TzTGYI (abgerufen am 1.3.2016).

2 Staehelin, K. (2015): Seit je eine Drehscheibe. Neue Zürcher Zeitung, 24.10.2015. bit.ly/23HgX0e (abgerufen am 1.3.2016).

3 Vgl. Endnote 1.

4 World Bank. World Development Indicators. bit.ly/1RX4a9y (abgerufen am 2.3.2016).

5 Index der Studie; ECLAC (2016): Preliminary Over-view of the Economies of Latin America and the Caribbean 2015. Country Note Panama. bit.ly/1VT3KlE (abgerufen am 1.3.2016).

6 Autoridad del Canal de Panamá (2014): Informe Annual 2014. bit.ly/1OhzgYb (abgerufen am 1.3.2016).

7 Auswärtiges Amt (2015): Länderinformationen. Panama. Wirtschaft. bit.ly/21WdUSv (abgerufen am 1.3.2016).; Deutsch Panamaische Indus-trie- und Handelskammer (o.J.): Investieren in Panama. bit.ly/1TQn27V (abgerufen am 1.3.2016).

8 Directorio de la Zona Libre de Colón. La Zona Libre de Colón. bit.ly/1WptJBV (abgerufen am 1.3.2016).

9 World Trade Organization (2014): Trade Policy Review. Panama. Report by the Secretariat. bit.ly/21Wu9ix (abgerufen am 10.5.2016).

10 Vgl. Endnote 7.11 International Labour Organization. Key Indicators of the Labour Market, 9. Edition. 12 Vgl. Endnote 4.13 The Economist Intelligence Unit (2015): Decentralisation law is passed. 12.11.2015. bit.ly/1TzTWqz (abgerufen am 26.2.2016).14 Latin Trade (2013): Panama. The Challenges Ahead. bit.ly/27dpXig (abgerufen am 26.2.2016).15 Vgl. Endnote 9.16 UN Desa (2015): World Po-pulation Prospects. The 2015 Revision. bit.ly/1RXbO3Q (abgerufen am 24.2.2016).17 Vgl. Endnote 5(1).18 OECD (2015): Latin Ameri-ca Economic Outlook 2015. 19 Vgl. Endnote 5(1).20 OECD (2010): PISA 2009 Ergebnisse. Zusammenfas-sung. 21 Vgl. Endnote 14.

Kuba1 Kunzmann, M. (2014): Vereinte Nationen zeichnen kubanisches Bildungssystem aus. Amerika21, 21.2.2014. bit.ly/1WoOmgT (abgerufen am 3.5.2016).2 Index der Studie3 World Bank. World Develop-ment Indicators. bit.ly/1RX4a9y (abgerufen am 2.5.2016).4 Vgl. Endnote 2.5 UNDP (2015): Human Development Report 2015. Work for Human Develop-ment. New York.6 Ruta, Ch. (2012): Große Wohnungsnot auf Kuba. Deutsche Welle, 16.12.2012. bit.ly/27dqnoQ (abgerufen am 10.5.2016).7 Auswärtiges Amt (2016): Länderinformationen Kuba. Wirtschaft.

bit.ly/24NJ2Zy (abgerufen am 10.5.2016).8 Vgl. Endnote 2.9 Wittgenstein Centre for Demography and Human Capital (2015): Wittgenstein Centre Data Explorer. Version 1.2 2015. Wien. Online: bit.ly/1RzF1Qn (12.1.2016).

Venezuela1 Tagesschau.de 07.04.2016: Energiekrise in Venezuela: Strom sparen mit Zwangs-urlaub. bit.ly/1WpujPV (abgerufen am 5.5.2016).2 BP (2015): BP Statistical Review of World Energy June 2015. on.bp.com/1rURGUd (abgerufen am 1.3.2016). 3 Werner, A. (2016): Latin America and the Caribbean in 2016: Adjusting to a Harsher Reality. IMF direct 22.1.2016. bit.ly/1NqrNG3 (abgerufen am 4.5.2016).; Banco Central de Venezuela (2016): Resultados del índice nacional de precios al consumidor, produto interno bruto y balanza de pagos. bit.ly/27dqW1S (abgerufen am 4.5.2016).4 Konrad-Adenauer-Stiftung (2016): Der Letzte macht das Licht aus. Dramatische Wasser- und Strom-krise in Venezuela. KAS Länderbericht März 2016. Venezuela.5 Hoffmann, A. M./Mijares, V. M./Schenoni, L. (2015): Die Krise in Venezuela – Prüf-stein für die UNASUR. GIGA Focus Lateinamerika 3/2015. 6 Konrad-Adenauer-Stiftung (2016): Venezuela in Not. Steht ein reformloser Ab-schied von Maduro bevor? KAS Länderbericht, Februar 2016. Länderbüro Venezuela.7 Haule, E. (2016): Oppositi-on in Venezuela stellt „Road-map“ für Regierungswechsel vor. Amerika21 10.3.2016. bit.ly/1sd637b (abgerufen am 4.5.2016).

8 Balteo Yazbeck, C.B./Fernández Temes, M. (2010): Venezuela: Lektüre eines geteilten Landes. Aus Politik und Zeitgeschichte, 41-42/2010.9 Haidt, E. (2016): Das real existierende Venezuela schmiert ab in die Hyper-inflation. Finanzen100.de, 26.2.2016. bit.ly/1WoQzce (abgerufen am 4.5.2016).10 Vgl. Endnote 9.11 Vgl. Endnote 3(2).; Banco Central de Venezuela (2016): BCV: Inflación acumulada de 2015 cerró en 180,9% y PIB se contrajo un 5,7%. Panorama.com.ve, 8.5.2016. bit.ly/27dqW1S (abgerufen am 4.5.2016).

Kolumbien1 Red Nacional de Informa-ción (2016): Registro Único de Víctimas (RUV). Stand: 1.2.2016. bit.ly/1USv56x (abgerufen am 18.3.2016).2 The Economist (2015): The promise of peace. Special report: Colombia. 31.10.2015. econ.st/1USv7v5 (abgerufen am 15.3.2016).; Wald, N. (2014): Gewaltsame Vertreibung beeinträchtigt die Gesundheit von Kindern in Kolumbien. DIW Wochen-bericht Nr. 46-2014. 3 Kurtenbach, S./Lutscher, Ph. (2015): Kolumbien – den Frieden gewinnen. GIGA Focus, Nr. 6, 2015.4 CERAC/UNDP (2014): ¿Qué Ganará Colombia con la Paz? bit.ly/1TGOO3G (abgerufen am 10.5.2016).5 World Bank (2015): Colombia – Systematic Country Diagnostic. bit.ly/1VT5k70 (abgerufen am 15.3.2016).6 World Bank. World Development Indicators. bit.ly/1RX4a9y (abgerufen am 15.3.2016).7 The Economist (2015): The promise of peace. Special re-port: Colombia. 31.10.2015.

8 Vgl. Endnote 5.9 Departamento Administra-tivo Nacional de Estadística (2015): Principales Indicato-res Del Mercado Laboral. bit.ly/1TRc7KV (abgerufen am 10.5.2016).10 Vgl. Endnote 5.11 Index der Studie.12 Red Nacional de Informa-ción (2016): Víctimas de conflict armado. Personas afectades por año. Homicidio y Secuestros. Stand: 1.2.2016. (abgerufen am 18.3.2016).13 The Economist (2015): The promise of peace. Special re-port: Colombia. 31.10.2015.14 Minicomercio Industria y Turismo (2015): Colombia superó la meta de 4 millones de turistas extranjeros en 2014. bit.ly/1sdiWhE (abgerufen am 10.5.2016).15 OECD (2015): OECD Econo-mic Survey – Colombia. 16 Germany Trade&Invest (2015): Wirtschaftstrends kompakt. Jahreswechsel 2015/18. Kolumbien.17 Germany Trade&Invest (2014): Wirtschaftsstruktur und -chancen. Kolumbien. 18 Schwab, K. (2015): Global Competitiveness Report 2014-2015. World Economic Forum. Genf.19 OECD (2015): Colombia – Policy Priorities for Inclusive Development. 20 Naucke, Ph./Maihold, G. (2015): Kolumbiens Weg zum Frieden. SWP-Aktuell 50, Mai 2015.

Ecuador1 Ghosh, J. (2012): Could Ecuador be the most radical and exciting place on Earth? In: The Guardian, 19.1.2012. bit.ly/1T5P9xB (abgerufen am 5.5.2016).2 Wolff, J. (2008): Zur jüngs-ten Geschichte Ecuadors. Dossier Lateinamerika.

Bundeszentrale für politische Bildung. bit.ly/1OhEiDT (abgerufen am 5.5.2016).3 Germany Trade&Invest (2014): Wirtschaftsentwick-lung Ecuador 2013. bit.ly/1NqsNKl (abgerufen am 5.5.2016)., Wolff, J. (2003): Dollarisie-rung Ecuadors – Eine Fallstu-die. Quetzal, Online-Magazin. bit.ly/1TzUZ9S (abgerufen am 6.5.2016).4 World Bank. World Development Indicators. bit.ly/1RX4a9y (abgerufen am 5.6.2016).5 Weck, W./Landín, C. (2014): Das „Gute Leben“ und die „Soziale und solidarische Wirtschaft“ in Ecuador. KAS Auslandsinformationen 1/2014, S. 58-85. 6 Vgl. Endnote 1.7 Vgl. Endnote 5.8 Index der Studie9 Auswärtiges Amt (2016): Länderinformation Ecuador. Wirtschaft. Überblick. Stand März 2016. bit.ly/1T5PvEs (abgerufen am 5.5.2016).10 Lateinamerika Verein e.V. (2016): Lateinamerika. Rückblick 2015 und Ausblick 2016.11 Buttkereit, H. (2015): Rafael Correa will in Ecua-dor 2017 nicht mehr zur Wahl antreten. Amerika 21, 21.11.2015. bit.ly/1WpwRh2 (abgerufen am 5.5.2016).; Vgl. Endnote 9.12 Fuchs, M. (2014): „2016 wird Ecuador nicht mehr von fossilen Brennstoffen abhän-gig sein“. Interview mit dem Botschafter der Republik Ecuador S.E. Jorge Jurado. Diplomatisches Magazin, Dezember 2014. 13 Hanano, R. (o.J.): Ecuador – Ein Überblick. RESET-Redak-tion. bit.ly/1T5PAYN. (abgerufen am 6.5.2016).14 Crncic, Z. (2014): Wenn Wachstum zum Streitpunkt wird. Neo-Extraktivismus als Entwicklungsmodell? WeltTrends, Nr. 97, S. 53-61.

15 Vgl. Endnote 10.16 Germany Trade&Invest (2014): Wirtschaftsentwick-lung Ecuador 2013. bit.ly/1NqsNKl (abgerufen am 5.5.2016).17 Vgl. Endnote 9.18 Vgl. Endnote 10.19 Vgl. Endnote 4.

Peru1 Moßbrucker, G./Moßbru-cker, H. (2008): Die Ära der „Antipolitik“. Politische Geschichte Perus 1990 bis 2006. Bundeszentrale für politische Bildung. Dossier Lateinamerika. bit.ly/1qdCv7o (abgerufen am 15.3.2016).2 Weltbank. World Development Indicators. bit.ly/1RX4a9y (abgerufen am 16.3.2016).3 Vgl. Endnote 1.4 Vgl. Endnote 1.5 Vgl. Endnote 2.6 National Institute of Statistics (2015), zitiert in OECD (2015): Multi- dimensional Review of Peru. Volume 1. Initial Assessment. OECD Development Pathways. Paris.7 OECD (2015): Multi- dimensional Review of Peru. Volume 1. Initial Assess-ment. OECD Development Pathways. Paris.8 Vgl. Endnote 7.9 The Wall Street Journal (2014): Peru’s economic woes echo Latin America’s. 9.10.2015.10 Index der Studie. 11 International Labour Organization. Key Indicators of the Labour Market, 9. Edition. 12 OECD (2014): Latin Ame-rican Economic Outlook. Country Notes. Peru.13 The Economist (2013): Hold on tight. Peru’s roaring economy. 2.1.2013.

econ.st/27dtXz7 (abgerufen am 14.3.2016).14 Vgl. Endnote 7.15 Vgl. Endnote 12.16 Vgl. Endnote 7.17 The Economist (2014): Divide and bribe. Corruption and political fragmentation threaten Peru’s democracy. 11.10.2014. econ.st/1X0M5HG (abgerufen am 14.3.2016).18 UNODC (2015): World Drug Report 2015. New York.19 Jones, S. (2014): Peru’s drive to stamp out people trafficking undermined by high growth. The Guardian, 22.12.2014. bit.ly/24L5sXP (abgerufen am 14.3.2016).20 Vgl. Endnote 10.21 Willig, R./Strobel, M. (2015): Schwarzer Oktober für Präsident Humala. Konrad-Adenauer-Stiftung. Büro Lima. bit.ly/1sd9NWa (abgerufen am 17.3.2016).

Bolivien1 Oehrlein, J. (2006): Des Präsidenten neuer Pulli. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.1.2006. bit.ly/24L5I9n (abgerufen am 10.3.2016).; Boddenberg, S. (2015): Unverständnis in deutscher Presse für soziale Bewegung in Bolivien. Amerika21, 24.10.2015. bit.ly/1sda0bT (abgerufen am 4.2.2016).2 AG Friedensforschung (o.J.): Zeitenwende in Lateiname-rika. Boliviens Präsident Evo Morales macht Ernst und verstaatlicht die Erdgas- und Erdölreserven des Landes. Berichte und Kommentare. bit.ly/23HmtQy (abgerufen am 10.3.2016).3 Zeit Online (2015): Bolivi-ens Staatschef Morales feiert Rekordamtszeit in Süd-amerika. bit.ly/1qdDdBH (abgerufen am 10.3.2016).; Bolivian.com (o.J.): Presidentes de Bolivia. bit.ly/1TELpm7 (abgerufen am 10.3.2016).

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4 Ströbele-Gregor, J. (2010): Demokratische Revolution in Bolivien? Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ): Re-volutionen in Lateinamerika, Nr. 41-42, 2010.; Hölscher, K. (2009): Boliviens neue Verfassung: Spaltung trotz Einigung?. Kurzberichte aus der internationalen Zusammenarbeit. Fried-rich-Ebert-Stiftung, Bolivien. bit.ly/1sdaper (abgerufen am 11.3.2016).5 Flesken, A. (2015): Bolivien. Vom sinkenden Stellenwert indigener Politik. GIGA Fokus. Nr. 1/2015.6 Ziegler, J. (2009). Der Hass auf den Westen. Wie sich die armen Völker gegen den wirtschaftlichen Weltkrieg wehren. 3. Auflage. München.7 Behrens, PA. (2006): Die „Verstaatlichung“ der boli-vianischen Erdgasindustrie. Ein Etikettenschwindel. KAS Länderbericht. November 2006. La Paz. 8 Vgl. Endnote 6.9 Index der Studie.10 Vgl. Endnote 6.11 World Bank. World Development Indicators. bit.ly/1RX4a9y (abgerufen am 8.3.2016).12 Vgl. Endnote 6.13 Vgl. Endnote 11.14 Vgl. Endnote 11.; Beutler, B. (2014): UNESCO erklärt Bolivien frei von Analpha-betismus. Amerika21, 26.7.2014. bit.ly/1rG6upW (abgerufen am 21.3.2016).15 Rissler, J. (2014): Länder-bericht Bolivien. Morales zum dritten Mal im Amt be-stätigt. Lateinamerika Verein e.V.. Wirtschaftsvereinigung für Lateinamerika. 17.10. 2014. bit.ly/1TzVCAx (abgerufen am 10.5.2016).16 Spiegel online (2015): 1400 Kabinen: Bolivien bekommt Rekord-Seilbahn. 22.7.2015. bit.ly/1T5QZ1k (abgerufen am 8.3.2016).17 Vgl. Endnote 9.

18 International Labour Organization. Key Indicators of the Labour Market, 9. Edition. 19 Vgl. Endnote 9.20 UN Desa (2015): World Population Prospects. The 2015 Revision. bit.ly/1RXbO3Q (abgerufen am 9.3.2016).21 Ogawa, S. (2015): Bolivia faces challenges of adapting to lower commodity prices. International Monetary Fund, Western Hemisphere Department, 18.12.2015. bit.ly/1OhH1xa (abgerufen am 8.3.2016).22 Vgl. Endnote 9.23 Käss, S./Beese, H. (2010): Unruhiges Bolivien. KAS Länderbericht. La Paz.24 Estado Plurinacional de Bolivia, Instituto Nacional de Estadística (2015): Censo de Población y Vivienda 2012. Bolivia. Características de la población. La Paz.25 Auswärtiges Amt (2015): Bolivien. bit.ly/1USy3YE (abgerufen am 9.3.2016).26 Schoepp, S. (2016): Der Saubermann wankt. Sueddeutsche.de, 19.2.2016. bit.ly/1NqtW4l (abgerufen am 11.3.2016).27 Vgl. Endnote 4(1).; Beutler, B. (2014): Der Wundertäter. der Freitag, 7.10.2014. bit.ly/222ae1w (abgerufen am 11.3.2016). 28 Hedrich, M./Englert, F. (2015): Bolivien. Machterhalt mit fast allen Mitteln!? KAS Länderbericht. La Paz. 29 Evo Morales (2016). In: Encyclopædia Britannica. bit.ly/1X0NEFD (abgerufen am 10.3.2016)30 Vgl. Endnote 11.

Brasilien1 Glüsing, J. (2015): Wirt-schaftlicher Abstieg Brasili-ens: Jesus Maria…. In: Spiegel online, 14.10.2015.

bit.ly/1TEMslR (abgerufen am 10.5.2016).2 World Bank, World Development Indicators. bit.ly/1T5LwYm (abgerufen am 24.2.2016).3 The Economist (2016): Brazil’s fall. Disaster looms for Latin America’s biggest economy. econ.st/1TEMw5f (abgerufen am 24.2.2016).4 The Economist Intelligence Unit Limited (2015): Growth in an uncertain environment: The outlook for Latin Ameri-ca. A special report from The Economist Intelligence Unit. London/New York/Hong Kong/Geneva.5 Rau, O.T. (2012): Ein Schwellenland als Global Player. Die Außen- und Wirtschaftspolitik Brasiliens. CGS – Discussion Paper 7, Dezember 2012. Bonn. 6 UN Desa (2015): World Po-pulation Prospects. The 2015 Revision. bit.ly/1RXbO3Q (abgerufen am 2.3.2016).7 OECD (2015): OECD Economic Surveys. Brazil. Overview. November 2015. bit.ly/1USyAtA (abgerufen am 4.3.2016).8 OECD (2016): Industrial production (indicator). bit.ly/1Nqu97R (abgerufen am 7.3.2016).9 Greve, J. (2010): Brasilien: Lula forever? Blätter für deutsche und internationale Politik, 10/2010.10 Index der Studie.11 Vgl. Endnote 2.12 Flemes, D. (2007): Brasilien. Regionalmacht mit globalen Ambitionen. GIGA Focus, 6/2007. Hamburg.13 Vgl. Endnote 7.14 Vgl. Endnote 3.15 Vgl. Endnote 10.16 International Labour Organization. Key Indicators of the Labour Market, 9. Edition. 17 Vgl. Endnote 7.

Krise. HSFK Standpunkte. Nr. 5, 2003.

Chile1 Index der Studie.2 World Bank. World Development Indicators. bit.ly/1RX4a9y (abgerufen am 02.03.2016).3 Vgl. Endnote 1.4 UN Desa (2015): World Po-pulation Prospects. The 2015 Revision. bit.ly/1RXbO3Q (abgerufen am 2.3.2016).5 Vgl. Endnote 4.6 OECD (2012): OECD Pensi-ons Outlook 2012. Paris.7 Rois, G. (2005): Enhancing the Success of the Chilean Pension System. In: A Quarter Century of Pension Reform in Latin America and the Caribbean. Inter American Development Bank. Washington. 8 Soto, M. (2007): The Chilean pen-sion reform: 25 years later. Pensions 12, 98-106.9 OECD (2008): Latin American Economic Outlook 2008. Paris.10 Vgl. Endnote 1.11 GfK Haushaltsbefragung Chile.12 Ministry of Finance/Gobierno de Chile (2016): Macroeconomic Indicators. bit.ly/1TaLhNT (abgerufen am 2.3.2016).13 Internationaler Währungs-fonds (2015): World Economic Outlook Database. Washington DC.14 OECD (2015): OECD Econo-mic Surveys Chile. November 2015. Overview. Paris.15 Zelaya, V.J. (2015): Chile’s Educational Reform: The Struggle Between Nationa-lization and Privatization. Pepperdine Policy Review, Vol. 8, Article 7. 16 Vgl. Endnote 4.17 Vgl. Endnote 2.

18 OECD (2010): Strong Performers and Successful Reformers in Education: Lessons from PISA for the United States. Kapitel 8. Brazil: Encouraging Lessons from a Large Federal System. OECD Publishing.19 Vgl. Endnote 10.20 Vgl. Endnote 3.21 Vgl. Endnote 7.22 Vgl. Endnote 10.23 OECD (2015): OECD Environmental Performance Reviews: Brazil 2015.

Argentinien1 La Nación (2015): Eleccio-nes 2015: mapa interactivo de resultados del ballottage por provincia, por municipio y por comuna. Online-Ausga-be vom 22.11.2015. bit.ly/1qdzYtQ (abgerufen am 8.12.2015).2 Bodemer, K. (2011): Das ar-gentinische Hegemoniepro-jekt „K”: Von Erfolg zu Erfolg. GIGA Focus Lateinamerika 11.Hamburg. bit.ly/1ZES9EQ (abgerufen am 10.12.2015). 3 The Economist (2015): The end of populism. Mauricio Macri’s victory could trans-form his country and the region Online Ausgabe vom 28. November 2015. econ.st/1OhBLJW (abgerufen am 8.12.2015).4 OEA (2012): Migración in-ternacional en las Américas. Segundo Informe del Sistema Continuo de Reportes sobre Migración Internacional en las Américas (SICREMI). 2012. Washington DC. 5 GfK-Haushaltsbefragung Argentinien.6 Vgl. Endnote 2.7 Hanns Seidel Stiftung (2013): Politischer Sonder-bericht Argentinien. 5. April 2013. bit.ly/27drvsB (abgerufen am 11.12.2015). 8 Index der Studie

9 Wollrad, D. (2015): Die Karten werden neu gemischt – Argentinien im Wahlkrimi. Perspektive Friedrich-Ebert Stiftung. bit.ly/1OhBZ3y (abgerufen am 11.12.2015).10 UNCTAD (2016): UNC-TADSTAT. General Profile. Argentina. bit.ly/1Onrir0 (abgerufen am 29.2.2016).11 World Bank. World Development Indicators. bit.ly/1RX4a9y (abgerufen am 10.12.2015).12 El País (2014): Standard & Poor‘s declara a Argen-tina en „default selectivo“. Online-Ausgabe vom 30.Juli 2014.bit.ly/1TzUzAr (abgerufen am 07.12.2015).13 Deutsche Welle (2016): Argentinien einigt sich mit Hedgefonds. 29.2.2016. dw.com/p/1I4Tu (abgerufen am 11.3.2016).14 Bertelsmann Stiftung (2014): Transformation Index BTI 2014. Argentina Country Report. Gütersloh. bit.ly/1N4Mz8j (abgerufen am 3.12.2015).15 Instituto Nacional de Esta-tistica y Censos (2015): Linea de pobreza. bit.ly/23HjFTg (abgerufen am 10.12.2015).16 Universidad Católica Argentina (2015): Progresos sociales, pobrezas estruc-turales y desigualdades persistentes. bit.ly/1NqshvI (abgerufen am 13.12.2015). 17 GfK-Haushaltsbefragung Argentinien. 18 Vgl. Endnote 10.19 Svampa, M. (2014): Land-nahme für den Fleischteller. Debatten und Alternativen zum Modell des Agrobu-siness in Argentinien. In: Heinrich-Böll-Stiftung (2015): Jenseits des Raub-baus. Lateinamerikanische Alternativen zum Extrak-tivismus. Perspectivas Lateinamerika, Ausgabe 1, 2015. Berlin.; FAO (2016): Statistic Division. FAOstat. bit.ly/1WoRxoL (abgerufen am 11.3.2016).

20 Auswärtiges Amt (2015): Wirtschaft Argentinien. Stand Oktober 2015. bit.ly/1QYvFsn (abgerufen am 3.3.2016).21 Ministerio de Relaciones Exterios y Culto/Invierta en Argentina (2015): Industria Automotriz. bit.ly/1ZEU8ZX (abgerufen am 13.12.2015).22 Germany Trade&Invest (2015): Branchenbarometer. Amerika Automobilindustrie. Stand Juli 2015. bit.ly/1OhDv5Y (abgerufen am 14.12.2015).23 Vgl. Endnote 7.24 Wittgenstein Centre for Demography and Global Human Capital (2015): Popu-lation Size by Education. bit.ly/1RzF1Qn (abgerufen am 14.12.2015).25 Oelsner, V. (2015): Das Bildungssystem Argenti-niens unter besonderer Berücksichtigung der histo-rischen Entwicklung in der beruflichen Ausbildung. In: Oelsner, Verónica/Richter, Claudia (Hrsg.): Bildung in Lateinamerika. Strukturen, Entwicklungen, Herausforde-rungen. Münster. S.41-62. 26 Invest in Argentina/ Ministry of Foreign Affairs and Worship (2015): Bio technology in Argentina Applied science for the world. bit.ly/27dsCZl (abgerufen am 14.12.2015).27 Vgl. Endnote 11.28 Wesemann, K./Schlieren-zauer, D./Raith, A. (2014): Kontrollierte Marktwirt-schaft. KAS Länderbericht, September 2014. Länder-büro Argentinien.29 Vgl. Endnote 11.30 Vgl. Endnote 8.31 Vgl. Endnote 11.32 Vgl. Endnote 9.33 Hessische Stiftung Frie-dens- und Konfliktforschung (2003): Argentinien nach der

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++++ Lateinamerikas Wirtschaft am Tropf des asiatischen Aufschwungs +++ weiße US-Amerikaner bald in der Minderheit +++ Kanada ist der Musterschüler im Norden des Kontinents +++ Panamas Wirtschaft wächst am schnellsten +++ Aussicht auf Frieden weckt in Kolumbien Hoffnung auf wirtschaftlichen Aufschwung +++ Costa Rica die älteste Demokratie Lateinamerikas +++ verpasste Chancen in Brasilien +++ Venezuelas sozialistisches Experiment ist gescheitert +++ Kubas Bevölkerung altert schnell +++ eine neue Chance für Argentinien +++ Fortschritt auf wackligem Boden in Bolivien +++ Chile ist Lateinamerikas Vorzeigeland +++ Mexiko weiterhin die Werkbank der USA +++ erneuter Regierungswechsel in Peru +++ Guatemala vor einem demografischen Bonus +++ Sorgenkind Haiti +++Ecuador zwischen Ölabhängigkeit und dem Prinzip des „Guten Lebens“+++


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