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Altwerden und Altsein in der Schweiz - insos.ch · Obesitas- und Diabetesprävalenz (%) USA 2001...

Date post: 19-Aug-2019
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Altwerden und Altsein in der Schweiz Demographischer und gesellschaftlicher Wandel und die psychosozialen Folgen Prof. Dr. Pasqualina Perrig-Chiello
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Altwerden und Altsein in der Schweiz

Demographischer und gesellschaftlicher Wandelund die psychosozialen Folgen

Prof. Dr. Pasqualina Perrig-Chiello

P. Perrig-Chiello

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Übersicht

> Demographische und gesellschaftliche Veränderungen>

> Alt werden in einer Anti-ageing Gesellschaft

> Ungleiche Bedingungen: Bildung, Geschlecht

> Pflegebedürftigkeit im Alter - eine spezielle Herausforderungfür die intergenerationellen Beziehungen

P. Perrig-Chiello

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Übersicht

> Demographische und gesellschaftliche Veränderungen

> Alt werden in einer Anti-ageing Gesellschaft

> Ungleiche Bedingungen: Lebenslaufperspektive, Gender

> Pflegebedürftigkeit im Alter - eine spezielle Herausforderungfür die intergenerationellen Beziehungen

P. Perrig-Chiello

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Langlebigkeit

� Das 4. Alter als Herausforderung: Resilienz versus Gebrechlichkeit

� Veränderung der Geschlechterverhältnisse: das Alter ist weiblich

Mehrgenerationengesellschaft

� Verhältnis zwischen den Generationen - Solidarität und AmbivalenzFamiliale Pflegeleistungen werden in unserem Landeerwartet - wer wird künftig zuständig sein?

Individualisierung - Wertepluralismus

� Singularisierung? Einsamkeit?

� Bedeutung von Autonomie, Selbstwirksamkeit, Selbstverantwortlichkeit

Demographische und

gesellschaftliche Veränderungen

P. Perrig-Chiello

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P. Perrig-Chiello

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Lebenserwartung undLebenserwartung in Gesundheit(WHO 2008)

Männer Frauen

Schweiz

Lebenserwartung 79 84

LE in Gesundheit 71 75 (1992: 63) (1992: 65)

LE in GesundheitDeutschland 70 74

USA 67 71

Quelle: WHO, The World Health Report

P. Perrig-Chiello

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Übersicht

> Demographische und gesellschaftliche Veränderungen

> Alt werden in einer Anti-ageing Gesellschaft

> Ungleiche Bedingungen: Lebenslaufperspektive, Gender

> Pflegebedürftigkeit im Alter - eine spezielle Herausforderungfür die intergenerationellen Beziehungen

P. Perrig-Chiello

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Für Alte sind wir immer noch nichtgerüstet

Die Gründe:

> Der demographische Wandel hat uns überrannt. Die Gesellschafthat diesen verschlafen.

> Am meisten überrascht wurden die Alten selber (plötzlich waren siealt, sehr alt) - sie sind die erste Generation, die so alt wird.

> Aufgrund der Sozialisierung hat die heute alte Generation nichtgelernt, sich aktiv einzubringen und ihre Rechte einzufordern. DieMehrheit der Alten sind zudem Frauen - eine schweigende Mehrheit.

> Es fehlen weitgehend altersgerechte Infrastrukturen

> Aber auch die Wissenschaft hinkt der demographischen Realitäthinten nach.

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Alt werden in einer Anti-ageing Gesellschaft

Unsere Gesellschaft hat immer noch keine Alterskultur.

> Das Alter ist mit x-negativen Vorurteilen behaftet (Anti-Ageing).

> In einer Gesellschaft, wo Jugendlichkeit - sprich Effizienz, Mobilität,Tempo, etc. - der Referenzpunkt ist, haben alte Menschen esschwer, sich einzubringen.

> Die Generationen haben kaum Wissen voneinander - von denÄltesten am allerwenigsten. Unwissen ist Nährboden für Vorurteile.

P. Perrig-Chiello

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Übersicht

> Demographische und gesellschaftliche Veränderungen

> Alt werden in einer Anti-ageing Gesellschaft

> Ungleiche Bedingungen: Bildung, Geschlecht

> Pflegebedürftigkeit im Alter - eine spezielleHerausforderung für die intergenerationellenBeziehungen

P. Perrig-Chiello

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Ungleiche Chancen

Lebenszufriedenheit variiert nach Einkommen

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Ungleiche ChancenGesundheit variiert nach BildungObesitas- und Diabetesprävalenz (%) USA 2001 (JAMA 2003;289:76)

%

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Ungleiche ChancenGesundheit variiert nach Geschlecht

Ein Paradoxon:

Frauen leben länger und leben gesundheitsbewusster – und dennochhaben sie eine höhere Beschwerdelast und eine höhereMorbiditätsrate als Männer.Sie haben häufiger psychosomatische Diagnosen und werdeninsbesondere mit Psychopharmaka übermedikalisiert.

Männer: haben eine kürzere Lebenserwartung, leben aber wenigergesundheitsbewusst und leben risikoreicher als Frauen. Sie habenaber eine geringere Beschwerdelast und eine tiefere Morbiditätsrateals Frauen.

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Ungleiche Chancen

Medikamentenkonsum variiert nach Alter und..

Täglicher Konsumwährend der letzten 7 Tage

Schweiz.

Gesundheitsbefragung 2002

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Medikamentenkonsum variiert nach Alterund Geschlecht

Beruhigungsmittelkonsum

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Suizid variiert nach Geschlecht und Alter

Quelle: BFS, Todesstatistiken 2000/pro 100‘000

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Ungleiche Chancen

Kognitiver Status im Alter variiert nach Bildung

Mortimer und Graves (1993): „ Bildung schützt vor Demenz“In verschiedene Studien wurde ein Zusammenhang zwischen DAT

(Alzheimer) und tiefer Bildung beobachtet (Brasilien, China, Italien,Frankreich, Israel, USA)

- Je höher das Bildungsniveau, desto langsamer die Abnahme derkognitiven Leistungsfähigkeit

Protektive Faktoren nach Schaie et al. (2004)— Abwesenheit von kardiovaskulären oder chronischen Krankheiten— günstige Umweltbedingungen und Einbindung in einer komplexen und

intellektuell stimulierenden Umgebung— flexible Persönlichkeit im mittleren Alter— hoher kognitiver Status des Ehepartners— Lebenslange mentale Stimulation, hat Auswirkung auf neuronales

Wachstum

Schaie, K. W., Willis, S. L., & Caskie, G. I. L. (2004) Seattle longitudinal Study

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Ungleiche Chancen

Frühkindliche negative Erfahrungen

�Adipositas �Suizidalität�Kardiovaskuläre Erkrankungen�Substanzmissbrauch�Affektive Störungen�Schlafstörungen

Anda RF, Felitti VJ, et al.: Eur Arch Psychiatry Clin Neurosci

2006;256(3):174-86.

Adverse childhood experience

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Übersicht

> Demographische und gesellschaftliche Veränderungen (6folien)

> Alt werden in einer Anti-ageing Gesellschaft (6 folien)> Ungleiche Bedingungen: Lebenslaufperspektive, Gender (6

folien)> Pflegebedürftigkeit im Alter: Eine spezielle

Herausforderung für die intergenerationellen BeziehungenGenerationensolidarität in der Schweiz

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Anteil Personen mit Spitexleistungen

2Quelle: Schweiz. Gesundheitsbefragung 2002

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Ursachen der Pflegebedürftigkeit im Alter

> Krankheiten, oft kombiniert, z.B.

- Demenz- Stürze und Frakturen- Erkrankungen des Bewegungsapparats- cerebro-vaskuläre Erkrankung- Herz-Kreislauferkrankungen- psychische Erkrankungen

> Bedeutung von individuellen Coping-Strategien

> Bedeutung der sozialen und physischen Umgebung

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Spitex-Leistungen: Nachfrage 2005-2040

> Bei linearer Projektion von Gesundheitszustand und Nachfrage nachLeistungen verdoppelt sich die Zahl der Personen mit Spitexleistungenfast von 110�000 auf 210�000.

> Die Zahl der Personen in sozialmedizinischen Einrichtungen verdoppeltsich von 80�000 auf 160�000.

> Der Anteil der abhängigen, älteren Personen in der Gesamtbevölkerungsteigt von 2.7 auf gegen 5%.

> Aber: grosse Unterschiede bei Nachfrage und Leistungsangebotzwischen den Kantonen. Verschiedene Versorgungsmodelle bestehen.

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Familiale Pflege - eine weiblicheAngelegenheit

- Das Altern der eigenen Eltern ist für die nachfolgendeGeneration vielfach ein einschneidendes Erlebnis (Filiale Krise).

- Frauen übernehmen 71% der informellen Pflegeleistungeninnerhalb des Haushalts, und 85% der informellenPflegeleistungen ausserhalb des Haushalts.

- Nicht wenige 40-60-Jährige (vor allem Frauen) erleben einenzweiten beruflich-familialen Vereinbarkeitskonflikt.

- Pflegebedürftigkeit alter Eltern führt zu oft ambivalent erlebtenRollenumkehrungen (alte Eltern müssen von ihren ‚Kindern�gepflegt werden).

- Hidden Patients

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„Care Arrangements“und politische Stile in der SchweizNFP52, Projekt Braun (2007)

> Vielfalt der politischen und sozialen „Care Arrangements“ in der Schweiz

> Wer betreut alte pflegebedürftige Menschen? Wer trägt dafür dieVerantwortung? Und wer finanziert diese Leistungen?

> - Erfassung der schweizerischen Debatten und Initiativen der letzten 30Jahren rund um dieses Thema. - Fragebogenerhebung das Betreuungsangebot in sechs Schweizer

Städten (Basel, Frauenfeld, Freiburg, Genf, Lugano und Siders): 600Hauptakteure und Fachleute aus Politik, Verwaltung und Verbänden.

> Ergebnisse: in der Schweiz wird - im internationalen Vergleich - nach wievor eine diskrete und unbürokratische Hilfeleistung des Sozialstaatsbevorzugt. Dabei wird Betreuungsarbeit von Frauen erwartet und geleistet,mit der Konsequenz, dass die soziale Dimension der Betreuung vonUnterstützungsbedürftigen auf nationaler Ebene unterschätzt wird.

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„Care Arrangements“und politische Stile in der SchweizNFP52, Projekt Braun (2007)

Auf lokaler Ebene sind vielfältige Angebotsformen vorhanden. Diese Angeboteorientieren sich hauptsächlich an drei unterschiedlichen Basismodellen:

> 1. Modell (Genf, Basel und Freiburg) begünstigt der Staat innovativeAnsätze und eine gezielte „Deinstitutionalisierung“. Dieses Modellberücksichtigt die Pluralität der Gesellschaft mit ihren vielfältigenAnsprüchen und unterstützt aktiv Initiativen von Verbänden.

> 2. Modell (Lugano und Siders) kombiniert die traditionelle innerfamilialeBetreuung mit staatlichen Massnahmen.

> 3. Modell (Frauenfeld) überlässt die Betreuungsaufgaben weitgehend demprivaten oder kommerziellen Bereich.

Das offene Modell, wie es in Basel, Genf und Freiburg praktiziert wird, istdasjenige, das den aktuellen Bedürfnissen am ehesten gerecht wird.

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Aspekte der Lebensqualität Anzahl Länder, die denAspekt prioritär erwähnthaben

Soziale Beziehungen 17

Gesundheit 17

Unabhängigkeit 17

Finanzielle Mittel 17

Respekt /Anerkennung 17

Freizeit, Hobbies 15

Aktivitäten des täglichen Lebens 14

Gesellschaftliche Partizipation 13

Soziale & medizinische Unterstützung 11

Gute Wohnbedingungen 10

Mobilität 9

Kriterien der Lebensqualität aus der Sicht von

Betagten aus 17 Ländern

Z. f. G.G., 2003

P. Perrig-Chiello

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1) INFORMATION: Die Stärken des Alters müssen in der Öffentlichkeitdeutlicher thematisiert werden.

2) PARTIZIPATION: Weniger Politik für alte Menschen, mehr Politik mit

älteren Menschen.

3) SELBSTVERANTWORTLICHKEIT: GesellschaftlicheRandbedingungen sind nicht einfach Schicksal, sondern eineHerausforderung an alle Generationen, etwas zu verändern.

Abschliessendes Votum

"Die Zukunft, die wir wollen, muss noch erfunden werden,

sonst kriegen wir eine, die wir nicht wollen.“

Joseph Beuys

P. Perrig-Chiello

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www.nfp52.ch


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