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Althochdeutsche Sprache und Literatur (Eine Einführung in das älteste Deutsch. Darstellung und...

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Page 1: Althochdeutsche Sprache und Literatur (Eine Einführung in das älteste Deutsch. Darstellung und Grammatik) || 2. Das Problem der Überlieferung

2. Das Problem der Überlieferung

2.1. Voraussetzungen und Einteilungsmöglichkeiten

Unter der althochdeutschen Literatur versteht man das literari-sche, katechetische, wissenschaftliche, rechtliche und selbst das vorliterarische Schrifttum in althochdeutscher Sprache, von sei-nen inschriftlichen Anfängen im 6. Jahrhundert bis zur spätalt-hochdeutschen Übersetzungskunst Notkers III. von St. Gallen um das Jahr 1000 und Willirams von Ebersberg nach der Mitte des 11. Jahrhunderts, das deutsche Schrifttum von seinen Anfängen bis zum Beginn der frühmittelhochdeutschen Zeit. Der Begriff Li-teratur erscheint dabei stark ausgeweitet auf die Sprachdenkmäler überhaupt: wenn es darum geht, die Anfänge und ersten Stufen ei-ner erst langsam werdenden deutschen Literatur zu erfassen, ihre schwierigen Vorbedingungen und ihre starke Bezogenheit auf die lateinische Bildungstradition zu erkennen, ihren oft verschlunge-nen und mühsamen Weg zu einer neuen Literatur- und Wissen-schaftssprache zu verfolgen, so darf und muß Literatur im weite-sten Sinn verstanden werden. Das ist die grundsätzliche Aus-gangslage, wie sie für die erste Stufe einer volkssprachlichen Li-teratur in enger Verbindung mit der sprachgeschichtlichen Be-trachtungsweise ebenso notwendig wie sinnvoll erscheint. Dieser Betrachtungsweise folgen außerdem die maßgeblichen Handbü-cher. So geht es zunächst in der althochdeutschen Literaturge-schichte nicht um die Frage, ob ein Denkmal nach seinen ästheti-schen oder formalen Kriterien überhaupt eine höhere Gattung »Li-teratur' vertrete oder nicht. Vielmehr müssen - anders als in der Literaturkritik der mittelhochdeutschen Zeit, wo eine dichterische Sprache weitgehend verfügbar geworden ist, wo die Gattungspro-bleme in völlig neuem Licht erscheinen - die Denkmäler in ihrer weiten räumlichen wie zeitlichen Verstreutheit, in ihrer gattungs-mäßigen Spärlichkeit, oft genug noch in ihrer sprachlichen Unbe-holfenheit auf Reflexe oder Keime untersucht werden, die Litera-risches fremder Vorbilder spiegeln oder aus denen Literatur oder literarische Sprache als auf dem Weg befindlich erkannt werden kann. Eine Reduktion der althochdeutschen Literatur auf das, was man in späteren Epochen Literatur zu nennen gewohnt ist, hieße die Grundgegebenheiten der althochdeutschen Zeit verkennen.

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50 2. Das Problem der Überlieferung

Althochdeutsche Literatur bedeutet eine Literatur in tastenden Anfängen, im Umbruch außerdem, umrahmt von sprachlich noch rohen Blöcken, deren Nachwirkung mehr im einmal geschaffenen Instrumentarium der Sprache als im Gehalt einzelner Denkmäler liegt. Von einer direkten Ausstrahlung althochdeutscher Literatur in die mittelhochdeutsche Zeit hinein kann nicht gesprochen wer-den, höchstens am äußersten Rande und ein schmales Stück weit bei Notker III. und bei Williram. Nicht wäre aber die spätere mit-telhochdeutsche Sprach- und Literaturblüte verständlich ohne eine Vorschulung im volkssprachlichen Denken und Formulieren durch die Jahrhunderte der althochdeutschen Zeit.

Zwei Mißverständnissen ist indessen sogleich entgegenzutre-ten. Erstens: Die althochdeutsche Literatur ist keine Einheit, sie repräsentiert nichts Geschlossenes, auch keine einheitliche Ent-wicklung. Überlieferung wie Neuansätze zeigen viel Zufälliges. Eine gewisse Stufenleiter erkennen wir mehr in der sprachlichen Ausformung von der Glossierung über die Interlinearversionen zu den freien Übersetzungen als im literarischen Geschehen. Die großen Hauptgestalten althochdeutscher Literatur stehen weitge-hend einsam - sie empfinden es auch so, Otfrid von Weißenburg im 9. Jahrhundert so gut wie Notker von St. Gallen auf dem Über-gang vom 10. zum 11. Jahrhundert - , ihre Verankerung liegt in der lateinisch-christlichen und in der lateinisch-antiken Bildungstra-dition, wie sie ihnen die Scriptorien ihrer klösterlichen Heimat vermittelt haben. Auch was von germanischer Dichtung noch ins Althochdeutsche herüberreicht, steht innerhalb der althochdeut-schen Literatur so gut wie isoliert, nicht nur äußerlich oder über-lieferungsgeschichtlich, in vielen Fällen auch innerlich durch eine sich langsam abhebende Neuausrichtung; bis zu einem gewissen Grade wird dies selbst im Hildebrandslied deutlich, erst recht in den Mischformen der Zauber- und Segenssprüche. So darf man die althochdeutsche Literatur weder einseitig vom Germanischen her noch einseitig vom christlichen Geist her verstehen - selbst bei der Betrachtung der einzelnen Denkmäler nicht: Formales wie Inhaltliches wird man von beiden Seiten her, mit ungleicher Nach-wirkung, würdigen müssen und vor allem aus den Bedingungen der Zeit heraus zu verstehen haben, in die schon um 800 wissen-schaftlich-antiquarisches Interesse sich mischt, gelehrtes Auf-zeichnen wie Ringen um das Verständnis des schwierigen Lateins.

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2.1. Voraussetzungen und Einteilungsmöglichkeiten 51

Zweitens: Kein Anspruch besteht von der althochdeutschen Lite-raturgeschichte aus auf die mittellateinische des gleichen Zeit-raums. Mit Recht hat sich die neuere Forschung von solchem Zu-griff distanziert. Zur althochdeutschen Literatur gehört, was in alt-hochdeutscher Sprache dasteht oder sicher von althochdeutscher Sprachgebung ins Mittellateinische transponiert worden ist: wir kennen nur des St. Galler Mönchs Ratpert, Lobgesang auf den hei-ligen Gallus' aus der Mitte des 9. Jahrhunderts, in der Original-sprache verloren, aber als mittellateinische Nachdichtung durch Ekkehart IV. von St. Gallen aus dem 11. Jahrhundert indirekt be-zeugt. Weitere Lücken der althochdeutschen Literatur auf mittel-lateinische Manier auszufüllen, wäre verfehlt. Das Gefalle ver-läuft umgekehrt: vom Lateinischen ins Deutsche, literarisch wie sprachlich seit den frühen Glossen und ihrem Dienst am Latein. Auf weite Strecken bedeutet althochdeutsche Literatur Spiege-lung oder gar Übersetzung der spätlateinisch-mittellateinischen Literatur, keineswegs umgekehrt. Verschiedenheit und Abstand der ungleichen Sprachsysteme und Auseinanderklaffen der beiden Bildungstraditionen verhindern aber auch ein natürliches Heraus-wachsen der althochdeutschen aus der lateinischen Literatur. Da-durch kommt sowohl der wörtlichen wie auch der interpretieren-den Übersetzung im Gefüge des Althochdeutschen größte Bedeu-tung zu.

Der in Kapitel 1 genannte Definitionsansatz für das Althoch-deutsche als „älteste schriftlich bezeugte Sprachstufe des Deut-schen" impliziert auch schon den eben erst in althochdeutscher Zeit einsetzenden Verschriftungsprozeß deutscher Volkssprache bei den Franken, Thüringern, Baiern und Alemannen - sowie rest-haft bei den Langobarden südlich der Alpen in Oberitalien - zur Kommunikation in Kirche, Schule, Literatur, Recht und auf der Reise durch das ostfränkische Reich der Karolinger und Ottonen. Dieser volkssprachliche Verschriftungsprozeß bleibt indessen fast völlig eingebettet in die mächtige lateinische Schrifttradition und Schreibkultur des westeuropäischen Frühmittelalters, so daß sich jedes volkssprachliche Schreiben auf Althochdeutsch sei es vor-bildhaft oder sei es wetteifernd an der lateinischen Sprache und Schriftlichkeit orientiert. Grundsätzlich ist seit dem Einsetzen der schriftlichen Überlieferung des Althochdeutschen einerseits ver-gleichend nach den Gemeinsamkeiten mit den Quellen der ver-

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52 2. Das Problem der Überlieferung

wandten altgermanischen Sprachen zu fragen - um damit die Ein-ordnung in diesen genealogisch verbundenen Kulturkreis sicher-zustellen - , andererseits das typisch Deutsche oder auch frühmit-telalterlich Neue der sprachkulturellen Entwicklung herauszustel-len. Denn in die aufstrebende Verschriftungstradition des Alt-hochdeutschen haben sich sowohl altgermanische wie völlig neu-artige Komponenten eingefunden, und sie sind nicht selten zu sprachlich- inhaltlichen Mischformen zusammengewachsen, wel-che außerdem durch Vermittlung von Scriptorium zu Scriptorium sogar dialektal gemischt überliefert worden sind.

Versucht man, eine vergleichende Überlieferungstypologie der altgermanischen Sprachen, wie grosso modo auf Abbildung 2 (S. 54 f.) zusammenzustellen, so ergibt sich - ohne das Namenma-terial - auch für das Althochdeutsche in seiner etwa gegenüber dem Altnordischen (vom 9. Jh. bis zum Spätmittelalter) be-schränkteren Zeitspanne (vom 8. bis zum 3. Viertel des 11. Jhs.) eine reiche Fülle von Denkmälern und Gattungen, welche vom Anteil an Runendenkmälern, Zauber- und Segenssprüchen, Hel-dendichtung (Hildebrandslied) über die Bibelübersetzung bis hin zur Bibeldichtung und zur christlichen wie auf antiker Grundlage beruhenden Übersetzungsliteratur oder Fachprosa reicht. Gegen-über dem ebenfalls reich überlieferten Altenglischen bleibt im-merhin zu unterstreichen, daß die althochdeutsche Überlieferung von den Handschriften, Glossen und Namen in Urkunden oder Memorialbüchern her gesehen zum Teil älter und auch vielgestal-tiger ist als das im wesentlichen aus einigen wichtigen Sammel-handschriften überlieferte Angelsächsische, das dafür um so rei-cher an dem Altgermanischen oder der selbst christlichen Stab-reimdichtung zuzuordnenden literarischen Gattungen ist und auch bei den volkssprachlich verfaßten Urkunden und Rechtsbüchern den Vorrang hat. Insgesamt stellt sich das Althochdeutsche als vergleichsweise reiche Überlieferungsform des Altgermanischen dar, jedenfalls ist es bedeutend reicher als das Gotische, Altsäch-sische und Altfriesische.

Zwei Schwerpunkte sind dabei auszumachen: die Zeitspanne des 8. und 9. Jahrhunderts bis über dessen Mitte und die spätalt-hochdeutsche Übersetzungsphase mit Notker III. von St. Gallen vor und nach dem Jahr 1000, dem zusätzlichen Glossator von Not-kers Psalter (so gut wie sicher EkkehartIV.) im 11. Jahrhundert

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2.1. Voraussetzungen und Einteilungsmöglichkeiten 53

und dem fränkischen Abt Williram im bairischen Kloster Ebers-berg, dem wir die erste Hohe-Lied-Paraphrase in deutscher Spra-che verdanken. Für die Beurteilung der relativen Altertümlichkeit des Althochdeutschen im Kreis der altgermanischen Sprachen sind naturgemäß die ältesten und älteren Denkmäler von besonde-rem Aussagewert. Dabei kommt der Zeitspanne des 8. und 9. Jahr-hunderts das Hauptgewicht zu: eine solche Breite von Namen, zum Teil in Originalurkunden seit um 700, von Glossen und Glos-saren bis hin zum ältesten deutschen Buch des lateinisch-althoch-deutschen Abrogans in drei Textzeugen aus St. Gallen, Karlsruhe und Paris vor und nach 800, von theologischer Übersetzungslite-ratur (ahd. Isidor, Katechetik, Benediktinerregel), Rechtsliteratur (ahd. Lex Salica-Fragment), Bibelübersetzung (ahd. Tatian mit wesentlichen Teilen der vier Evangelien) und Bibeldichtung (Ot-frid von Weißenburg 860/870) neben den kleineren archaischen Denkmälern wie Hildebrandslied, Wessobrunner Schöpfungsge-dicht und älteren Zaubersprüchen im Übergang vom 8. zum 9. Jahrhundert - um nur das Wichtigste zu nennen - bildet altger-manistisch gesehen wirklich eine sprachgeschichtliche Fund-grube, man mag die Denkmäler dabei literarisch oder überset-zungsgeschichtlich höher oder tiefer bewerten. Jedenfalls manife-stiert sich die erste volkssprachliche Schriftlichkeit des Deutschen im 8. und 9. Jahrhundert, nimmt man alle, auch die nicht-literari-schen Zeugnisse zusammen, breiter und reicher als sonst ir-gendwo im europäischen Raum. Denn gerade die beiden Grund-ströme althochdeutscher Überlieferung, die Glossierungstradition und die Namenüberlieferung, fließen im 8. und 9. Jahrhundert be-sonders ergiebig. Sie sind sozusagen die Eckpfeiler des althoch-deutschen Sprachschatzes.

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5 4 2. Das Problem der Überlieferung

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2.1. Voraussetzungen und Einteilungsmöglichkeiten

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56 2. Das Problem der Überlieferung

2.2. Die typischen Merkmale althochdeutscher Überlieferung

Die Frage, was ist das Typische der althochdeutschen Überliefe-rung, läßt sich mit dem Hinweis auf die folgenden Punkte stich-wortartig beantworten:

2.2.1. Hauptformen der Überlieferung

Nach ihren geistigen Hauptformen sind es die absterbenden, sich umwandelnden oder zu neuen Mischformen ausgebildeten Reste einer germanischen Dichtungstradition, das sogenannte Altheimi-sche in Sprach- und Formgebung wie in literarischer Gattung (Heldenlied, Zaubersprüche, Weihinschrift) auf der einen Seite, das Lateinisch-Christliche in katechetischer Übersetzungsliteratur wie in Bibeldichtung (Otfrid von Weißenburg, ein Teil der kleine-ren Reimdenkmäler) und Legendendichtung (ζ. B. Georgslied) oder in der Interpretationsliteratur (Notkers III. Psalter, Willirams Paraphrase des Hohen Liedes) sowie das Lateinisch-Antike in der philosophisch-allegorischen Übersetzungsliteratur (Notker III. von St. Gallen) auf der anderen Seite.

2.2.2. Zeiträumliches Auftreten

Was die räumliche Realisierung einer althochdeutschen Literatur betrifft, stehen wir - von den frühen, sprachlich schon dem Alt-hochdeutschen zuzuordnenden Runeninschriften abgesehen - vor dem Phänomen eines fast gleichzeitigen Auftretens althochdeut-scher Glossen und Denkmäler (Übersetzungen wie selbständige Dichtungen) im späten 8. und frühen 9. Jahrhundert. Am dichte-sten erscheint althochdeutsche Literatur dabei im 9. Jahrhundert (vor allem die Isidorübersetzung im westlichen althochdeutschen Sprachgebiet, die Interlinearversion der Benediktinerregel in St. Gallen - früher meist der Reichenau zugewiesen - , die soge-nannten Murbacher Hymnen [Reichenau-Murbach], die Tatianü-bersetzung aus Fulda, Otfrids von Weißenburg Evangelienharmo-nie und weitere kleinere Denkmäler) und in spätalthochdeutscher Zeit (das Übersetzungswerk Notkers III. von St. Gallen um 1000, Williram von Ebersberg um 1060).

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2.2. Die typischen Merkmale althochdeutscher Überlieferung 57

2.2.3. Klösterliche Überlieferungsorte

Es sind nur wenige, fast ausschließlich klösterliche Überliefe-rungsorte, die das althochdeutsche Schrifttum in weiter räumli-cher wie mundartlicher Streuung sprachtragend bestimmen. Über die bloße Glossen- und Namenüberlieferung hinaus erwächst alt-hochdeutsche Literatur im weiteren Sinne eigentlich nur in Fulda, Trier, Mainz, Lorsch, Weißenburg, Murbach, auf der Reichenau, in St. Gallen sowie im bairischen Raum in Regensburg, Wesso-brunn und Ebersberg, von kleineren Überlieferungsorten abgese-hen (vgl. dazu die untenstehende Karte ,Die Hauptorte althoch-deutscher Überlieferung'). Die wenigsten dieser Zentren wirken in mittelhochdeutsche Zeit hinein weiter, da die Hochblüte der ge-schichtlich wie sprachlich so wichtigen frühmittelalterlichen Klo-

Abbildung 3: Die Hauptorte althochdeutscher Überlieferung

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sterkultur in nachalthochdeutscher Zeit zurücktritt und der mittel-hochdeutschen Hofkultur Platz macht, welche nun zusammen mit den aufkommenden Städten hauptsächliche Trägerin der Sprach-kultur wird.

Erweitert man das geographische Bild der althochdeutschen Überlieferung um die sprachtragenden Orte der volkssprachlichen Namentradierung, ergibt sich das in Abbildung 4 vermittelte Bild,

Abbildung 4: Erweitertes Bild der Hauptorte althochdeutscher Überlieferung, ergänzt um Orte mit frühmittelalterlichen Namenlisten in Gedenkbüchern (nach Geuenich 2000).

welches an seinen Rändern sogar über das eigentliche althoch-deutsche Sprachgebiet nach Norden (ins Altsächsische), nach We-sten (ins Altfranzösische) und nach Süden (ins Rätoromanische) ausgreift, da in diesen Sprachgrenz- und Randgebieten viele alt-hochdeutsche Personennamen insbesondere aus Memorialquellen (Verbrüderungsbücher, Nekrologe) aufgezeichnet worden sind.

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2.2. Die typischen Merkmale althochdeutscher Überlieferung 59

2.2.4. Einzelmundartliche Gebundenheit

Dementsprechend erscheint althochdeutsche Literatur immer ent-weder einzelmundartlich gebunden (ζ. B. ostfränkisch: Tatian-iibersetzung, Williram von Ebersberg; rheinfränkisch: Cantica; südrheinfränkisch: Otfrid von Weißenburg; alemannisch: Bene-diktinerregel, Notker III. von St. Gallen; bairisch: Muspilli, aber mit rheinfränkischen Einschlägen) oder in übergreifender Misch-mundart oder Mischsprache (vgl. dazu unten Abschnitt 2.3.2.). Es sind klösterliche Schreibsprachen auf der Grundlage der land-schaftlichen Mundarten der vor- und frühalthochdeutschen Stam-mesgemeinschaften oder Mischungen daraus mit ungleichem An-teil.

2.2.5. Fülle von Gattungen und Sprachschichten

Trotz dieser - überlieferungsgeschichtlich betrachtet - klösterli-chen Einbettung der althochdeutschen Literatur sind weder Spra-che noch Denkmäler des Althochdeutschen einseitig ausgerichtet: vielmehr ist eine Fülle von Gattungen und Sprachschichten vertre-ten, wie sie im Übergang vom Germanischen zum Deutschen, vom Heidentum zum Christentum, vom Bauerntum zur gelehrten Bildung verständlich genug erscheint. Weder althochdeutsche Sprache noch althochdeutsche Literatur sind einseitig klösterlich. Es ist die geistige Weite des frühen Benediktinertums, die althoch-deutsche Literatur neben weiteren Faktoren mitbestimmt.

2.2.6. Übersetzungsliteratur

Mehr als in den vergleichbaren altgermanischen Sprachen des Zeitraums bestimmt die Übersetzungsliteratur auf weite Strecken das althochdeutsche Schrifttum. Die Bibel, die lateinischen Kir-chenväter, Boethius und vor allem spätantike Texte bilden die Ausgangspunkte für Glossierung, Übersetzung, Nachdichtung und volkssprachliche Interpretation - bis zur Bibeldichtung. Für Sprache und Literatur der althochdeutschen Zeit steht deshalb das Übersetzungsproblem des Mittelalters im Zentrum. Es ist ein stän-diges Hin und Her zwischen lateinischer Grundsprache und alt-hochdeutscher Zielsprache, und manche literarische Leistung muß zuerst an der Bewältigung des Lateins gemessen werden.

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2.2.7. Freie althochdeutsche Dichtung

Freie althochdeutsche Dichtung, jenseits direkter lateinischer An-knüpfungspunkte, ist selten. Charakteristisch bleibt auch ihre Überlieferung in den Handschriften: auf den Vorsatzblättern latei-nischer Codices wie das Hildebrandslied (Blatt lr und 76v des Codex Theologicus in folio 54 der Landesbibliothek Kassel, An-fang 9. Jh., aus Fulda) und die Merseburger Zaubersprüche (Codex 136 der Domstiftsbibliothek Merseburg, 10. Jh.); auf lee-ren Blättern und Rändern wie das zwar christliche Weltunter-gangsgedicht Muspilli in zerfallender Stabreimform (Codex lati-nus Monacensis 14098, 9. Jh. aus St. Emmeram in Regensburg und aus Salzburg) oder der Lorscher Bienensegen des 10. Jhs. (Codex Vaticanus latinus 220, unterer Rand von fol. 58r); mitten unter Federproben und losen Figurenzeichnungen wie die St. Gal-ler Spottverse (Codex Sangallensis 30 der Stiftbibliothek St. Gal-len 9. Jh.; Codex Sangallensis 105, ebenda, 10./11. Jh.).

2.2.8. Einzelne Persönlichkeiten

Einzelne Dichterpersönlichkeiten oder bedeutende Glossatoren sind nur wenige mit Namen und als Gestalten bekannt und - mit einer Ausnahme - erst seit dem 9. Jahrhundert: Hrabanus Mau-rus, Klosterlehrer und Abt zu Fulda, später Erzbischof von Mainz (784-856), unter dessen schulischer Leitung die althochdeutsche Tatianübersetzung (Evangeliensynopse) entstand; Otfrid von Weißenburg, der erste deutsche christliche Dichter, der zwischen 863 und 871 seine Evangelienharmonie in Reimversen schuf; Ratpert von St. Gallen (2. Hälfte 9. Jh.), Verfasser eines verlore-nen, nur in mittellateinischer Nachdichtung erhaltenen Lobgesan-ges auf den heiligen Gallus; Notker III., der Deutsche, von St. Gallen (um 950-1022), der spätalthochdeutsche Meister anti-ker und biblischer Übersetzung, Begründer einer deutschen Wis-senschaftsprosa; Otloh, aus der Diözese Freising gebürtig (um 1010 bis etwa 1070), Leiter der Klosterschule von St. Emmeram zu Regensburg, kirchenlateinischer Schriftsteller und Verfasser eines spätalthochdeutschen Gebetes (Otlohs Gebet); Williram von Ebersberg (nach 1000-1085), von fränkischer Herkunft, ver-faßte als Abt des oberbairischen Klosters Ebersberg (1048-1085)

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2.3. Verhältnis von Schreibort und Überlieferung 61

eine deutsche Paraphrase des Hohen Liedes. Unter den Glossato-ren sind zu nennen: Arbeo von Freising, daselbst Bischof (765-783), mit dessen hagiographisch-kirchlicher Wirksamkeit nach Georg Baesecke die Entstehung des ältesten deutschen Bu-ches, des sogenannten Abrogans (lateinisch-althochdeutsches Glossar, um 770 entstanden) zusammenhängt, was freilich nach der neueren Forschung unwahrscheinlich ist; Walahfrid Strabo, Mönch und Abt auf der Reichenau (808/09-849); Ekkehart IV. von St. Gallen (um 980-1057), mittellateinischer Dichter und Ge-schichtsschreiber, der letzte große St. Galler Glossator, dem so gut wie sicher auch die variationsreiche Glossierung zu Not-kers III. Psalter zuzuschreiben ist. Selbst außerhalb des literari-schen Schaffens stehend, hat sodann Karl der Große für eine volkssprachliche Aufzeichnung und für ein volkssprachliches Bewußtsein mannigfachen Anstoß gegeben.

2.2.9. Recht

Eine sehr enge, nahe Verbindung zeigt fast die gesamte althoch-deutsche Literatur zu Recht und Rechtsvorstellung: vom Hilde-brandslied über das bairische Muspilli (9. Jh.) und über das reiche-nauische Georgslied (spätes 9. Jh.) bis zu Notker III. von St. Gal-len. Als erster außerkirchlicher Fachsprachbereich gewinnt außer-dem eine volkssprachliche Rechtsliteratur im Althochdeutschen Gestalt (Trierer Bruchstücke einer Lex-Salica-Übersetzung aus Mainz, Anfang 9. Jh.; Straßburger Eide von 842; Würzburger und Hamelburger Markbeschreibungen 9./10. Jh.; bairischer Prieste-reid 9./10. Jh.; Trierer Capitulare 10. Jh.).

2.3. Verhältnis von Schreibort und Überlieferung

Nun sind aber, wenn wir die Hauptorte der ahd. Überlieferung und ihren Stellenwert im Rahmen der ahd. Dialekte betrachten, sofort bestimmte Einschränkungen festzuhalten.

2.3.1. Dialektverhältnisse in den Schreiborten

Auf zwei Punkte ist hier aufmerksam zu machen:

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62 2. Das Problem der Überlieferung

2.3.11. Schreibort und Dialekt

Nicht jeder ahd. Schreibort oder Überlieferungsort vertritt in je-dem Fall oder durchgängig die Mundart seiner Umgebung. Fulda liegt im rheinfränkischen Gebiet, ist aber seiner Hauptüberliefe-rung nach ostfränkisch. Ebersberg liegt im oberbairischen Raum, sein fränkischer Abt Williram (1048-1085) schreibt seiner Her-kunft und Sprachtradition nach aber ostfränkisch.

2.3.12. Wechsel der Schreibsprache

Verschiedene Orte - das hängt mit Punkt 2.3.11. zusammen - voll-ziehen in ahd. Zeit einen deutlichen Mundartwechsel, entspre-chend der wechselnden Zusammensetzung des Klosterkonventes oder der wechselnden Tradition oder des Vorbildes der Schreib-schule. Besonders vielfältig ist die Situation bei Fulda: das 744 gegründete Kloster stellt seine Urkunden (mit ahd. Namen) bis 776 in der Mainzer Kanzlei aus, erhält 776 ein eigenes Scripto-rium, folgt im 8. Jh. spurenweise altbairischer Schreibtradition, schreibt seit dem Ende des 8. Jhs., besonders im 9. Jh. ostfränkisch (Tatian-Übersetzung), später entsprechend seiner Umgebung rheinfränkisch. Das 724 gegründete Kloster Reichenau im Boden-see (Untersee) schreibt entsprechend der älteren Zusammenset-zung seines Konventes mitten im alemannischen Gebiet zunächst fränkisch, seit 780 alemannisch, im 9. Jh. aber - bedingt durch die Wirksamkeit seines bedeutenden Abtes Walahfrid Strabo, der seine Ausbildung in Fulda erhielt - teilweise ostfränkisch. Im oberelsässischen Kloster Murbach wird alemannisch und frän-kisch geschrieben, wobei selbst westfränkische Schreibtradition vom Gebiet westlich der Vogesen einwirkt. Direkte sprachliche Beeinflussungen ergeben sich dabei auch durch das Verhältnis Mutterkloster -> Tochterkloster (Reichenau 724 -> Murbach 727), durch räumliche Nachbarschaft (Reichenau - St. Gallen) oder durch Austauschbeziehungen (die Ausstrahlungen der Kloster-schule Fulda im 9. Jh.).

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2.3. Verhältnis von Schreibort und Überlieferung

Hs. Foto 2: St. Gallen, Stiftsbibl. Cod. 878, pag. 321, Sammelhs. 9. Jh., Vade-mecum des Reichenauer Abtes Walahfrid Strabo, enthält pag. 320-321 meh-rere Alphabete (hebr., griech.) und ein altengl. Furore unter dem Titel Angu-liscum, dann pag. 321, Z. 24 ff. das Runenmerkgedicht Abecedarium Nord-mannicum, zufolge von Reagenzienbehandlung im Jahre 1828 nur noch teil-weise lesbar: Beginn mit F-Rune feu forman/ur after usw., in ahd.-altsächs.-altnord. Mischsprache vor 830 aufgezeichnet.

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64 2. Das Problem der Überlieferung

2.3.2. Dialektverhältnisse in den Überlieferungen

Neben mundartlichen Denkmälern gibt es im Ahd. viele Denkmä-ler in Mischdialekten (Kreuzungen durch Um- oder Abschrift). Verschiedene Stufen können in den rund zwanzig ahd. Denkmä-lern in Mischmundarten unterschieden werden:

(a) bloße mehr oder weniger genaue Umschrift eines Denkmals von der einen in die andere Mundart, wobei eine Mundart dominiert, die an-dere nur spurenweise feststellbar ist; ζ. B. Freisinger Otfrid, Anfang 10. Jh., d. h. Umsetzung der südrheinfränkischen Evangelienharmonie Otfrids von Weißenburg (860/70) ins Bairische (bair. mit südrhein-fränkischen Spuren); erste bair. Beichte, Umsetzung eines fränkischen Originals, Anfang 9. Jh.; das in einer Niederschrift des späteren 9. Jhs. überlieferte christliche Weltuntergangsgedicht Muspilli (bairisch mit fränkischen, besonders südrheinfränkischen Spuren); die bairische, im Kloster Wessobrunn abgefaßte Umarbeitung von Notkers des Deut-schen Psalter (sog. Wiener Notker) aus dem 11. Jh.; die südmittelfrän-kische Umsetzung der ostfränkischen Paraphrase des Hohen Liedes von Williram von Ebersberg in der Leidener Handschrift des späten 11. Jhs. (sog. Leidener Williram); ferner besonders häufig in der oft aufeinander beziehbaren Glossenüberlieferung an verschiedenen Or-ten;

(b) mehr oder weniger durchgehende gleichmäßige Mischung zweier Mundarten in sich eng verflechtender Weise; z.B. das Gedicht Chris-tus und die Samariterin, alem. Umschrift eines südrheinfränkischen Originals (Mitte 10. Jh.);

(c) Mischung zwischen ahd. Mundarten und außerahd. germanischem Sprachgut; das Hildebrandslied, etwa 810-820, fuldische Ab- bzw. Umschrift einer bair. Vorlage mit teilweiser und ζ. T. falscher bzw. hy-perkorrekter Umsetzung ins Altsächsische; die altsächsisch-altengli-schen Spuren im Wessobrunner Gedicht 814 (mit älterem Kern); die altnordisch (altdänisch)-altsächsischen Spuren im Runenmerkgedicht Abecedarium Nordmannicum, das Walahfrid Strabo (gest. 849) in sein Vademecum (Codex 878 der Stiftsbibliothek St. Gallen, vgl. Hs. Foto 2, S. 63) eingetragen hat, wie Bernhard Bischoff nachgewiesen hat.

Ein ähnliches Verhältnis wie zwischen den einzelnen ahd. Mund-arten und ihrer gegenseitigen Mischung in den schriftlichen Auf-zeichnungen besteht auf anderer Ebene zwischen Latein und Ahd., d. h. zwischen Gelehrten- oder Kirchensprache und Volks-sprache. Die Auseinandersetzung Althochdeutsch/Latein be-stimmt die gesamte ahd. Sprachgeschichte. Es sind dabei die fol-genden Haupterscheinungen zu beobachten:

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2.3. Verhältnis von Schreibort und Überlieferung 65

(a) die Übernahme lat. Lehnwörter und Lehnbildungen ins Ahd.;

(b) die Ausbildung einer lat.-ahd. Mischsprache, vor allem einer Misch-prosa innerhalb der Übersetzungstexte, wo sich der althochdeutsche Text oft um die leitmotivisch verbliebenen lateinischen Reservatbe-griffe gruppiert: so bei Notker von St. Gallen und bei Williram von Ebersberg;

(c) der sprachgeschichtliche Vorgang von Latinisierung und Entlatinisie-rung ahd. Sprach- und Namensgutes: eine frühe Latinisierungsbewe-gung, die fast alles Namensgut und darüber hinaus noch die Sachwör-ter in Urkunden und in den Leges erfaßt und bis ins 8. und 9. Jh., ζ. T. noch weiter reicht, oft mit einer starken Archaisierung der sprachli-chen Formen verbunden; sodann eine seit dem Erstarken eines volks-sprachlichen Bewußtseins in karolingischer Zeit beginnende und seit-her unabhängig von den literarischen .Renaissancebewegungen' wirk-same Entlatinisierungstendenz, die zum eminenten Durchbrach des Volkssprachlichen besonders seit dem 9. Jh. führt. Daneben ist, beson-ders bei den Glossen und bei den Vaterunserfassungen, eine mundart-liche Mehrfachüberlieferung festzustellen, die ζ. T. unabhängig vonei-nander, ζ. T. mit gegenseitiger Beeinflussung entstanden ist.

Von einer auch nur annähernd einheitlichen ahd. Schriftsprache kann in der ersten Zeitspanne der deutschen Sprachgeschichte bis 1100 noch nicht gesprochen werden, auch wenn sich seit dem 9. Jh. gewisse Vereinheitlichungstendenzen im Sinne einer Annä-herung der verschiedenen Schreibdialekte aneinander zeigen. Was uns in den ahd. Denkmälern entgegentritt, sind einzelne klösterli-che Schreibsprachen, erste sich nach bestimmten Normen vollzie-hende Fixierungen einer Sprache, die zunächst nur gesprochene Sprache, bäuerliche Volkssprache war und sich erst langsam, un-ter dem Einfluß des lateinischen Schriftsystems und lateinischer Sprachfiigung überhaupt zu einer geschriebenen Sprache entwik-kelt - nicht zu einer Schriftsprache, sondern zur dialektverschie-denen Vielheit stark auseinanderfallender Schreibsprachen, die ihrerseits die ahd. Mundarten entweder rein oder vermischt ver-wenden. Wenn auch das Ahd. überlieferungsgeschichtlich einsei-tig durch die Klöster bestimmt, getragen, ja geformt erscheint, so kann man doch wieder nicht sagen, es sei nur Klostersprache, son-dern es werden bereits eine Reihe von Sprachschichten greifbar, die in ihrer Spannweite von der gesprochenen Sprache bis zur ge-lehrt durchgebildeten Wissenschaftssprache reichen.

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66 2. Das Problem der Überlieferung

Im Verlaufe der ahd. Sprachentwicklung ist mit einem zuneh-menden fränkischen Einfluß auf das Oberdeutsche zu rechnen, der sich in Lautlehre und Wortschatz bis zu Notker von St. Gallen im 11. Jh. zeigt (vgl. oben in Kapitel 1 S. 31).

So ist das Ahd. insgesamt voller Sprachbewegung und Sprach-austausch. Es ist kein statisches Bild, das dem Betrachter entge-gentritt, sondern die älteste Stufe des Deutschen ist voller Dyna-mik. Innere Entfaltung und äußere Impulse, besonders vom Latei-nischen und Romanischen her, führen zu einem Bild äußerst be-wegter Sprach- und Überlieferungsgeschichte in ahd. Zeit.

2.4. Die Sprachquellen des Althochdeutschen

Eine systematische Übersicht über die Quellen des Ahd. ergibt folgende Einteilung (vgl. außerdem die Übersicht in Ab-schnitt 2.6., unten S. 83-88)

2.4.1. Inschriften

Älteste Sprachschicht, aber durch den ganzen ahd. Zeitraum ver-treten.

2.4.11. Runen

Die Runeninschriften des 5., vor allem 6.-7. Jhs. sind ζ. T. noch sehr altertümlich in der Sprachform (festlandrunisch, vor- oder frühahd.), ζ. T. vorchristlich, überwiegend schon christlich. Bei-spiel: Bügelfibel von Freilaubersheim, fränkisch, 2. Hälfte 6. Jh. Boso wraet runa, ¡)[i]k dapena golida (= normalahd. *Buoso rei3 runä, thih Tathina guolita, d. h. ,Boso ritzte die Runen, dich Da-thina hat er [mit dem Geschenk] gegrüßt').

Ed.: H. Amtz und H. Zeiss, Die einheimischen Runendenkmäler des Fest-landes, Leipzig 1939 (Nachträge H. Arntz, Runenkunde, Dt. Philologie im Aufriß, 2III, Berlin, 1962,1849-1870; H. Amtz und H. Jänichen, Fund-berichte aus Schwaben N. F. 14, 1957,117-131; H. Jänichen ebda. N. F. 16, 1962,155-159). W. Krause, Die Runeninschriften im älteren Futhark I—II, Göttingen 1966. Stephan Opitz, Südgermanische Runeninschriften im äl-teren Futhark aus der Merowingerzeit, 2. Aufl. Kirchzarten 1980. Klaus Düwel, Runenkunde, Stuttgart 32001 (hier erschöpfende Literaturhin-weise).

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2.4. Die Sprachquellen des Althochdeutschen 67

2.4.12. Inschriften in lateinischer Schrift

Aus ahd. Zeit sind zwei solcher Inschriften bekannt, eine aus Köln (9. Jh.), eine aus Rheinhessen (Grabinschrift um 1000, jetzt in Mainz, Fundort Bingen).

Ed. und Lit.: W. Braune - Ε. A. Ebbinghaus, Ahd. Lesebuch, Tübingen 161979 Nr. IV; F. Panzer, Inschriftenkunde, Dt. Philologie im Aufriß, 2I, Berlin 1957, 333-378.

2.4.2. Glossen

Unter den ahd. Glossen versteht man im Text oder an den Blatt-rändern über- oder beigeschriebene Übersetzungen lateinischer Wörter ins Ahd., oft zu ganzen Glossaren ausgestaltet. Etwa 1230 Handschriften bewahren ahd. Glossen seit dem 8. Jh., ja ahd. Glossare werden in dieser Sprachform bis ins Spätmittelalter ab-oder umgeschrieben. Die Hauptorte der ahd. Glossierungstätigkeit sind Freising (8. Jh.), Fulda (8./9. Jh.), Reichenau (8.-10. Jh.), St. Gallen (8.-11. Jh.), Murbach (9. Jh.), Regensburg (8.-10. Jh.). Nach Umfang und Form sind zu unterscheiden:

2.4.21. Einzelglossen

Einzelglossen kommen besonders zu den biblischen, kirchlichen und spätantiken, für die Klosterschulen wichtigen Schriften vor, als

a) Kontextglossen, im lateinischen Text eingebettet, ζ. T. eingeführt durch t. (teutonice, theodisce), f. (francisce), i. e. (id est) usw.

b) Interlinearglossen, zwischen den Zeilen eingefügt, nicht selten meh-rere Wörter oder bereits Teilsätze übersetzend, insofern Vorstufe der Interlinearversionen (vgl. 2.4.41).

c) Marginal- oder Randglossen, an den Rand des Textes geschrieben.

Dabei nennt man das zu erklärende bzw. zu übersetzende Wort der lateinischen Ausgangssprache Lemma, das dieses erläuternde alt-hochdeutsche Wort der Volkssprache Interpretament (oder Inter-pretamentum).

Diese Glossen können einfach oder variierend (also zwei- oder dreifache Übersetzungen) sein. Verbreitet sind femer auch bloße blinde, d. h. tintenlose Griffelglossen, deren systematische Erfor-

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68 2. Das Problem der Überlieferung

schung erst in neuester Zeit in Gang gekommen ist (Elvira Glaser 1996 schlüsselt 70 Handschriften mit Griffelglossen auf).

2.4.22. Glossare

Schon die älteste deutsche Überlieferung kennt Glossare - zu-nächst als lateinisch-althochdeutsche Wörterverzeichnisse. Die Glossare beruhen auf der antik-frühmittelalterlichen Hermeneu-mata-Tradition der Erklärung schwieriger Ausdrücke Wort für Wort zunächst in den klassischen Altertumssprachen (zu griech. το έρμήνευμα .Auslegung, Deutung') und sind eigentliche Schlüssel frühdeutscher Bildung innerhalb der Klosterkultur. Man unterscheidet:

a) Textglossare zum Verständnis eines Werktextes, ursprünglich lat.-lat. angelegt, mit sekundären ahd. Interpretamenten als ergänzende Lese-hilfen; sie beziehen sich auf die Textreihenfolge oder können alphabe-tisch nach Buchstabengruppen angeordnet sein (zur Typologie Clau-dia Wich-Reif, Studien zur Textglossarüberlieferung, Heidelberg 2001, wo 166 Textglossare verzeichnet sind) oder sich als sekundäre Textglossare geradezu verselbständigen. Beispiele: Textglossare zur Bibel, d. h. zu biblischen Schriften (bisher aus 92 Codices bekannt, die 103 ursprüngliche Hs. repräsentieren); Textglossare zu einzelnen antiken oder frühmittelalterlichen Autoren oder Werken. Außerdem als sekundäre Textglossare der lat.-ahd. Ab-rogane (3 Hs. vor und nach 800, obd., vgl. Hs. Foto 3,4, S. 69,71), so nach dem ersten lat. Lemma ,um Verzeihung bittend' genannt, dem in der ältesten St. Galler Hs. das ahd. Interpretament dheomodi,demütig' folgt, dann lat. humilis, ahd. sanftmoati, wobei es sich ursprünglich um ein lat. -lat. Stilwörterbuch handelt, das in der lat.-ahd. Fassung zu einem sekundären Bibelglossar geformt wurde (Jochen Splett in Na-tiones Bd. 6, Sigmaringen 1987, 123). Sodann die Samanunga uuorto, um 820-830 aus Regensburg (Archetypus um 790 daselbst, so nach der Wiener Haupths. samanunga uuorto fona deru niuuiun anti deru altun euu statt wie früher Hrabanisches Glossar genannt, d. h. Samm-lung von Wörtern aus dem Neuen und dem Alten Testament', zu ahd. ëwa f. ,Gesetz, Gebot'), kürzere Bearbeitung des lat.-ahd. Abrogans, ebenfalls sekundäres Bibelglossar.

b) Sachglossare, deren Artikel bestimmte Sachgebiete erschließen, ζ. B. Vocabularius Sancti Galli, Ende 8. Jh.; das spätahd. Summarium Hein-rici rheinfränkischen Ursprungs, Anfang 11. Jh., Kompendium nach Isidors Etymologiae.

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2.4. Die Sprachquellen des Althochdeutschen 6 9

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Hs. Foto 3: St. Gallen, Stiftsbibl. Cod. 911, pag.4, kurz vor 800 im alem.-süd-westdt. Raum: Beginn des lat.-ahd. Abrogans Incipiunt closas ex ueterç testa-mento mit der lat. Buchstabengruppe A, nämlich Abrogans. dheomodi. [usw.]

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70 2. Das Problem der Überlieferung

Ed.: E. von Steinmeyer und E. Sievers, Die ahd. Glossen, Bd. I-V, Berlin 1879-1922, Nachdruck Dublin-Zürich 1968-1969 (Nachträge siehe Ahd. Wb., Berlin 1952ff. und John C. Wells, Ahd. Glossenwörterbuch, Heidel-berg [1972-]1990). Grundlegend neuerdings Rolf Bergmann, Verzeichnis der ahd. und altsächs. Glossenhandschriften, Berlin-New York 1973, dazu Nachträge: [1] Liste in R. Schützeichel, Addenda und Corrigenda zu Steinmeyers Glossensammlung, Nachr. Ak. Wiss. Göttingen I. Kl., Jg. 1982, Nr. 6, 236-281; 2. Liste in R. Schützeichel, Addenda und Corri-genda (II) zur ahd. Glossensammlung, Göttingen 1985,49-56; 3. Liste in R. Schützeichel, Addenda und Corrigenda (III) zum ahd. Wortschatz, Göttingen 1991, 151-172; 4. Liste ebenda 173. Älteste Glossen: Rolf Bergmann, Die ahd. Glossenüberlieferung des 8. Jhs., Nachr. Ak. Wiss. Göttingen, I.K1., Jg. 1983, Nr. 1, Göttingen 1983. Griffelglossen: Elvira Glaser, Frühe Griffelglossierung aus Freising, Ein Beitrag zu den Anfän-gen ahd. Schriftlichkeit, Göttingen 1996. Weitere Studien und Neufunde bes. in der Reihe Studien zum Ahd., hg. von der Kommission für das Ahd. Wb. der Akademie der Wiss. zu Göttingen, Bd. Iff., Göttingen 1983ff.

2.4.3. Verstreute Sachwörter in lateinischen Quellen

In den lateinischen Texten der ahd. Zeit oder des frühen Mittelal-ters steckt eine große Zahl von verstreuten volkssprachlichen Wörtern, oft mit lateinischen Endungen versehen oder sonst lati-nisiert, doch auch in rein ahd. Form, ein Wortgut, das - wenngleich noch nicht systematisch gesammelt - bezüglich Alter und Ur-sprünglichkeit von größter Bedeutung ist. Es sind zu unterschei-den:

2.4.31. Legeswörter

Die frühahd. Wörter der Leges barbarorum, d. h. der textlich zwar lateinisch verfassten Stammesrechte des Frühmittelalters im ahd. Sprachraum, in die aber volkssprachliche Rechtswörter eingegan-gen sind: z.B. langobardischfaida f. ,Fehde', langobardischpül-sla(h)i m., alem. und bair. pulislac m. ,Beulenschlag', fränk. staf(f)ulum, staffulus (mit lat. Endung) , Stelle, wo das Königsge-richt stattfindet; überhaupt Königsgericht' (Lex Ribuaria, vgl. R. Schützeichel, Rhein. Vierteljahrsblätter 29, 1964, 138-167). Weitere Beispiele unten in Abschnitt 2.7.1.

Nicht im engeren Sinn ahd., sondern westfränkisch, ist die so-genannte Malbergische Glosse, das sind die in ihrer Überliefe-rungsform stark verderbten volkssprachlichen Rechtswörterglos-

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2.4. Die Sprachquellen des Althochdeutschen 71

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Hs. Foto 4: St. Gallen, Stiftsbibl. Cod. 911, pag. 229, kurz vor 800 im alem.-südwest. Raum, lat.-ahd. Abrogans. Zeile 5 Beginn der lat. Buchstabengruppe Q Quam ob re[m], olthera [für oba thera] sahhu. idcirca. pithiu [usw.].

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72 2. Das Problem der Überlieferung

sierungen der verschiedenen Fassungen der Lex Salica vom 6. Jh. bis ins 8./9. Jh., i. d. R. eingeführt mit dem Ausdruck (in) mal-lobergo ,auf dem Gerichtsberg, vor Gericht, gerichtlich, d. h. in der stammesdialektalen Gerichtssprache'.

Lit. bei Ruth Schmidt-Wiegand, Stammesrecht und Volkssprache, Ausge-wählte Aufsätze zu den Leges barbarorum, Weinheim 1991.

2.4.32. Sachwörter in Urkunden

Die ahd. S ach Wörter in den lateinischen Urkunden und übrigen Texten des frühen Mittelalters (z.B. 817 chwiltiwerch n. .Arbeit des späten Abends, bis zur Nachtzeit', St. Galler Originalurkunde; bifang m. ,Einhegung', Codex Laureshamensis, Lorsch; die ahd. Monats- und Windnamen in Einhards Vita Caroli Magni cap. 29 usw.).

Lit. bei Heinrich Tiefenbach, Studien zu Wörtern volkssprachiger Her-kunft in karolingischen Königsurkunden, München 1973. Vgl. auch Ste-fan Sonderegger, Zu den ahd. Sachwörtern in den lat. Urkunden der Schweiz, Archivaba et Histórica, Fs. A. Largiadèr, Zürich 1958,203-218.

2.4.4. Übersetzungstexte

Die Gruppe der Übersetzungstexte ist für das Ahd. von besonderer Bedeutung: keine altgermanische Sprache weist einen so hohen Anteil von Übersetzungen auf wie das Ahd., dessen textliche Hauptüberlieferung aus der Auseinandersetzung mit dem Lateini-schen erwächst. Im ganzen zeigen sich fünf hauptsächliche Über-setzungsschichten, die unter sich und im einzelnen von sehr ver-schiedener Sprachbeherrschung sind:

2.4.41. Interlinearversionen

Als solche werden in den Handschriften zwischen den Zeilen an-geordnete Wort-für-Wort- oder besser Form-für-Form-Überset-zungen bezeichnet, die unmittelbare Verwandtschaft mit der Glos-sierungstätigkeit zeigen: z. B. ahd. Benediktinerregel (St. Gallen, 802/817), altalemannische Psalmen (Reichenau, Anfang 9. Jh.), Murbacher Hymnen (Reichenau und Murbach, Anfang 9. Jh.).

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2.4. Die Sprachquellen des Althochdeutschen 73

Hs. Foto 5: Stiftsarchiv St. Gallen, Urkunde 193. Unten Voraufzeichnung, sog. Vorakt, oben etwas spätere Dorsualnotiz (Archivvermerk) auf der Rückseite der Reinschrift einer St. Galler Originalurkunde anno 785 betr. Güter in Schör-zingen/Württemberg. Unten Kurztext zur Reinschrift Anshelmus qui hanc tra-dicionem fieri rocauit, dann Zeugenliste mit ahd. Personennamen, Datum und Ausstellungsort (scercingas, mit lat.-roman. Endung), oben Archiveintrag.

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74 2. Das Problem der Überlieferung

2.4.42. Interlinearartige Übersetzungen

Z. B. St. Galler Paternoster und Credo (etwa 790), große Teile der Tatianübersetzung (Fulda, gegen 850).

2.4.43. Freie Übersetzungen

Mehr oder weniger freie Übersetzungen, z.B. die ahd. Isidorüber-setzung (um 800), Fragment der ahd. Lex Salica-Übersetzung (Mainz, nach 800), das große Übersetzungswerk Notkers des Deutschen (St. Gallen, vor und nach 1000), Willirams Paraphrase des Hohen Liedes (Ebersberg, um 1060), der ältere Physiologus (Reda umbe diu tier, alemannisch, 2. Hälfte 11. Jh.).

2.4.44. Umdichtungen

Umdichtungen nach lateinischen Vorlagen: z.B. Psalm 138 (Frei-sing, 900/910), Christus und die Samariterin (Reichenau, 10. Jh.), Georgslied (Reichenau, 896, Überlieferung erst spätes 10. Jh.). Bis zu einem gewissen Grade darf auch Otfrids Evangelienbuch (863/871 vollendet) dazu gerechnet werden.

2.4.45. Mischtexte

Ahd.-lat. Mischtexte: das ahd.-lat. Gedicht De Heinrico (vermut-lich nordrheinfränk., 996/1002).

Nicht zu dieser Gruppe ist die sogenannte lat.-ahd. Mischprosa bei Notker von St. Gallen und Williram von Ebersberg zu rechnen, da die in diesen Übersetzungswerken verbliebenen lat. Begriffe mehr im Sinne lat. Reservate, d. h. philosophisch-theologischer „Begriffskerne", zu verstehen sind und umfangmäßig gegenüber dem ahd. Text stark zurücktreten.

2.4.5. Autochthone althochdeutsche Texte

Im Vergleich mit der Überlieferung der übrigen altgermanischen Sprachen ohne das Gotische zeigt die ahd. Überlieferung am we-nigsten selbständige, nicht von einer anderssprachigen Vorlage abhängige Texte. Diese Gruppe umfaßt auch im Rahmen der übri-gen ahd. Sprachquellen nach ihrem Umfang ein relativ kleines, freilich sehr bedeutendes Material.

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2.4. Die Sprachquellen des Althochdeutschen 75

Dazu gehören:

2.4.51. Dichtungen

Zauber- und Segenssprüche, Hildebrandslied, Muspilli, Wesso-brunner Gedicht (alle etwa Anfang 9. Jh., mit unterschiedlicher Überlieferung), das Evangelienbuch Otfrids von Weißenburg (863/871, vgl. Gruppe 2.4.44.), Ludwigslied (881/882).

2.4.52. Prosadenkmäler

Ζ. B. Straßburger Eide (842, altfranzösischer und althochdeut-scher Doppeltext), Hamelburger und Würzburger Markbeschrei-bungen (9./10. Jh., letztere auch in einer lat.-ahd. gemischten Fas-sung), Sprichwörter.

2.4.6. Namen

Von außerordentlichem Umfang ist die ahd. Namenüberlieferung, die uns das Bild der sprachtragenden Orte des Ahd. wesentlich verdichten hilft. Das in die Hunderttausende von Belegen gehende Namenmaterial zeigt folgenden Aufbau (vgl. St. Sonderegger, Aufgaben und Probleme der ahd. Namenkunde, in: Namenfor-schung, Festschrift Adolf Bach, Heidelberg 1965, 55-96):

Namen in Inschriften (Runeninschriften, darunter manche ζ. T. erweiterte Nameninschriften, und lateinische Inschriften) Namen in Glossen und Glossaren Namen in den Vorreden der germanischen Gesetze Namen in den literarischen Denkmälern des Ahd. Namen in den spezifischen Namenquellen (Urkunden, Traditi-onsbücher, Reichsgutsurbare, frühmittelalterliche Geschichts-schreibung, Verbrüderungsbücher, Profeßbücher, Nekrologe usw.), vgl. Hs. Foto 5, 6, 7, S. 73, 76, 77.

Ed.: Ernst Förstemann, Altdeutsches Namenbuch 2I—3II, Bonn 1900-1916, Nachdruck München-Hildesheim 1966-1967; Henning Kaufmann, Ergänzungsband zu E. Förstemann, Personennamen, München-Hildes-heim 1968. Literaturnachweis bei Stefan Sonderegger, Prinzipien germa-nischer Personennamengebung, in: Nomen et gens, Zur historischen Aus-sagekraft frühmittelalterlicher Personennamen, hg. von D. Geuenich, W. Haubrichs, J. Jarnut, Berlin-New York 1997,1-29 (Nachdruck in Ste-fan Sonderegger, Germanica selecta, Tübingen-Basel 2002,109-132). Zu

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76 2. Das Problem der Überlieferung

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Hs. Foto 6: Ältestes Verbrüderungsbuch des Klosters St. Gallen, daselbst Stiftsarchiv Cod. Class. I Cist. C 3. Β 55, 9. Jh., A fol. 16' pag. 23 mit ahd. Per-sonennamen auswärtiger Gemeinschaften in Arkaden gruppiert, in Kolumne 4 Angabe einer aus Straßburg übermittelten Liste Nomina eorum qui nobis com-missi sunt de Strazburg.

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2.4. Die Sprachquellen des Althochdeutschen 77

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Hs. Foto 7: Professbuch der Abtei St. Gallen, 8.-11./12. Jh., Stiftsarchiv da-selbst Cod. Class. I Cist. C 3. Β 56, hier pag. XXII (als 20. numeriert), 10. Jh., mit autographischen Einträgen und nur noch teilweiser Professformel, darun-ter verschiedene Notkere, deren einer von vieren (vermutlich Zeile 7) als Not-ker III. Labeo oder Teutonicus auszumachen sein dürfte.

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78 2. Das Problem der Überlieferung

ahd. Flurnamen Stefan Sonderegger, Das Alter der Flurnamen und die ger-manische Überlieferung, in: Jb. für fränk. Landesforschung 20, 1960, 181-201 (Nachdruck mit Ergänzung in Stefan Sonderegger, Germanica se-lecta, Tübingen-Basel 2002,13-31 ); Reinhard Bauer, Die ältesten Grenz-beschreibungen in Bayern und ihre Aussagen für Namenkunde und Ge-schichte, München 1988.

2.5. Dialektgeographische Kennzeichen der Schreibortgruppen

Ein Blick auf die Schreiborte und Mundarten des Ahd. zeigt das folgende Bild von Norden nach Süden und Südosten (vgl. dazu die Karte ,Die Mundarten des Althochdeutschen', hier S.78):

Abbildung 5: Die Mundarten des Althochdeutschen

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2.5. Dialektgeographische Kennzeichen der Schreibortgruppen 79

Dialekt Hauptsächliche Überlieferungs-orte

Sprachliche Kriterien (Auswahl)

1. Fränkisch (vokalischer Ausstrahlungs-und konsonanti-scher Aufnah-meraum)

siehe unten

1.1. Mittelfränkisch (später unter-teilt in Ripua-risch und Mo-selfränkisch)

Köln Echternach Trier Prüm

- Ausgangspunkt für die hauptsäch-lichen Veränderungen des Vokalis-mus

- stark gestaffelte, nicht vollständi-ge Durchführung der 2. Lautver-schiebung

- Bevorzugung der Deklinationsfor-men auf -en Gen. Dat. Sg. mask./ neutr. und -on Akk. Sg. mask., Nom. Akk. Pl. mask./neutr. bei den schwachen Subst. und Adj. (obd. -in, -un)

- Bevorzugung der ^-Formen bei gênlstën, gän/stän .gehen, stehen'

- st. Adj. Nom. Sg. fem. und Nom. Akk. PI. Neutr. auf -u (obd. -iu)

- Kurzformen der Possessivprono-mina unser, unsu, unsa3, unser, -e, -es' (obd. Langformen unserer usw., die teilweise auch fränk. erscheinen)

- Personalpronomen her, he ,er' ne-ben vor allem obd. er

- Tenuesverschiebung am wenigs-ten vollständig durchgeführt (nur ί > z, J5 mit den Ausnahmen thit, wat, it, that, allat; ρ und k nur ini./ ausi, nach Vokal)

- keine Medienverschiebung

- Unterschied blv-f < b (wie alt-sächs.) bewahrt

- th(p) > d erst im 10./ll.Jh.

1.2. Oberfränkisch (oder Hochfrän-kisch)

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80 2. Das Problem der Überlieferung

Dialekt Hauptsächliche Überlieferungs-orte

Sprachliche Kriterien (Auswahl)

a) Rheinfränkisch

b) Südrhein-fränkisch

c) Ostfränkisch

Mainz Frankfurt Lorsch Worms Speyer

Weißenburg

2. Oberdeutsch (konsonanti-scher Ausstrah-lungs- und voka-lischer Aufnah-meraum)

Fulda Würzburg Bamberg Ebersberg (Williram)

siehe unten

Tenuesverschiebung nicht voll-ständig durchgeführt (t > z, 33; ρ nur in- und ausi., außerpp und mp, vereinzelt Ip, rp)

Medienverschiebung nur d > t aus-lautend (selten t)

th φ) > d nach 900

frühe Diphthongierung von δ und ê2 (8. Jh.)

Tenuesverschiebung nicht voll-ständig durchgeführt

Medienverschiebung nur d > ί ini./ ausi.

ua (9. Jh.) für germ, δ (wie im Ale-mannischen)

Tenuesverschiebung fast vollstän-dig durchgeführt (nur ani. k bleibt)

Medienverschiebung nur d > t

Diphthongierung von δ und e2 seit dem späten 8. Jh.

i/i (/>)><* im 9. Jh.

Ausgangspunkt für die hauptsäch-lichen Veränderungen des Konso-nantismus

starke, ζ. T. ausschließliche Durch-führung der Lautverschiebung

altobd. iu < germ, eu auch vor a, e, o der Folgesilbe (statt wie im Fränk. io), wenn Labial oder Gut-tural (ohne germ, h) dazwischen liegt

Bevorzugung der Deklinationsfor-men auf -in Gen. Dat. Sg. mask./ neutr. und -un Akk. Sg. mask., Nom. Akk. Pl. mask./neutr. bei den schwachen Subst. und Adj. (fränk. -en, -on)

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2.5. Dialektgeographische Kennzeichen der Schreibortgruppen 81

Dialekt Hauptsächliche Überlieferungs-orte

Sprachliche Kriterien (Auswahl)

2.1. Alemannisch

2.2. Bairisch

- st. Adj. Nom. Sg. fem. und Nom. Akk. PI. Neutr. auf -iu (fränk. -u)

- Langformen der Possessivprono-mina unserèr usw. und Personal-pronomen er

Straßburg - Tenuesverschiebung vollständig Murbach durchgeführt, spätalem. sogar Reichenau k>ch(< germ, k), te i lweisepf>f St. Gallen (germ, ρ)

- Medienverschiebung im 8./9. Jh. weitgehend durchgeführt

- (th) f> > d im 8. Jh. (mit graphi-schen Ausnahmen)

- germ, ö im 8./9. Jh. als ua vertreten - gän/stän nur mit α-Vokal - besondere An- und Auslautrege-

lung bei Notker von St. Gallen Tenuesverschiebung seit 8./9. Jh. vollständig durchgeführt Medienverschiebung im 8./9. Jh. weitgehend (meist auch inlautend b> ρ y g > c, k) durchgeführt th φ) > d im späten 8. Jh. germ, δ bis ins 9. Jh. hinein meist als ö, oo erhalten

- Doppelformen gän/gen, stân/stên - spätbair. Tendenz zur Schreibung

von e in Nebensilben durch a (dumpfer Reduktionsvokal)

Pavia - altertümlicher Vokalismus ohne Bobbio Diphthongierung von germ, ë2 und und in weiter δ und nur mit vereinzelter Mono-südlicher Aus- phthongierung (ai > è vor w, ai > ä Strahlung vor r)

- frühe, jedoch unterschiedliche und nur teilweise Durchführung der Lautverschiebung (p weitgehend nicht verschoben)

Augsburg Freising Wessobrunn Tegernsee Benediktbeuern Regensburg Passau Salzburg Mondsee

3. Langobardisch (Reliktraum)

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8 2 2. Das Problem der Überlieferung

Dialekt Hauptsächliche Sprachliche Kriterien (Auswahl) Uberlieferungs-orte

- frühe Neuerungstendenzen im Konsonantismus (ini. th > d im 7. Jh., th- und -th > t im 8. Jh.)

Die weitgehenden Übereinstimmungen zwischen den althoch-deutschen Mundarten des Bairischen und Alemannischen (= Ober-deutsch) sind ethnologisch in der für beide Stämme gemeinsamen elbgermanischen Grundlage zu sehen (vgl. dazu das Gliederungs-bild 2 in Kap. 1, S. 11).

2.6. Zeiträumliche Ubersicht über die Denkmäler

Eine auf die chronologische Abfolge und auf die mundartliche Vielfalt und Eigenständigkeit der althochdeutschen Literatur aus-gerichtete Aufstellung bleibt deshalb immer sinnvoll, weil An-fänge und erste Höhepunkte sowie die spätalthochdeutsche Blüte sich zeitlich in gewissen Jahrhundertabschnitten einfinden - ohne ein bestimmtes räumliches Schwergewicht, weil dadurch die Aus-gewogenheit literaturbildender Räume im Althochdeutschen noch einmal sinnfällig wird: das späte 8. und das 9. Jahrhundert, die Zeit um 1000 und das 11. Jahrhundert, in beiden Fällen mit ober-deutschem (alemannischem und bairischem) und mit fränkischem Anteil. Für die Frühzeit sind es außerdem der thüringische und der langobardische Sprachraum, die aber nach 800 kaum mehr in Er-scheinung treten, außer durch die Namenquellen. Gesondert müßte dabei freilich die gewaltige Glossierungsarbeit gewürdigt werden, deren wissenschaftlich-bildungsgeschichtliche Einord-nung noch keineswegs abschließend vollzogen ist. Eine bedeu-tende Verfeinerung in zeitlicher und räumlicher Hinsicht vermit-telt außerdem das ahd. Namengut in seiner breiten Streuung.

Die Tabellen auf S. 83-88 beschränken sich auf räumliche und zeitliche Zuordnungen, wie sie nach den Dialektmerkmalen und neuerdings nach den paläographischen Forschungen von Bern-hard Bischoff möglich sind. Völlig Ungesichertes wurde nicht aufgenommen. Die großenteils nur ungefähren Jahresangaben richten sich in der Regel nach dem Datum der Niederschrift, wo-bei teilweise mit älteren Vorlagen zu rechnen ist.

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2.6. Zeiträumliche Übersicht Uber die Denkmäler 83

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2. Das Problem der Überlieferung

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2.6. Zeiträumliche Übersicht über die Denkmäler

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86 2. Das Problem der Überlieferung

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2.7. Die Frage nach direkter Vergleichbarkeit althochdeutscher Texte 89

Zur Datierung der Denkmäler im einzelnen vgl. die Angaben in Die deut-sche Literatur des Mittelalters, Verfasserlexikon, 2. Aufl. hg. von Kurt Ruh u. a„ Bd. 1-11, Berlin-New York 1978-2003.

2.7. Die Frage nach der direkten Vergleichbarkeit althochdeutscher Texte

Bei jedem Versuch, die verschiedenen mundartlich, mischmund-artlich oder schreibsprachlich an bestimmte Überlieferungsorte gebundenen althochdeutschen Texte miteinander sprachlich zu vergleichen, stellt sich die Frage, inwieweit dies nach der Überlie-ferung überhaupt möglich sei. Es gibt nicht viele direkt miteinan-der vergleichbare Texte im Althochdeutschen. Wir kennen die fol-genden Gruppen, aus denen wir einige Beispiele vermitteln wollen:

2.7.1. Frühmittelalterliche Leges- oder Volksrechtskapitel mit frühalthochdeutschen Rechtswörtern

So lassen sich beispielsweise die folgenden Stellen über Meuchel-mord und Leichenberaubung aus den verschiedenen Volksrechten vergleichen, die alle das entsprechende frühahd. Wort für ,Mord' bzw. .ermordet' und teilweise für ,Leichenberaubung' enthalten:

(1) Edictus Rothari, 643, langobardisch, Kap. 14-17, in Leges Langobar-dorum, ed. Franz Beyerle, mit einem Glossar von Ingeborg Schröbler, 1962:

14. De morth. Si quis homicidium in absconse penetrauerit in barone li-bero aut seruo uel ancilla, et unus fuerit aut duo tantum, qui ipsum homi-cidium fecerint, noningentos solidos conponat. Si uero plures fuerint, si ingenuus, qualiter in angargathungi, ipsum homicidium conponat; si ser-uus aut libertus, conponat ipsum, ut adpraetiatus fuerit. Et si expolia de ipso mortuo tulerit [id est plodraub], conponat octugenta solidûs.

15. De grabuuorfin. Si quis sepulturam hominis mortui ruperit et corpus expoliauerit aut foris iactauerit, nongentos soledos sit culpauelis parenti-bus sepulti. Et si parentis proximi non fuerint, tunc gastaldius regis aut sculdhais requirat culpa ipsa et ad curte regis exegat.

16. De rairaub. Si quis hominem mortuum in ilumine aut foris inuenerit aut expoliauerit et celauerit, conponat parentibus mortui solidos octo-ginta. Et si eum inuenerit et expoliauerit et mox uicinibus patefecerit, et cognuscitur quod pro mercedis causa, nam non furtandi animo fecit, red-dat spolia, quas super eum inuenit, et amplius ei calumnia non generetur.

Im Text die folgenden langobardischen Rechtswörter:

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90 2. Das Problem der Überlieferung

14 morth m. .heimliche Tötung, Mord', ahd. mord m. angargathungi η. , Angergröße, Angerwachstum, nach Anger-besitz gemessene Größe des Bußgeldes' plodraub m. ,Blutraub, Beraubung des Erschlagenen durch den Mörder'

15 grapworf m. .Hinauswerfen (einer Leiche) aus dem Grabe' gastaldius, -o m. ,Gastalde, Angehöriger einer besonderen Be-amtenklasse' sculdhais m.,Schultheiß, der die Schuldigkeit einfordert, Voll-zugsbeamter', ahd. sculdhei^o m.

15 rairaub m. .Beraubung eines Leichnams', ahd. (h)rëroub m.

(2) Lex Baiuvariorum, 6.-8. Jh., Kap. 19, 2-4 (nach der Ingolstädter Handschrift; ed. Konrad Beyerle, 1926).

II. Si quis liberum occiderit furtibo modo et in ilumine eicerit vel in tale loco eicerit, aut cadaver reddere non quiverit, quod Baiuwarii murdrida di-cunt: inprimis cum XL sol. conponat, eo quod funus ad dignas obsequias reddere non valet: postea vero cum suo werageldo conponat. Et si ipse ca-daver a fluminis alveo ad ripam proiectus fuerit et a quo inventus, qui ite-rum cadaver de ripa inpinxerit et exinde probatus fuerit, cum XII sol. con-ponat.

III. Si servus furtivo supradicto more occisus fuerit et ita absconsus, quod camurdrit dicit, novuplum conponat, id est CLXXX sol.

IUI. De vestitu utrorumque, quod valuraupa dicimus, si ipse abstulerit, qui hos interfecit, dupliciter conponat; si alter et non ipse reus, omnia furtivo more conponat.

Hier liegen die ahd. Wörter murdrida f. ,Mord', camurdrit ermor-det' (zu ahd. murdren < *murdrjan ,morden, mördern'), werageld η. , Wergeid, Bußgeld für die Tötung eines freien Mannes (ahd. wer m.) oder Menschen, Sühnegeld' und waluraup m., Pl. -a oder f. Sg. ,Leichenberaubung' vor.

(3) Lex Alamannorum, 7. Jh., Kap. 48, ed. Karl August Eckhardt, 1962:

XLVIII. [De mortuado.]

Si quis [homo] hominem occiderit, quod Alamanni mortaudo dicunt, [cum] IX wiregeldus eum solvat et quicquid super eum arma vel rauba tul-lit, omnia [sicut] furtiva conponat. De feminis autem, si ita contigerit, du-pliciter [earn] conponat [id est XVIII weregeldos], qualiter illum virum; vestimenta aut quod super earn tullit furtiva conponat.

Zu mortaudo gibt es noch die ahd. Glosse mort (Ahd. Gl. II., 352, 38).

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2.7. Die Frage nach direkter Vergleichbarkeit althochdeutscher Texte 91

Hier liegen die Wörter latinisiert mortuatus (verderbt mortaudus) .ermordet', ahd. rauba m.Pl. (oder f. Sg.),Raubgut, d.h. geraubte Kleidung (des Getöteten)' in der Wendung arma vel rauba ge-raubte Waffen und Rüstung', femer latinisiert weregeldus, wiregel-dus ,Wergeid' vor.

(4) Lex Ribuaria, 7. Jh., Kap. 15, ed. Karl August Eckhardt, 1966:

[XV. De homine mordrido.]

Si quis ingenuus <Ribvarius> ingenuum Ribvarium interficerit et eum cum ramo aut callis vel in pucio seu in quacumquelibet loco celari volue-rit, quod dicitur mordridus, sex C solidus culpabilis iudicetur aut cum LXXII iurit.

Auch hier liegt latinisiertes mordridus ,ermordet' vor. Dazu stellen sich die frühen westfränkischen Glossen der Lex

Salica (morchter; morter), die altsächsische Form morddotum u. ä., ursprünglich *morddôd,Totschlag' der Lex Saxonum (nach 800): alles teils latinisierte, teils verderbte Formen zu germanisch murpa- ,Mord' bzw. mit Suffixerweiterung *morôra- (vgl. got. maurpr, altengl. mordor), woraus mlat. mordrum, altfranz. Lehn-wort morire, neufranz. meurtre. Im langobardischen rairaub und im altbairischen valuraupa ,Leichenberaubung' stecken die Wör-ter ahd. hrêo, älter *hraiwa-,Leiche' und germ. *wala- .Erschla-gener, Toter' (so altnord. valr, ahd. mhd. wal m. f. η. ,Walstatt'). Zu valuraupa stellt sich aus dem Hildebrandslied nach 800 rauba f. ,Rüstung des Erschlagenen', ganz entsprechend dem arma vel rauba der Lex Alamannorum.

2.7.2. Die althochdeutschen Vaterunser

Besonders reich ist die ahd. Paternoster-Überlieferung. Neben den vollständigen Verdeutschungen begegnen uns einige Zitate oder Glossierungen daraus, die das Überlieferungsbild ergänzen. Zu-sammen mit Otfrids von Weißenburg dichterischer Versifizierung sind es pro Vers zwischen acht und elf direkt vergleichbare Fas-sungen vom späten 8. bis ins späte 11. Jh., vgl. Hs. Foto 8, S. 94. Sie zeigen aufs schönste ein Stück ahd. Sprach- und Übersetzungsge-schichte. Wir vergleichen die Schlußverse des althochdeutsch in der Exhortatio ad plebem christianam als daz/thazfrono gapet ,das Gebet des Herrn' bezeichneten Vaterunsers (Matth. 6,13):

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92 2. Das Problem der Überlieferung

lateinisch

St. Gallen, alem., vor 800

, Weißenburg', südrheinfränk., nach 800

,Freising', bair., nach 800

Tatian, ostfränk., gegen 850

Notker, alem., um 1000

Gl. zu Notker, alem., um 1050

Wiener Notker, bair., Ende 11. Jh.

Otfrid II, 21, 37 (860/70, südrhein-fränkisch)

et ne nos inducas in tentationem

enti ni unsih firleiti in khoninka

endi nigileidi unsih in costunga Indi nigileiti unsih in costunga

A enti niprinc unsih in chorunka Β enti niuerleiti unsih in die chorunga

inti ni gileitest unsih in costunga

Unde in chorunga neleîtest dû únsih

A nié neleîtest du unsich niêht in chorunga Β nie nelêitest du unsih in ursuôch

Vnde in dia chorunga neleitist du unsih

Ni firláze unsih thin wára in thes wídarwerten fára,

thaz wir ni missigángen, thara ána ni gifállen

das heißt: .Nicht verlasse uns dein Schutz in der Versuchung ifära f.) des Wi-dersachers (widarwerto m.), damit wir nicht fehlgehen mögen, daran nicht ins Verderben ge-raten'

Heliand 1610-11 (Mitte 9. Jh., alt-sächsisch)

Ne lât ûs farlêdean lêôa uuihti sô forö an iro uuilleon, sô uui uuiröige sind

das heißt,Nicht lass uns verführen die bösen Geister so weit nach ihrem Gefallen, wie wir es würdig sind'

Zu den dichterischen Verifizierungen gehört außerdem die Stelle aus den .Murbacher' Hymnen (Reichenau, erstes Viertel 9. Jh., alemannisch) II, 10

Temptatione subdola chorungo pisuuicchili-neru

induci nos ne sineris in caleitit unsih ni lazzes

das heißt: ,Zu betrügerischer Versuchung nicht lasse du uns hineingeführt werden'

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2.7. Die Frage nach direkter Vergleichbarkeit althochdeutscher Texte 93

lateinisch

St. Gallen, alem., vor 800

Bened. Regel, alem., nach 800

.Weißenburg', südrheinfränk., nach 800

, Freising', bair., nach 800

,Murbacher' Hymnen, alem., 1. Viertel 9. Jh.

Tatian, ostfränk., gegen 850

Altbair. Gebet, Mitte 9. Jh.

Notker, alem., um 1000

Wiener Notker, bair., Ende 11. Jh.

Benediktbeurer Glaube, alem.-bair., Ende 11. Jh.

Otfrid II, 21, 39 (860/70, südrhein-fränkisch)

sed libera nos a malo

uzzer losi unsih fona ubile

uzzan losi unsih [fona ubi]le

auh ariosi unsih fona ubile

A uzzan kaneri unsih fona allem sunton Β uzzan seriosi unsih fona allem suntom

du unsihc fona ubile ariosi

úzouh árlosi unsih fon ubile

A kauuerdo mih canerien fona allemo upile Β kaneri mih, trohtin, fonna allemo upila

Nube löse unsih fóne ubele

Suntir irlose unsih fone demo ubile

unde erlose mich uon allem ubel

Lósi unsih io thanana, thaz wir sin thine thegana,

joh mit ginádon thinen then wéwon io bimiden.

das heißt: .Erlöse uns immer davor, damit wir deine Jünger seien, und mit deinen Gnaden das Verderben (wëwo m.) stets vermeiden.'

Heliand 1612 (Mitte 9. Jh., altsächsisch)

ac help ûs uuiöar allun ubilon dâdiun

das heißt: .sondern hilf uns gegen alle üblen Taten'

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94 2. Das Problem der Überlieferung

> U U I f — o

Hs. Foto 8: St. Gallen, Stiftsbibl. Cod. 911, pag. 320, Ältestes deutsches Vater-unser, sog. St. Galler Paternoster, kurz vor 800, alem., am Schluß der lat.-ahd. Abrogans-Hs.: Fater unseer thu pist in himile uuihi namun dinan. qhueme rihhi din. uuerde uuillo diin so in himile sosa in erdu. [usw.]

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2.7. Die Frage nach direkter Vergleichbarkeit althochdeutscher Texte 95

2 .7 .3 . D i e althochdeutschen Glaubensbekenntnisse

Auch hier läßt sich ein zeiträumlicher Vergleich vollziehen, der über die ganze ahd. Sprachperiode reicht. Vergleichen wir den An-fang des Credo, die fides catholica, ahd. gilauba allichu (Weißen-burger Katechismus), und vergleichbare Stücke in den verschiede-nen Fassungen: (vgl. Hs. Foto 9, 10, S. 96, 98):

lateinisch

St. Gallen, alem., vor 800

,Weißenburg', südrhein-fränk., nach 800

Wessobrunner Gebet, bair., 1. Viertel 9. Jh.

Fränk. Taufgelöbnis, rheinfränk.,2. Viertel9. Jh.

Notker, alem., um 1000

Wiener Notker, bair., Ende 11. Jh.

Credo in Deum patrem omnipotentem, creato-rem caeli et terrae

Kilaubu in kot fater almahticum, kisca[f]t himi-les enti erda

Gilaubiu in got fater almahtigon, scepphion hi-miles enti erda

Cot almahtico, du himil enti erda gauuorahtos

Gilaubistu in got fater almahtigan? Ih gilaubu.

Ih keloubo an Got álmáhtigen fáter. sképhen himeles unde érdo

Ih gloube an got uatir almahtigen skephare himilis unde erda

sowie weitere spätahd. Fassungen aus St. Gallen, Bamberg und Wessobrunn.

Der Anfang des Symbolums klingt deutlich auch bei Otfrid von Weißenburg in der Verkündigung an Maria mit Bezug auf Christus an:

Otfrid I, 5, 23-26 (860/70, Thú scalt beran éinan alawáltendan südrheinfränkisch) érdun joh hímiles int alles liphaftes,

Scépheri wórolti (theist min árunti), fátere gibóranan ebanéwigan.

das heißt: ,Du wirst gebären den einen allmächtigen Herrscher der Erde und des Himmels und über alles Lebendige, den Schöpfer der Welt (dies ist meine Botschaft), dem Vater entstammt und ebenso ewig.'

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2. Das Problem der Überlieferung

Hs. Foto 9: St. Gallen, Stiftsbibl. Cod. 911, pag. 321, Ältestes deutsches Glau-bensbekenntnis, sog. St. Galler Credo (1. Teil), kurz vor 800, alem., am Schluß der lat.-ahd. Abrogans-Hs.: Überschrift credo in deum, Text Kilaubu in kotfa-ter almahticum [für -un] kisca[f]t himiles enti erda enti in Ihesum christ sun si-nan ainacun unseran truhtin. [usw.]

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2.7. Die Frage nach direkter Vergleichbarkeit althochdeutscher Texte 9 7

2.7.4. Die althochdeutschen Beichten

Eine größere Anzahl von vergleichbaren Sätzen enthalten die ζ. T. aufeinander beruhenden althochdeutschen Beichten, die eine au-ßerordentlich reiche Verbreitung zeigen. Wir müssen hier auf Bei-spiele verzichten - sie sind sprachlich auch nicht so lohnend wie die übrigen vergleichbaren Textstücke des Althochdeutschen.

2.7.5. Die althochdeutsche Bibelüberlieferung

Außerordentlich vielfältig ist, trotz ihrer Unvollständigkeit im ein-zelnen, die althochdeutsche Bibelüberlieferung, auch außerhalb der oben besprochenen Vaterunserfassungen. Hier lassen sich ver-schiedene Übersetzungen direkt vergleichen, vor allem im Be-reich der Psalmen und Cantica, obwohl es in der Regel immer nur zwei sich überschneidende Fassungen im einzelnen sind:

Altalem. Psalmenfrag-mente

Altmittelfränk. Psalmenfrag-mente

Dichterische Bearbeitung von Psalm 138

Rheinfränk. Cantica-Fragmente

Um die Mitte des 9. Jh.

9. Jh. (nur späte Abschrift)

Bair., Anfang 10. Jh.

1. Hälfte 11. Jh.

Ps. 107,7-14

108, 2-5 Ps. 1-3, 5 Is. 38, 18-20

113, 12-18 1. Reg. 2, 1-2

114, 1-8

123, 2-8

124, 1-5

128, 7-8

129, 1-8

(ferner altnieder-fränkisch-alt-niederländische Psalmenfrag-mente, 9. Jh., in jüngeren Abschriften:

2, 5-10

Habac. 3,17-19

Deuter. 32, 1-4

9-13

130, 1-2 Ps. 18 53,7 54-73, 9)

Mit allen diesen Fragmenten bzw. mit der dichterischen Bearbei-tung läßt sich Notkers von St. Gallen vollständig erhaltener Psalter (und Cantica) um 1000 vergleichen, sodann teilweise die Umset-

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j f H r x v f œ n

2. Das Problem der Überlieferung

Π I i ( h e b t e i n h n r l

"Ott m «.ν h

œ r w c t t t u ^ n c t f î r

t o c u L » m u u i ihocti

W . p i i V , u t i e c c i d i o

u m i

Hs. Foto 10: St. Gallen, Stiftsbibl. Cod. 911, pag.322, Ältestes deutsches Glau-bensbekenntnis, sog. St. Galler Credo (2. Teil), kurz vor 800, alem., am Schluß der lat.-ahd. Abrogans-Hs.: Text oben (Fortsetzung von pag. 321 unten kimar-trot in kiuualtiu pilâtes) in cruce pislacan tot enti picrapan [usw.], unten Schluß In liip euuikan; amen

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2.7. Die Frage nach direkter Vergleichbarkeit althochdeutscher Texte 9 9

zung im sog. Wiener Notker, Ende 11. Jh. (Ps. 1-50,101-150, Can-tica). Dazu treten eine Reihe von Verszitaten aus dem Psalter, etwa in der St. Galler Interlinearversion der Benediktinerregel, und na-türlich Glossen zum Psalter und zu den Cantica (St. Pauler Lukas-glossen 1, 64-2, 51 mit Teilen des Hymnus Zachariae, den die Ta-tianübersetzung und Notker vollständig überliefern). Gerade die Cantica-Überlieferung zeigt außerdem größere Vergleichsmög-lichkeiten zwischen der Tatianübersetzung in den Cantica Sanctae Mariae und Zachariae (4, 5-8; 4, 14-18), der dichterischen Ge-staltung bei Otfrid (I, 7; I, 10) und der rhythmischen Prosa bei Notker. Alles in allem bleibt aber leider die Vergleichsbasis relativ schmal. Es bleiben stets nur Einzelverse über zwei Fassungen hin-aus, z.B.:

Psalm 138, 3 Intellexisti cogitationes meas a longe

Benediktinerregel farstuanti kedancha mine fona rumana Kap. VII (Zitat)

Psalm 138, Vers 5 Nemegih in gidanchun fore dir giuuanchon

Notker Dû bechándost mîne gedáncha férrenân

Wiener Notker Du bichantist mina gidanche ferrenan

Selten und außerdem noch gar nicht gesammelt, solange ein Cor-pus der ahd. Bibelzitate außerhalb der größeren Übersetzungen fehlt, sind Bibelstellen, die wir durch die ganze althochdeutsche Zeit in ihrer immer wieder neuen volkssprachlichen Formung und Erwahrung verfolgen können. Wir nennen als Beispiel den Schluß des Matthäus-Evangeliums (Matth. 28,18-20):

(1) lateinischer Grundtext

Et accedens lesus locutus est eis, dicens: Data est mihi omnis potestas, in caelo et in terra. Euntes ergo docete omnes gentes: baptizantes eos in no-mine patris et filii et spiritus sancti: docentes eos servare omnia quae-cum-que mandavi vobis: et ecce ego vobiscum sum omnibus diebus, usque ad consummationem saeculi.

(2) frühahd. Fassung der Mondseer Fragmente, bairisch, nach 800: Enti gene duo ih[esu]s nahor, sprah za im, quad: Forgeban ist mir alles kauualt in himile enti in aerdu. Faret nu enti leret allo deota taufente sie in nemin fateres enti sunes enti heilages gheistes. Leret sie kahaltan al so huuaz so ih iu gaboot. Enti see ih bim mit iu eo gatago untaz entun gauueralti.

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100 2. Das Problem der Überlieferung

(3) normalahd. Fassung der Tatianiibersetzung, ostfränkisch, gegen 850: Inti sprah in zuo quçdenti: gigeban ist al giuualt mir in himile inti in erdu. Gét in alla uueralt, praedigot euangelium allera giscéfti inti leret alle thiota, toufenti sie in namen fater inti súnes inti thes heilagen geistes; leret sie zi bihaltanne alliu so uúelichiu so ih íu gibot. Inti senu ih bin mit iu al-len tagon unzan enti uúeralti (teilweise nach Markus 16,15).

(4) spätalthochdeutsche Teilübersetzung durch zwei zunächst lateinisch verbliebene Zitate in Notkers Psalter, die durch den St. Galler Glossator um 1050 ins Alemannische übersetzt werden

Ps. 88,25: Zitat Matth. 28,18 mir ist kegében al mahtigi in himile unde in erdo

Ps. 101,24: Zitat Matth. 28,20 séhent no. ih pin mit iû alle tága unzint an ende dero uuerlte.

(5) spätestahd. Umsetzung des zweiten Zitates in das Bairische im sog. Wiener Notker, der auf der St. Galler Glossierung basiert, Ende 11. Jh.

Ps. 101, 24: Zitat Matth. 28,20 ih pin sament iu alla taga unz an die fer-entidi dirro uuerlti

(6) direkt vergleichbar ist außerdem der dichterische Text bei Otfrid von Weißenburg, südrheinfränkisch, 860/70, soweit er auf Matth. 28,18-20 beruht

V, 16, 18 joh spráh ouh sus tho drúhtin: In himile inti in érdu so wált ih es mit állu, gigéban sint mir zi hénti ellu wóroltenti. Nu scál ih iuih sénten, in thíonost minaz wénten, gizellet wóroltthiote ál theih iu gibíete. Faret brédigonti so wít so thisu wórolt si, joh kündet éllu thisu thing ubar thesan wóroltring; Gizéllet in ouh filu frám, theih sélbo hera in wórolt quam, thaz thiu min géginwerti giwéihti thia irò hérti. Mines sélbes lera thia dúet in filu mára, tóufet sie inti brédigot, thaz sie gilóuben in got.

V, 16,45 ih bin íamer mit iu.

das heißt: und sprach auch so der Herr: Im Himmel und auf Erden so herrsche ich darüber mit allem, gegeben sind mir zu Händen alle Enden der Welt. Nun werde ich euch aussenden, zu meinem Dienst hinführen, erzählt dem Erdenvolk alles was ich euch gebiete.

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2.7. Die Frage nach direkter Vergleichbarkeit althochdeutscher Texte 101

Ziehet predigend, so weit wie diese Welt sei, und verkündet alle diese Dinge über diesen Erdkreis; berichtet ihnen auch ganz genau, dass ich selbst hierher in die Welt kam, damit diese meine Gegenwart erweichen würde ihre Härte. Die Lehre von mir selbst, die macht es ihnen völlig bekannt, tauft sie und prediget, damit sie an Gott glauben.

ich bin für immer bei euch.'

2.7.6. Dichterische Texte

Im Bereich der dichterischen Gestaltung ist das bekannte aleman-nisch-südrheinfränkische Gedicht Christus und die Samariterin aus dem 10. Jh. zu nennen, das sich mit Otfrids von Weißenburg Ab-schnitt II, 14 Iesus fatigatus ex itinere um 860/70 vergleichen läßt: und beide natürlich wiederum mit dem Prosatext Johannes 4,4 ff. in der Tatianübersetzung 87,1 ff. aus der Zeit gegen 850. Aber dar-über hinaus bleibt die Basis schmal und auf einzelne dichterische Formeln beschränkt, ohne einen längeren Textzusammenhang: die erläuternde Erzähl- oder Frageformel (Hildebrandslied 1 Ik gi-horta dat seggen ,ich hörte dieses (nämlich Folgende) erzählen'; Muspilli 37a Daz hortih rahhon ,Das hörte ich berichten'; Wes-sobrunner Schöpfungsgedicht 1 a Dat gafregin ih mit firahim ,Das erfuhr ich durch Fragen unter den Menschen'), die Einleitung zu den Erzählteilen der Zauber- und Segenssprüche vom Typus ,Einst saßen..', ,es zogen..' (Merseburg 11 a Eiris sazun idisi, II 1 Ρ hol ende Uuodan uuorun zi holza; Ad equum errçhet 1 Man gieng after wege ,ein Mann ging den Weg entlang' usw.), der hymnische Eingang von Preisliedpartien und Gebeten (etwa Stel-len aus den Murbacher Hymnen der Reichenauer Überlieferung, aus dem Carmen ad Deum usw.).

2.7.7. Kurzsätze gesprochener Sprache

Typische Kurzsätze gesprochener Sprache lassen sich außerdem vergleichen, sei es in Glossensammlungen, seien sie in prosaische oder dichterische Texte eingestreut oder als rhetorische Frage for-muliert. Auf diesen Bereich kommen wir aber in Kapitel 4 zurück.

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102 2. Das Problem der Überlieferung

Literaturhinweise zu Kapitel 2

(vgl. Lit. zu Kapitel 1 und Lit. im Text)

(1) Quellenkunde, Editionen und Fachliteraturnachweis:

Ältere Forschung: Gustav Ehrismann, Geschichte der deutschen Literatur bis zum Ausgang des Mittelalters, 1. Teil Die ahd. Literatur, München 21932, Nachdruck 1954. - Die deutsche Literatur des Mittelalters, Verfas-serlexikon, hrsg. von Wolfgang Stammler bzw. [ab Bd. IV] von Karl Langosch, Bd.I -V, Berlin (u. Leipzig Bd. I - I I ) 1933-1955. - Elias von Steinmeyer, Die kleineren ahd. Sprachdenkmäler, Berlin 1916, Nach-druck Berlin-Zürich 1963.

Neuere Forschung: Die deutsche Literatur des Mittelalters, Verfasserlexi-kon, Zweite völlig neu bearbeitete Auflage, hrsg. von Kurt Ruh bzw. [ab Bd. 9] Burghart Wachinger u. a„ Bd. 1-10, Berlin-New York 1978-1999 (Bd. 11 mit Nachträgen und Corrigenda 2003, Registerbd. in Vorberei-tung). - Wolfgang Haubrichs, Die Anfänge: Versuche volkssprachlicher Schriftlichkeit im frühen Mittelalter (ca. 700-1050/60), Tübingen 21995. - Gerhard Köbler, Sammlung kleinerer ahd. Sprachdenkmäler, Gießen 1986 (Nachdrucke, mit Lit.-Hinweisen). - Eckhard Meineke, un-ter Mitarbeit von Judith Schwerdt, Einführung in das Ahd., Paderborn u. a. 2001 (Lit. S. 324-350) . - Heinz Rupp, Forschung zur ahd. Literatur 1945-1962, Stuttgart 1965 (Referate aus der Vierteljahrsschrift zur Lit-wiss. u. Geistesgesch.). - Rudolf Schützeichel, Ahd. Wörterbuch, Tübin-gen 51995 (mit Lit.-Hinweisen in der Einleitung).

(2) Überlieferungsgeschichte und Paläographie:

Geschichte der Textüberlieferung der antiken und mittelalterlichen Lite-ratur, Bd. II Überlieferungsgeschichte der mittelalterlichen Literatur, Zü-rich 1964 [darin Stefan Sonderegger, Überlieferungsgeschichte der früh-germ. und altnord. Literatur S. 703-761; Karl Brunner, Überlieferungsge-schichte der alt- und mittelengl. Literatur S. 599-640; Friedrich Neu-mann, Überlieferungsgeschichte der altdeutschen Literatur S. 641-702],

Bernhard Bischoff, Paläographische Fragen deutscher Denkmäler der Ka-rolingerzeit, Frühmittelalterliche Studien 5, Berlin 1971, 101-134 (Nach-druck in B. B „ Mittelalterliche Studien, Bd. III, Stuttgart 1981, 73-111). - Ders., Paläographie des römischen Altertums und des abend-ländischen Mittelalters, Berlin 21986. - Elisabeth Feldbusch, Geschrie-bene Sprache, Untersuchungen zu ihrer Herausbildung und Grundlegung ihrer Theorie, Berlin-New York 1985 [Kap. 2.3. Die Anfänge der ge-schriebenen deutschen Sprache S. 169ff.]. - Hanns Fischer, Schrifttafeln zum ahd. Lesebuch, Tübingen 1966. - Dieter Geuenich, Die volkssprach-liche Überlieferung der Karolingerzeit aus der Sicht des Historikers, in Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 39, 1983, 104-130, [mit histor. Fachliteratur.] - Thomas Klein, Studien zur Wechselbezie-

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Literaturhinweise zu Kapitel 2 103

hung zwischen altsächsischem und ahd. Schreibwesen und ihrer sprach-und kulturgeschichtlichen Bedeutung, Göppingen 1977. - Karin Schnei-der, Paläographie und Handschriftenkunde für Germanisten, Eine Einfüh-rung, Tübingen 1999.

(3) Inschriften:

Rolf Bergmann, Zu der ahd. Inschrift aus Köln, Rhein. Vierteljahrsblät-ter 30, 1965, 66-69. - Klaus Düwel, Runenkunde, Stuttgart 32001 (hier die entsprechende Fachlit). - Stephan Opitz, Südgerm. Runeninschriften im älteren FuJjark aus der Merowingerzeit, Kirchzarten 21980. - Uwe Schnall, Die Runeninschriften des europäischen Kontinents (Bibliogra-phie der Runeninschriften nach Fundorten 2), Göttingen 1973. - Heinrich Tiefenbach, Zur Binger Inschrift, Rhein. Vierteljahrsblätter 41, 1977, 124-137. - John M. Jeep, Kölner Inschrift (ahd.), in Verfasserlexikon Bd. 11,2003, 864f.

(4) Glossen:

Vgl. die Literaturangaben im Text S. 70. Zur Einführung in die mittelal-terliche Glossierungstradition Rolf Bergmann, Elvira Glaser, Claudine Moulin-Fankhänel (Hrsg.), Mittelalterliche volkssprachliche Glossen [Sammelbd. zur lat., altir., altengl., altsächs., altniederl., ahd. Glossie-rung], Heidelberg 2001. - Griffelglossierung: Elvira Glaser, Frühe Grif-felglossierung aus Freising, Göttingen 1996 (hier weitere Lit). - Textglos-sare: Claudine Wich-Reif, Studien zur Textglossarüberlieferung, Heidel-berg 2001 (hier reiche Fachlit. zur Glossierung S. 13-50). - Lat.-ahd. Ab-rogane: Jochen Splett, Abrogans-Studien, Kommentar zum ältesten deut-schen Wörterbuch, Wiesbaden 1976; Das älteste dt. Buch, Die ,Abro-gans'-Hs. der Stiftsbibliothek St. Gallen, Im Facsimile hrsg. und beschrie-ben von Bernhard Bischoff, Johannes Duft, Stefan Sonderegger, St. Gallen 1977. - Samanunga worto: Jochen Splett, Samanunga-Studien, Erläute-rung und lexikalische Erschließung eines ahd. Wörterbuchs, Göppingen 1979.

(5) Leges-Wörter:

Kerstin Landwehr, Über den volkssprachigen Wortschatz der Leges, in R. Große, Bedeutungserfassung und Bedeutungsbeschreibung in histori-schen und dialektologischen Wörterbüchern, Stuttgart-Leipzig 1998, 73-76. - Birgit Meineke, Über die Verfahren der Bedeutungsermittlung am volkssprachigen Wortschatz der Leges, ebda. 1998,65-72. - Gabriele von Olberg, Freie, Nachbarn und Gefolgsleute, Volkssprachliche Be-zeichnungen aus dem sozialen Bereich in den frühmittelalterlichen Leges, Frankfurt a. M. 1983 (hier ausführliche Lit. S. VIII-LVIII). - Dies., Die Bezeichnungen für soziale Stände, Schichten und Gruppen in den Leges barbarorum, Berlin-New York 1991 (Lit. S. 247-323). - Ruth Schmidt-Wiegand, Stammesrecht und Volkssprache, Ausgewählte Aufsätze zu den Leges barbarorum, Weinheim 1991.

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104 2. Das Problem der Überlieferung

(6) Übersetzungstexte, autochthone Texte:

Vgl. die Angaben zu den einzelnen Denkmälern in Die dt. Lit. des Mittel-alters, Verfasserlexikon Bd. 1-11, siehe unter (1) oben, sowie Literaturhin-weise zu Kap. 3., S. 157-163.

(7) Namen:

Vgl. die Lit.-Angaben im Text S.75,78. Zu den Abbildungen 6 (S.76) und 7 (S.77) vgl. Karl Schmid, Die Verbrüderungsbücher, in Subsidia Sangal-lensia I, hrsg. von M. Borgolte, D. Geuenich und Karl Schmid, St. Gallen 1986,15-28 u. 81-283; Paul M. Krieg, Das Professbuch der Abtei St. Gal-len, Phototypische Wiedergabe mit Einführung und einem Anhang, Augs-burg 1931. Größere neuere Arbeiten: Henning Kaufmann, Untersuchun-gen zu altdeutschen Rufnamen, München 1965. - Stefan Sonderegger, Aufgaben und Probleme der ahd. Namenkunde, in Festschrift für Adolf Bach, Heidelberg 1965, 55-96. - Dieter Geuenich, Die Personennamen der Klostergemeinschaft von Fulda im frühen Mittelalter, München 1976. - Hubertus Menke, Beobachtungen zum proprialen Schreibge-brauch in karolingischen und ottonischen Reichskanzleiprodukten, in Festschrift für Gerhard Cordes, Bd. II: Sprachwissenschaft, Neumünster 1976, 193-220. - Egon Felder, Germanische Personennamen auf mero-wingischen Münzen, Studien zum Vokalismus, Heidelberg 1978, 121-174. - Elmar Neuß, Westfränkische Personennamen, Probleme ihrer Analyse und Auswertung für die Sprachgeschichte. In: Beiträge zur Na-menforschung N.F. Band 13, 1978, 121-174. - Karl Schmid u.a. (Hrsg.), Die Klostergemeinschaft von Fulda im früheren Mittelalter, Bd. 1, 2.1, 2.2., 2.3,3, München 1978. [Quellenwerk mit Untersuchungen], - Huber-tus Menke, Das Namengut der frühen karolingischen Königsurkunden, Ein Beitrag zur Erforschung des Althochdeutschen, Heidelberg 1980. -Stefan Sonderegger, Personennamen des Mittelalters - Vom Sinn ihrer Er-forschung, in: Memoria, Der geschichtliche Zeugniswert des liturgischen Gedenkens im Mittelalter, hrsg. von Karl Schmid und Joachim Wollasch, München 1984, S. 255-284. - Heinrich Tiefenbach, Xanten-Es-sen-Köln, Untersuchungen zur Nordgrenze des Althochdeutschen an nie-derrheinischen Personennamen des neunten bis elften Jahrhunderts, Göt-tingen 1984. - Rudolf Schützeichel (Hrsg.), Ortsname und Urkunde, Frühmittelalterliche Ortsnamenüberlieferung, Heidelberg 1990. - Ders. (Hrsg.), Philologie der ältesten Ortsnamenüberlieferung, Heidelberg 1992. -Christiane Vopat, Zu den Personennamen des Hildebrandsliedes, Heidelberg 1995. - Roland Rappmann-Alfons Zettler, Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter, Sig-maringen 1998 (hier die Fachlit. zur Personennamenforschung der Me-morialüberlieferung) .

(8) Zum Langobardischen:

Überblick und Lit. bei P. Scardigli, Langobarden, Philologisches § 2-4, in Reallexikon d. Germ. Altertumskunde Bd. 18, Berlin-New York 2001,

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Literaturhinweise zu Kapitel 2 105

S. 52-57. Außerdem bes. Wilhelm Bruckner, Die Sprache der Langobar-den, Straßburg 1895, Nachdruck Berlin 1969. - Florus van der Rhee, Die germanischen Wörter in den langobardischen Gesetzen, Proefschrift Ut-recht, Rotterdam 1970. - Abhandlungen zum Rahmenthema XIII , Stand und Aufgaben der Langobardenforschung' Erste Folge, Jahrbuch für In-ternationale Germanistik X, 2, (1978), 56-86 [u. a. Piergiuseppe Scardi-gli, Stand und Aufgaben der Langobardenforschung, Einleitende Bemer-kungen S. 56—62; Florus van der Rhee, Die Erforschung des Langobardi-schen, Kurzer Überblick über die Forschungsprobleme S. 77-86]. - Das-selbe, Zweite Folge, Jahrbuch für Internationale Germanistik XI, 1 (1979), 56-110 [versch. Beiträge], - Maria Giovanna Arcamone, I Germani d'Ita-lia: Lingue et .Documenti' linguistici, in Magistra Barbaritas, I Barbari in Italia, Milano 1984, S. 381-409. - Johann Tischler, Zum Langobardi-schen, in Hch. Beck (Hrsg.), Germanische Rest- und Trümmersprachen, Berlin-New York 1989,195-209. - Klaus Siewert, Zu den Leges Lango-bardorum, Studien zur Überlieferung und zum volkssprachlichen Wort-schatz (Fragment Münster), in Nachr. d. Ak. d. Wiss. in Göttingen, Phil-hist.Kl. 1993, 6, Göttingen 1993, 191-236.

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