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Akutschmerz Taschenbuch - ciando ebooks · 2016. 4. 29. · Buch „Postoperative...

Date post: 19-Feb-2021
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Konzepte, Methoden, Praxis 2., aktualisierte und erweiterte Auflage Notfallmedizin M4 Akutschmerz Taschenbuch Winfried Meißner (Hrsg.)
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  • Konzepte, Methoden, Praxis

    2., aktualisierte und erweiterte Auflage

    Notfallmedizin M

    4W

    eber | Frauk (Hrsg.)

    Akutschmerz Taschenbuch

    Winfried Meißner (Hrsg.)

  • Winfried Meißner (Hrsg.)

    Akutschmerz Taschenbuch

    2. Auflage

    Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft

  • Winfried Meißner (Hrsg.)

    Akutschmerz Taschenbuch

    Konzepte, Methoden, Praxis2., aktualisierte

    und erweiterte Auflage

    mit Beiträgen von

    J. Erlenwein | J. Freyhoff | A. Göttermann | E. Hoffmann | A. Kopf E.A. Lux | W. Meißner | N. Nestler | E. Pogatzki-Zahn | H.-G. Schaible

    U. Stamer | D. Thomas-Rüddel | A. Wiebalck | S. Wirz | C. Wurst

    Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft

  • MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KGZimmerstraße 1110969 Berlinwww.mwv-berlin.de

    ISBN 978-3-95466-158-9 (eBook: PDF) ISBN 978-3-95466-159-6 (eBook: ePub)

    Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Informationen sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    © MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Berlin, 2015

    Dieses Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten.

    Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

    Die Verfasser haben große Mühe darauf verwandt, die fachlichen Inhalte auf den Stand der Wissenschaft bei Drucklegung zu bringen. Dennoch sind Irrtümer oder Druckfehler nie auszuschließen. Daher kann der Verlag für Angaben zum diagnostischen oder therapeutischen Vorgehen (zum Beispiel Dosierungsanweisungen oder Applikationsformen) keine Gewähr übernehmen. Derartige Angaben müssen vom Leser im Einzelfall anhand der Produktinformation der jeweiligen Hersteller und anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Eventuelle Errata zum Download finden Sie jederzeit aktuell auf der Verlags-Website.

    Die Erwähnung bestimmter Verfahren oder Medikamente bedeutet nicht, dass diese für die beschriebende Indikation zugelassen sein müssen.

    Produkt-/Projektmanagement: Frauke Budig, BerlinLektorat: Monika Laut-Zimmermann, BerlinLayout & Satz: eScriptum GmbH & Co KG – Publishing Services, Berlin

    Zuschriften und Kritik an:MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Zimmerstraße 11, 10969 Berlin, [email protected]

    Der Herausgeberapl. Prof. Dr. med. Winfried MeißnerKlinik für Anästhesiologie und IntensivmedizinUniversitätsklinikum JenaErlanger Allee 10107747 Jena

    http://www.mwv-berlin.dehttp://dnb.d-nb.demailto:[email protected]

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    Die Autoren

    Dr. med. Joachim ErlenweinKlinik für AnästhesiologieGF SchmerzmedizinZentrum Anästhesiologie, Rettungs- und IntensivmedizinUniversitätsmedizin GöttingenRobert-Koch-Str. 4037075 Göttingen

    Dr. med. Jörg FreyhoffZentrum für Anästhesiologie, Intensivmedizin und SchmerztherapieKlinikum Vest GmbHDorstener Str. 15145657 Recklinghausen

    Antje GöttermannFachbereich SchmerztherapieKlinik für Anästhesiologie und IntensivmedizinUniversitätsklinikum JenaErlanger Allee 10107747 Jena

    Dr. med. Eva HoffmannAnästhesie und SchmerztherapieRuhrlandklinikWestdeutsches Lungenzentrum am Universitätsklinikum Essen gGmbH– Universitätsklinik –Tüschener Weg 4045239 Essen

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    Die Autoren

    Dr. med. Andreas KopfSchmerz- und PalliativzentrumKlinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative IntensivmedizinCharité – Universitätsmedizin BerlinCampus Benjamin FranklinHindenburgdamm 3012203 Berlin

    Dr. med. Eberhard Albert LuxKlinik für Schmerz- und PalliativmedizinSt. Marien-HospitalAltstadtstr. 2344534 Lünen

    apl. Prof. Dr. med. Winfried MeißnerKlinik für Anästhesiologie und IntensivmedizinUniversitätsklinikum JenaErlanger Allee 10107747 Jena

    Nadja Nestler, Dipl. Pflegewissenschaftlerin (FH)Institut für Pflegewissenschaft und -PraxisParacelsus Medizinische Universität, SalzburgStrubergasse 215020 SalzburgÖsterreich

    Prof. Dr. med. Esther Pogatzki-ZahnKlinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Operative IntensivmedizinUniversitätsklinikum MünsterAlbert-Schweitzer-Straße 3348149 Münster

  • vii

    Die Autoren

    Prof. Dr. med. Hans-Georg Schaible Institut für Physiologie 1/NeurophysiologieUniversitätsklinikum JenaFriedrich-Schiller-Universität JenaTeichgraben 807743 Jena

    Prof. Dr. med. Ulrike StamerUniversitätsklinik für Anästhesiologie und SchmerztherapieInselspital, Universität BernFreiburgstr.3010 BernSchweiz

    Daniel Thomas-RüddelKlinik für Anästhesiologie und IntensivmedizinUniversitätsklinikum JenaErlanger Allee 10107747 Jena

    PD Dr. med. Albrecht WiebalckAnästhesie und SchmerztherapieRuhrlandklinikWestdeutsches Lungenzentrum am Universitätsklinikum Essen gGmbH– Universitätsklinik –Tüschener Weg 4045239 Essen

    PD Dr. med. Stefan WirzAbteilung für Anästhesie, Interdisziplinäre Intensivmedizin, Schmerzmedizin/PalliativmedizinCURA – katholisches Krankenhaus im SiebengebirgeSchülgenstr. 1553604 Bad Honnef

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    Die Autoren

    Dr. med. Christine WurstKlinik für Allgemein-, Viszeral- und GefäßchirurgieUniversitätsklinikum JenaErlanger Allee 10107747 Jena

  • ix

    Einleitung

    Dieses Handbuch soll eine Lücke bei den derzeit verfügbaren Lehrbüchern zur postoperativen Schmerztherapie füllen, in dem es im OP und am Patientenbett konkrete Therapie-unterstützung anbietet. Das Kitteltaschenformat und die sehr praxisorientierte, mit Tabellen, Abbildungen und Al-gorithmen versehene Gestaltung ermöglichen damit allen Beteiligten – Pflegekräften, Ärzten, Physiotherapeuten, Psy-chologen – einen schnellen und gut verständlichen Rückgriff auf aktuelle Informationen.

    Das Buch ist entstanden auf der Grundlage der SOPs zur post-operativen Schmerztherapie der Universitätsklinik Jena. Im Vordergrund steht daher die konkrete, exemplarische Um-setzung theoretischen Wissens, nicht in erster Linie eine Aufzählung der verfügbaren Evidenz. Dennoch wird an ent-sprechenden Stellen auf evidenzbasierte Empfehlungen, insbesondere auf ausgewählte Inhalte der S3-Leitlinien ver-wiesen.

    Folgende Texthervorhebungen erleichtern den Umgang mit diesem Buch:

    Box 1 – „Merke/Wichtig“

    Wichtige Aussagen, die Sie nicht überlesen sollten, werden her-vorgehoben – z.B. Fehlerquellen und Gefahren bei der Beurtei-lung einer Situation oder der Anwendung einer Maßnahme.

    !

  • x

    Einleitung

    Box 2 – „Praxistipps“

    enthält klinische Hinweise und Empfehlungen persönliche Tipps aus der Praxis des Autors

    Box 3 – „Hintergrundinfo“

    Hier werden Hinweise auf korrespondierende Stellen der AWMF-Leit-linie „Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen“ gegeben.

    Auf Literaturhinweise wurde im laufenden Text weit-gehend verzichtet. Textbezogene Literaturhinweise können leicht über die Verweise zu den AWMF-Leitlinien (2007) er-mittelt werden. Ferner wurden kommentierte Literatur-empfehlungen angehängt. Hier sei insbesondere auf das Buch „Postoperative Schmerztherapie“ (Hrsg. Pogatzki-Zahn E, van Aken H, Zahn P) verwiesen, eine aktuelle deut-sche Darstellung der postoperativen Schmerztherapie mit einem ausführlichen Literaturverzeichnis. International finden sich aktuelle Literaturhinweise in „Acute Pain Management: The Scientific Evidence“ des Australian and New Zealand College of Anaesthetists (2010) (s. Kap. Litera-turempfehlungen, Webadressen).

    Der Herausgeber und alle AutorInnen würden sich sehr über konstruktive Kritik und Verbesserungsvorschläge freuen.

    ❱❱❱

  • xi

    Inhalt

    1 Physiologische Grundlagen von Nozizeption und Schmerz ___________________________________ 1Hans-Georg Schaible1.1 Nozizeption und Schmerz _________________________ 11.2 Periphere Nozizeptoren ___________________________ 21.3 Nozizeptive Neurone des Zentralnervensystems _______ 61.4 Endogene antinozizeptive Systeme _________________ 81.5 Nozizeptiver und neuropathischer Schmerz __________ 101.6 Mechanismen nozizeptiver und neuropathischer

    Schmerzen und deren Chronifizierung _______________ 111.7 Gefahren und Mechanismen der Chronifizierung

    von Schmerzen__________________________________ 17

    2 Organisatorische Aspekte der Akutschmerztherapie ___ 19Winfried Meißner2.1 Ziele der postoperativen Schmerztherapie ___________ 192.2 Strukturvoraussetzungen _________________________ 202.3 Personelle Organisation __________________________ 222.4 Qualifikation ___________________________________ 252.5 Verantwortlichkeit _______________________________ 272.6 Patienteninformation und Risikoaufklärung __________ 292.7 Schmerzmessung und Dokumentation ______________ 31

  • xii

    Inhalt

    3 Akutschmerztherapie: Aufgaben und Möglichkeiten der Pflege ____________ 41Nadja Nestler und Antje Göttermann3.1 Bedeutung der Pflegenden im Schmerz management __ 413.2 Schmerzassessment _____________________________ 433.3 Medikamentöse Schmerztherapie __________________ 473.4 Nicht-medikamentöse Maßnahmen _________________ 493.5 Information, Anleitung und Schulung _______________ 51

    4 Chirurgische Verfahren __________________________ 55Christine Wurst4.1 Präoperative Prophylaxe __________________________ 554.2 Intraoperative Prophylaxe _________________________ 564.3 Wundrandinfiltration ____________________________ 594.4 Postoperative Prophylaxe _________________________ 604.5 Fast Track-Konzept _______________________________ 61

    5 Pharmakologie _________________________________ 65Winfried Meißner5.1 Nichtopioidanalgetika ____________________________ 655.2 Opioide ________________________________________ 705.3 Adjuvantien ____________________________________ 795.4 Lokalanästhetika ________________________________ 825.5 Glukokortikoide _________________________________ 84

    6 Systemische Analgesieverfahren __________________ 87Winfried Meißner6.1 Überblick ______________________________________ 876.2 Differentialindikation von Nichtopioiden _____________ 886.3 Kombinationen von Analgetika ____________________ 886.4 Komplikationen und Probleme _____________________ 97

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    Inhalt

    7 Patientenkontrollierte Analgesie (PCA) _____________ 99Ulrike Stamer7.1 Applikationswege _______________________________ 997.2 Intravenöse PCA (PCIA) ___________________________ 1037.3 Komplikationen und Probleme _____________________ 114

    8 Epiduralanalgesie _______________________________ 117Esther Pogatzki-Zahn und Winfried Meißner8.1 Überblick ______________________________________ 1178.2 Eingesetzte Substanzen___________________________ 1188.3 Durchführung ___________________________________ 1208.4 Komplikationen und Probleme _____________________ 129

    9 Periphere und lokale Regionalanästhesie ___________ 143Esther Pogatzki-Zahn und Winfried Meißner9.1 Überblick ______________________________________ 1439.2 Eingesetzte Substanzen___________________________ 1449.3 Durchführung ___________________________________ 1459.4 Komplikationen und Probleme _____________________ 150

    10 Nichtmedikamentöse Verfahren ___________________ 157Winfried Meißner10.1 Placeboeffekte __________________________________ 15710.2 Psychologische Verfahren ________________________ 16010.3 Physiotherapeutische Verfahren ____________________ 16110.4 Komplementäre Verfahren ________________________ 16210.5 Umgebungsbedingungen _________________________ 168

  • xiv

    Inhalt

    11 Postoperative Übelkeit und Erbrechen ______________ 169Daniel Thomas-Rüddel11.1 Inzidenz und klinische Bedeutung __________________ 16911.2 Risikofaktoren und Risikoabschätzung _______________ 17011.3 Prophylaxe und Therapie__________________________ 172

    12 Akutschmerztherapie im Kindesalter _______________ 179Eva Hoffmann12.1 Haben Kinder mehr Schmerzen als Erwachsene? ______ 17912.2 Messinstrumente zur Schmerzerfassung _____________ 18012.3 Durchführung der Akutschmerztherapie _____________ 181

    13 Besondere Patientengruppen: alte Patienten ________ 193Albrecht Wiebalck13.1 Epidemiologische Aspekte_________________________ 19313.2 Akute Schmerzen im Alter _________________________ 19413.3 Physiologie und Pathophysiologie __________________ 19613.4 Die Schmerzmessung ____________________________ 19713.5 Therapie _______________________________________ 197

    14 Der opioidgewöhnte/drogenabhängige Patient ______ 203Joachim Erlenwein, Andreas Kopf und Ulrike Stamer14.1 Begriffsbestimmung _____________________________ 20414.2 Allgemeine Empfehlungen

    für opioidgewöhnte Patienten _____________________ 20614.3 Patienten mit chronischer Opioidtherapie ____________ 20714.4 Der Drogenabhängige und der Patient

    unter Substitution _______________________________ 21314.5 Der ehemals Drogenabhängige ____________________ 21514.6 Äquivalenzdosen einiger Opioide ___________________ 216

  • xv

    Inhalt

    15 Exazerbierter Tumorschmerz ______________________ 219Eva Hoffmann und Stefan Wirz15.1 Ätiologie von Tumorschmerzen ____________________ 21915.2 Schmerzarten ___________________________________ 22015.3 Durchbruchschmerz ______________________________ 22115.4 Minimale Schmerzerfassung bei Tumor schmerzen –

    Die 6 W’s ______________________________________ 22215.5 Therapie des exazerbierten Tumorschmerzes _________ 22215.6 Multimodale Tumorschmerztherapie ________________ 228

    16 Prozedurenspezifisches Schmerzmanagement _______ 231Winfried Meißner und Esther Pogatzki-Zahn16.1 Eingriffe an Kopf und Hals _________________________ 23216.2 Thoraxchirurgie _________________________________ 23316.3 Abdominalchirurgie ______________________________ 23316.4 Gefäßchirurgie __________________________________ 23416.5 Amputationen __________________________________ 23416.6 Wirbelsäulenchirurgie ____________________________ 23416.7 Extremitätenchirurgie ____________________________ 235

    17 Schmerztherapie bei ambulanten Operationen _______ 237Eberhard Albert Lux

    18 Schmerztherapie auf der Intensiv station ____________ 241Jörg Freyhoff18.1 Einleitung ______________________________________ 24118.2 Schmerzmonitoring ______________________________ 24218.3 Behandlungsmöglichkeiten _______________________ 24318.4 Qualitätssicherung ______________________________ 249

  • xvi

    Inhalt

    19 Qualitätssicherung ______________________________ 251Winfried Meißner19.1. Einführung _____________________________________ 25119.2 Leitlinien, Empfehlungen _________________________ 25319.3 QUIPS, PAIN-OUT ________________________________ 25819.4 Zertifizierungsinitiativen __________________________ 26019.5 Netzwerk Regionalanästhesie _____________________ 26319.6 Akutschmerzkurs des AK Akutschmerz

    der Deutschen Schmerzgesellschaft _________________ 264

    20 Rechtliche Aspekte ______________________________ 267Albrecht Wiebalck20.1 Patientenrechtegesetz ___________________________ 26820.2 Standard der Schmerzbehandlung __________________ 26920.3 Rechtsfolgen unterlassener Schmerztherapie _________ 27020.4 Beweislastverteilung _____________________________ 27120.5 Fehleroffenbarung – Tipps für die Praxis _____________ 27220.6 Organisationsfragen _____________________________ 27320.7 Aufklärung und Einwilligung ______________________ 27520.8 Dokumentation _________________________________ 27620.9 Fahrtüchtigkeit nach ambulanten Eingriffen _________ 27720.10 Zusammenfassung_______________________________ 277

    21 Aufbau eines Akutschmerzkonzeptes _______________ 279Winfried Meißner

    Anhang 281

    Literaturempfehlungen, Webadressen _______________________ 286

    Sachwortverzeichnis _____________________________________ 288

    Der Herausgeber ________________________________________ 302

  • 1

    1 Physiologische Grundlagen von Nozizeption und Schmerz

    Hans-Georg Schaible

    1.1 Nozizeption und Schmerz

    Nozizeption ist die Erkennung und Verarbeitung von gewe-beschädigenden (noxischen) Reizen durch das Nervensystem, spezifisch durch das nozizeptive Nervensystem. Zum nozi-zeptiven Nervensystem gehören die sensorischen Nervenfa-sern der peripheren Nerven, die in den Organen bzw. Gewe-ben noxische Reize aufnehmen und kodieren (periphere No-zizeptoren, s. Kap. 1.2), und die Nervenzellen und Nerven-bahnen im Zentralnervensystem, die diese Reize verarbeiten (nozizeptive Neurone des Zentralnervensystems, s. Kap. 1.3).

    Schmerz ist die spezifische subjektive Sinnesempfindung, die durch Nozizeption ausgelöst wird. In vielen Fällen spie-gelt der Schmerz die Nozizeption wider. Allerdings wird der Schmerz als subjektive Sinnesempfindung durch zusätzli-che Faktoren beeinflusst, z.B. Erwartungshaltung, Angst, Depression etc.

  • 2

    1 Physiologische Grundlagen von Nozizeption und Schmerz

    Man geht daher heute von einem Schmerzmodell aus, bei dem neben nozizeptiven (biologischen) auch psychische und soziale Fak-toren eine Rolle spielen.

    Durch solche Einflüsse können erhebliche Diskrepanzen zwischen dem Ausmaß der Nozizeption und der Stärke des empfundenen Schmerzes entstehen.

    Die Sinnesmodalität Schmerz hat physiologischerweise eine Warnfunktion, die für die Aufrechterhaltung der Körperin-tegrität erforderlich ist. Als subjektive Sinnesempfindung ist sie an das Bewusstsein gebunden. Gerade für den chirur-gischen Bereich ist von Bedeutung, dass trotz der Schmerz-ausschaltung zahlreiche nozizeptive Vorgänge ablaufen, die Langzeitwirkungen entfalten können.

    Die Ausschaltung von Schmerzen durch Allgemeinnarkose führt nicht dazu, dass die nozizeptiven Vorgänge ebenfalls völlig ausgeschaltet sind.

    Der Schmerz kann allerdings bei Patienten mit chronischen Schmerzen seine ursprüngliche Bedeutung als Warnemp-findung verlieren und als sinnlose Qual empfunden werden. Daher muss nach Möglichkeit verhindert werden, dass aku-ter Schmerz zu einem chronischen Schmerz wird.

    1.2 Periphere Nozizeptoren

    Hierbei handelt es sich um Nervenfasern mit dünn myelini-sierten (Aδ-Fasern) oder unmyelinisierten Axonen (C-Fa-sern). Die Zellkörper liegen im Spinalganglion. Im Gewebe

  • 3

    1.2 Periphere Nozizeptoren 1liegen die sensorischen Endigungen, die die noxischen Rei-ze aufnehmen. Diese Endigungen erscheinen als freie Ner-venendigungen ohne besondere Strukturmerkmale. Die zum Rückenmark ziehenden zentralen Fortsätze aktivieren über Synapsen die nozizeptiven Neurone des Rückenmarks (s. Abb. 1).

    Ionenkanäle für Transduktion

    Rezeptoren für Mediatoren

    Second messenger

    Substanz P, CGRP

    Abbildung 1

    Glutamat(Haupttransmitter

    AMPA-R

    mGlu-R

    NMDA-R

    Ca2+

    Abb. 1 Schematische Darstellung einer nozizeptiven sensorischen Nervenfaser mit der sensorischen Endigung im Gewebe und ihrer synaptischen Endigung an einem nozizeptiven Neuron des Rückenmarks. Der Inset links oben zeigt schematisch einen Membranausschnitt aus der Nozizeptormembran mit Ionenkanälen für die Transduktion und Rezeptoren für Entzündungsmediatoren. Der Inset rechts oben zeigt schematisch eine Synapse mit der präsynaptischen Endigung des Nozizeptors und der postsynaptischen Membran des Rückenmarkneurons. In dieser Membran sind die Rezeptoren für Glutamat dargestellt. AMPA-R und NMDA-R sind Ionenkanäle, die durch Glutamat geöffnet werden, mGlu-R ist ein metabotroper Glutamatrezeptor.

  • 4

    1 Physiologische Grundlagen von Nozizeption und Schmerz

    Die meisten Nozizeptoren sind polymodal und reagieren auf noxische mechanische Reize (schmerzhaften Druck, Quet-schen oder Einschneiden des Gewebes), noxische thermi-sche Reize (Hitze oder Kälte) und chemische Reize. Für die-se Reize gibt es in der sensorischen Endigung spezifische Sensormoleküle (spezialisierte Ionenkanäle für die Trans-duktion), die durch solche Reize geöffnet werden (s. Abb. 1). Nach Öffnung eines solchen Ionenkanals entsteht in der En-digung eine Depolarisation, die nachfolgend zur Auslösung von Aktionspotenzialen führt. Letztere wandern über das Axon zur Synapse im Rückenmark. Da der Nozizeptor spe-ziell und selektiv noxische Reize erkennen soll, hat er eine „hohe Erregungsschwelle“: Im normalen Gewebe werden die Ionenkanäle nur bei noxischen oder nahezu noxischen Reizintensitäten geöffnet. Bei Erkrankungen und Verletzun-gen wird die Erregungsschwelle allerdings gesenkt, was als Sensibilisierung bezeichnet wird (s. Kap. 1.6).

    Nozizeptoren werden physiologischerweise durch intensive mecha-nische, thermische oder chemische Reize erregt. Bei peripherer Sen-sibilisierung kann die Reizschwelle gesenkt sein.

    Ein Sensormolekül für noxische Hitzereize ist der Transient receptor potential Vanilloid 1- (TRPV1-)Ionenkanal. TRPV1 wird bei Einwirkung von Hitze auf das Gewebe geöffnet (die Schwelle liegt bei etwa 43 �C), und durch einen Einstrom von Natrium- und Calciumionen wird die Endigung depolari-siert. Der TRPV1-Ionenkanal kann auch durch Capsaicin und saure pH-Werte (< 5,9) geöffnet werden. Äthanol und diver-se Entzündungsmediatoren (Arachidonsäureprodukte) ha-

  • 5

    1.2 Periphere Nozizeptoren 1ben ebenfalls Einfluss auf die Kanalöffnungen, weswegen TRPV1 als ein Schlüsselmolekül der Nozizeption angesehen wird. Die Ionenkanäle für andere Reizmodalitäten (z.B. no-xische mechanische Reize) sind bisher nicht klar identifi-ziert, aber es werden andere Ionenkanäle aus der TRP-Fami-lie für diese Funktion diskutiert.

    Chemische Reize, z.B. Prostaglandine, Säure etc. können über verschiedene Wege Schmerzen auslösen. Entweder sie modulieren über Bindungsstellen direkt die Ionenkanäle (z.B. TRPV1) oder sie binden an Membranrezeptoren in den sensorischen Endigungen, die dann in der Endigung Second messenger-Kaskaden anstoßen, die ihrerseits Ionenkanäle öffnen (s. Abb. 1). Solche Vorgänge sind bei der peripheren Sensibilisierung wichtig (s. Kap. 1.6).

    Für die Auslösung von Aktionspotenzialen sind spannungs-gesteuerte Natriumkanäle entscheidend. Sie werden durch Lokalanästhetika inaktiviert, und durch die Blockade der Fortleitung von Aktionspotenzialen wird Schmerzfreiheit erzielt. Allerdings werden durch Lokalanästhetika auch an-dere Nervenfasern blockiert, wodurch es zu Störungen der Berührungssensibilität etc. kommt.

    Nozizeptoren können aus ihren Sensorendigungen im Ge-webe auch Neuropeptide wie Substanz P und Calcitonin ge-ne-related peptide (CGRP) freisetzen (s. Abb. 1). Diese Neuro-peptide werden vom Zellkörper über das Axon in die Endi-gung transportiert. Werden sie bei Erregung des Nozizeptors freigesetzt, können sie über die Wirkungen an Gefäßen Va-sodilatation, Plasmaextravasation und andere Effekte, z.B. das Einwandern von Makrophagen oder Degranulation von

  • 6

    1 Physiologische Grundlagen von Nozizeption und Schmerz

    Mastzellen auslösen. Dadurch entsteht eine neurogene Entzündung.

    1.3 Nozizeptive Neurone des Zentralnervensystems

    Dazu gehören nozizeptive Neurone des Rückenmarks, des Hirnstamms und des thalamokortikalen Systems. In diesen Nervenzellen werden die noxischen Reize aus der Peripherie verarbeitet.

    Nozizeptive Nervenzellen des Rückenmarks werden durch periphere Nozizeptoren synaptisch erregt. Der Transmitter ist vor allem Glutamat und peptiderge Nozizeptoren setzen zusätzlich auch Substanz P und CGRP frei (s. Abb. 1). Nozi-zeptive Rückenmarkzellen haben die Aufgabe, über aufstei-gende Nervenbahnen, insbesondere über den Tractus spino-thalamicus, das thalamokortikale System über das Einwir-ken eines noxischen Reizes zu informieren. Andere nozizep-tive Zellen des Rückenmarks sind als lokale Interneurone in segmentale motorische und vegetative Reflexbögen einge-bunden. Solche Reflexbögen bewirken z.B. eine Wegziehbe-wegung einer Extremität bei Einwirkung eines noxischen Reizes. Da viele nozizeptive Nervenzellen des Rückenmarks ihren synaptischen Eingang aus mehreren Organen bzw. Ge-weben erhalten (man spricht von Konvergenz), ist die Her-kunft der noxischen Reize für das Gehirn häufig nicht ein-deutig. Dies kann zu „übertragenen Schmerzen“ führen, bei denen die Schmerzempfindung nicht dorthin lokalisiert wird, wo die Nozizeption stattfindet. Dies ist besonders bei Erkrankungen der Viszera der Fall.

  • 7

    1.3 Nozizeptive Neurone des Zentralnervensystems 1Nozizeptive Neurone des thalamokortikalen Systems er-zeugen den bewussten Schmerz, sofern das Gehirn im Wach-zustand ist. Der Schmerz hat einen sensorisch-diskrimina-tiven und einen affektiv-emotionalen Aspekt. Sensorisch-diskriminativ bedeutet die Identifizierung eines noxischen Reizes hinsichtlich seiner Lokalisation, Dauer und Intensi-tät. Dafür ist das Laterale thalamokortikale System zuständig, das aus Umschaltneuronen im lateralen Thalamus und den Gebieten SI und SII im postzentralen Gyrus besteht. Der af-fektiv-emotionale Aspekt ist für die Leidenskomponente des Schmerzes verantwortlich. Er wird im Medialen thalamokortikalen System erzeugt, das aus Umschaltneuronen im zent-ralen und medialen Thalamus, Teilen des anterioren Gyrus cinguli, der Insel und des präfrontalen Kortex besteht (s. Abb. 2a).

    Weitere nozizeptive Nervenbahnen ziehen zu den parabra-chialen Kernen des Hirnstamms, und von dort aus werden die Amygdala und der Hypothalamus aktiviert. Die Amyg-dala sind ein wichtiges Kerngebiet für die Erzeugung von Emotionen, speziell von Furcht. Aufsteigende Nervenfa-sern, die vor allem in der Formatio reticularis enden, erzeu-gen Wachheit. Ein Teil der aufsteigenden Fasern aktiviert die schmerzhemmenden (antinozizeptiven) absteigenden Systeme (s. Kap. 1.4).

    Im Gehirn sind verschiedene Zentren für Lokalisation und Intensitäts-wahrnehmung von Schmerz, für seine emotionale Komponente so-wie für Aufmerksamkeits- und Fluchtreaktionen verantwortlich.

  • 8

    1 Physiologische Grundlagen von Nozizeption und Schmerz

    1.4 Endogene antinozizeptive Systeme

    Auf jeder Ebene des nozizeptiven Systems können nozizep-tive Nervenzellen gehemmt werden. Dies wird durch kör-pereigene Systeme bzw. Mediatoren erreicht, und auf diese Weise kontrolliert das Nervensystem bis zu einem gewissen Grade das Ausmaß von Nozizeption und Schmerz. Außer-dem können diese Systeme therapeutisch genutzt werden.

    Abbildung 2, neu 29.09.14

    a) b)Laterales System

    Mediales System

    Deszendierende Hemmung

    PAG

    RVM

    Abb. 2 a) Kortikale Schmerzmatrix mit dem Lateralen System (in S1 und S2 im Gyrus postcentralis) für die sensorisch-diskriminative Komponente des Schmerzes und mit dem Medialen System (Insula und Gyrus cinguli anterior, ACC) für die affektiv-emotionale Komponente des Schmerzes. b) Vom Hirnstamm absteigendes Hemmsystem, das die nozizeptive Verarbeitung im Rückenmark dämpft. Der Ausgang liegt im Periaquäduktalen Grau (PAG), von dem Fasern zur rostraventralen Medulla (RVM) absteigen. Von dort steigen Axone im dorsolateral Funiculus zum Rückenmark ab. Das PAG kann vom Kortex aus aktiviert werden.

  • 9

    1.4 Endogene antinozizeptive Systeme 1Periphere Nozizeptoren besitzen neben Ionenkanälen und Rezeptoren für die Erregung auch Rezeptoren für Mediato-ren, die Nervenzellen hemmen. Dazu gehören körpereigene Opioide und Somatostatin und andere. Auch zahlreiche no-zizeptive Neurone des Zentralnervensystems besitzen Rezep-toren für Opioide und andere hemmende Mediatoren, so dass auf jeder Ebene eine Balance zwischen erregenden und hemmenden Mechanismen gegeben ist.

    Ein spezielles System für die Antinozizeption hat seinen Ur-sprungsort in Hirnstammkernen, nämlich im periaquäduk-talen Grau (PAG) und im Nucleus raphe magnus (NRM). Von diesen Kernen steigen Fasern im dorsolateralen Funicu-lus des Rückenmarkes ab und unterdrücken dort mit Hilfe von Interneuronen die Verarbeitung nozizeptiver Informa-tionen (s. Abb. 2b). Das PAG und der NRM bewirken eine to-nische deszendierende Hemmung. Zusätzlich gibt es einen ab-steigenden Hemmungsmechanismus, der als descending noxious inhibitory control (DNIC) beschreiben wird. Dieses wird durch noxische Reize aktiviert. Die absteigenden Systeme können vom Kortex aus aktiviert oder moduliert werden. Dies ist eine wichtige Grundlage dafür, dass Schmerzen vom Kortex aus beeinflusst werden können, z.B. beim Placeboeffekt.

    Körpereigene Hemmmechanismen modulieren die Schmerzwahr-nehmung. Sie können sowohl endogen als auch durch äußere Inter-ventionen (z.B. bestimmte Medikamente) aktiviert werden.

  • 10

    1 Physiologische Grundlagen von Nozizeption und Schmerz

    1.5 Nozizeptiver und neuropathischer Schmerz

    Man unterscheidet grundsätzlich nozizeptive Schmerzen (Gewebeschmerzen) und neuropathische Schmerzen (Ner-venschmerzen) und versucht, die unter verschiedenen pa-thologischen Bedingungen entstehenden Schmerzen diesen Kategorien zuzuordnen. Ein nozizeptiver Schmerz entsteht, wenn der auslösende Schmerzreiz primär die sensorischen Endigungen von Nozizeptoren depolarisiert, er ist ein rezep-tiver Schmerz. Physiologischer Nozizeptorschmerz entsteht durch noxische Reizeinwirkung auf normales Gewebe. Pathophysiologischer Nozizeptorschmerz entsteht bei Entzündun-gen und Verletzungen. Er kann als Ruheschmerz auftreten (Schmerz in der Abwesenheit jeglicher absichtlicher Stimu-lation) und/oder als Hyperalgesie (verstärkte Schmerzintensi-tät bei noxischer Reizung) und/oder Allodynie (Auftreten von Schmerz bei Reizintensitäten, die normalerweise unter der Schmerzgrenze liegen).

    Der neuropathische Schmerz entsteht durch eine Verletzung oder Schädigung von Nervenfasern (z.B. bei Nervenverlet-zungen, bei metabolisch bedingten Nervenschädigungen, bei Kompression). Hierbei entstehen Aktionspotenziale häufig unphysiologischerweise im Bereich des Axons oder des Zellkörpers der Nozizeptoren (man spricht von ektopen Entladungen). Daher signalisiert dieser Schmerz nicht in erster Linie eine noxische Gewebereizung, und er wird als abnormal empfunden, weil er nicht aus der Einwirkung eines schmerzhaften Reizes entsteht. Er hat oft einen bren-nenden oder elektrischen Charakter, kann lang andauern oder in kurzen Episoden auftauchen (z.B. Trigeminusneur-

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    1.6 Mechanismen nozizeptiver und neuropathischer Schmerzen und deren Chronifizierung 1

    algie). Er kann mit Hyperalgesie und Allodynie kombiniert sein, aber auch mit Hypoalgesie oder Analgesie, wenn die sensorischen Endigungen nicht mehr richtig funktionsfä-hig sind. Schäden an zentralen schmerzverarbeitenden Neuronen (z.B. im Thalamus) können zentralen Schmerz ver-ursachen.

    Manche Krankheitsbilder oder Eingriffe erzeugen nozizeptive und neuropathische Schmerzen. Eine Operation führt zur Entzündung des Gewebes, und sie kann auch Nervenfasern verletzen.

    Ein besonderes Problem ist die Chronifizierung von Schmer-zen. Chronischer Schmerz kann durch eine chronische Krankheit bedingt sein (z.B. Arthroseschmerz, Schmerz bei rheumatoider Arthritis), aber in vielen Fällen besteht kei-ne klare kausale Beziehung mehr zwischen Nozizeption und Schmerz: der chronische Schmerz reflektiert nach dem Eindruck des Untersuchers nicht mehr den Gewebe-schaden.

    1.6 Mechanismen nozizeptiver und neuropathischer Schmerzen und deren Chronifizierung

    Praktisch immer sind periphere und zentrale Vorgänge an der Schmerzentstehung beteiligt (s. Abb. 3). Ihre Kombina-tion und Gewichtung hat Einfluss auf den Schmerzcharak-ter und die Schmerzintensität. Solche Vorgänge sind:

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    Periphere Sensibilisierung

    Sie ist ein wesentlicher Mechanismus pathophysiologischer nozizeptiver Schmerzen bei Entzündungen, Verletzungen etc. Hierbei wird die Empfindlichkeit peripherer polymoda-ler Nozizeptoren gesteigert, so dass ihre sensorischen Endi-gungen im Gewebe bereits durch Reize niederer Intensität zu erregen sind. Ihre Entladungsrate auf noxische Reize nimmt zu. Dies ist eine Grundlage für die primäre Allodynie und primäre Hyperalgesie am Ort der Sensibilisierung (s. Kap. 1.5). Induziert wird die Sensibilisierung durch Ent-zündungsmediatoren, die an die Rezeptoren der sensori-schen Endigung binden (s. Kap. 1.2). Dadurch werden Se-cond messenger-Wege aktiviert, die die Ionenkanäle bereits bei Reizintensitäten öffnen, die normalerweise nicht no-xisch sind (s. Abb. 1). Klassische Entzündungsmediatoren

    Periphere Sensibilisierung

    SpinaleSensibilisierung

    Induktion zentraler Schmerzprozesse

    im Gehirn

    Aktivierung der kortikalen Schmerzmatrix

    Induktion neuroplastischer Veränderungen

    Reduktion hemmender Vorgänge (z.B. absteigende Hemmung)

    Abbildung 3

    Abb. 3 Übersicht über Veränderungen im nozizeptiven System bei Aktivierung durch signifikante und langdauernde noxische Reize (Modell insbesondere für den pathophysiologischen Nozizeptorschmerz)

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    1.6 Mechanismen nozizeptiver und neuropathischer Schmerzen und deren Chronifizierung 1

    wie Prostaglandine, Bradykinin, Serotonin bewirken schnell eintretende, aber kurzzeitige Sensibilisierungseffekte im Minutenbereich. Auch Neuropeptide können Endigungen sensibilisieren. Eine langsam beginnende, aber persistie-rende Sensibilisierung wird durch proinflammatorische Zy-tokine und Neurotrophine, z.B. Nerve growth factor er-zeugt.

    Die Verhinderung der peripheren Sensibilisierung ist ein we-sentliches Ziel analgetischer Therapie. Sie wird reduziert durch Prostaglandinsynthesehemmer, Antikörper gegen NGF, Zytokin-neutralisierende Substanzen etc. Eine Alter-native ist die Applikation von Mediatoren, die Nozizeptoren hemmen, z.B. Opioide (s. Kap. 1.4).

    Ektope Entladungen

    Ektope und spontane Bildung von Aktionspotenzialen im Axon sind ein wesentlicher neuronaler Mechanismus neuro-pathischer Schmerzen. Ektope Aktionspotenziale entstehen nicht in der sensorischen Endigung, sondern an erkrankten Stellen einer Nervenfaser oder im Zellkörper erkrankter Ner-venfasern. Der dadurch ausgelöste Schmerz wird in das En-digungsgebiet projiziert, da das Gehirn nicht erkennt, an welcher Stelle des Neurons die Aktionspotenziale entstehen. Ektope Entladungen entstehen durch Änderungen der Io-nenkanäle, die in die Membran eingebaut werden, durch Entzündungsmediatoren, die am geschädigten Axon angrei-fen, und in manchen Fällen durch Mediatoren des sympa-thischen Nervensystems.

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    1 Physiologische Grundlagen von Nozizeption und Schmerz

    Zentrale Sensibilisierung

    Sie kommt bei nozizeptiven und neuropathischen Schmer-zen vor und stellt eine Übererregbarkeit nozizeptiver Neuro-ne im Zentralnervensystem und damit einen zentralen Schmerzverstärkungsmechanismus dar. Die zentrale Sensi-bilisierung beginnt im Rückenmark mit der spinalen Sensi-bilisierung. Auch die zentrale Sensibilisierung trägt zur Ab-senkung der Schmerzschwelle und zur Steigerung der Schmerzempfindlichkeit am Ort der Erkrankung bei (primä-re Hyperalgesie). Zusätzlich ist sie verantwortlich für die räumliche Ausdehnung des Schmerzes über das erkrankte Areal oder Organ hinaus (sekundäre Hyperalgesie). Letztere ist durch die Konvergenz von Nozizeptoren aus verschiede-nen Organen auf ein- und dasselbe spinale Neuron zu erklä-ren (s. Kap. 1.3). Die zentrale Sensibilisierung hat Analogien zur Langzeitpotenzierung in Gehirnstrukturen der Gedächtnis-bildung, eine synaptische Plasitiztät, die den auslösenden Eingangsimpuls überdauert.

    Die entzündungsbedingte spinale Sensibilisierung lässt sich gro-ßenteils auf den verstärkten nozizeptiven Eingang durch sensibilisierte Nozizeptoren zurückführen. Sensibilisierte Nozizeptoren setzen im Rückenmark vermehrt Glutamat, Substanz P und CGRP frei, und durch die verstärkte Depola-risation werden NMDA-Rezeptoren (Glutamatrezeptoren, die Neuroplastizität induzieren) ins Spiel gebracht, die die Empfindlichkeit der spinalen Neurone für ihre Eingänge verstärken (s. Abb. 1). Hinzu kommt eine rasche Hochregu-lation der Cyclooxygenasen im Rückenmark, und das spinal gebildete PGE2 unterstützt die spinale Sensibilisierung über

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    die Aktivierung neuronaler EP-Rezeptoren. Auch Zytokine (IL-6, TNF) können einen Beitrag leisten. Die so entstande-ne spinale Sensibilisierung lässt sich durch die spinale Ad-ministration von NMDA-Rezeptor-Antagonisten (z.B. Keta-min) und durch spinal wirksame Cyclooxygenasehemmer verhindern bzw. abschwächen. Nicht-selektive Cyclooxyge-nasehemmer wirken im Rückenmark nur dann hemmend auf die spinale Sensibilisierung, wenn sie vor der Entwick-lung der spinalen Sensibilisierung appliziert werden, jedoch nicht nach Etablierung der spinalen Sensibilisierung. Da-gegen reduzieren selektive Cyclooxygenase 2-Hemmer auch die etablierte spinale Übererregbarkeit.

    Bei neuropathischen Prozessen sind teilweise andere oder zu-sätzliche Mechanismen beteiligt. Beispielsweise werden Gliazellen aktiviert. Diese Zellen können durch Glutamat und Kotransmitter und andere Mediatoren aktiviert werden. Sie produzieren dann ihrerseits zahlreiche Mediatoren, z.B. NO, Neurotrophine wie BDNF, und proinflammatorische Zy-tokine, die das Milieu im Rückenmark in einer pronozizep-tiven Weise verändern. Eine starke Gliabeteiligung an der spinalen nozizeptiven Verarbeitung wurde vor allem bei neuropathischen Schmerzzuständen beschrieben, jedoch laufen blandere Vorgänge wahrscheinlich auch bei Entzün-dungen ab.

    Veränderungen kortikaler Schaltkreise

    Bei Schmerzzuständen kann es zu einer Umorganisation neuronaler Schaltkreise kommen. Unklar ist, ob sie Ursache oder Folge von Schmerzen ist. Ebenfalls im Kortex wird bei


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