Botanisches Institur der Christian-Albrechts-Universitat Kiel , Bundesrepublik Deutschland
Anderungen des Chloroplastenpigment-Spiege1s bei Sphagnummagellanicum im Verlauf der Synthese von Sphagnorubin undanderer membranochromer Pigmente
Changes in Plastid Pigments in Sphagnum mageLlanicum during Synthesisof Sphagnorubin and other Mernbranochrome Pigments
HANSJORG RUDOLPH, UWE KABSCH und GERD SCHMIDT-STOHN
Mit 5 Abbildungen
Eingegangen am 2. August 1976 . An genommen am 25. Oktober 1976
Summary
A method is described for th e determination of th e relat ive content of the red wallpigment s synt hesized by Sph agn um mag. and other Sphagna cooled to + 0.5 DC duringa da rk period (12 h), when the threshold of light intensity in th e follo wing light period(12 h) does not fall short of approx imately 2000 lx. Th e synthesis of spha gnorubin andother wa ll pigments in th e capitulum is linked with characterist ic chan ges in the contentof the chloroplast pigments. The content of chlorophyll a decreases comparatively morequickly than that of chlorophyll b ; considerably more distinct are th e variat ions in thecarotenoid/chlorophyll quotients. It thu s becomes evident that th e relative content ofcarorenoids increases during th e synthesis of red wall pigments. No signi ficant influence onthe content of chloroplast pigments in the 4-5 cm long suba pica l stem segments can'normally be demonstrated in such an experiment.
In agreem ent with the kno wledge that no synthesis of wall pigments takes pla cewithout analogous changes in the content of the chloroplast pigment s, no sphagnorubinsynthesis takes place in th is region under the described cond itions. Th at this is merel ythe consequence of insufficient illumination can be proved by inducing changes in thechloroplast pigment content and synt hesis of wall pigments, which then take place whenthe capitula have been removed prior to the start of the chilling experiment .
The colouring produced by a chilling experiment is reversible in so far as it does notinvolve an especially strong disturbanc e of metabolic proces ses. Within a few days afterthe end of a chilling period wh ich ha s led to complete colour chan ge of the sphagnacapitula, an essential amount of the red pigments in the cell walls will again be mobilizedand metabolized. The synthesis of chloroplast pigments is first man ifested by the chlorophylls, whereas the synthesis of carotenoids initially retarded. This is especially true of thepigment s of the «xant hophyll -cycle».
Key wo rds: plastid pigments, synthesis 0/ sphagnorubin, Sphagnum magellanicum.
Z. Pjlan zenph ysiol. Bd. 82. S. 107-116. 1977.
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Problemstellung
Einige Sphagnumarten zeigen im Verlauf emer Vegetationsperiode mehrfacheUmfarbungen von Griin nach Rot und von rotbraunen Farbtcnen zuriick nachGriin. Sehr ausgepragt ist dieses Phan omen z. B. bei Sphagnum magellanicum(BRIO.), Sphagnum rubellum (WILS.) und Sphagnum nemoreum (ScOP.).
Diese Umfarbungen der griinen Sphagnen werden u. a. entscheidend durch dieSynthese von Wandfarbstoffen bedingt, deren chemische Natur trotz intensiver Bemiihungen lange unklar geblieben war, da es nicht gelang, die sehr schwer extrahierbaren und empfindlichen Pigmente rein zu isolieren.
Ab 1963 konnten schliefilich chromatographisch reine Fraktionen gewonnen werden (RUDOLPH, 1963, 1965; BENDZ et al., 1965); schliefslich gelang es, das violettrote Kardinalpigment aus Sphagnum magellanicum - das Sphagnorubin - kristallin darzustellen (RUDOLPH und VOWINKEL, 1969). Die Strukturaufklarung durchVOWINKEL (1975) ergab, dag es sich beim Sphagnorubin urn die Anhydrobase einesAnthocyanidins mit einem [ilr Flavonoide bisher unbekannten 2-Phenylphenanthro[2,1-b] pyran - Ringgeriist handelt (8,11-Dihydroxy-2-(3,4 dihydroxyphenyl)- 9H-phenanthro [2,1-b] pyran-9-on).
In Freiland- und Kulturversuchen unter definierten Bedingungen konnte gezeigtwerden, dag tiefe Nachttemperaturen in Verbindung mit bestimmten Bestrahlungsverhaltnissen die Ausbildung der membranochromen Pigmente und damit die beschriebenen Umfarbungen auslosen (RUDOLPH, 1964). 1m Zuge der Synthese dermembranochromen Pigrnente setzt eine Depression der Photosyntheseleistung (RuDOLPH, 1968) ein, dariiber hinaus sind typische Abbauerscheinungen bei den Chloroplastenpigmenten festzustellen. Ziel der hier vorgelegten Daten ist es, die Veranderungen der Chloroplastenpigmente im Verlaufe der Synthese der Wandfarbstoffe zusammenfassend darzustellen.
Material und Methoden
Fur die Analysen der Chloroplastenpigmente und der roten Wandfarbstoffe wird dasTorfmoos Sphagnum magellanicum aus dem Kaltenhofer Moor bei Kiel verwendet. DieUntersuchungen erfolgen am Freilandmaterial und an Sphagnen, die unter definiertenBedingungen kultiviert worden sind.
Kulturdaten: Ternperatur 18,5 ± 0,5 DC, relative Luftfeuchtigkeit 90 ± 5 "l», Photoperiode 12: 12 Stunden, Bestrahlungsstarke ca. 26 000 erg.' cm" . sec" (Osram Leuchtstoffrohren, 40 W, symmetrische Anordnung der Leuchtstoffrohren 22, 20, 15).
Zur Kulturtechnik vgl. RUDOLPH (1963), zur Nahrlosungszusammensetzung RUDOLPHund BREHM (1965). In einen Versuch gelangen nur Proben, die einer mehrwochigen Vorkultur unterworfen worden sind. Die Kaltebehandlung (+ 0,5 DC) wahrend der Dunkelperiode wird durch Umstellen der Proben in umgebaute Ehret-Schranke (Modell 57, TypF) durchgefiihrr. Die thermoelektrische Temperaturkontrolle der Moosoberflache zeigt an,daB bei dem gewahlren Programm die Sphagnumkopfchen nach ca. 2 Std. auf + 0,5 DCabgekiihlr sind. Zur Vermeidung von Eisbildung (Verdunstungskalrc) werden die Moosoberflachen wahrend der Kaltebehandlung abgeschirrnr.
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Chloroplastenpigment-Spiegel bei Sphagnum 109
Fiir die Pigmenranalysen werden die Sphagnumkopfchen abgeschnitten, sofort tiefgefroren, gefriergetrocknet, mit einer Schlagmiihle (20 000 Upm) ca. 30 Sekunden vorgemahlen und anschliefiend in einer Teflonkapsel eines Mikrodismembrators (Fa. Braun, Melsungen) mit Glasperlengemisch homogenisiert.
Werden bei den Pigmentanalysen nur Chlorophyll a und b gemessen, erfolgt die Bestimmung photometrisch im Pigmentgemisch. Ca. 20 mg des homogenisierten Sphagnumpulvers mit 800/oigem Aceton extrahieren, iiber eine Mikrospezialfritte (G 4) in einen 25ml-MeBkolben abnutschen und die bei A = 647 nm bzw. A = 664 nm gemessenen Extinktionen als Berechnungsgrundlagen verwenden; vgl. z. B. ZIEGLER und EGLE (1965). Sollen zusatzlich zu Chlorophyll a und b auch die Carotinoide erfalit werden, dann sind diegenannten Chloroplastenpigmente nach diinnschichtchromatographischer Trennung (HAGERund MEYER-BERTENRATH, 1966, 1967) zu photornetrieren. Dazu werden ca. 400 mg grunes bzw. 800 mg rot verfarbtes Ausgangsmaterial in einer Fritte (G 4) mit 10 ml eines gepufferren Losungsmittels (95 Teile Aceton + 5 Teile TRIS Puffer pH 7,2) extrahiert. Nahere Einzelheiten zur Methode siehe SCHMIDT-STOHN (1977). Fiir die Chlorophylle liefernbeide Verfahren gut iibereinstimmende Werte.
Zur quantitativen Erfassung der im Verlauf der Umfarbungen einsetzenden Syntheseder membranochromen Pigmente ist folgende Relativmethode entwickelt worden, die esgestattet, eine nur visuelle Beurteilung durch eine Mafszahl zu ersetzen: 10 mg eines extrem Fein homogenisierten Sphagnumpulvers (Mikrodismembrator Teflonkapsel mit Glasperlengemisch 5malige Homogenisation von jeweils 2 Minuten, Zwischenkiihlung) werdenmit 30 ml salzsaurem Methanol (Methanol: HCI 360J0ig, 99,5 : 0,5 V IV) extrahiert, Von denilber eine Fritte abgesaugten Farblosungen wird die im Differenzspektrum bei A= 526 nmauftretende Peakhohe als Maflzahl fiir die Synthese membranochromer Pigmente betrachtet.
Bei diesem Verfahren ist zu beriicksichtigen, daB aufgrund der geringen Loslichkeit derWandfarbstoffe (zur Problematik vgl. RUDOLPH, 1965) die Extraktion nur dann ± quantitativ ist, wenn von frisch verfarbtem Material ausgegangen werden kann, das Sphagnumpulver extrern Fein zermahlen und das erprobte Verhaltnis Einwaage zur Menge des Extraktionsmittels eingehalten wird (ca. 10 mg; 30 ml). Eiir stark verfarbtes Sphagnum sinddie Werte jedoch mit Sicherheit zu niedrig, wahrend die Methode fiir den Zeitraum dereinsetzenden Urnfarbung - und darauf kommt es uns vor allem an - gut brauchbar ist,wie eingehende Untersuchungen zur Methodik gezeigt haben.
Versuchsergebnisse
Die Chloroplastenpigmente von Sphagnum magellanicum sind je nach physiologischem Zustand und Standort in Konzentration und Mengenverhaltnissen starkenSchwankungen unterworfen (vgl. auch SCHMIDT-STOHN, 1977). In Abb. 1 ist alsBeispiel der Chlorophyllgehalt von Sphagnum magellanicum-Kopfchen, der imVeriauf einer Vegetationsperiode im Kaltenhofer Moor gemessen werden konnte,dargestellt. Dem starken Anstieg des Chlorophyllspiegels etwa Mitte Mai folgt einsteter Abfall der Pigmentgehalte, der urn so ausgepragter ist je hoher im Friihjahrder Anstieg war.
Die Werte fur Chlorophyll a + b an einer durch Ericaceen bcschattetcn Sphagnum magellanicum Versuchsflache liegen klar iiber denen eines stark besonntenAreals. Noch deutlicher als die Angabe des absoluten Pigmentgehaltes kennzeichnetder Vergleich von Pigrnentverhaltniszahlen von Sonnen- und Schattenstandorten im
Moor die gegebenen Verhaltnisse.
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Fig. 1: Chlorophyll (a + b) contentsin Sphagnum magellanicum capituladuring a vegetation period in theKaltenhofer Moor near Kie1. 0-0sun-exposed location; .-. shadylocation.
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SCHMIDT-STOHN (1977) kann nachweisen, daB Material von sonnigen Standorteneincn deutlich erhohten relativen Carotinoidgehalt aufweist; dabei ist kennzeichnend, daB vor allem der relative Gehalt der 3 Pigmente des Xanthophyllzyklus bezogcn auf 100 Mol Gesamtcarotinoide bei sonnigen Standorten deutlich hoher ist,
Zum Ausgleich solcher unterschiedlichen Ausgangsgehaltc wird deshalb Versuchsmaterial zunachst vorkultiviert, Dennoch zeigt sich dann bei der Kultur unter definierten Bedingungen, daB je nach Ausgangspigmentgehalt und gewahlter Beleuchtungsstarke der Chlorophyllspiegcl wahrend der Kultur charakteristischen Veranderungen unterliegt. Diese Veranderungen sind bei der zwangslaufig zu wahlendenBezugsbasis Trockengewicht auch allein schon durch die Wuchsform (MaBzahlKopfchengewichte) mitbeeinflulk
Nach unseren bisherigen Erfahrungen mit der Kultur von Sphagnum unter definierten Bedingungen hat erwartungsgernaf die Beleuchtungssrarke einen sehr entschcidenden Einfluf auf den Pigmentgehalt der Sphagncn. In Abb. 2 ist zunachstbei cinem Vergleich der Kontrollproben zu erkennen, daB ausgehend von einemPigmentgehalt von 300 nMol unter den angegebenen Kulturbedingungen bei einerBelcuchtungsstarke von 600 Lux der Chlorophyllgehalt stark ansteigt, die Sphagnenetiolieren jedoch vollig: bei erhohter Beleuchtungsstarke (2000 Lux) werden Etiolement und Anstieg des Pigmentspiegels geringer. Bei den z. Z. bei uns iiblichen Kulturbedingungen kann bei ca. 5000 Lux der Pigmentspiegel stabil gehalten werden,wahrend Beleuchtungsstarken von ca. 10000 Lux einen langsam einsetzenden Chlorophyllabbau zur Folge habcn, der je nach Ausgangsspiegcl mchr oder minder ausgepragt ist und schliefslich zum Vcrgilben und u. U. zum Absrerben der Probenfiihrt: ein Ergebnis, das nach Abb. 1 zwar plausibel, aber fur eine Langzeitkulturder Sphagnen insbesondere deshalb nicht befriedigend ist, wei I nur schwer verstandlich wird, warum im Vergleich zum natiirlichen Standort die hier niedrigen Beleuchtungsstarken zu so ausgepragten Pigmentabbauerscheinungcn fiihren").
1) Neue Versuche mit anderen Lichtquellen haben in diesem Zusammenhang ergeben,daB der spektralen Energieverteilung bei Langzeitkulturen eine wesentliche Bedeutung zukornrnr. Mit Osram HQI TS power Star-Larnpen haben wir neuerdings bei Langzeirkulturenunter hoheren Beleuchtungssrarken entscheidend bessere Resultate erzielt.
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Chloroplastenpigrnent-Spiegel bei Sphagnum 111
Fig. 2: Chlorophyll (a + b) contentsof the control samples during lightand dark periods at + 18°C withfollowing light intensities during theformer periods: 600 Ix;.---e 2000 Ix; 0--0 5000 Ix;+--+ 10,000 Ix. - Chlorophyll(a + b) contents of chilled samplesduring dark periods at +0.5°C andlight periods at + 18°C and thefollowing light intensities:600 lx ; • - - -. 2000 Ix; 0 - - - 05000 Ix; + - - - + 10,000 lx,
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5. 10. 15. 20. 25. 30.Versuchstag
Nach unseren Untersuchungen losen vor all em niedrige Temperaturen wahrendder Dunkelperiode dann die Synthese membranochromer Pigmente aus, wenn in dernachfolgenden Lichtperiode der Schwellenwert der Beleuchtungsstarke von ca. 2000Lux nicht unterschritten wird (RUDOLPH, 1963).
Zieht man in Abb. 2 die Werte fur die kaltebchandcltcn Proben mit in die Betrachtung ein, so wird ersichtlich, daf die Bedingungen, die zu einer Synthese vonWandfarbstoffen fiihren, auch charakteristische Veranderungen im Chlorophyllspiegel auslosen. Bei Beleuchtungsstarken, die deutlich unter 2000 Lux liegen, d. h.Werten, bei denen trotz Kaltebehandlung wie betont keine Wandfarbstoffe synthetisiert werden, verandert sich der Gehalt an Chloroplastenpigmenten der kaltebehandelten Proben gegeniiber dem der Kontrollen nicht,
Im Bereich des Schwellenwertes bleibt der sehr deutliche Pigmentspiegelanstiegbei den kaltebehandelten Proben der Kontrollen aus. Wird der Schwellenwert furdie Beleuchtungsstarke iibcrschritten und setzt damit bei den kaltebehandelten Proben die Synthese membranochromer Pigmente ein, so ist dieser mit einem Abbauder Chloroplastenpigmente korreliert. Der Chlorophyllabbau ist - wie Detailuntersuchungen gezeigt haben - nach den ersten Kaltebehandlungen besonders ausgepragt ; auch fur die Carotinoide resultiert - in Abb. 2 nicht dargestellt - im gleichen Zeitraum ein entsprechender Abbau. Die drastischen Anderungen erfolgen somit in einem Zeitraum, in dem auch die Photosyntheseleistung stark zuriickgeht(vgl. RUDOLPH, 1968). Nach der 5. bis 7. Kaltebehandlung sind die Oberflachen gegeniiber der Kontrolle dann deutlich blafsgelb geworden und nach dem 7.-10.
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Fig. 3: Changes in the relative contents ofthe red wall pigments of Sphagnum magellanicum at a light intensity 8000 lx. 0-0green Sphagna cooled to + 0.5 °C duringthe dark period (12 h) from the first day ofthe experiment..--. control samplesgrown at + 18°C during the light and darkperiods. +-- + samples having beencooled to 0.5 °C during the dark period overa period of 60 days (red coloured Sphagnummagellanicum). At the beginning of the experiment the temperature was set at 18°Cfor both the light and dark periods.
Versuchstage setzt dann in der Regel eme fur den Beobachter sichtbare Rorverfarbung ein.
Diese Neusynthese von membranochromen Pigmenten ist in Abb. 3 nach der eingangs beschriebenen Methode fur einen typischen Kalteversuch erfafst, Es wird ausder Abbildung sehr deutlich, daf der Hauptanteil der membranochromen Pigmenteerst vergleichsweise spat - ab der 15. Kaltebehandlung gebildet wird. Die zunachstbei Versuchsbeginn bis zur 6. Kaltebehandlung festzustellende Extinktionsabnahmelagt sich zwanglos durch die Beeinflussung des Mefiwertcs durch den in den erstenTagen bei Kaltebehandlung stark einsetzenden Chlorophyllabbau verstehen,
Der sich ab dem 6. Versuchstag einstellende Extinktionsanstieg zeigt an, dagnunmehr die Wandfarbstoffsynthese iiberwiegt. Man kann aufgrund dieser Mefsergebnisse festhalten, dag die eingefuhrte Methode es erlaubt, den Verfarbungsgrad inseinem Ausmaf in einer Mefszahl festzulegen.
Die mit der Synthese der membranochromen Pigmente stets korrelierten Abbauerscheinungen in den Chloroplasten sind dadurch gekennzeichnet, daf Chlorophyll awahrend der Kaltebehandlung etwas schneller abgebaut wird als Chlorophyll b; sofallt z. B. der Quotient Chlorophyll a/Chlorophyll b von 2,8 wahrend einer mehr-
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Chloroplastenpigment-Spiegel bei Sphagnum 113
wochigen Kaltebehandlung auf 2,6 abo Die Veranderung dieses Quotienten in Kopfchen material erreicht jedoch bei weitem nicht soIehe AusmaBe wie sie in den degenerierenden Chloroplasten der unteren Stammchenabschnitte festzustellen sind(vgl. SCHMIDT-STOHN, 1977). Ausgepragter als bei den Chlorophyllquotienten desKopfchenmaterials sind die Veranderungen des Quotienten Carorinoide./Chlorophylle (Abb. 4). Der Gesamtabbau der Carotinoide verlauft jedoch - nach anfangsgegenUber den Chlorophyllen verzogertern Einsatz - insgesamt langsamer, so dafihr relativer Anteil zunimmt.
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Fig. 4: Molecular ratios of total carotenoids (C + X) tochlorophylls (a + b) during a chilling period of 70 days.• • control samples ; .---. chilled samples.
31
14. 28. 42. 56. 70.Versuchslag
FaBt man die vorgelegten Befunde zusammen, so ergibt sich, daB durch wiederholte Kaltebehandlung die Synthese von membranochromen Pigmenten und diecharakteristischen Veranderungen der Chloroplastenpigmente nur einsetzen, wennin der folgenden Lichtperiode die Beleuchtungsstarke einen bestimmten Schwellenwert nicht unterschreitet.
Dieser Befund wird durch Pigmentanalysen erganzt, die an «Stammchenabschnitten » des gleichen Versuchsmaterials durchgefiihrt wurden. Vergleichende Messungenzu Beginn des Kalreversuchs haben ergeben, daB sich Kopfchen und subapikaleStammchenabschnitte - im Bereich von 4-5 em Lange - in ihrer Chloroplastenpigmentzusammensetzung nicht ausgepragt unterscheiden (vgl. auch SCHMIDTSTOHN, 1977).
Messungen im Verlauf einer 10wochigen Kaltebehandlung zeigen, daB die subapikalen Starnmchenabschnirte im Pigmentspiegel stabil bleiben und damit in ihrer Reaktion auf eine Kaltebehandlung mit schwach belichteten Kopfchen (600 Lux, vgl.Abb. 2) vergleichbar sind .
Abgesehen von der bei Sphagnum magellanicum im Zentralzylinder stets vorhandenen Wandfarbstoffablagerung werden in diesen durch die Kopfchen abschattierten Starnmchenparrien auch keine membranochromen Pigmente gebilder, DaB diesePartien jedoch grundsarzlich zur Synthese von Wandfarbstoffen und zu entsprechenden Veranderungen im Chloroplastenpigmentspiegel in der Lage sind, wird
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durch Umfarbungen sichtbar, die bei einer Kaltebehandlung einsetzen, wenn vorherdie Kopfchenpartien abgeschnitten und darnit die Kstchen der Stammchenabschnittestarker belichtet werden.
Der Pigmentspiegel der schwacher belichteten Partien ist auch fur die hier verwendete Bezugsbasis (Trockengewicht) von Bedeutung.
Durch die kaltebedingte Hemmung des Streckungswachstums (vgl. RUDOLPH,1964) kann sich das Kopfchengewicht wahrend eines Kalteversuchs nahezu verdoppeln. Es werden bei der Probeentnahme in zunehmendem Mage tieferliegende und darnit nur schwach belichtete - chlorophyll - und carotinoidreichere Partienin die Analyse miteinbezogen werden. Das bedeutet, daf der Abbau der Chloroplastenpigmente durch Kaltebehandlung wahrend der Dunkelperiode unter den angegebenen Bedingungen wesentlich starker sein wird, als er in Abb. 2 z. B. zum Ausdruck kommt. Vor all em das Abflachen der Kurven nach dem 15. Versuchstagdurfte durch diesen Effekt mitbedingt sein.
In Hochmooren kann man beobachten, dag Umfarbungserscheinungen geringerenAusmafles wahrend der Vegetationsperiode sehr rasch wechseln konnen (vgl. z. B.ROTHE, 1963). Sehr ausgepragte Rotverfarbungen sind dagegen einer schwerenStoffwechselstorung gleichzusetzen, denn in diesen Fallen erfolgt ein griiner Neuzuwachs erst wieder sehr spat, vielfach innovieren die Pflanzen von einem tiefergelegenen Stammchenabschnitt neu; z. B. kann im Fruhjahr dieser je nach Verfarbungsgrad sehr unterschiedlich rasch einsetzende Neuzuwachs am naturlichen Standortjederzeit beobachtet werden (RUDOLPH, 1964).
Unter dem Aspekt der ungewohnlich festen Bindung der membranochromen Pigmente an die Zellwand - Vorstellungen zur Art der Bindung sind z. Z. rein spekulativ - (vgl. VOWINKEL, 1975) - war es wichtig zu priifen, in welchem Grad solche Umfarbungen reversibel sind.
Interessanterweise setzte unter den im folgenden Versuch gewahlten Bedingungennach Aussetzen einer mehrwochigen Kaltebehandlung - die zu einer intensivenRotverfarbung des Materials gefiihrt harte - relativ rasch eine Neusynthese derChloroplastenpigmente ein (Abb. 5). Zur Verdeutlichung ist der Gehalt an Plastidenpigmenten nach l Owochiger Kaltebehandlung jeweils gleich 100 gesetzt und dieNeusynthese innerhalb von 35 Tagen darauf bezogen worden. Wahrend bei denChlorophyllen schon nach 10 Tagen deutlich erhohte Werte gemessen werden, setztdie Neusynthese bei den Carotinoiden etwas verzogert ein; besonders ausgepragt istdiese Phase bei den Pigmenten des Xanthophyllzyklus.
Solche Pigrnentanderungen sind zu spateren Zeitpunkten selbstverstandlich starkdurch den Neuzuwachs beeinfluiit, der nach der bekannten Methode (vgl. RuDOLPH, 1964) erfagt werden kann.
Die hier vorgelegten Daten sind jedoch dadurch nicht verfalscht, denn das Absinken der Kopfchengewichte bei einsetzendem Wachstum beginnt erst nach dem inAbb. 5 betrachteten Zeitraum von ca. 35 Tagen.
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Chloroplastenpigment-Spiegel bei Spha gnum 115
'I •200i _ 0
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9
8
Ve, suchslag n.A bbruch d.Kiille beh .
0
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120
100 ~;<e
Fig. 5 : Ch an ges in chloroplast pigments anddr y we ights of the mo ss capitula after a 70 dayschi ll ing period . Contents of the pigments at th eend of the chilling period = 100 % . Lightperiod (12 h) + 18 °C; dark period (12 h)+ 18 -c. • • chlorophyll (a + b) (100 0/ 0
= 155 nMolllOO mg dry-weight) . 0--0lutein + neox anthin + ~-carotene (100 % = 54nMo lllOO mg dry-weigh t). 0 - - 0 violaxanthin + antheraxanthin + zeax ant hin (100 % =6,9 nMo ll100 mg dry- weight). 0 - - - 0 dr yweights of th e moss capitula .
7. 14. 21. 28. 35.
7
5
2
Die Analyse ergibt somit, daB bereits vor einem griinen Neuzuwachs der Uber gang von den leuchtend roren Farbtonen, die wahrend der Kaltebehandlungsperiode entstehen, zum schmutzig braunlichcn Farbeindruck auch bereits durch eineNeusynthese von Plastidenpigmenren rnitbedingt ist,
Oberraschend war dartiber hinaus jedoch der Befund, daB bereits innerhalb derersten 7 Tage nach Abbruch der K alteapplikation wesentliche Anteile der Wandfa rbstoffe wieder abgebaut zu werden scheinen. In Abb. 3 ist dies aus der Extinktionsabnahme bei A = 526 nm urn mehr als 50 % zu ersehen. Ein Teil der membranochromen Pigrnente muB demnach wieder mobilisiert werden, da die geringer werdende Farbung des Extraktes nicht tiber eine verstarkte Fixierung der Pigmente amWandmaterial gedeutet werden kann, wie aus der Beurteilung des Riickstandes klarersichtlich ist,
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