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17.Jahrgang; Ausgabe 5-2010; ISSN 1435-4098; Einzelpreis: € 5,– aktuell Waldforschung Das Magazin der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft und Mitgliederzeitschrift des Zentrums Wald - Forst - Holz Weihenstephan 78 aktuell Waldforschung Bodenzustandserhebung 2006 –2009
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Page 1: a Waldforschung ktuell 78 - lwf.bayern.de · Foto: Landesamt für Umwelt, LfU Fotos: (v.o.) Landesamt für Umwelt, F. Zormaier ... Von Anmoorgley bis Terra fusca – die Viel-falt

17. Jahrgang; Ausgabe 5-2010; ISSN 1435-4098; Einzelpreis: € 5,–

aktuellWaldforschung

Das Magazin der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft und Mitgliederzeitschrift des Zentrums Wald-Forst-Holz Weihenstephan

78aktuellWaldforschung

Bodenzustandserhebung2006–2009

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INHALT

BODENZUSTANDSERHEBUNGDaten für den Bodenschutz 4Christian Kölling, Uwe Blum, Elke Dietz, Wolfgang Falk, Alfred Schubert und Ulrich Stetter

Die BZE – ihre Möglichkeiten und Grenzen Christian Kölling 7

Bunte Vielfalt bayerischer Böden 9Christian Kölling, Elke Dietz, Alfred Schubert und Ulrich Stetter

Organisch gebundener Kohlenstoff im Waldboden Alfred Schubert 11

Heute reichlich, morgen knapp: Wasser im Wald Wolfgang Falk und Ulrich Stetter 15

Stickstoff – vom Mangel in den Überfluss Christian Kölling 18

Macht sauer wirklich lustig? Christian Kölling 21

Bodenschutzkalkung? Fraget die Bäume … Ulrich Stetter 25

Maß halten Christian Kölling 28

Heavy Metal in Bayerns Wäldern Alfred Schubert 32

Bayerns Waldböden in gutem Zustand Franz Brosinger 35

WALDFORSCHUNG AKTUELLNetzwerker und Mittler Interview mit Heinrich Förster 37

Nachrichten und Veranstaltungen 38

SAAT UND PFLANZENGrünerle, Wildapfel & Co. Gerhard Huber und Andreas Wurm 41

Kurzberichte 42

WALD-WISSENSCHAFT -PRAXISWKS-Witterungsreport: Hui und Pfui – nur andersrum 45Lothar Zimmermann und Stephan Raspe

WKS-Bodenfeuchtemessungen: Hitzesommer ließ Wälder »schwitzen« 48Stephan Raspe und Winfried Grimmeisen

Interforst 2010 Thomas Huber, Jan-Philipp Egner und Florian Zormaier 50

Weniger und dennoch genauer 54Hannes Lemme und Ralf Petercord

Weltenbummler und Luftakrobat 56Christine Franz

KURZ & BÜNDIGNachrichten 58

Impressum 59

Titelseite: Podsol-Boden am Heusterzbühl bei Mitterteich: Lösung, Auswaschung und Ausfällung haben die von Flüssenabgelagerten Sande und Kiese der Tertiärzeit verändert. Deutlich sind mehrere, unterschiedlich gefärbte Horizonte zu erkennen, die zapfenartig ineinander greifen. Foto: Landesamt für Umwelt, LfU

Fotos: (v.o.) Landesamt für Umwelt, F. Zormaier

Die Nutzung von Biomasse entfernt auchNährstoffe aus dem Wald. Um die Boden-fruchtbarkeit zu erhalten, sind bestimmteMaßnahmen im Sinne der Nachhaltigkeitzu beachten.

Drei von vier Inventurpunkten weisen ei-ne so hohe Basensättigung auf, dass ihnender »Saure Regen« nur wenig anhabenkann. Luftverunreinigungen gefährden jedoch den Rest der Waldböden.

Von Anmoorgley bis Terra fusca – die Viel-falt der Wälder ist auch auf die Vielfalt der Böden gegründet. 21 Bodentypen inzwölf Bodenklassen finden sich in BayernsWäldern.

9 Bodenvielfalt in Bayern

21 Bodenversauerung

28 Biomassenutzung

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3LWF aktuell 78/2010

Liebe Leserinnen und Leser,

seit langem erfreut sich der Wald steigender Aufmerksamkeit in der Öffent-lichkeit. In aller Regel steht aber nur der Teil des Waldes im Blickfeld, dergut sichtbar ist. Der unterirdische Teil des Waldes, nämlich der Waldboden,bleibt vielfach unbeachtet. Dies wird seiner elementaren Bedeutung jedochin keiner Weise gerecht. Denn sowohl die Existenz der Wälder als auch derErhalt ihrer vielfältigen Funktionen sind unmittelbar von den besonderen Eigenschaften der Waldböden abhängig.

Um einen Einblick in den Stand und die Entwicklung unserer Waldbö-den zu erhalten, wurde – zwei Jahrzehnte nach der ersten Inventur der Wald-böden – in den Jahren 2006 bis 2008 die zweite Bodenzustandserhebung imWald (BZE 2) bundesweit durchgeführt. Das Vorgehen und die inhaltlicheAusrichtung wurden auf Bundes- und Europaebene abstimmt. Die Durch -führung der aufwändigen Probennahmen im Gelände und die Auswertung des umfangreichen Materials in Bayern lagen in der Hand der BayerischenLandesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF).

Die BZE 2 hat eine Fülle von Informationen über unsere Waldböden ge-liefert, die auch eine wichtige Grundlage für weitergehende Forschungen dar-stellen. Sie reichen von der Nährstoffausstattung und dem Wasserhaushaltbis zur Abschätzung der Kohlenstoffvorräte in unseren Waldböden. Ihre Er-gebnisse können uns auch wichtige Erkenntnisse z. B. zu den Möglichkeitenfür Biomassenutzung, der Schadstoffbelastung unserer Waldböden und fürStrategien bei der Bodenschutzkalkung liefern. Für die Forstwirtschaft ist derBodenschutz eine wichtige Aufgabe. Das rechtzeitige Erkennen von Gefähr-dungen und die rasche Einleitung von Gegenmaßnahmen sind heute wich-tiger denn je, um dem Anspruch eines nachhaltigen und pfleglichen Umgangsmit unserem Wald gerecht zu werden.

Der LWF und allen, die an der Bodenzustandserfassung mitgewirkt ha-ben, möchte ich an dieser Stelle herzlich für ihr großes Engagement und diezahlreichen interessanten Ergebnisse danken. Möge dieses Heft dazu bei -tragen, den Blick für diesen so wichtigen und einzigartigen Lebensraum zuschärfen!

EDITORIAL

Ihr

Franz Brosinger

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/20104

BodenprobenAuf Grund der buchstäblich »tiefschürfenden« Arbeit der Pro-benehmer im Gelände wurden viel mehr Einzelproben gewon-nen als geplant. Auch in sehr steilen alpinen Lagen wurdenProben genommen. Mitarbeiter der Bayerischen Landesan-stalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) gewannen an den372 Inventurpunkten 3.018 Bodenproben aus unterschiedli-chen Bodentiefen. 292 Punkte (78 Prozent) wurden bis zurEndteufe von 150 cm beprobt. 12.013 kg feldfrisches Boden-material wurde gewonnen und zur LWF transportiert. NachTrocknung verblieben 9.562 kg Bodenmaterial, davon nachAbsieben von 1.676 kg Steinen 7.856 kg für die Analyse. Mit-arbeiter der LWF bereiteten 3.018 Teilproben auf und fülltensie in Gläser ab, eine Teilprobe wurde gemahlen. Die Probenwurden danach zur Analyse gegeben und archiviert. Bei deneinzelnen Analyseverfahren wurden zahlreiche chemische Elemente und physikalische Bodenfraktionen bestimmt. Ins-gesamt wurden circa 205.000 Einzelwerte ermittelt. Alle Ver-fahren der Probenahme und Analyse sind bundesweit verein-heitlicht und hervorragend dokumentiert (GAFA 2005, BMVEL2007). Ein bundesweites, vom GAFA parallel zur BZE 2 durch-geführtes Qualitätssicherungskonzept (u.a. die Durchführungvon insgesamt fünf Ringversuchen und die Mitführung ein-heitlicher, probenangepasster Kontrollstandards) stellt die ho-he Qualität der im Labor erhobenen Daten sicher.

Nadel- und BlattprobenIn den Jahren 2006 und 2007 wurden Blatt- und Nadelprobenvon den Baumbeständen an 369 BZE-Punkten gewonnen.Vier Punkte waren zum Stichtag unbestockt. Im normalen Ge-lände nahmen Baumkletterer die Proben. Sowohl freie Unter-nehmer als auch Spezialisten der LWF waren eingesetzt. Inschlecht zu erreichenden Lagen der Alpen und des Bayeri-schen Waldes wurden die Zweige von einem Helikopter ausgewonnen. Eine besondere logistische Herausforderung wa-ren die engen Zeitfenster für die Probengewinnung von ledig-lich vier Wochen für die Laubbäume im Juli/August und achtWochen für die Nadelbäume im Oktober/November. Beprobtwurden obligatorisch jeweils drei Exemplare der Hauptbaum -arten Fichte, Kiefer, Buche und Eiche. Waren diese am Probe-nahmepunkt nicht vorhanden oder wuchsen nicht in derobersten Kronenschicht, wurden drei Bäume einer sonstigen

Daten für den BodenschutzErste Ergebnisse der zweiten Bodenzustandserhebung im Wald für Bayern

Christian Kölling, Uwe Blum, Elke Dietz, Wolfgang Falk, Alfred Schubert und Ulrich Stetter

Über mehrere Jahre hat die zweite bundesweite Bodenzustandserhebung (BZE 2) die Bayerische Landesanstalt für Wald undForstwirtschaft (LWF) beschäftigt. Der Personal- und Sachmitteleinsatz war enorm, zwei Sachgebiete der LWF waren mit gro-ßen Anteilen ihrer Arbeitskapazität an dieser Bodeninventur beteiligt. Doch der Aufwand hat sich gelohnt. Eine kleine Leistungs-schau steht am Anfang der Artikelreihe zur BZE.

Aktiver Bodenschutz im Wald benötigt eine ausreichende Da-tengrundlage. Um den aktuellen Zustand und die Gefährdun-gen der Waldböden in der ganzen Bundesrepublik zu erfassenund eine Datengrundlage für Bodenschutzmaßnahmen zuschaffen, wurde deshalb eine groß angelegte bundesweite In-ventur durchgeführt (BMVEL 2005). Die Außenaufnahmen zurzweiten Bodenzustandserhebung (BZE 2) in Bayern began-nen 2006 und wurden 2008 abgeschlossen.

Klasse durch Masse

An 372 systematisch über das Land verteilten Stichproben-punkten der Bundeswaldinventur (BWI²) wurden mit demEinverständnis der Grundeigentümer Bodenproben sowie Na-del- bzw. Blattproben gewonnen und daran die wichtigsten Bo-deneigenschaften und Nährelementgehalte bestimmt (Abbil-dung 1). 14 Punkte sind zwar Waldpunkte der BWI², wurdenaber nicht beprobt (Rodung, Nichtholzboden, Latschenfelder,extreme Steillagen).

beprobt

nicht beprobt

BZE-Punkte

Abbildung 1: Lage der 386 BZE-Inventurpunkte in Bayern

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010 5

herrschenden Baumart in die Probenahme einbezogen. DieGesamtzahl belief sich auf 1.941 Probebäume. Der ersteSchritt in der Probenvorbereitung umfasste das Abtrennen derein- und zweijährigen Triebe bei den Nadelhölzern bzw. derBlätter bei den Laubbäumen. Anschließend wurde das Mate-rial getrocknet und das Nadel- bzw. Blattgewicht ermittelt. DieMitarbeiter analysierten 3.294 Einzelproben und zählten da-bei insgesamt 811.800 Nadeln und 182.400 Blätter. Anschlie-ßend wurden die Einzelproben pro Jahrgang und Punkt zuMischproben vereinigt und gemahlen. Für die Analysen im La-bor standen 1.098 Pflanzenproben zur Verfügung (Tabelle 1).Sie lieferten insgesamt 36.000 Messwerte.

Themen und Fragen

Dieses gewaltige Aufgabenpensum erforderte einen enormenPersonal- und Sachmitteleinsatz. Er war jedoch auch notwen-dig, um die anstehenden Aufgaben des Bodenschutzes im en-geren und des Umweltschutzes im weiteren Sinne bewältigenzu können. Themen, die es zu durchleuchten galt, waren u. a.Kohlenstoffspeicherung, Stickstoffsättigung, Bodenversaue-rung, Waldernährung, Wasserhaushalt und Schadstoffbelas-tung.

KohlenstoffspeicherungIn Waldböden sind gewaltige Mengen an Kohlenstoff in Formvon Humus gespeichert. Im Zusammenhang mit der Minde-rung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre werden dieseVorräte viel zu selten berücksichtigt. In der Forstwirtschaftkommt es darauf an, diese CO2-Senke im Rahmen eines akti-ven Klimaschutzes zu erhalten und möglicherweise noch zuvergrößern.

StickstoffsättigungBei früheren Analysen wurde in einigen Waldböden BayernsStickstoffsättigung festgestellt. Diese Böden können die ausLuftverunreinigungen eingetragenen Stickstoffverbindungennicht mehr zurückhalten, das Sickerwasser weist hohe Nitrat-konzentrationen auf. Es ist zu befürchten, dass bei gleich -bleibender Stickstoffimmission der Anteil gesättigter Bödenstetig zunimmt und auch die Stickstoffernährung der Wald-bäume ins Übermaß gesteigert wird.

BodenversauerungBei der Bodenversauerung gehen den Waldböden die basi-schen Nährelemente Calcium, Magnesium und Kalium verlo-ren. Auch die Auswaschung mit dem Sickerwasser, wie sie imZusammenhang mit dem Eintrag von Luftschadstoffen (»Sau-rer Regen«) verstärkt auftritt, vermindert die Vorräte dieserElemente. Die BZE trägt dazu bei, das Ausmaß der Bodenver-sauerung in Bayern aufzudecken. Mit der Bodenschutzkal-kung kann man dem Boden verloren gegangene Elemente teil-weise wieder zuführen und damit auch die Versorgung derWaldbäume verbessern. Aber auch die nach der Einführungneuer Holz erntetechniken verstärkte Biomassenutzung kannden Basen vorrat vermindern und die Bodenversauerung ver-stärken. Zur Abschätzung möglicher Folgen dieser forstlichenMaßnahmen wird eine belastbare Daten grundlage benötigt.

WaldernährungFür die Forstwirtschaft sind nicht nur die Bodeneigenschaf-ten als solche, sondern auch ihre Bedeutung für die Walder-nährung und damit das Waldwachstum wichtig. Die Zusam-menschau von Bodendaten und Nadel-/Blattspiegelwertenermöglicht tiefergehende Einblicke in das ökosystemare Wir-kungsgefüge des Waldes.

Analyseverfahren Probenzahlen

Bodenproben

BaCl2-Extrakt 613

BaCl2-Perkolat 584

Kohlenstoff, Stickstoff 3.018

Korngrößen 2.382

Gesamt-Aufschluss 2.546

Königswasserextrakt 584

NH4Cl-Perkolat 1.803

pH-Wert 3.018

Tri-BaCl2-Perkolat 636

1:2 Wasserextrakt 2.038

Nadel- und Blattproben

Kohlenstoff, Stickstoff 1.098

HNO3-Druckaufschluss 1.098

Tabelle 1: Analyseverfahren und Probenzahlen

Abbildung 2: Aufbereitung einer Bodenprobe im Mörser für die anstehende Siebung zur Ermittlung des Skelettanteils

Foto: A. Zipperer

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/20106

Wasserhaushalt und KlimaveränderungEines der wichtigsten Wald- und Umweltthemen der Zukunftist die Anfälligkeit der Wälder gegenüber der rasch fortschrei-tenden Klimaveränderung. Als wesentliche Klimafolge fürWälder bei der vorhergesagten Erwärmung und Verminderungder Sommerniederschläge wird sich der Wasserhaushalt derBöden verändern. Entscheidend in diesem Zusammenhang istdie Frage, ob das in den Waldböden gespeicherte Wasser dieFolgen von Trockenperioden abpuffern kann oder nicht.

Schadstoffbelastung (Schwermetalle)Für zahlreiche Schadstoffe wie Schwermetalle sind Wälder gu-te Filter. Die Stoffe werden hier größtenteils zurückgehalten.Diese Filterfunktion kann jedoch in bestimmten Fällen be-droht sein. Auch hier schafft die BZE Klarheit.

»…Dass eine vor und vor bleibende und beharrlicheNutzung bleiben möge…«

Schon in der kursächsischen Forstordnung von 1560 wurdeder Grundsatz der Nachhaltigkeit formuliert. In erster Liniedient der Bodenschutz im Wald dazu, die Funktion des Bo-dens als Standort der forstlichen Produktion zu bewahren. Ne-ben dieser nutzungsmotivierten Variante des Bodenschutzes,die das Produktionskapital Boden für spätere Nutzungen er-hält, ist die Forstwirtschaft aber auch der Allgemeinheit ge-genüber zum Bodenschutz, wie er im Bodenschutzrecht for-muliert ist, verpflichtet. Schließlich erfüllen gerade auch dieWaldböden eine wichtige Funktion im Stoffhaushalt der Land-schaft. Als Filter und Reaktor tragen Waldböden dazu bei, dasskeine schädlichen Stoffe in die benachbarten UmweltmedienWasser und Luft geraten. Umgekehrt ist aber auch dafür zusorgen, dass die Belastung der Waldböden mit Luftschad -stoffen die Bodenfruchtbarkeit nicht vermindert. Die BZE mitihren Themen und Fragen hat in diesem Kontext die Aufga-be, problematische Entwicklungen zu erkennen und Lösungs -wege aufzuzeigen.

Literatur

Im Internet unter: www.lwf.bayern.de

Dr. Christian Kölling leitet das Sachgebiet »Standort und Boden-schutz« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirt-schaft. [email protected]

Dr. Uwe Blum leitet das Sachgebiet »Labor« der Bayerischen Lan-desanstalt für Wald und Forstwirtschaft. [email protected]

Dr. Elke Dietz, Wolfgang Falk, Alfred Schubert und Ulrich Stetter arbeiten im Sachgebiet »Standort und Bodenschutz«. [email protected], [email protected],

[email protected], [email protected]

Die BeteiligtenPlanung, Probenahme, Probenaufbereitung und Analyse einerLandesinventur wie der BZE 2 hätten ohne den enormen Ein-satz zahlreicher Beteiligter nicht durchgeführt werden kön-nen. Der Dank gilt daher allen Beteiligten an der LWF, denstudentischen Hilfskräften, die bei Vorbereitung, Probenah-me und Aufbereitung beteiligt waren und natürlich den en ga -gierten Auftragsnehmern, die bei der Probenahme aktiv wa-ren. Weiterhin gilt der Dank den Ämtern für Ernährung,Landwirtschaft und Forsten, den Bayerischen Staatsforstenund den Bundesforsten für die Unterstützung sowie allenWaldbesitzern für die Zustimmung zur Beprobung. Stellver-tretend sind abgebildet das Probenahmeteam Boden (oben)die Baumkletterer der LWF (unteres Foto links) und das Teamder Probenaufbereitung (unteres Foto rechts).

Foto: LWF

Foto: U. Stetter

Auf Empfehlung des Kuratoriums für forstliche Forschungwurden die wissenschaftlichen Untersuchungen der Bodenzu-standserhebung vom Staatsministerium für Ernährung, Land-wirtschaft und Forsten (Forstverwaltung) mit Forschungsmit-teln zusätzlich finanziell unterstützt.

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010 7

Die BZE – ihre Möglichkeiten und GrenzenWelche Informationen liefern die Daten (und welche nicht)?

Christian Kölling

Die meisten im Forstberuf Tätigen kennen die forstliche Standortskartierung. Was unterscheidet nun die BZE-Daten von den inden Standortskarten enthaltenen Bodendaten? Gibt es nicht auch noch die Waldklimastationen und Bodendauerbeobachtungs-flächen? Was ist das Alleinstellungsmerkmal und die Begründung für eine Bodeninventur wie die BZE? Wie verhält sich die BZEzu den übrigen Inventuren im Wald? Welche Informationen können wir dem BZE-Datensatz entnehmen und wo sind wir auf an-dere Informationsquellen angewiesen?

Wenn wir im Wald Bodendaten erheben, dann verfolgen wirdamit immer bestimmte Ziele. Zum einen möchten wir, wiein der Bodenzustandserhebung (BZE), die Verhältnisse imLand in ihrer Vielfalt vollständig und möglichst zutreffend be-schreiben. Zum anderen ist es unser Anspruch, Bodenverän-derungen, vor allem die zum Schlechteren, rechtzeitig und zu-sammen mit ihren Ursachen aufzudecken. Schließlich wollenwir Bodeninformationen so bereitstellen, dass sie auf der gan-zen Fläche bei der Bewirtschaftung der Wälder verwendet wer-den können.

Ohne Statistik keine Wahrheit: Inventur

Als Inventur ist es der Hauptzweck der BZE, eine Bestands-aufnahme oder ein Inventar der Waldböden Bayerns zu erstel-len. Dabei genügt eine Stichprobe, wenn man die Probenstreng nach den Regeln der Stichprobentheorie zieht. Für dieBZE verwendet man ein Gitternetz der Maschenweite von vierKilometern. An den Knoten dieses Netzes liegen die 372 In-venturpunkte. Anhand der Ergebnisse lässt sich schätzen, wiesich die Bodeneigenschaften im Kollektiv der Waldböden Bay-erns verteilen. Man kann daraus beantworten, wie groß dieSpanne der Werte ist, welche Wertebereiche häufig und wel-che selten sind.

Der Veränderung auf der Spur: Dauerbeobachtung

Bei einer Inventur mit 372 über ganz Bayern verstreutenPunkten kann man aus Kostengründen nicht alles Wün-schenswerte messen, sondern man muss sich auf wenige aus-sagekräftige und leicht zu bestimmende Größen beschränken.Genauere Arbeiten mit dem Ziel, Bodenprozesse über einenlängeren Zeitraum zu beobachten, mit Umweltgrößen zu er-klären und als Zeitreihe darzustellen, kann man nur an weni-gen Flächen durchführen. Am Netz der Waldklimastationen(WKS) und der Bodendauerbeobachtungsflächen (BDF) wer-

den Böden viel intensiver als bei der BZE erforscht, zahlrei-che Zusatzdaten werden erhoben. Allerdings sind diese Ergeb-nisse nicht repräsentativ und können nicht auf die gesamteWaldfläche hochgerechnet werden. Dafür kann man feinstenVeränderungen im Bodenzustand nachspüren, für die das In-strumentarium der BZE viel zu grob ist. Die Dauerbeobach-tungsprogramme dienen auch dazu, den aus der Analyse derBZE-Daten gewonnenen Hypothesen genauer nachzugehen.

Zeitschrift Bodenschutz

Die Zeitschrift »Bodenschutz – Erhaltung, Nutzung und Wieder-herstellung von Böden« ist ein Forum für alle, die sich für denSchutz und die Nutzung der Böden interessieren und sich denHerausforderungen des Bodenschutzes stellen wollen. Der Bun-desverband Boden e.V. als Herausgeber bietet mit seiner Zeit-schrift eine Plattform für den Meinungsaustausch und informiertüber neue Konzepte rund um Nutzung und Schutz der Böden.»Bodenschutz« enthält zusätzlich Informationen aus der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO) und aus demBund-/Länderausschuss Bodenforschung. red

Herausgeber: BundesverbandBoden e.V. (BVB), FrankfurterStraße 46, 35037 MarburgUmfang: circa 32 Seiten Erscheinungsweise: vier Ausgaben jährlich, auch als eJournal mit Online-Archiv,www. bodenschutzdigital.deISSN: 1432-170X

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010

Karten und mehr: Flächeninformation

Für den Praktiker vor Ort bringen die Inventurergebnisse derBZE und der Bodendauerbeobachtung allein und für sich ge-nommen in der täglichen Arbeit wenig. Woher sollen Försterund Waldbesitzer wissen, welche der vielfältigen und differen-zierten Ergebnisse auf die jeweils zur Planung anstehendenkonkreten Waldbestände anzuwenden sind? Flächeninforma-tionen über Waldböden liegen bis heute als Forstliche Stand-ortskarte vor. Bei der Erstellung dieser Karten hat man denBoden vorwiegend nach sicht- und fühlbaren Eigenschaftenhin eingestuft, chemische und physikalische Analysen warensehr selten und auf Einzelfälle beschränkt. Daher genügt diein den herkömmlichen Standortskarten enthaltene Informa-tion für viele Fragestellungen nicht. Nun kommt es darauf an,die Inhalte der Standortskarten zu erweitern. Man nutzt da-bei die Erkenntnisse aus BZE, Bodendauerbeobachtung undweiteren Punktinformationen (Bodenprofile und ihre Eigen-schaften). Dabei kann man sich zu Nutze machen, dass vieleBoden- und Geländeeigenschaften untereinander verknüpftsind und wir mittlerweile einen großen Fundus unterschied-lichster Flächendaten haben. Mit Hilfe von Berechnungsver-fahren werden im LWF-Projekt »Karten für die Zukunft« neueKarten erstellt. Diese enthalten neben den bisherigen Stand-ortsinformationen weitere wichtige Angaben zum Standortund können aktuelle Fragen der Praxis möglichst flächen-scharf beantworten.

BZE und mehr: Forstliche Inventuren

Die Daten für die BZE werden auf einer Teilmenge der über8.000 Inventurpunkte der Bundeswaldinventur (BWI²) erho-ben. Deshalb ist es möglich, diese Bestandesinformationen mitden Daten der BZE zu verknüpfen und Zusammenhänge zwi-schen Bodenqualität und Baumwachstum zu ermitteln. Iden-tisch mit dem BZE-Netz sind die Beobachtungspunkte derWaldzustandsinventur. Dies ermöglicht Querbezüge zwischendem Kronenzustand der Bäume und der Bodenqualität. Mitden drei Instrumenten Inventur, Dauerbeobachtung und Flä-cheninformation sowie mit der Verknüpfung der Netze unter-einander haben wir an der Bayerischen Landesanstalt fürWald und Forstwirtschaft ein wirtschaftlich operierendes Sys-tem, mit dem die meisten anstehenden praxisrelevanten Fra-gen des Bodenschutzes und der Standortskunde beantwortetwerden können.

Dr. Christian Kölling leitet das Sachgebiet »Standort und Boden-schutz« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirt-schaft. [email protected]

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Extremwerte

Median

75%-Wert

25%-Wert

5%-Wert

95%-Wert

Bereich 2 Bereich 3Bereich 1

BoxplotsManchmal ist es notwendig, den Datensatz zu unterteilen, um z. B. Unterschiede zwischen verschiedenen Baumarten oder Bodenbereichenaufzudecken. Dann kann man Boxplots als vereinfachte Darstellung der Häufigkeitsverteilung verwenden. Boxplots enthalten fünf wichtigeEckdaten der Verteilung, die 5%-, 25%-, 50%-, 75%- und 95%-Quantile. Zusätzlich sind noch einzelne Extremwerte am unteren und oberen Ende der Verteilung eingezeichnet. Mit Hilfe der Boxplots kann man her-vorragend Unterschiede zwischen Teilkollektiven im Datensatz darstellen.In der Grafik oben werden die Kohlenstoffvorräte und ihre Streuung inunterschiedlichen Bodenbereichen verglichen.

0

20

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Menge [t/ha]

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%]

0 50 100 150 200 250 300

SummenhäufigkeitDie Ergebnisse der Bodenzustandserhebung schätzen die Verteilung der Bodeneigenschaften im Kollektiv der Waldböden Bayerns. Man kanndaraus beantworten, wie groß die Spanne der Werte ist, welche Werte-bereiche häufig und welche selten sind. Die wichtigsten Informationenlassen sich in einer Grafik der Summenhäufigkeit darstellen. Sie gibt diekumulierten Häufigkeiten über den gemessenen Wertebereich an. Dazuwerden die Werte von klein nach groß sortiert und ihre Häufigkeiten auf-addiert. Am linken Ende der Grafik, dem Minimum, stehen 0 Prozent. Dasrechte Ende der Grafik erreicht 100 Prozent, aus Darstellungsgründenschneiden wir jedoch bei manchen Grafiken bei 95 Prozent ab. Die Grafikist in fünf gleich häufige Teile eingeteilt. Aus der Grafik kann man able-sen, dass z. B. 20 Prozent der Böden in Bayern Kohlenstoffvorräte unteretwa 90 t/ha haben. Die Prozentwerte der Summenhäufigkeitskurvenennt man Quantile, das 50%-Quantil heißt auch Median. An dieser Stel-le wird der Datensatz in zwei gleich große Hälften geteilt. Mit Hilfe derSummenhäufigkeitskurve ist es möglich, die Bedeutung von Einzelwertennach ihrer Häufigkeit zu bewerten. Man kann überprüfen, wie oft Schwel-lenwerte über- oder unterschritten werden.

Grafiken zur Bodenzustandserhebung

Page 9: a Waldforschung ktuell 78 - lwf.bayern.de · Foto: Landesamt für Umwelt, LfU Fotos: (v.o.) Landesamt für Umwelt, F. Zormaier ... Von Anmoorgley bis Terra fusca – die Viel-falt

BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010 9

Bunte Vielfalt bayerischer BödenBZE beschreibt die Verteilung der Bodentypen

Christian Kölling, Elke Dietz, Alfred Schubert und Ulrich Stetter

Die meisten unserer Leser werden die Bodenkunde schnell in Verbindung mit den Bodentypen bringen. Sie werden meist mitfremdartig klingenden Namen wie Rendzina, Gley oder Podsol bezeichnet. Die Bodensystematik beschreibt ihr Forschungs -objekt nach den sicht- und fühlbaren Eigenschaften mit den Methoden der Feldbodenkunde. Eine zentrale Rolle spielt darüberhinaus die Entstehungsgeschichte. Die Erhebungen der BZE zeigen uns ein buntes Bild von der Verteilung und Häufigkeit der Bodentypen im Wald.

Böden sind nicht nur elementare Bestandteile der Waldöko-systeme und damit die Produktionsgrundlage der Forstwirt-schaft, sie sind auch Naturschönheiten eigener Prägung. Bo-denkundler begeistern sich am Farbenspiel eines Podsols oderan der Marmorierung eines Pseudogleys (Abbildungen 1 und2). Diese optischen Auffälligkeiten, die zur Namensgebung bei-tragen, gehen zum Großteil auf bodenbildende Prozesse zu-rück. Im Falle des Podsols ist es die Verlagerung von Eisen undHumus im Profil, beim Pseudogley verursacht der Wechselvon Befeuchtung und Austrocknung das charakteristischeBild. Nach ihrer Gestalt und ihrer Entstehungsgeschichte wer-den die Böden in Klassen und Typen eingeteilt (BGR 2005).

Tabelle 1 zeigt die Verteilung der zweithöchsten bodensys-tematischen Ebene, der Bodenklassen. Am häufigsten tretenmit fast 60 Prozent die Braunerden auf. Dieser Bodentyp wur-de früher auch als »Brauner Waldboden« bezeichnet und istnicht nur in Bayern der Waldboden schlechthin. Die zweit-häufigste Bodenklasse sind die Ah-C-Böden, die die Rendzinendominieren. Rendzinen sind typische Böden aus Kalksteinenund daher in den Kalkalpen und im Jura besonders häufig (Ab-bildung 3). Auf Platz 3 liegen mit über zehn Prozent die Stau-wasserböden. Dahinter verbergen sich Pseudogley und Stagno-gley. Stauwasserböden liegen ebenfalls sehr häufig unter Wald,da sie seltener landwirtschaftlich genutzt werden, sind siedoch hinsichtlich der Bearbeitung und Befahrung problema-tisch. Zu erwähnen sind noch die Gleye, die sich an über fünfProzent der Inventurpunkte finden. Als Grundwasserbödenliegen sie häufig in Tälern und Niederungen. Alle anderen Bo-denklassen erreichen nur Anteile unter fünf Prozent.

Systematik und Ökologie

Nicht immer geht die äußere Erscheinung der Böden mit ein-heitlichen ökologischen Eigenschaften einher. In der großenGruppe der Braunerden sind die unterschiedlichsten boden-chemischen Eigenschaften zu finden. Dagegen prägen reich-lich Humus und vor allem Kalksteine die Rendzinen als wich-tigsten Typ der Ah-C-Böden. Die hohe Basizität und die geringeFähigkeit zur Wasserspeicherung definieren damit einen rechtengen chemischen und physikalischen Rahmen für den Zu-

Abbildung 1: Typischer Podsol in der Oberpfalz

Foto: Landesamt für Umwelt

Abbildung 2: Typischer Pseudogley in Mittelfranken

Foto: M. Mößnang

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010

Literatur

BGR – Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Ad hoc-AG Boden (2005): Bodenkundliche Kartieranleitung. 5. Auflage, E.Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart

Dr. Christian Kölling leitet das Sachgebiet »Standort und Boden-schutz« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirt-schaft. [email protected]. Elke Dietz bearbeitet im Sachgebiet »Standort und Boden-schutz« den Fachbereich »Standortserkundung/Bodeninformations-system und Bodenchemie«. [email protected]

Alfred Schubert bearbeitet im Sachgebiet »Standort und Boden-schutz« den Fachbereich »Bodendauerbeobachtung, Bodeninven-tur, Bodenzustandserhebung«. [email protected]

Ulrich Stetter bearbeitet im Sachgebiet »Standort und Boden-schutz« die Themen Waldernährung, Düngung und [email protected]

stand dieser Böden. Kompakte Bodenschichten mit geringemWasserfluss kennzeichnen die Stauwasserböden. Je nach Dich-te der Stauschicht, nach dem Gefälle, den Niederschlägen unddem Wasserverbrauch der Vegetation ergeben sich im Jahres-verlauf typische Nass-, Feucht- und Trockenphasen bei gegen-läufigem Luftangebot. In der forstlichen Standortskunde wirddieser Wasserhaushalt auch als »Wechselfeuchte« bezeichnet.Es ist unmöglich, allein aus den Profilmerkmalen auf die In-tensität der Wechselfeuchte zu schließen. Staunässe verur-sacht bei fast allen Waldbaumarten Probleme hinsichtlich derTiefendurchwurzelung. Windwürfe sind hier an der Tagesord-nung. Will man den Wasserhaushalt von Gleyen beurteilen,kommt es sehr darauf an, in welcher Tiefe der Grundwasser-spiegel liegt und wie hoch das Wasser in den feinsten Porenaufsteigt. Für die chemische Einschätzung der Gleye kann eswichtig sein, welche Stoffe das Grundwasser antransportiert.Ohne weitere Informationen kann man daher aus der Bezeich-nung »Gley« nur wenige ökologische Schlüsse ziehen.

Als Beschreibungseinheit werden die Bodentypen auf je-den Fall benötigt. Sie ordnen die Vielfalt der Erscheinungsfor-men und erleichtern die Kommunikation. Man kann jedochnicht alle ökologische Fragen mit den Bodentypen beantwor-ten. Bei komplexen Zusammenhängen sind zusätzlich chemi-sche und physikalische Bodenanalysen, wie sie bei der BZEdurchgeführt wurden, erforderlich.

10

Bodenklasse Anteil[%]

Bodentyp Anteil[%]

Ah-C-Böden 11,8 Pararendzina 1,9

Ranker 0,5

Regosol 0,3

Rendzina 9,1

Auenböden 1,3 Kalkpaternia 1,3

Braunerden 58,3 Braunerde 58,3

Erd-und Mulmmoore 0,3 Erdhochmoor 0,3

Gleye 5,4 Anmoorgley 0,8

Gley 4,3

Moorgley 0,3

Lessivés 3,0 Parabraunerde 3,0

Naturnahe Moore 2,2 Hochmoor 0,5

Niedermoor 1,6

O-C-Böden 0,5 Felshumusboden 0,3

Skeletthumusboden 0,3

Pelosole 1,1 Pelosol 1,1

Podsole 1,6 Podsol 1,6

Stauwasserböden 10,8 Haftpseudogley 0,3

Pseudogley 10,2

Stagnogley 0,3

Terrae calcis 3,8 Terra fusca 3,8

Tabelle 1: Bodenklassen und -typen in der BZE-Stichprobe

Ah-C-Böden

Auenböden

Braunerden

Erd- und Mulmmoore

Gleye

Lessivés

Bodenklassen

Naturnahe Moore

O-C-Böden

Pelosole

Podsole

Stauwasserböden

Terrae calcis

Abbildung 3: Regionale Verteilung der Bodenklassen

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010 11

zeigt den Wertebereich der Kohlenstoffvorräte, in dem die ein-zelnen BZE-Punkte aufsteigend angeordnet sind. Der niedrigs-te Wert aller BZE Punkte liegt bei 35, der höchste bei 1.144Tonnen pro Hektar (t/ha). Der 50-Prozent-Wert (Median) liegt

Organisch gebundener Kohlenstoff im WaldbodenDie BZE 2 gibt einen Einblick in die Größenordnung des Kohlenstoffspeichers

Alfred Schubert

Die Diskussion zur Klimaänderung bezieht seit einiger Zeit auch den organischen Kohlenstoff in Böden als CO2-Senke oder CO2-Quelle mit ein. Da Deutschland sich verpflichtet hat, im Rahmen des Kyoto-Protokolls die Bodenvorräte des organischen Koh-lenstoffs zu erheben, erfährt diese Betrachtung eine bisher nicht dagewesene Brisanz. Verlässliche Werte können hier nur mit Hilfe von Inventuren wie der BZE 2 erhoben werden. Abgesehen von dieser »neuen Fragestellung« bieten Daten zum Boden-Kohlenstoff noch weitere wertvolle Informationen.

Waldböden enthalten je nach Horizont und Bodentiefe unter-schiedliche Anteile von Mineralboden und Humus. In der Re-gel nimmt der Humusanteil von oben nach unten ab. Die be-deutendste Humusquelle sind abgefallene Blätter, Nadeln,Zweige, Äste, Früchte, Rindenteile sowie die abgestorbenenWurzeln der Bäume im Boden. Gefallene Streu und Wurzel-streu werden im Boden zersetzt und schließlich mineralisiert.Dabei entstehen im Wesentlichen die zwei HumusformenNährhumus und Dauerhumus, die auf die unterschiedlicheAbbauresistenz der Streu-Wurzel-Bestandteile zurückzufüh-ren sind. Der Nährhumus wird in der Regel in kurzen Zeiträu-men umgesetzt (Jahre bis Jahrzehnte) und ist hauptsächlichfür die Nährstoffnachlieferung verantwortlich. Dagegen wirdder Dauerhumus in deutlich längeren Zeiträumen (Jahrhun-derte bis Jahrtausende) abgebaut und reichert sich in den Bö-den an. Die Nährhumusanteile sind in den Oberbodenhori-zonten deutlich höher als in den unteren Horizonten. BeimDauerhumus ist es umgekehrt. Die Humusgehalte und -vorrä-te in den Waldböden sind ein Ergebnis des Zusammenspielsunterschiedlicher Standortsfaktoren wie Ausgangsgestein derBodenbildung, Zeitraum der Bodenbildung, Relief, Expositi-on, Klima, Vegetation und Art der Waldbewirtschaftung. Diebeiden letzten Faktoren bedingen sich gegenseitig und wirkensich auf den Humus vor allem in den obersten Bodenhorizon-ten sehr kurzfristig und sehr dynamisch aus (Scheffer undSchachtschabel 1998). Die Relation zwischen dem ober- und un-terirdischen Kohlenstoffspeicher in Wäldern umfasst eine gro-ße Spannbreite. Als mittlere Faustzahl wird in der Literaturfür Europa ein Verhältnis von 1:2 angegeben (FAO 2005).

Organische Kohlenstoffvorräte in bayerischen Waldböden

Der Kohlenstoff in Böden liegt in karbonatischer (Kalk-Dolo-mit-Gesteine und -Mergel) und organisch gebundener (Hu-mus) Form vor. Im Rahmen der BZE 2 wurden beide Kohlen-stoffbindungsformen analytisch bestimmt. In Abbildung 2sind alle 372 beprobten BZE-Punkte mit ihren Vorratssum-men des organischen Kohlenstoffs bis 150 Zentimeter Tiefe inForm einer Summenkurve dargestellt. Die Summenkurve

Abbildung 1: Mit der Rammkernsonde werden Bodenproben bis aus einer Tiefe von 150 cm gewonnen.

Foto: R. Süß

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010

Organische Kohlenstoffvorräte in unterschiedlichenBodenbereichen

Neben Kohlenstoffvorräten des Gesamtprofils ist es auch in-teressant, sich einzelne ausgewählte Bodenbereiche (organi-sche Auflagen, Auflage + 30 cm Mineralboden, Auflage + 100cm Mineralboden) genauer auf die Vorräte hin anzusehen. DieKohlenstoffvorräte in den organischen Auflagen (L/Of + Oh)stehen in enger Beziehung zur Streu der aufstockenden Wald-bestände und werden am stärksten von kurzfristigen Verän-derungen der Standortsfaktoren beeinflusst (siehe oben). DieKohlenstoffvorräte der Auflage und des Mineralbodens derobersten 30 Zentimeter werden zu einem Vorratswert zusam-mengefasst. Wenn in der Standortskunde der Oberboden an-gesprochen wird, entspricht das weitgehend diesem Bodenbe-reich.

Abbildung 3 zeigt die drei Bodenbereiche mit ihren Vor-ratswerten und ihrer Streuung in Form von Boxplots. Den Ma-ximalwert bei den Auflagen repräsentiert ein BZE-Punkt mitTangelhumus in den Bayerischen Alpen. Die Extremwerte beiden beiden anderen Bodenbereichen oberhalb 95 Prozent sindalle auf Moor- und Anmoorstandorte zurückzuführen.

Die vergleichsweise geringen Kohlenstoffvorräte in denHumusauflagen gegenüber den anderen Bodenbereichen fal-len auf. Im Vergleich zu den Mineralbodenhorizonten findetman in den Auflagen zwar die höchsten Anteile organischenKohlenstoffs, andererseits haben die Proben ein sehr geringesspezifisches Gewicht. Diese beiden Faktoren sind in den Be-rechnungsverfahren für Vorräte gegenläufig. Humusformenmit deutlicher Differenzierung in mächtige Of- und Oh-Hori-zonte zeichnen Inventurpunkte mit gehemmtem Abbau aus(z. B. Rohhumus, rohhumusartiger Moder bis Moder). ImOberboden sind deutlich größere Vorräte organischen Koh-lenstoffs gespeichert. Das ist darauf zurückzuführen, dass diemineralischen Oberbodenhorizonte einerseits noch nennens-

bei 117 t/ha. Die Werteverteilung erstreckt sich über einensehr weiten Bereich und es gibt keinen BZE-Punkt ohne Hu-mus. Die Karte Bayerns rechts davon veranschaulicht die flä-chige Verteilung der Wertebereiche.

An BZE-Punkten mit sehr flachgründigen und sehr steini-gen Böden findet man trotz hoher Kohlenstoffgehalte generellsehr geringe Vorräte organischen Kohlenstoffs. Extrem hoheVorräte finden sich an Punkten ohne oder mit sehr geringemMineralbodenanteil. Das sind in der Regel Moore und Anmoo-re mit sehr hohen Gehalten organischer Substanz. Schwer-punkte bei den Vorratswerten sind im Süden und Osten Bayerns zu erkennen. Dies gibt erste Hinweise auf die ver -antwortlichen Standortsfaktoren.

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Kohlenstoffvorrat Boden

Prozentuale Verteilung Regionale Verteilung

35–90 t/ha

91–109 t/ha

110–129 t/ha

130–160 t/ha

161–1144 t/ha

0

20

5

50

95

40

60

80

100

Kohlenstoff [t/ha]

Ku

mu

liert

e H

äufi

gke

it [

%]

N = 372Mittelwert: 141 t/haMedian: 117 t/haMinimum: 35 t/haMaximum: 1144 t/ha

0 50 100 150 200 250 300

Abbildung 2: Kohlenstoffvorräte: Werteverteilung (Summenkurve)und Vorkommen (Wertebereiche) in den Wuchsgebieten Bayerns

0

100

200

300

400

500

Ko

hle

nst

off

[t/

ha]

Kohlenstoffvorrat

Extremwerte

Median

75%-Wert

25%-Wert

5%-Wert

95%-Wert

Auflage+0–30 cm

Auflage+0–100 cm

Humus-auflage

Bodenbereich

Abbildung 3: Die Kohlenstoffvorräte an den BZE-Inventurpunkten in drei unterschiedlichen Bodenbereichen. Bemerkenswert ist der vergleichsweise geringe Kohlenstoffvorrat der Humusauflage.

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010

Für den Bodenbereich bis einen Meter Tiefe zeigt sich ein Ein-fluss von Temperatur, Niederschlag und Höhe (jeweils hochsignifikant), jedoch kein Einfluss des Fichten-Kiefern-Anteils.

Der Befund der statistischen Auswertung deutet daraufhin, dass die Klimaparameter die Vorräte organischen Koh-lenstoffs umso mehr beeinflussen, je mehr man auch die tie-feren Bodenhorizonte einbezieht. Die Humusfraktionen ingrößerer Bodentiefe bestehen zu einem nicht zu vernachlässi-genden Anteil aus sehr alten Humusbestandteilen. Diese sehralten Humusfragmente spiegeln den kontinuierlichen Klima-einfluss vieler Jahrhunderte wider. In den obersten Bodenho-rizonten wird dagegen der Einfluss der Baumartenzusammen-setzung wichtiger. Er wirkt schon vergleichsweise kurzfristigauf die Humusform und damit auf die Humusverteilung imOberboden.

werte Kohlenstoffgehalte aufweisen, andererseits das spezifi-sche Gewicht schon deutlich über denen der Auflagen liegt.Der dritte Bodenbereich bis einen Meter Tiefe weist zwar nocheinmal einen deutlich höheren Vorrat organischen Kohlen-stoffs gegenüber dem Oberbodenbereich auf, aber die zusätz-lichen 70 Zentimeter im Bodenprofil tragen nur untergeord-net zum Vorrat bei. Die Kohlenstoffgehalte liegen in denUnterbodenhorizonten häufig bei einem Prozent und darun-ter. Andererseits ist das spezifische Gewicht des Bodens dorthoch. Steine mindern allerdings des Öfteren den Vorrat. Aufdiese Weise kommen auch in diesen Bodenhorizonten nichtzu vernachlässigende Kohlenstoffvorräte zustande. Hier imUnterboden sind auch die höchsten Anteile abbauresistente-rer Humusfraktionen anzutreffen.

In Böden stellt sich bei konstanten Standortsfaktoren überlange Zeiträume ein Gleichgewicht zwischen Anlieferung undAbbau der organischen Substanz ein (Scheffer und Schachtscha-bel 1998). Ein wesentlicher Faktor, der schon in einem Zeit-raum von Jahrhunderten den Vorrat organischen Kohlenstoffsbeeinflusst, ist die unterschiedlich intensive anthropogeneNutzung organischer Substanz. Organischer Kohlenstoff kannzu einer CO2-Senke werden, wenn dem Boden mehr organi-sche Substanz zugeführt wird als die Bodenlebewesen mine-ralisieren und veratmen und dem Boden nicht zu viel Kohlen-stoff, beispielsweise auf Grund von Übernutzung, entzogenwird.

Die Daten der BZE 2 geben nicht nur Aufschluss über denaktuellen Zustand der Waldböden. Es ist auch möglich, sichVorstellungen über die Veränderungen in der Zukunft zu ma-chen – vor allem im Zuge des Klimawandels. Die zu erwarten-de Temperaturerhöhung steht dabei im Mittelpunkt der Be-trachtungen.

Organische Kohlenstoffvorräte in Abhängigkeit von klimatischen Größen

Die mittlere Jahrestemperatur, die Jahresniederschlagssum-me, die Seehöhe und der Fichten-/Kiefernanteil beeinflussenden Kohlenstoffvorrat, der an den BZE-Punkten bestimmtwurde. In die folgenden Betrachtungen beziehen wir die be-reits genannten drei Waldbodenbereiche organische Auflage,Oberboden (Auflage und Mineralboden 0–30 cm) und den Bo-denbereich bis einen Meter Tiefe (Auflage und 0–100 cm) ein.

Für die organischen Auflagen zeigen die berechneten Kor-relationen zu den Vorräten des organisch gebundenen Koh-lenstoffes keine Abhängigkeiten von Niederschlag und Höhen-lage, vernachlässigbar geringe bei Temperatur (schwachsignifikant) und einzig deutlichere vom Fichten-/Kiefernanteil(hoch signifikant).

Betrachtet man nur die Oberböden, zeigen sich folgendeAbhängigkeiten: Fichten-/Kiefernanteil – signifikant; Tempe-ratur, Niederschlag und Höhe – jeweils hoch signifikant.

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Kulturlandschaft »Almen und Alpen«

Das Werk ist die erste alpenweite, länderübergreifende Mono-graphie der Höhenkulturlandschaft der Alpen. Die Publikation • porträtiert die natürlichen Grundlagen der Almen und Alpen

im Alpenraum, • würdigt die Arbeit der Alm- und Alpbauern und • zeigt, wie dort über Jahrtausende eine zweite Natur entstan-

den ist. Der Biologe Alfred Ringler richtet in seinem »Almbuch« das Au-genmerk auf die Grenzen der Belastbarkeit der alpinen Kultur-landschaft und benennt Leitplanken für eine ökologisch verträg-liche Nutzungsweise. Das Werk ist ein wissenschaftlicher Beitragfür die Umsetzung von Natura 2000 und der Alpenkonvention.Es bietet Daten für das Alpenbeobachtungs- und Informations-system ABIS der Alpenkonvention und ihren nächsten Alpenzu-standsbericht. Darüber hinaus formuliert es Handlungsvorschlä-ge für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU nach 2013.

vzsb

Das »Almbuch« liegt wegen seines großenUmfangs (1.448 S.) nur auf CD vor, dereine gedruckte, reich bebilderte»Kurzfassung« (134 S.) beiliegt.

Alfred Ringler (2009)Almen und AlpenHöhenkulturlandschaft der Alpen. Ökologie, Nutzung,PerspektivenHerausgeber: Verein zumSchutz der Bergwelt, München ISBN 978-3-00-029057-2Bestellung: [email protected].– EURO zzgl. Versand -kosten

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010

Insgesamt handelt es sich bei den Vorräten organischen Koh-lenstoffs in bayerischen Waldböden um eine robuste Größegegenüber kurzfristigen Veränderungen.

Gefahr für den organischen Kohlenstoff geht von einer Kli-maerwärmung aus, auch wenn bisher klimawandelbedingteBodenveränderungen noch nicht gemessen werden konnten.Der Klimawandel wirkt auf die Kohlenstoffvorräte ein, indemauf Grund höherer Temperaturen bei ausreichender Feuchtig-keit der Kohlenstoff beschleunigt abgebaut wird. Am stärks-ten von klimatischen Änderungen und Nutzungen betroffenwären die Vorräte in den humosen Auflagen und etwas abge-schwächt die der Oberböden bis 30 Zentimeter Tiefe. Kurz- bismittelfristige Veränderungen werden sich hier wohl amschnellsten nachweisen lassen. Dagegen werden die Vorrätein den unteren Bodenhorizonten erst mittel- bis langfristig aufdiese Veränderungen reagieren. Deshalb wird es spannend,die Frage zu klären, ob die Vorräte organisch gebundenenKohlenstoffs in den Waldböden derzeit eine Senke oder künf-tig eine Quelle für atmosphärischen Kohlenstoff darstellen.

Literatur

FAO – Food and Agriculture Organization of the United Nations, Glo-bal Forest Resources Assessment (2005): Total carbon stock in forests:Figure of the total carbon stock in forest 2005 by region, split on the fol-lowing carbon pools. biomass, dead wood, litter and soil

Scheffer, F.; Schachtschabel, P. (Hrsg.) (1998): Lehrbuch der Bodenkun-de. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart, 14. Auflage

Alfred Schubert bearbeitet im Sachgebiet »Standort und Bodenschutz« den Fachbereich »Bodendauerbeobachtung,Boden inventur, Bodenzustandserhebung (BZE 2)«. [email protected]

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Kohlenstoff und Temperatur

Die Temperaturspanne der Waldstandorte Bayerns reicht von3,0 °C bis 9,0 °C. Drei Viertel aller BZE-2-Punkte liegen zwi-schen 7,0 °C und 9,0 °C. In Abbildung 4 sind die Kohlenstoff-vorräte von Auflage und Oberboden der einzelnen Tempera-turklassen als Boxplots dargestellt. Die Mediane der Boxplotsnehmen von den kalten hin zu den warmen Temperaturklas-sen ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Temperaturbe-reiche 3–4 °C, 4–5 °C und 9–10 °C nur mit sehr wenigen Pro-benahmepunkten repräsentiert sind (zusammen nur 3,8Prozent aller Punkte). Betrachtet man nur den Oberboden,findet man die oben beschriebene Reihung annähernd wieder,jedoch mit der Einschränkung, dass die Vorratswerte des or-ganischen Kohlenstoffs in der Temperaturspanne 3–4 °C ge-genüber 4–5 °C zurückgehen. Bei den Auflagen hingegen fin-den sich die höchsten Vorräte im Temperaturbereich 6–7 °Cund nehmen von dort aus beidseitig ab. Dies ist auch derGrund, warum fast keine statistisch belegbaren Zusammen-hänge bestehen.

Diese ersten Auswertungen zeigen, dass im Zusammenwir-ken der Standortsfaktoren auf den Vorrat der organischenSubstanz bayerischer Waldböden die Klimaverhältnisse einenmehr oder weniger deutlichen Einfluss ausüben. Danebenzeigt sich noch die Wirkung der vorherrschenden Baumart. InSonderfällen spielt auch der Faktor Landschaftsgenese eineRolle. Beispielhaft stehen dafür die Moorstandorte, die diehöchsten Vorratswerte aufweisen, aber in warmem Klima lie-gen und sich bis auf wenige Ausnahmen alle im Wuchsgebiet14 (Schwäbisch-Bayerische Jungmoräne und Molassevorber-ge) konzentrieren. In diesem Fall beeinflusst die geomorpho-logische Formung der Landschaft während der letzten Eiszeitdie Moorbildung und damit die Akkumulation der organi-schen Substanz.

LABO: Bund/Länder-AG zum Bodenschutz

Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO) istein Arbeitsgremium der Umweltministerkonferenz (UMK), indem die für den Bodenschutz zuständigen obersten Behördender Länder und des Bundes zusammenarbeiten, um Fragen ih-res Aufgabenkreises zu erörtern, Lösungen auszuarbeiten undEmpfehlungen auszusprechen. Die LABO begleitet die Entwick-lung des Bodenschutzes und des Bodenschutzrechts und unter-stützt den Erfahrungsaustausch zwischen dem Bund und denLändern. Die Arbeitsgemeinschaft strebt insbesondere einen ein-heitlichen Vollzug des Bodenschutzrechts an und unterbreitetVorschläge für eine einheitliche Weiterentwicklung. Zu ihremAufgabenbereich zählt die Beratung der UMK und der Konfe-renz der Amtschefs der Umweltministerien des Bundes und derLänder (ACK).

Den Vorsitz des LABO-Leitungsgremiums nimmt 2009 und2010 das Land Nordrhein-Westfalen wahr. Anschließend gehtder Vorsitz turnusmäßig auf das Land Rheinland-Pfalz über.

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0

100

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300

400

500

Kohlenstoffvorrat

Ko

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nst

off

[t/

ha]

Extremwerte

Median

75%-Wert

25%-Wert

5%-Wert

95%-Wert

3–4 4–5 5–6 6–7 7–8 8–9 9–10

Temperaturklassen [°C]

Abbildung 4: Kohlenstoffvorräte Bayerns nach Temperaturklassen

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010 15

Wasserspeicher Boden

Da in unseren Breiten die Niederschläge nicht gleichmäßig fal-len, sondern immer wieder Trockenperioden eingeschaltetsind, ist der Boden ein wichtiges Ausgleichsmedium, das da-zu beiträgt, das Wasserangebot zu verstetigen. Die Bodenwas-serspeicherung hängt wesentlich von der Bodenart ab. Amhöchsten ist sie bei Lehmen und Schluffen, am geringsten beigroben Sanden und strengen Tonen. Das größte Hindernis fürdie Wasserspeicherung aber sind die Steine, die in flachgrün-digen Böden oft bis an die Bodenoberfläche reichen. Bei derBZE hat man sowohl die Bodenart bestimmt als auch den Ske-lettgehalt gemessen. Damit wurde eine Datenlücke geschlos-sen, die sonst die exakte Bestimmung des Wasserhaushalts ver-hindern würde. Das Speichervermögen des Bodens wird alsNutzbare Feldkapazität bezeichnet. Man meint damit die Was-sermenge, die der Boden gegen die Schwerkraft festhaltenkann und die nur so fest gebunden ist, dass sie die Bäume auf-nehmen können. In Abbildung 2 ist die Verteilung der Nutz-baren Feldkapazität an den BZE-Punkten dargestellt.

Heute reichlich, morgen knapp: Wasser im WaldWasser ist der wichtigste Standortsfaktor für das Gedeihen des Waldes

Christian Kölling und Wolfgang Falk

Die Bedeutung des Wassers als Standortsfaktor kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Was für ganze menschliche Gesell-schaften gilt, hat auch im Wald seine Richtigkeit: Vom Wasser hängen sowohl die Existenzmöglichkeiten vieler Baumarten alsauch besonders die Produktivität der Wälder ab. In der forstlichen Standortserkundung wurde daher viel Energie in die Er -fassung des Wasserhaushalts investiert. Mit dem Klimawandel wird eine Entwicklung eingeleitet, die den Wasserhaushalt derWälder empfindlich zum Schlechten verändern wird.

Den Wasserhaushalt von Waldböden beeinflussen drei Grö-ßen. Am wichtigsten ist der fallende Niederschlag als Einnah-me. Dann folgen der große Posten Transpiration (Verdunstungdurch Pflanzen) und der viel kleinere Posten Verdunstung di-rekt von der Bodenoberfläche als Ausgabe. Beide werden imWesentlichen über Temperatur und Einstrahlung gesteuert.Dazwischen steht der Boden als Speichermedium. Für die Be-stimmung des Wasserhaushalts ist es unerlässlich, die drei Ein-flussgrößen erstens so gut wie möglich zu erfassen und zwei-tens auf eine sinnvolle Weise zu verknüpfen. Bleibt in derBilanz von Niederschlagseinnahmen, Bodenspeicherung undVerdunstungsausgaben noch Wasser übrig, dann kann es ver-sickern und Grundwasser bilden.

Der Klimawandel wird – davon ist auszugehen – den Was-serhaushalt der Wälder verschlechtern. Die zweite Bodenzu-standserhebung (BZE 2) erlaubt eine Beschreibung heutiger,aber auch möglicher zukünftiger Verhältnisse in Bayern.

Niederschlag

Oft übersieht man die große Abhängigkeit des Wasserhaus-halts vom fallenden Niederschlag. Man spricht vom »frischenBoden« so, als ob der Boden die Quelle des Wassers wäre. Tat-sächlich hat nur der kleine Teil der Grundwasserböden eineeigene Zusatzversorgung aus der Nachbarschaft (seitlicher Zu-fluss) oder aus dem Untergrund (kapillarer Aufstieg). DerGroßteil der Böden erhält sein Wasser aber ausschließlichüber Niederschläge. Aus den neuen Klimakarten der Bayeri-schen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) (Zim-mermann et al. 2007) kann man mittlerweile räumlich hochauf-gelöst die Niederschlagssummen für jeden BZE-Punktabgreifen. Die zukünftige Entwicklung schätzen wir anhanddes regionalen Klimamodells WETTREG nach dem SzenarioB1 (Spekat et al. 2007). Gegenüber den gegenwärtigen Verhält-nissen wird sich die Jahresniederschlagssumme in 100 Jahrenüber ganz Bayern gemittelt nur geringfügig verringern. Diecharakteristische Umverteilung vom Sommer auf den Winterwird jedoch für den Wasserhaushalt von größter Bedeutungsein. Abbildung 1: Für unsere Wälder ist Wasser das Lebenselixier.

Foto: D. Dieschburg, pixelio.de

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010

gebnis ihrer Überlegungen als Wasserhaushaltsstufe in dieStandortskarten ein. Im Zeitalter des Computers kann manden Wasserhaushalt aber auch berechnen, sofern alle notwen-digen Eingangsgrößen zur Verfügung stehen. Im Grunde gehtes darum, das Zusammenspiel von Niederschlag, Wasserspei-cherung und Transpiration möglichst realitätsnah abzubilden.Das an der LWF dazu verwendete Verfahren ist bei Schultze etal. (2005) und Falk et al. (2008) beschrieben. Als Maß für denWasserhaushalt und als Ausgabegröße der Modelle wird dieTranspirationsdifferenz (Tdiff) verwendet. Diese Größe gibt an,wie sehr zeitweiliger Wassermangel die Transpiration (und da-mit auch die Assimilation) einschränkt. Dieses objektive Was-sermangelkriterium kann man den bekannten Wasserhaus-haltsstufen zuordnen. Abbildung 3 zeigt die Häufigkeiten derauf diese Weise für 370 BZE-Punkte ermittelten Wasserhaus-haltsstufen, wie sie sich unter gegenwärtigen Klimabedingun-gen ergeben. Fast drei Viertel der Waldstandorte Bayerns fal-len demnach in der Gegenwart in die Wasserhaushaltsstufen»mäßig frisch« und besser. Auf dem auf großer Fläche günsti-gen Wasserhaushalt beruhen die guten Produktionsbedingun-gen für die bayerische Forstwirtschaft. Deutlich erkennt manin der zugeordneten Punktkarte die Gunst der Gebirgslagenund des niederschlagsreichen Alpenvorlandes.

Gefahr im Verzug: Klimawandel

Hält man Wasserspeicherung und Strahlung konstant undnimmt für Niederschlag und Temperatur Zukunftswerte, kannman für die BZE-Punkte den Wasserhaushalt der Zukunft be-rechnen. Es versteht sich von selbst, dass dabei genau die glei-chen Rechenvorschriften benutzt werden wie bei der Berech-nung des gegenwärtigen Wasserhaushalts. Abbildung 4 zeigtdas Ergebnis dieser erneuten Schätzung unter den Vorzeichendes auf Grund des Klimawandels veränderten Niederschlags-

Ein mittlerer Boden kann etwa 150 Millimeter speichern. Re-gionen mit tiefgründigen Lehmen weisen die höchsten Werteauf, die niedrigeren Werte beruhen auf steinigen, sandigenoder tonigen Substraten.

Transpiration

Das Wasser, das die Bäume aus dem Boden aufnehmen, tran-spirieren sie über ihre Blätter und Nadeln. Die Höhe der Tran-spiration hängt wesentlich von der Temperatur und von derEinstrahlung ab. In kühlem Klima ist sie geringer als in war-mem, an steilen Südhängen höher als an flachen Nordhängen.Daneben ist aber auch der Wassergehalt des Bodens entschei-dend. Wenn im Boden kein Wasser mehr vorhanden ist,kommt auch die Transpiration zum Erliegen. Da die Assimi-lation an die Transpiration gekoppelt ist, ruht in Trockenperi-oden ohne Transpiration auch die Holzproduktion. Die an denBZE-Inventurpunkten herrschenden Temperaturen entneh-men wir wieder den neuen Klimakarten der LWF. Die Strah-lung ergibt sich aus der Geländeform, die aus dem DigitalenGeländemodell (DGM) errechnet werden kann. Die Erhöhungder Temperatur ist das wichtigste Kennzeichen des Klimawan-dels. Sie schätzen wir analog zur Veränderung des Nieder-schlags nach dem regionalen Klimamodell WETTREG. Alleindie Erhöhung der Temperatur führt bei gleicher Niederschlags-menge zu einer Anspannung des Wasserhaushalts.

Zusammenspiel der Kräfte: Wasserhaushalt

Die drei Komponenten des Wasserhaushalts am konkretenStandort korrekt zu verknüpfen, stellt eine intellektuelle He-rausforderung dar. Generationen von Standortserkundernmachten sich darüber vor Ort Gedanken und trugen das Er-

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Regionale Verteilung

Nutzbare Feldkapazität Prozentuale Verteilung

47–129 mm

130–144 mm

145–163 mm

164–186 mm

187–580 mm

0

20

5

50

95

40

60

80

100

Feldkapazität [mm]

Ku

mu

liert

e H

äufi

gke

it [

%]

N = 370Mittelwert: 161 mmMedian: 152 mmMinimum: 47 mmMaximum: 580 mm

0 50 100 150 200 250 300

Abbildung 2: Häufigkeiten und regionale Verteilung der NutzbarenFeldkapazität

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010

Spekat, A.; Enke, W.; Kreienkamp, F. (2007): Neuentwicklung von re-gional hoch aufgelösten Wetterlagen für Deutschland und Bereitstellungregionaler Klimaszenarien mit dem Regionalisierungsmodell WETT-REG 2005 auf der Basis von globalen Klimasimulationen mitECHAM5/MPI – OM T63L31 2010 bis 2100 für die SRES – SzenarienB1, A1B und A2. Projektbericht im Rahmen des F+E-Vorhabens 204 41138 »Klimaauswirkungen und Anpassung in Deutschland – Phase 1:Erstellung regionaler Klimaszenarien für Deutschland«, Publikationendes Umweltbundesamtes, 149 S.

Zimmermann, L.; Rötzer, T.; Hera, U.; Maier, H.; Schulz, C.; Kölling, C.(2007): Konzept für die Erstellung neuer hochaufgelöster Klimakartenfür die Wälder Bayerns als Bestandteil eines forstlichen Standortinfor-mationssystems. Andreas Matzarakis und Helmut Mayer (Hrsg.): Pro-ceedings zur 6. Fachtagung BIOMET des Fachausschusses Biometeo-rologie der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft e.V., Berichte desMeteorologischen Institutes der Universität Freiburg 16, S. 153–159

Dr. Christian Kölling leitet das Sachgebiet »Standort und Boden-schutz« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirt-schaft. [email protected]

Wolfgang Falk bearbeitet im Sachgebiet Standort und Bodenschutzden Fachbereich »Bodenwasserhaushalt, Bodenschutz und Stand-ortserkundung«. [email protected]

und Temperaturregimes. Der Anteil der günstigen Wasserhaus-haltsstufen von »mäßig frisch« aufwärts ist gegenüber der Ge-genwart von unter 70 auf unter 40 Prozent zurückgegangen.Wie sich dieser Rückgang auf das Produktionspotential derStandorte auswirken wird, muss noch ermittelt werden. Eineerste Schätzung erhält man, wenn man sich die Wuchsleistungan den Punkten betrachtet, die heute schon zu den vier Pro-zent trockene Standorte zählen. In weiteren Auswertungender BZE werden wir anhand der Zusammenschau der Wasser-haushaltswerte mit den Wuchsleistungen der aufstockendenBestände die ins Haus stehenden Produktionsrückgänge er-mitteln. Mit dem klimagerechten Waldumbau und dem damitverbundenen Wechsel der Baumart versucht man, das Produk-tionspotential der Standorte besser auszunutzen (Kölling et al.2010). Wo das Wasser knapp wird, sollte man künftig eher was-sersparende und trockenheitsangepasste Baumarten verwen-den.

Literatur

Falk, W.; Dietz, E.; Grünert, S.; Schultze, B.; Kölling, C. (2008): Wo hatdie Fichte genügend Wasser? Neue überregional gültige Karten des Was-serhaushalts von Fichtenbeständen verbessern die Anbauentscheidung.LWF aktuell 66, S. 21–25

Kölling, C.; Beinhofer, B.; Hahn, A.; Knoke, T. (2010): »Wer streut, rutschtnicht« – Wie soll die Forstwirtschaft auf neue Risiken im Klimawandelreagieren? AFZ/DerWald 5, S. 18–22

Schultze, B.; Kölling, C.; Dittmar, C.; Rötzer, T.; Elling, W. (2005): Kon-zept für ein neues quantitatives Verfahren zur Kennzeichnung des Was-serhaushalts von Waldböden in Bayern: Modellierung – Regression –Regionalisierung. Forstarchiv 76, S. 155–163

17

trocken

mäßig trocken

mäßig frisch

ziemlich frisch

frisch

sehr frisch

2000

37 %

11 %

14 % 4 %

22 %

12 %

2100Wasserhaushaltsstufen

34 %

11 %

5 % 7 %

28 %

15 %

Abbildung 3: Anteile der berechneten Wasserhaushaltsstufen für gegenwärtige Klimabedingungen

Abbildung 4: Anteile der berechneten Wasserhaushaltsstufen für zukünftige Klimabedingungen Szenario B1, WETTREG-Regio nalisierung

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/201018

Stickstoff – vom Mangel in den ÜberflussEin Teil der Waldstandorte kann keinen zusätzlichen Stickstoff mehr speichern

Wolfgang Falk und Ulrich Stetter

Informationen über Waldböden und Baumbestände zusammenzubringen, ist ein wesentliches Ziel der BZE 2. Den Nitrat-Kon-zentrationen im Boden wird deshalb die Stickstoffernährung der häufigsten Waldbaumart Fichte gegenübergestellt. In der Zu-sammenschau ergibt sich ein Bild über den aktuellen Zustand und mögliche Entwicklungen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Stick-stoffproblematik trotz anderer heiß diskutierter Umweltthemen nicht aus dem Blickfeld verschwinden darf.

fe betrachtet, sofern mindestens 80 cm erreicht wurden. Ins-gesamt können 310 BZE-Punkte dargestellt werden. 17 Pro-zent der Punkte weisen Nitrat-Konzentrationen unter 2,5 Mil-ligramm/Liter (mg/l) auf. Diese Standorte sind vermutlichnicht stickstoffgesättigt und liefern entsprechend kaum belas-tetes Sickerwasser. 56 Prozent der BZE-Punkte hingegen zeigen mit Konzentrationen von 2,5 bis 10,0 mg/l schon leichterhöhte Stickstoff-Gehalte. Weitere 18 Prozent der beprob tenFlächen weisen Werte zwischen 10,0 und 25 mg /l auf. Diese Punkte und die zehn Prozent mit Werten über 25 mg/l(ein Drittel davon über 50 mg/l), die oberhalb des ehemaligenEU-Richtwertes für Trinkwasser (25 mg/l) oder des Grenz -wertes der Trinkwasserschutzverordnung (50 mg/l) liegen,sind der »Finger in der Nitratwunde«. Wenn das Rückhalte-vermögen der Böden für Nitrat auf einem beträchtlichem Teilder Waldfläche überschritten zu sein scheint und der Bodendamit seine natürliche Schutzfunktion im Sinne des Bundes -bodenschutzgesetzes § 2 Abs. 2 nicht mehr erfüllen kann, un-terstreicht dies erneut die Dringlichkeit, die Stickstoff-Emissionen zu verringern. Die Verteilung der Nitrat-Konzen-trationen in den Waldböden Bayerns zeigt Abbildung 1.

Wegen der anhaltend hohen atmosphärischen Stickstoff ein -träge geraten immer mehr Waldökosysteme in den Zustand ei-ner Stickstoffsättigung (Aber et al. 1989). Ist die Nitrat-Konzen-tration im Bodenwasser größer als der Bedarf der Pflanzenund Mikroorganismen, verliert das gesättigte System Nitratmit dem Sickerwasser und belastet damit Grund- und Ober-flächenwasser. Stickstoff hat sich deshalb auf vielen Stand -orten in der Beurteilung vom Nähr- hin zum Problemstoff entwickelt. Die Schwierigkeiten reichen von Ernährungsun-gleichgewichten im Baum bis zu Versauerung und Basenver-lusten auf Grund von Auswaschung sowie Trinkwasserbelas-tung.

Nitrat im Boden

Üblicherweise versucht man, das Nitrat unterhalb des Haupt-wurzelraumes zu bestimmen. In dieser Tiefe wird es von denPflanzen nicht mehr aufgenommen. Es kann daher in das Grund-wasser ausgewaschen werden und wird dort zum Problem. Fürdie Auswertung wird die jeweils unterste beprobte Tiefen stu-

Abbildung 1: Nitrat-Konzentration im Boden bei Feldkapazität inBodentiefen über 80 Zentimeter

Regionale Verteilung

Nitrat im Boden Tiefe 80–150 cm

Prozentuale Verteilung

0,4–2,8 mg/l

2,9– 4,7 mg/l

4,8–6,9 mg/la

7,0 –12,2 mg/l

12,3–344,7 mg/l

0

20

5

50

95

40

60

80

100

Nitrat [mg/l]

Kum

ulie

rte

Häu

figke

it [

%]

N = 310Mittelwert: 11,9 mg/lMedian: 5,6 mg/lMinimum: 0,4 mg/lMaximum: 345 mg/l

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010

bedingungen zurückzuführen. Im Wesentlichen handelt essich um Moorflächen mit stark gehemmter Stickstoffumset-zung und Fichtenbestände auf flachgründigen Böden der Kalk-alpen mit bodenbedingt schwacher Stickstoffversorgung (Bai-er 2004). Ein knappes Viertel der Bestände ist ausreichend(Stufe: gering, 9 %) bis optimal (Stufe: mittel, 14,5 %) mit Stick-stoff versorgt. Die meisten Fichten jedoch (45 %) weisen in ih-ren Nadeln hohe Stickstoffgehalte auf. Dies zeigt den Über-gang von optimaler Ernährung zur Überversorgung an. EineStickstoffüberernährung (Stufe: sehr hoch) ist an 27,5 Prozentder Inventurpunkte festzustellen. Die meisten Extremwerte(N > 2 %) stammen allerdings von jungen Fichten, die be -kanntermaßen höhere Stickstoffgehalte aufweisen als ältereBäume (Schmidt-Vogt 1991). Lediglich die Konzentration der Mangelbestände in den Alpen bildet einen regionalen Schwer-punkt.

Bei der Beurteilung einer einmaligen Aufnahme wie beider BZE 2 sollte aber beachtet werden, dass die Nährelement-gehalte in den Nadeln oder Blättern der Waldbäume aufGrund physiologischer (z. B. Blüte, Fruktifikation) und weite-rer Einflussfaktoren (z. B. Witterungsverlauf) von Jahr zu Jahrschwanken können (Schmidt-Vogt 1991). Im Jahr der Probenah-me 2007 waren diese Faktoren in Bayern allerdings nicht au-ßergewöhnlich. Da knapp drei Viertel der beprobten Fichten-bestände in die Bewertungsstufe hoch bis sehr hoch fallen,weist dies insgesamt deutlich auf eine erhöhte Stickstoffver-sorgung der Wälder in den größten Teilen Bayerns hin – mitallen Problemen, die sich daraus ergeben können. Eine einsei-tig überbetonte Stickstoffversorgung bewirkt, um nur ein Bei-spiel zu nennen, unausgewogene Nährelement-Verhältnissebis hin zu induzierten Nährelementmängeln (Kazda 1990).

Die Ergebnisse der BZE 2 bestätigen im Wesentlichen die Er-kenntnisse aus der Nitratinventur Bayern der Jahre 2001 und2002 (Mellert et al. 2005) und zeigen, dass es in den letzten Jah-ren keine deutlichen Veränderungen bei den Nitrat-Konzen-trationen im Boden gegeben hat.

Stickstoffernährung der Fichte

Neben der Frage des möglichen Nitrataustrags mit dem Sicker-wasser sind natürlich auch die Auswirkungen der unterschied-lichen Nitrat-Konzentrationen im Boden auf den Wald selbstvon großem Interesse für die Forstwirtschaft. Da im Rahmender BZE 2 auch der Ernährungszustand der Wälder über Na-del- und Blattprobenahmen analysiert wurde, können dieStickstoffgehalte in den Bäumen dem Nitrat im Boden gegen-übergestellt werden. Exemplarisch wird die Fichte heran -ge zogen, da sie an drei Vierteln aller Inventurpunkte beprobtwurden. Beerntet wurden Bäume jeden Alters; ausgenommenwaren nicht geschlossene Kulturen und Verjüngungen. Abbil-dung 2 zeigt die Stickstoffgehalte des ersten Nadeljahrgangs,also den prozentualen Anteil des Stickstoffs an der Nadeltro-ckenmasse. Dieser Wert ist ein guter Indikator für die aktuel-le Versorgungslage der Bäume. Die Spannweite zwischenkleinstem und größtem Gehalt reicht von 0,83 bis 2,34 Pro-zent. Der mittlere Stickstoff-Nadelspiegelwert der Fichten, diebei der BZE im Jahr 2007 in Bayern beprobt wurden, beträgt1,6 Prozent.

Zur besseren Übersichtlichkeit werden die Stickstoffgehal-te einer Bewertung unterzogen (BMELF 1997). Diese Versor-gungsstufen sind in der Häufigkeits-Summenkurve und in derBayernkarte der Abbildung 2 farblich gekennzeichnet. DieStickstoffernährung der Fichte läßt sich folgendermaßen be-urteilen: Stickstoffmangel tritt selten auf (Stufe sehr gering:4 % aller Punkte) und ist dann meist auf besondere Standorts-

19

Prozentuale Verteilung

Stickstoffgehalte Fichte

0,5 0,75 1,0 1,25 1,5 1,75 2,0 2,25 2,50

20

40

60

80

100

Stickstoff [%]

Ku

mu

liert

e H

äufi

gke

it [

%]

Regionale Verteilung

Bewertung

sehr gering

gering

mittel

hoch

sehr hoch

N = 281Mittelwert: 1,6%Median: 1,6%Minimum: 0,8%Maximum: 2,3%

Abbildung 2: Stickstoffgehalte in Fichtennadeln des 1. Nadeljahr-gangs; Bewertung nach BMELF (1997)

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/201020

Man kann aber bereits eine Drift der Standorte in den Bereicheines höheren Austragsrisikos unterstellen. Dies zeigt der ge-strichelte Pfeil in das orange und rote Feld an. Ein besonde-res Risiko stellen daher die 51 Prozent der Punkte im gelbenFeld dar. Mit zunehmenden Stickstoffeinträgen oder nichtmehr zu steigernder Stickstoffaufnahme in die Biomasse istbei diesen Standorten mit einem steigenden Nitratniveau underhöhtem Nitrataustrag zu rechnen. Zurzeit kann man zwarfür etwa 90 Prozent der Waldfläche das Sickerwasser noch alswenig belastet beurteilen. Insgesamt ist aber ein wachsamesAuge auf den Stickstoffhaushalt der Waldökosysteme – vor al-lem auf die Eintragssituation – dringend geboten.

Literatur

Aber, J.D.; Nadelhoffer, K.J.; Steudler, P.; Melillo, J.M. (1989): Nitrogensaturation in northern forest ecosystems. Bioscience 39, 6, S. 378–386

Baier, R. (2004): Ernährungszustand und mögliche Anpassungsme -chanismen der Fichte (Picea abies (L.) Karst) auf Dolomitstandorten der Kalkalpen. Schweizerische Zeitschrift für das Forstwesen 155, 9, S. 387–391

BMELF - Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und For-sten (1997): Deutscher Waldbodenbericht 1996

Kazda, M. (1990): Indications of unbalanced nitrogen nutrition of Nor-way spruce stands. Plant and Soil 128, 1, S. 97–101

Mellert, K.H.; Gensior, A.; Kölling, C. (2005): Verbreitete Nitratbelastungdes Waldsickerwassers. AFZ/Der Wald, 4, S. 168–171

Schmidt-Vogt, H. (1991): Die Fichte. Bd. II/3, Parey Verlag

Wolfgang Falk bearbeitet im Sachgebiet »Standort und Boden-schutz« den Fachbereich Bodenwasserhaushalt, Bodenschutz undStandortserkundung. [email protected]

Ulrich Stetter ist im gleichen Sachgebiet für die Themen Wald -ernährung, Düngung und Bodenschutz zuständig und bearbeitetinnerhalb der BZE 2 das Modul Waldernä[email protected]

Zusammenschau: Nitrat und Waldernährung

Den Zusammenhang zwischen Nitrat im Boden und der Stick-stoffernährung der Fichte zeigt Abbildung 3. Sie stellt 214 In-venturpunkte dar, die sowohl unterhalb des Hauptwurzelrau-mes beprobt wurden also auch ältere Fichten mit einemBrusthöhendurchmesser größer zehn Zentimeter tragen. DieDiagrammfläche ist in fünf Felder aufgeteilt. In diesen Feldernsind Gruppen von Punkten mit bestimmten Kombinationenaus Nitrat-Konzentrationen und Versorgungsstufen zusam-mengefasst. Demnach kommt bei noch niedrigem Nitrat-Ni-veau (< 10 mg/l) nur an einem Fünftel der untersuchten Wald-standorte eine sehr geringe bis mittlere Stickstoffversorgungvor (grünes Feld). Auf gut der Hälfte aller Inventur-Punktewachsen dagegen bei relativ geringen Nitrat-KonzentrationenFichten mit hohen und sehr hohen Stickstoff-Gehalten in denNadeln (gelbes Feld). Die Paarung aus mehr oder weniger star-ker Überversorgung der Fichte und höheren Nitrat-Konzen-trationen im Boden (10–50 mg/l) findet sich immerhin bei 22Prozent der BZE-Punkte (oranges Feld). Die Extremkombina-tion aus sehr hohen Nitrat-Konzentrationen und hohen bissehr hohen Stickstoff-Nadelspiegelwerten tritt nur in einigenwenigen Fällen auf (rotes Feld). Kaum verwirklicht ist natur-gemäß die Kombination aus moderater Stickstoff-Ernährungder Fichte und hohen Nitrat-Werten im Boden (weißes Feld).

Die Ergebnisse können folgendermaßen interpretiert wer-den: Im Boden wird bereits so viel Stickstoff angeboten, dassdie Stickstoffversorgung der Bäume schon überwiegend in denhohen bis sehr hohen Bereich verschoben ist. Dies symboli-siert der durchgehende Pfeil in Abbildung 3. Allerdings sinddas Nitrat-Niveau und damit das Austragsrisiko im Wesentli-chen noch gering, da vermutlich die Vegetation den Stickstoffnoch weitgehend aufnehmen kann. Noch liegt der überwie-gende Teil der Punkte in einem Bereich unter 10 mg/l Nitrat.

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

sehr gering

gering

mittel

hoch

sehr hoch

Nitrat [mg/l]

Bew

ertu

ng

N-G

ehal

te

Nitrat (Boden) und Stickstoffversorgung (Fichte)

Risikostufen (Erläuterung im Text)

51 % 22 % 3 %

2 %22 %

Abbildung 3: Nitrat-Konzentrationen im Boden (> 80 cm Tiefe) beiFeldkapazität und Stickstoffernährung der Fichte (1. Nadeljahrgang,BHD > 10 cm), bewertet nach BMELF (1997)

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010 21

bei 110 Zentimetern werden 86 Prozent erreicht. In der Ver-gangenheit liegende Versauerungsprozesse haben dazu ge-führt, dass der Oberboden mehr Basenkationen verloren hatals der Unterboden. Der Verlust an Basenkationen kann ver-schiedene Ursachen haben, vor allem sind dafür der Angriffder Kohlensäure (Matzner und Davis 1996) und der Bestandtei-le des Sauren Regens verantwortlich (Kölling 1999b), danebenaber auch die übermäßige Nutzung von Biomasse (Glatzel1991). Mit dem Sickerwasser oder auf Grund von Biomasse -export verliert der Boden Basenkationen und an ihrer Stelletreten Säurekationen wie Aluminium. Den Verlust von Basen-kationen vom Austauscherkomplex des Bodens nennt man Bo-denversauerung. Sie drückt sich stets in einer Abnahme derBasensättigung aus.

Macht sauer wirklich lustig?Drei Viertel der Waldböden Bayerns sind kaum versauert, aber das restliche Viertel lässt Probleme erwarten

Christian Kölling

Bodenversauerung war eines der großen Themen der letzten zwei Jahrzehnte des letzten Jahrhunderts. Im Zusammenhang mitden neuartigen Waldschäden wurde oft auch der »Saure Regen« als Ursache genannt. Luftverunreinigungen belasten die Wäl-der bis heute mit Schwefel- und Stickstoffverbindungen. Wie sauer sind unsere Waldböden wirklich? Wie werden sich die Bö-den weiter entwickeln?

Wohl jeder bringt mit dem Begriff »Säure« den pH-Wert in Ver-bindung. Schon im Chemieunterricht lernt man, dass die Säu-rekonzentration von Lösungen mit dem pH-Wert ausgedrücktwird. Bei Böden ist es einigermaßen aufwendig, die Bodenlö-sung von der Bodenfestphase zu trennen und darin direkt denpH-Wert zu bestimmen. Die ersatzweise mögliche Bestim-mung des pH-Wertes in einer Aufschwemmung von Boden miteiner Lösung (Suspension) hat andere Nachteile. Überdies hatsich gezeigt, dass das Gedeihen der Waldbäume nicht so sehrvom Säuregrad (pH-Wert) der Bodenlösung, sondern vielmehrvon den darin enthaltenen Nährelementen Calcium, Magne-sium, Natrium und Kalium abhängt. Diese Elemente werdenim Fachjargon auch als »Basenkationen« bezeichnet, die Ba-senvorräte, bezogen auf einen Hektar, werden in Kilomol Ionenäquivalente pro Hektar (kmolc /ha) angegeben. Je höherder Anteil dieser Kationen und je geringer der Anteil der »Säu-rekationen« Aluminium, Eisen, Mangan und Protonen in derBodenlösung ist, desto besser ist die Baumernährung gewähr-leistet. Weil die Gewinnung der Bodenlösung aufwendig ist,behilft man sich mit einem Bodenextrakt und bestimmt darindie Kationenanteile. Damit erfasst man die Belegung der ne-gativ geladenen Partikeloberflächen des Austauscherkomple-xes mit positiv geladen Kationen. In Abbildung 1 ist die Bele-gung des Austauscherkomplexes eines typischen Waldbodensim Niederbayerischen Tertiärhügelland dargestellt. Man er-kennt die unterschiedlichen Anteile der einzelnen Kationen,die sich zusammen auf 100 Prozent summieren. Aus der Ver-änderung der Anteile mit zunehmender Bodentiefe ergibt sichein charakteristisches Tiefenprofil. Die Basenkationen Calci-um und Magnesium nehmen mit der Tiefe zu, die Anteile derSäurekationen Aluminium und Protonen gehen zurück.

Basensättigung

Dieses komplexe Bild kann man vereinfachen, indem nicht al-le acht einzelnen Kationenanteile betrachtet werden, sondernnur die Summe des Anteils der vier Basenkationen Calcium,Magnesium, Natrium und Kalium. Dieser Prozentwert wirdauch als Basensättigung bezeichnet. Im Beispiel in der Abbil-dung 1 beträgt die Basensättigung in 30 Zentimeter Bodentie-fe elf Prozent, in 60 Zentimeter steigt sie auf 60 Prozent und

–140

–120

–100

–80

–60

–40

–20

20

0

KationenbelegungBZE-Punkt 6470

Bo

den

tief

e [c

m]

0 20 40 60 80 100

Häufigkeit [%]

Humus

Protonen

Mangan

Eisen

Aluminium

Kalium

Natrium

Magnesium

Calcium

Abbildung 1: Kationenbelegung des Bodenaustauscherkomplexesam BZE-Punkt 6470 in Abhängigkeit von der Bodentiefe

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Tiefenprofile

Unser Beispielsboden auf Abbildung 1 ist in einer sehr charak-teristischen Weise versauert: Weisen die Humusauflagen nochBasensättigungen von über 20 Prozent auf, gehen die Werteim oberen Mineralboden auf unter zehn Prozent zurück. Imtieferen Mineralboden steigt die Basensättigung dann auf über 80 Prozent. Was bedeutet dies für das Gedeihen derWaldbäume? Ein junger Baum muss mit seinen Wurzeln inden ersten Jahren das saure Milieu des Oberbodens durch -stoßen. Hier kann er wenig Calcium und Magnesium aus der Bodenlösung aufnehmen und muss stattdessen hohe Alu -miniumkonzentrationen erdulden. Erst mit zunehmendemTiefenwachstum erreichen die Wurzeln die basenreichen Ho-rizonte des Unterbodens. Anspruchsvolle Baumarten wieEsche und Feld ahorn werden ihre liebe Not mit einem solchenBoden haben, während säuretolerantere und weniger basen-bedürftige Arten wie die Rotbuche ohne Probleme wachsenkönnen. In unserem Beispiel ist ein typischer Verlauf der Ba-sensättigung mit der Profiltiefe verwirklicht. Oben basenarm,unten basenreich, so könnte man die Verhältnisse am bestenbeschreiben.

Es gibt aber noch andere Verlaufsformen der Basensätti-gung im Bodenprofil. Man kann diese ohne Zwang fünf Typenzuweisen (Abbildung 2; Kölling et al. 1996; Kölling 1999a; Köllingund v. Wilpert 2000). Im einen Extrem ist das ganze Bodenpro-fil hoch basengesättigt (Typ 1), im anderen Extrem ist es durch-gehend basenarm (Typ 5). Dazwischen liegen drei Übergangs-formen, die sich anhand unterschiedlich mächtig versauerterOberböden unterscheiden. Abbildung 2 zeigt die fünf Verlaufs-typen für den gesamten BZE-Datensatz dargestellt. Nur 4 von372 Böden können keinem Verlaufstyp zugeordnet werden,da es sich um Sonderfälle (Hochmoore, Felsböden) handelt.

Typ 1 27 Prozent der Waldböden Bayerns gehören zum Typ 1 (Ab-bildung 3). Gleichmäßig hohe Basensättigung von über 80 Pro-zent im gesamten Profil kennzeichnen den Typ 1. Er ist vor al-lem in den Kalkgebieten Bayerns wie der Fränkischen Platte,dem Jura und den Kalkalpen weitverbreitet. Böden dieses Typssetzten der Bodenversauerung einen nahezu unüberwindli-chen Widerstand entgegen. Allerdings ist das Elementangebotfür die Baumernährung einseitig von Calcium und Magnesi-um geprägt, die Ernährung mit Spurenelementen (Eisen undMangan), Kalium sowie Phosphor kann auf diesen Standor-ten schnell problematisch werden. Basenbedürftige Baumar-ten wie Esche und Feldahorn finden auf Böden des Typs 1 op-timale bodenchemische Bedingungen vor. Die Basenvorrätesind sehr hoch, 75 Prozent der Böden des Typs 1 besitzen Ba-senvorräte über 1.000 kmolc /ha (Abbildung 4).

BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/201022

–150

–125

–100

–75

–50

–25

25

0

Tiefenprofiltypen

Typ 1

Bo

den

tief

e [c

m]

0 20 40 60 80 100

Abbildung 2: Fünf Tiefenprofiltypen der Basen-sättigung (Medianwerte) des BZE-Datensatzes

–150

–125

–100

–75

–50

–25

25

0

Tiefenprofiltypen

Typ 1B

od

enti

efe

[cm

]0

–150

–125

–100

–75

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–25

0

–150

–125

–100

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0

–150

–125

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0

–150

–125

–100

–75

–50

–25

0

20 40 60 80 100

Typ 2

Typ 3

Typ 4

Typ 5

0 20 40 60 80 100

Basensättigung [%]

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Typ 4Dieser Typ kommt auf 14 Prozent der Waldfläche vor. Ihn cha-rakterisiert eine tief reichende Bodenversauerung. Erst in übereinem Meter Tiefe steigt die Basensättigung auf über 20 Pro-zent. Die in solch großer Tiefe schlummernden Basenvorrätekönnen nur alte und tiefwurzelnde Bäume nutzen. Mit derStreu gelangen die Basen dann im Laufe der Jahre auf die Bo-denoberfläche und werden dort Teil des Auflagehumus. Vondort sind sie dann leicht auch für junge Bäume zu erreichen.Auf diesen als »Basenpumpe« bezeichneten Mechanismussind Bäume auf den Böden des Typs 4 besonders angewiesen.Anspruchslose Baumarten finden auf den Böden des Typs 4recht gut ein Auskommen. Wichtig aber ist, dass eine pflegli-che Forstwirtschaft die knappen Vorräte schont und die Ba-senpumpwirkung nicht über längere Zeit unterbrochen wird,z.B. nach Kahlhieb. Bei 75 Prozent der Böden des Typs 4 blei-ben die Basenvorräte unter 100 kmolc /ha (Abbildung 4).

Typ 5Der basenärmste Typ 5 nimmt glücklicherweise nur acht Pro-zent der Waldfläche ein. Er ist auf die Silikatgebiete wie z. B.Spessart, Rhön, Odenwald und die ostbayerischen Grenzge-birge beschränkt. Auch in großer Bodentiefe gibt es für dieBäume wenig Calcium und Magnesium zu holen. 75 Prozent

Typ 2Ebenfalls 27 Prozent beträgt der Anteil des Typs 2, der häufigmit Typ 1 vergesellschaftet auftritt. Er besitzt alle Vorteile desTyps 1, Spurenelement-, Kalium- und Phosphormängel tretenjedoch viel seltener auf. Die leichte Versauerung im Oberbo-den beruht häufig auf einer Überdeckung von Kalksubstratenmit einer lehmigen Deckschicht. Bodenchemisch sind auf die-sen Standorten paradiesische Zustände verwirklicht. Nahezualle Baumarten können ihren Bedarf an Nährstoffen ohneEinschränkung decken. Die Basenvorräte sind ähnlich hochwie bei Typ 1, 75 Prozent der Böden des Typs 2 weisen Basen-vorräte über 680 kmolc /ha auf (Abbildung 4).

Typ 3Auf knapp einem Viertel der Waldfläche ist Typ 3 verwirklicht(vgl. auch Abbildung 1). Ihn zeichnet stärkere Oberbodenver-sauerung aus. Sie resultiert häufig aus mächtigeren Deck-schichten. Im Unterboden werden bei karbonatfreiem Substrat100 Prozent Basensättigung nicht mehr erreicht. Die boden-chemischen Bedingungen sind ähnlich paradiesisch wie beiTyp 2, jedoch liegt der basenreiche Unterboden unter einerziemlich mächtigen versauerten Decke verborgen. In ihrer Ju-gend haben daher manche Baumarten Schwierigkeiten, ihrenBedarf an Calcium und Magnesium zu decken. Alte und tief-wurzelnde Bäume können jedoch auch die Basenvorräte desUnterbodens nutzen. Die Basenvorräte sind zumeist hoch,über 75 Prozent der Böden des Typs 3 verfügen über Basen-vorräte von mehr als 175 kmolc /ha (Abbildung 4). Für basen-bedürftige Baumarten wie Esche und Feldahorn reicht die bo-denchemische Qualität jedoch meistens nicht aus, zu lang istin der Jugend die »Durststrecke« bis zum Erreichen des basen-reichen Unterbodens.

BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010 23

Tiefenprofiltypen

Typ 1

Typ 2

Typ 3

Typ 4

Typ 5

24 %

5 %

27 %

27 %

14 %

Abbildung 3: Häufigkeit und räumliche Verteilung der Tiefenprofiltypen 1 bis 5 im BZE-Datensatz

Das Weltknäuel Mensch

Das Buch beschreibt die Wechsel-wirkungen zwischen Mensch undNatur, ein Verhältnis, das so inniggedacht werden muss, dass derAutor – studierter Philosoph undForstmann in einem – vom »Welt-knäuel Mensch« spricht. Immerwieder stehen der Wald und derUmgang mit ihm im Mittelpunkt.In einem eigenen Kapitel widmetsich der Philosoph sogar spezielldem Förster.

»Das Weltknäuel Mensch« istkeineswegs eine trockene wissen-

schaftliche Abhandlung, sondern ein kurzweiliger Text vollerbildreicher Metaphern, indem sich alles darum dreht, wie derMensch sich und die Natur versteht. So entsteht eine faszinie-rende und auch literarisch wertvolle Reise, auf der der Leser denAutor begleiten darf. Besonders für die, die den Umgang mit derNatur zu ihrem Beruf gemacht haben und ihr Metier auch ein-mal philosophisch durchleuchten wollen, ist das Buch ein Ge-winn. johann seidl

Günter Dobler (2010)Das Weltknäuel MenschÜber den Zusammenhang von Mensch und NaturBOD Norderstedt; ISBN 978-3-8391-6421-1, € 12,90Leseproben unter www.weltknaeuel-mensch.de

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010

der Böden des Typs 5 besitzen Basenvorräte unter 40 kmolc /ha (Abbildung 4). Für anspruchslose Baumarten reicht in denmeisten Fällen die Basenversorgung aus. In bestimmten Fäl-len können jedoch besonders bei Typ 5 Mangelerscheinungenauftreten. Maßnahmen wie die Bodenschutzkalkung oder Restriktionen bei der Biomassenutzung können hier helfen,die besonders ungünstigen chemischen Verhältnisse zu stabi-lisieren.

Vertreibung aus dem Paradies?

Die Analysen der BZE ergeben ein rosiges Bild der bodenche-mischen Verhältnisse auf einem Großteil der Waldfläche. Über75 Prozent nehmen derzeit die Typen 1, 2 und 3 ein. Bis aufwenige Ausnahmen kommen die Waldbaumarten mit der hiergebotenen Basenausstattung gut zurecht. Mit geschickterBaumartenwahl lassen sich Nachteile wie Spurenelement-schwächen einerseits und niedrige Basensättigung im Ober-boden andererseits gut bewältigen. Die bodenchemischen Sorgenkinder Typ 4 und Typ 5 verlangen größere Aufmerksam- keit. Hier kann in einigen Fällen eine Bodenschutzkalkung erforderlich werden (Stetter, S. 25–27 in diesem Heft) oder es istZurückhaltung bei der Nutzung, z. B. Belassen der Ernterück-stände im Bestand, angeraten (Kölling, S. 28–31 in diesem Heft).

Sind die geschilderten komfortablen bodenchemischen Be-dingungen nur eine Momentaufnahme der BZE und drohtüber fortschreitende Bodenversauerung den Waldböden Bay-erns eine Verschlechterung? Um diese Frage zu beantworten,hilft eine einfache überschlägige Rechnung. Dank der jahr-zehntelangen Umweltbeobachtung an den Waldklimastatio-nen wissen wir, dass die atmosphärischen jährlichen Netto-säureeinträge in Bayern gegenwärtig höchstens bei 1 kmolc /haliegen. Bei den hohen Vorratswerten in den Tiefenprofiltypen1, 2 und 3, wie sie aus Abbildung 5 hervorgehen, würde es beidrei Vierteln der Waldböden 100 bis über 1.000 Jahre dauern,bis sie sich auf Grund der anthropogenen Versauerung zu denungünstigen Typen 4 und 5 weiterentwickeln. Dabei ist nochnicht berücksichtigt, dass die Böden im Zuge der Verwitterungaus dem Gestein laufend neue Basen gewinnen und außerdemein Teil der sauren Niederschläge zumindest vorübergehendin den Böden gespeichert wird. Am ehesten erscheinen die ge-ring bevorrateten Böden des Typs 3 gefährdet zu sein. Nurzehn Prozent der Böden des Typs 3 weisen allerdings Basen-vorräte unter 100 kmolc /ha auf. In diesem Kollektiv befindensich neben einigen Sonderfällen (flachgründige Böden, Grund-wasserböden) einige wenige »Kandidaten« für eine Bodenver-änderung hin zu den ungünstigen Typen 4 und 5. In diesenseltenen Fällen würde der Säureangriff die Grenzlinie zwi-schen niedriger und hoher Basensättigung, die »Versauerungs-front«, im Profil nach unten verschieben, sofern nicht die Ge-steinsverwitterung die sauren Niederschläge ausgleicht. Beiden gegenwärtig schon sauren Böden der Typen 4 und 5 hatein weiterer Säureangriff hingegen schwerwiegendere Folgen.Werden die ohnehin schon grenzwertig geringen Basenvor rä-te weiter geschmälert, reichen sie bald für den Bedarf der Bäu-me nicht mehr aus. Den Typen 4 und 5 gilt daher besondere

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Aufmerksamkeit in Fragen der Luftreinhaltung, Waldernäh-rung und Biomassenutzung. Die gute Nachricht der BZE derausreichenden und wenig gefährdeten Basenausstattung betrifftdrei Viertel der Waldfläche. Sie darf aber nicht davon ablenken,dass der Rest nach wie vor der Gefahr der Bodenversauerungauf Grund von Luftverunreinigungen und übermäßiger Nut-zung ausgesetzt ist. Hier muss die Bodenversauerung weiter be-obachtet werden und man wird fallweise Vorsorgemaßnahmen(z. B. Kalkung, Nutzungs regulierung) ergreifen müssen.

Literatur

Glatzel, G (1991): The impact of historic land use and modern forestryon nutrient relations of Central European forest ecosystems. FertilizerResearch 27, S. 1–8

Kölling, C. (1999a): Ordination von Waldökosystemen nach Stoff -konzentrationen der Lösungsphase und bodenchemischen Tiefen -gradienten. Journal of Plant Nutrition and Soil Science 162, S. 89–95

Kölling, C. (1999b): Luftverunreinigungen und ihre Auswirkungen aufdie Wälder Bayerns. Berichte aus der LWF 22, S. 1–46

Kölling, C.; v. Wilpert, K. (2000): Kennwerte zum Säurestatus der Bo-denlösung. Forstarchiv 71, S. 49–54

Kölling, C.; Hoffmann, M.; Gulder, H. J. (1996): Bodenchemische Ver -tikalgradienten als charakteristische Zustandsgrößen von Waldöko -systemen. Zeitschrift für Pflanzenernährung und Bodenkunde 159, S. 69–77

Matzner, E.; Davis, M. (1996): Chemical soil conditions in pristine Not-hofagus forests of New Zealand as compared to German Forests. Plantand Soil 186, S. 285–291

Dr. Christian Kölling leitet das Sachgebiet »Standort und Boden-schutz« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirt-schaft. [email protected]

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500

1.000

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Vo

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[km

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/ha]

Basenvorrat

Extremwerte

Median

75%-Wert

25%-Wert

5%-Wert

95%-Wert

Typ 1 Typ 2 Typ 3 Typ 4 Typ 5

Tiefenprofiltyp

Abbildung 4: Basenvorräte und wichtige Kennwerte der Tiefen -profiltypen 1 bis 5

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010 25

Kalkungskulisse für Bayern

Die intensivierte Umweltbeobachtung der letzten Jahrzehnteführte im Bereich der Umweltdaten zu einem großen Informa-tionsgewinn. Dieser findet seinen Ausdruck unter anderem inverbesserten Datengrundlagen zur Nährstoffausstattung derWaldböden und zum Ernährungszustand der Waldbestände.Deutliche Fortschritte konnten auch bei der Gewinnung vonbodenkundlichen Geodaten und deren Verarbeitung und Dar-stellung mit Hilfe Geografischer Informationssysteme erzieltwerden. Daher wurden die entscheidenden Informationen zu-sammengeführt und in Form einer auf bodenchemischen Da-ten basierenden Kalkungskulisse präsentiert. Diese steht denÄmtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für einedifferenzierte Beratung zur Verfügung. Zukünftig ist es mög-lich, Schwerpunkte der Kalkung in Bayerns Wäldern auf einer objektiveren Grundlage zu identifizieren. Fördermittelkönnen dann gezielter als bisher in Regionen gelenkt werden,in denen die hinsichtlich Bodenchemie und Waldernährung

Bodenschutzkalkung? Fraget die Bäume …Umfangreiche Daten zur Waldernährung eröffnen einen anderen Blickwinkel auf das Thema Kalkung

Ulrich Stetter

Wird über »Neuartige Waldschäden« und Bodenversauerung gesprochen, folgt immer auch die Diskussion über Kalkung undDüngung im Wald. Ob diese Maßnahmen wirklich greifen, ist durchaus umstritten. Aufbauend auf aktuellen Bodeninformatio-nen hat die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft eine Kalkungskulisse für Bayern erstellt. In dieser Karte wirddie Kalkungsfähigkeit der Waldböden entsprechend der Tiefenfunktion der Basensättigung festgelegt.

Seit zu Beginn der 1980er Jahre »Waldsterben« und »SaurerRegen« in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerieten, wird da-bei immer auch das Thema Düngung und Kalkung von Wäl-dern diskutiert. Die Erfolgschancen der Düngung im Zusam-menhang mit den Neuartigen Waldschäden werden aber inder wissenschaftlichen Literatur sehr unterschiedlich bewer-tet. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, welchen Anteil Er-nährungsstörungen an diesem Phänomen haben. Unter derVoraussetzung, dass Erscheinungen des Waldsterbens regel-mäßig mit einer unzureichenden Waldernährung zusammen-hängen, könnte mit Hilfe gezielter Düngemaßnahmen eineschnelle und dauerhafte Vitalisierung geschädigter Beständeerreicht werden (Hüttl 1989). Sollten aber Nährstoffmängel nurbei einzelnen Erkrankungstypen des gesamten Schadkomple-xes auftreten, würden sich die Einsatzmöglichkeiten einerDüngung nur auf begrenzte Flächen reduzieren, z. B. jene mitder Magnesium-Mangel-Erkrankung der Fichte auf sauren Bö-den in höheren Mittelgebirgslagen (Rehfuess 1995).

Die Notwendigkeit von Kalkungen im Zusammenhang mitder Bodenversauerung wurde ebenfalls immer wieder kontro-vers diskutiert. Ausgehend von der Erkenntnis, dass die zu ho-hen Säureeinträge aus atmosphärischer Deposition die Puffer-fähigkeit der Böden übersteigen, war es erklärtes Ziel derBodenschutzkalkung, die weitere anthropogene chemischeDegradation der Waldböden zu stoppen, der Trinkwasserver-sauerung entgegenzuwirken und Magnesium-Mängel derWaldbestände über magnesiumreiche Kalke zu beheben (Bee-se und Meiwes 1995). Aber wie bei allem im Leben gibt es zweiSeiten der Medaille. Mögliche Risiken und Nebenwirkungender Kalkung sind z. B. Humusverluste, Nitrat-Auswaschungund eine Verflachung des Wurzelsystems (Kreutzer 1995).

Vor diesem Hintergrund wurde die Kalkungspraxis in denBundesländern unterschiedlich gehandhabt. In Bayern zogman ein nach Standort und Bestand differenziertes Handelnder großflächigen Bodenschutzkalkung vor (Biermayer 1998).Allerdings ist es auf Grund der geologischen Ausgangssituati-on in großen Teilen Bayerns auch zu keiner tiefreichenden Bo-denversauerung gekommen. Auf drei Vierteln der Waldflächeist aktuell zumindest im Unterboden eine ausreichend hoheBasensättigung vorhanden (Kölling, S. 21–24 in diesem Heft).

Kalkung möglich

keine Kalkung

Abbildung 1: Kalkungskulisse für die Waldfläche Bayerns

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

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MagnesiumDie Magnesiumgehalte zeigen bei der Buche einen deutlichenZusammenhang mit dem Tiefenverlauf der Basensättigung(Abbildung 2). Bäume, die auf Standorten des Typs 1 bis 3 sto-cken, sind fast ausnahmslos optimal mit Magnesium versorgt.Bei höchster Basensättigung, also auf carbonathaltigen Bö-den, liegen überwiegend sehr hohe Werte vor, die eine Über-ernährung anzeigen. Je größer das Bodenvolumen mit niedri-ger Basensättigung ist, desto geringer sind im Mittel dieMagnesiumgehalte in den Blättern. Der Mittelwert für denTyp 5 liegt nur noch knapp über der Mangelgrenze. Bei denTypen 4 und 5 weisen die Buchen an sechs Punkten Magnesi-ummangel auf. Die Fichte zeigt den für die Buche beschriebe-nen Zusammenhang nicht so deutlich. Die durchschnittlicheMagnesiumversorgung ist bei allen Typen zwar ebenfalls op-timal, nimmt aber mit geringerwerdender Basensättigung imTiefenverlauf weniger stark ab. Bei den Typen 4 und 5 tretenfünf Fälle von Magnesiummangelernährung auf. Im erstenMoment erstaunlich erscheint eine in Einzelfällen geringeoder sogar mangelhafte Magnesiumversorgung von Fichte undBuche bei höchster Basensättigung im Boden. Diese Bestän-de stocken auf Böden, die sich aus reinen, also magnesium -armen Kalken entwickelt haben. Die Folge ist zwar eine sehrhohe Basensättigung, die aber fast vollständige vom Calciumgebildet wird, während nur sehr wenig austauschbares und da-mit pflanzenverfügbares Magnesium vorhanden ist. Eine Dün-gemaßnahme ist in solchen Fällen wenig sinnvoll. Die Baum-artenwahl spielt hier die entscheidende Rolle.

schwierigen Standorte konzentriert sind. Die Kalkungskulis-se stellt dabei einen ersten Filter und wichtigen Baustein dar,ersetzt allerdings nicht den lokalen Kalkungsplan. Auch inner-halb der Kalkungskulisse ist nach wie vor eine Einzelfallprü-fung durch das zuständige Amt für Ernährung, Landwirt-schaft und Forsten notwendig.

Die Kalkungskulisse (Abbildung 1) unterteilt die Waldflä-che Bayerns in die Kategorien »Kalkung möglich« (orange)und »keine Kalkung« (grün). Die Einteilung erfolgte aufGrund der unterschiedlichen Tiefenverläufe der Basensätti-gung im Mineralboden (Typen). Die Basensättigung ist einwichtiges Entscheidungskriterium für die Frage: Kalkung jaoder nein? Der bodenchemische Wert spiegelt einerseits denVersauerungszustand des Bodens und andererseits die Verfüg-barkeit von Calcium und Magnesium im Wurzelraum derWaldbäume wider. In den grünen Bereichen (Typen 1–3, Köl-ling, S. 21–24 in diesem Heft), die circa 75 Prozent der Waldflä-che Bayerns ausmachen, kann man davon ausgehen, dass ei-ne ausreichend hohe Basenversorgung gegeben ist, die eineKalkung, d. h. die Zufuhr von Calcium und Magnesium, nichtnotwendig macht. In den restlichen roten Bereichen sind dieBöden dagegen so tiefgründig versauert (Typen 4 und 5), dasssie als kalkungsfähig eingestuft werden (Kudernatsch et al. 2010).

Basensättigung und Waldernährung

Die Kalkungskulisse stellt anhand eines in der zeitlichen Entwicklung relativ stabilen bodenchemischen Parameters die Kalkungsfähigkeit der Böden im Überblick dar. Sie kannaber die Frage nach der aktuellen Notwendigkeit z. B. ausSicht der Waldernährung und damit auch nach dem konkre-tem Ort innerhalb der großräumigen Kulisse nicht vollständigbe antworten. Mit den Ergebnissen aus über 1.000 Nadel- undBlattanalysen von knapp 2.000 beprobten Bäumen stellt dieBZE 2 einen umfangreichen und aktuellen Datensatz zur Ver-fügung, um dem Zusammenhang von Waldernährung und ent-sprechenden Bodendaten nachzugehen.

Die Abbildungen 2 und 3 zeigen die Magnesium- und Cal-ciumgehalte in Buchenblättern bzw. in Fichtennadeln des 1.Jahrgangs in Abhängigkeit von den Basensättigungstypen desBodens. Buche und Fichte wurden als flächenmäßig wichtigs-te Laub- bzw. Nadelbaumart beispielhaft ausgewählt. Nichtausgewertet wurden sehr junge Bestände, da diese wegen ih-rer geringeren Wurzeltiefe das Standortspotential noch nichtvoll widerspiegeln. Insgesamt werden 79 Prozent aller BZE-Punkte dargestellt. Die Spannen der Elementgehalte für eineoptimale Ernährung sind in beiden Abbildungen mit einemgrauen Feld hervorgehoben. Nadel-/Blattspiegelwerte unter-halb des Optimums zeigen eine Mangelernährung an. Ober-halb der Optimalbereiche liegen sehr hohe Gehalte vor. DieBewertung erfolgt nach BMELF (1997).

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0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

Magnesiumgehalt

Mag

nes

ium

[m

g/g

]

Typ 1Optimum Typ 2 Typ 3 Typ 4 Typ 5

Basensättigungstyp

Fichte Buche

Abbildung 2: Magnesium-Blatt-/Nadelspiegelwerte von Buche und Fichte sowie Tiefenfunktion der Basensättigung

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CalciumDie Calciumgehalte zeigen für beide Baumarten einen deutli-chen Zusammenhang mit dem Tiefenverlauf der Basensätti-gung (Abbildung 3). Das Ernährungsniveau von Buche undFichte unterscheidet sich aber. Die Calciumversorgung derFichte geht von einer deutlichen Überernährung bei Typ 1 aufimmer noch optimale Werte bei niedriger Basensättigung zu-rück. Nur zwei Bestände mit Calciummangel sind vorhanden.Die Buche dagegen zeigt keinen so hohen Anteil von Überer-nährung bei guter Basenausstattung des Bodens und einenMedian nur knapp über der Mangelgrenze bei Typ 5. Insge-samt acht Mal tritt eine mangelhafte Versorgung bei Typ 4 und5 auf.

Bewertungsrahmen Bei der Versorgung mit den beiden betrachteten Elementenscheint die Fichte weniger anspruchsvoll zu sein als die Bu-che, da sie auch bei ungünstigeren bodenchemischen Bedin-gungen eine überwiegend ausreichende Ernährung aufweist.Allerdings birgt diese Bewertung des Ernährungszustandes ei-ne gewisse Unsicherheit in sich, da die Definition von Grenz-werten für mangelhafte, optimale und zu hohe Nährelement-gehalte unterschiedlich vorgenommen werden kann. Nebender von uns gewählten, gängigen Einteilung finden sich in derLiteratur auch andere Bewertungsrahmen, z. B. Krauß undHeinsdorf 2005. Für die verwendeten BZE-Punkte wurde nichtzwischen gekalkt und nicht gekalkt unterschieden, da dazukeine genauen Informationen vorliegen. Von der gesamtenWaldfläche Bayerns dürften aber in den letzten 20 Jahrenschätzungsweise nicht mehr als fünf Prozent gekalkt wordensein. Der Einfluss auf die vorliegende Auswertung ist daher allenfalls untergeordnet.

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Potentielle Kalkungsfläche

Die gemeinsame Betrachtung von Waldernährungs- und Bo-dendaten bestätigt die gewählte Vorgehensweise, für die Kal-kungskulisse mit Hilfe der verschiedenen Tiefenfunktionender Basensättigung eine Einteilung vorzunehmen. Die Calci-um- und Magnesiumversorgung von Fichte und Buche ist beiBöden des Typs 1 bis 3 bis auf wenige Sonderfälle optimal. AnPunkten mit den Typen 4 und 5 ist sie im Mittel zumindestausreichend, es treten aber gehäuft Ernährungsmängel auf. Eine überschlägige Berechnung für beide Baumarten und bei-de betrachtete Elemente kommt zu dem Ergebnis, dass sichauf ungefähr fünf Prozent der Holzbodenfläche in Bayern eine Mangelernährung potentiell diagnostizieren lässt. Bei ei-ner tatsächlichen Kalkungsplanung wären davon noch ent-sprechende Ausschlussbereiche wegen rechtlicher, standört -licher oder waldbaulicher Gründe abzuziehen.

Zusammenfassend betrachtet definiert die neue Kalkungs-kulisse für Bayern also einen Raum mit einer erhöhten Wahr-scheinlichkeit für eine mangelhafte Calcium- und/oder Mag-nesiumernährung auf tiefgründig versauerten Böden. Abernur auf einem kleinen Teil der Fläche sind Ernährungsstörun-gen aktuell tatsächlich vorhanden. Aus Sicht der Waldernäh-rung ist also keine flächendeckende Kalkung oder Düngungnotwendig. Diese Maßnahmen sollen nur gezielt in betroffe-nen Beständen mit entsprechenden Mangelsymptomen durch-geführt werden. Insgesamt bestätigen die dargestellten Ablei-tungen aus den Ergebnissen der BZE 2 die differenzierte Artdes Vorgehens, wie sie bereits seit Jahrzehnten in Bayern inder Frage der Kalkung üblich ist.

Literatur

Beese, F.; Meiwes, K.-J. (1995): Stand und Perspektiven. AllgemeineForstzeitschrift 17, S. 946–949

Biermayer, G. (1998): Braucht der Wald Kalk? Forstinfo 6, S. 1–2

BMELF - Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und For-sten (1997): Deutscher Waldbodenbericht 1996

Hüttl, R. F. (1989): Liming and Fertilization as Mitigation Tools in decli-ning forest ecosystems. Water, Air and Soil Pollution 44, S. 93–118

Krauß, H.-H.; Heinsdorf, D. (2005): Ernährungsstufen für wichtige Wirt-schaftsbaumarten. Beiträge für Forstwirtschaft und Landschaftsökolo-gie 39, 4, S. 172–179

Kreutzer, K. (1995): Effect of forest liming on soil processes. Plant andSoil 168-169, S. 447–470

Kudernatsch, T.; Stetter, U.; Kölling, C. (2010): Ein Viertel der Wälderist sauer. Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt 17, S. 54–55

Rehfuess, K. E. (1995): Was kann Düngung bei den »neuartigen« Wald-erkrankungen leisten? Allgemeine Forstzeitschrift 20, S. 1.090–1.093

Ulrich Stetter ist im Sachgebiet »Standort und Bodenschutz« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft für dieThemen Waldernährung, Düngung und Bodenschutz zuständig. [email protected]

Typ 1Optimum Typ 2 Typ 3 Typ 4 Typ 5

Basensättigungstyp

Fichte Buche

0

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Calciumgehalt

Cal

ciu

m [

mg

/g]

Abbildung 3: Calcium-Blatt-/Nadelspiegelwerte von Buche und Fichte sowie Tiefenfunktion der Basensättigung

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Maß haltenBiomassenutzung kann Produktionskapital verzehren

Christian Kölling

Mit Holz und Biomasse werden bei der forstwirtschaftlichen Nutzung nicht nur die begehrten Verbindungen des Kohlenstoffs,sondern auch beigemischte Nährstoffe aus dem Wald entfernt. Aus den Erfahrungen der Vergangenheit wissen wir, dass über-mäßige Nutzung die Bodenfruchtbarkeit empfindlich verringert. Es gibt daher einiges zu beachten, will man in den Zeiten ver-stärkten Nutzungswillens die Leistungsfähigkeit des Produktionskapitals Waldboden erhalten.

Es gibt gute ökonomische wie auch ökologische Gründe, mög-lichst viel Stammholz stofflich und andere Biomasse aus demWald thermisch zu nutzen. Hinzu kommt in vielen Fällen dieNotwendigkeit, mit der Abfuhr bruttauglicher Kronen denBrutraum für Borkenkäfer zu verringern. Tatsächlich hat inden letzten Jahren die Nutzung von Biomasse im Wald starkzugenommen. Aber auch hier gibt es eine Kehrseite der Me-daille. Die Biomasse, die den Wald verlässt, enthält nicht nurreine Verbindungen von Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauer-stoff, die rückstandsfrei zu CO2 und Wasser verbrennen. Viel-mehr sind die genutzten Waldprodukte unterschiedlich starkangereichert mit Mineralstoffen, die im verbauten Holzschlummern oder nach der Verbrennung als Asche im Ofenzurückbleiben.

Im ungenutzten und ungestörten Urwald befinden sich al-le Nährstoffe im Kreislauf (Abbildung 2, links). Belastungenmit Luftschadstoffen, aber auch Holznutzungen brechen die normalerweise weitgehend geschlossenen Kreisläufe auf.Diese zusätzlichen Ein- und Austräge beeinflussen den Ge -samthaushalt der Waldböden (Abbildung 2, rechts). In derForstwirtschaft kommt es darauf an, die Ernteentzüge so zusteuern, dass die Nährstoffausgaben langfristig nicht über denEinnahmen liegen. Dies ist eine altbekannte und gut erforsch-te Tatsache (Kreutzer 1979; Ulrich 1981).

Grenzen des Zumutbaren – Kritische Werte für Basen und Phosphor

Von besonderer Bedeutung für die Bodenfruchtbarkeit ist derBasenhaushalt (Kölling, S. 21–24 in diesem Heft). Im Boden soll-te stets ein ausreichender Vorrat austauschbaren Calciums,Magnesiums, Kaliums und Natriums vorhanden sein, um dieErnährung des aufstockenden Bestandes zu gewährleisten.Die bei der BZE ermittelten Basenvorräte reichen von we -nigen Kilomol Ionenäquivalenten (kmolc /ha) bis weit über1.000 kmolc /ha (Abbildung 4, Seite 24 in diesem Heft). Amschlechtesten sind flachgründige, steinige Böden und solcheaus sauren silikatischen Ausgangsgesteinen bevorratet, diehöchsten Werte finden wir auf tiefgründigen und basenrei-chen Standorten aus carbonatischen Substraten.

Die entscheidende Frage ist nun, wie man die jeweiligen Ba-senvorräte im Blick auf die Intensität der Nutzung bewertetund welche Schwellenwerte man definiert. Nach einem Vor-schlag des Arbeitskreises Standortserkundung (2003) haben Mei-wes et al. (2008) den Quotienten des in der gesamten oberirdi-schen Biomasse gespeicherten Basenvorrats (Ca, Mg, Na undK) und der Gesamtsumme des austauschbaren Basenvorratsbis in einen Meter Tiefe zuzüglich des oberirdischen Biomas-sevorrats als Beurteilungskriterium vorgeschlagen. AlsSchwellenwerte schlagen die Autoren 50 und 25 Prozent vor(siehe Kasten).

Im gesamten Kollektiv der BZE entfallen 71 Prozent aufStandorte mit einem Biomasse-Quotienten unter 25 Prozent,16 Prozent liegen zwischen 25 und 50 Prozent und 13 Prozentder BZE-Inventurpunkte liegen über dem 50-Prozent-Schwel-lenwert (Abbildung 3). Wie zu erwarten ist, liegen die prob -lematischen Standorte mit hohen Quotienten vorwiegend inden von Natur aus armen Silikatgebirgen (Spessart, Vorrhön,Odenwald und ostbayerische Grenzgebirge).

Abbildung 1: Mit einem Rückewagen wird Kronenmaterial aus dem Wald abtransportiert; eine besonders intensive Nutzungsform,die durchaus nicht jeder Standort verträgt.

Foto: F. Zormaier

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et al. (2008) ein Wert von 30 Kilogramm pro Hektar als Phos-phorvorrat in der Biomasse eingesetzt. Weitere Analysen sindnotwendig, um diese vorläufigen Schwellenwerte abzusichern.Als prob lematisch erweist sich, dass in Waldböden der größteTeil der im Gesamtaufschluss ermittelten Phosphorvorräte inimmobilen Fraktionen vorliegt, die die Pflanzen kaum errei-chen können. Ein schärferes Bild ergäbe sich vermutlich,wenn wir anstelle der Gesamtgehalte z. B. die zitronensäure-lösliche Fraktion des Phosphors verwenden würden, da sie dienachlieferbare Phosphormenge besser widerspiegelt. Die da-für nötigen Aufschlüsse sind aber bisher nicht im Programmder BZE enthalten.

Neben den Basen spielt auch der Nährstoff Phosphor in Wäl-dern eine wichtige Rolle. Daher haben wir vergleichbar zu denÜberlegungen zum »Biomasse-Quotient Basen« auch einen»Biomasse-Quotient Phosphor« ermittelt. Von Meiwes et al.(2008) übernahmen wir den Schwellenwert von zehn Prozent,bewerteten ihn neu und ergänzten ihn mit einer weiterenSchwelle von einem Prozent (siehe Kasten). Wie bei Meiwes et al. (2008) liegen dabei die Gesamtgehalte an Phosphor zuGrunde. Wenn man die genannten Schwellenwerte auf denBZE-Datensatz anwendet, fallen ungefähr zwei Drittel derWaldböden Bayerns in die Kategorie unter einem Prozent, et-wa ein Drittel in die Kategorie zwischen einem und zehn Pro-zent und lediglich zwei Prozent in die Kategorie über zehnProzent (Abbildung 4). In den Berechnungen ist nach Meiwes

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Intakter Stoffkreislauf Einseitiger Stoffstrom

Abbildung 2: Zwei Extreme: Geschlossener, selbstregulierter Stoffkreislauf (links) und einseitiger, extern von Stoffeinträgen und Nutzungen bestimmter Stoffstrom (rechts)

Umso größer der Biomasse-Quotient ist, umso größer ist das Risiko, dass die Biomassenutzung die Bodenfruchtbarkeit gefährdet. Als mittleren Vorrat des Bestandes verwendeten wir in den Berechnungendes Biomasse-Quotienten »Basen« den Wert von 60 kmolc/ha (Glatzel1991), für den Biomasse-Quotienten »Phosphor« einen mittleren Phosphorvorrat von 30 kg/ha (Meiwes et al 2008).

Biomasse-Quotient »Basen«< 25 %: geringes Risiko von Übernutzungen

25 bis 50 %: mittleres Risiko von Übernutzungen> 50 %: erhöhtes Risiko von Übernutzungen

Biomasse-Quotient »Phosphor«< 1 %: geringes Risiko von Übernutzungen

1 % bis 10 %: mittleres Risiko von Übernutzungen> 10 %: erhöhtes Risiko von Übernutzungen

Berechnung des Biomasse-Quotienten

Vorrat Bestand

Vorrat Boden

Gesamter Vorrat

+

=

Vorrat Bestand

Gesamter Vorrat

Biomasse-Quotient

:

=

Biomasse-Quotient BasenProzentuale Verteilung Regionale Verteilung

1,5–25 %

25–50 %

50–87 %

0

20

5

50

95

40

60

80

100

Quotient [%]

Sum

men

häu

figk

eit

[%]

0 25 50 75 100

Abbildung 3: Häufigkeiten und regionale Verteilung des Biomasse-Quotienten für die Basen Calcium, Magnesium, Kalium und Natrium

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Maß und Mitte

Die beiden bewerteten Biomasse-Quotienten der Basen einer-seits und des Phosphors andererseits lassen sich nach dem Mi-nimumprinzip kombinieren. Die Überschreitung des jeweilsgeringeren Schwellenwertes entscheidet für die Zuordnung zu den Risiko-Klassen der Biomassequotienten. Für Bayernergibt sich die in Abbildung 5 dargestellte Häufigkeitsver -teilung. Bezogen auf die vorhandenen Basen- und Phosphor-vorräte ist auf über 50 Prozent der Waldfläche Zurückhaltungbei der Biomasse nutzung angezeigt, um langfristig keine Nähr-stoffverluste zu erleiden. In der Klasse des mittleren Risikos(41 Prozent der Waldfläche) ist eine Holznutzung in vollemUmfang möglich, die Nutzung der übrigen Biomasse sollte ge-steuert werden. In der Klasse des hohen Risikos (15 Prozentder Waldfläche) sollte man im Interesse der dauerhaften Er-haltung der Produktionskraft des Waldbodens auf die Nut-zung von Ästen, Reisig und Blättern besser verzichten. Hiersollte auch das Reisig nach der Ernte im Bestand verteilt ver-bleiben und nicht als Armierung der Rückegassen dienen. DieOption, die besonders nährstoffreiche Rinde als Ernterück-stand im Wald zu belassen, besteht im Gegensatz zu früherfaktisch nicht mehr, da kaum mehr Holz im Bestand entrin-det wird.

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Allgemein gilt, dass andauernde starke Nutzung von Biomas-se dem Waldboden große Mengen Streu als für die Humusbil-dung notwendiges Ausgangsmaterial entzieht (Kölling et al.2007). Waldböden können nur dann »funktionieren«, wenndie Anlieferung neuer Streu den ständigen Abbau von Humuslaufend wieder ausgleicht. Bei normaler Holznutzung verlas-sen 60 bis 65 Prozent des in der Umtriebszeit gespeichertenKohlenstoffs den Wald und stehen für die Humusbildungnicht mehr zur Verfügung. Humus ist aber für den Waldbodenein wichtiges Fruchtbarkeitsmerkmal. Am Humus hängt zugroßen Teilen sowohl die Wasser- als auch die Nährstoffver-fügbarkeit (Schubert, S. 11–14 in diesem Heft).

Um sich eine breite Palette zukünftiger Nutzungsmöglich-keiten zu erhalten, ist es daher wichtig, sich über Art und Men-ge der Biomassenutzung Gedanken zu machen. Die Folgen ei-ner Übernutzung des Nährstoffkapitals der Waldböden kannman bis heute an den Auswirkungen der Streunutzung beob-achten. Anhaltende übermäßige Biomassenutzung führt frü-her oder später zu Mindererträgen. Düngungen zum Ausgleichder Übernutzungen sind keine echte Lösung des Problems.Zum einen sind Düngungen teuer, zum anderen können siekaum die langsame stetige Freisetzung der Nährstoffe aus derStreu ersetzen. Völlig unmöglich ist es, mit Hilfe technischerMaßnahmen die Humusverluste auszugleichen. Hier gibt eszum teilweisen Verbleib der Ernterückstände im Bestand kei-ne Alternative.

Biomasse-Quotient PhosphorProzentuale Verteilung

0,1–1 %

1–10 %

10–20 %

5

50

95

Quotient [%]

Ku

mu

liert

e H

äufi

gke

it [

%]

0 5 10 15 20 25

Regionale Verteilung

0

20

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Abbildung 4: Häufigkeiten (oben) und regionale Verteilung des Biomasse-Quotienten für Phosphor (unten)

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010

Vom Punkt zur Fläche

Punktkarten wie in Abbildung 8 sind hilfreich, wenn man sichaus der Vogelperspektive über Problemregionen der Biomas-senutzung informieren will. Dem Wirtschafter vor Ort helfensie herzlich wenig bei der Entscheidung, welche Mengen erhier und jetzt nachhaltig nutzen kann, ohne die Substanz an-zugreifen. Es ist daher vorgesehen, die notwendige Berücksich-tigung der Basen- und Nährstoffvorräte bei der Biomasse -nutzung in die gegenwärtig an der Bayerischen Landesanstaltfür Wald und Forstwirtschaft entwickelten neuen Standorts-karten (»Karten für die Zukunft«) zu integrieren (Kölling, S. 7–8in diesem Heft). Das Ergebnis wären dann flächenscharfe Infor-mationen auf Bestandesebene. Wenn auch gegenwärtig nochdie lokalen Informationen fehlen, legen die Stichprobenergeb-nisse der BZE allerdings nahe, bereits heute nach dem Vorsor-geprinzip Zurückhaltung zu üben, wenn Zweifel über die Hö-he des nachhaltig möglichen Nutzungspotentials bestehen.

Literatur

Arbeitskreis Standortserkundung (2003): Forstliche Standortsaufnah-me: Begriffe, Definitionen, Kennzeichnungen, Erläuterungen. Hrsg.: Ar-beitskreis Standortserkundung in der Arbeitsgemeinschaft Forsteinrich-tung. IHW-Verlag, Eching bei München, 352 S.

Ettl, E.; Weis, W.; Göttlein, W. (2007): Holz verbrennt, Asche bleibt. Kon-sequenzen für die stoffliche Nachhaltigkeit der Waldbewirtschaftung inBayern. AFZ/Der Wald 32, S.74–77

Göttlein, A.; Ettl, R.; Weis, W. (2009): Approaches for the assessment ofnutrient sustainability for different intensities of forest utilization. Work-ing Papers of the Finnish Forest Research Institute 128:http://www.metla.fi/julkaisut/workingpapers/2009/mwp128-12.pdf, S.467–467

Glatzel, G (1991): The impact of historic land use and modern forestryon nutrient relations of Central European forest ecosystems. FertilizerResearch 27, S. 1–8

Kölling, C.; Göttlein, A.; Rothe, A. (2007): Energieholz nachhaltig nut-zen. Biomassenutzung und Nährstoffentzug. LWF aktuell 61, S. 32–36

Kreutzer, K. (1979): Ökologische Fragen zur Vollbaumernte. Forstwis-senschaftliches. Centralblatt 98, S. 298–308

Meiwes, K.J.; Asche, N.; Block, J.; Kallweit, R.; Kölling, C.; Raben, G.; v.Wilpert, K. (2008): Potenziale und Restriktionen der Biomassenutzungim Wald. AFZ/Der Wald 63, S. 598–603

Ulrich, B. (1981): Destabilisierung von Waldökosystemen durch Biomas-senutzung. Forstarchiv 52, S. 199–203

Weis, W.; Göttlein, A.; Rothe, A.; Kölling, C.; Häusler, W.; Seifert, T.(2009): The impact of site characteristics on the nutritional sustainabi-lity of wood production and harvesting. Working Papers of the FinnishForest Research Institute 128: http://www.metla.fi/julkaisut/working-papers/2009/mwp128-12.pdf, S. 482–482

Dr. Christian Kölling leitet das Sachgebiet »Standort und Boden-schutz« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirt-schaft. [email protected]

Die halbe Wahrheit?

In dem hier anhand der Daten der BZE dargestellten Ansatz,der auf der Schonung der Vorräte austauschbarer Basen undPhosphor sowie auf der Pflege der Humusvorräte beruht,bleibt bei der Beurteilung des Basenhaushalts die nachschaf-fende Kraft der Böden ausgespart. Aus der Verwitterung derMinerale gewinnt der Boden laufend Basen hinzu und kanndeshalb unter bestimmten Voraussetzungen Verluste kompen-sieren. Ebenso enthalten Niederschlag und Stäube Basen.Auch Verluste auf Grund von Auswaschung sind hier nicht be-rücksichtigt. So wünschenswert es sein mag, sich mittels ge-nauer Bilanzierung der Ein- und Austräge der Schwelle dernachhaltigen Biomasse zu nähern (Ettl et al. 2007; Göttlein et al.2009; Weis et al. 2009), so unbefriedigend ist im Moment nochdie Bestimmung der Raten der einzelnen Prozesse des Stoff-haushalts. Mit fortschreitender Erkenntnis kommt man hierkünftig sicher zu einer verbesserten Bestimmung der Schwel-lenwerte für eine nachhaltige Biomassenutzung. Vorräte undRaten hängen jedoch vermutlich oft zusammen, auch bei ver-besserter Datenlage wird sich wahrscheinlich kein grundsätz-lich anderes Bild über die für eine Biomassenutzung kritischenStandorte ergeben.

31

gering

mittel

stark

Zurückhaltungbei Biomassenutzung

41 %

15 %

44 %

Abbildung 5: Häufigkeit und regionale Verteilung der drei Klassender Biomassenutzungsmöglichkeiten in Bayern, Kriterium ist dieSchonung der Bodenvorräte an Basen und Phosphor.

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/201032

Heavy Metal in Bayerns WäldernVerteilung und Problematik von Schwermetallen in Waldböden

Alfred Schubert

Unter die im Rahmen der BZE 2 analysierten umweltwirksamen Elemente fallen auch mehrere Schwermetalle. Einige dieser Spu-renelemente wie z. B. Kupfer und Zink sind essentielle Nährelemente, wirken aber bisweilen in hohen Konzentrationen toxisch.Blei und Cadmium dagegen sind für Lebewesen ab bestimmten Dosierungen und Einwirkungszeiten immer giftig. Die Eigen-schaften dieser Schwermetalle unterscheiden sich und ihre Wirkung hängt nicht nur von der Konzentration ab.

Schwermetalle sind in allen Waldböden vorhanden. In Abhän-gigkeit von den geologischen Ausgangssubstraten, der Boden-bildung und den vom Menschen verursachten Einträgen kön-nen die Konzentrationen allerdings stark schwanken. Dieeinzelnen Schwermetalle zeigen daher in den Waldböden Bay-erns meist charakteristische Verteilungen mit entsprechendenTiefengradienten. Die Konzentrationen der Elemente Chromund Nickel steigen z. B. meist vom Oberboden zum Unterbo-den hin an. Die Elemente Kupfer und Zink weisen in der Re-gel keinen Horizontbezug auf. Dagegen finden sich für Bleiund Cadmium bis auf wenige Ausnahmen die höchsten Kon-zentrationen in den obersten Bodenhorizonten (Suttner et al.1998).

Waldböden sind im Gegensatz zu intensiv genutzten Bö-den sehr naturbelassen. Stoffe, auch Schwermetalle, werdenauf und in die Waldböden im Allgemeinen nur über den Luft-pfad eingetragen. Die großen Oberflächen der Baumkronenwirken zusätzlich als Filter. Waldböden sind daher hervor -ragende »Weiser« für die Belastung mit Luftschadstoffen (Fiedler und Rösler 1988). Besonders bei der Betrachtung vonProblemstoffen nehmen Böden eine zentrale Stellung ein. Sie besitzen auf Grund ihrer physikalischen, chemischen undbiologischen Eigenschaften die Fähigkeit, Stoffe zu filtern, zu speichern, umzuwandeln und abzubauen (Scheffer undSchachtschabel 1998).

Blei

Blei ist in der Regel im Vergleich zu anderen Schwermetallenvon relativ geringer Toxizität, mit Ausnahme spezieller blei -organischer Verbindungen. Der mittlere Bleigehalt der Aus-gangsgesteine der Bodenbildung liegt bei 15 Milligramm proKilogramm (mg/kg), mit einer Spanne von 2 bis 60 mg/kg beiden unterschiedlichen Gesteinen Deutschlands. In den Bödenliegt Blei in unterschiedlichen Bindungsformen mit unter-schiedlicher Löslichkeit vor. Sie hängt zusätzlich vom pH-Wertab. Blei ist im Wesentlichen sowohl stark an Eisen-, Alumini-um- und Manganoxide adsorbiert als auch im Humus in me-tall-organischen Komplexen festgelegt. Die Löslichkeit desBleis steigt im Boden bei sinkenden pH-Werten (ab pH-Wer-ten unter 4,5) und bei reduzierenden Verhältnissen (Stau -

nässe). Insgesamt ist Blei jedoch als sehr träge gegenüber Lösung und Verlagerung einzustufen. Erst bei sehr niedrigenpH-Werten und hohen Konzentrationen nehmen PflanzenBlei auf (Scheffer und Schachtschabel 1998). Kritisch sind Ober-bodenhorizonte mit überdurchschnittlichen Bleigehalten, PH-Werten kleiner vier, geringem Tongehalt und vor allem mitsehr geringem Humusanteil.

Die Bleikonzentrationen aus der BZE 2 sind in Abbildung 1dargestellt. Die Abbildung zeigt die Werteverteilungen überder Bodentiefe, beginnend bei der Humusauflage bis zum Un-terboden/Ausgangsgestein. Die Mittellinie bildet den Tiefen-gradienten der Mediane in den einzelnen Bodentiefen ab. Ge-säumt wird die Linie von den Wertebereichen zwischen 25Prozent und 75 Prozent sowie 5 Prozent und 95 Prozent. DieExtremwerte sind als Punkte abgebildet. Die höchsten Wertefinden sich im Oh-Horizont der Humusauflage. Die Werte neh-men sowohl nach oben (L - und Of -Horizont der Humusauf -lage) als auch nach unten bis zu einer Tiefe von 60 cm hin abund bleiben dann bis zu einer Tiefe von etwa 150 cm auf dem-selben Niveau. Diese Art der Tiefenverteilung zeigt, dass sichdie vergleichsweise hohen Bleikonzentrationen in den Auf -lagen nicht mit den Bleigehalten des geologischen Ausgangs-

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0

Blei-Tiefenprofil

Bo

den

tief

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m]

0 50 100 150 200 250 300 350

Konzentration [mg/kg]

Quantil: 5–95 %

Quantil: 25–75 %

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Extremwerte

Box mit Whiskers

Abbildung 1: Tiefenprofil der Bleikonzentration

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010

auf. Das Element gehört auf Grund dieser Eigenschaften hin-sichtlich der Verfügbarkeit und Verlagerung zu den mobilstenSchwermetallen (Scheffer und Schachtschabel 1998).

Abbildung 2 zeigt die Cadmiumkonzentrationen in Abhän-gigkeit von der Bodentiefe. Auch hier nehmen die Gehalte anCadmium von den Oberbodenhorizonten hin zu den Unter-bodenhorizonten ab, allerdings nicht so ausgeprägt wie beiBlei. Zudem sind die Gehalte der Mediane in den obersten bei-den Horizonten der organischen Humusauflage nahezu iden-tisch. Das gleiche gilt für die Gehalte in den beiden unterstenTiefenstufen. Dieser Befund deutet darauf hin, dass ähnlichwie bei Blei die höheren Konzentrationen in den Auflagen undden Ober böden auf Einträge über die Luft zurückzuführensind. Diese Verteilung ist bei Cadmium allerdings wenigerdeutlich aus geprägt. Im mineralischen Oberboden fallen auchrelativ zahlreiche Extremwerte auf, die deutlich über den Me-dianwerten der Verteilung liegen. Diese Werte stammen vonInventurpunkten, deren Böden aus Kalk- und Dolomitgestei-nen entstanden sind. Das betrifft die bayerischen Wuchsgebie-te Frankenalb, Oberpfälzer Jura und Alpen, hier vor allem dasBerchtesgadener Land. Eine tendenzielle Abnahme der Cad-miumgehalte in den Auflagehorizonten wie bei Blei ist in derWerteverteilung der Auflagen nur schwach ausgebildet. Die

materials erklären lassen. Der überwiegende Teil des Bleis imOberboden muss daher aus Einträgen stammen. Sie gelangendirekt oder anhaftend an den Oberflächen der fallenden Blät-ter und Nadeln auf die Bodenoberfläche. Die Streu wird im L-und Of-Horizont relativ rasch abgebaut, das Blei reichert sichdann in den darunterliegenden Tiefenstufen in Abhängigkeitvom Humusgehalt an. Dort ist es an einem überwiegenden Teilder Inventurpunkte derzeit dauerhaft gebunden. Da die Blei-einträge dank der Luftreinhaltepolitik der letzten Jahre undJahrzehnte gegenüber den sechziger und siebziger Jahren desletzten Jahrhunderts stark zurückgingen, werden die Konzen-trationen vor allem in der ersten Tiefenstufe in Zukunft wei-ter abnehmen. Ein Vergleich mit älteren Boden- und Blatt-/Na-deldaten der Bayerischen Landesanstalt für Wald undForstwirtschaft (LWF) wie z. B. der Waldbodeninventur (WBI= BZE 1) und des Bodendauerbeobachtungsprojekts (BDF; un-veröffentlicht) gibt dazu erste Hinweise (Gulder und Kölbel 1993;Schubert 2002).

Cadmiumkonzentrationen

Im Gegensatz zu Blei ist Cadmium bereits in geringen Kon-zentrationen ein toxisches Element. Die mittleren Cadmium-gehalte der Ausgangsgesteine der Bodenbildung liegen bei 0,05bis 0,1 mg/kg. In der gleichen Größenordnung liegen auch dieCadmiumgehalte unbelasteter Böden in Deutschland. Eben-so wie Blei ist Cadmium im Boden an mineralischen Kom -ponenten adsorbiert und in organischen Komponenten kom-plexiert und damit teilweise festgelegt. Die Löslichkeit vonCadmium steigt bei abnehmendem pH-Wert wesentlich stär-ker als bei Blei (schon bei pH-Werten unter 6,5). Zudem sindBindung und Festlegung im Bodenhumus deutlicher ausge-prägt als an den mineralischen Bodenkomponenten. Insge-samt liegen bei Cadmium in Waldböden wesentlich höherepflanzenverfügbare Anteile vor als bei Blei. Die Pflanzen neh-men bei zunehmender Konzentration zusätzlich Cadmium

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–150

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25

0

Cadmium-Tiefenprofil

Bo

den

tief

e [c

m]

0 2,22,01,81,61,41,21,00,80,60,40,2

Konzentration [mg/kg]

Quantil: 5–95 %

Quantil: 25–75 %

Median

Extremwerte

Box mit Whiskers

Abbildung 2: Tiefenprofil der Cadmiumkonzentration

Hackschnitzel-Heizungen im Überblick

Die Fachagentur Nachwach-sende Rohstoffe e.V. (FNR) hateine aktualisierte Auflage der»Marktübersicht Hackschnit-zel-Heizungen« herausgege-ben. Die deutlich erweiterteMarktübersicht umfasst etwa260 Modelle von 26 Kesselher-stellern in den Leistungsbe -reichen von elf Kilowatt bis zu circa zwei Megawatt. DieHackschnitzel-Heizungsmodel-le werden in Typenblättern de-tailliert vorgestellt. Zusätzlich

finden sich Informationen zur Hackschnitzelerzeugung und -be-reitstellung, zur Anlagentechnik und zum aktuellen Stand dereuropäischen Normung von Holzhackschnitzeln. Die Emissions-anforderungen der Kleinfeuerungsanlagenverordnung für Holz-feuerungen mit Leistung bis ein Megawatt sind ebenfalls berück-sichtigt und erläutert. Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen sowieumfangreiche Adresshinweise runden die Marktübersicht ab.

Die Marktübersicht Hackschnitzel-Heizungen ermöglicht ei-nen von den Herstellern strikt unabhängigen, neutralen Über-blick über die aktuelle Marktsituation. Sie bietet eine wertvolleEntscheidungshilfe bei der Planung einer neuen oder umzustel-lenden Wärmeversorgung. fnr

Die Publikation kann unter www.fnr.de (Mediathek) kosten-los bestellt, aber auch heruntergeladen werden.

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Zeitreihe der Cadmiumgehalte der Blätter und Nadeln ausdem BDF-Projekt (unveröffentlicht) zeigt über die Laufzeit hin-weg zwar eine Abnahme, die aber bei weitem nicht so ausge-prägt ist wie bei Blei. Ein Grund ist sicherlich die wesentlichhöhere Pflanzenverfügbarkeit von Cadmium gegenüber Blei.Deshalb befindet sich ein Teil des Cadmiums im Kreislauf Bo-den–Pflanze–Streu–Boden. Insgesamt gesehen liegen die Cad -miumkonzentrationen in den Waldböden Bayerns überwie-gend in einer durchschnittlichen Größenordnung.

Insgesamt geben die Resultate der BZE 2 zu Schwermetal-len in Bayerns Waldböden, hier dargestellt an den BeispielenBlei und Cadmium, einen guten Ein- und Überblick über diebayerischen Verhältnisse. Ein Vergleich mit älteren Arbeitender LWF (WBI und BDF) weist auf Veränderungen hin, wiesie bei den Bleikonzentrationen in den humosen Auflagehori-zonten besonders deutlich sind. Dies verdeutlicht die zentra-le Funktion der Humusfraktion in den Böden. Ein verstärkterAbbau des Humusvorrats in den Böden wirkt sich massiv aufihre physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaf-

Liebig und die Bodenfruchtbarkeit

Der deutsche Chemiker JustusFreiherr von Liebig (* 12. Mai1803; † 18. April 1873) gilt alsVater der Agrikulturchemie.Sein Werk »Die Grundzüge derAgricultur-Chemie mit Rück-sicht auf die in England an-gestellten Untersuchun-gen« ist 1840 erschienen.Aus der zweiten Aufla-ge stammt folgendesZitat, das auf ein grundle-gendes Problem der landwirt-schaftlichen Landnutzung hinweist: »In den Producten des Feldes wird in den Ernten die ganzeQuantität der Bodenbestandtheile, welche Bestandtheile derPflanzen geworden sind, hinweggenommen und dem Bodenentzogen; vor der Einsaat ist der Boden reicher daran als nachder Ernte; die Zusammensetzung des Bodens ist nach der Erntegeändert. … Nach einer Reihe von Jahren und einer entspre-chenden Anzahl von Ernten nimmt die Fruchtbarkeit der Felderab. Beim Gleichbleiben aller übrigen Bedingungen ist der Bo-den allein nicht geblieben was er war; die Aenderung in seinerZusammensetzung ist die wahrscheinliche Ursache seines Un-fruchtbarwerdens«.

Die Entfernung der Ernteprodukte vom Acker führt zur Ab-nahme der Bodenfruchtbarkeit. Die praktische Folge dieser Er-kenntnis war die Einführung der mineralischen Düngung in derLandwirtschaft. In der Forstwirtschaft reagiert man auf die Er-kenntnisse Liebigs eher mit einer Beschränkung der Ernteentzü-ge als mit Düngung. Im Gegensatz zur Landwirtschaft ist es inder Forstwirtschaft sehr schwer, die Ernährung der Waldbestän-de über Mineraldünger sicherzustellen. kölling

BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010

ten aus. Blei und Cadmium würden aus ihren stabilen Bin-dungsformen freigesetzt und in tiefere Bodenhorizonte, in un-günstigen Fällen bis ins Grundwasser, verlagert werden.

Mit Vergleichsdaten des Bayerischen Geologischen Lan-desamtes (jetzt Landesamt für Umwelt, LfU) zu Schwermetall -konzentrationen (Suttner et al 1998) bietet sich die Chance, zu-sätzliche Informationen zu Bodensubstraten und RegionenBayerns zu erhalten. Außerdem ermöglichen diese Vergleichedie Zuordnung der Werte zu den verbindlich festgelegten Konzentrationsbereichen für Problemstoffe. Die Bundes-Bo-denschutz- und Altlastenverordnung zum Bundes-Boden-schutz-Gesetz weist hier Vorsorgewerte, Prüfwerte und Maß-nahmenwerte mit den jeweiligen Vorschriften aus (BMU 1998;BMU 1999).

Literatur

BMU – Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit (1998): Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderun genund zur Sanierung von Altlasten (Bundes-Bodenschutzgesetz –BBodSchG). BGBl. I, S. 502

BMU – Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit (1999): Bundes- Bodenschutz- und Altlastenverordnung(BBodSchV). BGBl I, S. 1.554

Fiedler, H.-J.; Rösler, H.-J. (1988): Spurenelemente in der Umwelt. 1. Auf-lage, Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart,

Gulder, H.-J.; Kölbel, M. (1993): Waldbodeninventur in Bayern. Forst -liche Forschungsberichte München, Nr. 132

Kreutzer, K.; Foerst, K.; Gulder, H.-J. (2001): Forstliche Wuchsgebiets-gliederung Bayerns. 2. Auflage, Bayerische Landesanstalt für Wald undForstwirtschaft, Freising

Scheffer, F.; Schachtschabel, P. et al (1998): Lehrbuch der Bodenkunde.14. Auflage, Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart

Schubert, A. (2002): Bayerische Waldboden-Dauerbeobachtungsflächen– Bodenuntersuchungen. Forstliche Forschungsberichte München, Nr. 187

Suttner, T.; Außendorf, M; Martin, W (1998): Hintergrundwerte anor-ganischer Problemstoffe in Böden Bayerns. GLA Fachberichte, Bayeri-sches Geologisches Landesamt, München

Alfred Schubert bearbeitet im Sachgebiet »Standort und Bodenschutz« den Fachbereich »Bodendauerbeobachtung,Boden inventur, Bodenzustandserhebung (BZE 2)«. [email protected]

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Zeichnung: wikipedia

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

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nannten Gründen nicht notwendig. Die Maßnahme wurdeund wird daher nur auf hinsichtlich des Bodenzustands undder Ernährungssituation kritischen Standorten gefördert. DieGesundheit unserer Wälder und Waldböden soll, neben einerweiteren Reduktion der Luftschadstoffe, vor allem durch einemöglichst naturnahe Forstwirtschaft sichergestellt werden.Aufbauend auf den Daten der BZE wurde eine landesweiteKalkungskulisse neu entwickelt, die die Ämter für Ernährung,Landwirtschaft und Forsten als Basis für die finanzielle För-derung der Bodenschutzkalkung verwenden.

Waldböden als bedeutender Kohlenstoffspeicher

Waldböden spielen eine bedeutende Rolle als Kohlenstoffspei-cher und leisten damit einen wichtigen Beitrag zum globalenKlimaschutz. Erstmals erlauben die Ergebnisse der BZE aucheine Abschätzung der Größenordnung, in der die WaldbödenKohlenstoff speichern. Der so ermittelte durchschnittlicheKohlenstoffvorrat von rund 140 t/ha ist beträchtlich: BayernsWaldböden speichern insgesamt 350 Millionen Tonnen Koh-lenstoff oder umgerechnet 1,3 Milliarden Tonnen CO2. Zusam-men mit dem Kohlenstoff in den Waldbäumen (umgerechnetcirca eine Milliarde Tonnen CO2) gehören Bayerns Wälder da-mit zu den größten Kohlenstoff-Pools in Deutschland!

Diese Kohlenstoffvorräte in den Böden zu erhalten undnach Möglichkeit zu erhöhen ist nicht nur für den Klima-schutz von hoher Bedeutung, sondern auch für die Wald -bewirtschaftung. Kohlenstoff ist als Bestandteil des Boden -humus von zentraler Bedeutung für die Bodenfruchtbarkeitals Quelle und Speicher für Nährstoffe und Wasser.

Bodenschutz als Zukunftsaufgabe

Im Rahmen einer naturnahen Forstwirtschaft spielt daher derBodenschutz eine wichtige Rolle. So dienen z. B. standortge-mäße Mischbestände mit hohen Laubholzanteilen, bodenscho-nende Holzernteverfahren und die Vermeidung von Kahlflä-chen dem Aufbau und dem Erhalt hoher Bodenhumusvorräte.

Bayerns Waldböden in gutem ZustandEin erstes Fazit aus den Ergebnissen der zweiten bundesweiten Bodenzustandserfassung im Wald (BZE 2)

Franz Brosinger

Die ersten Ergebnisse der Zweiten Bodenzustandserfassung (BZE 2), die in diesem Heft vorgestellt werden, zeichnen für Bayernein grundsätzlich positives Bild: Die bayerischen Waldböden sind weit überwiegend in einem hervorragenden Zustand. Dies istnicht nur ein Erfolg des vorsorgenden Bodenschutzes im Rahmen einer naturnahen Forstwirtschaft, sondern auch der bayeri-schen Umweltvorsorgepolitik, insbesondere im Bereich der Luftreinhaltung. Unsere Waldböden bieten somit weiterhin eine op-timale Grundlage für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder und den Erhalt der gesellschaftlich wichtigen Waldfunktio-nen, wie beispielsweise der Sicherung der Trinkwasserversorgung.

Die BZE 2 liefert uns – auf Grund einer gegenüber der erstenInventur etwas veränderten Vorgehensweise – erstmals fürBayern einen landesweiten Überblick über den Zustand derWaldböden. An 372 repräsentativen Punkten wurde diesmalder Boden bis zu einer Tiefe von 150 Zentimetern untersucht.Zusätzlich wurden Blatt- und Nadelproben der aufstockendenBäume entnommen und analysiert. Dieses buchstäblich »tief-schürfende« Vorgehen erlaubt vollkommen neue Einblicke inden bodenchemischen Zustand der Waldböden.

Gute bodenchemische Verhältnisse

Auf drei Viertel der Waldfläche in Bayern finden wir sehr gu-te bodenchemische Verhältnisse vor. Bis in größere Tiefen fin-den die Waldbäume ausreichend Nährstoffe und die Bödensind so wenig versauert, dass keine Gegenmaßnahmen ergrif-fen werden müssen. Nur ein Viertel der Wälder stockt auf na-türlicherweise versauerten Böden, die arm an Calcium undMagnesium sind. Sie sind auf die Regionen Nordwest- undOstbayerns beschränkt. Diese Erkenntnis ist grundsätzlichnicht neu, sie beruht auf Grund der umfassenden Analysennunmehr aber auf fundierter Grundlage. Wie die Nadel- undBlattanalysen im Rahmen der BZE 2 belegen, kommen jedochselbst auf diesen eher armen Böden Nährstoffmangelerschei-nungen nur in geringem Umfang vor, so dass Ausgleichsmaß-nahmen nur in Ausnahmefällen notwendig sind.

Ein Vergleich mit den Daten der BZE 1 (siehe Kasten)zeigt, dass sich der Säurestatus in den Oberböden in den letz-ten 20 Jahren leicht verbessert hat. Dies kann im Wesentlichenals ein Erfolg der Luftreinhaltepolitik der letzten Jahrzehntegewertet werden: Die Säureeinträge in den bayerischen Wäl-dern (insbesondere SO2) sind deutlich zurückgegangen. Diesbestätigen auch die Messungen an den bayerischen Wald -klimastationen. Auch bei den Schwermetallen (z. B. Blei undCadmium) sind derzeit keine Belastungen erkennbar, von de-nen eine Gefahr für die Waldböden und damit für das Trink-wasser ausgehen könnte.

Diese Ergebnisse bestätigen den bayerischen Weg bei derBodenschutzkalkung: Eine flächige Kalkung ist aus oben ge-

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BODENZUSTANDSERHEBUNG

LWF aktuell 78/2010

eine wirksame Reduzierung der Stickstoffemissionen einenachhaltige Sicherung der Wasserqualität in unseren Wälderngewährleisten kann.

Umfassende Datenbasis für weitere Untersuchungen

Die zweite Bodenzustandserfassung im Wald liefert umfan-greiches und wertvolles Datenmaterial. Die Beiträge in diesemHeft stellen einen ersten Überblick über die Ergebnisse dar.Weitere umfassende wissenschaftliche Veröffentlichungenwerden folgen. Interessante Ergebnisse sind insbesonderedurch die Verschneidung mit Daten aus anderen Messreihenzu erwarten, da die BZE in das umfassende Netz des forst -lichen Umweltmonitorings in Bayern eingebettet ist wie derBundeswaldinventur und der Kronenzustandserfassung. Sokönnen beispielsweise differenzierte Aussagen zu den Aus -wirkungen eines veränderten Niederschlagsregimes und er-höhter Temperaturen auf den Wasserhaushalt der Waldbödengetroffen werden. Dies ist von erheblicher Bedeutung für dieEntwicklung von Baumartenempfehlungen unter Berücksich-tigung des Klimawandels. Die Ergebnisse der BZE tragendamit auch dazu bei, die Strategien für die Waldbehandlungauf eine solide Grundlage zu stellen.

Franz Brosinger leitet das Referat »Waldbau und Nachhaltigkeits -sicherung« im Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Land-wirtschaft und Forsten. [email protected]

Ein besonderes Augenmerk ist in diesem Zusammenhang aufdie in letzter Zeit veränderten Holzernteverfahren und der ver-stärkten Biomassenutzung zur Holzenergiegewinnung zu wer-fen. Diese können auf nährstoffarmen Standorten zu übermä-ßigen Kohlenstoff- und Nährstoffausträgen aus den Wäldernführen und damit die Bodenfruchtbarkeit mindern. Im Inte-resse einer gleichbleibenden Leistungsfähigkeit und Produk-tionskraft der Waldböden kann es daher notwendig sein, ab-hängig vom jeweiligen Standort bei der BiomassenutzungZurückhaltung zu üben. Dies liegt sowohl im Eigeninteressedes Waldbesitzers als auch im öffentlichen Interesse des Bo-denschutzes. Mit der BZE können hinsichtlich der Biomasse -nutzung besonders problematische Standorte identifiziert wer-den. Um dem Bewirtschafter konkrete flächenbezogeneHinweise geben zu können, müssen diese Ergebnisse jedochregionalisiert und auf den örtlichen Standort bezogen werden.Laufende Projekte zur Überarbeitung der Standortskartierun-gen an der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirt-schaft bieten dafür gut geeignete Ansatzmöglichkeiten.

Wie bereits aus früheren Forschungsarbeiten bekannt ist,weisen auch die Ergebnisse der BZE darauf hin, dass aufeinem Teil der Waldstandorte in Bayern erste Anzeichen ein-er Stickstoffsättigung vorliegen. So ist an manchen Standortenmittlerweile Nitrat im Bodensickerwasser nachweisbar. Trotzhoher Stickstoffeinträge und zunehmender Gefährdung kön-nen aber die Wälder ihre Wasserschutzfunktionen bis auf weit-eres noch erfüllen. Auch kann ihre Pufferwirkung durch einenWaldumbau hin zu laubholzreicheren Beständen in gewissemUmfang erhöht werden. Dennoch bleibt festzuhalten, dass nur

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pH-Werte Wasser

pH

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BZE 11987

BZE 22006–2008

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BZE 11987

BZE 22006–2008

Was hat sich zwischen den Jahren 2008 und 1987 getan?Vergleiche zwischen den Ergebnissen der in diesemHeft vorgestellten BZE2 (2006–2008) und der Wald-bodeninventur BZE 1 aus dem Jahr 1987 sind nureingeschränkt möglich, weil die erste Inventur aufBodentiefen bis 30 cm beschränkt war. Außerdemfand zwischen den zwei Inventurzeitpunkten eineVerlagerung des Netzes statt. Man kann demnachfür beide Zeitpunkte nur Eigenschaften des Ober-bodens gegenüber stellen und kann den Vergleichnicht paarweise, sondern nur kollektiv durchführen.Für die Analyse zeitlicher Veränderungen stehen

uns in Bayern die Netze der Dauerbeobachtung (Bo-dendauerbeobachtungsflächen und Waldklimasta-tionen) zur Verfügung. Hier sind die Orte, an denenman immer am gleichen Objekt Bodenveränderun-gen exakt erforschen kann.

Beispielhaft stellen wir aus den zwei Datensät-zen der BZE 1 und BZE 2 den Vergleich der Kohlen-stoffvorräte und des pH-Werts vor. In der linken Grafik erkennt man, dass sich innerhalb des Beob-achtungszeitraums von zwei Jahrzehnten der Me-dianwert von rund 78 t C/ha nicht verändert hat.

Bei der BZE 2 wurden geringfügig mehr hohe Vor-ratswerte beobachtet, die Verteilung der Werteist schiefer.

Bei den pH-Werten sehen wir im Unterschiedzu den Kohlenstoffvorräten eine kleine Ver än -derung. Die pH-Werte, gemessen in destilliertemWasser, haben sich leicht erhöht. Der Median derzweiten Inventur ist um etwa 0,2 pH-Einheiten ge-genüber der ersten In ventur nach oben gewan-dert und mit ihm der überwiegende Teil des Pro-benkollektives.

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IM GESPRÄCH

Waldforschung aktuell: Herr Förster, Siesind seit über einem Jahr als Geschäftsfüh-rer am Zentrum Wald-Forst-Holz. Ich den-ke, dies ist ein geeigneter Anlass, einenBlick zurück zu werfen auf das vergange-ne Jahr.Heinrich Förster: Ja, ich bin seit letztemSommer Geschäftsführer des ZWFH – einespannende Aufgabe, die ich sehr gerneübernommen habe.

Das Zentrum brachte in den letzten Jah-ren einige bedeutende Initiativen auf denWeg, insbesondere im Jahr 2008 die »Re-gionalen Waldbesitzertage«, die »Gemein-same Erklärung der Bayerischen Staatsre-gierung und der forstlichen Verbände undVereine in Bayern« als Weihenstephaner Er-klärung zu Wald und Forstwirtschaft im Kli-mawandel. Diese Initiativen unterstützt dieGeschäftsstelle auch künftig.

An der Entwicklung und Präsentationdes Klimaholzwürfels im August 2009 warich als Geschäftsführer maßgeblich betei-ligt. Seit 1. Januar 2010 hat die Geschäfts-stelle auch das Marketing dieses Klimaholz-würfels übernommen. Die Ringvorlesung»Kohlenstoffspeicher Wald« im Winterse-

mester 2009/10, an der neben Professorendes Zentrums unter anderem auch Prof. Dr.Hans-Werner Sinn vom ifo-Institut für Wirt-schaftsforschung als Referent teilnahm, so-wie die Waldbesitzertage im letzten Jahr inVolkach, Eichstätt und Eggenfelden mitüber 10.000 Besuchern waren ein großarti-ger Erfolg.

Lassen Sie mich nochmals auf den BeginnIhrer Tätigkeit als Geschäftsführer desZentrums zurückkommen. Wie kommt einForstmann, der den Wald und die Naturliebt und den Kontakt ins Grüne sucht, da-zu, sich in die Aufgaben als Geschäftsfüh-rer des Forstzentrums zu stürzen?So abwegig ist das gar nicht. Ich leitete zu-letzt die Servicestelle für Öffentlichkeitsar-beit, Holzmarketing und Waldpädagogikder Bayerischen Forstverwaltung für die Re-gierungsbezirke Ober- und Mittelfranken.Bereits auf dieser Stelle konnte ich schondie Erfahrung machen, dass auch außer-halb des Waldes sehr viel Gutes für denWald erreicht werden kann. Das ist durch-aus ein schönes Erlebnis für einen, der denWald liebt, wie Sie es gerade formulierten.

Netzwerker und MittlerSeit einem Jahr leitet Heinrich Förster die Geschäftsstelle des Zentrums Wald-Forst-Holz

Heinrich Förster im Gespräch mit Florian Mergler

Im April 2009 übernahm Heinrich Förster die Leitung der Geschäftsstelle des Zen-trums Wald-Forst-Holz. Dies gibt Gelegenheit, einen Blick auf das zurückliegende Jahrzu werfen, aber auch den Blick nach vorne zu richten auf aktuelle Geschehnisse undzukünftige Planungen.

Nachrichten aus dem Zentrum Wald-Forst-Holz

Ausgabe 37|2010

Waldforschung aktuell

Abbildung 1: Heinrich Förster (li.) im Gesprächmit Dr. Rudolf Freidhager (BaySF)

Foto: ZWFH

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Ausstellung »DenkMal im Wald«im Landtag

Reinhold Bocklet, 1. Vizepräsident desBayerischen Landtags, eröffnete AnfangJuni im Bayerischen Landtag die Ausstel-lungsreihe »DenkMal im Wald! Kultur inder Natur«. Bei der Ausstellung handelt essich um ein Gemeinschaftsprojekt des Zen-trums Wald-Forst-Holz Weihenstephan, desBayerischen Landesamtes für Denkmalpfle-ge und des Vereins für Nachhaltigkeit.

Der Titel der Ausstellung soll zum Nachden-ken und Innehalten anregen. Der Besuchersoll sich in der Ausstellung des Reichtumsan Geschichte bewusst werden, der in denheimatlichen Wäldern schlummert. Alle Zei-ten – von den Kelten bis zu den Kreuzrit-tern – haben einzigartige Spuren und Zeug-nisse im Wald hinterlassen. Das Besondere:Im Wald kann jeder diese Denkmale jeder-zeit an ihrem Originalstandort besichtigen.Darauf will die Ausstellung Lust machen.Sie präsentiert daher auf eindrucksvollenTafeln eine Fülle dieser Kulturgüter, die in den Waldgebieten Bayerns liegen und deren älteste über 30 Baumgenerationenüberlebt und mehr als 100 Menschengene-rationen unbeschadet überstanden haben.Heute drohen ihnen jedoch besondere Gefahren, auf die die Ausstellung auch aufmerksam macht. Raubgräber und un -sachgemäßer Maschineneinsatz bei derHolzernte können diese uralten kulturellen

Schätze innerhalb weniger Stunden unwie-derbringlich zerstören. Dann verliert Hei-mat Geschichte und Geschichte Substanz.Am besten geschützt sind die oft unschein-baren Denkmale dann, wenn viele Men-schen die Zeugnisse ihrer heimatlichen Ge-schichte kennen. Denn nur was man kennt,schätzt man und nur was man schätzt,schützt man.

Wie sanft und bodenschonend moder-ne Forstwirtschaft auch mit großen Maschi-nen arbeiten kann, wird anhand eines zweimal zwei Meter großen »Waldmodells«veranschaulicht. red

Die Ausstellung »DenkMal im Wald« wurdeim Rahmen eines Forschungsvorhabens entwickelt, das vom Bayerischen Staats -ministerium für Ernährung, Landwirtschaftund Forsten (Forstverwaltung) finanziell gefördert wurde.

LWF aktuell 78/2010

Waldforschung aktuell 37|2010

Was reizt Sie besonders an Ihrer Aufgabehier in Weihenstephan?Die Möglichkeiten als Impulsgeber der Zen-trumspartner etwas zu bewegen und dieChance als Dienstleister bei der Realisierungvon Ideen maßgeblich beteiligt zu sein. Ichsehe die Geschäftsstelle und mich als Netz-werker und Mittler zwischen dem Zentrumund der Außenwelt.

Welche kurzfristigen Ziele verfolgen Siefür die nächsten 365 Tage?Am 27. August veranstalten wir mit denforstlichen Vereinen und Verbänden denzweiten Waldtag Bayern mit dem Thema»Vom Nutzen des Waldes in schwierigenZeiten«. Vier Regionale Waldbesitzertagein Roggenburg, Bayreuth, Schwandorf undOberthulba stehen an, die im Septemberund Oktober voraussichtlich wieder vieletausend Besucher anziehen werden. Selbst-verständlich planen wir wieder eine Ring-vorlesung im Wintersemester 2010/11. ImInternationalen Jahr der Wälder werdenwir zu verschiedenen Themen initiativ tätigwerden und die Zentrumspartner sowie dieForstverwaltung unterstützen.

Die Umsetzung der Strategie des Zentrumshat begonnen. Die Schwerpunkte für dasZentrum hat der Koordinierungsrat abge-segnet, d.h. wir können sie gedanklich inunsere Aktivitäten einbringen.

Dies sind einige der wichtigsten Projek-te die ich hier nennen möchte.

Welche Herausforderungen sehen Sie aufdas Zentrum zukommen?Das Zentrum muss die Möglichkeiten, diedie Partnerschaft zwischen der TechnischenUniversität München, der Hochschule Wei-henstephan-Triesdorf und der BayerischenLandesanstalt für Wald und Forstwirt-schaft bieten, in einer wahrscheinlich rück-läufigen Förderkulisse konsequent nutzen.Wir werden den Blick über Bayern hinauswerfen. Das Zentrum Wald-Forst-Holz mussverstärkt in Europa bekannt werden.

Uns muss es gelingen, das Zentrum inWissenschaft, Politik, Praxis und Öffentlich-keit als die Marke für Wald, Forst und Holzvon Bayern bis Brüssel zu etablieren. AmZentrum Wald-Forst-Holz darf kein Wegvorbeiführen.

Wo – glauben Sie – wird sich wohl dasZentrum in zehn Jahren befinden?Genau dort, wo es sein kann, wenn es dieHerausforderungen gemeistert hat, als eu-ropaweit bekannter Standort für Wald,Forst und Holz, an dessen Kompetenz mansofort denkt, wenn es um diesen Themen-komplex geht.

Herr Förster, vielen Dank für das interes-sante Gespräch.

Das Interview führte Florian Mergler, Redaktion »Waldforschung aktuell«

Foto: ZWFH

AUS DEM ZENTRUM WALD-FORST-HOLZ

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Waldforschung aktuell 37|2010

Europa transparent – Durchblickim Förder-DschungelPotentiellen Antragstellern aus dem Zen-trum die vielfältigen Beratungs- und Unter-stützungsmöglichkeiten zu EU- und sons -tigen Förderanträgen aufzuzeigen, war das Ziel der Informationsveranstaltung»Europa transparent – Durchblick im För-der-Dschungel« am 22. Juni 2010, für diedie Geschäftsstelle Referenten des Europe-an Forest Institute (EFI), der Forest-basedSector Technology Platform (FTP), des EU-Büros der TUM und der Bayerischen For-schungsallianz gewinnen konnte. Zusätz-lich berichteten erfolgreiche Antragstelleraus dem Zentrum über ihre Erfahrungen.

enders

Alle Referate können per E-Mail bei Dr. Gerhard Enders angefordert werden:[email protected]

Baumartenvielfalt in Weihen -stephan

Die 2009 eingeweihte »Dendrospirale« aufdem Campus Weihenstephan ist in einemsteten Wandel begriffen. Um die forstli-chen Ausbildungsstätten der TU München,der Hochschule Weihenstephan-Triesdorfund der Bayerischen Landesanstalt fürWald und Forstwirtschaft herum wurdenBaum- und Straucharten kartiert und in ei-nem Faltblatt zum Mitnehmen vorgestellt.Damit können Studenten direkt vor derHörsaaltüre ebenso wie interessierte Besu-cher die charakteristischen Merkmale ver-gleichen und unterscheiden lernen.

Wenn wie im Frühjahr 2010 alte Gebäu-de neuen weichen und die Campus-Zufahrtneu geordnet wird, lassen sich Eingriffe indie Grünpflanzungen nicht vermeiden. Ei-nige Arten, die, wie beispielsweise die Gle-ditschie, nur mit wenigen Exemplaren ver-

treten waren, sind deshalb vorerst aus derDendrospirale verschwunden. Auf der an-deren Seite sind die im Zentrum Wald-Forst-Holz zusammengeschlossenen Ein-richtungen ständig bemüht, die Artenzahlmit noch fehlenden einheimischen odereingebürgerten Arten zu erhöhen.

Am 17. April 2010 pflanzten zum Zei-chen der Verbundenheit zwischen derStadt Freising und der Technischen Univer-sität München der Freisinger Oberbürger-meister Dieter Thalhammer und der Dekandes WZW, Prof. Dr. Gerhard Wenzel, ge-meinsam in der Nähe der Mensa eine Som-merlinde. »Baum der Weisheit« nannte sieder Dekan in seiner launigen Ansprache.»Subtil« stellte Professor Matyssek vomLehrstuhl für Ökophysiologie der Pflanzenanschließend diese Baumart vor und gingauch auf die kulturhistorische Bedeutungals Dorfmittelpunkt und Baum der Ge-richtsbarkeit ein.

Auf die Initiative von TUM-Studentendes internationalen Masterstudiengangs»Sustainable Ressource Management«geht die Pflanzung einer großen Grauerleam Beginn des Sommersemesters 2010 zu-rück (Foto). Die Studierenden wünschtensich, zu Beginn ihres Studiums einen »Jahr-gangsbaum« zu setzen, den sie in dennächsten Jahren umsorgen und gedeihensehen können und mit dem sie ein sichtba-res Andenken hinterlassen, wenn sie ihrStudium abgeschlossen haben werden.Wenn es glückt, könnte sich daraus einenette Tradition entwickeln, die die Dendro-spirale bereichert.

Gespräche laufen, dass auch die geplan-ten Neupflanzungen nach Abschluss derBaumaßnahmen dazu genutzt werden, un-gewöhnliche Gehölze anzusiedeln. Ver-schiedene Nussarten aus den GattungenCarya, Juglans und Pterocarya könnten dasBild bereichern, ebenso kommen noch vie-le Eichen- und Ahornarten in Frage. Recht-zeitig vor den Dendrologie-Prüfungen En-de Juli ließ die TUM-Verwaltung neueSchilder drucken, die die in die Karte einge-tragenen Exemplare jeder Art leichter auf-finden lassen. Viele kleine Maßnahmen tra-gen dazu bei, dass sich der Campus zumArboretum entwickelt, ganz ohne zusätzli-che Platzansprüche. häberle

Vom Studentenprojekt zur Wärmeversorgung20 Studenten der Hochschule Weihenste-phan-Triesdorf haben auf einer Versuchs-fläche des Lehrbetriebs Zurnhausen eineKurzumbetriebsplantage konzipiert. DieAnpflanzung entsteht im Rahmen desFachs Energiepflanzenproduktion im Studi-engang »Management erneuerbarer Ener-gien« und mit Unterstützung der beidenLandesanstalten für Landwirtschaft sowiefür Wald und Forstwirtschaft.

Für den kurzen Umtrieb eignen sich nurbestimmte Baumarten. Sie sollen schnellwachsen und Masse liefern. Außerdemmüssen sie fähig sein, nach der Ernte ausdem Wurzelstock wieder auszutreiben.Nach bisherigen Erfahrungen kann dieHolzplantage »etwa 30 Jahre lang auf ho-hem Niveau genutzt werden«, sagt derEnergieholzexperte der Hochschule Wei-henstephan-Triesdorf, Prof. Dr. Stefan Witt-kopf. In den kommenden vier Jahren wer-den Studenten der Hochschule jeweilsweitere 2.000 Quadratmeter planen undbepflanzen. Auf diese Weise entsteht nachfünf Jahren ein Hektar Energiewald. Nachdiesem Zeitraum sollen die Pappeln des ers-ten Teilstücks zum ersten Mal genutzt undals Hackschnitzel im Holzheizwerk derHochschule Weihenstephan-Triesdorf ver-brannt werden. Mit dem Holzheizwerkwerden zukünftig die Gewächshäuser derForschungsanstalt für Gartenbau mit Wär-me versorgt. Das verdeutlicht einmal mehrdie Ausbildung der Hochschule Weihenste-phan-Triesdorf über die gesamte Wert-schöpfungskette hinweg: Vom Acker biszur Steckdose respektive »vom Acker zumWohle der Tomaten«, resümierte PräsidentProf. Hermann Heiler, reicht das Studien -angebot der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Pro Jahr wird von der Fläche eineErntemenge von 20 Tonnen Biomasse er-wartet. Das entspricht einem Energieäqui-valent von circa 5.000 Litern Heizöl. Nachder Ernte treiben die Pappeln wieder ausund können nach fünf Jahren erneut ge-erntet werden. Das Prinzip hinter demEnergiewald lautet: »Einmal begründen,mehrmals ernten«. red

Foto: K.-H. Häberle

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BaySF stellt regionales Naturschutzkonzept vorAm 28. Juli 2010 stellte das UnternehmenBayerische Staatsforsten (BaySF) ihr regio-nales Naturschutzkonzept für den Forst-betrieb Freising der Öffentlichkeit vor.

In den Räumen der Bayerischen Landes-anstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF)bekräftigte Vorstand Reinhardt Neft dieStellung des Naturschutzes für die BaySF.Klaus Huschik (BaySF) erläuterte das Natur-schutzkonzept des Unternehmens, an-schließend präsentierte Dr. Alfred Fuchs,Leiter des Forstbetriebs Freising, das regio-nale Feinkonzept für seinen Forstbetrieb.

Da der Forstbetrieb acht Landkreise ab-deckt, war das Interesse der betroffenenVertreter von Verbänden und Behördensehr groß. Die anschließende Diskussionmit 70 Teilnehmern war geprägt von Wohl-wollen, Erwartungen und Koopera tions -bereitschaft. Die LWF im Zentrum Wald-Forst-Holz stellte für die Veranstaltungeinen angemessenen Rahmen dar, wieAbteilungs leiter Winfried Drexler in Vertre-tung des Präsidenten der LWF betonte. red

Das Zentrum auf der INTERFORST

Rund 50.000 Besucher aus 80 Ländern botsich auf der INTERFORST 2010 die Möglich-keit, den neuen Messestand des ZentrumsWald Forst Holz Weihenstephan bei seinerersten Präsentation zu erleben. Der außer-gewöhnlich gute Besuch des im neuen Cor-porate Design gestalteten Standes zeigte,dass sich das Publikum sehr positiv ange-sprochen fühlte. Insbesondere die persön-liche Studienberatung von TUM und HWSTsowie die Erläuterungen der LWF-Mitar -beiter zu den Klimarisikokarten fanden große Resonanz. Abgerundet wurde dasStandangebot mit Informationsblöcken zu waldwissen.net, zum Projekt WINALP, zumZentrum selbst sowie durch Sonderinfor-mationen für Waldbesitzerinnen. förster

Südafrika zu Gast am ZentrumWald-Forst-Holz

Der Klimawandel macht vor Landesgren-zen nicht halt. Um ein umfassendes Ver-ständnis der Wirkung des Klimawandelsauf unsere Wälder zu erhalten und Anpas-sungsstrategien entwickeln zu können,sind Regionen überschreitende Kooperatio-nen dringend notwendig.

In diesem Zeichen stand der Besuch dersüdafrikanischen Kollegen am ZentrumWald-Forst-Holz. Der gegenseitige Informa-tionsaustausch über länderspezifische Be-sonderheiten beim Klimawandel sowieüber Forschungsansätze und laufende For-schungsarbeiten standen im Vordergrund.Im Rahmen eines gemeinsam durch dasBundesministerium für Bildung und For-schung sowie dem National Research Fund,Südafrika finanzierten Kooperationspro-jekt organisierte der Lehrstuhl für Wald-wachstumskunde der Technischen Univer-sität München einen Workshop. Wissen-schaftler der Universität Stellenbosch, derUniversität Göttingen, der Technischen Uni-versität München sowie des Instituts fürMeteorologie und Klimaforschung, Gar-misch-Partenkirchen spannten dabei in einer Vortragsreihe den Bogen vom Ver-ständnis der Ressourcenverteilung in Ab-hängigkeit von Standortsfaktoren überModellierungs ansätze bis hin zur Integrati-on von Forschungsergebnissen in forstpla-nerische Prozesse. Gerade aus bayerischerSicht erscheint eine Betrachtung südafrika-nischer Standorte sinnvoll, da in einigen Re-gionen bereits klimatische Verhältnisseherrschen, die künf tig auch bei uns eintre-ten können. Auch wenn diese sicher nichteins zu eins übertragbar sind, lassen sichaus den dortigen Wachstumsreaktionsmus-tern hilfreiche Hinweise zur Entwicklungvon Anpassungsstrategien ableiten. uhl

LWF aktuell 78/2010

Waldforschung aktuell 37|2010

Waldbesitzertage starten in die Regionen

Mit dem Veranstaltungskonzept der »Baye-rischen regionalen Waldbesitzertage« wol-len die Veranstalter die Waldeigentümerfür die Forstwirtschaft, Holznutzung unddie Forsttechnik sensibilisieren und allenAktiven der Branche eine Plattform bieten.Die Initiative aus dem Zentrum Wald ForstHolz Weihenstephan und der Cluster-Initia-tive Forst und Holz in Bayern wird von denörtlichen Ämtern für Ernährung, Landwirt-schaft und Forsten in Zusammenarbeit mitden örtlichen Selbsthilfeeinrichtungen derWaldbesitzer organisiert.

Es wird ein abwechslungsreiches Tages-programm mit Ausstellungen, praxisnahenVorträgen, Gerätevorführungen und Ak-tionen rund um das Thema Wald und Holzgeben. Die Ämter für Ernährung, Landwirt-schaft und Forsten organisieren Ausstellerund ein Programm, das von Vorführungenvon Forstmaschinen über Vortragsreihenund Exkursionen bis zu waldpädagogischerKinderbetreuung reicht.

Auf einem »Marktplatz« stellen Unter-nehmen aus der Forst- und Holzbranche so-wie die örtlichen Selbsthilfeorganisationender Waldbesitzer (FBGs/WBVs) an Informa-tionsständen ihre Angebote vor. Ein wich-tiger Beitrag wird durch die Partnerschaftmit der Landwirtschaftlichen Berufsgenos-senschaft erzielt, indem gezielt deren Mit-glieder eingeladen werden. Dadurch kanndie besonders interessante Zielgruppe derKlein- und Kleinstwaldbesitzer speziell an-gesprochen werden. In 2008 erstmalig ini-tiiert, konnten im Jahr 2009 bereits der40.000te Besucher begrüßt werden. red

Termine 2010Schwaben – Roggenburg: 12. SeptemberOberfranken – Bayreuth: 19. SeptemberOberpfalz – Schwandorf: 9./10. OktoberUnterfranken – Oberthulba: 17. Oktober

Dr. Ben du Toit und Dr. Thomas Seifert von der Universität Stellenbosch auf einer Versuchsflächeim Bayerischen Wald

Foto: ZWFH

Foto: T. Bosch

Foto: ZWFH

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abgeleitet und weitere Generhaltungsmaß-nahmen auf den Weg gebracht werden.

Die Vorkommen werden mit einer bundeseinheitlichen Aufnahmemethodeerfasst, die bereits erfolgreich bei derSchwarzpappel-Kartierung eingesetzt wur-de. Die so erhobenen Daten aus den Bun-desländern werden in die zentrale Baum -arten-Datenbank des Bundesamtes fürLandwirtschaft und Ernährung (BLE) ein-gespeist und mittels geografischer Informa-tionssysteme ausgewertet. Die Kartierungder Vorkommen in Bayern hat im Juni 2010begonnen und soll bis Herbst 2011 abge-schlossen werden.

LWF aktuell 78/2010

FORSTGENETIK

Als »selten« werden Baumarten bezeich-net, wenn sie mit weniger als einem Pro-zent an der Waldfläche vertreten sind. Al-lerdings ist die Häufigkeit der Vorkommendeutschlandweit gesehen sehr verschiedenund weist regionale Besonderheiten auf.Die Grünerle (Alnus viridis) beispielsweisegehört zu den Krummholzgebüschen derAlpen und besiedelt dort vor allem Stand-orte über 1.600 Meter Meereshöhe, dieWildobst-Arten dagegen bevorzugenmeist die wärmeliebenden, kollinen und

submontanen Laubwälder. Wildapfel (Ma-lus sylvestris) und Wildbirne (Pyrus pyra-ster) gelten nach bisherigem Kenntnisstandin Bayern als äußerst selten und in ihremBestand gefährdet. Für die Vorkommender Wildobst-Arten ist zudem abzuklären,ob es sich um die reinen Wildformen han-delt oder ob Zuchtsorten eingekreuzt sind.Bestandsbildende Grauerlen-Auwälder ge -hören hingegen in Südbayern entlang der Alpenflüsse häufig zur natürlichen Vegeta-tion. Im nordbayerischen Raum ist die Grau-erle (Alnus incana) der Silberweiden-Weich-holzaue beigemischt und weitaus seltener.

Die bedeutendsten Vorkommen werdennach der Kartierung mit genetischen Me-thoden (DNS, Isoenzym) analysiert, um diegenetische Vielfalt und die Unterschiedezwischen den Baumpopulationen heraus-zufinden. Zusammen mit der ermitteltenAltersstruktur, Vitalität und Verjüngungs -intensität der Populationen sollen Schluss-folgerungen für die mittelfristige Erhal-tungswürdigkeit am jeweiligen Standort

Grünerle, Wildapfel & Co.ASP beteiligt sich an bundesweiter Erfassung seltener und gefährdeter Baumarten

Gerhard Huber und Andreas Wurm

In einem vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-schutz finanzierten Projekt werden derzeit die Vorkommen der seltenen Baumartenin Deutschland erfasst. Das Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht koordiniertbundesweit die Kartierung von Grünerle, Grauerle und Traubenkirsche. Zusätzlichwurde das ASP damit beauftragt, alle Vorkommen von Wildapfel und Wildbirne inden bayerischen Wäldern zu kartieren und zu dokumentieren.

Abbildung 1: Typisches Grünerlen-Krummholzge-büsch auf der Gotzenalm bei Berchtesgaden

Foto: A. Wurm

Nachrichten aus dem Amt für Saat- und Pflanzenzucht

Saat und Pflanzen

Mithilfe erwünscht!Hinweise zu Vorkommen der Wildobst-Arten sowie bestandesbildender Popula -tionen der Traubenkirsche und Grauerlebitten wir dem ASP mitzuteilen. Kontakt Projektleiter: Gerhard Huber [email protected]: 08666| 9883-22 oder -0Mitarbeiter: Andreas [email protected]

Abbildung 2: Blütentraube einer Traubenkirsche

Foto: G. Huber

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Forstliche Genbank in Bayern

Das »Konzept zur Erhaltung der forstlichenGenressourcen in der BundesrepublikDeutschland« zeigt eine Reihe von Maß-nahmen auf, die helfen sollen, den Genbe-stand repräsentativ zu sichern. Dabei wirdzwischen »in-situ«-Maßnahmen und »ex-si-tu«-Maßnahmen unterschieden. Bei erste-ren werden die Genressourcen direkt vorOrt gesichert, bei den ex-situ-Maßnahmenwerden stets die gefährdeten Ressourcenan einen anderen Ort ausgelagert. In sol-chen Fällen wird z. B. Saatgut geerntet undunter kontrollierten Bedingungen langfris-tig eingelagert, in der Regel in Forstgen-banken. Die Gründung der Forstgenbankin Bayern geht auf einen Beschluss desBayerischen Landtags vom 22. Juni 1989zurück. Darin wurde die damalige Landes-anstalt für forstliche Saat- und Pflanzen-zucht (LASP), heute Bayerisches Amt fürforstliche Saat- und Pflanzenzucht (ASP),mit der Durchführung der ex-situ-Generhal-tungsmaßnahmen für Bayern beauftragt.Dazu gehörte auch die Einrichtung einerforstlichen Genbank. Hier werden seit 1991laufend Teilmengen aus allen regulären Sa-menernten bei mindestens Halbmast beiTemperaturen von -10 bzw. -20 °C eingela-gert. Die Lagerbestände werden in einerDatenbank verwaltet.

Die Keimfähigkeit des eingelagertenSaatgutes wird im Abstand von zwei bisdrei Jahren überprüft. Bei überdurch-schnittlich starker Abnahme wird die be-troffene Saatgutpartie aus der Saat gut-Genbank entfernt. Zurzeit sind 973 Kilo-gramm Saatgut von 25 Baumarten und 73Herkünften in der Genbank eingelagert.

krause

Haus- oder Wildkatze? Eine Sacheder DNSIm Rahmen des Bayerischen Wildkatzen-monitoring laufen derzeit am ASP die ge-netischen Analysen. Als Material werdenmit der »Lockstock-Methode« gewonneneKatzenhaare verwendet. Dazu werdenraue, mit einem Lockstoff bestrichene Holz-latten ausgebracht, an denen sich die Tierein Katzenmanier ihre Wangen und Flankenreiben. Die Haare, die an diesen Holzstäbenhaften bleiben, werden eingesammelt undgenetisch analysiert. Um die Wildkatze vonder Hauskatze zu unterscheiden wird dieDNS aus den Mitochondrien isoliert und se-quenziert, d. h. die einzelnen Buchstabenbestimmter DNS-Abschnitte werden »gele-sen« und aus einer bestimmten Buchsta-benfolge lässt sich auf die Art schließen.

Zusätzlich abgesichert werden die Er-gebnisse mit »Mikrosatellitenmarkern« derKern-DNS. Da diese Genmarker sehr varia-bel sind, eignen sie sich gut zur Unterschei-dung von Individuen. Für jedes Individuumkann man einen eigenen »genetischen Fin-gerabdruck« herstellen. Mit dieser Metho-de kann man feststellen, • ob nur ein oder mehrere Individuen den

Lockstock aufsuchten;• ob ein Individuum an einen Lockstock

wiederkehrt;• ob ein Individuum an verschiedenen

Lockstöcken war.Ebenfalls mittels Mikrosatelliten kann einevorhandene Hybridisierung von Haus- undWildkatze festgestellt werden. StatistischeAuswerteprogramme erlauben dann,Rückkreuzungen abzuschätzen. Für die ge-netischen Analysen ist eine hohe Qualitätdes Probenmaterials notwendig. Zuverläs-sige Ergebnisse erhält man, wenn wenigs-tens drei bis fünf Haare eines Individuumsvorliegen.

Bisher sind am ASP über 500 Haarpro-ben eingegangen. Derzeit wurden etwa100 analysiert. Nur bei 25 Individuen wur-de der Wildkatzentyp festgestellt. EinigeHaarproben stammen weder von Haus-noch von Wildkatzen. fussi

Je dicker desto besser?

Die Dicke eines Pappelstecklings beeinflusstdie Wüchsigkeit von Pappelpflanzen im ersten Jahr. Das ist das Ergebnis einer For-schungsarbeit im Rahmen des Verbund -projekts FastWOOD, das das Bundesminis-terium für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutz (BMELV) über die Fach-agentur Nachwachsende Rohstoffe för-dert. Das ASP bearbeitet das Teilprojekt 4»Sortenprüfung und Anbaueignung vor-handener und neu gezüchteter Schwarz-und Balsampappelklone«.

2009 wurde bei Laufen/Salzach (Ober-bayern) der erste Teil eines Pappelsorten-Prüffeldes mit 58 verschiedenen Sorten, da-runter Neuzüchtungen aus Frankreich,Belgien und Italien, angelegt. Zu Beginnwurden zwei 20 Zentimeter lange Steckhöl-zer je Pflanzplatz gesteckt, um möglicheAusfälle kompensieren zu können. Im da-rauf folgenden Frühjahr wurden die übri-gen Pflanzen entfernt und von ihnen nachMöglichkeit sortenscharf der Durchmesser,die Anzahl der Triebe und die Länge desgrößten Triebes aufgenommen. Auf dieseWeise wurden 630 Stecklinge vermessen.Zwischen dem Durchmesser der Stecklingeund der Trieblänge ergab sich eine statis-tisch signifikante Beziehung. Der optimaleStecklingsdurchmesser für den Anwuchser-folg und die Wuchsleistung im ersten Jahrbeträgt 20 bis 25 Millimeter. Dickere Steck-hölzer zeigten eine geringere Wuchsleis-tung. Entsprechend früherer Arbeiten vonRohmeder (1957) beeinflussen die Steck-lingsdimensionen nur im Anwuchsjahr dieEntwicklung. tubes

AUS DER FORSCHUNG

Foto: M. TubesFoto: ASP

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Samen für den »Wald von Morgen«Baumschultag 2010

So lautete das Motto des 2. ForstlichenBaumschultags in Bayern, zu dem das ASPnach Schwaben und nach Mittelfrankeneingeladen hatte. In ihrer Einführung be-tonte Frau Dr. Konnert, die Leiterin desASP, dass bei der künstlichen Verjüngungdie Weichen für den Wald von morgen be-reits bei der Auswahl der Erntebeständeund der Saatgut ernte gestellt werden. Gu-te Qualität der Erntebäume und hohe ge-netische Vielfalt im Bestand sind wichtigeKriterien, um hochwertige Pflanzen zur Begründung leistungsfähiger und stabilerWälder erreichen zu können. Daher wurdedieses Thema gerade im Jahr der Biodiver-sität bewusst gewählt und fügt sich gut indie Initiative »Forstwirtschaft schafft Le-ben« der Bayerischen Forstverwaltung.

Die zwei getrennten Veranstaltungen inAichach (Schwaben) und Sugenheim (Mit-telfranken) besuchten über 100 Teilnehmer,darunter Waldbesitzer, Vertreter forstlicherZusammenschlüsse und Baumschulen so-wie Angehörige der Forstverwaltung undder BaySF. In Fachvorträgen und Diskussi-onsrunden wurden Fragen zur Auswahlund Zulassung von Erntebeständen, demErntevorgang an sich, den gesetzlichen Re-gelungen zur Ernte, der Verbesserung derHerkunftssicherheit und der Behandlungdes Saatgutes nach Verlassen des Ernteor-tes erörtert. Die Besichtigung eines Tannen-Erntebestandes mit Erntevorführung run-dete das Programm ab. Hier konnten dieTeilnehmer die Thematik »am Objekt« dis-kutieren.

Das ASP bedankt sich besonders bei denKontrollbeamten für die Organisation undaktive Unterstützung der Veranstaltung.

konnert

Schwarzpappel erfolgreich beerntet

Bei der Erfassung der Schwarzpappel inBayern (2006 bis 2009) wurde auch nachVorkommen gesucht, die sich auf Grund ih-rer Größe und Zusammensetzung für eineSamenernte eignen. Zwei Bestände an derRott und am Inn wurden nun gemäß demForstvermehrungsgutgesetz (FoVG) zu -gelassen und in das Bayerische Erntezulas-sungsregister aufgenommen.

Nach Vermittlung des ASP beerntete die Erzeugergemeinschaft autochthonerBaum arten (EAB) Anfang Juni zum erstenMal den Schwarzpappel-Bestand bei BadBirnbach an der Rott. Dabei sammelte einprivater Ernteunternehmer mit Hilfe einermobilen Hebebühne fast 30 Kilogramm der begehrten Pappelwolle direkt aus der Baumkrone. Da die äußerst kleinenSchwarzpappelsamen keine Keimhem-mung besitzen und überaus empfindlichsind, wird direkt nach der Ernte in geeigne-te Keimsubstrate gesät. Nach der Keimungwerden die Sämlinge vereinzelt und, wennmöglich, in Töpfen kultiviert.

Auf Grund der erfolgreichen Beerntungsteht erstmals wieder Saatgut dieser seltengewordenen Baumart für die generativeVermehrung zur Verfügung. Zusammenmit dem im Pflanzgarten Laufen vom ASPangelegten Schwarzpappelmutterquartier(vegetative Vermehrung) wurde die Basisgeschaffen, in den nächsten Jahren wiederautochthone Schwarzpappelpflanzen fürErhaltungsmaßnahmen bereit zu stellen.

huber, luckas

Viel Arbeit für die Saatgutprüferdes ASP

Das große Erntevolumen der abgelaufenenSaison 2009/2010 für Forstsaatgut spiegel-te sich auch am Probenaufkommen derSaatgutprüfstelle des ASP wider. ZwischenJuli 2009 und Juni 2010 wurden insgesamt536 Proben eingeschickt. Daraus ergabensich 1.426 Einzelanalysen, die sich wie folgtaufteilen:

Den größten Anteil der Partien stellten dieArten, die dem FoVG unterliegen, wie Rot-buche (162 Proben), Eichenarten (96 Pro-ben), Tanne, Douglasie, Ahorn und Fichte(63 bis 41 Proben). Ebenso wurden am ASPRingversuche mit anderen Saatgutprüfstel-len und Untersuchungen für verschiedeneForschungsprojekte durchgeführt. Hierwurden auch seltenere Baumarten wie z.B.Paulownia und Libanonzeder analysiert.

Die Aufbereitung und Einlagerung vonZüF-Proben ist seit Jahren das zweite gro-ße Aufgabengebiet der Saatgutprüfstelle.Mit knapp 400 eingegangenen ZüF-Erntenin der abgelaufenen Erntesaison übertrafder Probeneingang den Umfang des bishe-rigen Spitzenjahres 2006 um 40 Prozent.Insgesamt lagern am ASP über 1.300 Saat-gutreferenzproben und mehr als 1.000Pflanzenproben aus dem ZüF-Verfahren.

jenner

43LWF aktuell 78/2010

AUS DER LANDESSTELLE

Foto: M. Luckas Foto: ASP

Reinheitsuntersuchung 295

Tausendkornmasse 295

Feuchtegehalt 531

Keimfähigkeitstest 145

Test auf Lebensfähigkeit 160

Foto: ASP

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Weihenstephaner Studentenbesuchen ASP

Am 10. Juni 2010 besuchten die Studentendes 2. Semesters im neuen Studiengang»Management Erneuerbarer Energien«von der Hochschule Weihenstephan-Tries-dorf das ASP. Randolf Schirmer vom Sach-gebiet Energiewald und Feldversuche amASP leitete die Exkursion der 55-köpfigenGruppe, die Prof. Dr. Stefan Wittkopf be-gleitete. Nach einem einführenden Rund-gang mit dem Stützpunktleiter AndreasLudwig durch den Pflanzgarten Laufen/Le-benau wurde den Studierenden die Steck-lingsgewinnung von Pappeln für die Anla-ge von Prüffeldern und Energiewäldernanhand von Mutterquartieren erläutert.Dabei ging Kontrollbeamter Michael Lu-ckas vom ASP besonders auf die rechtlichenAspekte ein. Im Anschluss stellte Martin Tu-bes das FastWOOD-Projekt vor. In dem Ver-bundprojekt mit acht Partnern aus ganzDeutschland, darunter auch das ASP, gehtes um die Neuzüchtung von Pappelsortenund die Prüfung der Eignung vorhandenerSorten für Energiewälder.

Nach der Mittagspause führte das Ex-kursionsprogramm auf den »Vorreiterhof«bei St. Georgen (A). Hier betreibt die Fami-lie Schwarz ein Sortenprüffeld für Pappelunter wissenschaftlicher Begleitung desASP. Schirmer betonte die Bedeutung undNotwendigkeit der Prüfung von Pappelsor-ten zum Schutze des Verbrauchers vor mas-siven Fehlinvestitionen. Besonders interes-sierten sich die Studenten für die lebhaftvorgetragenen Praxiserfahrungen der Fa-milie Schwarz, deren überdurchschnittli-ches Engagement maßgeblich zum Gelin-gen der Sortenprüfung beiträgt.

Trotz großer Hitze war es eine gelunge-ne Exkursion mit positiven Rückmeldungenseitens der Teilnehmer. tubes

»Agrarholz 2010« in Berlin

In Berlin fand am 18./19. Mai 2010 das vomBundesministerium für Ernährung, Land-wirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV)organisierte Symposium »Agrarholz 2010«statt. Die Teilnahme von 250 Vertretern ausWirtschaft, Wissenschaft, Politik und derFachpresse, darunter 70 teils namhafte Un-ternehmen, zeigt, dass Holz als biogenerEnergieträger insbesondere vor dem Hin-tergrund der Klimaschutzziele der Bundes-regierung sehr gefragt ist. Die Erkenntnis,dass bis zum Jahr 2020 ein Holzdefizit von20 bis 40 Millionen Kubikmetern entsteht,prägte die Tagung maßgeblich. Die Fachleu-te waren sich einig, dass die Prob lemlösungeinerseits in der effizienteren Waldnutzungund Holzbereitstellung liegt und anderer-seits »die Holzerzeugung auf landwirt-schaftlichen Flächen für die ausreichende(Rohstoff-) Versorgung notwendig wird«.Weiterer Forschungsbedarf wurde in derZüchtung leistungsfähiger Sorten, in Fra-gen des Anbaus und der Standortseig-nung, in der ökonomischen und ökologi-schen Bewertung sowie in logistischen undtechnischen Aspekten gesehen.

In einem der 24 Vorträge stellte unteranderem der Projektkoordinator Dr. Jan-ßen (NW-FVA Hannoversch Münden) dasProjekt FastWOOD vor. Das ASP bearbeitetdarin das Teilprojekt über die »Sortenprü-fung und Anbaueignung vorhandener undneu gezüchteter Schwarz- und Balsampap-pelklone«.

Unabhängig von dieser Markteinschät-zung der Symposiumsteilnehmer stellt sichdie Frage, ob bei weiter steigenden Hack-gutpreisen von einer Holzknappheit ausge-gangen werden kann. Wegen anziehenderMarktpreise lohnt es sich für Waldbesitzer,zusätzlich bisher nicht kostendeckendesSchwachholz bereitzustellen. tubes

Zirbe oder Strobe?Mit dieser Frage wandte sich ein Schreineran das ASP. Warum? Er hatte Bretter ausZirbenholz bestellt, zweifelte aber nach derLieferung daran und vermutete, dass sieaus Strobenholz waren. Von einer DNS-Analyse am ASP erhoffte er sich Aufklä-rung.

Im genetischen Labor des ASP konntegenügend DNS aus dem Holz isoliert wer-den, um ein »genetisches Muster« zu er-stellen. Der »genetische Fingerabdruck«mittels »Mikrosatellitengenmarkern« ausder Chloroplasten-DNS erlaubt eine sichereUnterscheidung verschiedener Baumarten.Chloroplasten-DNS ist stark konserviert undverändert sich deshalb im Laufe der Zeitnur sehr wenig. Näher miteinander ver-wandte Baumarten wie Zirbe und Strobesind zwar schwieriger zu unterscheiden alsz. B. Zirbe und Gemeine Kiefer, die stam-mesgeschichtlich weiter auseinander lie-gen. Trotz der großen genetischen Ähnlich-keit gibt es aber einige Genorte, an denenUnterschiede festzustellen sind.

Die Muster der fragwürdigen Bretterwurden mit Referenzproben von Zirbe undStrobe verglichen. Zur großen Überra-schung unterschieden sich die Muster desHolzes klar sowohl von den Mustern derZirbe als auch von denen der Strobe. Nochgrößer war die Überraschung, als sich zeig-te, dass sie weitgehend mit Mustern derSchwarzkiefer und der Gemeinen Kieferübereinstimmten. Damit war für den Besit-zer der Bretter zumindest eines klar: SeinHolz stammte weder von Zirben noch vonStroben. fussi

VERSCHIEDENES

LWF aktuell 78/2010

Foto: ASP

Foto: M. Tubes

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WALD – WISSENSCHAFT – PRAXIS

LWF aktuell 78/2010 45

einen dicken Strich durch die Rechnung. Meteorologisch aus-gedrückt bestimmten wechselnde Tiefdruckgebiete den Mai.Nicht nur der 1. Mai fiel besonders im Süden (WKS Kreuth:24 Liter pro Quadratmeter) wenig arbeitnehmerfreundlichaus, die Tendenz setzte sich während des ganzen Monats fort.Das hatte aber auch sein Gutes, denn für die Vegetation warder Regen nach dem sehr trockenen April bitter nötig. Da derRegen meist nicht als Platzregen fiel, sondern eher als gleich-mäßiger Dauerregen, nahm der Boden die Feuchtigkeit auchbesonders gut auf. Die Waldbrandgefahr war damit zunächstgebannt. Zur »kalten Sophie« am Ende der Eisheiligen (15.5.)erreichten die Lufttemperaturen noch einmal einen Tiefst-stand (Mittel der WKS: etwa 4,0 °C), die Nächte blieben allerd-ings bodenfrostfrei. Danach stiegen die Temperaturenzunächst noch zögerlich, zum Pfingstferienbeginn dann deut-lich an (WKS-Mittel 26.5.: 15 °C). Die Kiefer bildete in Frei -sing wegen der kühlen Witterung zu Anfang des Monats ihrenMaitrieb erst am 21.5. und damit acht Tage später als im

Hui und Pfui – nur andersrumWKS-Witterungsreport: Nach einem kühl-nassen Mai läutete der Juni trotz »Schafskälte« den Sommer ein

Lothar Zimmermann und Stephan Raspe

Nach einer alten Bauernregel folgt auf einen warmen April meist ein kühler Mai. So war im Gegensatz zum letzten Jahr heuerder Mai auch um 1,5 Grad kälter als normal. Gleichzeitig fiel etwa die Hälfte mehr Regen. Der Juni begann und endete sommer-lich, unterbrochen von einer typischen »Schafskälte«. Im Süden wurde das Niederschlagssoll erreicht, besonders im Nord -westen war es dagegen trocken bei steigender Waldbrandgefahr.

Besonders die heißen Wochen Ende Juni und Anfang Juliließen uns verklärter an diesen nass-kühlen Mai zurückdenken als wir ihn erlebt hatten. Ein »Wohlfühlbereich« fürdas Wetter ist oft nur schwierig zu definieren. Endlich einmalhochsommerlich wird es uns schnell zu heiß und wir sehnenuns nach einer Abkühlung. Kühlt es dann tatsächlich ab, find-en wir es bald zu kalt und zu feucht; auch wenn wir uns zuerstfür die Vegetation gefreut haben, dass die Trockenheit vorbeiist, also angesichts der unterschiedlichsten Ansprüche keineleichte Arbeit für Petrus.

Wenig Wonnemonat Mai

»Ist der Mai kühl und nass, füllt’s dem Bauern Scheun’ undFaß!« Mit dieser Ernteregel gaben sich die Bauern eigentlicheine gute Prognose. Dabei machte jedoch später die Rekord-hitze in den beiden ersten Juliwochen dem einen oder anderen

BBR

ROT

WUE

GOL

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DIN

RIE

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KREBERSON

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MITTAF

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BBRROK

NiederschlagMittlere Abweichung aller WKS zum Mittel 1961–1990

ROT

WUE

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DIN

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KREBER

SON

SON

EBEAOE

MIT

ROK

TemperaturMittlere Abweichung aller WKS zum Mittel 1961–1990

Positive Abweichung

Negative Abweichung

Kürzel für die Waldklimastationen(siehe Tabelle)

+51% –18 %

Mai

Juni

Mai

Juni

–1,5°C +1,3°C

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LWF aktuell 78/2010

Auch statistisch gab es an diesem Mai nichts zu beschönigen,er war tatsächlich so unangenehm wie wir ihn in Erinnerunghaben. Die Temperatur lag 1,5 Grad unter dem langjährigenMittel, der Niederschlag erreichte 51 Prozent mehr als normal.Die Spitzenreiter fanden sich diesmal im Nordosten. An denWaldklimastationen in Goldkronach und Rothenkirchen fieldas Doppelte der normalen Regenmenge im Mai. Den gering-sten Niederschlag verzeichneten wir im Allgäu an der WKSSonthofen, die vier Prozent unter dem Soll lag. Im Nordenwich die Temperatur am stärksten nach unten ab, an denWaldklimastationen Altdorf, Bad Brückenau, Rothenbuchsowie Goldkronach waren es drei Grad weniger. Auch dieSonne zeigte sich mit circa 100 Stunden circa 40 Prozentweniger als sonst üblich: »Wo viel Regen, dort auch vielWolken«.

Der Mai 2010 war in Deutschland der kühlste seit 1991und einer der kältesten seit Beginn der Messungen. Global la-gen die Temperaturen dagegen höher denn je. Wie deramerikanische Wetterdienst NOAA meldete, war dieser Maider wärmste seit Beginn der Messungen vor 130 Jahren. Dieglobale Lufttemperatur lag circa 0,7 Grad über dem langjähri-gen Mittel. Der gesamte Zeitraum von Januar bis Mai war ins -gesamt wärmer als jemals zuvor in den vergangenen 130Jahren. Ursache war das pazifische Wetterphänomen »ElNiño«, das alle paar Jahre für ungewöhnlich warmes Wasserim tropischen Pazifik sorgt und die Temperaturen weltweitsteigen lässt.

»Schafskälte« mit spätem Sommerauftakt

Die ersten Junitage begannen, wie der Mai geendet hatte, kühlund regnerisch. Besonders die ICP-Experten in Garmischkonnten sich voll auf ihre Arbeit im trockenen Sitzungssaalkonzentrieren, während draußen im bayerischen Alpenraumsich die Flüsse füllten und teilweise über die Ufer traten. Ander WKS Kreuth wurden vom 30.5 bis Fronleichnam (3.6.) 176 l/m² gemessen. Besonders im südöstlichen Alpenraum(Inn, Passau) wurde vielerorts die höchste Hochwassermelde-stufe erreicht. Glücklicherweise klangen die flächenhaftenNiederschläge dann ab. Vereinzelt bildeten sich am 6.6. nochlokale Gewitter mit Starkregen (WKS Kreuth: 34 l/m²), die je-doch das Fallen der Flußpegel nicht mehr aufhielten. Gleich-zeitig schnellten die Lufttemperaturen auf sommerliche Maxi-malwerte zwischen 25 und 30 °C zum Ende der ersten Juni-De kade, dabei blieb es regional auch länger trocken. Der Ver -dunstungsanspruch der Atmosphäre, die »potentielle Ver -dunstung«, erreichte stationsweise schon den Höchstwert umsieben Liter pro Quadratmeter. In diese schwül-warme Mittel-meerluft drangen Kaltfronten ein, die zu kräftigen Gewittern,verbunden mit einer deutlichen Abkühlung führten, die»Schafskälte« konnte fast schon pünktlich beginnen. DieseWitterungs-Singularität bezeichnet einen häufig auftretendenKälterückfall, der die zu dieser Zeit frisch geschorenen Scha-fen frieren lässt. Fallender Luftdruck über dem bereits er-wärmten asiatischen Festland und steigender Luftdruck überden Azoren sorgen für die Zufuhr kalter Polarluft aus nördli-

langjährigen Mittel aus, in Würzburg brachte sie es dagegenam 9.5. nur auf zwei Tage Verspätung. Auch die Eichen aufder WKS Würzburg begannen mit der Blattentfaltung nur dreiTage später als üblich. Hier wirkte sich noch der warme Aprilaus ebenso wie bei der Fichte, die einen Tag früher als normalaustrieb. Auch an den WKS Altötting und Rothenkirchenbrachen die Fichtenknospen vier Tage früher aus als im Mit-tel der letzten zehn Jahre. Dagegen trieben die Buchen an allenWKS in diesem Jahr deutlich verspätet aus. Mit einer WocheVerspätung begann die Blattentfaltung an den WKS Rieden-burg, Rothenbuch und Würzburg am 27.4. An den höher gele-genen WKS in Kreuth und Mitterfels begann der Buchenaus-trieb dagegen erst drei Wochen später am 11.5., dies entsprichtwiederum einer Verspätung um etwa eine Woche gegenüberdem mehrjährigen Mittel (1999 bis 2009).

Zum Monatsende wurde es wieder unbeständig und nass.Bei einer Exkursion anlässlich der internationalen Tagung derExperten des forstlichen Umweltmonitorings in Garmisch-Partenkirchen (ICP Forests) zur Waldklimastation Kreuth am30.5. trübten die 12 Liter pro Quadratmeter (l/m²) dank derglücklichen Nutzung von Regenpausen die positive Erin-nerung an Bayern nicht. Einen Tag später wäre es dort bei 38l/m² deutlich schwieriger gewesen, abends einigermaßentrocken aus den Bussen zu steigen.

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WALD – WISSENSCHAFT – PRAXIS

Mittlere Lufttemperatur und Niederschlagssumme an den Waldklimastationen sowie der Wetterstation Taferlruck

Klimastation Höhe Mai Juni

mü. NN Temp °C NS l/m² Temp °C NS l/m²

Altdorf (ALT) 406 8,7 95 14,5 58

Altötting (AOE) 415 11,4 139 16,1 158

Bad Brückenau (BBR) 812 6,3 120 13,3 14

Berchtesgaden (BER) 1500 6,3 232 11,6 193

Dinkelsbühl (DIN) 468 9,4 99 15,2 50

Ebersberg (EBE) 540 10,1 144 14,8 179

Flossenbürg (FLO) 840 7,9 123 14,1 59

Freising (FRE) 508 10,2 133 15,8 104

Goldkronach (GOL) 800 6,3 152 12,7 79

Kreuth (KRE) 1100 6,7 250 12,6 294

Mitterfels (MIT) 1025 7,7 173 13,5 130

Riedenburg (RIE) 475 10,5 109 16,0 69

Rothenkirchen (ROK) 670 7,7 143 14,3 31

Rothenbuch (ROT) 470 7,4 119 14,0 51

Sonthofen (SON) 1170 6,8 207 12,7 261

Taferlruck (TAF) 770 8,6 133 13,3 98

Würzburg (WUE) 330 10,9 81 16,8 27

Die WKS Landau und Zusmarshausen wurden zum 31.12.2009 beendet.

Die EU fördert die Messungen an den Waldklima -stationen seit dem 1. Januar 2009 im Rahmen des Life+ Projektes FutMon.

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LWF aktuell 78/2010

weniger gemessen. Spitzenreiter war Bad Brückenau mit nur13 Prozent des langjährigen mittleren Juni-Niederschlags, wieauch andere Wetterstationen im Bereich der Rhön zeigten(11–35 l/m²). Der Strahlungsreichtum zeigte sich auch in derSonnenscheindauer mit 254 Stunden, d. h. circa 28 Prozentmehr als normal.

Nach der Siebenschläfer-Wetterregel (»Das Wetter amSiebenschläfertag sieben Wochen bleiben mag«), deren Gültig -keitsbereich um den 27. Juni beginnt und auf Grund der gre-gorianischen Kalenderverschiebung in die erste Juliwochehineinreicht, war heuer die Sommer-Prognose nicht schlecht,wenn sie auch nur, wie wir zum Redaktionsschluss wissen,dreieinhalb statt der versprochenen sieben Wochen anhielt.Doch noch ist der Sommer nicht vorbei und die mittelfristigeWitterungsprognose des Deutschen Wetterdienstes, mit Hilfevon 100 künftigen Witterungsentwicklungen per Vorhersage-modell berechnet, sagt mit siebzigprozentiger Wahrschein-lichkeit eine positive Temperaturabweichung für den Augustvoraus. Also hoffen wir auf eine Renaissance des Sommers!

Dr. Lothar Zimmermann und Dr. Stephan Raspe sind Mitarbeiter im Sachgebiet »Klima und Wasserschutz« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und [email protected], [email protected]

chen Breiten. Sie wird auch als europäischer Monsun-Ein-bruch gedeutet, da sie auf der unterschiedlichen Erwärmungvon Land und Meer beruht. Dieser kühle Witterungsabschnitthielt heuer die zweite Monatsdekade an. Erst mit der letztenDekade konnte der Hochsommer dann endlich Einzug halten.Die Temperaturen erreichten im WKS-Mittel sommerlicheSpitzenwerte um 25 °C bzw. maximal bis 29°C zu Monatsen-de. In dieser Zeit begann auch die Sommerlinde in Freisingund Würzburg etwa um ihr langjähriges Datum zu blühen.Die potentiellen täglichen Verdunstungsraten lagen auf Grundder hohen Temperaturen und der intensiven Einstrahlung (Ta-gesmittel der Globalstrahlung zwischen 220 bis 300 Watt/m²,Tagesspitzen über 1.000 W/m²) zwischen fünf und sieben Li-tern pro Quadratmeter. Nur vereinzelt ereigneten sich lokaleGewitter. Allein an der WKS Altötting wurde ein stärkerer Ge-witterguss am 30.6. mit fast 14 l/m² gemessen, ansonsten bliebes in der letzten Juni-Dekade weitgehend niederschlagsfrei, dieBöden begannen auszutrocknen (Raspe und Grimmeisen, S. 48–49 in diesem Heft). Pünktlich zu Monatsende wurde daher inNordbayern, speziell in Unterfranken, wieder vor der Wald-brandgefahr gewarnt, stellenweise wurde sogar die höchsteWarnstufe erreicht. Lichte Kiefernwälder waren besonders ge-fährdet.

Trotz seines kühl-feuchten Beginns und der »Schafskälte«fiel der Juni an den WKS dank seiner hochsommerlichen er-sten und letzten Dekade noch 1,3 Grad wärmer aus als imlangjährigen Mittel. Im Mittel regnete es im Juni landesweitnur 18 Prozent weniger als üblich, aber wie schon so oft wurdeder Süden reichlicher mit Niederschlag bedacht als der Nor-den. Viele Waldklimastationen im Alpenraum wiesen etwa einDrittel mehr Niederschlag auf als normal, dagegen wurdenbesonders im Nordwesten Bayerns (WKS Würzburg, Rothen-buch, Bad Brückenau, Rothenkirchen) deutliche 65 Prozent

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WALD – WISSENSCHAFT – PRAXIS

Abbildung 1: Vom 29. Mai bis 2. Juni trafen sich in Garmisch-Par-tenkirchen über 100 Wissenschaftler aus aller Welt anlässlich des25-jährigen Bestehens des Umweltbeobachtungsprogrammes ICPForests und besuchten dabei auch die Waldklimastation Kreuth.

Foto: A. Wagner

»Forstwirtschaft schafft Leben«

»Forstwirtschaft schafft Leben« lautet der Titel einer Internet-Plattform. Sie bietet neben Informationen zum Thema »Biologi-sche Vielfalt« zahlreiche Veranstaltungshinweise von Verbän-den, Bildungszentren und staatlichen Behörden – von derEntdeckungstour im Tümpel über die Kräuterwanderung bis zurSchnitzeljagd durch den Wald. »Wir wollen deutlich machen,dass unsere nachhaltige, naturnahe Forstwirtschaft in vorbildli-cher Weise ökonomische und ökologische Belange vereint«, sag-te der Bayerische Forstminister Brunner anlässlich der Vorstel-lung der Internetseite. Der große Artenreichtum und dievielfältigen Biotope im Wald seien das Ergebnis jahrhunderte-langer, verantwortungsvoller Arbeit der Waldbesitzer und Forst-leute. Den neuen Internet-Auftritt hat die Bayerische Forstver-waltung gemeinsam mit dem Waldbesitzerverband, demBauernverband, dem Unternehmen Bayerische Staatsforstenund dem Zentrum Wald-Forst-Holz konzipiert. stmelf

Weitere Informationen: www.forstwirtschaft-schafft-leben.de

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WALD – WISSENSCHAFT – PRAXIS

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Hitzesommer ließ Wälder »schwitzen«Kühlfeuchter Mai bewahrt die Waldböden vor Austrocknung im Juni und Juli

Stephan Raspe und Winfried Grimmeisen

Der kühlfeuchte Mai und hohe Niederschläge zu Beginn des Junis retteten die Wälder vor extremen Trockenstress während derHitzeperiode im Juni und Juli dieses Jahres. In der über vier Wochen anhaltenden Trockenperiode verbrauchten die Wälder sehrviel Wasser. Die Bodenwasserspeicher reichten jedoch gerade noch aus, um Trockenschäden zu vermeiden. Aber viel länger hät-te die Trockenheit nicht andauern dürfen. Die Laubbäume verbrauchten mehr Wasser als die Fichtenbestände.

Unterschiedlicher hätten die Monate Mai, Juni und Juli kaumausfallen können. Während der kühl-feuchte Mai die Wasser-vorräte in den Waldböden weiter auf hohem Niveau hielt, wur-de es im Juni richtig spannend. Der Sommer hielt ab Mitte Ju-ni Einzug. Eine vierwöchige Trockenzeit mit z.T. extremhohen Temperaturen begann, die erst Mitte Juli mit heftigenGewittern und Starkregenereignissen zu Ende ging. In dieserSchönwetterperiode konnten die Bäume zunächst aus demVollen schöpfen und bei weit geöffneten Spaltöffnungen un-gehemmt transpirieren. Aus dem Rückgang der Wasservorrä-te im Boden, wie er an den Waldklimastationen (WKS) gemes-sen wurde, kann auf den Wasserverbrauch der Wäldergeschlossen werden. Dabei zeigt sich, dass die Laubwälder mittäglich 3,2 bis 3,6 Litern pro Quadratmeter (l/m²) deutlichmehr Wasser verbrauchten als die Fichtenbestände (1,5 bis 2,2 l/m²). Auf allen untersuchten Standorten war jedoch amEnde der Trockenperiode noch ausreichend Wasser für 8 bis24 Tage im Boden vorhanden, so dass akuter Trockenstress ge-rade noch vermieden wurde.

Bodenwasserspeicher im Mai prall gefüllt

Wie im letzten Heft bereits berichtet (Grimmeisen und Raspe2010 a), füllten ergiebige Niederschläge die im April bereitsdeutlich angezapften Bodenwasserspeicher Anfang Mai wie-der vollständig auf. Auch im weiteren Monatsverlauf blieb inSüd- und Mittelbayern die kühl-feuchte Witterung bestehen,so dass der Wasserverbrauch der Wälder sich mit der Nach -lieferung aus dem Niederschlag die Waage hielt. Die Wasser-vorräte der Waldböden blieben daher auf sehr hohem Niveaunahezu konstant (Abbildung 1). Doch dabei blieb es nicht. Inden ersten Junitagen fielen nochmals heftige Niederschläge,die die Bodenwasservorräte weiter anstiegen ließen. Am 3. Ju-ni wurden daher an allen WKS, an denen die Bodenfeuchtegemessen wird, die höchsten Wasservorräte eines Frühsom-mers seit Beginn der Messungen registriert.

Nov Dez Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt

Nov Dez Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt

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Wasservorrat im gesamten durchwurzelten Boden

2009/2010

2008/2009

Wertebereich 2000−2008

Lite

r p

ro Q

uad

ratm

eter

Waldklimastation Flossenbürg, Fichte

Waldklimastation Mitterfels, Buche

Abbildung 1: Wasservorräte im Gesamtboden an den Wald klimastationen Flossenbürg und Mitterfels

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WALD – WISSENSCHAFT – PRAXIS

LWF aktuell 78/2010

Sehr hoher Wasserverbrauch im Juni

Anschließend begann der Sommer und die Transpiration derWälder setzte richtig ein. Zehn Tage ging daraufhin die Bo-denfeuchte kontinuierlich zurück, bevor mit der einsetzendenSchafskälte Mitte Juni erneute Niederschläge den Rückgangwieder beendeten. Nach dem 18. Juni setzte sich endgültighochsommerliches Wetter für die nächsten vier Wochendurch. Die immer noch gut gefüllten Bodenwasserspeicher er-laubten es den Waldbäumen, ihre Spaltöffnungen weit ge -öffnet zu lassen, um optimale Photosynthese betreiben zu können. Dabei verbrauchten die Bäume allerdings viel Was-ser, so dass die Wasservorräte in den Waldböden stetig abnah-men. An der WKS Freising sank der Bodenwasservorrat bei-spielsweise vom 18. Juni bis zum 16. Juli von 366 l/m² um fast100 l/m² auf 268 l/m². Das entspricht einem täglichen Wasser-verbrauch von 3,5 l/m². Erst Mitte Juli endete die extreme Hit-zeperiode mit zum Teil sehr heftigen Gewittern und sintflut-artigen Niederschlägen. In Ebersberg stieg dadurch derWasservorrat im Boden innerhalb zweier Tage um 37 l/m².

Laubwälder verbrauchen im Hochsommer mehr Wasser als Nadelwälder

Aus dem nahezu linearen Rückgang der Wasservorräte in denBöden während der vierwöchigen Trockenperiode lässt sichder Wasserverbrauch der Bäume sehr gut berechnen, da in die-sem Zeitraum keine oder nur eine zu vernachlässigend gerin-ge Sickerung stattgefunden haben dürfte. Die Wassergehalteim Boden lagen im optimalen Bereich unterhalb der Feld -kapazität (Grimmeisen und Raspe 2010 b) und weit oberhalb derTotwassergrenze. Den höchsten täglichen Wasserverbrauchmit 3,6 bzw. 3,5 l/m² hatten die Eichen und Buchen an denWKS Riedenburg und Freising (Abbildung 2). Offensichtlichverbrauchen Fichtenbestände an heißen Sommertagen deut-lich weniger Wasser als Laubwälder, denn die Fichten auf derWKS Ebersberg in der Münchener Schotterebene verbrauch-ten pro Tag nur 2,8 l/m², obwohl diese Station nur 38 km vonder WKS Freising entfernt auf vergleichbarer Höhenlage liegt.Am wenigsten Wasser verdunsteten die Fichten auf der WKSFlossenbürg im Oberpfälzer Wald. Hier belief sich die täglicheTranspirationsrate nur auf 2,1 l/m². Unter den Laubwäldernverdunstete der auf über 1.000 m ü. NN gelegene Buchenbe-stand an der WKS Mitterfels im Bayerischen Wald am wenigs-ten Wasser. Hier lag die mittlere tägliche Transpirationsratebei 3,2 l/m². Hätte die trockenheiße Witterung noch eine Wo-che länger angehalten, wäre der Wasserspeicher bei gleichblei-bender Transpiration an der WKS Ebersberg ausgeschöpftworden. In Riedenburg und Freising hätte der Wasservorratnoch für etwa zwei Wochen und in Mitterfels und Flossen-bürg für drei Wochen ausgereicht.

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Literatur

Grimmeisen, W.; Raspe, S. (2010 a): Waldböden erwachen aus dem Winterschlaf. LWF aktuell 77, S. 36–37

Grimmeisen, W.; Raspe, S. (2010 b): Wenn Böden ihr Wasser nicht halten können. LWF aktuell 76, S. 46–47

Dr. Stephan Raspe und Winfried Grimmeisen sind Mitarbeiter im Sachgebiet »Klima und Wasserschutz« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und [email protected], [email protected]

Wasserverbrauch von Laub- und Nadelwäldern

Eiche/Buche

Buche/Eiche

Buche

Fichte

0

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Waldklimastation

Riedenburg Freising Mitterfels Ebersberg Flossenbürg

Täg

lich

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[l/

m²]

Abbildung 2: Täglicher Wasserverbrauch von Mitte Juni bis MitteJuli 2010 in den Eichen-, Buchen- und Fichtenbeständen an denWaldklimastationen Riedenburg, Freising, Mitterfels, Ebersberg und Flossenbürg

Die EU fördert die Bodenfeuchtemessungen an denWaldklima stationen seit dem 1. Januar 2009 im Rahmen des Life+ Projektes FutMon.

Forstwissenschaftliche Tagung 2010

»Forstwissenschaften: Grundlage nachhaltiger Waldbewirtschaf-tung« lautet das Motto der Forstwissenschaftlichen Tagung, die vom 22. bis 24 September in Göttingen stattfindet. Ziel derForstwissenschaften ist, das Ökosystem Wald nachhaltig zu be -wirtschaften, um auf Dauer akzeptable Erträge zu erzielen, dieUmweltleistungen zu sichern und sozialen Ansprüchen der Ge-sellschaft gerecht zu werden. Dabei bedarf es intensiver For-schung, um dies gerade auch in einer Zeit zu erfüllen, in der die Nachfrage nach dem Rohstoff Holz ungebremst steigt. Auf der Tagung werden Forschungsansätze und aktuelle Resultate der Forstwissenschaften präsentiert und mit den Tagungsteil -nehmern diskutiert. In drei parallelen Vortragsreihen werden90 interessante Vorträge zu hören sein. red

Mehr unter: www.fowitagung2010.uni-goettingen.de

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Interforst 2010Optimismus und beeindruckende technische Entwicklungen kennzeichnen die internationale Forstmesse

Thomas Huber, Jan-Philipp Egner und Florian Zormaier

Nach der Rekord-Interforst 2006 und trotz Wirtschafts- und Finanzkrise haben die Verantwortlichen für die Interforst 2010 einenoch größere Ausstellerfläche als 2006 gebucht – und das mit Recht. Die Aussteller machten mit zahlreichen Neuigkeiten undWeiterentwicklungen auf sich aufmerksam und gingen auf die aktuellen Anforderungen zum Beispiel beim Bodenschutz und beider Energieholzernte ein.

Die Interforst 2010 hat mit neuen Rekordergebnissen deutlichgezeigt, dass der Optimismus in die Forstbranche zurückge-kehrt ist. An den fünf Messetagen kamen 50.000 Besucher aus80 Ländern auf das Münchener Messegelände, um sich bei 410Ausstellern auf einer Fläche von 25.000 Quadratmetern überNeuigkeiten und technische Entwicklungen zu informieren.Besonders großes Interesse weckte bei den Messebesucherndie Sonderschau »Großmaschinen im Wald« des Kuratoriumsfür Waldarbeit und Forsttechnik e.V. (KWF).

KWF Sonderschau »Großmaschinen im Wald«

Ein Schwerpunkt der Sonderschau des Kuratoriums für Wald-arbeit und Forsttechnik e.V. (KWF) war der Einsatz von Groß-maschinen bei der Holzernte. Anhand eines Spezialforwar-ders des Typs Ponsse Wisent demonstrierte der Lehrstuhl fürForstliche Arbeitswissenschaften und Angewandte Informa-tik der TU-München zusammen mit der Bayerischen Landes-anstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) sowie weiterenPartnern den Messebesuchern technische Möglichkeiten zurVerringerung des Bodendruckes während des Forstmaschi-neneinsatzes (Abbildung 1).

ProFor berechnet maximale ZuladungAuf einem Monitor, der zwei Analogwaagen zeigte, konntendie Messebesucher während des Beladungsvorganges die zu -nehmende Radlast verfolgen. Auf einem weiteren Bildschirmwurde das im Bordcomputer des Rückezuges eingebaute Pro-gramm ProFor vorgestellt. Anhand der Eingabe der Maschi-nendaten und der Verschneidung dieser Daten mit wichtigenStandortsparametern wie Bodenfeuchte, Bodenart und Hang-neigung wird die maximal mögliche Zuladung für einen be-stimmten Standort berechnet. Eine Kranwaage wiegt bei je-dem Beladungszyklus die aufgenommene Holzmenge. DerMaschinenführer kann jederzeit auf seinem Bildschirm sehen,wie viel schon geladen wurde und wann die maximal mögli-che Zuladung erreicht ist.

Reifeninnendruck als wichtige Einflussgröße Ein Druckbild, das von Druckmessplatten unter dem hinterenBogie auf einen weiteren Monitor übertragen wurde, zeigtedie sich ändernde Druckverteilung und den zunehmenden Bo-dendruck bei steigender Last. Eine eingebaute Reifendruckre-gelanlage senkte den Reifeninnendruck bei circa 70 Prozentder Ladekapazität innerhalb kurzer Zeit von vier auf zwei Bar.Die Beladung wurde währenddessen bis zur maximalen Lade-kapazität fortgesetzt. Trotz weiterer Zuladung signalisiertendie Sensormatten einen geringer werdenden Bodendruck alsFolge der steten Reduzierung des Reifeninnendruckes wäh-rend der Zuladung. Ebenso erhöhte sich die Aufstandsflächeder Reifen, damit verringerte sich der Kontaktflächendruck.Bei niedrigem Reifendruck und voll beladenem Rungenkorbwar also der Bodendruck geringer als unter dem noch leerenTragschlepper mit hohem Fülldruck der Reifen.

Abbildung 1:Mit großem Interesse verfolgten viele Messebesucherdie Vorführungen auf der KWF-Sonderschau »Großmaschinen imWald«.

Foto: J.-P. Egner

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BaySF stellt Konzept zum Schutz der Waldböden vorDie Bayerischen Staatsforsten (BaySF) stellten auf ihremStand ihr neues Konzept zum Schutz der Waldböden vor. Un-ter anderem wird darin eine Optimierung der Reifenfülldrü-cke der im Staatswald eingesetzten Maschinen angestrebt. DieInnendrücke der Reifen sollen beim Einsatz im Wald, mit ei-nem Sicherheitszuschlag versehen, auf die vom Hersteller vor-gegebene Mindestfülldrücke abgesenkt werden. Außerdem sol-len die Radlasten bei Forwardern und Schleppern mitKlemmbank beschränkt werden.

Innovationsmedaille BodenschutzEinige der forsttechnischen Innovationen, die auf der Inter-forst 2010 zu sehen waren, greifen ebenfalls den Gedankender bodenschonenden Holzernte auf. Beispielsweise wurde ei-ne Entwicklung der Firma Haas Maschinenbau GmbH & Co.KG mit der Innovationsmedaille des KWF im Bereich Boden-schutz prämiert. Der Direktantrieb für Rückezüge und Har-vester mit Gummielementband (Abbildung 2) ermöglicht einebodenschonende Befahrung von Wald und Straße ohne zu-sätzliche Umrüstzeiten. Die Prüfung des KWF ergab bis zu 30Prozent geringere Spurtiefen bei gleicher Beladung.

Weiterentwicklung von HarvesterlaufwerkenDie Weiterentwicklung der Fahrwerke von Raupenharvesternwar deutlich zu erkennen. Viele Aussteller zeigten Vollerntermit flexiblen Fahrwerken aus weichen Materialien. Die»Street-Rubber-Bänder« verursachen auf Grund ihres Materi-als weniger Wurzelverletzungen und können auf asphaltier-ten Straßen fahren.

Eine weitere interessante Neuentwicklung stellen die »Soft-Tracks« oder Gummikettenlaufwerke des italienischen Her-stellers Tidue dar. Sie werden über ein Pendelarmsystem aufdie Antriebsachse der Harvester montiert. Die Deltalaufwer-ke besitzen eine große Aufstandsfläche und verringern auf die-se Weise den Bodendruck. Einen weiteren Vorteil bietet diehöhere Traktion der Laufwerke im Vergleich zu Maschinenmit Radantrieb.

Rundholzmarkierung mit RFID

Die Partner des Projektes »Intelligentes Holz – RFID in derRundholzlogistik«, das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetriebund -automatisierung IFF, das Fraunhofer-Institut für Zuver-lässigkeit und Mikrointegration IZM sowie mehrere forstlichePartner zeigten auf der Sonderschau des KWF eine praktika-ble Lösung bei RFID (Radio Frequency Identification), die sichzum elektronischen Kennzeichnen von Rundholz eignet. DieAnforderungen an die RFID-Transponder sind hoch, sie dür-fen weder viel kosten noch bei der weiteren Verarbeitung desHolzes stören. Bisher bestanden die RFID-Transponder aus ei-nem Kunststoffträger, einem Mikrochip und einer Antenne.Auf der Messe wurde nun ein Transponder auf Holzbasis vor-gestellt. Mit Ausnahme der Antenne besteht das RFID-Etikettaus Papier und Lignin, ein harzartiges Nebenprodukt aus derPapierherstellung. Der Metallanteil des Transponders liegt

weit unter der Menge, die sonst an Verunreinigungen im undam Holz üblich ist. Um die Kosten gering zu halten, wird aufden Transpondern nur ein Zahlencode gespeichert. Ausgele-sen werden sie im Vorbeifahren. Bei der Anlieferung am Werkmuss der LKW samt Ladung ein »Reader-Gate« passieren, ei-nen torförmigen Drahtkorb mit einem elektromagnetischenFeld zum Datenaustausch. Damit wird die Holzladung nochauf dem Fahrzeug erfasst. Pro LKW-Ladung reichen zweiRFID-Transponder aus, um die Ladung eindeutig zu identifi-zieren, wenn sich nicht gerade auf dem LKW Holz verschie-dener Lieferanten befindet oder eine einzelstammweise Iden-tifizierung gewünscht ist.

Energieholz – ein großes Thema

Auf dem Freigelände der Interforst gewann man den Ein-druck, dass dieses Jahr noch mehr Maschinen und neue tech-nische Lösungen zu sehen waren, die der Ernte und Bereitstel-lung von Energieholz dienen.

Scheitholz und HackschnitzelZahlreiche Sägespaltautomaten in allen Größen zur rationel-len Erzeugung von Scheitholz waren zu bestaunen. Die Band-breite reichte von Geräten zur Herstellung von Anzündhöl-zern bis zu Anlagen, die 80 Zentimeter starke Stämme zuScheitholz zerlegen können. Mit einer anschließenden Sieb-Trommel kann man Feinmaterial abtrennen, um ein »saube-res«, möglichst homogenes Scheitholz (Abbildung 3) zu erhal-ten. Diese Zunahme der Aussteller und Maschinenvariantenläuft parallel zu der Zunahme des Scheitholzverbrauchs inDeutschland im letzten Jahrzehnt, trotz steigender Preise undunabhängig von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

Abbildung 2: Bodenschonende Holzernte war eines der Themender Interforst. Der Direktantrieb mit Gummielementband der Fa.Haas ist eine der mit der Innovationsmedaille des KWF ausgezeich-neten Neuentwicklungen.

Foto: H. Feist

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Viele bekannte Hacker- und Schredder-Hersteller (u.a. Brucks,Eschlböck, Jenz, Mus-Max, Komptech, Doppstadt, CBI-Europe) beteiligten sich an der Messe. Trommelhacker spielendabei die größte Rolle. Aber auch Scheiben- und Schnecken-hacker boten die Hersteller an. Ein neu präsentierter mobilerSchneckenhacker ist dafür konstruiert, gleichförmige Hack-schnitzel zu produzieren. Dank seiner zylindrischen Schne-cke lassen sich Hackschnitzel erzeugen, die sich besonders für Holzvergaseranlagen mit ihren hohen Anforderungen anForm, Größe und Homogenität der Hackschnitzel eignen. Inwieweit diese Qualität auch mit astigem Ausgangsmaterial zu erreichen ist, muss die Praxis zeigen. Das Schärfen derSchnecke ist im Vergleich zu Hackern mit konischen Schne-cken wenig aufwendig und mit einem Aufsatz in der Maschi-ne möglich.

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Viele Weiterentwicklungen speziell für SchwachholzIn erster Linie zur Energieholzernte gedachte Fäller-Bündler-Aggregate für verschiedene Trägerfahrzeuge (Harvester, Bag-ger, Forwarder, Schlepper) waren, verglichen zur letzten Inter-forst, in gestiegener Anzahl zu sehen. Die meisten Aggregateführen den Trennschnitt mit einem Messer. Vielversprechendfür die Ernte stammzahlreichen Schwachholzes sind neue Ag-gregate, die statt eines Messers oder eines Sägeschwertes übereine rotierende Scheibe (»Disk«) mit einem Sägekettenaufsatzoder einzelnen, aufgeschraubten Schneidezähnen verfügen.Diese Aggregate können in einem Arbeitsgang mehrere schwa-che Stämme ernten und müssen dabei nicht jeden Stamm ein-zeln umfassen. Zum Beispiel kann der Stockausschlag vonPappeln einer Kurzumtriebsplantage in einem Arbeitsgang ge-erntet werden, da die Scheibe auch die Stämme abschneidet,ohne dass die Sammel-Zangen den einzelnen Stamm fest um-fassen müssen. Neben den allein auf die Energieholzproduk-tion ausgelegten Aggregaten statten mehrere Anbieter Harves-terköpfe auf Wunsch mit Sammelarmen aus. Damit könnenbei einer (Erst-) Durchforstung Stamm- und Industrieholz aus-gehalten und zusätzlich für schwächere Bäume die Vorteilevon Sammelaggregaten genutzt werden.

Auch für die Ernte in Laubholzbeständen wurde ein spe-ziell angepasster Harvesterkopf gezeigt, dessen tiltbares Top-Messer die Krümmungen nachfahren kann. Außerdem ver-mag der extrem kurze Bau des Harvesterkopfes gekrümmteStämme schneller und mit besserer Entastungsqualität zuhandhaben. Gleichzeitig wurde der Steuerblock modifiziert,um den Energieaufwand zu reduzieren sowie Kosten und Um-welt zu entlasten.

Abbildung 4: Werden Äste, Schwach- und Kronenholz nicht an derWaldstraße gehackt, könnte ein solcher Biomassetransporter (Pro-totyp) mit seiner Presskraft von 100 t das Material bis zu 50 Prozentverdichten und zu einer zentralen Hackeinrichtung transportieren.

Foto: F. Zormaier

Abbildung 3: Manche Sägespaltautomaten können bis zu 80 Zenti-meter starke Stämme zu Scheitholz zerlegen. Eine Sieb-Trommelsorgt anschließend für »sauberes« und staubfreies Scheitholz.

Foto: T. Huber

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Die LWF auf der Interforst

Auf der Sonderschau des Kuratoriums für Forsttechnik(KWF) präsentierte die Bayerische Landesanstalt für Waldund Forstwirtschaft (LWF) in Kooperation mit dem Lehrstuhlfür Forstliche Arbeitswissenschaft und Angewandte Informa-tik der TU München, dem Technologie- und Förderzentrum(TFZ), dem Bayerischen Amt für forstliche Saat- und Pflan-zenzucht (ASP) sowie weiteren Partnern die Themen »Bereit-stellung von Waldhackschnitzeln mit Hilfe von Mehrfachfäll-köpfen«, »Energie aus Plantagen«, »Bereitstellung undVermarktung von qualitativ hochwertigem Scheitholz» sowie»bodenschonende Holzernte«. Insbesondere die Vorführun-gen zur Funktionsweise von Mehrfachfällkopf-Aggregaten, dieModelle zum Zusammenhang von Wassergehalt und Fein-staubemissionen bei der Verbrennung von Scheitholz, die Be-ratung zur Begründung und Ernte von Kurzumtriebskulturensowie die Vorführungen zum Bodendruck eines Forwarderseinschließlich des Wurftests zur Bodentragfähigkeit fandengroßes Interesse bei den Messebesuchern.

Insgesamt sind die vielen Neuentwicklungen für die Forst-wirtschaft sehr erfreulich, da die neue Technik wald- und um-weltschonenderes Arbeiten sowie rentable Eingriffe auch imschwächeren Holz ermöglicht. Gleichzeitig haben sich dieForstunternehmer und Maschinenhersteller zusätzliche Ar-beitsfelder in wirtschaftlich schwierigen Zeiten erschlossen.

Thomas Huber leitet das Sachgebiet »Holz und Logistik« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft. [email protected]

Dr. Florian Zormaier ist Mitarbeiter im Sachgebiet »Holz und Logistik«.Jan-Philipp Egner ist Mitarbeiter im Sachgebiet »Betriebswirtschaftund Forsttechnik«.

Ein Fahrzeug zur Komprimierung zu hackenden Materials(z. B. Äste, Schwachholz, Strauch- und Kronenholz) sowie fürseinen Transport über größere Strecken wurde vorgestellt. DerAufbau auf einen LKW verdichtet das Material um etwa 50Prozent. Das Fahrzeug ähnelt optisch einem Müllfahrzeugund arbeitet auch nach vergleichbarem Prinzip (Abbildung 4).Jedoch wird das Restholz mit Hilfe eines Aufbaukrans durcheine Dachlucke in der Nähe des Fahrerhauses in den robus-ten Container geführt und in Richtung des Fahrzeugendes ver-dichtet. Mit einer Säge am Greifer können zu lange Stücke ge-kürzt werden. Das Fahrzeug entlädt die Biomasse über diegewölbte Heckklappe. Die Straßenverkehrstauglichkeit desRestholztransports ist neben der Reduktion des Volumens einweiterer Vorteil dieses Prototyps. Ein entsprechendes Fahr-zeug wird sich dann auf dem Markt durchsetzen, wenn die zu-sätzlichen Kosten auf Grund der besseren Vorkonzentrierungbei einer zentralen Hackung eingespart werden und mehr Fle-xibilität in der Logistik die Versorgungssicherheit einesHeiz(Kraft)werks mit Brennstoff verbessert.

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Alexander Eberhardinger (LWF) erläutert auf dem HolzenergiestandMessebesuchern die Funktionsweise eines Fäller-Bündler-Aggre -gates.

Foto: F. Zormaier

Zukunft Holz

In dem Forschungsprojekt »Zukunft Holz« befasste sich das In-stitut für Holzbau der Hochschule Biberach mit den Zukunftsper-spektiven von Holz und Holzbau. Neben dem 1.500 Seiten star-ken Abschlussbericht ist auch ein Kurzbericht erschienen.

Der Kurzbericht enthält die Hintergründe für das Forschungs-vorhaben und die Vorgehensweise bei der Bearbeitung. DerSchwerpunkt liegt auf 15 Zukunftsthemen, denen 187 Einzelthe-men zugeordnet sind. Die Inhalte werden anhand einiger Bei-spiele beleuchtet. Der Abschlussbericht fasst die Ergebnisse zahl-reicher Expertenbefragungen aus Deutschland, Österreich undder Schweiz zusammen. Er gliedert sich in folgende 15 Kapitel,in denen neben Leuchtturmprojekten unter anderem folgendeThemen behandelt werden: Markterschließung, Ökonomie,Holzbaubranche, Nachhaltigkeit, Ökologie, Forst, SägeindustrieProduktion, Qualitätssicherung, Holzwerkstoffe, BauphysikHolzschutz, Holzbauweisen, Gebäudekonzepte. red

Berichte auf CD:Hochschule BiberachPostfach 126088382 BiberachBerichte im Internet:www.hochschule-biberach.de/sections/forschung/ifh/wettbe-werb-zukunft-holz/projektinfo

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Weniger und dennoch genauerNeues Monitoringverfahren für die Fichtengespinstblattwespe

Hannes Lemme und Ralf Petercord

Nach Jahren ohne Frassschäden wurde 2006 und 2009 wieder Frass der Fichtengespinstblattwespe festgestellt. Sehr starker Frasswar auf wenige Bestände im Bayerischen Wald beschränkt. Da die Bestände in den bekannten Schadgebieten nicht mehr wie inden 1980er Jahren überwacht werden können, wurde ein neues, kostengünstiges Monitoringverfahren entwickelt.

Zur Überwachung wurde bisher in jedem Jahr im Spätherbstim Kronentrauf der Fichten nach den Ruhelarven im Bodenin den bekannten Schadgebieten gegraben (Winterbodensu-che). Dabei wurden je Suchbestand unter drei bis fünf Fich-ten mit einer Grabungsfläche von 0,25 Quadratmetern jeBaum nach Nymphen gesucht. Die Nymphen wurden an dieLWF gesendet und der Anteil Pronymphen bestimmt. Bei gu-ter Benadelung werden Dichten ab 100 Pronymphen/qm alskritisch angesehen.

Kleine Suchflächen mit großer Wirkung

Um die Genauigkeit dieser Winterbodensuche abzuschätzen,wurden in mehreren Altfichtenbeständen der bayerischenSchadgebiete unter 50 Fichten die Bodenstreu mit einer Gra-bungsfläche von 0,1 m2 spatentief nach Nymphen durchsucht.Zusätzlich konnten wir Daten der Thüringer Landesanstaltfür Wald, Jagd und Fischerei aus zwei Beständen auswerten(2 Bestände mit je 4 Grabungen á 0,1 qm an 50 Fichten). DieThüringer Daten zeigen, dass die Dichtevariabilität der Nym-phen im Boden unter einer Fichte vor allem von Baum zuBaum, weniger in der Kronenprojektion eines Baumes vari-iert. Daher ist es sinnvoll, mehr Bäume mit einer kleinen Gra-bungsfläche als wenige Bäume mit einer großen Grabungsflä-che zu beproben. Deshalb reduzieren wir die Suchfläche jeBaum auf 0,1 m2. Abbildung 2 zeigt exemplarisch die Variabi-lität der einzelnen Dichtewerte. Der überwiegende Teil derBäume wies Dichten zwischen 0 und 60 Pronymphen/m2 auf.Bei drei Bäumen wurden aber auch über 190 Pronymphen/m2

gefunden.

In den 1980er und 1990er Jahren gehörte die Fichtengespinst-blattwespe (Cephalcia abietes) zu den Forstschadinsekten, diedie Waldschützer der damaligen Forstlichen Versuchs- undForschungsanstalt in Atem gehalten hatten. In einem dreijäh-rigen Rhythmus wurden in den höheren Lagen der ostbayeri-schen Mittelgebirge Fichtenbestände regional wechselnd, zumTeil stark entnadelt. Die Schadgebiete lagen im Frankenwald,Fichtelgebirge, Oberpfälzer Wald und Bayerischen Wald. Mitden sehr geringen Dichten seit Mitte der 1990er Jahre wurdeder Überwachungsaufwand schrittweise reduziert. Im Som-mer 2006 und vor allem 2009 wiesen stark entnadelte Fichtenin einigen Revieren im Bayerischen Wald auf ein massives Auftreten dieser Blattwespe hin.

Mit dem Klimawandel wird die Überwachung von Schador-ganismen schwieriger. Einige bekannte Schadinsekten werdenverschwinden, neue Arten hinzukommen. Daher ist es erforder-lich, bestehende Verfahren weiterzuentwickeln. Ziel ist, dieFichtengespinstblattwesepe bei gleichbleibender Qualität mitgeringerem Aufwand zu überwachen. Der erneute Anstieg ver -anlasste die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirt-schaft (LWF), die Überwachung dieser Art neu zu konzipieren.

Lebenszyklus und Überwachung der Blattwespe

Die Fichtengespinstblattwespe frisst ausschließlich an Fichte.Die Larven fressen im Sommer bevorzugt ältere Nadeljahrgän-ge. Der Lebenszyklus der Blattwespe ist mehrjährig. In denbayerischen Mittelgebirgen liegen die Ruhelarven (=Nymphen)in der Regel drei Winter im Boden, bevor sie nach kurzer Pup-penruhe im Frühjahr als Imagines erscheinen (Abbildung 1).

Lebenszyklus der Gespinstblattwespe

1

1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr 4. Jahr

2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Jahr

Monat

Ei

Larve

Eonymphe

Pronymphe

Puppe

Blattwespe

Abbildung 1: Lebenszyklus derFichtengespinst-blattwespe bei einer dreijährigenEntwicklung

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ben Suchbeständen gegraben. Das Ziel dieser Suche ist nichtdie Prognose für diesen Bestand. Wir wollen damit lediglich er-fahren: Bleibt die Blattwespe in ihrem dreijährigen Rhythmus?Wie hoch war die Sterblichkeit während der Überwinterung?

Auch das Verfahren der Grabung in einem Suchbestandwurde geändert. Werden bei den ersten vier Grabungen á0,1 m2 in einem Suchbestand weniger als 14 Nymphen gefun-den, lässt sich eine Dichte im Bestand von 75 Pronymphen/m2

weitestgehend ausschließen. Die Grabung in diesem Bestandkann abgebrochen werden. Wird dieser Wert überschritten,folgen noch zwei weitere Grabungen. Mit einer weiteren Er-höhung der Anzahl von Grabungen steigt die Genauigkeit derDichtebestimmung nur noch in sehr kleinen Schritten. Wirhaben daher die Anzahl von Grabungen auf sechs je Suchbe-stand begrenzt.

Das abgestufte Verfahren reduziert im Vergleich zum al-ten Verfahren die Gesamtsuchfläche je Bestand von 0,75 m2

auf 0,4 bzw. 0,6 m2. Mit sechs Grabungen je Suchbestand beihöheren Dichten wird jedoch die Genauigkeit der Dichtean-gabe deutlich verbessert.

Die Eonymphendichten vom letzten Herbst sind in einzel-nen Beständen so hoch, dass ein Überschreiten der kritischenDichte im Herbst 2011 nicht ausgeschlossen werden kann. ImSommer 2012 wird sich zeigen, ob mit diesem neuen Ansatz,der den Aufwand für die Forstbetriebe deutlich reduziert, aberauch mehr Eigenverantwortlichkeit verlangt, alle Bestände miteinem bestandsbedrohendem Fraß erkannt werden. Eine ers-te Evaluierung dieses Verfahrens wird dann möglich sein.

Zusammenfassung

Das neue Monitoring zur Fichtengespinstblattwespe in Bay-ern verfolgt einen zweigleisigen Ansatz. Die Forstbetriebe bzw.die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten führendie Winterbodensuche nur in Beständen mit sichtbaren Fraß-schäden durch. Den zweiten Teil des Verfahrens übernimmtdie Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft.Jährlich werden in wenigen Fichtenbeständen Grabungendurchgeführt. Für eine Prognose werden die Informationenbeider Verfahren zusammengeführt.

Im neuen Verfahren wird die Anzahl der Bäume mit Gra-bungen je Suchbestand von drei auf vier bzw. sechs erhöht.Die Größe der Grabungsflächen je Baum wird von 0,25 auf0,1 m² reduziert.

Mit dem zweigleisigen Ansatz sowie der Änderung des Ver-fahrens im Suchbestand wird der Aufwand bei einer gleich-bleibenden Qualität der Überwachung minimiert.

Dr. Hannes Lemme bearbeitet im Sachgebiet »Waldschutz« derBayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft das ProjektKLIP 1. Dr. Ralf Petercord leitet das Sachgebiet Waldschutz der [email protected], [email protected]

Für die Überlassung von Daten danken wir Dr. Ulf Baier von derThüringer Landesanstalt für Wald, Jagd und Fischerei.

Mit diesen Daten wurde die Verteilung der Dichtewerte be-rechnet, die ein Revierförster liefern würde, wenn er an drei,vier oder sechs Bäumen in diesen Beständen graben würde.Würde er beispielsweise im erwähnten Bestand mit einer mitt-leren Dichte von 63 Pronymphen/m2 vier Grabungen durch-führen, lägen 80 Prozent der Dichtewerte zwischen 32 und100 Pronymphen/m2. Mit einer Wahrscheinlichkeit von zehnProzent würde in diesem Bestand aber auch eine Dichte ober-halb von 100 Pronymphen/m2 vorliegen. Mit den Ergebnissender Simulationen können wir jetzt die Genauigkeit der ermit-telten Dichte einschätzen und ein abgestuftes Verfahren vor-schlagen.

Das neue Überwachungsverfahren

Nach Absprache mit den Bayerischen Staatsforsten (BaySF)haben wir ein neues Überwachungsverfahren eingeführt.Überwacht wird jetzt zweigleisig: Die Forstbetriebe graben inAbhängigkeit vom Fraßgeschehen, Mitarbeiter der LWF su-chen jährlich in wenigen festen Beständen.

Die Forstbetriebe beschränken die Winterbodensuche aufBestände mit sichtbaren Fraßschäden im Jahr des Fraßes. DieBestände, die bei dieser Suche eine sehr hohe Eonymphen-dichte aufweisen, werden zwei Jahre später im Herbst erneutuntersucht. Überwacht wird somit flexibel in Abhängigkeitvom Fraßgeschehen der Blattwespe. Mit diesem flexiblen Ver-fahren wird mehr Verantwortung in die Hände der Revierförs-ter gelegt. Sie müssen den Fraß im Sommer beobachten unddann selbstständig die Suchbestände in den Fraßschwerpunk-ten festlegen. Intensive Winter bodensuchen werden auf Be-stände mit Fraßschäden wie im Herbst 2009 und auf Jahre mitmöglicherweise sehr hohen Pronymphendichten wie imHerbst 2011 fokussiert.

Für die überregionale Überwachung der Gespinstblattwes-pe führen Mitarbeiter des Sachgebiets Waldschutz im Herbstin bekannten Fraßgebieten an wenigen, festen Suchbeständeneine jährliche Winterbodensuche durch. Dabei wird in densel-

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Räumliche Verteilung

50 m

Innere Reuter

50 m

0 bis 10

11–20

21–40

41–80

81–160

161–320

ohne Grabung

Dichte [N/qm]

Abbildung 2: Räumliche Verteilung der Fichten mit Pro -nymphendichte Bestand Innere Reuter, Bayerischer Wald, April 2009

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Weltenbummler und Luftakrobat Nur wenige Vögel sind so perfekt an den Lebensraum Luft angepasst wie der Mauersegler

Christine Franz

Ein Mauersegler-Sommer ist sehr kurz. Nur etwa drei Monate sind die waghalsigen Flugspiele des schiefergrauenLuftakrobaten über den Dächern der Dörfer und Städte zu beobachten und seine schrillen »Srih-srih-Rufe« hoch am Himmel zuhören. Bereits Ende Juli verläßt der Mauersegler – erst vor kurzem bei uns angekommen – seine mitteleuropäischenSommerquartiere wieder in Richtung Süden, nach Afrika. Aber nicht nur sein kurzer Aufenthalt bei uns ist bemerkenswert. Der»fußlose Fußlose« ist auch Hungerkünstler und rasender Weitflieger.

jagen, ihre Beute im Kropf sammeln und erst nach Tagen wie-der zurück zum Brutplatz kommen, um ihren Nachwuchs zufüttern.

90 Tage Zeit, um Junge aufzuziehen

Mauersegler sind Höhlenbrüter. Spalten und Hohlräume un-ter Dächern und an Hauswänden, sehr selten auch Baumhöh-len, sind potentielle Nistplätze. Die Vögel sind äußerst brut-platztreu und besetzen gleich nach der Ankunft aus denÜberwinterungsgebieten ihre Vorjahres-Höhlen wieder. Dasaufwändige Brutgeschäft spielt sich in nur 90 Tagen ab. Da-her darf nicht viel Zeit mit der Suche eines geeigneten Nist-platzes verschwendet werden. Falls also andere Vogelarten wieSperlinge oder Stare die vormaligen Bruthöhlen besetzt ha-ben, werden sie mit äußerster Aggressivität aus den Höhlenvertrieben.

Innerhalb von knapp zwei Wochen baut dann das Mauer-seglerpaar ein recht spartanisches Nest. Halme, Blätter undFedern werden ausschließlich in der Luft gesammelt, mit Spei-chel zusammengeklebt und zu einer Nestmulde geformt.

Letzte Rettung Hungerschlaf

Größter Feind des Mauerseglers sind lang andauerndeSchlechtwetterperioden mit Insektenknappheit im Luftraum.Altvögel reagieren bei solchen Wetterlagen mit Ausweichflü-gen von bis zu 2.000 Kilometern und verlassen ihr Nest fürmehrere Tage. Die Jungvögel überstehen diese Zeit des nass-kalten Wetters und Nahrungsmangels, indem sie in eine ArtHungerschlaf, wissenschaftlich »Torpor« genannt, fallen. Da-bei sinkt die Körpertemperatur von normalerweise 40 Gradauf etwas mehr als die Umgebungstemperatur. Herzschlag undAtemfrequenz werden stark herabgesetzt, um den Verbrauchvon Reservestoffen auf ein Minimum zu reduzieren. ÄltereNestlinge können auf diese Weise bis zu zwei Wochen über -leben.

Wenn der Mauersegler Anfang Mai aus seinem Winterquar-tier südlich der Sahara zu uns kommt, hat er bereits Distan-zen von mehreren tausend Kilometern zurückgelegt. Auch inseinem Überwinterungsgebiet verbringt er nur etwa dreiein-halb Monate. Die übrige Zeit befindet er sich auf dem Zug zwi-schen den Kontinenten.

Ein Leben in der Luft

Mauersegler verbringen fast ihr ganzes Leben in der Luft. Nah-rung suchen, trinken, schlafen, das Gefieder pflegen, sich paa-ren – das alles gelingt dem Mauersegler im Flug. Lediglich zurBrut und Jungenaufzucht wird »Bodenkontakt« aufgenom-men. Als Anpassung an das Leben in der Luft besitzen Mau-ersegler lange, sichelförmige Schwingen und sehr kurze Füße,so kurz, dass man lange glaubte, sie besäßen gar keine. Damiterklärt sich auch der wissenschaftliche Name der Art, Apusapus, das so viel wie der »fußlose Fußlose« bedeutet. Zwar eig-nen sich die Füße in der Tat zum Gehen und Starten von ei-ner ebenen Fläche nur unzureichend, aber sie lassen sich ef-fektiv einsetzen zum Festklammern an senkrechten Wändenund als scharfkrallige Waffe beim Kampf um einen Brutplatz.

Lebenselixier »Luftplankton«

Mauersegler fressen ausschließlich in der Luft schwebende In-sekten und Spinnen. Mit dem weit geöffneten Schnabel wirdalles Erreichbare aus der Luft gekeschert. Runde um Rundejagen die Vögel in kleinen Gruppen durch Straßen und Hin-terhöfe – bis der Kehlsack mit Blattläusen, Schwebfliegen undMücken gefüllt ist.

Gejagt wird je nach Wetterlage und Insektenangebot inwechselnden Gebieten und Höhenlagen. Mauersegler wurdenschon bis in Höhen von 3.000 Metern bei der Jagd auf Insek-ten beobachtet. Bei Schlechtwetterperioden im Brutgebiet le-gen Mauersegler unter Umständen auch sehr weite Streckenfür die Nahrungssuche zurück. »Unterfränkische« Mauer -segler können durchaus über dem Ammersee nach Insekten

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Hilfe für den Mauersegler

Mauersegler sind in ihrer Existenz gegenwärtig nicht bedroht.Dennoch fanden Forscher heraus, dass ihre Bestände außer-gewöhnlich schnell zusammenbrechen können. Altbausanie-rungen in verschiedenen Stadtvierteln Hamburgs und Berlinsführten zu einem Rückgang der Mauersegler bis zu 100 Pro-zent. Solchen Entwicklungen könnte man leicht entgegen -wirken, indem man den menschlichen Ordnungssinn über-windet, Nischen und Höhlen im Mauerwerk toleriert oderkünstliche Nisthilfen anbringt. Auch eine naturnahe Garten-gestaltung kommt dem Mauersegler und vielen anderen hei-mischen Gartenvögeln zugute. Im Gegensatz zu einem eng -lischen Rasen oder einer Thujenhecke bieten heimischeSträucher und Blumen vielen Insekten Nahrung. Ein Verzichtauf Insektizide trägt dazu bei, dass der Tisch für die insekten-fressende Vogelwelt reich gedeckt ist.

Es liegt also in unserer Hand, ob der Weltenbürger Mau-ersegler weiterhin ein Viertel seines Lebens bei uns verbringtund wir uns auch in Zukunft an seinen atemberaubendenFlugspielen am Sommerhimmel erfreuen dürfen.

Weiterführende Literatur

Bezzel, E. (1996): Vögel – BLV Handbuch. BLV Verlag, München, Wien,Zürich

Glutz von Blotzheim, U.; Bauer, K. M. (1994): Handbuch der Vögel Mit-teleuropas. Band 9, Wiesbaden

Günther, E.; Hellmann, M. (1995): Die Entwicklung von Höhlen derBuntspechte Picoides in naturnahen Laubwäldern des östlichen Harzes(Sachsen-Anhalt): Ergebnisse mehr als zehnjähriger Untersuchungen zurNutzung natürlicher Baumhöhlen. Ornithol. Jber.Mus.Heineanum 13,S. 252–257

LBV-Broschüre (2002): Der Mauersegler. Warlich Druck, Meckenheim

Nicolai, B. (2003): In der Luft zu Hause – der Mauersegler. Der Falke,Taschenkalender für Vogelbeobachter. AULA-Verlag, Wiebelsheim

Zahner, V.; Loy, H. (2000): Baumbrütende Mauersegler (Apus apus) undEichenwirtschaft im Spessart. Ornithologischer Anzeiger 39, S. 187–196

Christine Franz ist Mitarbeiterin im Sachgebiet »Naturschutz« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft. [email protected]

Zunehmende Wohnungsnot

Mauersegler waren ursprünglich Fels- und Baumbrüter. Mitt-lerweile sind sie zu 99 Prozent Bewohner menschlicher Sied-lungen. Wie viele andere gebäudebrütende Vogelarten leidensie jedoch zunehmend unter Wohnungsnot. Alte Häuser wer-den übergründlich saniert und neue gleich hermetisch abge-riegelt. Deshalb werden die Nistmöglichkeiten für den Kolo-niebrüter immer knapper.

Ausgesprochen selten brüten Mauersegler in Baumhöhlen.In ganz Bayern ist nur eine einzige »Waldkolonie« bekannt.Sie befindet sich im Spessart in einem über 350-jährigen Ei-chenbestand. Hauptgrund für das Vorkommen dort ist derReichtum an alten Spechthöhlen, deren Innenraum über Jahr-zehnte hinweg zu einer »mauerseglertauglichen« Größe aus-faulen konnte.

Um herauszufinden, ob sich baumbrütende Mauerseglergenetisch von Gebäudebrütern unterscheiden, führte die Baye-rische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft in Zusam-menarbeit mit dem Fachbereich Forstgenetik der TechnischenUniversität München gentische Analysen an dieser Mauerseg-lerpopulation durch. Dabei zeigte sich, dass das Erbgut nahe-zu identisch ist. Die unterschiedliche Brutplatzeinnischung istwahrscheinlich auf eine Prägung im Jungvogelalter zurückzu-führen.

Abbildung 1: Der ursprünglich in Felsnischen und Baumhöhlen brütende Mauersegler sucht sich seine Nistplätze heute meist inSiedlungen.

Foto: R. Groß

Weitere Informationen zum MauerseglerWissenswertes zum Mauersegler, von der Identifikation überdie Biologie und Interaktion mit dem Menschen bis hin zumAnbringen von Nisthilfen, dem Umgang mit Fundvögeln undder Mauerseglerklinik finden Sie bei: Deutsche Gesellschaft für Mauersegler e.V.Sandäckerstraße 43, 65933 Frankfurt am MainInternet: www. mauersegler.com

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LWF aktuell 78/201058

KURZ UND BÜNDIG

NachrichtenNachrichten

Nachrichten Nachrichten

Nachrichten

Neue Labors für »Nachwachsende Rohstoffe«

Der Spatenstich für das neue Laborgebäude der Fraunhofer-Projektgruppe BioCat am Wissenschaftszentrum Straubing be-deutet einen zusätzlichen Schub für bayerische Technologie-führerschaft bei Nachwachsenden Rohstoffen. Dem Kompe -tenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe in Straubingkommt hier eine Schlüsselrolle zu. Das Kompetenzzentrumals europaweit einzigartige Einrichtung erhält jetzt mit demneuen Laborgebäude der Fraunhofer-Projektgruppe ein wei-teres »Aushängeschild«. Mit der Fraunhofer-ProjektgruppeBioCat »Katalytische Verfahren für eine nachhaltige Rohstoff-und Energieversorgung auf der Basis nachwachsender Roh-stoffe« in Straubing leistet die Fraunhofer-Gesellschaft in Zu-sammenarbeit mit der TU München einen wichtigen Beitragzur Beschleunigung des Rohstoffwandels in der Industrie. DieProjektgruppe ist Teil des Wissenschaftszentrums Straubingam Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe. Fürden Aufbau der Projektgruppe stellt der Freistaat Bayern ins-gesamt fünf Millionen Euro bereit. Der Neubau des Laborge-bäudes wird mit zusätzlichen 1,65 Millionen Euro gefördert.

red

40 Jahre Nationalpark Bayerischer Wald

Der Nationalpark Bayerischer Wald, feiert in diesem Jahr sei-nen 40. Geburtstag mit einem attraktiven Veranstaltungspro-gramm, das bis in den Oktober reicht. Den Sommer über ha-ben Besucher Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen zuwerfen und den Nationalpark Bayerischer Wald aus völlig neu-en Perspektiven zu erleben.

Die Fülle der Veranstaltungen reicht von der Ausstellung »Un-sere Nationalparks – Grüne Brücken Europas« über ein Er-zählcafé mit Nationalparkmitarbeitern der ersten Stunde bishin zum Familienwochenende im »Wildniscamp" oder derWanderveranstaltung »24 Stunden von Bayern«. Außerdemgibt es das Open Air Konzert »wild im camp«, einen Sommer-nachtsball im »Haus zur Wildnis«, das NaturVision Filmfesti-val, ein deutsch-tschechisches Grenztreffen und vieles, vielesmehr. red

Tschernobyl kostet noch immer

Mehr als 20 Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Tscher-noyl kommt die Bundesregierung noch immer für die damalsverursachten Umweltschäden auf. Insgesamt belaufen sich dieEntschädigungsleistungen des Bundes für Schäden in Folgedes Reaktorunfalls von Tschernobyl auf circa 238 MillionenEuro. Allein für übermäßig strahlenbelastetes Wildbret zahl-te der Bund im vergangenen Jahr an Jäger und Jagdscheinin-haber 424.650 Euro. 2008 lagen diese Zahlungen noch bei380.000 Euro; 2007 bei 104.000 Euro. Im ersten Halbjahr 2010zahlte der Bund bereits 130.000 Euro an Entschädigunsleis-tungen für kontaminiertes Wildschweinfleisch. Zum Ver-gleich: 1998 lagen die Zahlungen noch bei 10.000 DM.

Die Zahl der aus den Ländern gemeldeten Wildproben,deren radioaktiver Cäsiumgehalt über dem erlaubten Grenz-wert liegt, sind in den vergangenen Jahren stetig angestiegen.In Deutschland ist es nicht erlaubt, Lebensmittel mit einemRadiocäsiumgehalt von mehr als 600 Becquerel pro Kilo-gramm in den Handel zu bringen. Die Belastung sei vor allemnoch in Süddeutschland stark, erklärte das Bundesumwelt -ministerium. red

NachrichtenNachrichten

Foto: Straubinger Tagblatt

Foto: C. Przygoda, pixelio

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Impressum

LWF aktuell – Magazin der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft und Mitgliederzeitschrift des Zentrums Wald-Forst-Holz WeihenstephanLWF aktuell erscheint sechsmal jährlich zuzüglich Sonderausgaben. Erscheinungsdatum der vorliegenden Ausgabe: 17. September 2010Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder.

Herausgeber:Olaf Schmidt für die Bayerische Landesanstalt für Wald und ForstwirtschaftProf. Dr. Anton Fischer für das Zentrum Wald-Forst-Holz WeihenstephanHans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1, 85354 Freising Telefon: 0 8161|71-4881, Telefax: 0 81 61|71-4971 www.lwf.bayern.de, www.forstzentrum.de [email protected]: Michael Mößnang V.i.S.d.P. Redaktion: Dr. Alexandra Wauer, Florian Mergler (Waldforschung aktuell)Gestaltung: Christine Hopf

Druck: Kastner AG, Wolnzach Auflage: 2.500 StückPapier: aus nachhaltiger ForstwirtschaftBezugspreis: Einzelpreis: EUR 5,– zzgl. Versandfür Mitglieder des Zentrums Wald-Forst-Holz Weihenstephan e.V. kostenlos (Mitgliedsbeitrag EUR 25,–/Studenten EUR 10,–) ISSN 1435-4098

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, erwünscht, aber nur nach Rücksprache mit dem Herausgeber (schriftliche Genehmigung). Wir bitten um Quellenangabe und Überlassung von Beleg exemplaren.

Nächste Ausgabe: Wildtiermanagement

Manche Wildtiere kommen mit einem vergleichsweise ge-ringen Platzbedarf von wenigen Hektaren aus, andere hin-gegen beanspruchen mehrere tausend Hektar. Die einensind für uns Förster »alte Hasen«, von denen wir glauben,schon alles zu wissen, wie zum Beispiel das einheimischeReh, und dennoch gibt es darüber Erstaunliches und Neu-es zu berichten. Andere Arten werfen noch viele Fragen auf.

Vor allem Tiere mit einem großen Raumbedarf wie Rot-wild oder Luchs leiden unter der Zerschneidung ihrer Le-bensräume. Aber auch Großtierarten wie Wolf, Bär oderElch, die hin und wieder ihre angestammten Heimatgebie-te verlassen und weite Entfernungen zurücklegen, sind aufdiesen Wanderungen gefährdet. Grünbrücken ermöglichenden Wildtieren, Straßen gefahrlos zu überqueren. Grünbrü-cken sind daher ein wertvolles Hilfsmittel, die Zerschnei-dung der Landschaft zu überwinden und leisten einen wich-tigen Beitrag für die Erhaltung und Verbesserung desBiotopverbundes und der biologischen Vielfalt. red

Dr.Peter Mayer wird neuer Leiter des BFW

Dr. Peter Mayer übernimmt zum 1. August 2010 die Leitungdes Bundesforschungs- und Ausbildungszentrums für Wald,Naturgefahren und Landschaft (BFW). Er ist derzeit noch Di-rektor der IUFRO, dem Internationalen Verband forstlicherForschungsanstalten.

Mayer (42) hat Forstwirtschaft an der Universität für Bo-denkultur in Wien und anschließend Politikwissenschaft amInstitut für Höhere Studien (IHS) studiert.

Als Ziel für das BFW sieht Mayer den Ausbau der Stärkendes BFW in Forschung, Monitoring, Dienstleistungen undWissensvermittlung. Dazu soll das BFW eine wichtige Rollean der Schnittstelle der Forschung mit nationaler und inter-nationaler Wald- und Umweltpolitik einnehmen. Peter Mayerfolgt in der Leiterposition Dr. Harald Mauser nach, der dieseFunktion von 2005 bis 2010 innehatte. red

7. Bayerischer Waldbesitzertag

Am Mittwoch, 29. September 2010, findet in Freising-Weihen-stephan der 7. Bayerische Waldbesitzertag statt. Er steht un-ter dem Motto: Leben mit Forstwirtschaft – Forstwirtschaftschafft Leben. Eine bewusste und naturnahe Wirtschaft kannviel für den Erhalt von Arten und Lebensräumen im Wald tun.Im und vom Wald leben aber nicht nur Tiere und Pflanzen.700.000 Waldbesitzer beziehen Arbeit und Einkommen ausdem Wald, die gesamte Forst- und Holzwirtschaft sichert nochviel mehr Existenzen. Darauf will der Bayerische Waldbesit-zertag einen tieferen Blick werfen – eine Forstwirtschaft, dieMenschen, Tieren und Pflanzen gerecht wird. Treibende Kraftist das Holz. In ihm nehmen die Funktionen des Waldes – Roh-stoffquelle, Arbeitsplatz, Lebensraum, Klima- und Umwelt-schutz – Gestalt an. Die Veranstaltung richtet sich an Wald-besitzer, Vorsitzende und Geschäftsführer forstlicher Zusam-menschlüsse und forstliche Berater. Sie findet in diesem Jahrausnahmsweise im »Löwentorgebäude« am WeihenstephanerBerg statt. Beachten Sie bitte die Ausschilderung und die An-fahrtsbeschreibung im Programm. red

KURZ UND BÜNDIG

Foto: IUFRO

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Vom »Laubscharren der Landmänner«

Seit dem 18. Jahrhundert scharrten die »Landmänner« in

den Wäldern Laub, Nadeln und Moose vom Waldboden

zusammen. Grund war ein Wandel in der Landwirtschaft: Man ist von der Weide-

viehhaltung zur Stallhaltung übergegangen. Im Stall wurde die Streu aus dem Wald

benötigt, die später mit dem Mist wieder als Dünger im Ackerbau eingesetzt wurde.

Gut für den Feldertrag, schlecht für den Wald! Mit der Streu wurden dem Wald wert-

volle Nährstoffe entzogen, Humusbildung und Bodenfruchtbarkeit gingen zurück.

So konnten sich die Laubbäume schlechter verjüngen und Kiefern und Fichten bil-

deten die nächste Waldgeneration. Diese förderten die Bodendegradation zusätzlich

– ein Teufelskreis, der noch heute erkennbar ist. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg

stellte man das Streurechen endgültig ein. Das »Laubscharren« gibt ein beredtes Zeug-

nis, wie eng damals Landwirtschaft und Wald zusammenhingen.

Erlesenes aus alten Quellen

Ausgezeichnet

Foto

: B. R

ücke

rt


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