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Architektur in Hamburg Der große Architekturführer Über 1000 Bauten in Einzeldarstellungen Ralf Lange
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Architektur in HamburgDer große ArchitekturführerÜber 1000 Bauten in Einzeldarstellungen

Ralf Lange

001-009 Einleitung Neu 28.02.2011 16:29 Uhr Seite 1

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Inhalt

10 A Hamburg-Altstadt

42 B Neustadt

74 C St. Pauli, Sternschanze, Altona und Eimsbüttel

106 D Rotherbaum, Harvestehude, Eppendorf und Hoheluft

138 E Der Osten von St. Georg bis Eilbek und Veddel

164 F Uhlenhorst, Winterhude und Barmbek

194 G Der Osten von Horn bis Steilshoop, Rahlstedt und Billstedt

212 H Walddörfer, Alstertal und Ahrensburg

228 I Der Norden von Alsterdorf bis Norderstedt und der Nordwesten von Lokstedt bis Quickborn

248 J Ottensen, Othmarschen, Groß Flottbek und Bahrenfeld

272 K Der Westen von Nienstedten bis Wedel und Lurup

290 L HafenCity, Freihafen und Süderelberaum

320 M Die Vier- und Marschlande, Bergedorf, Lohbrügge, Billegemeinden, Glinde und Geesthacht

Anhang

344 Literatur (Auswahl)347 Bautenregister359 Namensregister369 Orts- und Straßenregister378 Epochenregister384 Bildnachweis/Impressum

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Luftaufnahme von Harvestehude mit der Isestraße im Vordergrund (vgl. Nr. D 61)

ten ergänzen. Selbstverständlich lässt sich keine der 13Touren in einem Stück bewältigen. Suchen Sie sich ein-zelne Abschnitte heraus, die möglichst abwechslungs-reich und nicht zuletzt auch landschaftlich reizvoll sind, z. B. an der Oberalster oder am Elbufer. Oder setzen Siethematische Schwerpunkte, z. B. mit den Großsiedlun-gen der Weimarer Republik.

Die einzelnen Gebäude werden in der Regel mit ihremursprünglichen Namen oder ihrer ursprünglichen Funk-tion bezeichnet. Hinweise auf die aktuelle Nutzung oderdie heutige Bezeichnung finden sich im Fließtext, sofernnotwendig. Bei den Baudaten wird möglichst das Jahrdes Baubeginns und das Jahr der Fertigstellung angeben.Die Ziffern vor dem Komma nennen das Jahr des Pla-nungsbeginns bzw. des Wettbewerbs (durch ein W ge-kennzeichnet). Die Architekturbüros werden mit demNamen genannt, unter dem sie zum Zeitpunkt der Fer-tigstellung der Gebäude firmierten.

Der vorliegende Architekturführer stellt nicht nur eineaktualisierte, sondern auch eine völlig neu bearbeiteteFassung eines früheren Bandes dar. Umfangreiche Bauten-, Namens-, Orts- und Epochenregister machenihn über seinen eigentlichen Zweck hinaus zu einemwichtigen Nachschlagwerk zur Hamburger Architektur.Besondere Sorgfalt galt auch der Revision der Baudatenund der Schreibweise der Namen. Leider ließen sichauch für die Neuauflage nicht alle Namen und Datenvollständig und widerspruchsfrei ermitteln. Falls einLeser diese Angaben ergänzen oder korrigieren kann,möge er sich bitte an den Verfasser wenden.

Zum Gebrauch dieses Architekturführers

Vorab ein Wort zum Gebrauch dieses Architekturführers.Den Leser erwarten 13 Kapitel, in denen die aktuelleund historische Baukultur Hamburgs einschließlich desnäheren schleswig-holsteinischen und niedersächsi-schen Umlandes im Großraum Quickborn, Wedel, Bux-tehude, Geesthacht und Ahrensburg erschlossen wird.Dabei geht es nicht nur um die Gebäude selbst, sondern,sofern von besonderem Interesse, auch um deren Ein-bettung in den jeweiligen städtebaulichen und zeitge-schichtlichen Kontext. Vorgestellt werden außerdemFriedhöfe, Parks, technische Bauwerke und Denkmäler,die einen exemplarischen Charakter haben.

Die Objekte sind in der Regel nach Stadtteilen undStraßen sortiert. Ausnahmen werden dort gemacht, wodie Verwaltungsgrenzen im Widerspruch zu den ge-wachsenen räumlichen Zusammenhängen stehen. Ne-ben dem historischen Kerngebiet setzt sich Hamburgseit dem Groß-Hamburg-Gesetz von 1937 aus einer Viel-zahl ehemals selbstständiger preußischer Kommunenwie Altona, Wandsbek oder Harburg-Wilhelmsburg zu-sammen. Dieser historischen Besonderheit werden die1949 gezogenen Bezirksgrenzen, die z. T. völlig willkür-lich anmuten, jedoch ebenso wenig gerecht wie die seit1937revidierten Stadtteilgrenzen.

Der Führer zählt knapp 900 Hauptstationen, zu denenetliche Unterpunkte gehören. Diese Stationen sind soangeordnet, dass sie sich in jedem Kapitel zu inhaltlichund räumlich kohärenten Rundgängen bzw. Rundfahr-

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Luftaufnahme von Harvestehude mit der Isestraße im Vordergrund (vgl. Nr. D 61)

ten ergänzen. Selbstverständlich lässt sich keine der 13Touren in einem Stück bewältigen. Suchen Sie sich ein-zelne Abschnitte heraus, die möglichst abwechslungs-reich und nicht zuletzt auch landschaftlich reizvoll sind, z. B. an der Oberalster oder am Elbufer. Oder setzen Siethematische Schwerpunkte, z. B. mit den Großsiedlun-gen der Weimarer Republik.

Die einzelnen Gebäude werden in der Regel mit ihremursprünglichen Namen oder ihrer ursprünglichen Funk-tion bezeichnet. Hinweise auf die aktuelle Nutzung oderdie heutige Bezeichnung finden sich im Fließtext, sofernnotwendig. Bei den Baudaten wird möglichst das Jahrdes Baubeginns und das Jahr der Fertigstellung angeben.Die Ziffern vor dem Komma nennen das Jahr des Pla-nungsbeginns bzw. des Wettbewerbs (durch ein W ge-kennzeichnet). Die Architekturbüros werden mit demNamen genannt, unter dem sie zum Zeitpunkt der Fer-tigstellung der Gebäude firmierten.

Der vorliegende Architekturführer stellt nicht nur eineaktualisierte, sondern auch eine völlig neu bearbeiteteFassung eines früheren Bandes dar. Umfangreiche Bauten-, Namens-, Orts- und Epochenregister machenihn über seinen eigentlichen Zweck hinaus zu einemwichtigen Nachschlagwerk zur Hamburger Architektur.Besondere Sorgfalt galt auch der Revision der Baudatenund der Schreibweise der Namen. Leider ließen sichauch für die Neuauflage nicht alle Namen und Datenvollständig und widerspruchsfrei ermitteln. Falls einLeser diese Angaben ergänzen oder korrigieren kann,möge er sich bitte an den Verfasser wenden.

Zum Gebrauch dieses Architekturführers

Vorab ein Wort zum Gebrauch dieses Architekturführers.Den Leser erwarten 13 Kapitel, in denen die aktuelleund historische Baukultur Hamburgs einschließlich desnäheren schleswig-holsteinischen und niedersächsi-schen Umlandes im Großraum Quickborn, Wedel, Bux-tehude, Geesthacht und Ahrensburg erschlossen wird.Dabei geht es nicht nur um die Gebäude selbst, sondern,sofern von besonderem Interesse, auch um deren Ein-bettung in den jeweiligen städtebaulichen und zeitge-schichtlichen Kontext. Vorgestellt werden außerdemFriedhöfe, Parks, technische Bauwerke und Denkmäler,die einen exemplarischen Charakter haben.

Die Objekte sind in der Regel nach Stadtteilen undStraßen sortiert. Ausnahmen werden dort gemacht, wodie Verwaltungsgrenzen im Widerspruch zu den ge-wachsenen räumlichen Zusammenhängen stehen. Ne-ben dem historischen Kerngebiet setzt sich Hamburgseit dem Groß-Hamburg-Gesetz von 1937 aus einer Viel-zahl ehemals selbstständiger preußischer Kommunenwie Altona, Wandsbek oder Harburg-Wilhelmsburg zu-sammen. Dieser historischen Besonderheit werden die1949 gezogenen Bezirksgrenzen, die z. T. völlig willkür-lich anmuten, jedoch ebenso wenig gerecht wie die seit1937revidierten Stadtteilgrenzen.

Der Führer zählt knapp 900 Hauptstationen, zu denenetliche Unterpunkte gehören. Diese Stationen sind soangeordnet, dass sie sich in jedem Kapitel zu inhaltlichund räumlich kohärenten Rundgängen bzw. Rundfahr-

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Zur Einführung: Architektur in Hamburg vom Mittelalter bis heute

Nicht nur unter Architekturinteressierten hat es sichmittlerweile herumgesprochen: Hamburg ist eine attrak-tive Stadt. Ausgedehnte Villen- und Landhausviertelfügen sich mit der geschlossenen Bebauung der Vor-kriegsjahre und den zahlreichen Wasserläufen, Parksund Grünanlagen zu einem unverwechselbaren Ganzenvon außergewöhnlichem Reiz. Dabei ist es noch garnicht so lange her, dass sich Hamburg als das hässlicheEntlein unter den europäischen Metropolen empfand: In seiner ökonomischen Entwicklung durch die Randla-ge im westlichen Wirtschaftsraum behindert, kulturellbis auf das Schauspielhaus und die renommierte Staats-oper von eher provinziellem Zuschnitt und überdiesdurch die schweren Kriegsschäden vernarbt. Den Michel,den Jungfernstieg, das Chilehaus, dazu eine feine PrisePöseldorf, einen kräftigen Schlag Hafenschmer und amSonntagmorgen den obligatorischen Fischmarkt-Besuch(nach einem wohl eher ernüchternden St. Pauli-Bummel)– sehr viel mehr schien die Hansestadt ihren Gästennicht zu bieten zu haben.

Aber Hans Christian Andersens poetisches Märchenhat auch eine überraschende Pointe. Aus dem hässli-chen Entlein wird quasi über Nacht ein stolzer Schwan.Die Neuorientierung der Weltwirtschaft nach Ostasienund der politische und wirtschaftliche Wandel im ehema-ligen Ostblock haben Hamburg in den letzten zweiJahrzehnten unversehens einen kräftigen Wachstums-schub beschert, der sich auch belebend auf die Bau-konjunktur ausgewirkt und sukzessive die bis dahin eherselbstgenügsamen architektonischen Maßstabe ver-schoben hat. Vor allem die Umwandlung ehemaligerHafenflächen in ein anspruchsvolles Dienstleistungs-und Wohnviertel – die HafenCity (vgl. Nr. L 3) – hat in-ternationale Investoren und Architekten an die Elbegelockt. Aber auch im übrigen Stadtgebiet wurde kräftiggebaut: Wohnanlagen und Siedlungen entstanden anStelle von Fabriken und Kasernen, der Jungfernstieg undder Spielbudenplatz wurden neugestaltet und zahlreicheneue Bürohäuser setzen markante Akzente.

Betrachtet man dagegen die historische Architekturder Hansestadt, fällt zunächst einmal der große Reich-tum an bürgerlicher Wohnkultur ins Auge: von denklassizistischen Landsitzen an der Elbchaussee über dieVillen der Kaiserzeit bis zum gediegenen Einfamilien-hausbau der Zwischenkriegsjahre. Aber auch die prole-tarischen Wohnhöfe der Gründerzeit, euphemistischTerrassen genannt (vgl. Nr. C 23), die wohnreformeri-schen Projekte der Baugenossenschaften vor demErsten Weltkrieg und die Klinkersiedlungen der Weima-rer Republik lohnen einen genauen Blick. Außerdem hat Hamburg ab 1900 eine City-Architektur von interna-tionalem Rang hervorgebracht, die ihren originären Aus-druck im Kontorhaus fand, wie die Bürohäuser an derElbe noch heute traditionsbewusst genannt wer-

den. Und nicht zuletzt hat auch die Nachkriegszeit qua-litätsvolle Spuren hinterlassen, z. B. das Büroviertel City Nord (vgl. Nr. F 68) oder die Grindelhochhäuser,die erste Wohnhochhaussiedlung in Deutschland über-haupt (1946-56, vgl. Nr. D 60).

Damit sind jedoch nur die Sehenswürdigkeiten derurbanisierten Kernstadt grob umrissen. Große TeileHamburgs gehören zu einer traditionsreichen, bereitsim Mittelalter der Elbe und ihren Nebenflüssen abge-rungenen Kulturlandschaft, die ein besonders reichesErbe an prachtvollen Dorfkirchen und Bauernhäusernaufweist (vgl. Nr. M 1ff. und Nr. L 64ff.). Im Südostenbildeten die Vier- und Marschlande den traditionellenHamburger »Küchengarten«. Im Südwesten umfasst dasHamburger Territorium einen Teil des Alten Landes, das sich bis Stade erstreckt und ein bedeutendes Obst-anbaugebiet ist. Weitere lohnende Ziele abseits der eingetretenen Pfade der Architekturführer sind die Vil-lenkolonien an der Bille, in denen ebenfalls die bedeu-tendsten Hamburger Architekten gewirkt haben (vgl. Nr.M 33 und Nr. M 45ff.). Die Schlösser in Ahrensburgund Reinbek (vgl. Nr. H 48 bzw. Nr. M 49) sind dagegenZeugen der wechselvollen Geschichte Schleswig-Hol-steins, zu dem bis 1937 ja auch weite Bereiche Ham-burgs gehörten.

Der Weg zur modernen Großstadt

Noch vor 170 Jahren erstreckte sich innerhalb des Wall-rings eine intakte Barockstadt, deren pittoreske Gestaltmit den zahllosen Backstein- und Fachwerkgiebeln undden kupfergrünen Turmhauben ihresgleichen suchte.An herausragenden Einzelbauwerken hatte Hamburg da-gegen über Jahrhunderte wenig hervorgebracht. Dasseit dem Mittelalter tradierte Schema des Dielenhauses(vgl. Nr. A 29 und Nr. A 33) und das dichte Geflecht der Straßen und Fleete setzten den gestalterischen Am-bitionen enge Grenzen. Und während sich die Baumeis-ter der Stadtkirchen und Dome in den Ostseestädten diestolze St.-Marien-Kirche in Lübeck zum Vorbild nah-men, orientierte man sich an der Elbe an dem behäbigenVorbild von St. Johannis in Lüneburg (vgl. St. Jacobi, Nr. A 60). Selbst das im Kern noch mittelalterliche Rat-haus fiel im Vergleich etwa mit Bremen, Stralsund oderLübeck deutlich ab. Erst mit der barocken St.-Micha-elis-Kirche von Johann Leonhard Prey und Ernst GeorgSonnin (1751-62, Turm1777-86, vgl. Nr. B 50) trat dieHamburger Architektur aus dem Schatten der Geschichte.

Weite Bereiche der historischen Kernstadt sind in derBrandkatastrophe vom Mai 1842 untergegangen. Dasneue Hamburg des Wiederaufbaus – das »KunstwerkHamburg« (Fritz Schumacher) – war trotz der repräsen-tativen Alleen an der Binnenalster weitaus nüchternerund zeigte bereits großstädtische Züge mit einer für da-malige Verhältnisse überaus modernen Infrastruktur(vgl. die Stadtwasserkunst, Nr. E 64). Bis 1861 hemmte

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cherstadt zum Opfer (vgl. Nr. L 1). Selbst die Nachbrand-gebäude aus den 1840er Jahren wurden sukzessivedurch Neubauten ersetzt. Als 1892 eine verheerendeCholera-Epidemie grassierte, beschloss der Senat au-ßerdem den Abbruch der Elendsviertel in der Altstadtund der Neustadt, der so genannten Gängeviertel (vgl.Nr. B 30 und Nr. B 51). Man kann sich Hamburg um1900durchaus als hässliche Stadt vorstellen: mit grauenMietskasernen, kahlen Brandmauern in den noch nichtfertiggestellten Straßen, verwahrlosten Fachwerkvier-teln und großen Brachen, die nach den ersten Kahlschlag-sanierungen in der Neustadt klafften.

Eine Zäsur bedeutete die Gründerzeit auch für die ar-chitektonische Entwicklung, die sich bis dahin in Ham-burg relativ kontinuierlich vollzogen hatte. Nun kamender Spätklassizismus und der Romantische Historismusschlagartig aus der Mode und die Neorenaissance tratihren Siegeszug an – wahlweise in den Formen der ita-lienische Hochrenaissance oder in der ebenfalls immerbeliebter werdenden »altdeutschen« Variante. Siedrängte auch bald die um1870 ebenfalls aktuelle Neo-gotik der »Hannoverschen Schule« in das zweite Glied,die ihren Wirkungskreis vor allem bei nachrangigen Bau-aufgaben wie Schulen, Stifte oder Fabriken fand. Inner-halb weniger Jahre differenzierten sich Stilkonventionenaus, die bis weit nach der Jahrhundertwende Gültigkeithatten und es somit gerechtfertigt erscheinen lassen, fürdiesen Zeitabschnitt von einem gründerzeitlichen Histo-rismus zu sprechen. Maßstäbe setzte Hamburg in dieserEpoche allerdings nur im Sakralbau (vgl. St. Johannisvon Johannes Otzen, Nr. C 60), während das übrige Bau-en bis auf einige wenige Spitzenleistungen wie das Rathaus (vgl. Nr. A 1) eher durchschnittlich blieb. DieArchitektur der Hansestadt fiel nach der Reichsgrün-dung deutlich hinter Berlin und in einigen Teilbereichen,z. B. dem Villenbau, sogar hinter Dresden und denFrankfurter Raum zurück.

Dieses apodiktisch anmutende Urteil über die Ham-burger Architektur relativiert sich jedoch sofort, wennman den Reichtum an gleichsam typologischen Lösungenbetrachtet, die in der Hansestadt in der zweiten Hälftedes 19. Jahrhunderts für die unterschiedlichen Bauauf-gaben der modernen Großstadt entwickelt wurden: dieReihenvilla – als hamburgische Variante der britischen»terraced houses« –, die zahlreichen Wohnstifte mitihren gut geschnittenen Kleinwohnungen, die Hafenar-chitektur und die Reformansätze im Geschosswoh-nungsbau. Und schließlich sei auch noch einmal dasKontorhaus hervorgehoben, das sich bereits um dieJahrhundertwende durch einen hohen haustechnischenStandard – Personenaufzüge, Telefonanschlüsse, Zen-tralheizungen – auszeichnete. Vor allem aber warendiese Gebäude moderne Skelettbauten, was sich auchimmer deutlicher in der Gestaltung der Fassaden aus-drückte, die ihrerseits zu großzügig durchfensterten Ske-lettstrukturen wurden. Diese unterschwellige Moderni-tät hatte zur Folge, dass sich Hamburg nach 1900 quasi

jedoch die Torsperre das Stadtwachstum, so dass selbstdie Viertel um die Außenalster erst ab den1860er Jahrensystematisch erschlossen wurden. Hamburg war um1850 ein Zentrum des Romantischen Historismus, der sichhier in einer Mischung aus Tudorgotik, florentinischerRenaissance und venezianischen Anleihen ausdrückte undinsbesondere in der Villen- und Landhausarchitekturüberragende Ergebnisse zeitigte. Die wichtigsten Archi-tekten waren Auguste de Meuron, Jean David Jollasseund Alexis de Chateauneuf. Leider wurden die meistenihrer Gebäude zerstört, so dass heute außer den Alster-arkaden und der Alten Post von de Chateauneuf (vgl.Nr. B 1 bzw. Nr. B 13) sowie einigen Villen kaum nochbedeutende Zeugen dieser Epoche überliefert sind.

Nach der Reichsgründung 1871 entwickelte sich dieEinwohnerzahl geradezu explosionsartig. Zwischen1870 und 1890 konnte Hamburg seine Bevölkerung vonrund 326.500 auf 622.500 nahezu verdoppeln. Im da-rauffolgenden Jahrzehnt kamen noch einmal 150.000Einwohner hinzu. Gleichzeitig büßte die Stadt immerstärker ihren geschlossenen architektonischen und städ-tebaulichen Charakter ein. Die Siedlungsfläche expan-dierte in einem bis dahin kaum vorstellbaren Tempo. DieBarockhäuser in der südlichen Altstadt fielen der Spei-

Die 1943 zerstörte Katharinenstraße mit barocken Bürgerhäusern und dem Turm von St. Katharinen (1930er Jahre)

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cherstadt zum Opfer (vgl. Nr. L 1). Selbst die Nachbrand-gebäude aus den 1840er Jahren wurden sukzessivedurch Neubauten ersetzt. Als 1892 eine verheerendeCholera-Epidemie grassierte, beschloss der Senat au-ßerdem den Abbruch der Elendsviertel in der Altstadtund der Neustadt, der so genannten Gängeviertel (vgl.Nr. B 30 und Nr. B 51). Man kann sich Hamburg um1900durchaus als hässliche Stadt vorstellen: mit grauenMietskasernen, kahlen Brandmauern in den noch nichtfertiggestellten Straßen, verwahrlosten Fachwerkvier-teln und großen Brachen, die nach den ersten Kahlschlag-sanierungen in der Neustadt klafften.

Eine Zäsur bedeutete die Gründerzeit auch für die ar-chitektonische Entwicklung, die sich bis dahin in Ham-burg relativ kontinuierlich vollzogen hatte. Nun kamender Spätklassizismus und der Romantische Historismusschlagartig aus der Mode und die Neorenaissance tratihren Siegeszug an – wahlweise in den Formen der ita-lienische Hochrenaissance oder in der ebenfalls immerbeliebter werdenden »altdeutschen« Variante. Siedrängte auch bald die um1870 ebenfalls aktuelle Neo-gotik der »Hannoverschen Schule« in das zweite Glied,die ihren Wirkungskreis vor allem bei nachrangigen Bau-aufgaben wie Schulen, Stifte oder Fabriken fand. Inner-halb weniger Jahre differenzierten sich Stilkonventionenaus, die bis weit nach der Jahrhundertwende Gültigkeithatten und es somit gerechtfertigt erscheinen lassen, fürdiesen Zeitabschnitt von einem gründerzeitlichen Histo-rismus zu sprechen. Maßstäbe setzte Hamburg in dieserEpoche allerdings nur im Sakralbau (vgl. St. Johannisvon Johannes Otzen, Nr. C 60), während das übrige Bau-en bis auf einige wenige Spitzenleistungen wie das Rathaus (vgl. Nr. A 1) eher durchschnittlich blieb. DieArchitektur der Hansestadt fiel nach der Reichsgrün-dung deutlich hinter Berlin und in einigen Teilbereichen,z. B. dem Villenbau, sogar hinter Dresden und denFrankfurter Raum zurück.

Dieses apodiktisch anmutende Urteil über die Ham-burger Architektur relativiert sich jedoch sofort, wennman den Reichtum an gleichsam typologischen Lösungenbetrachtet, die in der Hansestadt in der zweiten Hälftedes 19. Jahrhunderts für die unterschiedlichen Bauauf-gaben der modernen Großstadt entwickelt wurden: dieReihenvilla – als hamburgische Variante der britischen»terraced houses« –, die zahlreichen Wohnstifte mitihren gut geschnittenen Kleinwohnungen, die Hafenar-chitektur und die Reformansätze im Geschosswoh-nungsbau. Und schließlich sei auch noch einmal dasKontorhaus hervorgehoben, das sich bereits um dieJahrhundertwende durch einen hohen haustechnischenStandard – Personenaufzüge, Telefonanschlüsse, Zen-tralheizungen – auszeichnete. Vor allem aber warendiese Gebäude moderne Skelettbauten, was sich auchimmer deutlicher in der Gestaltung der Fassaden aus-drückte, die ihrerseits zu großzügig durchfensterten Ske-lettstrukturen wurden. Diese unterschwellige Moderni-tät hatte zur Folge, dass sich Hamburg nach 1900 quasi

jedoch die Torsperre das Stadtwachstum, so dass selbstdie Viertel um die Außenalster erst ab den1860er Jahrensystematisch erschlossen wurden. Hamburg war um1850 ein Zentrum des Romantischen Historismus, der sichhier in einer Mischung aus Tudorgotik, florentinischerRenaissance und venezianischen Anleihen ausdrückte undinsbesondere in der Villen- und Landhausarchitekturüberragende Ergebnisse zeitigte. Die wichtigsten Archi-tekten waren Auguste de Meuron, Jean David Jollasseund Alexis de Chateauneuf. Leider wurden die meistenihrer Gebäude zerstört, so dass heute außer den Alster-arkaden und der Alten Post von de Chateauneuf (vgl.Nr. B 1 bzw. Nr. B 13) sowie einigen Villen kaum nochbedeutende Zeugen dieser Epoche überliefert sind.

Nach der Reichsgründung 1871 entwickelte sich dieEinwohnerzahl geradezu explosionsartig. Zwischen1870 und 1890 konnte Hamburg seine Bevölkerung vonrund 326.500 auf 622.500 nahezu verdoppeln. Im da-rauffolgenden Jahrzehnt kamen noch einmal 150.000Einwohner hinzu. Gleichzeitig büßte die Stadt immerstärker ihren geschlossenen architektonischen und städ-tebaulichen Charakter ein. Die Siedlungsfläche expan-dierte in einem bis dahin kaum vorstellbaren Tempo. DieBarockhäuser in der südlichen Altstadt fielen der Spei-

Die 1943 zerstörte Katharinenstraße mit barocken Bürgerhäusern und dem Turm von St. Katharinen (1930er Jahre)

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Wiederaufbau nach dem Großen Brand 1842: Kleine Alster mit Reesendamm-brücke und Alsterarkaden (vgl. Nr. B1, zeitgenössiche Aufnahme)

Kahlschlagsanierung in der südlichen Neustadt nach der Cholera-Epidemie von 1892 (um 1900)

Mönckebergstraße mit dem Rappolthaus von Fritz Höger (1911/12,vgl. Nr. A 59, Aufnahme um 1936)

Substanzverluste in der Innenstadt: Großer Brand 1842 (4),Bau der Speicherstadt (5), Sanierungen (6-10)

im Zeitraffertempo zur Weltstadt mausern konnte, dieden Vergleich mit anderen Metropolen nicht mehr zuscheuen brauchte.

Fritz Schumacher und seine Erben

Es ist das Verdienst von Fritz Schumacher, 1909 zumLeiter des öffentlichen Hochbauwesens und 1923 zumOberbaudirektor ernannt, dass Hamburg wieder einenunverwechselbaren architektonischen Charakter entwi-ckelt hat. Schumachers simple Strategie bestand in derFavorisierung des vermeintlich orttypischen Backsteins,insbesondere des Klinkers, gepaart mit einer traditiona-listischen, später gemäßigt modernen Architekturspra-che. Dabei konnte Schumacher auf das Engagement ei-ner Reihe Hamburger Architekten zählen, von denenviele den Weg vom Heimatstil über die Reformarchitek-tur zum »Neuen Bauen« der Weimarer Republik fandenund somit kontinuierlich als ideelle Wegbereiter und kon-geniale Übersetzer seiner städtebaulichen und archi-tektonischen Vorstellungen fungierenten, wie Carl GustavBensel, Block & Hochfeld, Distel & Grubitz, Erich Elin-gius, Paul A. R. Frank, Hans und Oskar Gerson, HenryGrell, Fritz Höger, Friedrich R. Ostermeyer oder Karl

Schneider. Und auch bei zahlreichen Bauherren fielendiese Ideen auf fruchtbaren Boden, so dass sich dieHamburger Architektur zwischen 1910 und 1930 durchein besonders hohes Niveau auszeichnete.

Diese positive Entwicklung endete abrupt mit derMachtergreifung der Nationalsozialisten, nachdembereits die Weltwirtschaftskrise zu einem starken Rück-gang der Bautätigkeit geführt hatte. Nach 1933bestimmten banale Lochfassaden mit schematisch ge-reihten Sprossenfenstern und steile Satteldächer dasBild. Außerdem wurde jetzt der rote Backstein gegen-über dem anspruchsvolleren Klinker bevorzugt. Mit Ausnahme des Generalkommandos der Wehrmacht (Nr.D 46) wurde jedoch kaum ein Entwurf im Sinne der offiziellen monumentalen NS-Architektur realisiert. DieSiedlungen aus der Weimarer Republik wurden wei-tergebaut, nun jedoch in der offenen Zeilenbauweise,die auch allgemein zum Leitbild avancierte. Überhauptkonnte die Stadtplanung in Hamburg nach1933 Kon-tinuität behaupten und weiterhin als fortschrittlich gel-ten. Konstanty Gutschow, der 1941 zum »Architekt für die Neugestaltung der Hansestadt Hamburgs« zur»Führerstadt« ernannt wurde, nutzte seine von AlbertSpeer protegierte Stellung während der Kriegsjahre, um

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Konstanty Gutschow, Modell des geplanten Gauhochhauses der NSDAP am Altonaer Elbufer (1940)

Leitmotiv Klinker: Großsiedlung Barmbek-Nord mit den Wohnblöcken Habichtstraße von Karl Schneider u. a. (vgl. Nr. F64.2, Aufnahme um 1930)

Konstanty Gutschow, Generalbebauungsplan 1944. Vorstudie zur »gegliederten und aufgelockerten Stadt« der Nachkriegszeit

Die »gegliederte und aufgelockerte Stadt«: Wiederaufbau an der Fruchtallee in Eimsbüttel (Aufnahme um 1962)

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Konstanty Gutschow, Modell des geplanten Gauhochhauses der NSDAP am Altonaer Elbufer (1940)

Leitmotiv Klinker: Großsiedlung Barmbek-Nord mit den Wohnblöcken Habichtstraße von Karl Schneider u. a. (vgl. Nr. F64.2, Aufnahme um 1930)

Konstanty Gutschow, Generalbebauungsplan 1944. Vorstudie zur »gegliederten und aufgelockerten Stadt« der Nachkriegszeit

Die »gegliederte und aufgelockerte Stadt«: Wiederaufbau an der Fruchtallee in Eimsbüttel (Aufnahme um 1962)

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HafenCity, Büro- und Wohngebäude am Dalmannkai (vgl. Nr. L 3.4.2)

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neben den geforderten Aufmarschachsen und reprä-sentativen Parteibauten eine richtungweisende Wieder-aufbauplanung zu entwickeln, die eine wesentliche Vorleistung für den Aufbauplan1950 bildete: durchgrünt,baulich aufgelockert und mit einer strikten Trennung der Viertel in Wohn- und Arbeitsgebiete.

Bei den Luftangriffen im Sommer 1943 gingen großeTeile Hamburgs unter. Zwischen Hammerbrook, Hornund Barmbek-Nord blieb kaum ein Gebäude unzerstört.Auch das Schumachersche Gesamtkunstwerk der ausKlinker modellierten Großstadtlandschaft wurde starkin Mitleidenschaft gezogen. Es zeugt von der Hochach-tung, die Fritz Schumacher und sein Altonaer KollegeGustav Oelsner auch nach1945 genossen, dass ihre aus-gebrannten Siedlungen und öffentlichen Gebäude schonbald rekonstruiert wurden. Ansonsten hat das Erbe bei-der im Wiederaufbau aber nur wenige Spuren hinter-lassen. Die Stadtplanung verkümmerte unter Oberbaudi-rektor Werner Hebebrand (1952-64) zu einem abstrak-ten Beziehungsgeflecht von Entwicklungsachsen undBebauungsdichten. Das beim Wiederaufbau favorisierteLeitbild der »gegliederten und aufgelockerten Stadt« mit ihrer geringen Baudichte und dem hohen Grünflä-chenanteil hat den total zerstörten Vierteln endgültigden urbanen Charakter genommen. Erst die sich seitden Sechzigerjahren immer vehementer artikulierendeKritik am funktionalistischen Städtebau machte auch in Hamburg wieder deutlich, dass das Ganze mehr istals die Summe seiner einzelnen Teile. Eine ganzheit-liche Vision fehlte, wie sie Schumacher in seiner Amts-zeit so überzeugend vertreten hatte.

Die Lösung wurde um 1980 wieder in einem betonttraditionsverhafteten Bauen mit rotem Verblendmauer-werk gesucht. Unter Egbert Kossak, von 1981 bis 1998Oberbaudirektor, erlebte der Klinker ein Comeback –nachdem Entwürfe wie das Hanseviertel von v. Gerkan,Marg & Partner (1978-80, vgl. Nr. B11) dieser Entwick-lung bereits den Boden bereitet hatten. Es wurde aller-dings auch bald deutlich, dass traditionelle Baumate-rialien, einheitliche Traufhöhen und geschlossene Block-

ränder nicht per se Garanten für Urbanität sind und eineeinheitliche Klinkerbebauung ebenso monoton wirkenkann wie vordem Vorhangfassaden oder Waschbeton.Der Umschwung kam abrupt. Seit Mitte der 1990erJahre erfreuen sich wieder Glasfassaden und andere, bisdahin eher verpönte Materialien, z. B. Sichtbeton, gro-ßer Beliebtheit. Einige Kritiker reagieren immer noch ver-stört auf diese Entwicklung. Dabei liegt das Problemwohl weniger in dem Verzicht auf konventionelle Fassa-denmaterialien und -strukturen, als vielmehr in demVerlust einer angemessen Maßstäblichkeit. Die aggres-sive Aneignung des städtischen Raums durch undiffe-renzierte Großbauten (vgl. z. B. das Doppel-XX von BRTArchitekten, Nr. E 35) scheint immer weniger Tabus zuunterliegen.

Ein besonderes Verdienst von Kossak liegt darin, dasser den vernachlässigten Hafenrand wieder in das Blick-feld gerückt hat – was seinem Nachfolger Jörn Walterheute etliche Entscheidungen erleichtert. Kossaks An-sinnen, überalterte Hafenanlagen aufzugeben und zurevitalisieren, wurde vor 25 Jahren allerdings noch als illusionär belächelt. Das Herz der Hamburger Wirtschaftgalt als unantastbar. Doch auch hier haben sich die Leit-bilder radikal gewandelt. Die Umwandlung des nordöst-lichen Freihafens in die HafenCity – einer Fläche voninsgesamt 1,6 qkm (vgl. Nr. L 3) – genießt höchste poli-tische Priorität. Und der Blick der Stadtplaner richtetsich auch bereits auf die übrigen untergenutzten Hafen-teile wie den Kleinen Grasbrook oder den Reiherstieg.Zwar ist der Traum geplatzt, Hamburg 2012 zur Olympia-stadt zu machen. Aber 2013 wird die InternationalenGartenbauausstellung IGA in Wilhelmsburg eröffnet: alsInitialzündung, um aus der von Industrien und Schnell-straßen eingeschnürten Enklave wieder ein attraktiveWohnviertel zu machen. Die architektonische und städ-tebauliche Entwicklung an Elbe und Alster bleibt in denkommenden Jahren also weiterhin spannend. Was einenGrund mehr bieten dürfte, sich auch differenziert mitder baulichen Vergangenheit Hamburgs auseinander zusetzen.

Leitmotiv Klinker: Hanse-Viertel von v. Gerkan, Marg + Partner (1978-80)

001-009 Einleitung Neu 28.02.2011 16:29 Uhr Seite 9

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Spitalerstraße

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A Hamburg-Altstadt

Südlich von St. Petri lag die Hammaburg, die KeimzelleHamburgs: ein Ringwall mit Palisade, der zwischen 810und 822 angelegt wurde und eine Kirche, den späterenDom St. Marien, umschloss. Die bischöfliche Siedlungwurde 1216 mit der Neustadt vereinigt – nicht zu ver-wechseln mit dem heutigen Stadtteil –, einem Handels-platz, den Graf Adolf III. von Schauenburg um 1186 ge-gründet hatte (vgl. die Neue Burg, Nr. A17). StädtischeStrukturen bildeten sich im 13. Jahrhundert heraus, alsdie Marschinseln eingedeicht und eine Stadtmauer er-richtet wurde (ca. 1250 ff.), die später durch vorgelager-te Wälle verstärkt wurde und somit für rund 300 Jahredas Stadtgebiet definierte. (Die Brookinseln im Südender Altstadt wurden erst 1547 befestigt.) 1235 wurdeaußerdem die Alster mit einem Damm – dem späterenJungfernstieg – zu einem Mühlensee aufgestaut.

Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein waren dieMarschinseln das bevorzugte Siedlungsgebiet, weshalbdie Ufer der Fleete durchgängig in schmale Grundstückeaufgeteilt wurden. Wurden anfänglich nur die Parzellenhinter den Deichen geschlossen bebaut, so zwang Platz-mangel später dazu, auch das Gelände vor der Deich-linie intensiv zu nutzen. Diese Parzellierung blieb bei dersukzessiven Erneuerung der Bebauung im17. und18.Jahrhundert erhalten (vgl. die Außen- und Binnendeich-häuser, Nr. A 29.1 bzw. Nr. A 33). Eine völlig andereBaustruktur zeigte dagegen das Kirchspiel St. Jacobi,das traditionelle Viertel der Unterschichten. Dort gab esursprünglich auch Gartenland hinter den Häusern, dasmit wachsender Bevölkerung jedoch immer stärker über-baut und mit Gassen im Blockinnern, den so genanntenGängen, erschlossen wurde.

Bei dem Großen Brand1842 wurde die mittelalterlicheKernstadt zwischen der Deichstraße und der Binnenals-ter zerstört. Die städtebauliche Neuordnung der abge-brannten Viertel mit geraden Straßen und gleichmäßi-gen Blöcken bot ein halbes Jahrhundert später optimaleVoraussetzungen für die Entwicklung der modernenCity. Dieser Prozess wurde noch forciert, als das »Gänge-viertel« um St. Jacobi nach der Cholera-Epidemie 1892abgebrochen wurde und stattdessen die Mönckeberg-straße und das Kontorhausviertel entstanden (vgl. Nr. A59 bzw. Nr. A 62). Bereits in den1880er Jahren wurdendie Brookinseln für den Bau der Speicherstadt abge-räumt (vgl. Nr. L 1). Die letzten Spuren der historischenAltstadt fielen dem Zweiten Weltkrieg und dem Wieder-aufbau zum Opfer, als die mittelalterlichen Fleete mitTrümmerschutt verfüllt wurden.

A 1 Rathaus und RathausmarktRathausmarkt, Hamburg-AltstadtArchitekten: Grotjan & Robertson. Haller & LamprechtHanssen & Meerwein. Hauers & Hüser. Stammann &Zinnow (Vorentwurf). Johannes Grotjan. Martin HallerHanssen & Meerwein. Wilhelm Hauers. Stammann &

Zinnow (Realisierung). Felix von Kalben (RestaurierungFassaden). KHD Architekten Dreyer-Rüdiger-Reichard bzw.KHD Czerner Architekten (Restaurierung Innenräume,Neugestaltung Sitzungssäle und Innenhof)1880,1886-97; Restaurierung Fassaden1994-99; Restau-rierung Innenräume1995-2000; Neugestaltung Sitzungs-säle1999-2002; Neugestaltung Innenhof 2000/01Das historische Rathaus an der Trostbrücke (vgl. Nr. A15)war dem Großen Brand1842 zum Opfer gefallen. ZweiWettbewerbe 1854/55 und 1876 für einen Neubau amheutigen Rathausmarkt blieben fruchtlos. 1880 ergriffdeshalb ein »Rathausbaumeisterbund« aus zehn bedeu-tenden Hamburger Architekten die Initiative und legteeinen gemeinsamen Entwurf vor, der 1885 in überarbei-teter Form angenommen wurde. Indirekte Ergebnissedes Wettbewerbs von 1876 waren die Entscheidung fürden »flämischen« Rathaustyp – lange Hauptfassade mithohem Mittelturm – sowie die bipolare und somit gleich-berechtigte Anordnung der Räume der Exekutive undder Legislative, die bis heute ein sinnfälliges Abbild derHamburger Verfassung liefert. Während1876 aber nochein »Behördenrathaus« gefordert war, wurden nun alleFunktionen aus dem Gebäude ausgegliedert, die nichtunmittelbar dem Senat und der Bürgerschaft dienten.

Ein umfangreiches Figurenprogramm verleiht derNeorenaissance-Architektur malerische Wirkung undlockert zugleich die schematisch gegliederte Hauptfrontauf. Wie das 1842 zerstörte Rathaus erhielt auch derNeubau eine Kaisergalerie, die auf die frühere Reichsun-mittelbarkeit und somit auf den SouveränitätsanspruchHamburgs verweist. Am Turm, der mit einem Mosaikder Hammonia und Allegorien der Tugenden Tapferkeit,Frömmigkeit, Klugheit und Eintracht geschmückt ist(Carl Garbers und Rudolf Thiele), stehen sich Karl derGroße und Friedrich Barbarossa gegenüber, die ent-scheidenden Förderer Hamburgs im Mittelalter (AugustKramer bzw. August Vogel). Links vom Turm setzt sichdie Herrscher-Genealogie relativ kontinuierlich bis zuLothar III. von Supplinburg (1125-37) fort, wogegen dierechte Reihe, die von Heinrich VI. (1191-97) bis Franz II.(1792-1806) reicht, deutliche Lücken aufweist.

Bemerkenswerterweise fehlen die zeitgenössischenHohenzollernkaiser in der Galerie, was beinahe sowirkt, als ob die legitime Thronfolge mit Franz II. endete,der bekanntlich 1806 die Römische Kaiserkrone nie-derlegt hatte. Erst 1903 wurde ein Reiterstandbild KaiserWilhelms I. auf dem Rathausmarkt aufgestellt (1929abgetragen und zum Sievekingplatz verlagert, vgl. Nr. B43). Ein weiteres bedeutendes Denkmal, der Hygieia-Brunnen von Joseph von Cramer (1895/96), verbirgt sichim Innenhof. Er sollte gleichzeitig als Luftansaug-schacht für die Klimatisierung der Innenräume dienen,weshalb sich aus der untersten der drei Brunnenscha-len ein zylindrischer Sockel mit vergitterten Öffnungenerhebt, umringt von nackten männlichen und weibli-chen Figuren, deren Attribute auf die Wohltaten desWassers hinweisen. Die bekrönende Figur stellt

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Platzes (die der mittig angeordnete Rathausturm negiert).Die Materialien – schwedischer Granit und Kleinpflaster– sind von einer Gediegenheit, die dem Ort angemes-sen ist. Die Hochleuten wurden 1930/31 aufgestellt. Diebeiden Flaggenmasten stammen von dem Kaiser-Wil-helm-Denkmal. Ihre Bronzesockel sind mit Darstellungenvon Vogesenfarm bzw. Vierländer Gemüse und korres-pondierenden Reliefs geschmückt: Allegorien des Kriegesund des Friedens für die Reichsflagge sowie der Elbe unddes Handels für die Hamburger Flagge.

A2 GefallenendenkmalRathausmarkt/Schleusenbrücke, Hamburg-AltstadtArchitekt: Klaus Hoffmann. Bildhauer: Ernst Barlach1929 W, 1930/31Die flach profilierte Muschelkalksteinstele an der Viertel-kreistreppe von Johann Hermann Maack (1846) spiegeltdie ideologischen Konflikte und somit die politische Zer-rissenheit der Weimarer Republik wider. Die Inschrift»Vierzigtausend Söhne der Stadt ließen ihr Leben für Euch1914-1918« verklärt zwar das sinnlose Sterben im ErstenWeltkrieg zum Opfertod für das Vaterland. Diese Aussagewird aber durch das 7,5 m hohe Relief von Ernst Bar-lach auf der entgegengesetzten Seite konterkariert: Eineverhärmte Frau, die als Kriegerwitwe zu deuten ist, blicktin die Ferne wie in eine ungewisse Zukunft; in ihren Ar-men sucht ein Mädchen Geborgenheit. In der NS-Zeitwurde das Relief durch einen Adler von Ernst Ruwoldt er-setzt. Die Rekonstruktion erfolgte1949 durch den Stein-metz Friedrich Bursch, der bereits die ursprüngliche Aus-führung geschaffen hatte.

Hygieia dar, die Personifizierung der Gesundheit, diesich triumphierend über einem Drachen erhebt: der Cho-lera-Epidemie von 1892.

Bürgerliches Selbstbewusstsein spiegelt auch die Aus-schmückung der Innenräume wider. Die Rundpfeiler derEingangshalle tragen Porträtmedaillons verdienter Ham-burger Bürger. Im ersten Obergeschoss sind die entge-gengesetzten Bereiche von Senat und Bürgerschaft durcheine Enfilade repräsentativer Empfangs- und Amtszim-mer verbunden, deren Zentrum der Saal der Republikenmit Allegorien der Städte Athen, Rom, Amsterdam undVenedig bildet. Diese korrespondieren mit dem Motto,das an der Turmfassade angebracht ist: »Libertatemquam peperere maiores digne studeat servare posteritas«(sinngemäß: »Die Freiheit, die schwer errungen dieAlten, möge die Nachwelt würdig erhalten«). Mit derflächigen und stilisierten Ausmalung des Festsaalsdurch Hugo Vogel (1903-09) hielt nach der Jahrhundert-wende auch die aktuelle Kunst Einzug in die gründer-zeitlich-pompösen Innenräume.A1.1 Neugestaltung RathausmarktArchitekt: Timm Ohrt1977 W, 1980-82Nach der Abtragung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals1929blieb der Rathausmarkt rund 50 Jahre lang eine asphal-tierte Verkehrsfläche. Bei der Neugestaltung wurde er umeinige Stufen abgesenkt, um klare Raumgrenzen zu de-finieren, und die Kaimauer an der Kleinen Alster durcheine Treppe ersetzt. Gläserne Tonnendächer, unter denenKioske angeordnet sind, und das Heine-Denkmal von Wal-demar Otto (1982) unterstreichen die Längsachse des

A 1, A2, A 3 Rathaus, Rathausmarkt, Gefallenendenkmal und ehem. Reichsbank (rechts)

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A3 Ehem. ReichsbankRathausmarkt 2/Alter Wall 2, Hamburg-AltstadtArchitekten: Bauverwaltung der Reichsbank, PhilippNitze und Heinrich WolffBaubeginn 1914-16, Fertigstellung1918/19Die straff gegliederte Pfeilerfassade ist beispielhaft fürden Berliner Neoklassizismus am Vorabend der Mo-derne. Am Segmentbogengiebel mit der Aufschrift»Reichsbank1914-17« und einer Wappenkartusche mit Reichsadler repräsentieren fünf Figuren mit den ThemenFischerei (Fischer), produzierendes Gewerbe (Schmied),Handel (Kaufmann im Habit eines Senators), Landwirt-schaft (Bauer) und Seefahrt (Matrose) die HamburgerWirtschaft. Zeitgeist reflektieren die Medaillons an derOstfassade mit den Porträts der drei Hohenzollernkaiser– Wilhelm I., Friedrich I. und Wilhelm II. – und die bei-den Figuren, die das Hauptportal bekrönen. Merkur undein Ritter mit Schwert stehen sich dort als Sinnbilder vonWirtschaftsmacht und Streitkraft gegenüber, den beidenSäulen des wilhelminischen Imperialismus. Völlig un-monumental in ihrer Feingliedrigkeit muten dagegen die inkrustierten Marmorverkleidungen des Treppenhau-ses und der Eingangshalle an, für die das Material ausder ehemaligen deutschen Kolonie Togo beschafft wurde.

Die ehemalige Kassenhalle wurde 2001/02 von Jan Störmer Architekten zum Bucerius Kunstforum fürWechselausstellungen umgestaltet.

A4 Ehem. Verwaltungsgebäude der Norddeutschen Versicherungs-Gesellschaft Alter Wall 12, Hamburg-AltstadtArchitekten: Johann Emil Schaudt. Emil Rudolf Janda 1908/09Ein Entwurf des Berliner Architekten Johann EmilSchaudt (z.B. Kaufhaus des Westens, 1906/07). Bemer-kenswert ist die Originalität der bisweilen manieris-tischen Details, z.B. die rüsselartigen Konsolen amHauptportal. Allerdings wirkt die additiv gegliederteHauptfassade, die in drei völlig heterogene Zonen mitgegeneinander verschobenen Fensterachsen zerfällt,geradezu unbeholfen angesichts der weitaus organi-

scheren Hamburger Kontorhausarchitektur. Beim Wie-deraufbau wurde das Gebäude insbesondere an derFleetseite und im Innern stark vereinfacht. Die ursprüng-lich sehr aufwändige Ausstattung ist nicht einmal mehrzu erahnen.

Von Schaudt stammt auch das Kontorhaus Wille,Alter Wall 10 (mit Walther Puritz, 1909/10).

A5 Banken von Martin HallerA5.1 HypoVereinsbank AGAlter Wall 20-22, Hamburg-AltstadtArchitekten: Haller & Geißler (Ursprungsbau) Schramm & Elingius (Wiederaufbau und Erweiterung)Schramm, v. Bassewitz, Hupertz & Partner (Umbau) 1900-02; Zerstörung1943; Wiederaufbau und Erweite-rung1947-52; Umbau 1989-92A5.2 Deutsche Bank AGAlter Wall 37-53, Hamburg-AltstadtArchitekten: Martin Haller (Ursprungsbau)Haller & Geißler (Erweiterungen ab 1903)Hellmut Lubowski (Wiederaufbau)1883-88, Erweiterungen1890, 1896/97, 1903, 1910; Zerstörung 1943; Wiederaufbau um 1950Zwei der für Martin Haller charakteristischen Bank-paläste mit Fassaden im Stil der italienischen Hochrenais-sance. Der Fassadenaufbau nach dem Palastschema mit dem wehrhaft gequaderten Sockelgeschoss für dieKassenhalle und der durch Ädikulen hervorgehobenen Beletage für die Direktion spiegelt nicht nur die Funktions-bereiche innerhalb des Gebäudes wider, sondern lie-fert auch ein getreues Abbild der Betriebshierarchie (zu-mal die Hausmeister im Souterrain wohnten). Beim Wiederaufbau von Alter Wall 20-22 wurde die Straßen-fassade auf der linken Seite um drei Fensterachsen imursprünglichen Stil verlängert. Beim Umbau Anfang der1990er Jahre wurden die ausgewogenen Proportionenverdorben. Die Fenster im Hochparterre reichen seitdemals Schlitze bis in das ehemalige Kellergeschoss hinab;das Staffelgeschoss wurde zum Vollgeschoss ausgebaut.

Das Börsenhaus, Alter Wall 32, stammt von JohannesGrotjan (1894/95).

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A 4 Ehem. Verwaltungsgebäude der Norddeutschen Versicherungs-Gesellschaft (Aufnahme um 1909)

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A 1 Rathaus, Grundriss Hauptgeschoss

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Büroflügel an der Großen Johannisstraße einen eigenenAkzent. Ein Eckturm kaschiert dort den Übergang zueiner monumentalen neopalladianischen Fassade nachdem Vorbild des Gebäudes der Berliner Handelsgesell-schaft von Alfred Messel in Berlin (1899-1900). Die Zifferblätter der Turmuhren hat Johann Michael Bossardgestaltet. Beim Wiederaufbau wurde der ursprüng-liche Charakter der beiden zerstörten Börsensäle wieder-hergestellt. Die Skulpturengruppen auf dem Eingangs-bau stammen von Waldemar Otto (2005).A6.1 Haus im HausArchitekten: Behnisch Architekten2003 W, 2006/07Die fünfgeschossige Konstruktion mit schlanken Stahl-stützen wurde nach dem Haus-im-Haus-Prinzip in Halle Ierrichtet, um zusätzlichen Raum für Club- und Bespre-chungsräume sowie Ausstellungsflächen zu gewinnen.Dank der geringen Wärmeabstrahlung der LED-Licht-decken, die zugleich ein zentrales gestalterische Elementbilden, waren 60 mm starke Deckenplatten ausreichend(Gesamtdeckenhöhe 100 bis150 mm). Die offenenAußenseiten der einzelnen Geschosse sind partiell mitverchromten Aluminiumlamellen verkleidet, deren flirren-de Reflexionen das grazile Bauwerk gleichsam zu ent-materialisieren scheinen.

A7 BörsenburgBörsenbrücke 2a, Hamburg-AltstadtArchitekten: Henry Grell. G. Stuhlmann (Ursprungsbau)Wolfgang Großner (Modernisierung und Restaurierung) 1908/09; Modernisierung und Restaurierung1997/98Repräsentatives Kontorhaus mit rustizierter Muschel-kalksteinfassade. Die Fassadengliederung mit dicht ge-reihten Fensterstützen und Bay Windows – flach ge-wölbten Erkern – repräsentierte um1908 den fortschritt-lichsten Stand der Kontorhausarchitektur. Die Ähnlich-keit mit dem zeitgleich errichteten Hübner-Haus amNeuen Wall, das ebenfalls von Henry Grell stammt (vgl.Nr. B 3) ist nicht zu übersehen. Ende der1990er Jahrewurde die Schaufensterzone in Anlehnung an den ur-sprünglichen Zustand erneuert.

A5.3 Erweiterung der Deutschen Bank AGAdolphsplatz 7, Hamburg-AltstadtArchitekt: Georg Wellhausen1951 W, 1951-53Hinsichtlich der repräsentativen Sandsteinverkleidungund des konventionellen Fassadenaufbaus mit Sockelge-schoss – Lochfassade statt Skelettstruktur – und über-höhtem Direktionsgeschoss passt sich der Entwurf pro-blemlos der Palazzo-Architektur des Altbaus von MartinHaller an. Typisch für die Nachkriegsmoderne sind dieRasterfassaden und die Staffelgeschosse.

Das ehemalige Bankhaus Joh. Berenberg, Gossler & Co., Adolphsplatz 5, stammt von Haller &Geißler (1907).

A6 BörseAdolphsplatz, Hamburg-AltstadtArchitekten: Carl Ludwig Wimmel. Franz Gustav Fors-mann (Halle II). Hanssen & Meerwein (Halle l). Hochbau-wesen, Albert Erbe (Halle III). Georg Wellhausen (Wiederaufbau). Wellhausen & Partner (Modernisierung)Halle II 1837 W, 1839-41, Neugestaltung der Fassade1892-94; Halle I 1882-84; Halle III 1909-12; Zerstörungen1941 und1943; Wiederaufbau Halle II 1949-51; Wieder-aufbau Flügel Alter Wall 1953/54; Wiederaufbau Halle I1958-61; Modernisierung1987,1988/89 Der Komplex besteht aus drei annähernd gleich großenSälen, die durch niedrigere Seitentrakte verbunden werden und einen vergleichbaren dreigeschossigen Wand-aufriss mit Arkaden, Pilastern, Friesen und Gesimsenaufweisen. Der Kernbau von 1841 ist der heutige Mittel-saal (Halle II), der die Börse von1583 an der Trostbrückeersetzte (vgl. Nr. A16). Beim Großen Brand1842 zähltedie Börse zu den wenigen Gebäuden im Zerstörungs-gebiet, die gerettet wurden. 1892 bis 1894 erhielt derspätklassizistische Putzbau eine Sandsteinfassade imRenaissancestil mit korinthischen Pilastern und Säulen,um ihn dem Rathaus und der westlichen Erweiterungvon1884 (Halle I) anzupassen.

Auch Albert Erbe orientierte sich beim Entwurf derKornbörse (Halle III) am Bestand und setzte nur mit dem

A 5.1 Banken von Martin Haller, HypoVereinsbank AG A 5.3 Banken von Martin Haller, Erweiterung der Deutschen Bank AGmit Altbau (rechts, Aufnahme um 1953)

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A8 Kontorhaus Große BäckerstraßeGroße Bäckerstraße 4, Hamburg-Altstadt Architekt: Walter Martens1899Das relativ kleine Gebäude sticht durch seine farbigeFassade aus blau und gelb glasierten Ziegeln hervor. Derplastische Bauschmuck in romanischen und spätgotischenFormen konzentriert sich auf die Umrahmungen derFenster und die Brüstungsfelder. Das repräsentative, mitpoliertem Granit verkleidete Vestibül und das Treppen-haus sind einschließlich der Lampen und Türbeschlägeim Originalzustand überliefert.

Hinter der spätklassizistischen Putzfassade, GroßeBäckerstraße10, verbergen sich zwei der ältesten Fach-werkhäuser der Hamburger Innenstadt (um 1700,1993von Sefl & Partner restauriert).

A9 JohannishofKleine Johannisstraße 5-11, Hamburg-Altstadt Architekt: George Radel1895/96Der Johannishof ist eines der ältesten Hamburger Kon-torhäuser. Die Fassade ist bereits in Stützen aufgelöst,wenn die Skelettstruktur hier auch noch durch die viel-fältigen Dekorationen im Stil der Neorenaissance,

z. B. Quaderungen, Zahnschnittfriese oder Hermenpilas-ter als Fensterstützen, verwischt wird, die von der Lochfassade abgeleitet sind. Bemerkenswert ist auch dierepräsentative Eingangshalle.

Der Rathausmarkthof, Kleine Johannisstraße 4, ist einEntwurf von Hanssen & Meerwein (1899).

A10 Henckels-Solingen-HausSchauenburgerstraße 61, Hamburg-Altstadt Architekten: Otto Westphal. J. Wendler1906/07Feingliedrige Bay Windows erwachsen der Fassade wieMaßwerk. Auch der Haupteingang ist mit einem Kiel-bogen aus Stabmaßwerk bekrönt. Im Detail noch unter-schwellig dem Historismus verhaftet, ist die Fassade im Ganzen betrachtet doch organisch im Sinne desJugendstils entwickelt und stellt eine seiner reifsten Leis-tungen in Hamburg dar. Die Figuren eines Seemannsund eines Schmieds verweisen auf die Funktion desGebäudes: Es war einerseits ein typisches Kontorhausfür hafen- und schifffahrtsabhängige Unternehmen,andererseits die Hamburger Niederlassung eines Herstel-lers von Kleinschmiedeerzeugnissen. Spielerisch wirddessen Firmenemblem, die Zwillinge, mit den Tierkreis-zeichen an den Erkerbrüstungen variiert.

A 6 Börse, Außenansicht mit den Laternen der drei Säle (Aufnahme um 1961)

A 8 Kontorhaus Große Bäckerstraße A 6.1 Börse, »Haus im Haus« in der Halle I

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