+ All Categories
Home > Documents > (7.Auflage) - islamundkoran.net¶se-Orden_7.Auflage.pdf · Prof. Dr. Abdulaziz Bayındır Angaben...

(7.Auflage) - islamundkoran.net¶se-Orden_7.Auflage.pdf · Prof. Dr. Abdulaziz Bayındır Angaben...

Date post: 12-Sep-2019
Category:
Upload: others
View: 12 times
Download: 1 times
Share this document with a friend
180
1
Transcript

1

Die Originalausgabe von “Tarikatciliga bakis“ (7.Auflage) erschien 2011.

Projektkoordination für die deutsche Ausgabe:

IQL e.V. Initiative Islamischer Quellenforschung

www.iqlev.de

Übersetzung: Sami Alphan

Layout&Design: Manatwork (www.manatwork.com)

Korrespondenz:

Suleymaniye-Stiftung

Zentrum für Forschung der Religion und Schöpfungsordnung

Hoca Giyaseddin Mah. Sifahane Sk. No.20

343134 Fatih / Istanbul

Tel: 0090 212 5130093

Web: www.islamundkoran.de

www.suleymaniyevakfi.com

email: [email protected]

2

SUFI ORDEN IM

LICHTE DES KORANS

Prof. Dr. Abdulaziz Bayindir

3

Prof. Dr. Abdulaziz Bayındır

Angaben zur Person Geburt 1951 in Tortum – Erzurum, Türkei Familienstand verheiratet, 4 Kinder

Werdegang

1976 Studium der Islamwissenschaft an der Atatürk Universität.

1976-1997 Tätigkeit beim Mufti von Istanbul als stellvertretender Mufti und Experten.

Vorsitzender der Fetwa-Kommission für religiöse Rechtsgutachten

Leiter des Archivs für die Urteile der osmanischen Gerichte

1983-1993 Organisation von wissenschaftlichen Veranstaltungen der Stiftung für Forschung der Islamwissenschaften (ISAV)

1984 Promotion in Islamischem Recht. Der Titel der Doktorarbeit lautet “Gerichtsverfahren bei den Osmanen anhand der Gerichtsregister”

1987 Dozent über islamische Wirtschaft auf dem Gebiet des islamischen Rechts an der theologischen Fakultät der Universität Istanbul.

1993 Gründung der Suleymaniye-Stiftung, Zentrum für Forschung der Religion und Schöpfungsordnung

Seit 1997 Professor im Islamrecht an der theologischen Fakultät der Universität Istanbul

4

Wissenschaftlische Arbeiten:

In türkischer Sprache:

Bücher:

1- Das islamische Gerichtsrecht – İslam Muhakeme Hukuku (Osmanlı Devri Uygulaması) İstanbul 1986

2- Handel und Zinsen – Ticaret ve Faiz, Istanbul 2002.

3- Sufi-Orden im Lichte des Korans – Kur’an Işığında Tarikatçılığa Bakış, Istanbul 1997.

4- Staat und Religion – Din ve Devlet İlişkileri, Teokrasi ve Laiklik, Istanbul 1999.

5- Das Mitteinbinden der Heiligen in Bittgebeten und Teilhaberschaft gegen Gott – Duada Evliyayı Aracı Koyma ve Şirk, Istanbul 2001.

6- Im Lichte des Koran die Irrtümer, die wir richtig erachteten – Kur’an Işığında Doğru Bildiğimiz Yanlışlar, İstanbul 2005.

Aufsätze:

1- Die Strafe des Zahlungsverzuges für den Schuldner – Ödemeyi Geciktiren Borçluyu Cezalandırma.

(Zeitschrift der theologischen Fakultät der Universität Istanbul Nr. 3 – İlahiyat Fakültesi Dergisi 3. sayı)

2- Die Stellung der Erziehungsberechtigten bei der Trauung – Nikah Sözleşmesinde Velinin Yeri (Zeitschrift der theologischen Fakultät der Universität Istanbul Nr. 4 – İlahiyat Fakültesi Dergisi 4. sayı)

5

3- Die Theokratie und Laizismus nach dem Koran und der Bibel – Kitab-ı Mukaddes’e ve Kur’an’a Göre Teokrasi ve Laiklik (Zeitschrift der theologischen Fakultät der Universität Istanbul – Nr. 1 – İlahiyat Fakültesi Dergisi 1. sayı)

4- Die Münzen und Geldscheine in der islamischen Gesellschaft, seit Anbeginn bis Heute – Başlangıçtan Günümüze Kadar İslam Toplumunda Madeni Paralar ve Kağıt Paralar (Zeitschrift der theologischen Fakultät der Universität Istanbul – Nr. 2 - İstanbul Üniversitesi İlahiyat Fakültesi Dergisi’nin 2. sayısı)

5- Schweinsleder – Domuz Derisi (Zeitschrift der theologischen Fakultät der Universität Istanbul – Nr. 2 – İlahiyat Fakültesi Dergisi 2. sayı)

6- Nachfrage Inflation und System der Gesellschaften bei Beteiligungen – Talep Enflasyonu ve Ortaklık Sistemi (Zeitschrift “Kur’an Mesajı ilmî Araştırmalar Dergisi „ November 1997)

7- Die Wirkung der Inflation bei Herstellungskosten – Maliyet Enflasyonu (Zeitschrift “Kur’an Mesajı ilmî Araştırmalar Dergisi„ Dezember 1997)

8- Wertpapierbörse – Menkul Kıymetler Borsası (Zeitschrift “Kur’an Mesajı ilmî Araştırmalar Dergisi„ Februar 1998)

In Fremdsprachen:

Bücher und Aufsätze:

عقوبة المدين المماطل بالغرامة المالية -1

تأثير التضخم النقدي في قضاء الديون -2

3- Das Buch mit dem Titel “Sufi-Orden im Lichte des Korans“ wurde neben dem Russischen, Uigurischen, Aserbaidschanischen und

6

Arabischen in viele Sprachen übersetzt. Teilweise wurden diese Übersetzungen in der entsprechenden Sprache als Bücher veröffentlicht. Das russische Exemplar wurde außerdem unter dem generellen Titel „Muslimischer Dialog“ in der russischen Zeitschrift „Religion und Wissenschaft“ in der Zeit von Mai 2002 bis Mai 2003 in Moskau gedruckt.

4- Die Beziehung zwischen Staat und Religion (in deutscher Sprache)

5- Vermittler und Teilhaberschaft bei Gott (in Deutsch und Englisch)

7

Gott der Erhabene gebietet:

ن�ين� م� ال�مؤ� ل�ئ�ك� ب� هم م�ن ب �ع�د� ذ�ل�ك� و�م�ا أو� � و�ي �قولون� آم�ن ا ب�الل ه� و�ب�الر سول� و�أ�ط�ع�ن�ا ثم ي �ت �و�ل ى ف�ر�يق� م�نق- ه م م-ع�ر�ض ون� . و�إ�ن ي�ك ن ل ه م ال�ح� � ن �ه م� إ�ذ�ا ف�ر�ي ق� م�ن � ك م� ب �ي . و�إ�ذ�ا دعوا إ�ل�ى الل ه� و�ر�س ول�ه� ل�ي�ح�

م� و�ر�س وله ب� ل� ي ف� الل ه ع�ل�ي�ه� افون� أ�ن ي�ح� ع�ن�ين� .أ�ف�ي ق لوب�ه�م م ر�ض� أ�م� ار�ت� ابوا أ�م� ي�خ� ي�أ�توا إ�ل�ي�ه� مذ�ل�ئ�ك� هم الظ ال�مون� . أو�

Und sie sagen: Wir glauben an Gott und an den Gesandten, und wir gehorchen. Danach kehrt sich ein Teil von ihnen ab. Das sind ja keine Gläubigen.Und wenn sie zu Gott und seinem Gesandten gerufen werden, damit er zwischen ihnen urteile, dann siehst du, dass ein Teil von ihnen sich gleich abwendet.Wenn aber das Recht auf ihrer Seite ist, dann kommen sie zu ihm, bereit, sich zu unterwerfen.Ist in ihren Herzen Krankheit, oder haben sie Zweifel? Oder fürchten sie, dass Gott gegen sie ungerecht sein könnte und auch sein Gesandter? Nein, sie sind eben die, die Unrecht tun. (Nur 24/47-50)

8

VORWORT

Bismillahirrahmanirrahim

(Mit dem Namen Gottes, dessen Güte unendlich, dessen Gunst großzügig ist.)

Wer einlädt den Pfad Gottes zu gehen, ist genötigt, die Authentizität dessen, wozu er aufruft zu beweisen. Authentische Aussagen entspringen indes zweierlei Quellen: Eine dieser Quellen ist das von Gott geschaffene Buch des Universums. Dies ist das Reich aller Geschöpfe. Die zweite Quelle ist das von Gott gesandte Buch, der Koran, aus dem gemeinsame Werte, Wissen und Technologien gewonnen werden. Gott selbst definiert seine Lebensweise mit den Worten:

„Wende dein Angesicht geradewegs dieser Lebensweise zu, dem, welche der von Gott geschaffenen Natur (Fitrah) des Menschen entspricht.

So erschuf Er die Menschen, und es gibt nichts, das an die Stelle göttlicher Schöpfung treten könnte. Seht, dies ist der beständige Glaube. Doch die Meisten wissen dies nicht.„ (Ar-rum 30/30)

Der Begriff Fitrah hat folgende Bedeutung:Die elementare Struktur allen Seins und die dieses Sein hervorbringenden Schöpfungs-, Änderungs- und Entwicklungsprinzipien und -regeln. Kreislauf allen Lebens, sowie die Struktur von Mensch, Tier, Pflanze, des Erdreichs und des Himmels, von Allem also, entsprechen der Fitrah. Denn sie ist die Ordnung, der von Gott bestimmten Lebensweise. Da jeder Mensch - auf welche Art und Weise auch immerdas Buch der Schöpfungsordnung liest, wird er sich Gott gewahr und sieht ein,

9

alles was er ist und besitzt Ihm zu verdanken hat. Ausgehend hiervon, betrachtet sich ursprünglich jeder als Diener Gottes ..Ein jeder spürt, dass ihm Gott näher ist als seine Halsschlagader. Es bedarf einer unmittelbaren Beziehung zu Gott, die geprägt ist von Vernunft und Anstand, und welche verlangt, nur Ihm allein zu dienen. Allerdings geraten in Fragen der Religion subjektive Empfindungen in den Vordergrund. Ausbeuter ergreifen die Gelegenheiten, die sich aus dieser Sichtweise ergeben und bilden auf Grundlage fingierter Erzählungen eine religiöse Gemeinschaft, entwickeln mittelnde Götzen und nutzen Betroffene mit dem Namen Gottes aus.

(Es ist) er, der überaus trügerische (Satan); auf das er euch ja nicht mit Gott betrüge (Luqman 31/33).

Satan kann unsichtbar, aber auch in Gestalt eines Menschen zum Vorschein treten. Sich von den Fängen eines nicht sichtbaren Satans zu befreien ist einfacher zu bewerkstelligen, da dies durch den Kampf gegen das eigene Ego geschieht. Satan kann aber in Gestalt eines hohen Geistlichen auftreten, und da die von ihm gepredigte Lebensweise fern jeder Wissenschaft und den tatsächlichen Lebensumständen ist, muss er dem Menschen verbieten, den Verstand zu gebrauchen.

Die Ausbeutung der Religion wird überall mit der gleichen Methode verwirklicht. In diesem Buch wird dargestellt, wie die Muslime durch die Sufi-Orden von ihrem Buch ferngehalten werden, an das sie glauben, und wie sie statt Gott anderen Menschen dienen. Eigentlich trifft die in diesem Buch erfolgte Ermahnung alle Menschen.

Wir arbeiten und bemühen uns, doch der Erfolg kommt von Gott.

Prof. Dr. Abdulaziz BAYINDIR

10

Inhaltsverzeichnis

...........................................................................................................12

1)Mystik (tasawwuf).........................................................................13

2) Einen Verstorbenen um Beistand bitten........................................15

3)Vermittlung zwischen dem Menschen und Gott – Vermittler/wasila und Vermittlung/tawassul) ................................................................25

4)Alle Muslime sind Freunde Gottes................................................30

5) Hilfe von Freunden Gottes............................................................35

6) Die geistige Unterstützung des s (Himma)...................................37

7) Erhoffen auf die Erhörung des Bittgebetes um des Meisters willen...........................................................................................................39

8)Durch außerordentliche Mittel helfen ...........................................41

9) Beigesellung als Grund für den Untergang der Muslime..............59

10) Kamp der Märtyrer......................................................................79

11) Nicht sichtbare Heilige (Ridschalu l-ghayb)...............................82

12)Hohe und niedrige Seelen............................................................87

13) Die Gesandten Gottes im Koran.................................................89

14)Das Verborgene Kennen...............................................................94

15) Offenbarung an die Sufi-Meister..............................................107

16) Die geistigen Erben der Propheten............................................110

17) Bestätigungswunder der Propheten und Gesandten (Mu‘ciza/I’caz)................................................................................116

18) Wundertaten der Heiligen (Karama).........................................117

11

19) Falsche Wundertaten (Istidradsch)............................................122

20) Geheime Wissenschaften (Vertrautes geheimes Wissen/Ilm Ledun - verborgenes Wissen / Ilm Batin)........................................125

21) Entdeckung/Enthüllung (Kaschf)..............................................132

22) Einsicht/Kardiognosie (Firasa).................................................134

23) Einsicht/Kardiognosie (Firasa).................................................139

24)Fürsprache (Schafa’a)................................................................146

26)Gottesdienst................................................................................159

27) Das Erscheinen Gottes (Tadschalli)..........................................169

28)Bekleidung.................................................................................173

29) Der Meister soll wie ein Lehrer wirken.................................175

30)Verbreitung des Islams...............................................................176

31)Schlussbetrachtungen.................................................................178

32)QUELLEN.................................................................................179

12

1) Mystik (tasawwuf)1

Schüler: Vor allem müssen wir eins wissen. Akzeptierst du die Mystik oder nicht?

Bayındır: Was verstehen Sie unter Mystik?

Schüler: Ich lese dir unser Verständnis von Mystik vor. Imam Rabbani sagt in seinem Werk „Mektubat“ folgendes:

„Wisse, dass das gottgegebene Gesetz aus drei Teilen besteht: Wissen, Praxis und Aufrichtigkeit. Wenn diese drei Teile nicht gegeben sind, kann das gottgegebene Gesetz nicht zustande kommen. Wenn das gottgegebene Gesetz zustande gekommen ist, wird dadurch das Wohlwollen Gottes erwirkt. Dieses Wohlwollen ist erhabener als alles Glück der Welt und des Jenseits.

Gottes Wohlwollen aber ist sehr groß. (Tawba, 9/72)

Das gottgegebene Gesetz garantiert alles Glück des Jenseits und dieser Welt. Jenseits des gottgegebenen Gesetzes bleibt nichts übrig, wonach es irgendein Bedürfnis geben könnte.Der Pfad (tariqa) und die Wahrheit (haqiqa)2, mit denen die Mystiker sich ausgezeichnet haben, stehen im Dienste des gottgegebenen Gesetzes, um den dritten Teil, nämlich die Aufrichtigkeit, zu

1) Die in diesem Kapitel dargelegten Ansichten wurden bei unserem Treffen mit Mahmut Ustaosmanoglu (Mahmut Efendi) geäußert.2) Vgl. Schimmel, A., Mystische Dimensionen des Islam, Frankfurt a. M., 1995, S. 148 ff.

13

vervollständigen. Jede dieser zwei Komponenten hat das Ziel, die Vervollkommnung des gottgegebenen Gesetzes zu verwirklichen. Jenseits des gottgegebenen Gesetzes existiert nichts.“3

Bayındır: Aber was Sie tun, entspricht dem nicht.

Schüler: Wir praktizieren nichts, was dem widerspricht.

Bayındır: Wir sind nur gegen Ihre Praktiken, die eindeutig dem Koran widersprechen. Wenn diese nur einer Rechtsschule, wie der Hanafiya, Schafiiya, Malikiya, Eschariya und Maturidiya, widersprechen würden, so hätten wir auf die Angelegenheit nicht so heftig reagiert. Sie praktizieren so einiges, was klaren koranischen Aussagen widerspricht. Wenn wir dies nicht zur Sprache brächten, könnten wir keine Rechenschaft vor Gott ablegen.

3) Imam Rabbani, Mektubat (arabisch), 36. Brief, Bd. 1, S. 50.

14

2) Einen Verstorbenen um Beistand bitten4

Schüler: Du hast gesagt, dass du diese Aussage (Hadith) des Propheten Muhammad (s) nicht akzeptierst:

„Wenn ihr nicht wisst, wie ihr in euren Angelegenheiten weiterkommt, so bittet die Verstorbenen in den Gräbern um Hilfe.“5

Was akzeptierst du hier nicht? „Die Verstorbenen in den Gräbern um Hilfe bitten“ bedeutet, aus ihrer Situation Lehren zu ziehen.

Bayındır: Wieso heißt es dann nicht „Zieht Lehren aus ihrer Situation“, sondern „Bittet sie um Hilfe“?Im arabischen Text dieser erfundenen Aussage, die als richtig lanciert wird, heißt es:إس~~تعينوا )ista’înû), was so viel wie „Bittet um Hilfe“ bedeutet. In der Sure Fatiha heißt es aber ausdrücklich إي~~اك نس~~تعين (iyyaka nesta’în, „Nur dich bitten wir um Hilfe“). Dieser Vers erlegt es uns auf, Hilfe nur von Gott zu bitten. Widerspricht dies nicht dem, was Sie als Aussage des Propheten Muhammed (s) vorbrachten? Es muss doch einen Grund geben, warum wir die Eröffnungssure des Korans (Fatiha) bei jedem Pflichtgebet rezitieren und damit ihre Bedeutung immer in unserer Erinnerung wachhalten.Macht es Ihnen nichts aus, auf der Seite derjenigen zu stehen, die diese Aussage zusammen-dichteten und sie Muhammad (s) zuschrieben?Bedenken Sie: Kann der Prophet Muhammed (s), der mit der Verkündung des Korans beauftragt wurde, Aussagen machen, die dem Koran widersprechen? Außerdem gibt es niemanden, der diese Aussage von ihm gehört hat. Weder die, die zu seiner Zeit lebten,

4) Die in diesem Kapitel vertretenen Behauptungen wurden bei unserem Treffen mit Mahmut Ustaosmanoglu (Mahmut Efendi) geäußert.5) Eine Gruppe unter der Leitung von Mahmut Ustaosmanoglu (Mahmut Efendi), Ruhu’l-furkan Tefsiri, Istanbul 1992, Bd. 2, S. 82.

15

noch die, die nach ihm lebten, haben eine solche Aussage gemacht. Es gibt keine authentische Sammlung, in der diese Aussage überliefert ist. Dort gibt es nichts Diesbezügliches. Und das habe ich Ihnen schon einmal mitgeteilt, Sie haben aber dazu nichts gefunden. Was es nicht gibt, kann man nicht finden.

Schüler: Diese Aussage ist in dem Werk „Kaschfu l-khafâ“ des Gelehrten Adschlûnî zu finden. Für uns ist es ausreichend, wenn in seinem Werk diese Aussage als richtig niedergelegt ist. Adschlûnî ist ein namhafter Gelehrter in der Wissenschaft bezüglich der Aussagen des Propheten. Er hat es wiederum aus dem Werk „al-Arba’în“ von Ibn Kemal übernommen.

Bayındır: Adschlûnî hat jenes Buch verfasst, um bei den Aussagen, die unter den Menschen als richtige Aussagen des Propheten bekannt sind, die richtigen von den falschen zu unterscheiden. Deswegen gibt es in jenem Buch sehr viele erfundene Aussagen. Adschlûnî zitiert am Anfang des Buches folgende Worte von Hafidh Ibn Hadscher: „Wer eine erfundene Aussage überliefert, für den gilt die vom Gelehrten Buchari überlieferte Aussage des Propheten Muhammad (s), die besagt: ‚Derjenige soll für sich einen Platz in der Hölle vorbereiten, der von mir etwas überliefert, was ich nicht gesagt habe.‘“6

Adschlûnî nennt die Quellen der erfundenen Aussagen, die er in sein Buch aufgenommen hat. Was jene Aussage betrifft, sagt er nur: „In al-Arba’în von Ibn Kemal Pascha wurde so berichtet.“ Wenn wir uns aber Ibn Kemals „al-Arba’în“ anschauen, so stellen wir fest, dass er keine Quelle für diese Aussage angibt, die er als richtig anführt.7 Da

6) Ismail b. Muhammad al-Adschlûnî, Kaschfu l-khafâ, Beirut 1988/1408, Bd. 1, S. 8.7) Ibn Kemal Pascha, al-Arba’ûn, v. 360, Süleymaniye Bibliothek, Esad Efendi, 1694. Ibn Kemal war der berühmte Schaikhu l-Islam/Oberkadi des osmanischen Herrschers Yavuz Sultan Selim. Er kam im Jahre 1469 in der türkischen Provinz Tokat auf die Welt und starb im Jahre 1534 in Istanbul. Es ist nicht akzeptabel, dass er uns diese Aussage als richtig anführt, weil sie vom Sinn her im Widerspruch zum Koran steht und er sie vom Propheten selbst nicht gehört haben kann, denn zwischen ihm und dem Propheten liegen 900 Jahre. Ibn Kemal macht in seinem Werk, anstatt Quellen anzugeben, philosophische Erklärungen, die

16

Ibn Kemal, der Scheikhu l-Islam (Oberkadi) des osmanischen Herrschers Yavuz Sultan Selim, den Propheten nicht gesehen haben kann, sollten diejenigen, die jene Aussage als richtig überliefern, „ihren Platz in der Hölle“ vorbereiten.

Schüler: Bitten wir eine lebende Person nicht um Hilfe? Wenn ein Freund Gottes (wali) stirbt, so ist sein Geist wie ein Schwert, das aus seiner Scheide ausgezogen ist8, und hat mehr Möglichkeiten zu helfen. Diese Menschen haben dann mehr Verfügungsgewalt.

Bayındır: „Einen lebenden Menschen um Hilfe bitten“ besprechen wir später.9 Gibt es irgendwelche Anhaltspunkte aus dem Koran und der Sunna (Leben des Propheten Muhammed (s)) für die Behauptung, dass der Geist des Gottesfreundes nach seinem Dahinscheiden wie ein aus der Scheide ausgezogenes Schwert ist? Der Prophet Muhammed (s) ist auch gestorben. Wenn wir seiner gedenken und sein Grab besuchen, sprechen wir Segens- und Friedenswünsche für ihn aus.10 Das heißt, wir wünschen, dass er sich immer Gottes Segen und ewigen Glücks erfreuen möge. Wir bitten somit Gott, dass er seine Gunst für ihn vermehrt. Aber in keinem Gebet bitten wir ihn, den Propheten, persönlich um etwas. Dann hätten wir mit dem Propheten Muhammed (s) das gemacht, was die Christen mit Jesus (Friede auf ihm) gemacht haben; dies wäre nichts anderes, als vom geraden Weg abzuirren.

religionswissenschaftlich keine Relevanz haben.

8) Ruhu l-furkan, Bd. II, S. 67.9 ) Dieses Thema wird in dem Kapitel „Hilfeleistung mit außerordentlichen

Methoden“ behandelt.10) Nach einer koranischen Anweisung muss die Eulogie (arabisch: sallalahu aleyhi wa-sellem/Gottes Segen und Heil auf ihm) ausgesprochen werden, wenn der Name des Propheten Muhammad erwähnt wird. Hier wird es gelegentlich mit (s) abgekürzt eingesetzt. Bei den übrigen Propheten sagt man „aleyhi s-selam/friede sei mit ihm“ was mit (a.s.) abgekürzt wird.

17

Sie behaupteten, dass ein verstorbener Gottesfreund mehr bewirken könne, das heißt, dass er mehr Angelegenheiten erledigen könne als zu seinen Lebzeiten. Welche Beweise haben Sie denn dafür?

Schüler: Es gibt namhafte Gelehrte, die sagen, dass ein Freund Gottes wie ein ausgezogenes Schwert ist, wenn er nicht mehr lebt.

Bayındır: Das Buch Gottes, der über alles Bescheid weiß, sagt aber, dass dem nicht so ist:

Gott nimmt die Seelen während des Sterbens, und die Seele der nicht Gestorbenen nimmt er, wenn sie schlafen. Dann hält er die Seele derjenigen zurück, über deren Tod er entschieden hat, und schickt die anderen (wieder zurück) bis zu einer bestimmten Frist. (Zumar 39/42)

Demnach hält Gott die Seelen der Verstorbenen in einem Raum (arabisch: barzakh) zwischen Diesseits und Jenseits fest. Gott der Erhabene sagt:

Und die Lebendigen sind nicht den Toten gleich. Gott kann bei wem er will bewirken, dass er hört. Du aber kannst nicht bewirken, dass diejenigen hören, die in den Gräbern sind. (Fatir 35/22)

Über diese Verse, die die Worte des Propheten Jesus (arabisch: Isa) (a.s.) im Jenseits zitieren, sollte nachgedacht werden:

Und ich war ihr Zeuge, solange ich unter ihnen weilte, doch seit Du mich sterben ließest, bist Du alleine der Wächter über sie gewesen; und Du bist aller Dinge Zeuge. Du siehst und überwachst alles. (Maida 5/117)

18

Wenn ein großer Prophet wie Jesus nach seinem Tod über die Lage seiner Glaubensgemeinschaft nicht informiert ist, wie könnte dann die Seele eines verstorbenen Gottesfreundes wie ein aus seiner Scheide gezogenes Schwert sein? Dieser Vers wird gewiss dieses Thema endgültig abschließen:

Und wer irrt mehr als jener, der solche in der nächsten Nähe11 Gottes anruft, die ihn bis zum Tage der Auferstehung nicht erhören werden und die von seinem Anruf ahnungslos sind? (Ahqaf 46/5)

Einige Übersetzter haben das Wort dua/Bittgebet/Anrufung in diesen Versen mit „Gottesdienst“ übersetzt und sind dadurch in Erklärungsnot geraten. Zum Beispiel gibt es in diesem Vers zwei Ausdrücke, die in der Bedeutung Bittgebet (dua) verwendet werden: Es wäre nicht richtig, wenn man diese in der Bedeutung .دعاء und يدعوvon (ya'budu) يعب~~~د und (ibadah) عب~~~ادة übersetzen würde. Denn die beiden Wörter kommen auch im Koran vor. Der allwissende Gott, der alles am richtigen Ort und an der richtigen Stelle platziert, hätte hier diese Wörter benutzt, wenn er es gewollt hätte. Als Beispiel schauen wir uns an, wie Hasan Basri ÇANTAY diesen Vers übersetzt:

11) Das Wort ist das Gegenteil von (dun) دون und bedeutet “von der höchsten (fawq) فوق Stufe an“, „von der höchsten Position an“, „niedriger als von dort“. Einige meinen, dass dies das Gegenteil von sei دن~~و und durch die Vertauschung der beiden letzten Buchstaben entstanden sei. Das Wort hat auch die Bedeutung von غير (gayr, = „andere“). Das könnte auch ein Umstandswort oder قبل (qabla = „vor“) bedeuten. (Firuzabâdî, Kamus Tercümesi, Mütercim Asım, Bahriye Matbaası, 1305). Im Türkischen kann man das mit dem Wort beri („aus der Nähe“) wiedergeben. Beri, bedeutet „auf dieser Seite“, „in der Nähe“, „noch näher“ (Şemseddin Sami, Kamus-i Türkî, İstanbul 1319). Demnach bedeutet der Ausdruck von„ م~~ن دون ا dun Gottes“, der hier in diesem Vers vorkommt, so viel wie „von der nächsten Nähe Gottes“. Denn die sich an diese vermeintlichen Freunde Gottes halten, sind immer davon ausgegangen, dass diese Gott sehr nahe stehen.

19

Und wer irrt mehr als jener, der außer Gott solche Personen (Gegenstände) anbetet, die ihm bis zum Tage der Auferstehung nicht antworten werden? Diese aber ahnen nichts von ihren Anbetungen. (Ahqaf 46/5)12

Solche Übersetzungen begrenzen den Vers nur auf die Götzenanbeter und bringen ihn nicht mit dem Aberglauben, den sie da beobachten, in Verbindung. In der arabischsprachigen Koranexegese wird erwähnt, dass das Wort „Bittgebet“ in der Bedeutung von „Gottesdienst“ zu verstehen sei. Ein Araber braucht zur Klarstellung diese Erläuterung, da im Arabischen ein Wort somit zwei Bedeutungen hat. Denn der Prophet Muhammad (s) sagte Folgendes: „Das Bittgebet ist der eigentliche Gottesdienst.“13 „Das Bittgebet ist das Mark, der Kern des Gottesdienstes.“14 Wenn der arabische Muttersprachler diesen Vers liest, so stellt er eine Verbindung zwischen dem Gottesdienst und dem Bittgebet her. Der türkischsprachige Leser kann eine solche Verbindung nicht herstellen. Denn in jenen Übersetzungen wird die Bedeutung von Bittgebet übersprungen. Die türkischen Koranübersetzer müssten an solchen Stellen sehr bedacht und akribisch arbeiten.In dieser Übersetzung wird der Ausdruck من دون ا („außer Gott“) als „Gott ignorierend“ wiedergegeben. Dies hat die Bedeutung, dass derjenige, der einen in einer ungewöhnlichen Weise um Hilfe ruft, Gottes Existenz ignoriert. Dieser ignoriert allerdings die Existenz Gottes nicht. Lediglich sieht er die Person, die er zur Hilfe ruft, als eine Gott nahe Person und in besserer geistiger Verfassung als er selbst. Er glaubt daran, dass seine Bittgebete, die er unter Vermittlung jener Person ausgesprochen hat, bei Gott erhört werden, weil jene Person Gott näher sei.

12) Hasan Basri ÇANTAY, Kur'an-ı Hakîm ve Meâl-i Kerîm, İstanbul 1974.13) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Tirmidhi, Bittgebet, 1, Nr. 3372.14) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Tirmidhi, Bittgebet, 1, Nr. 3371.

20

Er fängt an, dieser Person übermenschliche Kräfte zuzusprechen und in ihr göttliche Eigenschaften zu entdecken.15 In diesem Punkt stützt er sich nicht auf die von Gott offenbarten Schriften, sondern auf die Worte, die er von seinen Respektsperson gehört hat. Personen Befugnis in den Kompetenzbereichen Gottes nachzusagen, bedeutet, diese Personen in diesen Bereichen Gott beizugesellen. Das ist Beigesellung (schirk). Die Existenz Gottes wird von keinem geleugnet. Aus diesem Grunde sollte der Ausdruck „min duni llahi“ als „in der unmittelbaren/nächsten Nähe“ oder „an der Seite Gottes“ übersetzt werden. Die Atheisten streiten die Existenz Gottes ab; trotzdem suchen sie auch in Not bei Gott Zuflucht. Dies zeigt, dass die Existenz Gottes aufgrund der natürlichen Veranlagung (arabisch: fitra) nicht geleugnet werden kann.

Schüler: Es gibt Menschen, die nach einem Grabbesuch von ihren Krankheiten geheilt wurden. Dies wird von höchst vertrauenswürdigen Personen berichtet. Was sagst du dazu?

Bayındır: Ich brauche dazu nichts zu sagen, denn die Koranverse legen fest, dass so etwas nicht möglich ist.

Schüler: Eine ehrenwerte Respektsperson von uns hat bei einem Gespräch anlässlich eines Festtages Folgendes berichtet:

„Ich hatte eine Schwester, die gehbehindert war. In Adana16 suchten wir alle Ärzte auf und auch die anderen außerhalb von Adana. Sie konnten sie nicht heilen. Schließlich sagte man uns: ‚Im Toros-Gebirge gibt es das Grab einer ehrenwerten Person. Bringt sie

15) Zu mehr Informationen siehe die Hamza, dem Onkel des Propheten Muhammad (s), übertragene Eigenschaften im Abschnitt über „Hilfe über außerordentliche Wege“ .16) Eine Stadt im Südosten der Türkei.

21

dorthin, sie soll dort eine Nacht verbringen. Mit Gottes Erlaubnis werden die Geistlichkeit und die Bittgebete jener Person ihre Heilung bewirken.‘ Nachdem wir die Hoffnung auf ihre Heilung durch die Schulmedizin verloren hatten, brachten meine Mutter und ich sie auf unseren Rücken dorthin. In der Nacht schrie meine Schwester plötzlich. Meine Mutter eilte zu ihr, sie war besorgt um sie, ob sie ihren Verstand verloren oder Angst hätte. Sie schrie immer noch und sagte: ‚Ich bin geheilt, ich bin geheilt, ich kann gehen.‘ Erstaunt gingen wir zu ihr. Schon vor Tagesanbruch kehrten wir von dort zurück. Auf unseren Rücken hatten wir meine Schwester dorthin gebracht, jetzt lief sie mit uns zusammen und kam nach Hause.“ 17

Die Worte und die Erfahrung dieser ehrenwerten Person sind für uns von Bedeutung. Was sagst du nun dazu?

Bayındır: Der Prophet Muhammad (s) sagt doch: „Wenn der Mensch gestorben ist, dann enden seine Werke. Drei sind davon ausgenommen: diejenigen mit laufenden guten Werken, diejenigen, die ein Wissen hinterlassen haben, von dem man profitiert, und diejenigen, deren aufrichtige Kinder für sie Gebete aussprechen.“ 18

„Laufende gute Werke“ (sadaqa dschariya) sind z. B. die Errichtung von Moscheen, Brücken oder Brunnen, die für gemeinnützige Ziele zur Verfügung gestellt werden. Solange die Menschen diese benutzen, werden die guten Werke des Finanziers fortgeführt und er bekommt dann weiterhin bei Gott seinen Lohn dafür.

Bei „Wissen, von dem man profitiert“ verhält es sich ähnlich wie bei den „laufenden guten Werken“. Wenn Menschen aus einem wissenschaftlichen Ergebnis Nutzen ziehen können, so hat das Werk dieses Menschen nicht aufgehört und ihm wird dafür bei Gott Lohn

17) Ramazanoğlu Mahmut Sami, Bir Bayram Sohbeti, Zeitschrift Altınoluk, Februar 1997, S. 13.18) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Muslim, Testament, Nr. 14; Abû Dawud, Erben, Nr. 14; Nesai, Erben, Nr. 8.

22

gutgeschrieben. Auch gute Kinder sind so. Das sind alles die Folgen der Werke, die man im Laufe seines Lebens verrichtet hat. Sonst hat der Mensch nichts mehr zu verrichten, wenn er gestorben ist.

In der Geschichte, die sie hier berichtet haben, kam der Satz „Mit Gottes Erlaubnis werden die Geistlichkeit und die Bittgebete jener Person ihre Heilung bewirken“ vor. Dieser Satz entspricht sehr diesem folgenden Vers:

Und wer irrt mehr als jener, der solche in der Nähe Gottes anruft, die ihn bis zum Tage der Auferstehung nicht erhören werden und die von seinem Anruf ahnungslos sind? (Ahqaf 46/5)

Wie können die Verstorbenen Kenntnis von den Lebenden haben? Wie kann Gott, der diesen Vers offenbart hat, dem Geist jener Person die Kraft zur Heilung verleihen? Lesen diejenigen, die sich als religiöse Führer vor die Menschen stellen, niemals den Koran? Ist es überhaupt logisch, wenn die Schulmedizin nicht mehr heilen kann, von einem Verstorbenen die Heilung zu erwarten? Denken Sie nicht: „Wie soll ein Verstorbener bewerkstelligen, wozu ein Lebendiger nicht in der Lage ist?“ Gott der Erhabene gebietet:

Und die Lebendigen sind nicht den Toten gleich. Gott kann bei wem er will bewirken, dass er hört. Du aber kannst nicht bewirken, dass diejenigen hören, die in den Gräbern sind. (Fatir 35/22)

Wie schlecht ist es, dass die vom Volk wertgeschätzten Personen Dinge tun, die nicht Hand und Fuß haben, und dies dann noch als gute Taten lancieren und den Menschen weiter erzählen!

Schüler: Ich vertraue den Berichten dieser ehrwürdigen Person. Willst du behaupten, dass dies nicht geschehen ist?

23

Bayındır: Das ist keine Behauptung, sondern eine Schlussfolgerung aus den Versen. Es ist möglich, dass die erkrankte Frau dort wirklich Genesung gefunden hat. Ursächlich dafür aber sind niemals das Bittgebet und der Geist jener ehrwürdigen Person, die dort im Grab liegt. Wenn dies so wäre, würde man die Straßen zu diesem Grab asphaltieren, Hotels und Raststätten dort errichten.

Die Brücke des Jüngsten Gerichts überqueren wir in Wirklichkeit in dieser Welt. Eine falsche Deutung kann uns zu Fall bringen. Zum Beispiel stechen die Anhänger des Rufai-Ordens mit Spießen in ihre Körper. Einige bewerten dies als diesem Orden eigene Merkmale eines Wunders. Hindus wiederum stechen an ihren religiösen Festen Schwerter in ihre Leiber. Sie stechen dicke Schilfrohre in eine Seite der Wangen und ziehen sie an der anderen Seite wieder heraus.

Wenn die Praxis der Rufai-Derwische Merkmale eines Wunders hat, so sollte die der Hindus als noch größeres Zeichen eines Wunders gelten. Beides hat eigentlich mit Religion nichts zu tun. Das Falsche an der Sache besteht darin, so etwas mit der Religion in Verbindung zu bringen. Das ist eigentlich Hypnose. Hypnose ist eine schlafähnliche Situation, die durch unterschiedliche Methoden hervorgerufen wird. Damit werden auch Operationen ohne Anästhesie gemacht. Im Fernsehen habe ich eine offene Gehirnoperation gesehen, die so durchgeführt wurde. Der operierende Arzt fragte den Patienten, ob er Schmerzen spüre. Der sagte wiederum, dass er keine Schmerzen, sondern nur ein leichtes Kitzeln spüre.

Ähnliche Themen werden hier des Öfteren behandelt. Die Themen „Vermittler“ (wasila) und „Vermittlung“ (tawassul) fallen auch unter diesem Punkt.

24

3) Vermittlung zwischen dem Menschen und Gott –

Vermittler/wasila und Vermittlung/tawassul)19

Vermittler (wasila) bedeutet, dass jemand einem anderen etwas überbringt. Vermittlung (tawassul) bedeutet, etwas zum Vermittler zu machen, als Vermittler einzusetzen. In einigen Sufi-Orden wird davon ausgegangen, dass die Geister der Gott nahe geglaubten Personen und die Geister der zwischen dem Menschen und Gott eine Vermittlerfunktion ausüben; so würden während des Bittgebetes an Gott ihre Geister um Hilfe gebeten.

Sufi-Meister: Du akzeptierst die Vermittler-Funktion nicht. Wir haben dafür Beweise. Eine ehrwürdige Person war seinerzeit erblindet. Sie kam zum Propheten Muhammad (s) und bat ihn, für ihn zu beten. Er sagte daraufhin:

„Wasche dich wie vor dem Gebet, bete zwei Einheiten und sage: ‚Deinen Gesandten als Vermittler nehmend, bitte ich dich um Heilung.‘“

Diese Person sagte noch zusätzlich zu diesem Bittgebet: „Mein Herr, mache deinen Propheten für mich zum Vermittler.“ Diese Aussage des Propheten Muhammed (s) ist als authentisch überliefert.

Bayındır: Diese Aussage des Propheten Muhammed (s) kommt in den Büchern von Tirmidhi, Ibn Madschah und in Ahmed ibn Hanbels Werk „Musnad“ vor:

„Ein blinder Mann kam zum Propheten Muhammad (s) und sagte: ‚Bitte Gott für mich, er möge mir Genesung schenken.‘ Daraufhin

19) Die Behauptungen in diesem Abschnitt wurden in dem Gespräch mit Mahmut Efendi und seinen Schülern aufgestellt.

25

sagte der Prophet: ‚Wenn du willst, spreche ich für dich Bittgebete, oder du zeigst dich geduldig, was eigentlich besser wäre.‘ Der Mann sagte: ‚Sprich dann Bittgebete für mich.‘

Der Prophet Muhammad (s) empfahl ihm, die Gebetswaschung vorzunehmen und anschließend zwei Einheiten zu beten und das folgende Bittgebet auszusprechen: ‚Mein Gott, dich bitte ich, mit dem Propheten der Barmherzigkeit, Muhammed (s), wende ich mich zu dir. O Muhammed (s), damit diese meine Bitte erfüllt wird, wende ich mich zusammen mit dir an Gott. Mein Herr, mach ihn zu meinem Fürsprecher.‘“ 20

„… mach ihn zu meinem Fürsprecher“ bedeutet‚ “erhöre seine Gebete, die er für mich spricht“. Denn Fürsprache heißt, jemanden zu begleiten, um ihm zu helfen oder für ihn einen Wunsch zu äußern. Er wünschte vom Propheten, dass er ihn bei seinem Bittgebet begleitet und der Prophet hat wiederum ihn aufgefordert, mit ihm wie folgt zu beten:

„O mein Gott, ich wende mich bittend an dich, zusammen mit dem Propheten der Barmherzigkeit wende ich mich an dich.“

Die Präposition bi vor dem Wort nabi (bi-nabiyyi r-rahma/mit dem Propheten der Barmherzigkeit) kann im Arabischen „zusammenbinden“, „etwas zu einem Teil von etwas anderem machen“ bedeuten. Daher ist die richtige Bedeutung des Wortes „Bittgebet“ (dua) die oben dargestellte Version „nämlich mit jemandem zusammen sich an jemanden wenden“. Das Gegenteil zu behaupten, widerspräche diesem Vers:

20) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Tirmidhi, Bittgebete, Nr. 119, 3578. Tirmidhi machte am Schluss dieser Aussage des Propheten Muhammads diese Anmerkung: „Dies ist eine gute, richtige Aussage des Propheten Muhammads. Diese Aussage kennen wir nur aus dieser Perspektive, durch die Aussage des Propheten Muhammad von Abu Dschafar aus Hatmi.“ Ibn Madschah, das Verrichten des Gebets (Das Gebet für die Bedürfnisse), 189, Nr. 1385; Ahmed b. Hanbel, Bd. IV, Seite 138.

26

Sprich (o Muhammad): Ich habe nicht die Macht, mir selbst zu nützen oder zu schaden, es sei denn, Gott will es. (Araf 7/188)

Sufi-Meister: Was ist deine Meinung zu diesem Vers? Dieser Vers ist auch ein Beweis für die Vermittlung:

Würden sie, als sie gegen sich selbst Unrecht verübt haben, zu dir kommen und Gott um Vergebung bitten, und würde der Gesandte für sie um Vergebung bitten, so würden sie sicher sehen, dass Gott sich gnädig zuwendet und barmherzig ist. (Nisa 4/64)

Sie kommen zu unserem Propheten, und er bittet Gott, ihnen zu vergeben. Genauso kommen die Menschen zu Freunden Gottes, und diese bitten Gott, ihnen zu vergeben. Denn die Freunde Gottes sind die Erben des Propheten. Was der Prophet macht, machen diese auch.

Bayındır: Wie Ihnen auch bekannt ist, bedeutet tawba Umkehr. Umkehr ist die Reue des Menschen wegen einer Sünde und seine Entscheidung, diese nicht mehr zu begehen. Gott um Vergebung zu bitten, heißt auf Arabisch istighfar. Bei dieser Tat braucht er niemanden und bittet alleine um Vergebung. Daher betreffen die Verse über die Reue und Umkehr nur diejenigen, die die Sünden begangen haben. Denn bei uns gibt es keinen Ablass wie bei den Christen. Um Reue zu zeigen und umzukehren, braucht man nicht zu einer Person zu gehen.

Der von Ihnen rezitierte Vers spricht von Reue und Umkehr. Dass sie zum Propheten kommen, wenn sie einen Fehler begangen haben, bedeutet Reue ihrerseits. Das ist Umkehr. Gott um Vergebung zu bitten, bedeutet auch Umkehr. Dass der Prophet für sie um Vergebung bittet, ist das Aussprechen eines Bittgebetes durch den Propheten

27

persönlich. Es ist sehr wertvoll und angemessen, dass der Prophet für jemanden ein Bittgebet ausspricht. In diesem Falle kommt eine Vermittlung nicht in Frage. Dass Gott sehr barmherzig ist und der Reue der Menschen stattgibt, wird in vielen Versen wiederholt. Der oben erwähnte Vers lautet vollständig wie folgt:

Und Wir haben die Gesandten nur deswegen entsandt, damit man ihnen gehorcht mit der Erlaubnis Gottes. Würden sie, als sie gegen sich selbst Unrecht verübt haben, zu dir kommen und Gott um Vergebung bitten und würde der Gesandte für sie um Vergebung bitten, so würden sie sicher sehen, dass Gott sich gnädig zuwendet und barmherzig ist. (Nisa 4/64)

Sufi-Meister: Egal, was Sie dazu sagen, wir glauben daran, dass zwischen Gott und den Menschen die Geister der Freunde Gottes und der großen eine Vermittlerrolle spielen. Wir erwarten von ihren Geistern Hilfe und bitten sie um Beistand. 21

Bayındır: Was ist dann mit dem Vers iyyâke nestaîn, إياك نستعين („Wir bitten nur dich um Hilfe“, Fatiha 1/5). Diesen Vers rezitieren wir mindestens vier-zigmal in täglichen Gebeten. Was ist wohl der Grund dafür?

Gott der Erhabene gebietet:

21) İstimdâd ve istiâne bedeutet „um Hilfe bitten“. Das bedeutet, dass sie die Geister derjenigen Toten, die sie als Freunde Gottes sehen, um Hilfe bitten und diese zwischen ihnen und Gott als Vermittler einsetzen. Wer diese sind, wird in aller Deutlichkeit im folgenden Werk erwähnt: Ruhu' l-Furkan, Bd. II, S. 86.

28

Wir haben doch den Menschen erschaffen und wissen, was ihm seine Seele einflüstert. Und Wir sind ihm näher als die Halsschlagader. (Qaf 50/16)

Da Gott uns näher ist als unsere Hauptschlagader – wo finden die Geister der Freunde Gottes oder großer eine Leere, die sie zu füllen wissen?

Sufi-Meister: Zwei Studentinnen der Theologischen Fakultät kamen zu mir und stellten dieselbe Frage. Sie sagten: „Gott ist uns näher als unsere Hauptschlagader, warum versuchen sich dazwischenzuschalten?” Ich fragte sie: “Lest ihr den Koran?” Sie sagten “Ja.” Dann fragte ich sie weiter: “Bei wem lest ihr den Koran?” “Bei dem Koranlehrer”, sagten sie. Ich fragte sie wiederum: “Ist Gott euch nicht näher als der Koranlehrer, wieso lernt ihr den Koran nicht bei Gott.” Sie gaben mir dann Recht.

Bayındır: Jemandem den Koran beizubringen, hat nichts zu tun mit der Vermittlerrolle zwischen Gott und Menschen. Das ist doch keine Vermittlung. Wenn es Vermittlung sein soll, dass man jemandem etwas beibringt, so gibt es Milliarden von Menschen, die sich in dieser Vermittler-Situation befinden. Es gibt keinen Menschen auf der Welt, der einem anderen nichts beibringt.

29

4) Alle Muslime sind Freunde Gottes

Das Wort awliya ist die Mehrzahl von wali. Im Türkischen wird es im Singular verwendet. Das bedeutet Freund Gottes.

Sufi-Meister: Wir reden von den Freunden Gottes, nicht von einfachen Menschen. Nicht jeder kann zum Freund Gottes, zum wahren Vertrauten Gottes werden.

Bayındır: Wer ist denn dann ein Freund Gottes?

Sufi-Meister: Ich erzähle es dir, hör zu. Der Beginn der Freundschaft mit Gott ist die Beseitigung aller Gedanken, die zwischen dem Menschen und Gott stehen, und die Aufhebung der Entfremdung des Menschen von Gott.

Wenn mit Gottes Gnade alles in den Augen des Schülers (salik)22 seine Bedeutung verliert und er in die Lage versetzt werden wird, nichts anderes zu sehen außer Gott, so wird das Glück des Entwerdens in Gott (fena fi-llah) eintreten; damit endet die Situation des mystischen Pfads (tarikat hali); damit wird der spirituelle Gang zu Gott (seyr ilallah) vervollständigt.

Danach tritt man in den Zustand des Beweises, der als Gang zu/Verweilen in Gott (seyr fillah) bezeichnet wird, ein und nur Gott nimmt im Herzen Platz. Es ist dann richtig, denjenigen, der diese Zustände durchlebt hat, wali zu nennen, den wahren Freund Gottes.

nafs emmara („die ständig zum Schlechten anstiftende Triebseele“)

22) sâlik bedeutet Schüler, Lehrling, Jünger, Novize. Eigentlich ist es derjenige, der in einen mystischen Orden eingetreten ist.

30

wandelt sich dann zur nefs mutmainne („die beruhigte Seele“), wendet sich von ihrem Unglauben und Leugnen ab. Die Seele ist mit ihrem Herrn und ihr Herr ist dann mit ihr zufrieden. Die der Seele innewohnende Lustlosigkeit gegenüber den Gottesdiensten wird verschwinden. 23

Bayındır: Sie reden von „Entwerden in Gott“, „dem spirituellen Gang zu Gott oder Verweilen in Gott“ und bezeichnen diese als sehr wichtige Stadien. Haben Sie dafür Beweise aus dem Koran und den Aussagen des Propheten Muhammed (s)? Gab es zur Zeit des Propheten (asr saadet)24 und der rechtgeleiteten Kalifen Menschen, die diese Ausdrücke verwendet haben? Das alles entstammt dem Buddhismus. Womit kann man einen Gang zu Gott, der zu Lebzeiten des Menschen beendet wird, erklären? Wie dem auch sei. Ich möchte jetzt dieses Thema nicht anschneiden. 25

Da wali „Freund Gottes“ bedeutet, weiß Gott am besten, wer seine Freunde sind. Er sagt dazu Folgendes:

Wisset, die Freunde Gottes brauchen keine Angst zu haben, und sie werden nicht traurig sein. Diese sind diejenigen, die glauben und rechtschaffen sind. (Yunus 10/62-63)

Das heißt, wer glaubt und rechtschaffen ist, ist Gottes Freund. Das sind nach dem 3. und 4. Vers der 2. Sure Baqara:

23) Siehe Ruhu' l-Furkan, Bd. II, S. 63.24) asr-ı saadet nennt man die Zeit, in der Muhammad (s) als Prophet wirkte.25) Mehr zu diesen Themen siehe Abdulaziz BAYINDIR, Duada Evliyayı Aracı Koyma ve Şirk, İstanbul 2001.

31

Diejenigen, die von Herzen glauben, das Gebet verrichten, von den Gaben, die ihnen beschert wurden, am richtigen Platz spenden, die an das, was an Muhammad und an die Propheten vor ihm herabgesandt worden ist, glauben, und das Jenseits ohne Zweifel akzeptieren.

Diese Beschreibung trifft ohne weiteres auf jeden Muslim zu. Warum geben Sie für den Begriff wali unterschiedliche Erklärungen, obwohl es dafür im Koran eine Erklärung gibt?

wali heißt Freund, das Gegenteil davon ist der Feind. Heißt das jetzt, dass diejenigen, die Sie eben beschrieben haben, Freunde Gottes sind und die Muslime, Gott bewahre, die Feinde Gottes?

Und einige nehmen den Teufel zum Freund:

Und wer sich den Satan in der Weite Gottes zum Freund nimmt, der wird einen offenkundigen Verlust erleiden. (Nisa 4/119)

Freundschaft ist gegenseitig. Die Gläubigen sind Freunde Gottes, so wie Gott ihr Freund ist. Der Teufel ist wiederum der Freund derer, die ihn zum Freund haben.

Gott ist der Freund derer, die glauben; Er führt sie aus der Finsternis hinaus ins Licht. Diejenigen, die Gott nicht anerkennen, haben die Tyrannen zu Freunden; diese führen sie aus dem Licht hinaus in die Finsternis. Das sind die Gefährten des Feuers, sie werden darin ewig weilen. (Baqara 2/257)

32

Bei Gott, Wir haben vor dir Propheten an Völker gesandt. Da ließ der Satan ihnen ihre Taten schön erscheinen. So ist er heute auch ihr Freund, und es gibt für sie eine schmerzhafte Pein. (Nahl 16/63)

Wir haben die Satane denen zu Freunden gemacht, die nicht glauben. (Araf 7/27)

Sie haben sich die Satane anstelle Gottes zu Freunden genommen und meinen, sie seien der Rechtleitung gefolgt. (Araf 7/30)

Die Gläubigen sind einander Freund.

Die Gläubigen sollen sich nicht die Ungläubigen anstelle der Gläubigen zu Freunden nehmen. Wer das tut, soll nichts von Gott erwarten. Es sei denn, ihr hütet euch wirklich vor ihnen. (Al-i Imran 3/28)

Darüber gibt es mehrere Koranverse. Es gibt Stufen der Freundschaft. Es gibt Menschen, die sich mit allen Mitteln bemühen, Gott ein guter Diener zu sein; sie spenden ihr Vermögen, ihr Leben oder ihr ganzes Hab und Gut. Natürlich ist Gott diesen Personen noch näher in seiner Freundschaft.

Und was Wir dir vom Buch offenbart haben, ist die Wahrheit. Es bestätigt, was vor ihm vorhanden war. Gott hat Kenntnis von seinen Dienern, und Er sieht sie wohl. Dann haben Wir das Buch denen von unseren Dienern, die Wir auserwählt haben, hinterlassen. Manch einer von ihnen tut sich selbst Unrecht, manch anderer von ihnen geht einen

33

Mittelweg, und manch anderer von ihnen ist im Wettlauf nach den guten Dingen voraus mit der Erlaubnis Gottes. Das ist die große Tugend. (Fatir 35/31-32)

Diejenigen, die diese Tugendhaftigkeit erreicht haben, wissen, dass Gott ständig bei ihnen ist und dass sie mit seiner Hilfe jede Schwierigkeit überwinden werden, sie vertrauen auf Gott und gehen ihren Weg weiter.

34

5) Hilfe von Freunden Gottes26

Sufi-Meister: Der ehrwürdige Abdülkadir Geylânî sagt in einem seiner Gedichte:

„Egal, wo mein Schüler ist – im Osten oder Westen,Ich eile ihm zu Hilfe, wo er sich befindet.“27

Bayındır: Dies widerspricht vielen Koranversen ganz deutlich. Gott der Erhabene gebietet:

Oder wer erhört den Bedrängten und eilt ihm zu Hilfe, wenn er zu Ihm ruft, und beseitigt das Böse und macht euch zu Nachfolgern auf der Erde? Gibt es denn einen (anderen) Gott neben Gott? Wie wenig ihr denkt. (Naml 27/62)

Wenn in unüberwindlichen Situationen andere außer Gott um Hilfe gebeten werden und diese dann zur Hilfe eilen, wer wird noch Bedarf haben, zu Gott zu flüchten?

Sufi- Meister: Wenn du an Abdülkadir Geylani nicht glaubst, dann brauchen wir mit dir nicht zu reden.

26) Die in diesem Kapitel dargelegten Ansichten wurden bei unserem Treffen mit Mahmut Ustaosmanoglu (Mahmut Efendi) geäußert.27) Dieses Gedicht kommt in dem Werk Sikke-i Tasdik-i Gaybi von Said Nursi vor. Siehe: Risale-i Nur Külliyatı, İstanbul 1995, Bd. II, S. 2083.

35

Bayındır: An Abdülkadir Geylani zu glauben ist kein islamischer Glaubensgrundsatz, aber an den Koran zu glauben, ist ein islamischer Glaubensgrundsatz.

Nach meiner Meinung sind viele dieser Informationen über diese Personen erfunden. Auch das eben erwähnte Gedicht. Warum sollen diejenigen, die Aussagen erfinden, und diese dem Propheten Muhammed (s) zuschreiben, nicht auch Abdülkadir Geylani, Mevlana oder Imam Rabbani etwas zuschreiben?

Wenn Abdülkadir Geylani persönlich käme und diese Aussage machte, so würden wir es, ohne zu zögern und einen Sinn dahinter zu erhoffen, ablehnen. Denn wir werden im Jenseits nicht nach Abdülkadir Geylani, sondern nach den Geboten des Korans zur Rechenschaft gezogen.

36

6) Die geistige Unterstützung des s (Himma)

Himma („Unterstützung“) bedeutet im Arabischen „eine Angelegenheit ausführen“, „sich entschließen“, „fest überzeugt sein“. Im Türkischen wird es im Sinne von „geistige Unterstützung“, „in Schutz nehmen“ oder „Bescherung“ verwendet. Man glaubt daran, dass der seinen Schülern auf außergewöhnlichen Wegen helfen und sie aus schwierigen Situationen retten würde.

Schüler: Akzeptierst du die geistige Unterstützung des Meisters auch nicht? Egal, ob du daran glaubst oder nicht, durch die geistige Unterstützung meines Meisters klappt bei mir alles ohne Probleme. Das sehe und erlebe ich.

Bayındır: Mit „Himmet des Meisters“ meinen Sie doch nicht seine Fürsorge gegenüber Ihnen? Sie meinen vielmehr wohl seine geistige Unterstützung?

Schüler: Das stimmt. Als ich zum Beispiel bei der Pilgerfahrt auf der Ebene Arafat war, habe ich die geistige Unterstützung meines Meisters erlebt. Er war eigentlich in der Türkei. Ich kam ohne weitere Probleme von Arafat, und nach den Steinigungen der Säule, die den Teufel symbolisieren, war ich um acht Uhr schon im Hotel.

Bayındır: Wieso nicht die Hilfe Gottes, sondern die geistige Unterstützung des Meisters?

Schüler: Wegen des Stellenwertes meines Meisters bei Gott hilft Gott wiederum seinen Schülern.

37

Bayındır: Immer dieselben Antworten. Wer hat diejenigen unterstützt, die vor acht Uhr im Hotel angekommen sind?

Zu diesem Thema wurden sehr viele Verse angeführt. Man sollte sich aber auch über die folgenden Verse Gedanken machen:

Sage: „Ruft doch die an, die ihr neben Ihm wähnt; sie haben keine Macht, weder das Unheil von euch zu nehmen noch es in eine andere Richtung abzuwenden.“ Jene, die in der Nähe ihres Herrn Helfer rufen, wenn sie auf sein Erbarmen hoffen und seine Strafe fürchten, suchen einen Vermittler, der zu Ihm am nächsten sei. Wahrlich, die Strafe deines Herrn ist zu fürchten.28 (Isra 17/56-57)

Sie glauben auch noch daran, dass Ihr Meister für euch im Jenseits Fürsprache einlegen wird. Wenn die Meister die Schüler im Jenseits und auch im Diesseits erretten können, so ist dann ihre Zufriedenstellung wichtiger als alles. Dann braucht man nicht mehr Gott um etwas anzuflehen.

Das ist Häresie. Wenn Sie, sich von diesem Weg abwendend, sich nicht auf den richtigen Weg begeben, dann fürchte ich, dass Ihr Ende sehr schlimm ausfallen wird.

28) Die Übersetzung unterscheidet sich von anderen türkischen Übersetzungen. Außer den Ereignissen wurde hier keine Bestimmung getroffen, daher ist diese Übersetzung die richtige ( îون ïع ñدîي îين óذôال îكóئ îولـïأ) ist Subjekt (… ىîلóإ îون ïغîتñبîي) ist das Verb, ( ïب îرñقîأ ñمïي°هîأ) in diesem Satz ist dies ein deklinierter Personalpronomen und steht in demselben Kasus wie ( îةîيل óس îوñال). Der folgende Satz ( îون ïغîتñبîي) bestimmt, in welchem Zustand das Subjekt des Verbes sich befindet.

38

7) Erhoffen auf die Erhörung des Bittgebetes um

des Meisters willen

Schüler: Bitten wir Gott nicht, unsere Bittgebete aufgrund einer Persönlichkeit zu erhören? Flehen wir Gott nicht an „O mein Herr, erhöre meine Gebete wegen Muhammed (s) oder der ehrwürdigen Gottesfreunde, der Märtyrer oder Frommen“?

Bayındır: Ja, es gibt Menschen, die ihre Bittgebete so formulieren. So etwas findet man auch in Büchern wie Mevlüd von Süleyman Çelebi. Aber solche Bittgebete darf es nicht geben. In diesem Punkt sagt einer der hanafitischen Gelehrten, Ibn Abil-Izz:

„Es ist nicht erlaubt, einen anderen außer Gott als Ursache für die Erhörung der Bittgebete zu sehen und jemanden als Vermittler zwischenzuschalten.“

Damit meint er folgende sinngemäße Anrufung Gottes: „Da jene Person zu deinen frommen Dienern gehört, so erhöre meine Bittgebete.“ Es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Erhörung der Gebete einer Person und der Frömmigkeit einer anderen Person. Dies ist Übertreibung in Bittgebeten. Gott der Erhabene sagt:

Bittet Gott, Euren Herrn, anflehend und innig! Er liebt wahrlich nicht die Übertreter. (Araf 7/55)

Diese oben erwähnten und ähnlichen Bittgebete wurden später erfunden. Ein solches Bittgebet wurde weder vom Propheten Muhammad (s) noch von seinen Gefährten, noch von der nachfolgenden Generation oder den großen Gelehrten der

39

Rechtsschulen überliefert. So etwas gibt es nur in einigen vermeintlichen Zaubersprüchen, die von Unwissenden oderjkkjkjk Ordensmitgliedern verfasst wurden. 29

29Ali b. Muhammad b. Abi

l-İzz ad-Dimaschqî (gest. 792 nach H./1390 n

.. Chr.)

, Scharhu l-akîdati t-tahâviyya, Beirut, 1408/1988, Bd.

I, S.

295-297.

40

8) Durch außerordentliche Mittel helfen

Schüler: Bitten sich die Menschen nicht gegenseitig um Hilfe? Ist dies dann nicht auch Hilfesuche bei einem anderen als Gott?

Bayındır: Es gibt viele Verse und Aussagen des Propheten Muhammed (s), die gegenseitige Unterstützung empfehlen. Aber jedem ist klar, dass Hilfesuche bei Geistern etwas anderes ist. Man sucht bei ihnen Hilfe in Sachen, die außerhalb des menschlichen Einflussbereiches liegen, und diese erwartete Hilfe soll auf übernatürlichem Wege geschehen. Dies geschieht entweder, um sich von einem Angstzustand zu befreien oder sich einen Wunsch zu erfüllen.

Zum Beispiel wurde berichtet, dass jemand in Istanbuler Stadtteil Tuzla den Onkel des Propheten Muhammad (s), Hamza, mit den Worten „O unser Herr Hamza“ zu Hilfe rief, als sein Auto von der Flut mitgerissen wurde.30 Wenn er die dortigen Menschen zu Hilfe gerufen hätte, wäre dies nicht als ungewöhnlich empfunden werden. Oder hätte er Hilfe von Gott erbeten, der alles sieht und schützt, so hätte er damit sogar etwas Gutes getan. Er aber rief Hamza zu Hilfe, der Tausende Kilometer weit weg in seinem Grab liegt und von der Situation nichts weiß.

Das heißt, er glaubt daran, dass Hamza seine Hilferufe hören kann und über die nötige Kraft und Macht verfügt, bis dorthin kommen zu können, um ihm zu helfen. Würde er sonst in einer solchen Notsituation Hamza rufen? So träumt er von übermenschlichen Eigenschaften Hamzas. Diese sind Eigenschaften wie lebendig sein, wissend, sehend, hörend sein, Willen und Macht besitzen, die eigentlich in der Form nur Gott zugesprochen werden.

30) Küçük Dünyam 2, Zeitung Zaman, 28 November 1996.

41

Lebendig sein (hayat) bedeutet, dass er lebt. Würde er Hamza um Hilfe bitten, wenn er nicht davon ausgehen würde, dass Hamza nicht lebt?

Schüler: Aber die Märtyrer sterben nicht.

Bayındır: Das stimmt, die um Gottes Wohlwollen gestorben sind, sind nicht in Wirklichkeit gestorben. In einem Vers heißt es:

Und sagt nicht von denen, die auf dem Weg Gottes getötet werden, sie seien tot. Sie sind vielmehr lebendig, aber ihr merkt es nicht. (Baqara 2/154)

Das ist aber eine Lebendigkeit, die wir nicht begreifen können. Wäre dem nicht so, würde der Prophet Muhammad (s) so betrübt gewesen, als Hamza im Krieg fiel? Würde Hamza zu Hilfe kommen können, wenn man ihn ruft, so hätte der Prophet ihn ab und zu gerufen und seine Sehnsucht nach ihm gestillt. Der Gefährte Abdullah ibn Masud sagte: „Wir haben nie den Propheten so viel weinen sehen, wie er wegen des Todes vom Hamza geweint hat. Er hat seinen Leichnam Richtung Kaaba gedreht, stand vor ihm und weinte schluchzend.“ 31

Wahschi, der Hamza getötet hatte, wurde nach Jahren Muslim und unser Prophet Muhammad (s) bat ihn, sich bei ihm nicht sehen zu lassen.32

Auf das Märtyrer-Thema werden wir noch zurückkommen.

Als der Prophet Muhammad (s) starb, hielt Abu Bakr (Gott erbarme

31) Safiyyu r-Rahmân al-Mubarakfûri, ar-Rahiku l-mahtûm, Beirut 1408/1988, S. 255-256.

32) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Buchari, Meghazi, Nr. 23.

42

sich seiner) eine wichtige Rede und sagte:

„Schaut, wer von euch Muhammad (s) anbetet, soll wissen, Muhammed (s) ist tot. Und wer von euch Gott anbetet, soll wissen, Gott ist lebendig und wird nicht sterben.“

Gott gebietet im Koran:

Muhammad ist nichts anderes als ein Gesandter Gottes, dem andere Gesandte vorausgegangen sind. Werdet ihr etwa kehrtmachen, wenn er sterben oder getötet werden sollte? Wer kehrtmacht, wird Gott nicht den geringsten Schaden zufügen. Gott aber belohnt gewiss die Dankbaren. (Al-i İmran 3/144)

Der Gefährte Abdullah b. Abbas sagt:

„Bis Abu Bakr diesen Vers rezitierte, war es so, als ob niemand wusste, dass Gott einen solchen Vers offenbart hat. Von da an hörte ich jeden diesen Vers rezitieren. Said b. al-Musayyab sagte mir, dass er Omar folgendes sagen hörte:

‚Bei Gott, als Abu Bakr diesen Vers rezitierte, war mir so, als ob ich ohnmächtig geworden wäre. Meine Füße trugen mich nicht mehr. Ich fiel um, als ich ihn diesen Vers rezitieren hörte. Der Prophet (s) war wahrlich gestorben.‘“ 33

Diese beiden Verse betreffen auch den Propheten:

Wir haben keinem Menschen vor dir Unsterblichkeit verliehen. Wenn du sterben wirst, werden sie dann unsterblich sein? (Enbiya 21/34)

33) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Buchari, Meghazi, Nr. 83.

43

Wahrlich, du wirst sterben, sie werden auch sterben. (Zumar 39/30)

Wer kann demnach behaupten, dass Hamza in einem für uns begreifbaren Sinne lebendig ist? Gott der Erhabene gebietet:

Und Gott weiß, was ihr geheim haltet und was ihr offenlegt. Und diejenigen in der Nähe Gottes, die sie anrufen, erschaffen nichts; sie werden aber selbst erschaffen. Tot sind sie, nicht lebendig, und sie merken nicht, wann sie erweckt werden. (Nahl 16/19-21)

Leider missbrauchen sie den Propheten Muhammad (s) für ihre bösen Zwecke. Sie verlegen sich auf Lüge und Verleumdung, damit der psychische Druck, den sie auf Menschen ausüben, fortgeführt werden kann. Trotz so vieler Verse behaupten sie, dass der Prophet lebe und sie mit ihm in Kontakt treten könnten. Sie behaupten sogar, dass der Prophet wie ein Inspekteur Kontrollen durchführe. Es ist selten, dass gierige Menschen zur Vernunft kommen, dennoch möchte ich für diejenigen, die ein wenig von ihrem Verstand Gebrauch machen können, diese Worte des zweiten Kalifen Umar zitieren:

„Ich wünschte, der Gottesgesandte würde noch leben und nach uns sterben. Obwohl der Prophet Muhammad (s) in der Tat gestorben ist, hat Gott unter euch ein Licht gesetzt; ihr findet damit den wahren Weg. Gott hat Muhammed (s) mit diesem Licht auf den wahren Weg geführt.“ 34

Dieses Licht ist der Koran. Der Prophet Muhammad (s) sagte in seiner Abschiedspredigt:

34) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Buchari, Ahkam, Nr. 51.

44

„Ich habe euch etwas hinterlassen, wenn ihr euch daran festhaltet, so werdet ihr nicht irre gehen: das Buch Gottes.“ 35

Das ist die Wahrheit.

Was gibt es denn jenseits der Wahrheit anderes als den Irrtum? (Yunus 10/32)

Die erwähnte Person geht auch davon aus, dass Hamza über die Eigenschaft „Wissen“ (ilm) verfügt. Wissen heißt Kenntnis haben, begreifen. Der Mensch hat auch die Fähigkeit zu wissen; - dies aber ist begrenzt auf die Inhalte, die er lernen und begreifen kann. Diese geraten aber auch mit der Zeit in Vergessenheit. Gottes Wissen ist jedoch grenzenlos. Er kennt alles bis ins kleinste Detail in vollkommener Weise und vergisst nichts.

Damit Hamza, der nie in Istanbul war, dorthin kommen könnte, müsste er die Strecke bis dorthin kennen. Jene Person, die ihn zur Hilfe rief, setzt Hamzas Wissen ohne Zweifel nicht mit Gottes Wissen gleich. Aber da er ihn dorthin ruft, geht er von einer Beteiligung Hamzas am göttlichen Wissen aus.

Die dritte Eigenschaft ist das Hören (sam‘); die Fähigkeit zu hören. Gott beschenkte den Menschen mit der Fähigkeit des Hörens. Das ist aber auf Laute zwischen bestimmten Frequenzen und bis zu einer bestimmten Entfernung begrenzt.

Gott lässt hören, wen Er will. Du bist es nicht, der die hören lässt, die in den Gräbern sind. (Fatır 35/22)

35) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Muslim, Hadsch, Kapitel 19, Nr. 147- (1218).

45

Gott hört alles. Die geheimsten Laute, Bewegungen, innigen Gebete, und alles wird von Ihm gehört. Wenn jetzt diese Person sich einbildet, dass Hamza ihn hören kann, wenn er in Istanbul nach ihm ruft, hat er ihn nicht als Teilhaber an Gottes Eigenschaft „Hören“ gesehen? Denn solch ein Hören kann nur für Gott in Betracht kommen.

Die vierte Eigenschaft ist das Sehen (basar). Basar meint die Fähigkeit zu sehen. Die Menschen haben auch die Fähigkeit zu sehen, welche aber sehr begrenzt ist. Gott der Erhabene sieht sogar kleinste Dinge bis ins kleinste Detail.

Jemand, der eine im Grab liegende Person aus einer Entfernung von Tausenden von Kilometern zu Hilfe ruft, geht davon aus, dass er ihn sieht. Wie könnte er sonst über seine Situation Bescheid wissen. Ein solches Wissen ist nur Gott eigen, und wenn Hamza auch so hören könnte, dann nähme er teil an Gottes Eigenschaft des Sehens.

Die fünfte Eigenschaft ist der Wille (irada), und die sechste Eigenschaft ist die Macht (qudra). Irada bedeutet „wollen“ und „entscheiden“. Qudra heißt „Macht haben, etwas auszuführen“.

Der Wille und die Macht des Menschen sind begrenzt. Wenn er stirbt, bleibt davon nichts übrig. Jene Person würde Hamza nicht zu Hilfe rufen, wenn er nicht davon ausginge, dass er über Willen verfügt, diesen Ruf anzunehmen und die nötige Hilfe zu leisten, sonst hätte er ihn nicht gerufen. Damit werden jemandem übernatürliche Macht und Wille zugetraut. Nur Gott ist in Besitz eines solchen Willens und solcher Kraft. Wenn dem so wäre, hätte Hamza eine Teilhaberschaft an diesen zwei Eigenschaften Gottes. Gott der Erhabene gebietet:

Diejenigen in der Nähe Gottes, die ihr ruft, sind nur Diener wie ihr selbst. So ruft sie doch, dass sie euch erhören, wenn ihr Recht habt. Haben sie denn Füße, mit denen sie gehen, oder haben sie Hände, mit denen sie zugreifen, oder haben sie Augen, mit denen sie sehen, oder haben sie Ohren, mit denen sie hören? Sprich: Ruft eure Teilhaber, und dann geht gegen

46

mich mit eurer List vor und gewährt mir keinen Aufschub. Mein Freund ist Gott, der das Buch herabgesandt hat, und Er schenkt seine Freundschaft den Rechtschaffenen. Diejenigen in der Nähe Gottes, die ihr anruft, können euch keine Unterstützung gewähren, noch können sie sich selbst helfen. (Araf 7/194-197)

Und sie haben sich Götter in der Nähe Gottes genommen, in der Hoffnung, Unterstützung zu finden. Sie können doch ihnen keine Unterstützung gewähren, und sie sind für sie Truppen, die selbst vorgeführt werden. (Yasin 36/74-75)

Und sie haben sich Götter in der Nähe Gottes genommen, damit sie ihnen Unterstützung leisten. Nein umgekehrt, sie werden deren Anbetung leugnen und ihnen zu Feinden werden. (Maryam 19/81-82)

Diesen Versen zu Folge wird klar, dass die oben beschriebene Verhaltensweise als Beigesellung bezeichnet werden kann. Das heißt, Beigesellung liegt vor, wenn davon ausgegangen wird, dass Gott nahe geglaubte Personen im Besitz derjenigen Eigenschaften sind, die eigentlich nur Gott eigen sind, und dann zu Hilfe gerufen werden.

Sprich: Schaut, wen in der Nähe Gottes ihr anruft. Zeigt mir, was sie auf der Erde erschaffen haben. Oder haben sie etwa einen Anteil an den Himmeln? Bringt mir doch ein Buch her, das vor diesem wäre, oder auch nur eine Spur von Wissen, wenn ihr die Wahrheit sagt. Und wer ist weiter abgeirrt als der, der solche in der Nähe Gottes anruft, die ihm bis zum Tag der Auferstehung nicht antworten können. Sie

47

haben kein Bewusstsein davon, dass man sie rief. (Ahqaf 46/4-5)

Schüler: Kann Gott, wenn er will, Hamza nicht mit solchen Eigenschaften versehen?

Bayındır: Gottes Macht reicht für alles aus, aber Gottes Macht kann hier nicht als Argument angeführt werden. Im Angesicht so vieler Verse kann niemand behaupten, dass Hamza solche speziellen Kräfte verliehen worden sind. Wir Menschen, und die Gesandten Gottes eingeschlossen, sind alle Diener und Sklaven Gottes. Und Gott ist unser Herr und Gebieter. Der Sklave hat keine Befugnis gegenüber seinem Herrn. Deswegen hat kein Mensch, die Gesandten eingeschlossen, Macht und Befugnis gegenüber Gott. Außer den Befugnissen, die Gott einem erteilt. Noch dazu ist es eine unverzeihliche Sünde, in jenen Bereichen, in denen Gott niemandem Macht gegeben hat – siehe oben erwähnte Verse –, zu behaupten, dass einige Menschen diese doch haben.

Schüler: Aber diese Person hat an einer anderen Stelle persönlich beobachtet, dass Hamza zu Hilfe geeilt ist. Sie sagt: „Ein Wesen, das man Dschinn nennen könnte, hielt meine Hand fest und versuchte mich mitzunehmen. Ich war sehr bedrückt. Dann schrie ich um Hilfe, betend: ‚O ehrwürdiger Hamza‘. Dieser beeindruckende Gefährte nahm meine Hilferufe an und schien mitten im Zimmer zu erscheinen. Der Dschinn zog sich zurück, als er ihn sah und ging durch die Wände und verschwand.“ 36

Bayındır: Jedem in einer bedrückenden Lage hilft Gott, und so hat er auch ihm geholfen. Als Gott ihn aus der Lage befreit hatte, dachte er, dass dies Hamza getan habe. Gott sagt dazu:

36) Küçük Dünyam-2, Zeitung Zaman, 28. November 1996.

48

Siehe, Gott gehört, wer in den Himmeln und wer auf der Erde ist. Was verfolgen diejenigen, die Teilhaber in der Nähe37 Gottes rufen? Sie folgen nur Vermutungen. Was sie machen, ist nur Unsinn. (Yunus 10/66)

a) Die Quelle der ausserordentlichen Macht

Schüler: Der eigentliche Wunsch dessen, der Hamza um Hilfe bat, ist, dass Gott Hamza zu Hilfe schickt. Was hat das damit zu tun, dass man einen anderen zum Gott nimmt als den einzigen Gott?

Bayındır: Wir analysieren mal diesen Satz:1. Jene Person sagt an einer Stelle: „Von großen und heiligen Geistern kann man Hilfe erbitten.“ 38 Gott lehnt aber diese Behauptung wie folgt ab:

Sprich: Wer errettet euch aus den Finsternissen des Festlandes und des Meeres? Ihr ruft Ihn in Demut und im Verborgenen an: Wenn Er uns hieraus rettet, werden wir sicher zu den Dankbaren gehören. Sprich: Gott errettet euch daraus und aus jeder Trübsal. Ihr aber gesellt ihm weiterhin andere bei”(An‘am 6/63-64)

Das heißt, sie suchen in einer bedrückenden Lage nur bei Gott Hilfe. Wenn die bedrückende Lage vorüber ist, so behaupten sie, dass sie einen wie Hamza gerufen und durch seine Hilfe Rettung bekommen hätten.

37) Im Vers kommt das Wort .vor دون Es wurde schon erläutert, dass dieses Wort ein anderes Wort für das Wort “näher” ist.38) Küçük Dünyam-2, Zeitung Zaman, 28. November 1996.

49

2. Was würde es ändern, anzunehmen, dass Gott Hamza diese Macht erteilt habe? Es gibt dafür keinen Beweis. Hamza kann diesen Ruf überhaupt nicht hören. Über diese Verse sollten wir uns wieder Gedanken machen:

Sprich: Schaut, wen in der Nähe Gottes ihr anruft? Zeigt mir, was sie auf der Erde erschaffen haben. Oder haben sie etwa einen Anteil an den Himmeln? Bringt mir doch ein Buch her, das vor diesem wäre, oder auch nur eine Spur von Wissen, wenn ihr die Wahrheit sagt. Und wer ist weiter abgeirrt als der, der solche in der Nähe Gottes anruft, die ihm bis zum Tag der Auferstehung nicht antworten können. Sie haben kein Bewusstsein davon, dass man sie rief. (Ahqaf 46/4-5)

Die Polytheisten gingen davon aus, dass ihre Götzen ihre Kräfte von Gott bekommen. Dies war aber eine haltlose Behauptung. Über diese Verse sollte man auch nachdenken:

Sprich: Wer versorgt euch vom Himmel und von der Erde? Oder wer ist der Besitzer des Hörens und Sehens? Wer bringt das Lebendige aus dem Toten und bringt das Tote aus dem Lebendigen hervor? Und wer regelt jede Angelegenheit? Sie werden sagen: Gott. Sprich: Wollt ihr denn nicht gottesfürchtig sein? Das ist eben Gott, euer wahrer Herr. Was gibt es denn jenseits der Wahrheit als den Irrtum? Wie lasst ihr euch doch abbringen! (Yunus 10/31-32)

Als die Polytheisten die Kaaba umschritten, sagten sie:

„Hier bin ich, mein Gott, du hast gar keinen Teilhaber. Du hast nur einen Teilhaber, du bist der Besitzer von ihm und von seinen ganzen Befugnissen.“

50

Ibn Abbas, der uns dies überliefert, sagt: Als sie „Hier bin ich mein Gott, du hast keinen Teilhaber“ riefen, ksagte der Prophet Muhammad (s): „Schade für euch, hört hier auf, hört sofort auf.“ 39

Eine Macht, die Gott nicht erteilt hat, in ihren Götzen zu sehen, reichte aus, dass sie zu Polytheisten wurden. Es änderte daran auch nichts, wenn sie behaupteten, dass Gott den Götzen diese Befugnis erteilt habe. In einem Vers wird geboten:

Und sie verehren vor40 Gott das, wofür Er keinen Beweis herabgesandt hat und wovon sie selber auch kein Wissen haben. Für die, die Unrecht tun, gibt es keinen Helfer. (Hadsch 22/71)

Schüler: Jene ehrwürdige Person sagt, nach diesem Ruf war es so, als ob „Hamza im Zimmer erschiene“, und erzählt, woran er sich noch erinnert: „Die Frau eines alten Freundes war erkrankt. Überall suchten sie vergeblich nach Heilung. Ich dachte, ich gebe ihnen eine Gebetssammlung, in der auch die Gefährten erwähnt werden, die am Badr-Krieg teilgenommen haben. Niemand wusste, dass ich bei ihnen vorbeischauen würde. Als ich die Treppen hochstieg, war die Frau in einem Trance-Zustand41. Die Dschinn haben ihr gesagt: ‚Der Hodscha kommt, wir werden aber auch ihn überlisten.‘ Ich klopfte an der Tür. Als sie mich sah, war sie überrascht. ‚Diese Gebetssammlung möge unsere Schwester auf ihrem Kopf tragen, das wird bestimmt nützen, die Dschinn werden sich ihr nicht mehr nähern‘, sagte ich und nahm im Wohnzimmer Platz. Dann legte mein Freund die Gebetssammlung auf den Kopf seiner Frau. Unsere

39) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Muslim, Pilgerfahrt, Nr. 22, 1185.40) Das Wort دون hat auch die Bedeutung von بلق „vor“. Erläuterungen zu diesem Thema wurden in den vorangegangenen Kapiteln gemacht.41) Trance ist französisch und bedeutet “sich verlieren”, „die Warner nicht mehr wahrnehmen” und eine Art Schlaf.

51

Schwester schrie in Trance: ‚Ihr lauft jetzt weg, weil Hamza gekommen ist, nicht wahr?‘ Ist dies auch gelogen?“

Bayındır: Dass Sie sich nicht über so viele Verse, sondern diese Erzählung Gedanken machen, verwundert mich. Das Ganze kann nur ein teuflischer Schwindel sein.

b) Das Leben der Geisterwesen

Schüler: Ich bin immer noch nicht überzeugt. Soweit ich weiß, gibt es fünf Arten von Leben.Die erste Art ist unser Leben. Die zweite ist das Leben von Khidr und Ilyas (a.s.). In einem Augenblick können sie an verschiedenen Stellen gleichzeitig anwesend sein. Wenn sie wollen, essen und trinken sie wie wir. Die dritte Art ist das Leben von Idris und Jesus (a.s.). Dies ist ein Leben wie das der Engel, ein hell-heiliges Leben. Die vierte ist das Leben der Märtyrer, und das fünfte ist das Leben der in den Gräbern befindlichen.

Da die Märtyrer ihr Leben auf dem Wege Gottes aufgeopfert haben, beschert Gott ihnen ein Leben zwischen dieser Welt und dem Jenseits, das eher dem irdischen Leben ähnelt, aber ohne Kummer und Sorgen ist. Sie fühlen sich nicht als gestorben, sondern an einem besseren Platz angekommen. Sie sind sehr glücklich. Genauso ein Leben führt der Herr der Märtyrer, der ehrwürdige Hamza. Es ist möglich, dass er die Menschen in Schutz nimmt, die bei ihm Zuflucht suchen, und die irdischen Angelegenheiten erledigt oder sie erledigen lässt. 42

Bayındır: Es stimmt, dass die auf Gottes Weg Getöteten eigentlich lebendig sind. Wie kann es aber vergeben werden, wo doch Gott der

42) Said Nursi, Mektubat, 1. Mektup, Risale-i Nur Külliyatı, İstanbul 1994, Bd. I, S. 347.

52

Erhabene sagt „Ihr werdet es nicht begreifen“, zu behaupten, dass Sie das verstanden haben? Das Thema Märtyrer werden wir in einem anderen Kapitel nochmals behandeln.Wenn Sie noch Zweifel daran haben, dass Hamza den bei ihm Zuflucht Suchenden nicht zu Hilfe eilen kann, so lesen Sie bitte die oben erwähnten Verse in Ruhe und reflektieren sie nochmals. Wenn ihr gläubig seid, so werdet ihr an solch eine Behauptung nicht im Geringsten glauben. Einer dieser Verse, der diese Behauptung widerlegt, lautet:

Und wer ist weiter abgeirrt als der, der solche in der Nähe Gottes anruft, die ihm bis zum Tag der Auferstehung nicht antworten können. Sie haben kein Bewusstsein davon, dass man sie rief. (Ahqaf 46/5)

Schüler: Unser Leben ist bekannt, da gibt es gar keine Zweifel. Das Märtyrer-Thema ist auch geklärt. Was sagen Sie über die drei restlichen Lebensarten.

Bayındır: Die Frage müsste ich stellen. Worauf stützen Sie sich, wenn Sie behaupten, dass Khidr und Ilyas sowie Idris und Isa (a.s.) noch am Leben sind.

Schüler: Das habe ich nicht erfunden. Jene ehrwürdige Person, die dies sagt, führt die Existenz eines solchen Lebens auf die Beobachtungen der Freunde Gottes zurück, die eine hohe Stufe erreicht haben, und die sind vielfach überliefert.

Bayındır: Aber das Buch Gottes, Der über alles Bescheid weiß, sagt etwas anders:

Gott nimmt die Seelen während des Absterbens, und die Seele der nicht Gestorbenen nimmt er, wenn sie

53

schlafen. Dann hält er die Seele derjenigen zurück, über deren Tod Er entschieden hat, und schickt die anderen zurück bis zu einer bestimmten Frist. (Zumar 39/42)

Demnach hält Gott die Seelen der Verstorbenen an einem Ort fest, der zwischen Diesseits und Jenseits liegt. Gott sagt über diejenigen, die sich im Grab befinden:

Und die Lebendigen sind nicht den Toten gleich. Gott kann bei wem er will bewirken, dass er hört. Du aber kannst nicht bewirken, dass diejenigen hören, die in den Gräbern sind. (Fatir 35/22)

Man sollte über die Verse, die die Worte von Jesus im Jenseits beinhalten, nachdenken:

Und ich war ihr Zeuge, solange ich unter ihnen weilte, doch nachdem Du mich sterben ließest, bist Du alleine der Wächter über sie; und Du bist aller Dinge Zeuge. Du siehst und überwachst alles. (Maida 5/117)

Hier wird deutlich gesagt, dass Jesus gestorben ist und über seine Gemeinschaft nicht Bescheid weiß. Nun braucht man ihm keine neue Lebensform anzudichten. Gott der Erhabene sagte, als Jesus noch am Leben war, Folgendes:

Einst sprach Gott: ‚Jesus! Ich werde dich sterben lassen, dich zu Mir erheben und dich von den Leugnern läutern ...‘ (Al-i Imran 3/55)

54

c) Der Tod und der Schlaf

Schüler: Was sagst du über das Leben im Grab?

Bayındır: Gott der Erhabene setzt Tod und Schlaf gleich und gebietet:

Gott nimmt die Seelen während des Absterbens, und die Seele der nicht Gestorbenen nimmt er, wenn sie schlafen. Dann hält er die Seele derjenigen zurück, über deren Tod er entschieden hat, und schickt die anderen zurück bis zu einer bestimmten Frist. (Zumar 39/42)

Demnach hält Gott die Seelen der Verstorbenen an einem Ort fest. Dazu der folgende Vers :

Er ist es, der euch bei Nacht tötet und weiß, was ihr bei Tag macht. Er erweckt euch dann am Tage wieder, bis eine bestimmte Frist erfüllt ist. (An'am 6/60)

Die wörtliche Bedeutung des Wortes qiyama ist „auferstehen“. Das Auferstehen vom Tod ähnelt dem Aufstehen aus dem Bett, und das Ertönen der Posaune ist ähnlich wie das Wecksignal. Gott der Erhabene gebietet:

Es wird in die Trompete gestoßen. Dann werden sie gleich aus den Gräbern zu ihrem Herrn herbeieilen. Sie sagen: ‚O wehe uns! Wer hat uns von unserer Schlafstätte hinweg auferweckt?‘ (Yasin 36/51-52)

Nach der koranischen Auffassung ist der Tod eine Art Schlaf, das

55

Grab eine Schlafstätte, das Auferstehen nach dem Tode so etwas wie aus dem Schlaf aufzuwachen. Die in den Aussagen des Propheten Muhammed (s) erwähnte Grabespein muss wohl so etwas wie ein Alptraum im Schlaf sein.

Der Schlafende kann nicht wissen, wie viel Zeit im Schlaf vergangen ist. Genauso verhält es sich mit dem Toten. Dazu wurden im Koran zwei Beispiele angeführt, das eine betrifft den Toten und das andere den Schlafenden.

Die Leute von der Höhle (Ashabu l-Kahf) schliefen 309 Jahre lang.43 Dazu sagt Gott der Erhabene:

Wir haben sie auferweckt, damit sie einander fragen. Einer fragte: ‚Wie viele Tage seid ihr im Schlaf gewesen?‘ Sie sagten: ‚Einen Tag oder kürzer.‘ (Kahf 18/19)

Der Vers über den Tod lautet:

Seht ihr dies auch nicht,44 der an einer Stadt vorbeikam, die in Trümmern lag? Er sagte: ‚Wie kann Gott diese wieder lebendig machen, nachdem sie ausgestorben ist?‘ Da ließ ihn Gott sterben, und hundert Jahre tot sein,, dann erweckte Er ihn. Er sprach: ‚Wie lange hast du darin verweilt?‘ Er sagte: ‚Einen Tag oder einen Teil von einem Tag‘. Er sprach: ‚Nein, du hast hundert Jahre darin verweilt.

43) Sure Kahf 18/25.44) Da dieser Vers mit dem Satz “Hast du es nicht gesehen?” in Verbindung steht, haben wir der Übersetzung hier den Zusatz “Seht ihr dies auch nicht?” hinzugefügt.

56

Schau auf deine Speise und deinen Trank, sie sind nicht verfault. Und schau auf deinen Esel. Das ist, damit Wir dich zu einem Zeichen für die Menschen machen. Und schau auf die Gebeine, wie Wir sie aufrichten und sie dann mit Fleisch überziehen.‘ Als dies deutlich wurde, sagte er: ‚Ich weiß nun, dass Gott Macht über alle Dinge hat.‘ (Baqara 2/259)

Derjenige, der 100 Jahre lang, und diejenigen, die 309 Jahre lang geschlafen haben, denken, dass sie „nur einen Tag oder noch kürzer“ in diesem Zustand waren. Wer das Leben im Grab begreifen will, kann sich diese Verse als Maßstab nehmen.

Wie der Schlafende in Unkenntnis seines Körpers ist, so ist es der Tote auch. Da die Seele des Schlafenden nochmal in den Körper hineintritt, bleibt der Körper lebendig. Da aber die Seele des Verstorbenen nicht mehr in seinen ursprünglichen Körper zurückkehrt, stirb der Körper ab und verwest. Im Jenseits kehrt die Seele in einen neu erschaffenen Körper zurück, der sich wie vom Schlaf aufgewacht fühlt, und sagt: „Wer hat uns von der Stelle auferweckt, wo wir lagen?“ (Yasin 36/51-52) Der Körper ist in der Erde verwest und wurde von Neuem erschaffen, er bemerkt das aber nicht. Auch die vergangene Zeit bemerkt er nicht. So ist uns der Tod so nahe wie der Schlaf und die Auferstehung so nah wie das Aufwachen aus dem Schlaf.

Der Schlaf ist im Leben keine Unterbrechung, sondern eine notwendige Ruhezeit in der Kontinuität des Lebens. Der Prophet Muhammad (s) unterstreicht mit diesen Worten, dass die Auferstehung ähnlich wie das Leben auf der Welt ablaufen wird.

„Jeder Mensch wird in dem Zustand auferweckt, in dem er verstorben ist.“ 45

45) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Muslim, Paradies, Nr. 19, 83, 2878.

57

Am Tage der Abschiedspilgerfahrt fiel jemand von seinem Reittier, brach sich ein Genick und starb. Muhammad (s) sagte: „Wascht ihn mit Wasser und schönen Düften, wickelt ihn in zwei Tücher, parfümiert ihn nicht, auch seinen Kopf nicht zudecken. Denn er wird am Tage der Auferstehung auferweckt, indem er die talbiya46 ruft.“47

Diese Aussage des Propheten Muhammed (s) ist bemerkenswert. Hier wurde der Tod dieser Person wie der Schlaf eines Pilgers empfunden, der schläft. Der Pilger parfümiert sich nicht im Weihezustand und bedeckt sein Haupt nicht. Wenn er aus dem Schlaf aufwacht, spricht er die talbiya.

Schüler: Wie können wir dann erklären, dass das Grab entweder ein Garten von den Gärten des Paradieses ist oder eine Grube von den Gruben der Hölle.

Bayındır: Dies kann verglichen werden mit dem Traum. Wenn jemand einen schönen Traum hat, so möchte er nicht, dass dieser Traum ein Ende hat. Und derjenige, der Alpträume hat, ist glücklich, dass es sich nur um einen Traum gehandelt hat. Gott weiß das Richtige.

46) talbiya ist ein Gebet, das von denjenigen ausgerufen wird, die für den Hadsch oder die Umra in den Weihezustand treten. Im Original lautet es: Lebbeyk Allahumme labbayk, labbayka lâ scharik laka labbayk. Inna l-hamda wa-n-nimata laka wa-l-mulk, lâ scharîka laka. 47) Buchari, Leichnam, Nr. 20.

58

9) Beigesellung als Grund für den Untergang der

Muslime

Schüler: Da in unserem Land seit 70 Jahren keine ausreichende religiöse Erziehung stattfinden darf, kann es dazu kommen, dass unsere Gelehrten einige Fehler begehen. Wie Ihnen bekannt ist, wurde im Jahr 1924 das islamische Recht als Gesetz abgeschafft. Alle Gesetze wurden vom Westen übernommen. Einige Zeit war religiöse Erziehung gänzlich verboten. Der Gebetsruf wurde auf Türkisch ausgerufen. Für solche Praktiken kann man ziemlich viele Beispiele geben.

Bayındır: Sie können nicht die ganze Schuld auf andere schieben und sich dann aus der Sache ziehen. Damit machen Sie es sich einfach! Kam es zu den Umständen vor 70 Jahren aus heiterem Himmel? Warum hat die muslimische Welt im Ersten Weltkrieg eine schwere Niederlage erlitten?

Schüler: Dies hat unterschiedliche und zahlreiche politische, soziale, wirtschaftliche und militärische Gründe. Wirst du jetzt auch dies mit den Sufi-Orden in Verbindung bringen?

Bayındır: Dies mit Sufi-Orden in Verbindung zu bringen, wäre auch eine faule Ausrede. Wir überlassen die Beurteilung der politischen, sozialen, wirtschaftlichen und militärischen Gründe dieser Niederlage den Experten. Wir sprechen hier lieber von der Tatsache, dass wir uns nicht nach dem Koran richten, sondern den Versuch unternehmen, den Koran unseren Vorstellungen anzupassen.

Es wurden zahlreiche Worte, die dem Koran gänzlich widersprechen, als Aussagen des Propheten Muhammed (s) deklariert und viele davon wurden auch von den Muslimen ohne weiteres akzeptiert. Die folgende Aussage ist eine von ihnen:

59

“Wenn ihr in euren Angelegenheiten nicht weiterkommt, so bittet die Toten in den Gräbern um Hilfe.”48

Der Schaikhu l-Islam (Oberster Qadi) des osmanischen Herrschers Yavuz Sultan Selim, Ibn Kemal, gab dies als eine Aussage des Propheten Muhammed (s) aus. Darüber hinaus machte er philosophische Erklärungen, um die Richtigkeit dieser Aussage zu stützen. Dies haben wir unter der Überschrift „Die Toten um Hilfe bitten” behandelt.

Seit Jahrhunderten hat sich die islamische Welt vom Koran entfernt. Genauso wie die wurden die Gründer der Rechtsschulen für unantastbar erklärt, ihre Worte haben den Stellenwert des Korans und der Lebenspraxis des Propheten Muhammad (s) eingenommen, und die Muslime sahen in dem Versuch, im Lichte des Korans und der Lebenspraxis des Propheten neue Ansätze hervorzubringen, eine große Sünde. Dieses Thema werden wir im letzten Abschnitt unter der Überschrift „Rückkehr zum Koran” behandeln.

Die deutliche Niederlage im Ersten Weltkrieg war kein Beginn, sondern ein Ende. Auch die Praktiken der letzten 70 Jahre, die Sie in Frage stellen, waren ein Ende. In der Niederlage im Ersten Weltkrieg nur eine militärische Niederlage zu sehen, wäre nicht ganz richtig. Das war die Niederlage einer Gemeinschaft, die den Glauben an sich selbst verloren hatte.

Schüler: Was verstehen Sie unter „dem Glauben an sich selbst“? Ein Muslim glaubt nicht an sich selbst, sondern an Gott.

Bayındır: Der Glaube an sich selbst ist der Glaube an die Werte, an die man glauben soll. Wer nicht an sich selbst glaubt, hat auch keinen Glauben im religiösen Sinne.

Schüler: Könnten Sie das etwas erläutern?

48) Ruhu l-Furkan Tefsiri, Bd. II, Seite 82.

60

Bayındır: Als Muhammad (s) sagte, dass er der Prophet Gottes ist, hat man ihn ausgelacht, verspottet, beleidigt, ja sogar für einen geistig Kranken, für einen Zauberer erklärt. Hätte das Ganze seinen Glauben an die Werte, die er vermittelte, erschüttert und er dadurch „Haben sie vielleicht recht?“ gedacht, wie hätte er in die Öffentlichkeit treten und dort etwas ausrichten können?

Gottes Segen und Friede auf ihm; damit Muhammed (s) seinen Glauben an diese Werte nicht verliert und nicht zweifelt an der Tatsache, dass er Gottes Gesandter ist, wurden viele Verse offenbart. Einige davon lauten wie folgt:

Ya-Sin. Bei dem weisen Koran bist du einer von denjenigen, die als Gesandter berufen worden sind. Du bist auf einem ganz geraden Weg. (Yasin 36/1-4)

Ohne Halt zu machen, ermahne sie. Durch die Gunst deines Herrn bist du weder ein Wahrsager noch ein geistig Kranker. Sagen sie ‚Er ist ein Dichter, wir warten darauf, dass ihm etwas zustößt.‘ Sag du auch ‚Wartet ruhig, ich warte auch mit euch zusammen.‘ Flößt ihnen dies ihr Verstand ein oder sind sie eine zügellose Gruppe? Sagen sie ‚Er hat es erfunden?‘ Nein, sie glauben eigentlich nicht. Dann sollen sie ein gleichwertiges Wort bringen, wenn sie die Rechtschaffenen sind. (Tur 52/29-34)

NUUN; bei dem Schreibrohr und (bei) dem, was sie niederschreiben. Du bist dank der Gnade deines Herrn kein Besessener. Bestimmt ist für dich ein Lohn, der nicht aufhört. Und du besitzt großartige Charakterzüge. Du wirst bald sehen, und auch sie werden sehen, wer von euch in Problemen steckt.

61

Dein Herr weiß besser, wer von seinem Weg abirrt, und Er weiß besser, wer die sind, die der Rechtleitung folgen. So gehorche nicht den Lügnern. Sie möchten gern, dass du ihnen schmeichelst, so dass auch sie dir schmeicheln. (Qalam 68/1-9)

So erdulde das Urteil deines Herrn, und sei nicht wie der (Jonas), der vom Fisch geschluckt wurde, als er einst atemlos zu Gott rief. Und hätte ihn nicht eine Gnade von seinem Herrn erreicht, wäre er auf das kahle Land in einem erbärmlichen Zustand geworfen worden. Da erwählte ihn sein Herr und machte ihn zu einem der Rechtschaffenen. Die Ungläubigen würden dich, wenn sie die Ermahnung hören, mit ihren Blicken beinahe ins Straucheln bringen. Und sie sagen: ‚Ihn haben die Dschinn beeinflusst.‘ Doch ist der Koran nichts als eine Ermahnung für Alle. (Qalam 68/48-52)

Diese Verse gaben dem Propheten Muhammad (s) immerwährend neue Zuversicht. Es gibt viele solcher Verse. Gott der Erhabene erwähnte die Schwierigkeiten der vorangegangenen Gesandten und schenkte ihm immer Trost. Wie sollte er sonst diese großartige Angelegenheit erfolgreich verwirklichen können?

Die Muslime müssen im Angesicht der sich ändernden und entwickelnden Ereignisse den Koran mit Bedacht lesen, damit sie ihr Vertrauen gegenüber sich selbst und ihrer Religion wach halten können. Da sie dies nicht machen, haben sie ihr Vertrauen gegenüber ihren Werten, an die sie glauben, verloren. Sie haben mit dem Ziel, ihre Triebseele unter Kontrolle zu bringen, sich selbst erniedrigt, einige Personen übertrieben respektiert und erfanden für sie fiktive geistige Positionen. Sie glaubten folglich, dass diese Personen ihnen geistige Hilfe leisten können. Dieser Glaube hat die Gesellschaft wie ein Krebsgeschwür befallen und dieses großartige Gebäude ging in

62

der Geschichte im Ersten Weltkrieg verloren. Die übrig Gebliebenen haben diesen falschen Glauben dennoch nicht aufgegeben.

Ein Vers sagt dazu:

Gott verändert nicht das, worin ein Volk ist, bis sie es selbst verändern. Und wenn Gott ein Volk bestrafen will, so kann es nicht abgewehrt werden. Und sie haben sowieso außer Ihm keinen Schutzherrn. (Ra'd 13/11)

Schüler: Es stimmt, dass in der Verwaltung einige Deformationen stattgefunden haben.

Bayındır: Meiner Meinung nach tragen die eigentliche Verantwortung die Gelehrten. Anstatt sich nach dem Koran zu richten, haben sie sich nach den Büchern der alten Gelehrten gerichtet. Hätten sie sich die Mühe gegeben, den Koran zu verstehen, würden sie auch die Aussagen des Propheten verstehen. Denn die Aussagen des Propheten sind Erläuterungen des Korans. Die Erläuterung mit dem zu erläuternden Text zusammen zu lesen, sorgt für ein besseres Verständnis des Textes. Die Gelehrten der Altvorderen wären dann richtig verstanden worden, und ihre Werke könnten unseren Horizont erweitern. Dann würde man sich an denjenigen ein Beispiel nehmen, die die Zeit im Lichte des Korans verstehen, und von denjenigen lernen, die die Bedeutung des Koran der Zeit anzupassen versuchten.

Ein Gelehrter, der die Notwendigkeit einsieht, die Ereignisse dem Koran entsprechend zu deuten, ist offen für jedwede Neuigkeit. Er versteht die wissenschaftlichen, technischen und sozialen Ereignisse treffend. So werden auch die Muslime nicht nach etwas anderem streben, als dem Koran. Sie aber bereiteten ihren eigenen Freitod vor – mit einem Wissenschaftsverständnis, das der Zeit hinterherhinkte und dem Koran, der Lebensweise des Propheten sowie der Umwelt

63

verschlossen war.

Es wird in den Memoiren des Sultans Abdulhamid II. von Ereignissen berichtet, die sehr traurig sind.

Ein Prinz des japanischen Kaiserhauses kommt ihn besuchen und übermittelt einen persönlichen Brief des Kaisers an ihn. Der Kaiser bittet darin um eine Gruppe von Wissenschaftlern und Gelehrten, die die Inhalte der islamischen Religion, ihre Glaubensgrundsätze, ihre Ziele, ihre Philosophie und Gebetsformen erläutern könnte. Der Sultan ist um alles bemüht, wodurch in Japan der Islam Fuß fassen könnte, kann aber keine Delegation aus Wissenschaftlern und Gelehrten entsenden, um die der japanische Kaiser gebeten hat. Diese Erinnerung blieb im Herzen des Sultans eine schwere Wunde. Den Grund dafür erläutert er mit folgenden Sätzen: „Ich überlegte mir, gäbe es diese Gruppe von Gelehrten in meinem Land, so würde ich diese anstatt der Japaner in den Dienst meines Volkes stellen und als Kalif dafür sorgen, dass die Muslime von ihnen profitieren ...”

Nach der Ansicht des Sultans entsprachen die wissenschaftliche Lage sowie die Methode, mit der die Gelehrten die Welt verstanden, nicht den aktuellen Verhältnissen. Die Gelehrten waren einfach nicht in der Lage, dafür zu sorgen, die Zukunft des Islam zu verändern und diese Aufgabe zu Ende führen kann. Er führt folgendes als Ursache auf:

„Es gab keine wissenschaftlichen Zentren, die solche Gelehrten hätten ausbilden können, um die der japanische Kaiser bat. Unsere Medressen (Osmanische Hochschulen) waren nicht mehr in der Lage, ein Ort der Gelehrsamkeit und der Weisheit zu sein.”49

Schüler: Dann ist es nicht richtig, die ganze Schuld auf die Sufi-Orden zu schieben. Wo sich die Gelehrten vom Koran entfernt haben,

49) Fethi OKYAR, Üç Devirde Bir Adam, Istanbul 1980, S. 101-103.

64

ist es möglich, dass die Fehler der Sufi-Orden übersehen werden.

Bayındır: Wir können keine Entschuldigung annehmen, die Gott nicht annehmen würde. Denn alle werden ohne einen Unterschied, Gelehrter oder Laie, für die Taten, die dem Koran widersprechen, zur Rechenschaft gezogen werden. Gott der Erhabene gebietet:

Diejenigen, die verschweigen, was Wir an deutlichen Zeichen und Rechtleitung hinabgesandt haben, nachdem Wir es den Menschen im Buch deutlich gemacht haben, diese wird Gott verfluchen. All diejenigen, die in der Lage sind, werden sie verfluchen, außer denen, die umkehren und Besserung zeigen und (alles) offenlegen. Ihre Reue werde ich annehmen. Ich nehme alle Reue an, meine Gunst ist reichlich. Diejenigen, die unsere Verse verdecken und als solche sterben, diese werden von Gott und den Engeln und den Menschen allesamt ausgegrenzt. Sie werden ewig verflucht bleiben. Ihnen wird die Pein nicht erleichtert, und ihnen wird kein Aufschub gewährt. (Baqara 2/159-162)

Mit dem Aberglauben verhält es sich wie mit dem Rauchen. Wer sich daran gewöhnt hat, kennt seine Gefahren, kann aber mit dem Rauchen nicht aufhören. Auch durch den Abstand vom Koran verfielen die Gelehrten dem Aberglauben und wurden davon abhängig. Diese Tatsache sorgte dafür, dass sie vieles, das dem Koran von Grund aus widersprach, als normal ansahen. Dafür können wir dieses erschütternde Beispiel geben:

In den offiziellen Manuskripten über die Teilnahme des Osmanischen Reiches am Ersten Weltkrieg wird betont, dass der Prophet Muhammad (s) beim Sieg behilflich sein werde. Als ob er nicht der Gesandte Gottes ist, sondern ein – Gott behüte – zweiter Gott neben dem eigentlichen Gott. Als ob er nicht gestorben und lebendig sei. Als

65

ob er die Rufe an ihn hören, den Ort der Kriegsereignisse kennen, dorthin kommen und jedem die gewünschte Hilfe leisten könnte. Und noch dazu als ob er den Gelehrten und den damaligen Befehlshabern der Armee dies versprochen hätte.50

Das ist für Gott der größte Irrglaube schlechthin.

Und wer ist weiter abgeirrt als der, der zwischen sich selbst und Gott jemanden setzt und ihn anruft, der ihm bis zum Tag der Auferstehung nicht antworten wird. Sie merken eigentlich nicht ihr Rufen. (Ahqâf 46/5)

Jetzt schauen wir uns die Ausdrücke in den Manuskripten an:

a - In dem letzten Teil der Manuskripte über die Kriegserklärung des Sultans Reschad (1844-1918) heißt es:

„... Solange die Wahrheit und die Gerechtigkeit auf unserer Seite und die Gewaltherrschaft und Feindschaft auf den Seiten unserer Feinde sind, gibt es keinen Zweifel, dass die himmlische Hilfestellung des absolut Gerechten Gottes und die geistige Unterstützung unserer ehrwürdigen Propheten uns immerwährend begleiten werden, damit wir unsere Feinde besiegen.”51

b - Die Erklärung des Vize-Oberbefehlshabers52 Enver Pascha (1881-1922) zur Generalmobilmachung beginnt mit folgendem Satz :

50) Mehr dazu im Abschnitt „Hilfestellung durch übernatürliche Wege”.51) Beyannâme-i Hümâyûn mit dem Datum 22 Zilhicce 1332 in der Ausgabe Cerîde-i İlmiyye, mit dem Datum Muharrem 1333, Nr.: 7, S. 436.52) Da der Sultan der Oberbefehlshaber ist, ist Enver Pascha nach dem Sultan der Inhaber des nächst höchsten Militärpostens.

66

„Mit der Hilfe Gottes und der geistigen Unterstützung unseres Propheten sowie der Bittgebete unseres gesegneten Sultans wird unsere Armee unsere Feinde vernichtend besiegen.”

In der Mitte der Erklärung heißt es:

„Wir alle müssen es uns so vorstellen: Über unsere Köpfe kreisen die Geister unseres Propheten und seiner auserwählten Gefährten.”53

c - Aufforderung der muslimischen Länder zum Dschihad:

Diese Erklärung bereitete das Höchste Wissenschaftliche Amt vor, sie wurde vom Sultan Reschad als Kalif unterzeichnet. Des Weiteren haben diese Erklärung 34 Hochgelehrte unterzeichnet. Unter ihnen waren drei ehemalige und ein amtierender Schaikhu l-Islam (Oberster Qadi) und der Sekretär des Amtes für religiöse Gutachten Ali Haydar Efendi.

Der vierte Absatz der Erklärung endet wie folgt:

„Es wurde versprochen, die Muslime, die im Dienste Gottes ohne zu zögern eilend in den Krieg ziehen, mit Seiner ehrwürdigen Gunst in allen Sachen zu unterstützen, und ihnen zum Erfolg zu verhelfen. Der heilige Geist des Propheten ist bereit und zugegen, um seiner auserwählten Gemeinschaft54 Hilfe zu leisten und diejenigen zu unterstützen, die ihr Leben und Besitztum auf dem Wege

53) Başkumandanlık Vekaletinin Beyannamesi, Cerîde-i İlmiyye, die Ausgabe mit dem Datum Muharrem 1333, Nr.: 7, S. 436 und 437.54) Ümmet-i nâciye bedeutet eine Gemeinschaft, die entsprechend dem Koran glaubt und handelt.

67

aufopfern,55um die erleuchtete Religion Ahmeds56 zu erheben.“

Der letzte Absatz der Kriegserklärung lautet:

„Kämpfer des Islam! Euch wurde mit dem Versprechen und der frohen Botschaft Gottes zugesagt, mit der Hilfe und Unterstützung Gottes des Erhabenen, mit der Hilfe der Geistigkeit unseres ehrwürdigen Propheten die Feinde der Religion vernichtend zu schlagen und somit die Herzen der Muslime auf ewig zu erfreuen.”

Schüler: Muslime ziehen gegen Nicht-Muslime in den Krieg. Das ist eine Tat, welche den Propheten erfreuen dürfte. Natürlich wird er mit seiner Geistigkeit die Muslime unterstützen. Es ist nicht befremdlich, dass die Geister seiner erlesenen Gefährten über ihren Köpfe fliegen. Denn an so einem Krieg würden auch die Gefährten gerne teilnehmen.

Bayındır: Wären der Prophet Muhammad (s) und seine erlesenen Gefährten noch am Leben, so würde dies sie sehr erfreuen und sie hätten alles Mögliche für den Erfolg der Muslime unternommen. Sie sind aber nun tot. Wir müssen uns nun nicht nach unseren Vorstellungen, sondern dem Koran richten. Denn Gott hat im Koran dies verboten und als Beigesellung bezeichnet, wenn man jemanden außer ihn zu Hilfe ruft. Er sagt dazu:

Dies, weil Gott die Wahrheit ist und weil das, was sie an seiner Stelle anrufen, das Falsche ist und weil Gott der Erhabene und der Große ist. (Hadsch 22/62)

55) Beyannâme mit dem Datum 4 Muharrem 1333 (23 November 1914), Cerîde-i İlmiyye, Ausgabe mit dem Datum Muharrem 1333, Nr. 7, S. 456 und 457.56) Ahmed ist ein weiterer Name des Propheten Muhammad (s).

68

Wer zu Hilfe gerufen wird, außer Gott, kann ja sowieso nichts bewirken:

So ist Gott, euer Herr, Ihm gehört die Herrschaft. Die aber, die ihr zwischen euch und Ihn setzt und anruft, verfügen nicht einmal über das Häutchen eines Dattelkernes. Wenn ihr sie anruft, hören sie euer Rufen nicht. Und würden sie (es) doch hören, sie würden euch nicht antworten können. Und am Tag der Auferstehung verleugnen sie eure Beigesellung. Und niemand kann dir Kunde geben wie Gott, der Kenntnis von allem hat. (Fatir 35/13-14)

Es ist Beigesellung, einen anderen auf übernatürlichem Wege zu Hilfe zu rufen außer Gott. Gott hilft solchen Wesen nicht.

Denjenigen, die glauben und ihren Glauben nicht mit Beigesellung57 verhüllen, gehört die Sicherheit, und sie folgen der Rechtleitung. (An’am 6/82)

Haben während des Ersten Weltkrieges die gegen die Muslime kämpfenden Franzosen, Engländer, Italiener und Griechen nicht auch Gott um Hilfe gebeten? Sie haben aber, da sie Christen sind, neben Gott auch Jesus um Hilfe gerufen. Ihr heiliges Buch fördert dies auch.

Nach dem Evangelium von Matthäus kam Jesus aus seinem Grab heraus, nachdem er am Kreuz gestorben war, und zwar drei Tage nach seinem Begräbnis. Er zeigte sich seinen elf Jüngern und sagte:

57) Der Begriff der im Vers mit dem Wort „Beigesellung” übersetzt wird, heißt im Original „unrechtes Handeln“. Zu dieser Erklärung führen der vorige Vers sowie die Aussage im Vers 13 in der Sure Luqman. Dort heißt es: „Die Beigesellung ist ein großes unrechtes Handeln.”

69

„Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“58

Nach dem Koran ist es Beigesellung, in dieser Art und Weise einen anderen zu Hilfe zu rufen. Oben wurden einige Verse dazu zitiert. Der folgende Vers bezeichnet dies als eine Abkehr vom richtigen Weg und als Verirrung -

Sage: Sollen wir statt Gott das anrufen, was uns weder nützt noch schadet, und, nachdem Gott uns rechtgeleitet hat, auf unseren Spuren kehrtmachen, gleich jenem, den die Satane im Land weggelockt haben? Ratlos (ist er); er hat Gefährten, die ihn zur Rechtleitung rufen: ‚Komm zu uns.‘ Sage: ‚Nur die Rechtleitung Gottes ist die (wahre) Rechtleitung. Und uns wurde befohlen, uns dem Herrn der Geschaffenen zu ergeben.‘ (An’am 6/71)

Schüler: Muslime erlebten sehr viele Niederlagen im Laufe der Geschichte. Das ist eine Prüfung Gottes. Genauso verlor die Arme des Propheten Muhammad (s) im Uhud-Krieg. Allerdings wurde der Krieg durch seine Bemühungen zum Vorteil der Muslime gewendet.

Bayındır: In jenem Falle hat der Prophet (s) durch seine Bemühungen den Krieg zugunsten der Muslime gewendet. Er hat aber nicht gesagt: „Ich bin der Gesandte Gottes, durch meine Bittgebete und geistige Unterstützung wird dieser Krieg gewonnen.”

58) NT, Matthäus 28/16-20

70

Wir haben ja gesagt, dass dies eine Niederlage war. Es ist nicht ganz so wichtig, an der Front zu verlieren. Sie können sich sammeln neu formieren und den Feinden einen größeren Schlag setzen. Die eigentliche Niederlage geschieht im Inneren der Menschen. Dann haben Sie nichts mehr, was Sie noch machen könnten.

Die Muslime haben innerlich verloren. Sie hatten kein Vertrauen mehr in ihre politischen, wirtschaftlichen, sozialen und militärischen Systeme. Sie durch andere zu ersetzen, ist eine Folge des Mangels an Vertrauen in sie. Wer das verstehen will, soll sich in den von den Muslimen unterstützten Schulen ansehen, was dort gelehrt wird. Mit großer finanzieller Unterstützung wurden Studenten und Schüler in die nicht-muslimischen Länder geschickt, um welches System zu lernen? Es wird den unglaublichen Unterschied sichtbar machen, wenn wir dies mit den Bemühungen vergleichen, den Schülern unsere Systeme beizubringen. Das ganze hindert uns daran, unser Haupt heutzutage gegenüber der heutigen Welt hoch zu halten.

Schüler: Was willst du dann von den Sufi-Orden? In der Türkei sind die Sufi-Orden offiziell verboten.

Bayındır: Es ist nicht damit getan, dass eine soziale Organisation, die sich mit der Bevölkerung identifiziert hat, offiziell geschlossen wird. Der Aberglaube verschwindet nicht automatisch. Hier haben die Gelehrten die wesentliche Arbeit. Sie müssen die Bevölkerung aufklären. Die Geister müssen vom Aberglauben gereinigt und mit authentischem Wissen versorgt werden. Auf diesem Gebiet wird nicht genug getan. Das ist der Grund für die Verleitung unseres Volkes zum Aberglauben. Noch dazu muss diese Versorgung ohne Unterbrechung geschehen. Eine kleine Nachlässigkeit heißt, dem Aberglauben Tür und Tor zu öffnen.

Schüler: Viele Menschen mit hohem Wissensniveau, mit Bildung und finanziellen Möglichkeiten schließen sich diesen Orden an und unterstützen sie. Widerlegt dies nicht Ihre These?

71

Bayındır: Diese Menschen mögen sich in vielen Sachen gut auskennen, aber da sie über ihre Religion nicht genug Bescheid wissen, ist es einfach, sie in Irre zu führen. Man müsste aber die Religion allen richtig beibringen. Dies verhindert den Abgang der Frommen in den Aberglauben. Auch diejenigen, die sich nicht nach ihrer Religion verhalten wollen, würden dann die Religion vom Aberglauben unterscheiden können und somit in der Absicht, den Aberglauben zu bekämpfen, nicht die religiösen Menschen kränken.

Schüler: All die Gelehrten bis jetzt haben sich geirrt und nur Sie haben die wahre Religion? Ist Ihr Wissen größer als ihres?

Bayındır: Mehr als der Umfang und Stand der Wissenschaft ist die Absicht wichtig, wozu Sie vom Wissen Gebrauch machen. Wenn Sie darum besorgt sind, die Menschen würden Sie nicht lieben oder sich gegen Sie aufstellen, und dann die Wahrheit nicht sagen, so würde Ihr großes Wissen nur den Umfang des Schadens erhöhen, den Sie angerichtet haben. Ein bekannter Gelehrter sagte mir: “Herr Bayindir, hören Sie auf, sich mit Sufismus und Sufi-Orden abzugeben; wenn es keinen Aberglauben gibt, gibt es auch keinen Sufismus.

Daraufhin sagte ich: Ist es nicht unsere Hauptaufgabe, diesen Aberglauben zu bekämpfen? Führt dieser die Menschen nicht zur Beigesellung?

Er sagte: Stimmt, aber die lassen sich nicht verbessern.

Ich sagte: Gibt es einen Propheten, der aufhörte zu verkünden, weil die Menschen sich nicht verbessern ließen? Sind diese Propheten nicht unsere Vorbilder?

Er sagte: Ich sage dies nur zu Ihrem Besten. Sie sind noch jung und Sie erwartet eine blendende Karriere, jene sind aber sehr einflussreich. Sie können gegen sie nicht kämpfen. Die werden dann Ihre Zukunft vernichten.

Ich sagte: Ich erwarte von ihnen nichts. Ich vertraue auf Gott. Es gibt keinen Einflussreicheren als Gott.

Er sagte: Ich mache mir Sorgen um Sie.

72

Ich sagte: Ich mache mir eigentlich selbst Sorgen um Sie. Ihre Situation ähnelt der Situation derjenigen, die den Juden, welche die Sabbat-Verbote nicht einhielten, nicht mehr Widerstand leisten wollten.

Wie bekannt, war es für die Juden verboten, am Sabbat zu jagen. Zur Zeit Davids lebten in der Küstenstadt Eyle Juden. In einem Monat im Jahr kamen von überall Fische dorthin, sodass man vor Fischen das Meer kaum sehen konnte. Außer diesem Monat kamen aber nur an Samstagen Fische zu dieser Küste. Sie haben dann am Strand große Becken hergerichtet und zu ihnen führende Kanäle gebaut.

Am Samstag schwammen die Fische in die Becken, und sie fischten sie dann am Sonntag. Somit haben sie nach ihrer Meinung die Sabbat-Verbote nicht verletzt. Beängstigt aßen sie dann von diesen Fischen. Mit der Zeit sind die Kinder auch ihren Vätern gefolgt. Sie kauften sich Ländereien und Immobilien. Einige aus der Stadt, die mit dieser Methode nicht einverstanden waren, haben versucht sie davon abzuhalten, aber sie wandten sich davon nicht ab. Sie sagten dann: „Wir machen dies seit längerem und es kam keine Strafe von Gott.“ Ihnen wurde gesagt: „Irrt euch nicht, vielleicht bekommt ihr eine Strafe, so dass ihr vernichtet werdet.“ Eines Tages wurden sie in niedrige Affen verwandelt. Drei Tage lang haben sie so gelebt und dann wurden sie vernichtet.59

Die Verse 65 und 66 der Sure Baqara im Koran berichten diesbezüglich Folgendes:

Und ihr wisst um diejenigen von euch, die gegen den Sabbat eine Übertretung begangen haben, worauf Wir zu ihnen sprachen: ‚Werdet zu verabscheuten Affen.‘ So machten Wir es zu einem warnenden

59) Fahruddin ar-Râzî, Tafsir-i Kabîr, Matbaa-i Amire, 1307, Bd.1, S. 553.

73

Beispiel für die Zeitgenossen und die Nachfolgenden und zu einer Ermahnung für die Gottesfürchtigen.

Als eine Gruppe sich gegen die Übertreter stellte:

Und als eine Gemeinschaft von ihnen sagte: ‚Warum ermahnt ihr Leute, die Gott verderben oder mit einer harten Pein peinigen wird? ‘ Sie sagten: ‚Um eine Entschuldigung bei eurem Herrn zu haben, und auf dass sie vielleicht gottesfürchtig werden.

Die Verse gehen so weiter:

Und als sie vergessen hatten, womit sie ermahnt worden waren, retteten Wir diejenigen, die gegen das Böse kämpften. Wir verhängten dann über diejenigen, die Unrecht taten, eine schlimme Pein dafür, dass sie frevelten. Als sie sich rebellisch weigerten, das zu unterlassen, was ihnen verboten war, sprachen Wir zu ihnen: ‚Werdet zu verabscheuten Affen.‘ (Araf 7/165-166)

Anstatt uns zu unterstützen, unterstützen Sie indirekt die Schuldigen. Können Sie sicher sein, dass Ihnen nicht so etwas passiert wie jenen zuvor?

Er sagte: Ich weiß es nicht mein Bruder, ich denke nur an Sie.

Ich sagte: Wenn ich wüsste, dass ich nur noch einen Augenblick zu leben habe, dann würde ich in dieser kurzen Zeit gegen diese Leute kämpfen, um diese Fehler zu verbessern.

Aus diesen Kämpfen entstand das Buch, das Sie in der Hand halten. Diese Person hat die erste Auflage des Buches gelesen und stellte fest, dass es ein großer Erfolg war.

74

Schüler: In der Hinsicht haben Sie Recht. Einige Gelehrten halten sich bewusst von einem Streit zurück. Früher aber gab es Gelehrte mit authentischem Wissen.

Bayındır: Es reicht nicht aus, über authentisches Wissen zu verfügen. Es ist auch von großer Bedeutung, dieses Wissen am richtigen Ort und an der richtigen Stelle anzuwenden. In diesem Zusammenhang gibt Gott uns Adam als Beispiel. Sein Lehrer war Gott der Erhabene persönlich.

Und Er lehrte Adam alle Namen. Dann zeigte Er Adam den Engeln und sprach: ‚Tut mir die Namen dieser kund, wenn ihr die Wahrheit sagt.‘ Die Engel sagten: ‚Wir gehorchen Dir aus tiefer Überzeugung. Wir haben kein Wissen außer dem, was Du uns gelehrt hast. Du bist der, der alles weiß und dementsprechend treffend entscheidet.‘ Daraufhin sagte Gott: ‚O Adam, tue ihnen ihre Namen kund.‘ Als er ihre Namen kundgetan hatte, sprach Er: ‚Habe Ich euch nicht gesagt: Ich weiß das Unsichtbare der Himmel und der Erde, und Ich weiß, was ihr offenlegt und was ihr verschweigt?‘ (Baqara 2/31-33)

Danach quartierte Gott Adam und seine Gattin im Paradies ein und sagte, auf den Teufel hinweisend:

Wir sprachen: ‚O Adam, der hier ist dir und deiner Gattin ein Feind. Er soll euch bloß nicht aus dem Garten vertreiben. Sonst wirst du unglücklich sein. Dort wirst du nicht hungern und nicht nackt sein, nicht dürsten und nicht unter der Sonnenhitze leiden.‘ Da flüsterte ihm der Satan ein: ‚Adam, soll ich dich auf den Baum der Ewigkeit hinweisen und auf eine Königsherrschaft, die nicht vergeht?‘ (Taha 20/117-120)

75

Dieser verlockende Vorschlag ließ ihn alles vergessen und …

Sie aßen beide von jenem Baum. Da wurde ihnen ihre Blöße offenbar. Sie begannen sofort sich mit Blättern des Paradieses zu bedecken. Adam war gegen seinen Herrn ungehorsam, und so irrte er ab. (Taha 20/121)

Dies ist die Geschichte von Adam. Kein Gelehrter verfügt über solche Möglichkeiten wie er. Sein Lehrer war Gott der Erhabene und sein Aufenthaltsort war ein schöner Garten. Da gab es weder böse Menschen noch wirtschaftliche Probleme. Wie aber der Baum der Ewigkeit und ein ewig dauerndes Königtum Adam verleitet und zur Auflehnung gegen Gott gebracht hat, so haben irdische Güter und Ruhm so manchen Gelehrten verführt und in die Irre geleitet. Denn es gibt sehr wenige Menschen, die sich mit dem begnügen, was Gott ihnen beschert hat und versprach zu bescheren. Der Mensch verlangt immer nach mehr. Es gibt auch einige, die sich mit Gott vereinen und noch weiter gehen wollen.60

Das Wissen ist wie rechtmäßig verdientes Eigentum. Es gibt Menschen, die mit ihrem rechtmäßig verdienten Eigentum die Menschen verleiten, sowie Gelehrte, die die Menschen mit ihrem Wissen in die Irre führen. Der wahre Gelehrte ist derjenige, der sich richtig verhält, sich nicht davon abhalten lässt, die Wahrheit zu sagen, auch wenn Menschen ihm widersprechen würden. Es gibt sehr viele Menschen, die über die Wahrheit Bescheid wissen, aber es gibt wenige Menschen, die die Wahrheit sagen. Es sind ja Dinge, die nicht geheim sind.

60) Mehr dazu in unserem Buch "Duada Evliyayı Aracı Koyma ve Şirk" (İstanbul 2001) unter dem Abschnitt "Biz bilmeyiz, büyükler bilir" ff.

76

Schüler: Sie haben gesagt, dass die Muslime gegen den Westen eine deutliche Niederlage erlitten haben. Sie dürfen den Westler nicht höher einschätzen als den Muslim. Sagt Gott der Erhabene nicht

Wenn ihr gläubig seid, so habt ihr die Oberhand?61

Bayındır: Wer sieht denn den Westler höher als den Muslim? Ich rede davon, dass die Muslime sich vom Islam entfernt haben. Wenn wir seit mehr als einem Jahrhundert vom Westen abhängig sind, dann gibt es hier einen Fehler. Da der Vers, den Sie rezitiert haben, nicht falsch sein kann, ist unser Muslim-Sein mit Problemen behaftet. Die Situation, in der wir uns befinden, müssen wir als eine Strafe Gottes sehen.

Nach dem Gott der Erhabene im Koran von den Völkern berichtet hat, die einer Strafe ausgesetzt sind, sagt er:

Was Wir dir erzählen, erlebten jene Länder. Einige von ihnen stehen noch da, andere sind von der Erdoberfläche verschwunden. Nicht Wir haben ihnen Unrecht getan, sondern sie haben sich selbst Unrecht getan. Ihre Götter, die sie zwischen Gott und sich stellen und anrufen, haben ihnen nichts genützt, als der Befehl deines Herrn eintraf. Sie brachten ihnen nur noch ein größeres Verderben. (Hud 11/100-101)

Die Verluste der Muslime werden sich erhöhen, wenn sie neben Gott noch andere Menschen, die sie Gott nah vermuten, zu Hilfe rufen.

Schüler: Sie führen immer die Verse, die eigentlich von Polytheisten

61) Al-i Imran 3/139.

77

reden, als Beispiel an. Ist dies richtig? Ihre Gesprächspartner sind Muslime und nicht die Polytheisten.

Bayındır: Ein großer Teil des Korans beschäftigt sich mit der Beigesellung. Sie würden uns Recht geben, wenn Sie sich nur über diesen Vers Gedanken machen würden, der den Propheten Muhammad (s) ermahnt:

Und sie sollen dich von den Zeichen Gottes nicht abweisen, nachdem sie nun zu dir herabgesandt worden sind. Und ruf zu deinem Herrn, und sei nicht einer der Polytheisten. Und rufe neben Gott keinen anderen Gott an. Es gibt keinen Gott außer Ihn. Alle Dinge werden untergehen, nur Er nicht. Ihm gehört das Urteil, und zu Ihm werdet ihr zurückgebracht. (Qasas 28/87-88)

Sie müssen uns eigentlich Recht geben, da diese Ermahnung direkt an den Propheten Muhammad (s) gerichtet wurde. Muslime müssen sich in diesem Punkt gegenseitig ständig ermahnen.

Wenn Muslime heute in einer Situation sind, die ihnen nicht gebührt, dann gibt es wohl dafür Gründe. Denn Gott der Erhabene vernichtet nicht umsonst eine Gemeinschaft. Diese Verse legen alles dar:

Wäre es nicht besser, wenn die vor euch mit moralischer Stärke sich gegen dieses Unheil stellten? Wenige Menschen haben dies gemacht, und die retteten Wir. Diejenigen, die Fehler begangen, ließen von Sachen, die sie verwöhnt haben, nicht ab und wurden zu Sündern. Und dein Herr vernichtet keine Städte aus Grausamkeit, während ihre Bewohner Besserung zeigten. (Hud 11/116-117)

78

10) Kamp der Märtyrer

Schüler: Was sagen Sie über die Geister der Märtyrer, die an Kriegen teilnahmen? Dies akzeptieren auch die Feinde der Muslime. Das ist durchaus möglich, da die Märtyrer nicht sterben. Gott der Erhabene gebietet:

Und sagt nicht von denen, die auf dem Weg Gottes getötet werden, sie seien tot. Sie sind lebendig. (Baqara 2/154)

Bayındır: Lesen Sie bitte den letzten Teil des Verses:

Sie sind lebendig, ihr werdet das nicht begreifen.

Wäre es nicht Gott gegenüber besserwisserisch und gelogen, sich über den Punkt, wo Gott sagt: „Ihr werdet das nicht begreifen”, Gedanken zu machen? Gott der Erhabene sagt:

Und wer ist ungerechter als der, der gegen Gott eine Lüge erdichtet? Jene werden ihrem Herrn vorgeführt, und die Zeugen werden sagen: ‚Das sind die, die gegen ihren Herrn gelogen haben.‘ Wisset, der Fluch Gottes kommt über die, die Unrecht tun. (Hud 11/18)

Gott der Erhabene unterstützt die muslimischen Armeen nicht mit den Geistern der Märtyrer, sondern mit den Engeln. Im Badr-Krieg geschah es auf diese Weise:

Gott hat euch mit Seiner Hilfe in Badr zu einem absoluten Sieg geführt, als ihr mit einem

79

Sicherheitsmangel62 zu tun hattet. So haltet euch vor Gott zurück, so werdet ihr vielleicht dankbar. Als du zu den Gläubigen sagtest: ‚Genügt es euch denn nicht, dass euer Herr euch mit dreitausend herabgesandten Engeln beisteht? Ja, gewiss. Wenn ihr standhaft und gottesfürchtig seid und sie sogleich gegen euch vorrücken, steht euch euer Herr bei mit fünftausend Engeln, die sie verfolgen. Und Gott hat es nur deswegen gemacht, damit es für euch eine Frohebotschaft sei und damit eure Herzen dadurch Ruhe finden – der Sieg kommt nur von Gott. Er ist mächtig und entscheidet treffend. (Al-i Imrân 3/123-126)

Als dein Herr an jenem Tag ihnen sagte: ‚Gewiss, Ich bin mit euch, so unterstützt die Gläubigen. In die Herzen derjenigen, die nicht sehen, werde ich Angst werfen. So schlagt auf ihre Nacken und Fingerspitzen!‘ (Anfal 8/12)

Schüler: Da die Märtyrer nicht sterben, ist es auch möglich, dass sie an den Kriegen teilnehmen. Wenn wir ihr Leben nicht gänzlich begreifen, heißt es, dass wir auch nicht einen Teil davon verstehen.

Bayındır: Damit man darüber sprechen kann, muss man sich auf Koranverse oder Aussagen des Propheten stützen. Es gibt keinen einzigen Beweis dafür, dass die Geister der früher verstorbenen Propheten oder muslimischen Märtyrer mit dem Propheten Muhammad (s) und seinen Gefährten zusammen gekämpft haben.

62) Zum Sicherheitsmangel siehe Sure Anfâl Vers 67.

80

Über die Märtyrer wird im Koran Folgendes gesagt:

Halte diejenigen, die auf dem Weg Gottes getötet wurden, nicht für tot. Sie sind vielmehr lebendig bei ihrem Herrn, und sie werden versorgt. Sie freuen sich dabei über das, was Gott ihnen beschert. Und sie wollen denjenigen, die ihnen folgen werden, diese frohe Botschaft geben: ‚Sie haben nichts zu befürchten und werden nicht trauern‘. Sie wollen die frohe Botschaft über Gnade und Huld von Gott mitteilen. Gott lässt den Lohn der Gläubigen nicht verlorengehen. (Al-i Imran 3/169–171)

Der gütige Gott bewirtet diejenigen, die auf seinem Wege ihr Leben gelassen haben, gesondert von den übrigen Verstorbenen. Damit man annimmt, dass diese dann in den Krieg geschickt werden, braucht man authentische Beweise. Da so ein Beweis nicht vorhanden ist, können wir nicht annehmen, dass die Märtyrer an den Kriegen teilnehmen. Denn nach Koranversen sind es die Engel, die an den Kriegen teilnehmen.

81

11) Nicht sichtbare Heilige (Ridschalu l-ghayb)

Schüler: Sie akzeptieren wohl auch die „Dreien”, „Siebenen”, „Vierzigen” sowie die „Qutb“ (Pole) und „Gawth“ (Helfer) auch nicht? Ist es Ihnen nicht bekannt, dass die Freunde Gottes, die eine überragende Stellung haben, „Ewtad“ (Säulen) genannt werden. Über ihnen stehen die „Rewasi“ (Berge). Während einer Katastrophe wenden sich die Menschen an Ewtad und diese wenden sich dann an Rewasi. Die Rewasi werden von den Qutb (Polen) geführt.

Nach diesen Polen kommen zwei Personen die „Imaman“ (zwei Leiter) genannt werden. Einer von denen heißt Leiter des Rechten und der andere Leiter des Linken. Der Leiter des Rechten verfügt über die Entscheidungen des Pols und der Leiter des Linken über seine Realität. Wenn der Pol stirbt, nimmt der Leiter des Linken seine Stellung ein. Mit den beiden Leitern zusammen bilden sich mit dem Pol zusammen die Dreien.

Der Pol ist der allerhöchste Freund Gottes. Er ist das Oberhaupt aller Freunde Gottes und mit Gottes Erlaubnis verfügt er auf der Welt über Macht.

Gawth (der Helfer) ist derjenige Pol, an den man an sich in Notfällen wendet. Er wird dann um Hilfe gebeten. Die Mystiker in Not suchen Zuflucht bei ihm, indem sie die Worte „eile zur Hilfe, o Helfer” rufen. Der Helfer eilt demjenigen zur Hilfe, der ihn um Hilfe ruft. Abdülkadir Geylani ist mit dem Beinamen „der höchste Helfer“ bekannt.

Allerdings auch wenn all diese Hilferufe und die Zuflucht äußerlich an den Helfer gerichtet sind, sind sie in Wirklichkeit an Gott gerichtet. Denn der Einzige im Universum, der über Macht verfügt, ist Gott. Außer ihm gibt es keinen, der etwas bewegen kann. Die als Helfer bekannt sind, erlangten die Erkenntnis der göttlichen Adjektive und Namen.

Außer diesen gibt es einige, die nach einer Überlieferung acht an der Zahl sind, nach einer anderen Überlieferung 40: die Nudscheba (die

82

Edlen), und dann die Nuqeba (die Stellvertreter), die zehn oder 300 an der Zahl sind. Diese können auch die Gedanken der Menschen lesen.

Allgemein werden die Plätze dieser unsichtbaren Menschen (ridschalu l-ghayb), die „Heilige des Unsichtbaren“ genannt werden, dieser Freunde Gottes nicht unersetzt bleiben. Den Platz des Verstorbenen nimmt dann der Nächste ein.63

Bayindir: Haben Sie dafür einen Beweis? Worauf stützen Sie sich bei all diesen Aussagen?

Sie sagen noch „Der Pol ist der höchste Freund Gottes, er ist das Oberhaupt all der Heiligen. Er hat durch die Erlaubnis Gottes Macht über die Welt.“ Ähnelt ihre Aussage nicht derjenigen Aussage der mekkanischen Polytheisten, die während der Umschreitung der Kaaba sagten: „Gebiete mein Gott, du hast keinen Teilhaber. Du hast nur einen Teilhaber, über seine Befugnisse verfügst Du, aber nur du wiederum.”64

Schüler: Wie Gott es gewollt hat, dass einige Menschen bestimmte Aufgaben übernehmen, damit die weltliche Ordnung bewerkstelligt wird, hat er einige seiner geliebten Diener damit beauftragt, die geistige und spirituelle Ordnung des Universums zu wahren, die guten Taten herbeizurufen und die Schändlichkeiten aus dem Weg zu räumen. Diese treten an die Stelle (arabisch: badal)65 der großen Propheten. Sie wurden als diejenigen bewertet, denen „Gott die Welt zur Verfügung gestellt hat”. Sie sind der Grund für die Ordnung der Welt. Es wird geglaubt, dass sie die Angelegenheiten der Menschen in Ordnung bringen.66

63) Hasan Kamil YILMAZ, Zeitschrift Altınoluk, Ausgabe Dezember 1995. 64) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Müslim, Hadsch, 22, Nr. 1185.65) Badal wird für etwas verwendet, das anstelle von etwas anderem eintreten kann. Badal von großen Propheten bedeutet ja auch in der Lage zu sein, ihre Stelle einnehmen zu können.66) Hasan Kamil YILMAZ, Zeitschrift Altınoluk, Ausgabe Dezember 1995.

83

Bayındır: Sie sagen, diese sind diejenigen, denen Gott die Welt zur Verfügung gestellt hat. Aber Ihre Ausdruckweise verrät, dass auch Sie daran nicht so sehr glauben können.

Zur Verfügung stellen (arabisch: sachchara) heißt zu einem Ziel erzwingen.67 Auf Türkisch wird es mit den Worten „kapitulieren”, „untertan machen“ wiedergegeben.

Gott, der über alle Wesen herrscht, sagt:

Gott ist es, der euch das Meer dienstbar gemacht hat, sodass die Schiffe nach seinem Befehl darauf fahren und ihr nach seiner Gunst strebt. Vielleicht werdet ihr dankbar. Und Er hat euch alles in euren Dienst gestellt, was in den Himmeln und was auf der Erde ist. Darin sind handfeste Lehren für Leute, die nachdenken. (Dschathiya 45/12-13)

Durch das Zur-Verfügung-Stellen Gottes ziehen wir Nutzen aus allem, was in den Meeren, in den Himmeln und was auf der Erde ist. Dieses wurde allen Menschen zur Verfügung gestellt. Dafür verlangt Gott von uns nur ein Danke und seine Lobpreisung; heutzutage haben die Nichtmuslime mehr Nutzen von diesen Gaben Gottes.

Zur-Verfügung-Stellen bedeutet nicht die bevorzugte Behandlung einiger Menschen. Ihre Situation ähnelt denjenigen Dorfbewohnern, über deren Gebiet eine Hauptstraße führt, auf die eine Brücke gebaut worden ist. Die Verantwortlichen sagen den Dorfbewohnern bei der Eröffnung, dass diese Brücke ihnen zu Diensten stehe. Die Dorfbewohner missverstanden dies und betrachten die Brücke als ihr Eigentum. Sie fangen an für die Benutzung der Brücke Gebühren zu erheben. Sie erlauben denjenigen die Benutzung der Brücke nicht, die

67) Rağıb al-İsfahânî, al-Mufradat, S. 402, Stichpunkt S-CH-R.

84

die Gebühr nicht bezahlen. Das ist strafbar. Denn diese Brücke gehört nicht nur diesen Dorfbewohnern, sondern wurde allen Menschen zur Verfügung gestellt und steht ihnen zu Diensten.

Schüler: Die Dreien, Siebenen, Vierzigen, Pole und Helfer sind ja keine einfachen, gewöhnlichen Menschen. Sie treten an die Stelle der großen Gesandten.

Bayındır: Wenn dem so ist, welchem Gesandten wurde „die Wahrung der geistigen und spirituellen Ordnung im Universum, die Ermöglichung der Güte und Beseitigung der Schändlichkeit” in Auftrag gegeben?

Gott, der dem Menschen eine begrenzte Macht erteilte, sagte dem Propheten Muhammad (s):

Sage: Ich verfüge nicht über die Macht, euch zu schaden noch die rechte Unterweisung zu bringen. Sage: Niemand kann mich gegen Gottes Pein schützen. Außer bei Ihm kann ich keinen Zufluchtsort finden. Ich habe nur etwas auszurichten von Gott und seinen Botschaften. (Dschinn 72/21-23)

„Die Wahrung der geistigen und spirituellen Ordnung im Universum, die Ermöglichung der Güte und Beseitigung der Schändlichkeit” liegt nur in Gottes Hand. In dieser Angelegenheit jemandem Macht zuzusprechen, ist Beigesellung.

Wenn dies in der Macht des Propheten Muhammad (s) läge, so hätte er alles versucht, um die Ungläubigen zum Islam zu bewegen. Unser erhabener Gott gebietet diesbezüglich:

Und wenn es dir schwer fällt, dass sie sich abwenden, und wenn du imstande bist, einen Schacht in die Erde oder eine Leiter in den Himmel zu finden und ihnen

85

dann somit ein Zeichen vorzubringen (so mögest du dies tun)… Wenn Gott gewollt hätte, hätte Er sie in der Rechtleitung vereint. Sei also nicht einer der Törichten. (An‘am 6/35)

Wunder hervorzubringen liegt nicht in der Macht des Gesandten. Gott erschafft das Wunder, wann er dies will.

Und Wir haben schon vor dir Gesandte geschickt. Von einigen haben wir dir erzählt, von anderen wiederum nicht. Und kein Gesandter kann ein Zeichen bringen, außer mit der Erlaubnis Gottes. Wenn der Befehl Gottes eintrifft, wird nach der Wahrheit entschieden. Dann haben diejenigen den Verlust, die sich umsonst beschäftigen. (Mumin 40/78)

86

12) Hohe und niedrige Seelen

Einen lebenden Menschen für heilig zu erklären ist schwer, aber einen Menschen, der einen guten Namen hinterlassen hat, kann man sehr leicht für heilig erklären. Wenn bei Sufis hohe Geister gesagt wird, dann sind die Geister dieser Personen gemeint. Diese nennt man auch hohe und reine Geister. Die Geister der Bösen sind auch dann die niederen Geister. Diese nennt man schlechte oder böse Geister. Die Satane fallen unter diese Kategorie.

Schüler: Ein Lehrer von uns sagt:

„Die hohen und reinen Geister übernehmen den Schutz der Menschen, die bösen und schlechten Geister aber tun alles, um den Menschen zu schaden. Gleichzeitig sind sie die Feinde der Menschen. Hinter allem Bösen und Bosheiten stehen diese. Sie bringen die Menschen mit schwachem Charakter, Geist und Seele unter ihre

Kontrolle und benutzen diese.“ 6 8

Bayındır: Dies ist eine gewaltige Behauptung. Gutes und Böses liegen in der Hand Gottes. Aber zu behaupten „Die hohen und reinen Geister übernehmen den Schutz der Menschen, die bösen und schlechten Geister aber tun alles, um den Menschen zu schaden” bedeutet, dass Gutes von hohen Geistern, Böses von niederen Geistern zu erwarten ist.

Gott der Erhabene gebietet:

Was dich an Gutem trifft, ist von Gott. Und was dich an Schlechtem trifft, ist von dir selbst. Und Wir haben

68) Yüce ve Süflî Ruhlar/Hohe und niedere Geister, Zeitung Zaman, 29. September 1993.

87

dich zum Gesandten für die Menschen entsandt. Und Gott genügt als Zeuge. (Nisa 4/79)

Sage: Ich kann mir selbst weder Nutzen noch Schaden bringen, außer was Gott schafft. (Araf 7/188)

Gott ist der Herrscher des Himmels und der Erde. Die Befugnis für den Schutz dieser beiden hat er niemandem übertragen. Im Thronvers, den wir nach jedem Gebet lesen, heißt es:

Seine Macht umfasst die Himmel und die Erde, und es fällt Ihm nicht schwer, sie zu bewahren. Er ist der Erhabene, der Majestätische. (Baqara 2/255)

Und sage: Lob sei Gott, der sich kein Kind genommen hat und der keinen Teilhaber an der Herrschaft hat und keinen Freund braucht als Helfer, weil er machtlos wäre. Und preise mit Nachdruck seine Größe. (Isra 17/111)

Das beweist, dass Gott keinen Unterstützer nötig hat. Das Gute von einigen hohen Geistern und das Böse von weiteren niederen Geistern zu erwarten, würde zur zwingenden Erfindung einiger guter und schlechter Götter führen. Jetzt machen wir uns über die Worte jener Gelehrten Gedanken, indem wir uns die Verse Gottes über die Gesandten Gottes anschauen.

88

13) Die Gesandten Gottes im Koran

Gott der Erhabene offenbarte dem Propheten Muhammad (s) Folgendes:

Und Wir haben dich zum Gesandten für die Menschen entsandt. Und Gott genügt als Zeuge. (Nisa 4/79)

Im Arabischen wird derjenige Rasul („Gesandter“) genannt, der einen Botschaftsauftrag von Gott hat.69 Als eine rechtliche Bezeichnung wird der Begriff Rasul für jemanden verwendet, der eine Botschaft, ohne von sich etwas dazuzugeben, weitergibt.70 Damit seine Botschaften an die Menschen übermittelt werden, beauftragt Gott einige Menschen, die Rasulullah („Gottes Gesandter“) heißen.

a. Ihre Aufgaben

Gott der Erhabene bestimmt die Aufgaben seiner Gesandten wie folgt:

1. Die Anweisungen an die Adressaten bringen. Gott der Erhabene sagt:

Obliegt denn dem Gesandten etwas anderes als die deutliche Verkündung? (Nahl 16/35)

69) Rağıb al-İsfahânî, al-Mufradât, S. 353, Stichpunkt R-S-L.70) Medschelle Stichpunkt 1450. (Risalet/Gesandschaft bedeutet die Überbringung einer Botschaft, ohne von sich etwas dazuzugeben. Der Überbringer heißt Gesandter/Rasul, der die Sendung schickt, heißt Mursil/Entsender und diejenigen, an die diese Botschaft überbracht wird, heißen mursalun ilayh. )

89

O Gesandter, richte aus, was zu dir von deinem Herrn herabgesandt wurde. Wenn du es nicht tust, dann hast du seine Botschaft nicht ausgerichtet. (Maida 5/67)

Und Wir entsenden die Gesandten in der Sprache seines Volkes, damit er ihnen alles deutlich macht. (İbrahim 14/4)

Und Wir haben auf dich das Buch nur deswegen hinabgesandt, damit du ihnen das deutlich machst, worüber sie uneins waren, und als Rechtleitung und Barmherzigkeit für Leute, die glauben. (Nahl 16/64)

2. Die Anweisung ausführen

Gott der Erhabene gebietet:

Folge dem, was dir von deinem Herrn offenbart worden ist. Es gibt keinen Gott außer Ihm. Und wende dich von den Polytheisten ab. (An‘am 6/106)

3. Frohe Botschaft bringen und warnen

Darüber wird wie folgt geboten:

Und Wir senden die Gesandten nur als Freudenboten und Warner. Diejenigen, die glauben und Besserung bringen, haben nichts zu befürchten, und sie werden nicht traurig sein. (An‘am 6/48)

Und Wir haben dich für die Menschen als Freudenboten und Warner gesandt. (Saba‘ 34/28)

90

b. Bereiche, in denen die Gesandten keine Machtbefugnis haben

1. Der Gesandte hat keinen Schutzauftrag.

Wenn sie sich abwenden, so haben Wir dich nicht als Hüter über sie gesandt. Dir obliegt nur die Verkündung der Botschaft. (Schura 42/48)

2. Der Gesandte hat keinen Bevollmächtigungssauftrag.

Er ist weder vor dem Volk Bevollmächtigter Gottes noch ist er Bevollmächtigter des Volkes vor Gott. Unser Bevollmächtigter ist Gott und er sagt:

Wenn Gott gewollt hätte, wären sie nicht Polytheisten geworden. Und Wir haben dich nicht zum Hüter über sie gemacht, und du bist nicht als Sachwalter über sie eingesetzt. (An‘am 6/107)

Du aber bist nur ein Warner. Und Gott ist Sachwalter über alle Dinge. (Hud 11/12)

4. Der Gesandte kann niemanden auf den rechten Weg führen:

Gott, der uns zu seinem Weg annimmt, sagt:

Du kannst nicht rechtleiten, wen du gern möchtest. Gott ist es, der rechtleitet, wer sich darum bemüht. Er weiß besser, wer der Rechtleitung folgt. (Qasas 28/56)

Der Gesandte weist nur auf den rechten Weg hin. Gott der Erhabene sagt:

91

Und wahrlich, du führst zu einem geraden Weg. (Schura 42/52)

5. Der Gesandte übt keinen Zwang aus.

Gott der Erhabene sagt

So ermahne. Du bist ja ein Mahner. Du wirst über sie keine Wache halten. (Ghaschiye 88/21-22)

6. Der Gesandte weißt nicht, was man denkt und im Herzen hat.

Gott der Erhabene sagt:

Und unter den arabischen Beduinen in eurer Umgebung gibt es Heuchler. Und unter den Medinensern gibt es einige, die sich an Heuchelei durch und durch gewöhnt haben. Du kennst sie nicht, aber Wir kennen sie. Wir werden sie zweimal peinigen, dann werden sie einer gewaltigen Pein zugeführt werden. (Tawba 9/101)

Und wenn du die Heuchler siehst, gefallen dir ihre Gestalten. Und wenn sie sprechen, hörst du ihren Worten zu. Sie sind wie angelehnte Bretter. Sie meinen, jeder Schrei sei gegen sie gerichtet. Sie sind die wahren Feinde. Nimm dich vor ihnen in Acht. Gottes Fluch soll sie treffen! Wie leicht lassen sie sich doch von der Lüge verleiten. (Munafikûn 63/4)

92

7. Der Gesandte kennt das Verborgene nicht.

Er kennt nur, was Gott ihm offenbart hat. Gott der Erhabene sagt:

Sage: Ich sage euch nicht, ich hätte die Vorratskammern Gottes, und ich kenne auch nicht das Unsichtbare. Und ich sage euch nicht, ich sei ein Engel. Ich folge nur dem, was mir offenbart wird. Sage: Sind etwa der Blinde und der Sehende gleich? Denkt ihr denn nie nach? (An’am 6/50)

„Sage: Ich kann mir selbst weder Nutzen noch Schaden bringen, außer was Gott geschaffen hat. Wenn ich über das Verborgene Bescheid wüsste, würde ich mir selbst viel Gutes verschaffen, und das Böse würde mich nicht berühren. Ich bin nur ein Warner und ein Freudenbote für Leute, die glauben.“ (Araf 7/188)

Wenn die Gesandten sogar in so eine Situation geraten könnten, wie ist die Situation der übrigen Menschen, die sich daran nicht halten?

93

14) Das Verborgene Kennen

Mit dem Begriff Ghayb (das Verborgene) werden Dinge bezeichnet, die sich den Sinnen entziehen und über die die Menschen keine Kenntnisse haben.71 Alles, was nur Gott wissen kann, wird das absolute Verborgene (ghayb mutlaq) genannt.

Was ein anderer kennt, kann nicht das absolute Verborgene sein. Was Sie denken, kann ich nicht wissen, Sie wissen es aber. Das ist dann für mich Verborgenes, für Sie aber nicht.

Die behaupten immer, dass sie das Verborgene kennen. Einige von ihnen gehen noch einen Schritt weiter, so dass sie sogar sagen, sie wüssten darüber Bescheid, wann die Welt untergehen wird, was morgen geschehen wird oder wer wann sterben wird. Jetzt geben wir ein Beispiel, an dem deutlich wird, dass der Koran hierdurch solche Aussagen für nichtig erklärt:

Gott der Erhabene sagt:

Gott weiß über die Stunde des Jüngsten Gerichts Bescheid. Er lässt den Regen herabkommen, weiß, was im Mutterleib ist. Niemand weiß, was er morgen erwerben wird, und niemand weiß, wo er sterben wird. Gott weiß Bescheid und hat Kenntnis von allem. (Luqman 31/34)

Diesbezüglich fragt Ahmad b. al-Mubarak seinen Meister Abdulaziz ad-Dabbag:

71) Rağıb al-Isfahânî, al-Mufradât, S. 616, Stichwort G-Y-B.

94

„O Meister, einige Gelehrte, die sich in den Aussagen des Propheten Muhammad (s) gut auskennen, und andere Gelehrte der nicht-spirituellen Wissens sind sich uneinig, ob unser Prophet Muhammad (s) die im Koran in der Sure Luqman aufgezählten fünf verborgenen Punkte kennt.“

Er antwortete:„Wie sollen diese fünf verborgenen Dinge denn dem Gesandten Gottes (s) verborgen bleiben? Damit einer aus seiner Religionsgemeinschaft, der zur Ausübung der Macht bevollmächtigt72 ist, seine Macht ausüben kann, muss er über diese fünf verborgenen Dinge Bescheid wissen.”73

Das bedeutet, sie wüssten darüber Bescheid, was am folgenden Tag passieren wird, wo sie sterben werden, wann der Weltuntergang ist. Dann erklären sie – Gott behüte – den oben erwähnten Vers für gegenstandslos. Jetzt schauen wir auch die folgenden Verse an:

Sie fragen dich nach der Stunde des Jüngsten Gerichts, wann sie hereinbrechen wird. Sage: ‚Ihre Kenntnis ist nur bei meinem Herrn. Er wird sie zu ihrer Zeit erscheinen lassen. Sie wird ihre schwere Wirkung in den Himmeln und auf der Erde zeigen und sie wird euch plötzlich überkommen.‘ Sie fragen dich, als ob du die Antwort kennen würdest. Sage: ‚Außer Gott kennt sie niemand. Aber die meisten Menschen wissen nicht Bescheid. (Araf 7/187)

72) Die Behauptung, jemand sei bevollmächtigt, die Macht auszuüben, steht grundsätzlich im Widerspruch zum Koran. Das ist reine Beigesellung. Dieses Thema wurde unter der Überschrift “Nicht sichtbare Heilige” behandelt.73) Abdulaziz ad-Dabbag, al ibriz (Übersetzung Celal Yildirim) Istanbul 1979 Bd 73 s.523-524

95

Sie fragen dich nach der Stunde des Jüngsten Gerichts, wann sie hereinbrechen werde. Woher sollst du das wissen? Ihre Kunde ist nur bei deinem Herrn. Du kannst nur den ermahnen, der sich vor einem solchen Tag fürchtet. (Nazi‘at 79/42-45)

Ich wollte eigentlich einen Häretiker wie Abdulaziz ad-Dabbag hier nicht zitieren, der sich über den Koran stellt und den Koran für gegenstandslos erklärt, leider wird der Glaube der Muslime durch solche Worte verunglimpft.

Als ich noch Schüler war, las ich des Öfteren in der Koran-Übersetzung von Hasan Basri Çantay namens “Kur'an-ı Hakîm ve Meâl-i Kerîm”. Dort wurde Abdulaziz ad-Dabbag Heiligkeit zugesprochen und sein Buch al-Ibriz zitiert, um einige Verse zu erläutern. Al-Ibriz gehörte somit zu den Büchern, die meine Neugier weckten und die ich lesen wollte.

Aus diesem Grunde habe ich das Buch in der Übersetzung von Celal Yildirim gelesen. Auch Celal Yildirim sprach dem Buch eine außerordentliche Heiligkeit zu. Seiner Meinung nach ist “el-Ibriz“ im Vergleich zu den übrigen Büchern aus seiner Kategorie wie reines und feines Gold. Denn Abdulaziz ad-Dabbag ist ein Freund Gottes, der sich auf der Ebene der Vollkommenheit befindet. Er besitzt ein göttliches74 Wissen und Weisheit, welche die Gelehrten überrascht, die menschliche Intelligenz übertrifft, die Sufis verwundert. Er stellt in diesem Buch seine Gespräche und Zusammenkünfte mit dem erhabenen Geist des Gesandten Gottes (s), seine Beobachtungen in der Welt der Gleichnisse und des Himmelsreichs stufenweise dar.”75

74) Ledunni ilm/göttliches Wissen wird in dem 20. Teil behandel75) Eine kurze Zusammenfassung des Vorwortes, das Celâl YILDIRIM zu der Übersetzung von Al-Ibriz geschrieben hat

96

Die Welt der Gleichnisse bedeutet die Welt der Träume. Die Welt des Himmelsreichs ist der Ort, wo sich die Engel und die Geister befinden, die man mit Sinnen nicht wahrnehmen kann. Beides zusammen kann man die Welt des Verborgenen nennen. Das ist eigentlich die Übertragung der platonischen Ideenwelt auf den Sufismus. Die Behauptung, dass einer in der Welt der Ideen und der Träume Beobachtungen machen könne, ist nicht akzeptabel, genauso ist es nicht denkbar, dass jemand mit dem Geist des Gesandten Gottes gesprochen habe. Träumen ist ein anderes Thema. Einen Traum, der sich bewahrheitet, kann jeder sehen.

Al-Ibriz ist voll mit Behauptungen, die dem Koran gänzlich widersprechen. Wem würde es etwas bringen, hinter einigen philosophischen Erklärungen und dem Vorwand des Geheimnisses diese Behauptungen als wahr zu bezeichnen? Wie schlimm ist es, diese Bemühungen von einem zu hören, der einen Koran-Kommentar geschrieben hat. edunnî ilm/göttliches Wissen wird in dem 20. Teil behandel

Stellen Sie sich jetzt vor, wie betroffen ich war, als ich dieses Buch las. Vieles bedrückte mich ungemein; einerseits ein Buch, das ich so hochschätzte und gerne las, mit solchen Fehlempfehlungen übersät war, anderseits dass die Koranexegeten ein Buch, das den Koran nicht beachtet und voll mit Behauptungen ist, die dem Koran widersprechen, fast für heilig erklärten.

Natürlich fallen die Muslime nicht aus heiterem Himmel in diese heutige Situation. Jetzt wechseln wir zu unserem Gespräch über das Verborgene.

Sufi-Meister: Es ist wahr und es wurde beobachtet, dass die Freunde Gottes Gedanken lesen können. Dies nennt man Kaschf Zamair oder Kaschf ma fil-kulûb (deutsch: die Fähigkeit, über die Herzenswünsche und Gedanken eines anderen Bescheid zu wissen, Kardiognosie). Es gibt sehr viele Beispiele in den Sufi-Büchern und

97

in Biographien dafür. Auch die westlichen Wissenschaftler haben solche übernatürlichen Ereignisse wissenschaftlich festgehalten.

Bezeichnungen wie „Gedanken lesen”, „Telepathie”, „Ahnen” sind unserem Volk wohl bekannt. Auch meine Wenigkeit hat bei ihrem Meister solche Ereignisse beobachtet und miterlebt. Du versuchst mit dem 50. Vers der Sure An’am zu argumentieren. Du bist ja sogar in der Fetwa-Kommission76 des Amtes für die religiösen Angelegenheiten der Republik Türkei tätig. Ich habe mich gewundert, und du hast mir leidgetan, und ich fand es schließlich schändlich, dass die islamischen Wissenschaften so zurückgegangen sind. Das habe ich mir gesagt und wurde traurig.

Dies widerspricht nicht dem Islam. In der berühmten Aussage des Propheten über die Annäherung an Gott durch freiwillige Gottesdienste sagt unser Prophet, dass Gott der Erhabene sagt: „Wenn Ich den asketischen und viel betenden Diener liebe, dann werde Ich sein hörendes Ohr, sehendes Auge, seine sprechende Zunge, greifende Hand, sein gehender Fuß; er sieht mit mir, hört mit mir, spricht mit mir, greift mit mir, geht mit mir.“ Hast du diese Aussage des Propheten nie gehört, das ist eben dieser Zustand.77

76) Als diese Diskussion stattfand, war ich der Vorsitzende der Fetwa-Kommission des Istanbuler Mufti-Amtes. Gott der Erhabene hat mich damit beschert, dieses Amt vom August 1976 bis 17. Februar 1997 zu leiten. Ich bin dafür dankbar und spreche unendliches Lob und Dank an Gott aus. (Bayındır) 77) Esat COŞAN (Halil NECATİOĞLU), Evliyanın Kerameti Haktır, Hauptartikel, Zeitschrift İslam Dergisi, August 1992, Nr.: 108. Dieser Artikel wurde aufgrund einer meiner Predigte in der Süleymaniye Moschee in Istanbul verfasst. Esad COŞAN starb im Jahre 2001. Er war sowohl Professor für Islamische Literatur als auch Meister des Nakschibandiya-Ordens Halidi Ritus. Dieser Sufi-Orden steht in der Tradition des Imams der Iskenderpaşa Moschee in Istanbul, M. Zahid KOTKU. Daher wird sie auch die Gemeinschaft von Iskenderpaşa genannt. An dem Tag kam der führende Kader des Ordens mit Prof. COŞAN zu mir in die Moschee, sie hatten sich vor der Gebetsnische platziert und hörten sich meine Predigt an, die ihnen aber nicht gefiel. Bis dahin hatte ich keine ausreichenden Kenntnisse über Mystik und Sufi-Orden. Dieser Artikel von Prof. COŞAN führte dazu, dass ich die Mystik und Sufi-Orden genauer unter die Lupe nahm. Dieses

98

Bayındır: Bedauern Sie, dass die islamischen Wissenschaften dermaßen zurückgegangen sind? Da haben Sie Recht. Sie haben uns damit beigebracht, dass die islamischen Wissenschaften dem Aberglauben Platz gemacht haben.

Der selige Mehmed Zahid Kotku schrieb in seinem Buch „Glaubensgrundsätze der Anhänger der prophetischen Tradition“ über die Worte und Taten, die zum Unglauben führen, Folgendes:

All die folgenden Personen werden ungläubig, wenn

„jemand einen bestätigt, der die Behauptung aufstellt, das Verborgene zu kennen. jemand sagt: ‘Ich kenne den Platz des Diebesgutes.’ jemand sagt: ‘Mich unterrichten die Dschinn‘. Und auch diejenigen, die ihn bestätigen (werden zu Ungläubigen). Denn das Verborgene kennen weder die Menschen noch die Dschinn. Im Gegenteil, das kennt nur Gott allein.78

Jetzt können Sie sich vorstellen, wie schlecht um den bestellt ist79, der behauptet, „Es ist wahr und es wurde beobachtet, dass die Freunde Gottes die Gedanken lesen können.” Das Thema Kaschf/Aufdeckung werden wir in folgenden Abschnitten behandeln.

Büchlein in Ihrer Hand ist das Ergebnis der Diskussionen, die damals einsetzten und sich danach verbreiteten.78) Mehmed Zahid KOTKU, Ehl-i Sünnet Akaidi, Küfrü Mucip Sözler ve Haller, Seha Neşriyat, İst. 1992, S. 134. Der Verleger dieses Buches ist Herr Cosan selbst. Das heißt, dass auch er in einer solch wichtigen Angelegenheit das Buch seines Meisters nicht einmal gelesen hat.79) Esat COŞAN schrieb zu Beginn des Buches “Ehl-i Sünnet Akaidi” des seligen KOTKU Folgendes über ihn: „... Er wusste Bescheid, worüber man denkt, und beantwortete den Menschen ihre Fragen, bevor sie sie gestellt haben. Er beschenkte Menschen mit den Gütern, die sie brauchten, ohne dass sie es erwähnt haben.“ Solche Worte aber machen einen nach der oben von uns zitierten Stelle aus demselben Buch auf der Seite 134 zum Ungläubigen, wenn er daran glaubt.

99

Sufi-Meister: Du sprichst über das Verborgene, ohne seine Bedeutung und seine Unterkategorien zu kennen. Das absolute Verborgene kennt nur Gott. Wenn er den Propheten und Freunden Gottes dies nicht mitteilt, so können sie es auch nicht wissen. Wenn er es aber mitteilt, so weiß man alles und gibt es auch dann weiter. Was einer in sich verbirgt, in seinen Gedanken und seinem Herzen und von seinen Absichten – dieses Ganze ist nicht das absolute Verborgene. Das kann man wissen und es kann sozusagen gelesen werden.80

Bayındır: Das absolut Verborgene sind Dinge, die nur von Gott gewusst werden können. Wenn irgendetwas von noch einem anderen gewusst wird, dann ist es nicht mehr das absolut Verborgene. Zum Beispiel kann ich nicht wissen, was so alles in Ihnen vorgeht, aber Sie wissen es.

Was in den Herzen der Heuchler ist, ist nicht das absolute Verborgene. Denn die kennen ihr Inneres selbst. Aber in einem Koranvers wird ganz deutlich mitgeteilt, dass der Prophet Muhammad (s) nicht weiß, was im Inneren der Heuchler vorgeht. Gott der Erhabene sagt:

So manche arabische Beduinen in eurer Umgebung sind Heuchler. Auch unter den Bewohnern von Medina gibt es Heuchler, die es gewöhnt sind zu heucheln. Du kennst sie nicht, aber Wir kennen sie. (Tawba 9/101)

Sufi Meister: Wenn über ein Sachgebiet diskutiert wird, muss man alle Details berücksichtigen, sonst kommt man nicht zur richtigen

80) Esat COŞAN (alias Halil NECATİOĞLU), Zeitschrift İslam, August 1992, Nr.: 108.

100

Schlussfolgerung. Es ist unzureichend, wenn in einem Bereich ein Vers als Grundlage genommen wird und weitere mit dem Thema zusammenhängende Verse nicht berücksichtigt werden. Dies ist fehlerhaft, eine Straftat. Und im geistigen Sinne ist es auch eine große Gefahr. Gewiss im 50. Vers der Sure An’am wird so geboten:

Sage: „Ich sage euch nicht, ich hätte die Vorratskammern Gottes, und ich kenne auch nicht das Unsichtbare. Und ich sage euch nicht, ich sei ein Engel. Ich folge nur dem, was mir offenbart wird.“

Soweit so gut. Aber im 96. Vers der Sure Yusuf wird erzählt, dass der Prophet Jakob gesagt hat:

Habe ich euch nicht gesagt, dass ich (da Gott es mir mitgeteilt hat) weiß, was ihr nicht wisst?81

Bayındır: Sie widerlegen sich selbst. Sie sagten: „Was einer in sich verbirgt, in seinen Gedanken und seinem Herzen und von seinen Absichten – dies Ganze ist nicht das absolute Verborgene. Das kann man wissen und es kann sozusagen gelesen werden.” Wenn dem so ist, wieso hat der Prophet Jakob nicht die Gedanken seiner Söhne lesen können, denn er vertraute ihnen Josef an, woraufhin sie Josef in einen Brunnen warfen.82

81) Esat COŞAN, Fortsetzung des obigen Artikels.82) In der Sure Yusuf wird die Geschichte von Josefs Brüdern erzählt, die ihren Vater um Erlaubnis baten, Josef mitzunehmen, und ihn dann in den Brunnen warfen: Seine Brüder sagten: „Obwohl wir eine Gruppe sind, die zusammenhält, liebt unser Vater Josef und seinen Bruder mehr als uns. Wahrlich unser Vater ist in einem eindeutigen Irrtum. Tötet Josef oder setzt ihn irgendwo aus, damit euer Vater nur euch hat. Danach könnt ihr Reue zeigen und zu Guten werden.” Einer von ihnen sagte: „Tötet Josef nicht, werft ihn in den Brunnen. Wenn ihr es so macht, findet ihn vielleicht ein Reisender und nimmt ihn auf.” Daraufhin sagten sie

101

Und warum konnte er dann nicht in die Herzen seiner Söhne schauen, die Josef in den Brunnen geworfen hatten, und Josef aus dem Brunnen in unmittelbarer Nähe nicht retten? Wenn Sie sich ein wenig Gedanken machen, so können Sie selbst feststellen, dass der 96. Vers der Sure Yusuf Ihnen nicht als Beweis dienen kann. Zu Beginn der Sure erzählt Josef seinem Vater Jakob seinen Traum, und dieser sagt ihm, dass er ein Gesandter Gottes werden würde. Aus diesem Grunde wusste er, dass sich dies eines Tages bewahrheiten würde. Die Verse lauten folgendermaßen:

Als Josef zu seinem Vater sagte: „O mein Vater, ich sah elf Sterne und die Sonne und den Mond vor mir niederfallen“. Sein Vater sagte: „O mein Sohn, erzähle von deinem Traumgesicht nicht deinen Brüdern, sonst werden sie eine List gegen dich ausführen. Der Satan ist den Menschen ein offenkundiger Feind.

Und so wird dein Herr dich (als Gesandten) erwählen und dich etwas von der Deutung der Ereignisse lehren und seine Gnade an dir und an der Sippe Jakobs vollenden, wie Er sie vorher an seinen beiden Vätern Abraham und Isaak vollendet hat. Dein Herr weiß Bescheid und entscheidet richtig.“ (Yusuf 12/4-6)

Er deutete den Traum wie folgt: Elf Sterne sind die Brüder Josefs

„Unser Vater! Obwohl wir das Beste für Josef wünschen, wieso vertraust du uns ihn nicht an? Schick ihn morgen mit uns, damit er spielen und spazieren gehen kann, wir schützen ihn auf die beste Weise. Ihr Vater sagte: „Dass ihr ihn mitnehmt, macht mich traurig. İch fürchte, dass ihn ein Wolf auffrisst.” Sie sagten: „Wenn ihn ein Wolf auffressen wird, obwohl wir so viele sind, komme die Schande über uns.” (Yusuf 12/8-13)

102

und die Sonne und der Mond sind seine Eltern.83 Eines Tages würden diese sich vor ihm verbeugen und ihm Ehre erweisen. Jakob hat dies erhofft.

Als nun der Freudenbote kam, legte er Josefs Hemd auf sein Gesicht, und er konnte wieder sehen. Jakob sagte: „Habe ich euch nicht gesagt‚ dass ich (da Gott es mir mitgeteilt hat) weiß, was ihr nicht wisst?“ (Yusuf 12/96)

Der Vers, den Sie als Beweis für das Kennen des Verborgenen vorführen, legt nur jene oben erwähnte Tatsache über Josef dar.

Ihre Worte verwirren Ihre Schüler sehr.84 Als ich mich mit einer Gruppe von Pilgern in Medina unterhielt, habe ich zum Beispiel gesagt, dass nur Gott das Verborgene kennen kann. Von Ihren Schülerinnen sagte eine: „Was sagen Sie da? Ich weiß ja, dass mein Meister sogar weiß, wie oft ich mich im Bett in der Nacht drehe.”

Sufi-Orden: (dazwischen redend) Wüsste er dies nicht, wenn Gott ihm dies nicht mitgeteilt hätte? Hat Gott dazu keine Macht?

Bayındır: Wozu reicht Gottes Macht nicht? Würde Gott wollen, könnte er nicht den Propheten Muhammad (s) in die Hölle und den Teufel ins Paradies schicken? Hätte er keine Macht dazu?

Sufi-Orden: Natürlich hat er dazu die Macht.

Bayındır: Er teilte aber mit, dass er den Teufel in der Hölle und den

83) Muhammed b. Dscharîr at-Tabarî, Tafsîru t-Tabarî, Beirut 1412/1992, Bd. VII, S. 149.84) Die folgenden Behauptungen sind aus den Gesprächen mit Mahmut USTAOSMANOĞLU (Mahmut Efendi) und seiner Gruppe entstanden.

103

Propheten Muhammad (s) im Paradies auf den höchsten Platz setzen werde.85

Unser Herr, der über das ganze Verborgene Bescheid weiß, gebietet wie folgt:

Gott wird euch nicht das Verborgene offenbaren. (Al-i Imran 3/179)

Wenn er dies so ausdrückt, wer könnte da noch das Gegenteil behaupten.

Sufi-Orden: Aber Gott der Erhabene sagt:

Er kennt das ganze Verborgene, und verrät es niemandem. Außer denjenigen seiner Gesandten, die er sich aussucht. (Dschinn 72/26-27)

Da die Freunde Gottes die Erben der Propheten sind, so wird auch ihnen offengelegt, was den Propheten offengelegt worden ist.

Bayındır: Jene Verse beziehen sich auf die Art und Weise der Offenbarung an die Propheten. Um sie richtig zu verstehen, sollte der ganze Vers gelesen werden.

Gott weiß Bescheid über das Verborgene und er eröffnet niemandem das, was bei Ihm verborgen ist, außer dem Gesandten, den Er ausgesucht hat; dann lässt Er vor ihm und hinter ihm Wächter aufstellen, damit dieser Gesandte weiß, dass das von seinem

85) „Steh in der Nacht auf und verrichte das Gebet, was nur für dich gilt. So wird Gott dich auf eine erhöhte Position heben.“ (Isra 17/79)

104

Herrn Offenbarte durch die Engel übermittelt wird, und er alles, was bei ihnen ist, vermittelt bekommen hat und alles einzeln verstanden hat. (Dschinn 72/26-28)

Zum Gesandten Gottes kann auch der Teufel kommen. Gott der Erhabene gebietet:

Und Wir haben vor dir keinen Gesandten oder Propheten geschickt, ohne dass der Satan seinen Wunsch, wenn er etwas wünschte, durchkreuzt hätte. Aber Gott hebt auf, was der Satan durchkreuzt, dann legt Gott seine Zeichen eindeutig fest. Und Gott weiß Bescheid und ist weise. (Hadsch 22/52)

In einigen Korankommentaren wird über den Offenbarungsanlass der 6. Sure An’am folgende Überlieferung von Anas bin Malik erwähnt: „Gottes Gesandter sagte: ‚Außer der Sure An’am wurde mir keine Sure in einem Stück offenbart. Die Teufel haben sich für keine andere Sure so zusammengesetzt wie für diese. Diese Sure wurde mir vom Engel der Offenbarung Gabriel zusammen mit fünfzigtausend Engeln offenbart. Sie haben diese Sure in Schutz genommen und so brachten sie sie zu mir.”86

Der Gesandte soll sich darauf verlassen können, dass diejenigen, die zu ihm kommen, Engel sind und dass die Einflüsterungen des Teufels nicht in die Offenbarung eingegangen sind. Dass ist der Grund, weshalb Gott der Erhabene rings um den Propheten herum während der Offenbarung die Engel aufreihte.

86) Elmalılı Muhammed Hamdi YAZIR, Hak Dini Kur'an Dili, İst. 1936, Bd. II, S. 1861-1862.

105

Es ist nicht möglich, einen Vers über die Art und Weise der Offenbarung als Beweis dafür anzuführen, dass man über das Verborgene Bescheid wissen kann.

106

15) Offenbarung an die Sufi-Meister87

Das arabische Wort wahy bedeutet „flüstern”, „im Geheimen sprechen”. Gott erwählt Gesandte, und die Worte, die er den Menschen mitteilen will, offenbart er ihnen durch den Engel Gabriel. Da niemand anderer als dieser Gesandte die Rede Gabriels hört, heißt es wahy.

Wahy bedeutet auch Eingebung. Denn Eingebung ist das, was Gott dem Inneren des Menschen eingibt. Dies ist auch verborgen, aber individuell und braucht mit niemandem geteilt zu werden. Ob Muslim oder Nicht-Muslim – alle können Eingebungen bekommen. Mit diesem Thema beschäftigen wir uns noch später.

Wenn von Offenbarung gesprochen wird, werden darunter i.d.R. die den Gesandten mitgeteilten Offenbarungen Gottes verstanden. Mit Muhammad (s) wurde das Prophetentum abgeschlossen und diese Art von Offenbarung beendet.

Sufi-Meister: Gott offenbart einiges auch n. Hat Gott der Erhabene der Mutter Mose nicht etwas offenbart? In dem Vers wird gesagt:

Und Wir gaben der Mutter des Mose ein: „Stille ihn.“ (Qasas 28/7)

Schüler: Gott offenbarte sogar der Biene etwas, warum soll er den n nichts offenbaren. Er sagt diesbezüglich

Und dein Herr hat der Biene eingegeben: ‚Baue dir Häuser in den Bergen und in den Bäumen und in den von Menschen eingerichteten Lauben‘ Dann friss von

87) Die Behauptungen in diesem Teil sind aus den Gesprächen mit Mahmut USTAOSMANOĞLU (Mahmut Efendi) und seiner Gruppe entstanden.

107

allen Früchten und folge den Wegen deines Herrn, die er dir gezeigt hat. (Nahl 16/68-69)

Bayındır: Die hier erwähnte Offenbarung ist nicht mit der Offenbarung an die Gesandten identisch. Das heißt eine Biene braucht das an sie Offenbarte nicht anderen Bienen mitzuteilen. Denn Gott hat auch anderen Bienen dasselbe offenbart.

Über die Arten der Offenbarung wird im Koran Folgendes mitgeteilt:

Gott führt mit keinem Menschen Gespräche außer durch wahy/Eingebung oder hinter einem Vorhang oder indem Er einen Boten schickt, um durch Sein Geheiß zu offenbaren, was er als Anweisung erteilt. Er ist Erhaben, entscheidet weise. (Schura 42/51)

Es gibt drei Arten von Offenbarung. Die erste Art von Offenbarung ergeht an jeden Menschen. Die Offenbarung an Moses’ Mutter und an unsere ehrenwerte Mutter Maria fällt unter diese Kategorie. Wir nennen dies Eingebung. Die sogenannte „Offenbarung hinter einem Vorhang” geschieht meistens in Form von Träumen. Gott übermittelt einige Informationen an uns im Traum, wie dies im Traum von Josef und dem ägyptischen König der Fall war. Dafür braucht man nicht Muslim zu sein.

Die Offenbarung an die Gesandten ist die dritte, oben im Vers erwähnte Art. Da sie diese Offenbarung mit dem Auftrag bekommen, sie an die Menschen weiterzugeben, sind alle Gesandten gleichzeitig ein Prophet. Er bekommt die Offenbarung von einem anderen Gesandten Gottes, nämlich Gabriel. Gott der Erhabene gebietet:

Bei der Nacht, wenn sie beginnt, und Ich schwöre beim Morgen, wenn er zu atmen beginnt, dass der Koran ein Wort eines wertvollen Boten ist. Es ist das

108

Wort des mächtigen Gabriel, der bei dem Herrn des Throns in Ansehen steht, dem gehorcht wird und der getreu ist. Euer Gefährte (Muhammad) steht nicht unter dem Einfluss von Dschinn. Wahrlich, er sah Gabriel am klaren Horizont. Und er enthält das ihm offenbarte Wissen über das Verborgene niemandem vor. Dieser Koran ist nicht das Wort des gesteinigten Satans. Wohin also wollt ihr gehen? Dies ist ja nur eine Ermahnung für alle. Der Koran ist für alle eine Ermahnung. Für diejenigen unter euch, die sich die Aufrichtigkeit als Maßstab nehmen. Nehmt richtig Maß. Euer Maßstab ist nur das, was in die göttliche Ordnung passt. (Takwîr 81/17-29)

Der Traum kann nicht unbedingt authentische Informationen beinhalten. Die Eingebung kann man mit Argwohn verwechseln. Aber die Offenbarung an den Gesandten muss absolut authentisch sein. Aus diesem Grunde wird diese Art der Offenbarung durch Gabriel im Gefolge einer Engelschar übermittelt. Der diesbezügliche Vers lautet:

Gott, der über das Verborgene Bescheid weiß und niemandem das eröffnet, was bei Ihm verborgen ist, außer dem Gesandten, den Er ausgesucht hat; dann lässt Er vor ihm und hinter ihm Wächter aufstellen. Damit dieser Gesandte weiß, dass das von seinem Herrn Offenbarte durch die Engel übermittelt wird und er alles, was bei ihnen ist, vermittelt bekommen hat und alles einzeln verstanden hat. (Dschinn 72/26-28)

Die Gesandtschaft ist beendet und die Offenbarung ist abgeschlossen. Von nun an muss man das Buch Gottes richtig verstehen und die weisen Taten des Propheten begreifen und danach leben und diese an die Menschen übermitteln.

109

16) Die geistigen Erben der Propheten88

Schüler: Die Freunde Gottes sind die Nachfolger des Gesandten Gottes.

Sufi-Meister: Die Freunde Gottes sind die Erben der Propheten. Was ihnen geschieht, geschieht auch den Erben.

Bayındır: Das mit der Erbschaft wurde wohl nicht richtig verstanden. Gesandter ist jemand, „dessen Wert von Gott erhöht worden ist”. Man kann sich selbst nicht für die Gesandtschaft entscheiden. Niemand außer denjenigen, denen ein Buch offenbart worden ist, kann diese Position einnehmen. Gott der Erhabene gebietet:

Die Menschen waren eine einzige Gemeinschaft. Dann entsandte Gott die Propheten als Überbringer froher Botschaft und als Warner. Und Er entsandte mit ihnen zusammen das Buch, welches die Wahrheit zeigt, um zwischen den Menschen zu richten über das, worüber sie uneins waren. Uneins aber waren nur jene, denen das Buch gegeben wurde.89 Da sie, nachdem sie klare Beweise erhalten hatten, das Recht des Anderen gegenseitig zu verletzen trachteten, passierte dies. Doch hat Gott die Gläubigen mit Seiner Erlaubnis zur Wahrheit geführt, worüber sie

88) Behauptungen in diesem Teil sind aus den Gesprächen mit Mahmut USTAOSMANOĞLU (Mahmut Efendi) und seiner Gruppe entstanden.89) Das Individuum kann nicht feststellen, in welcher Situation es sich befindet und wie sehr es auf einem Irrweg ist, solange es seine Situation nicht mit dem Koran vergleicht. Einige von denjenigen, die dies begriffen haben, verbessern sich, andere aber bleiben wissentlich auf ihrem Irrweg. Und dies führt in einer Gesellschaft, an die ein Buch und ein Gesandter geschickt wurden, zu Zwietracht und Spaltungen.

110

vorher uneins waren. Und Gott leitet denjenigen, der sich bemüht, auf einen geraden Weg. (Baqara 2-213)

Der Gesandte hat eine wertvolle Stellung. Gott der Erhabene sagt über seinen letzten Gesandten:

Dieser Prophet ist ihnen lieber, als ihr Leben selbst, seine Frauen sind auch die Mütter der Gläubigen. (Ahzab 33/6)

Gott der Erhabene sprach zu niemandem außer denjenigen, die er als Gesandte für diese hohe Position bestimmte. Der Auftrag der Gesandten endete mit Muhammad (s).

Muhammad ist nicht der Vater eines eurer Männer, er ist aber Gottes Gesandter und der letzte Prophet. Gott weiß alles. (Ahzab 33/40)

Der Begriff Rasul bedeutet Gesandter. Ein Gesandter ist damit beauftragt, die Worte einer bestimmten Person an andere zu übermitteln, ohne von sich aus etwas hinzuzufügen.90 Gesandter zu sein ist eine Aufgabe, die auch von Personen ausgeführt werden kann, die keine Propheten sind. Gott der Erhabene nannte den Gesandten des ägyptischen Königs an Josef auch „Gesandter” (ولïس ôالر, arabisch = ar-rasul). Der diesbezügliche Vers lautet:

Als der Gesandte des Königs kam, sagte Josef: „Kehre zu deinem Herrn zurück und frage ihn, was

90) Medschelle, Artikel Nr. 1450. Gesandter zu sein bedeutet, jemandem Worte mitzuteilen, ohne in den Inhalt der Botschaft einzugreifen. Den Überbringer dieser Botschaft nennt man Rasul, die Botschaft wird mursil und die Empfänger werden mursalun ilayh genannt.

111

das Problem der Frauen war, die sich in die Hand schnitten.“ (Yusuf 12/50)

Das heißt, jeder Gesandte ist nicht gleichzeitig auch ein Prophet. Aber jeder Prophet muss auch gleichzeitig ein Gesandter sein. Denn wenn er das ihm offenbarte Buch nicht verkündet und nicht weitergibt, kann er kein Gesandter sein. Betreffend Ismael (a.s.) sagt Gott der Erhabene:

Erwähne in diesem Buch auch Ismael, er hielt sein Versprechen und war ein Prophet und ein Gesandter. (Meryem 19/54)

Propheten, die keine Gesandten sind, sind weiterhin Propheten, auch wenn sie keine Offenbarung bekommen. Über sie wurde im Koran gesagt:

Was bleibt denn den Gesandten als eine offene Verkündigung. (Nahl 16/35)

Aus diesem Grunde gibt es Propheten, die keine Offenbarung erhalten, sondern nur die Offenbarung der vorangegangenen Gesandten weitergeben. Dazu wurden folgende Verse offenbart:

Das Volk Noahs bezichtigte den Gesandten der Lüge. (Schuara 26/105)

Das Volk Ad bezichtigte den Gesandten der Lüge. (Schuara 26/123)

Das Volk von Loat bezichtigte den Gesandten der Lüge. (Schuara 26/160)

112

Noah wurde an sein Volk, Hud an das Volk Ad, Loat an sein Volk als Prophet und Gesandter geschickt. Die übrigen Propheten verkündeten nur die Verse, die an Noah, Hud und Loat offenbart worden waren.

Da Muhammad (s) der letzte Gesandte ist, ist die Möglichkeit, Offenbarungen zu empfangen und Wunder zu zeigen abgeschlossen. In seine Fußstapfen als geistige Erben zu treten, ist nur durch das Verkünden und Erläutern des ihm offenbarten Korans möglich. Und diese Aufgabe wurde jedem Muslim erteilt. Gott der Erhabene sagte:

Gott sagte denjenigen, mit denen Er den Bund schloss: „Dieses Buch werdet ihr den Menschen mitteilen und es nicht verbergen.“ Sie aber warfen das Buch über ihre Schulter und verkauften es für einen vorübergehenden Preis. Und schlimm ist das, was sie bekamen. (Al-i Imran 3/187)

Die überaus schlechte Situation, in welche diejenigen hineingeraten werden, die die Botschaft des Korans nicht weitergeben, wurde wie folgt dargestellt:

Diejenigen, die verbergen, was Wir an klaren Beweisen und Rechtleitung herabsandten, nachdem Wir es den Menschen im Buch erklärt hatten, diese werden von Gott ausgeschlossen und auch von allen, die ausschließen können. Außer denjenigen, die sich reuevoll zuwenden, sich bessern und die Verse erklären. Ihre Reue werde Ich annehmen. Ich nehme die Reue an, und bin großzügig. (Baqara 2/159-160)

113

Diejenigen, die etwas aus dem Buch verbergen, das Gott offenbart hat, und dafür einen geringen Profit einholen, diese stopfen in ihre Bäuche nichts als Feuer. Und Allah wird zu ihnen am Tage der Auferstehung weder sprechen noch wird Er sie läutern; und ihnen wird eine schmerzliche Strafe zuteil sein. (Baqara 2/174)

Muhammad (s) sagte:

“Auch wenn es um einen einzigen Vers geht, den ihr von mir hörtet, so gebt ihn weiter.”91

In diesem Falle ist jeder ein Erbe des Propheten Muhammad (s). Denn der Verkündigungsauftrag des Korans wurde wie oben gezeigt jedem Muslim erteilt.

Was Sie betrifft; Sie geben sich außerordentlich Mühe, einige Verse Gottes zu verbergen und in die Religion fremdes Gut einzuschleusen. Um die von Ihnen erdachten Teile zu rechtfertigen, behaupten Sie, Offenbarung zu erhalten. Sie erklären sich für heilig, indem Sie behaupten, anstatt Wunder außerordentliche Taten hervorzubringen. Obwohl Sie somit der Religion Gottes gänzlich widersprechen, beanspruchen Sie nur für sich selbst, ein Freund Gottes zu sein. Wenn Sie sagen: “Die Freunde Gottes sind die Erben der Propheten. Was den Propheten geschah, geschieht auch ihnen“, bekräftigen Sie, wie sehr Sie vom Weg abgekommen sind. Wo es noch nicht zu spät ist, kehren Sie um und zeigen Sie Reue und kommen Sie auf den geraden Weg.

91) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Buchari, al-Anbiyâ, Nr. 50.

114

115

17) Bestätigungswunder der Propheten und

Gesandten (Mu‘ciza/I’caz)

Die Gesandten bringen Bestätigungswunder hervor. Diese Wunder sind der Beweis dafür, dass eine Person, Gottesgesandter und sein Prophet ist. Muhammads (s) Wunder ist der edle Koran. Jeder, der mit dem Koran in Verbindung kommt, erkennt, dass sein Übermittler ein Gesandter Gottes sein muss. Denn die Offenbarung ist nicht ein Buch, das von einem Menschen verfasst werden kann. Das ist genauso wie bei Jesus, als er Tote wieder zum Leben erweckte oder als er eine Vogelgestalt mit der Hand formte und mit der Erlaubnis Gottes sie anhauchte und sie lebendig wurde. Genauso wie das Kamel des Gesandten Salih, das er aus einem steinernen Hügel herausholte. Solche Sachen können keine normalen Menschen vollbringen. Der zum Leben erweckte Vogel wird sterben, der von den Toten aufgeweckte Mensch kann wieder sterben, und dieses Kamel wird geschlachtet werden, so werden für die nachkommende Welt keine Wunder mehr übrig bleiben, sie verlieren ihre Eigenschaft, Wunder zu sein.

Das Wunder des Korans ist dauerhaft. Jeder, der den Koran liest, egal wo er sich auf der Welt befindet, sieht ein, dass er Gottes Wort ist und sein Überbringer nur ein Gesandter Gottes sein kann. Sein Wunder-Sein wird bis zum Jüngsten Tag andauern, weil Gott selbst den Koran in Schutz genommen hat. Solange der Koran existiert, wird die Verpflichtung, an die Gottesgesandtschaft Muhammads (s) zu glauben, bestehen und es wird keinen Bedarf an einen neuen Propheten geben.

Der Gelehrte, der des Gesandten Muhammads (s) Erbe sein will, sollte die Menschen zum Koran rufen. Wenn er die Menschen zu etwas anderem ruft als dem Koran, heißt es, dass er vom rechten Weg abgeirrt ist.

116

18) Wundertaten der Heiligen (Karama)

Schüler: Bestreitest du etwa die Wundertaten der Heiligen?

Bayındır: Nein, ich bestreite nicht die Wundertaten, ich finde es nur seltsam, dass Sie einige Zufälle und erfundene Geschichten unter dem Namen der Wundertaten der Heiligen so darstellen, als ob sie Bestätigungswunder der Propheten wären. Diese Lügen nehmen Sie als Beweis dafür, dass Sie zu den besonderen Freunden Gottes gehören. Sie und die um Sie herum werden damit unglaubwürdig.

Das arabische Wort Karama für Wundertaten der Freunde Gottes bedeutet „wertvoll sein.“92 Gott der Erhabene sagt, dass er den Menschen wertvoll erschaffen und ihm vieles zur Verfügung gestellt hat.

Wir haben die Kinder Adams geehrt und sie über Land und Meer getragen und sie mit sauberen und guten Dingen versorgt und sie ausgezeichnet vor allen, die Wir erschaffen haben. (Isra 17/70)

Außer dem Menschen gibt es kein Wesen, das zu seinem Ziel von anderen getragen wird. Das größte Geschenk ist ein Glaube, der fern von Beigesellung ist.

Die da glauben und ihren Glauben nicht mit Beigesellung93 vermengen – sie sind es, denen die

92) Mütercim Asım, Kamus Tercümesi, Bd. IV, S. 464, 465.93) Das als Beigesellung wiedergegebene Wort im oberen Vers bedeutet im Original eigentlich „ungerechtes Handeln“, „Gewalttat“ (arabisch zulm). Diese Bedeutung kann dem Satz aus dem 13. Vers der Sure Luqman entnommen werden, wo es heißt: „Beigesellung ist wahrlich eine große Gewalttat.“

117

Sicherheit geziemt. Sie sind es, die sich auf dem richtigen Weg befinden. (An’am 6/82)

Gott der Erhabene erläuterte den wertvollsten Menschen wie folgt:

O ihr Menschen, Wir haben euch aus Mann und Frau erschaffen und euch zu Völkern und Stämmen gemacht, auf dass ihr einander erkennen möget. Vor Gott ist von euch der Angesehenste, welcher der Gottesfürchtigste ist. Gott ist Allwissend, Allkundig. (Hudschurât 49/13)

Wenn man „Wundertat der Heiligen“ sagt, dann sind nicht die oben in den Versen erwähnten Taten, sondern vielmehr jene Taten gemeint, wie die außerordentlichen nicht nachahmbaren Bestätigungswunder der Propheten.

Die Gesandten Gottes sind damit beauftragt, die Worte Gottes an die Menschen zu übermitteln. Bei der Bestimmung zu so einem Auftrag muss es einen Beweis geben, den ihnen nur Gott geben kann. Sonst würde jeder Mensch von sich behaupten können, dass er Gesandter Gottes sei. Aus diesem Grunde sind die Bestätigungswunder der Gesandten und Propheten sehr wichtig. Dieses Thema wird später nochmal behandelt werden.

Es gibt kein Amt und keine Position wie die Freundschaft Gottes, dies ist eine Erfindung. Jeder Gläubige ist Gottes Freund. Da der Glaube im Herzen ist, kann nur Gott wissen, wer der wahre Freund Gottes und somit gläubig ist. Dieses Thema wurde schon einmal besprochen.Gott hat jedem Gläubigen versprochen, ihm zu helfen. Er unterzieht ihn zuerst einer Prüfung, dann hilft er ihm. Er sagte diesbezüglich:

Uns obliegt es, den Gläubigen zu helfen. (Rum 30/47)

118

Wer Gottes Gebote beachtet, dem zeigt Er einen Ausweg und versorgt ihn in der Art und Weise, mit der er nicht rechnet. Und wer auf Gott vertraut, dem genügt Er. Gott führt alles vollkommen aus. Gott hat für alles einen Maßstab gesetzt. (Talâq 65/2-3)

Im Badr-Krieg hat Gott der Erhabene den Muslimen die Engel zur Hilfe geschickt, aber gleichzeitig betont, dass der Sieg nicht ausschließlich durch die Hilfe der Engel geschah. Diesen Vers sollten wir uns immer vergegenwärtigen:

Ihr batet euren Herrn um Hilfe. Er erhörte dann: „Ich stehe euch mit eintausend Engeln nacheinander bei.“ Gott tat dies nur als frohe Botschaft für euch, damit eure Herzen sich beruhigen. Jedoch der Sieg kommt nur von Gott allein.94 Gott ist mächtig und entscheidet weise. (Enfal 8/9-10)

Wenn Gottes Hilfe kommt, dann sollte man dankbar sein, ohne überheblich zu werden. Gott der Erhabene gebietet:

Verheißen hat Gott von euch denen, die glauben und gute Werke tun; wie er denjenigen vor euch die Oberhand gab, so wird er euch auch die Oberhand geben. Die von ihm anerkannte Religion wird er für sie festigen und ihnen, nachdem sie in Furcht gelebt haben, eine sichere Situation schaffen. Diese dienen Gott und stellen Ihm nichts zur Seite. Wer aber hernach immer noch ungläubig ist, ist vom Weg abgeirrt. (Nur 24/55)

94) Dies ist nach Gesetzen Gottes.

119

Diejenigen, die behaupten, Wundertaten der Heiligen zu vollziehen, gehen davon aus, dass Gott sie auf der Welt bevorzugt, so wie er sie auch im Jenseits bevorzugen wird, und daher sehen sie sich über die übrigen Menschen gestellt. Auf der Welt gibt es sehr viele, die wie sie überheblich sind. Diese Verse zeigen das Ende der Überheblichen:

Und stelle ihnen das Gleichnis von zwei Männern vor: dem einen von ihnen gaben Wir zwei Rebgärten und umgaben sie mit Dattelpalmen, und dazwischen legten Wir Kornfelder an. Beide brachten ihre Früchte hervor und versagten in nichts. Und in ihrer Mitte gab es einen Bach, den wir fließen ließen. Der Gärtner hatte einen guten Gewinn gemacht. Im Gespräch mit seinem Freund sagte er: „Ich bin reicher als du an Besitz und meine Gefolgschaft ist stärker.“ Und er betrat seinen Garten, während er sich erhaben fühlte.95 Er sagte: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser je zugrunde gehen wird, noch glaube ich, dass die Stunde heraufkommen wird. Selbst wenn ich zu meinem Herrn zurückgebracht werde, so werde ich ganz gewiss einen besseren Aufenthalt als diesen finden.“ Während des Gesprächs sagte sein Freund zu ihm: „Ignorierst du etwa Den, Der dich aus Erde erschaffen hat, dann aus einer befruchteten Eizelle, dich dann zu einem vollkommenen Mann bildete? Was jedoch mich betrifft – so ist Er Gott, mein Herr, und nie will ich meinem Herrn etwas anders zur Seite stellen.

Wenn du mich auch geringer als dich selbst an Besitz und Nachkommenschaft siehst, ist mir das egal.

95) Da in der Sure Baqara Vers 34 „Beharren und Größenwahn zu zeigen” als Gewalttat gilt, wurde der Ausdruck óه óسñفîم© ل®نóالîظ in der Weise gedeutet.

120

Hättest du gesagt, als du deinen Garten betratst: „Dies ist was Gott erschaffen hat, Er ist allen der Macht Gebende.

Mein Herr wird mir vielleicht (etwas) Besseres als deinen Garten geben und wird auf ihn etwas vom Himmel niedersenden, das ihn zu ödem Boden macht. Oder sein Wasser versiegt so tief im Boden, dass du nimmer imstande sein wirst, es herauszuholen.“

Da wurde seine Frucht zu Nichte gemacht, sein Garten verwandelte sich auf ihren Gestellen zu einem nutzlosen Gehäuft. Er begann die Hände zu ringen wegen der Kosten für den Garten, die er hatte. Er sagte: „Hätte ich doch meinem Herrn niemanden zur Seite gestellt!“

Und er hatte keinen außer Gott, der ihm helfen könnte, von niemandem hat er auch Hilfe bekommen können.

Gott, der die absolute Wahrheit ist, ist der einzige Freund in schlechten Tagen. Er ist es, der es mit Bestem belohnen wird und den Ausgang bestens machen wird. (Kahf 18/32-44)

Die angeblichen Wundertaten, aus der man einen Lügenberg erschaffen hat, sollten zur Seite gelegt werden. Nur Gott ist anzubeten.

Und diene deinem Herrn, bis die Gewissheit (der Tod) zu dir kommt. (Hidschr 15/99)

121

19) Falsche Wundertaten (Istidradsch)

Istidradsch bedeutet stufenweise auf- oder absteigen. Als Fachbegriff bedeutet es, jemanden nach seinem Wunsch schrittweise zu einem Punkt bringen, ihn in ein Unglück zu leiten, das er nicht erwartet. Der Mensch aber meint, dass dieser Gang zu seinen Gunsten ist. Gott führt seinen Diener nicht ohne Vorwarnung in so eine Situation. Er gebietet:

Gott wird nicht den Irrgang eines Volkes bestätigen, dem er klar gemacht hat, wovor sie sich schützen sollen, nachdem er es rechtgeleitet hat. (Tawba 9/115)

Die Abtrünnigen sind dann diejenigen, die die Vorwarnungen nicht beachten:

Immer wenn sie die Warnungen vergaßen, öffnen Wir ihnen die Tore zu allen Dingen. Wenn sie sich dann schließlich über das freuen, was sie erhalten hatten, ergreifen Wir sie plötzlich. Alle stürzen dann in Hoffnungslosigkeit. (An’am 6/44)

Hätten diese sich aber über die Verse Gottes Gedanken gemacht, so würden sie nicht in so eine Situation verfallen; Sie wurden mit Gaben Gottes reichlich beschenkt, infolge dessen dachten sie, sie seien auf dem richtigen Weg.

Bayındır: Auch Sie sagen, indem Sie die Menschen um sich herum betrachten: „Wären wir auf einem falschen Weg, so würden uns nicht so viele Menschen uns folgen”. Man sollte sich nicht von der Menge verblenden lassen. Der chinesische Kommunistenführer Mao hatte

122

sehr viele Anhänger hinter sich, aber dies wird ihn vor der Strafe Gottes nicht retten können.Ihre materiellen Möglichkeiten, die große Anzahl Ihrer Anhängerschaft und die Ehrerbietung der Menschen Ihnen gegenüber betrachten Sie als Beweise Ihrer Aufrichtigkeit.Zum Schluss werden Sie noch übermütiger und beginnen zu behaupten, Ihre Meister würden ihre Anhängerschaft sowohl im Diesseits als auch im Jenseits retten. Gerade ist dies der Punkt, wo Sie plötzlich von allen Seiten umzingelt werden.Bitte kommen Sie zur Vernunft und machen sich Gedanken über diese Anweisung Gottes gegenüber dem Propheten Muhammad (s):

Sage: „Ich habe nicht die Macht, euch Schaden oder Nutzen zuzufügen. Noch kann ich euch zur Reife führen.“ Sage: „Wahrlich, keiner kann mich vor Gottes Pein beschützen, noch kann ich eine Zuflucht außer bei Ihm finden. Was mir obliegt, ist nur die Verkündigung dessen, was von Gott ist und was er offenbart hat.“ (Dschinn 72/21-23)

Wenn Sie das Erbe des Propheten Muhammad (s) antreten wollen, dann sollten Sie den Menschen ganz klar und deutlich den Koran verkünden. Stattdessen nehmen Sie die Worte derjenigen, die Sie Freunde Gottes oder nennen und vermitteln diese Worte an die Menschen. Noch dazu kommentieren Sie auch den Koran dementsprechend. Ihre Situation stellt der folgende Vers sehr gut dar:

Und für den, der das Gedenken an den Allerbarmer verschwommen sieht, dem bestimmen Wir einen Satan, der sein Freund wird. Sie (die Satane) lenken sie vom Weg ab, jedoch meinen sie, sie seien rechtgeleitet. (Zukhruf 43/36-37)

123

Gedenken an den Gott bedeutet, den Koran zu rezitieren. Sie ignorieren sehr viele Verse aber sehen sich als Vorreiter des wahren Weges. Da es wichtig ist, was es bedeutet, Erben des Propheten zu sein, und was Gedenken (arabisch: Dhikr) bedeutet, werden wir das Thema nochmals anschneiden.

124

20) Geheime Wissenschaften (Vertrautes geheimes

Wissen/Ilm Ledun - verborgenes Wissen / Ilm

Batin)

Ilm Ledun wird in der Bedeutung von „vertrautes, spezielles Wissen, welches von Gott vermittelt ist” verwendet. Ilm Batin hat auch diese Bedeutung. Es wird behauptet, dass einigen n ein solches Wissen von Gott übermittelt worden sei. Diese Behauptung ermöglicht ihre Heiligerklärung.

Sufi-Meister: Es ist ein Gebot des Islam, sich einen auszusuchen, der sich mit dem spirituellen Weg auskennt und die Schüler auf diesen Weg weisen kann.96

Bayındır: Wenn Sie damit meinen, es besteht Bedarf an einem Lehrer, der den richtigen Weg zeigen und als Vorbild dienen kann, dann haben Sie Recht. Jeder Mensch braucht einen Erzieher, einen Meister und einen Lehrer.

Sufi-Meister: Die Wissenschaft, die die besitzen, ist die verborgene Wissenschaft. Das wurde nicht allen mitgegeben. Abu Hurayra, Gott möge sich seiner erbarmen, sagte: “Ich habe vom Propheten zwei Behälter voll Wissen bekommen. Einen davon habe ich euch übermittelt. Wenn ich den Inhalt des zweiten Behälters mit euch teilen würde, würdet ihr mich umbringen.”97 Das ist unser Wissen.

Bayındır: Von wem haben Sie das Wissen, das Abu Hurayra nicht übermittelt hat, bekommen? Wie kann etwas als Wissenschaft gelten, wenn sie keine Quelle, Beweise oder Anhaltspunkt hat?

96) Ruhu'l-Furkan, Bd. II, S. 63.97) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Buchari, Ilm, Nr. 42.

125

Sufi-Meister: Moses widersetzte sich gegen Khidr während der Reise der beiden, wie es in der Sure Kahf erzählt wird, als er den eigentlichen Sinn der Geschehnisse nicht erkannte. Da Khidr über ein vertrauliches, von Gott vermitteltes Wissen verfügte, wusste er über den eigentlichen Sinn der Sache Bescheid. Im Vers heißt es: „Wir vermittelten ihm von unserer Seite ein Wissen.“ (Kahf 18/65) Das ist vertrautes, göttliches und verborgenes Wissen.

Bayındır: Wenn Moses dieses Wissen nicht bekam, wo er mit Khidr unterwegs war, wie haben Sie dieses Wissen bekommen? Was ist der Beweis dafür, dass Sie dieses Wissen bekommen haben.

Sufi-Meister: Das sind die Worte von Abu Hurayra.

Bayındır: Abu Hurayra sagt: “Ich habe vom Propheten zwei Behälter voll Wissen bekommen. Einen davon habe ich euch übermittelt. Wenn ich den Inhalt des zweiten Behälters mit euch teilen würde, würdet ihr mich umbringen.”98 Wenn er das nicht übermittelt hat, wie haben Sie dies in Erfahrung gebracht. Die Geschichte zwischen Moses, dem jungen Mann und Khidr wird im Koran wie folgt aufgeführt:

Moses sagte eines Tages zu seinem jungen Freund: „Ich will nicht eher rasten, als bis ich den Zusammenfluss der beiden Meere erreicht habe, und sollte ich jahrelang wandern.“ Doch als sie den Zusammenfluss der beiden Meere erreicht hatten, da vergaßen sie ihren Fisch; und dieser nahm seinen Weg und schwamm ins Meer hinaus. Und als sie weitergegangen waren, sagte er zu seinem jungen

98) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Buchari, İlim, Nr. 42.126

Freund: „Bring uns unsere Speise. Durch die Reise sind wir richtig ermüdet.“ Er sagte: „Als wir am Felsen rasteten, habe ich den Fisch vergessen. Der Satan ließ mich den Fisch vergessen. Der Fisch begab sich da auf wundersame Weise ins Meer. (Das hatte ich dir aber nicht gesagt.)“

Moses sagte: „Das ist es, was wir wollten.“ Da kehrten sie beide auf ihrem Hinweg um. Dann fanden sie einen Unserer Diener. Ihn hatten wir mit einem Wissen von Unserer Seite beschenkt.

Moses sagte zu ihm: „Darf ich dir folgen, auf dass du mich über das Wissen der Reife belehrest, wie du gelehrt worden bist?“

Er sagte: „Du kannst es mit mir nicht aushalten. Wie vermagst du es auszuhalten, wenn du die Hintergründe nicht kennst?“

Moses sagte: „Du wirst sehen, so Allah will, dass ich geduldig bin, und ich werde dir in keiner Angelegenheit widersprechen.“

Er sagte: „Wenn du bei mir bleiben willst, so frage mich nach nichts, bis ich es dir von selbst erkläre.“

So machten sich beide auf den Weg, bis sie in ein Schiff stiegen. Er schlug ein Loch in das Schiff. Moses sagte: „Schlugst du ein Loch hinein, um seine Mannschaft zu ertränken? Wahrlich, du hast etwas Seltsames gemacht!“

Er sagte: „Habe ich dir nicht gesagt, du würdest es nimmer fertigbringen, bei mir in Geduld auszuharren?“ Moses sagte: „Stelle mich nicht meines Vergessens wegen zur Rede, und mache mir meine Angelegenheit nicht schwer.“

So zogen sie weiter, bis sie einen Jungen trafen, den er sofort erschlug. Moses sagte: „Hast du einen unschuldigen Menschen erschlagen, ohne dass er

127

einen anderen erschlagen hätte? Wahrlich, du hast etwas Unverständliches gemacht!“

Er sagte: „Habe ich dir nicht gesagt, du würdest es nimmer fertigbringen, bei mir in Geduld auszuharren?“

Moses sagte: „Wenn ich dich nochmal nach etwas frage, so begleite mich nicht weiter; mein Recht, dich um Entschuldigung bitten zu können, wäre somit beendet.

So zogen sie weiter, bis sie bei den Bewohnern einer Stadt ankamen und von ihnen etwas zum Essen erbaten; diese aber weigerten sich, sie zu bewirten. Nun fanden sie dort eine Mauer, die einzustürzen drohte, und er richtete sie sofort auf. Moses sagte: „Hättest du dich bemüht, so hättest du einen Arbeitslohn dafür erhalten können.“

Er sagte: „Dies führt zur Trennung zwischen mir und dir. Doch will ich dir die Bedeutung von dem sagen, bei welchem du nicht geduldig warst.“Was das Schiff anbelangt, so gehörte es armen99 Leuten. Unweit von dem Schiff gab es einen König, der alle Schiffe beschlagnahmte. Daher wollte ich es beschädigen. Und was den Jungen anbelangt, so waren seine Eltern Gläubige, und wir fürchteten, er könnte seine Eltern zur Widersetzlichkeit und zum Unglauben führen. So wollten wir, dass ihr Herr ihnen zum Tausch ein Kind gebe, das redlicher als dieses und barmherziger wäre.

Und die Mauer gehörte zwei Waisenknaben in der Stadt und darunter lag ein Schatz für sie verborgen. Ihr Vater war ein rechtschaffener Mann; so wünschte

99) Zu denjenigen, die keine Arbeit mehr hätten, wenn ihr Schiff beschlagnahmt würde.

128

dein Herr, dass sie ihre Volljährigkeit erreichen und ihren Schatz heben mögen. Dies als eine Barmherzigkeit deines Herrn; und ich tat es nicht aus eigenem Ermessen. Das ist die Bedeutung dessen, bei dem du nicht geduldig warst. (Kahf 18/60-82)

Muhammad (s) berichtete, dass dieser weise Mann hier Khidr ist und der Junge Yuscha bin Nun hieß.100

Wenn man sich über diese Verse Gedanken macht, so wird man feststellen können, dass dieser Mann kein Mensch, sondern nur ein Engel sein kann. Dieser Mann öffnet ein Leck im Schiff und dies sieht außer Moses (a.s.) niemand. Er tötet das Kind, aber außer Moses widersetzt sich niemand. Die Mauer, die einzustürzen drohte, renoviert er. Wenn diese Mauer einstürzen würde, so würde der Schatz dieser beiden Kinder herauskommen. Einer, den nur Moses und kein anderer sehen kann, kann nur ein Engel sein. Wie Muhammad (s) diesbezüglich berichtet hat, hat Khidr Moses bei ihrer ersten Begegnung Folgendes gesagt:

„Ich verfüge über ein Wissen, das du nicht kennst. Und du verfügst über ein Wissen, das Gott dir beigebracht hat, das ich nicht kenne.“

Wenn diese Person ein Mensch sein sollte, dann müsste er sich das Wissen aneignen, das Gott Moses vermittelt hat, und er müsste sich danach richten. Aus den Versen geht auch hervor, dass Moses (a.s.) eines solchen Wissens nicht bedarf.101

Moses (a.s.) ist ein Gesandter Gottes. Die Gesandten führen den ihnen von Gott gegebenen Auftrag aus. Dieser bestand darin, den

100) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Buchari, İlim, Nr101) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Buchari, İlim, Nr.

129

Menschen den richtigen Weg zu weisen und sie rechtzuleiten. Bei den Gesandten gibt es keine seltsamen Dinge, wie es bei Khidr der Fall war. Und die Wunder, die von den Gesandten vorgeführt werden, haben nur das Ziel, ihre Gesandtschaft zu beweisen.

Die Gesandten bedürfen des Wissens Khidrs (a.s.) nicht. Um dies nachvollzuziehen, lesen wir die drei Verse, die den wahren Sinn jener Ereignisse aufzeigen.

(Khidr sagte zu Moses) Was das Schiff anbelangt, so gehörte es armen102 Leuten. Unweit von dem Schiff gab es einen König, der alle Schiffe beschlagnahmte. Daher wollte ich es beschädigen. Und was den Jungen anbelangt, so waren seine Eltern Gläubige, und wir fürchteten, er könnte seine Eltern zur Widersetzlichkeit und Unglauben führen. So wollten wir, dass ihr Herr ihnen zum Tausch ein Kind gebe, das redlicher als dieses und barmherziger wäre.

Und die Mauer gehörte zwei Waisenknaben in der Stadt und darunter lag ein Schatz für sie verborgen. Ihr Vater war ein rechtschaffener Mann gewesen; so wünschte dein Herr, dass sie ihre Volljährigkeit erreichen und ihren Schatz heben mögen. Dies als eine Barmherzigkeit deines Herrn; und ich tat es nicht aus eigenem Ermessen. Das ist die Bedeutung dessen, bei dem du nicht geduldig warst. (Kahf 18/78-82)

Dieses Ereignis hat viele Aspekte, aus denen man Lehren ziehen kann. Unserer Meinung nach ist die Wichtigste die folgende: sich in allem Gott zu ergeben und daran zu glauben, dass dies für uns zu einem guten Ende führen wird. Denn es gibt viele Ereignisse, die uns

102) Zu denjenigen, die keine Arbeit mehr hätten, wenn ihr Schiff beschlagnahmt würde

130

nicht gefallen, aber deren Notwendigkeit wir erst im Nachhinein ersehen können.

Bei den Gesandten sehen wir solche unerklärlichen Taten nicht. Denn ihr Verhalten soll ihrer Gemeinschaft als Vorbild dienen. Aber die Taten von Khidr können wir nicht zum Vorbild nehmen.

Wenn die oben aufgeführten Taten von Moses durchgeführt worden wären und ein Jude, dies sich zum Vorbild nehmend, ein Kind mit der Begründung getötet hätte, dass es seinen Eltern in Zukunft Schwierigkeiten bereiten könnte oder Eigentum von jemandem zerstören würde, weil dies von einem anderen beschlagnahmt werden würde, gäbe es noch unter den Menschen Frieden und Ruhe? Hätten dann nicht alle für ihre Taten den Moses dafür verantwortlich gemacht?

Die obige Aussage des Propheten endete mit den folgenden Worten:

„Gott erbarme Sich Moses, wir wünschten, er hätte Geduld gezeigt und uns sehr viele Sachen übermittelt, die sie gemeinsam erlebt hätten.”

Das bedeutet, das, was er von Khidr erfahren hat, sind nur diejenigen, die in den Versen erwähnt werden. In der Angelegenheit verfügte sogar der Prophet Muhammed (s) nicht über mehr Kenntnisse.

Wer kann im Angesicht dieser Tatsache behaupten, dass ihm dasselbe Wissen mitgeteilt ist, welches Khidr beigebracht worden ist.

131

21) Entdeckung/Enthüllung (Kaschf)

Schüler: Es gibt ein Wahrheitswissen, welches durch Eingebung und geistige Entdeckung erworben wird. Dies ist göttliches, vertrautes Wissen. Das ist kein Wissen, das sich durch Übungen des Geistes, der Intelligenz oder der Gedanken sich aneignen lässt. Das ist ein Wissen von Gott.103

Bayındır: Im Vers steht: „Wir hatten ihm ein Wissen von unserer Seite gelehrt.” (Kahf 18/65). Hier wird vom Lehren berichtet. Allerdings sind Eingebung und geistige Entdeckung keine Methoden des Lernens.

Schüler: Geistige Entdeckung bedeutet lexikalisch die Enthüllung der Vorhänge. Als mystischer Fachbegriff wird dies im Zusammenhang mit dem Enthüllen des eigentlichen Sinns und der eigentlichen Bedeutung verwendet, die hinter den Vorhängen versteckt sind.Im Koran wurde darauf hingewiesen, wenn vor jemandem die Vorhänge der Unachtsamkeit geöffnet werden, dass dieser dann mit geistigem Auge die Welt anschauen und einige feine Geheimnisse im Lauf der Ereignisse erkennen kann.

Du hast dies nicht in dieser Weise erwartet; nun haben Wir deinen Schleier von dir genommen, so dass dein Blick heute scharf ist. (Qaf, 50/22)

Das heißt, von nun an bist du in der Lage, die göttlichen Feinheiten zu entdecken.

103) Siehe Hasan Kamil YILMAZ, Ledün İlmi ve Keşf, Altınoluk Dergisi, Nr.: 105, November 1994, İstanbul, S.31.

132

Bayındır: Dieser Vers hat mit dieser Erklärung von Ihnen nichts zu tun. Wenn man die Verse vor und nach diesem Vers liest, so lässt sich feststellen, dass sich dieser Vers sich nur auf das Jenseits bezieht.

Der Tag, an dem in die Posaune gestoßen wird, ist der Tag, an dem die Drohung verwirklicht wird. Und jeder kommt mit einem Führer und einem Zeugen von Engeln. (Ihm wird gesagt): „Du hast dies nicht in dieser Weise erwartet; nun haben Wir deinen Schleier von dir genommen, so dass dein Blick heute scharf ist.“ Und sein Gefährte wird sagen: „Der, der hier bei mir ist, ist bereit“. (Dann wird den Engeln gesagt werden:) „Werft ihr beide ihn in die Hölle einen jeden nicht erkennenden Dickköpfigen, den Behinderer des Guten, den Gewalttäter, in Verzweiflung Lebenden, nicht Erkennenden. Werft auch denjenigen, der Gott andere Götter zur Seite stellte, in die schreckliche Pein!“ (Kaf 50/20-26)

Wenn Sie den Vers genau betrachten, so sehen Sie, dass dieser sich mit Ihrer Deutung überhaupt nicht deckt. Der Vers bezieht sich vollständig auf das Jenseits. Obwohl sehr viele eindeutige Verse und Aussagen des Propheten vorhanden sind, ignorieren Sie diese und versuchen aus den Versen für sich Schlüsse zu ziehen, die damit nichts zu tun haben.

133

22) Einsicht/Kardiognosie (Firasa)

Schüler: Oben haben wir eine Aussage des Propheten erwähnt, welche ursprünglich göttlich ist. Warum haben Sie dies übersehen? Gott der Erhabene gebietet: „Wenn ich den asketischen und viel betenden Diener liebe, dann werde ich sein hörendes Ohr, sehendes Auge, seine sprechende Zunge, greifende Hand, sein gehender Fuß; er sieht mit mir, hört mit mir, spricht mit mir, greift mit mir, geht mit mir.“

Dann gibt es welche, die Dinge bemerken, die anderen nicht auffallen, und sie können Gedanken und Gefühle mit einer fast absolut richtigen Übereinstimmung mit der Wahrheit lesen. Wie erklären Sie das?

Bayındır: Dies ist die Einsicht. Einsicht bedeutet, die Wahrheit anhand des Betrachtens der Einzelheiten und der Vermutung sowie des Begreifens herauszufinden. 104

Muhammad (s) sagte: „Hütet euch vor der Einsicht des Gläubigen. Denn er schaut durch das Licht Gottes.“105 Wenn wir über diese prophetische Aussage im Zusammenhang mit den folgenden Versen nachdenken, so wird das Thema ganz deutlich:

Gläubige, wenn ihr Allah fürchtet, wird Er euch Entscheidungskraft gewähren zwischen dem Richtigen vom Falschen, eure Missetaten tilgen, und euch vergeben. (Enfal 8/29)

104) Mütercim Asım, Kamus Tercümesi. Im Arabischen wird das Wort als firasa ausgesprochen.

105) Tirmidhî, Die Exegese der Sure Hidschr, Nr. 6.

134

Gläubige, fürchtet Allah und glaubt an Seinen Gesandten, damit er euch doppelten Anteil an Seiner Güte gibt und euch ein Licht bereitet, worin ihr wandeln werdet, und euch vergibt. (Hadîd 57/28)

Die von Ihnen erwähnte Heilige Aussage106 des Propheten lautet:

„Es gibt nichts Besseres, als dass mein Diener sich mir mit der Einhaltung der von mir festgelegten Gebote nähert. Mein Diener nähert sich mir mit zusätzlichen guten Taten, die für ihn eigentlich keine Pflicht sind. Das Ganze erreicht dann eine solche Stufe, dass ich ihn liebe. Wenn ich ihn liebe, dann werde ich sein hörendes Ohr, sehendes Auge, seine sprechende Zunge, greifende Hand, sein gehender Fuß; er bekommt von mir alles, worum er mich bittet, wenn er bei mir Zuflucht sucht, dann schütze ich ihn auf jeden Fall.“107

Diese Heilige Aussage des Propheten steht im Einklang mit den Versen oben. Jeder Gläubige kann ein bestimmtes geistiges Niveau erreichen. Wer dieses Niveau erreicht hat, hat mehr Einsicht. Aber niemand kann Gott näher kommen als sein Gesandter selbst. Im Koran wird deutlich erwähnt, dass die Gesandten das Verborgene nicht kennen können. Dass sie nicht über göttliches, vertrautes Wissen verfügen, hatten wir zuvor festgestellt.Derjenige, der sich an Verbote und Gebote Gottes hält, wird sehr schnell die Schönheit der Gebote und Schlechtigkeit des Verbotenen feststellen. Seine Taten verrichtet er mit Bewusstsein, und er hat Würde und Ehre. Da er alles aus der Sicht der Verbote und Gebote betrachtet, wird er nicht so leicht in eine schlechte Situation geraten. Das ist die eigentliche Einsicht. Diese Person versetzt sich in eine solche Lage, dass sie ihre Augen und Ohren für Sachen schließt, die gegen Gottes Gebote sind. Hält sich an von Gott verlangte Dinge und

106) Eine sogenannte „heilige Aussage“ aus dem Munde des Propheten, in der Gott zitiert wird, heißt im Arabischen Hadith Qudsi. Diese Aussagen sind nicht koranisch, aber es sind Aussagen des Propheten Muhammad (s), die mit den Worten „Gott sagte: ...” beginnen.107) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Buchari, Rikâk, Nr. 38.

135

geht in die Richtung, die von Gott geboten wird. Die prophetische Aussage „Nehmt euch in Acht vor der Einsicht des Gläubigen. Denn er sieht mit Gottes Licht” sollte in dieser Art und Weise verstanden werden.Sündige Menschen sind nicht in der Lage, dies zu erkennen. Dass sie Sünden genießen und bei der Vernachlässigung göttlicher Gebote keine Gewissensbisse haben, ist ein Ergebnis dessen. Auch diese Einsicht sollten wir nicht überbewerten. Das bedeutet nicht, dass jemand dadurch noch besser gestellt ist. Eine Reihe von Ereignissen im Leben des Propheten Muhammad (s) dient uns diesbezüglich als ausreichender Beweis:Es kam die Nachricht, dass eine Karawane unter der Führung von Abu Sufyan aus Damaskus unterwegs war. Um die Karawane aufzuspüren, hatte sich der Gesandte Gottes mit einer Gruppe von Muslimen auf den Weg gemacht. Als die Mekkaner dies erfuhren, schickten sie auch eine Truppe auf den Weg, die die Karawane schützen sollte. Gott versprach, dass er die Karawane in die Hände der Muslime fallen lassen werde. Der diesbezügliche Vers lautet:

Damals versprach Gott euch eine der beiden Scharen. Ihr wünschtet, dass diejenige ohne Waffen euch zufällt. Gott aber wollte, dass die Wahrheit ans Tageslicht kommt und jenen Ungläubigen ein Ende bereitet wird (das Heer von Mekka euch übergeben wird). (Anfal 8/7)

Gott hat in diesem Vers folgende Maßstäbe gegen Feinde im Krieg gesetzt.

Darum, wenn du sie im Kriege zu fassen bekommst, verscheuche mit ihnen diejenigen, die hinter ihnen sind. Vielleicht werden sie dadurch ermahnt. (Anfal 8/57)

136

Wenn ihr (im Krieg) auf die Ungläubigen stößt, so haut (ihnen) auf den Nacken, bis sie der Erde gleich sind. Dann schnürt ihre Fesseln fest. Dann lasst sie frei gegen Lösegeld oder aus Gnade, bis der Krieg seine Lasten wegnimmt. (Muhammed 47/4)

Im Badr-Krieg haben die Muslime sich emsig für den Kampf eingesetzt und dann die Feinde vernichtend geschlagen. Sie haben aber die zurückziehenden Feinde nicht mehr verfolgt, wo sie die Möglichkeit hatten, sie alle für immer zu vernichten. Sie haben sogar Kriegsbeute und einige Gefangene gemacht und sind zurückgekehrt. Gott der Erhabene tadelte diese Tat und offenbarte folgende Verse:

Einem Propheten geziemt es nicht, Gefangene zu machen, bis er siegreich auf dem Kampffeld ist. Ihr wollt die Güter dieser Welt, Gott aber will für euch das Jenseits. Und Gott ist Erhaben, entscheidet weise. Wäre nicht schon eine Bestimmung108 von Gott dagewesen (dass ihr siegreich werdet), so hätte euch gewiss wegen der Gefangennahme eine schwere Strafe getroffen. (Anfal 8/67–68)

Gott hielt sein Versprechen und ließ die Muslime siegen. Muhammad (s) aber verfolgte die Feinde nicht. Hätte er dies getan, so hätte er direkt Mekka einnehmen und die Feinde für immer besiegen können. Deswegen hat Gott der Erhabene ihn gerügt.

Im Jahre 6 nach der Auswanderung (628 christlicher Zeitrechnung) hatten sie noch einmal die Gelegenheit Mekka einzunehmen. Auf dem Rückweg von Mekka wurden die folgenden Verse der Sure Fath offenbart:

108) Anfal 7. Das durch diese Verse gemachte Versprechen.

137

Wir haben dir den Sieg so eröffnet, dass Gott dir deine vergangene und künftige Sünde vergebe, und auf dass Er Seine Gaben an dir vollende und dich auf einen geraden Weg leite. (Fath 48/1-2)

Gott sah in dem Verhalten des Propheten im Badr-Krieg eine Sünde und gab den Zeitpunkt bekannt, wo er diese Sünde vergeben würde. In den Versen der Sure Nasr, die vor der Eroberung von Mekka offenbart worden sind, stellt Gott wie folgt fest:

Wenn die Hilfe Gottes kommt und der Sieg, und du die Menschen zur Religion Gottes in Scharen übertreten siehst, dann wende dich zu deinem Herrn hin, weil er alles bestens gemacht hat, und bitte Ihn um Vergebung! Er ist wahrlich Der, Der die, die sich zu ihm hinwenden, annimmt. (Nasr 110/1-3)

Somit sagt Gott indirekt: „Korrigiere den zuvor begangenen Fehler und bitte danach um Vergebung.” Das ist äußerst wichtig. Diese Verse haben im Leben der Muslime eine revolutionäre Bedeutung.Das heißt, jeder kann Fehler machen und sich irren, egal wie tugendhaft er ist und über wie viel Wissen er verfügt. Obwohl die Sache ganz klar ist, gehen Sie zu weit und übertreiben. Sie behaupten ohne einen Beweis und Beleg, wie Khidr die Hintergründe der Ereignisse zu kennen, und die Einwände gegen Sie, interpretieren Sie wie die Einwände Moses’ gegen Khidr, indem Sie behaupten diese Einwände entstehen durch die Unkenntnis des Verborgenen, was nur Ihnen bekannt sein soll. Sie werden nicht auf den rechten Weg kommen können, wenn Sie diese Ihre Thesen nicht aufgeben.

138

23) Einsicht/Kardiognosie (Firasa)

Eingebung bedeutet, dass Gott in das Herz seines Dieners etwas eingibt, das sich bewahrheitet. Auch Einsicht wird in dieser Bedeutung verwendet.

Schüler: Glaubst du an Eingebung? Unabhängig davon, dass sie für andere Personen nicht verbindlich ist, gibt es Eingebung.

Bayındır: Ohne Zweifel gibt es Eingebung. Ohne die göttliche Eingebung kommt der Mensch nicht weiter. Alle wissenschaftlichen Entdeckungen und Entwicklungen geschehen durch göttliche Eingebungen. Aber die Eingebung ist nicht nur für und Muslime bestimmt. Auch die Nicht-Muslime bekommen Eingebungen.Dieses Wort kommt im Koran nur an einer Stelle vor. Gott der Erhabene gebietet:

Bei dem, der der Seele den Sinn für ihre Schlechtigkeit und für ihre Güte eingegeben109 hat! Wer sich entwickelt, findet, was er erhofft hat. Derjenige, der sich in unreine Angelegenheiten begibt, wird verlieren.110 (Schams 91/8-10)

109) Ilham ist die göttliche Eingebung in das Herz eines seiner Diener.110 دس~~و دسدس~~ي ) bedeutet lexikalisch „etwas mit Druck und Zwang in etwas anderes hineinstopfen“ (siehe Lisanu l-Arab). Einige versuchen sich in schmutzige Angelegenheiten einzumischen, damit sie ihre Ziele erreichen können. Die Verse teilen mit, dass solche Menschen wie das Volk von Thamud die Verlierer sein werden.

139

a. Eingebung zur Sündhaftigkeit

Sündhaftigkeit ist das falsche Benehmen des Menschen gegenüber Gott, seinen Mitmenschen und sich selbst. So ein Mensch fühlt eine Unruhe in sich vor und nach der Sünde. Dies nennt man schlechtes Gewissen oder innere Unruhe.

Was Josef (a.s.) von Zulayha fernhielt, war der sogenannte Burhan (deutsch: deutliches Zeichen). Und dies kann „die Eingebung der Sündhaftigkeit gegenüber dem Ego” sein. Im 24. Vers der Sure Yusuf heißt es:

Und die Frau begehrte ihn. Auch er hätte sie begehrt, wenn er nicht ein deutliches Zeichen von seinem Herrn gesehen hätte.

Vor der Sünde erschreckt der Mensch sich zunächst, danach wird er sie entweder begehen oder von ihr absehen. Was den Menschen von der Sünde fernhält, ist die Tatsache, dass Gott dem Ego den Sündenfall eingibt. Unser Herr in seiner grenzenlosen Barmherzigkeit gibt vor der Sünde eine letzte Ermahnung. Er sagt: „Du fällst in eine Sünde, pass auf”. Nach der Sünde gibt er ihm das schlechte Gewissen, damit er Reue zeigen kann.Dieses Erschrecken vor der Sünde kommt auch bei den Nicht-Muslimen vor, dies entnehmen wir den folgenden Versen. Zuvor schauen wir uns die Offenbarungsanlässe dieser Verse an:

Abu Dschahil, Abu Lahab, Abu Sufyan, Walîd b. Mughira, Nadr b. Haris, Umayya b. Khalaf und As b. Wa’il, die den Propheten Muhammad (s) schikanierten, kamen zusammen und sagten: „Während der Pilgerzeit kommen die Araber zu uns und fragen nach Muhammed (s) und wir geben jeweils unterschiedliche Antworten. Einige von uns sagen, dass er ein geistig Gestörter ist, andere meinen er sei ein Wahrsager, ein Dichter. Da die Antworten unterschiedlich sind, stellen die anreisenden Araber sehr schnell fest, dass sie auch 140

nicht wahr sind. Wir sollten uns auf eine gemeinsame Bezeichnung für Muhammed (s) einigen.”

Einer von ihnen sagte: „wir nennen ihn einen Dichter.” Walid b. Mughira sagte: „Ich habe von namhaften arabischen Dichtern wie Ban Ubayd b. al-Abras und Umayya b. Abî’s-Salt Gedichte gehört. Seine Worte hören sich nicht wie ihre an.” Ein anderer sagte: „Er ist ein Wahrsager”. Walid sagte „Wen nennt man Wahrsager?” Sie sagten „Einen, der manchmal die Wahrheit sagt und manchmal nicht.” Daraufhin erwiderte Walid: „Muhammed (s) hat nie gelogen.”

Ein weiterer sagte: „Er ist ein geistig Gestörter.” Walid fragte wiederum: „Wen nennt man so?” Sie sagten: „Einen, der die Menschen erschreckt und ihnen Angst macht.” Walid sagte dann, bis jetzt hätte Muhammed (s) niemandem Angst gemacht. Dann stand Walid auf und ging nach Hause. Alle sagten dann, dass er dem Islam beigetreten sei. Abu Dschahl ging sofort zu ihm und sagte: „Was hast du? Hier sind die Stammesangehörigen von Kuraysch, sie haben für dich Hilfe gesammelt. Sie glauben, dass du aus Not deine Religion gewechselt hast.” Walid sagte daraufhin: „Ich brauche keine Hilfe. Ich habe über Muhammed (s) nachgedacht. Er ist ein Zauberer; denn ein Zauberer trennt den Vater von seinem Sohn, die Geschwister voneinander und die Eheleute voneinander.”

Dann haben sie sich entschieden, ihn einen Zauberer zu nennen. In Mekka verkündeten sie dies mit lauter Stimme. Die Mekkaner hatten sich versammelt und sagten: „Wahrlich Muhammed (s) ist ein Zauberer.” Diese Worte fanden unter den Menschen Einklang. Das hat den Gesandten Gottes (s) sehr gekränkt. Muhammed (s) kehrte heim und bedeckte sich mit seinem Gewand. Daraufhin wurde die 74. Sure offenbart.111

111) Fahruddin ar-Razî, c. VIII, S. 347.

141

Man merkt, dass Walid b. Mughira sich bei dieser Entscheidung schwer tat und eine innere Unruhe verspürte. Denn er war in einem großen Aufstand gegen Gott. Die folgenden Verse legen dies dar:

Er sann und wog ab. Verderben über ihn, wie wog er ab! Verderben über ihn! Wie wog er ab! Dann schaute er. Dann runzelte er die Stirn und blickte verdrießlich. Dann wandte er sich ab und wurde hochmütig und sagte: „Das kann nur eine überlegene Zauberei sein. Das ist nur ein Menschenwort.“ (Muddeththir 74/18-25)

Jeder, der sich gegen den Islam stellt, fühlt eine innere Unruhe und Kränkungen. Deswegen zeigen sie auch Verhaltensstörungen.

Zeitweise wünschen die Ungläubigen, sie wären Muslime geworden. (Hidschr 15/2)

Die Ungläubigen befinden sich immer im Zweifel.

Das Gebäude, das sie errichtet haben, wird nicht aufhören, Zweifel in ihren Herzen zu erregen. (Tawba 9/110)

Diese Zweifel entspringen der Barmherzigkeit Gottes den Menschen gegenüber. Einige besinnen sich dadurch und kehren von ihrem Irrweg ab. Das anhaltende schlechte Gewissen nach der Sünde und die Reue, die man danach zeigt, ist die Eingebung, die die Menschen zur Umkehr und zur Besserung führt. Dies ist die unermessliche Größe der Barmherzigkeit Gottes.

142

b. Eingebung zur Frömmigkeit

Frömmigkeit bedeutet, sein Selbst vor Schlechtigkeit zu schützen. Der Mensch sollte gegen Gott und den Menschen sowie gegen sich selbst keine Schlechtigkeiten begehen. Eine solche Sündenenthaltung wird ihn auf dieser Welt vor Beschuldigungen und im Jenseits vor der Pein der Hölle schützen. Das ist das Ergebnis, wenn man sich vor Sünden schützt und Gutes tut. Man fühlt die Freude der frommen Taten in seinem Inneren. Diese Freude ist Gottes Eingebung. Die innere Ruhe und Entschlossenheit, die man bei den Frommen sieht, entsteht durch Gottes Eingebung.

In einer Aussage des Propheten Muhammad (s) gibt es eine sehr schöne Erklärung dafür. Wabisa bin Mabed sagt: „Ich bin zum Propheten Muhammad (s) gegangen. Er sagte: Bist du gekommen, um nach den Sünden und guten Dingen zu fragen?” Daraufhin presste er seine Finger zusammen, tippte auf seine Brust und sagte dreimal: Wabisa, frag dein Inneres, frag dein Herz. Gute Taten sind diejenigen, bei der deine Seele und dein Herz Ruhe finden. Sünden sind die Taten, die im Inneren stören und in deiner Brust Zweifel entstehen lassen. Auch wenn die Menschen deine Tat als richtig eingestuft haben und für die Richtigkeit deiner Taten ein religiöses Gutachten gaben.”112

Muhammad (s) sagte: „Was dich zweifeln lässt, lass ab davon, gehe über zu dem, was dich nicht zweifeln lässt. Denn das Richtige gibt dir innere Ruhe und die Lüge löst in dir Zweifel und Bedenken aus.”Alles, was einem in den Sinn kommt, ist nicht Eingebung; es kann die Einflüsterung des Teufels sein. Denn der Teufel ist ein Wesen, „das den Menschen Argwohn eingibt, ihre Inneres durchwühlt”. (Nas, 114/5) Als der Teufel von Gott die Zusage bekam, bis zum Jüngsten Tag unter den Lebenden zu verweilen, sagte er:

112) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Sunan Dârimî, Buyû', Nr. 2.

143

Dafür, dass Du mich hast abirren lassen, will ich ihnen gewiss auf Deinem geraden Weg auflauern. Dann will ich über sie von vorne und von hinten kommen, von rechts und von links, und Du wirst die Mehrzahl von ihnen nicht dankbar finden. Gott der Erhabene sagte: „Hinweg mit dir, verachtet und verstoßen! Wer von ihnen dir folgt – ich werde euch allesamt in die Hölle werfen.“ (Araf 7/ 16-18)

Der Teufel nähert sich mit dieser Befugnis auch den Gesandten und versucht sie zum Falschen zu bewegen. Gott der Erhabene gebietet:

(Muhammad) Wir schickten vor dir keinen Gesandten oder Propheten, dem, wenn er etwas vorhatte, Satan in seinen Vorhaben Argwohn beimischte. Doch Gott macht zunichte, was Satan einstreut. Dann setzt Gott Seine Zeichen fest. Gott weiß Bescheid und entscheidet weise. (Hadsch 22/52)

Um unterscheiden zu können, was göttliche Eingebung oder Einflüsterungen des Teufels sind, müssen wir diese an Gottes Geboten und Verboten messen.

Das ist dann die eingebende Triebseele (nafs mulhama)113 des Menschen. Ob gläubig oder nicht gläubig, die Seele eines jeden Menschen ist für ihn eine eingebende Triebseele. Gott gibt ihm seinen Aufruhr oder seine Frömmigkeit ein.

113) Die heutigen Sufis nennen es Nafs mulhima. Mulhima heißt eigentlich „die eingebende Triebseele“. Die Triebseele gibt nichts ein, kann nur Eingebungen empfangen. Aus diesem Grunde sollte man “nafs mulhama” verwenden in der Bedeutung von „Seele“, „Eingebung“.

144

Schüler: Gibt es denn gar keine anderen Eingebungen außer zur Aufruhr oder zur Frömmigkeit?

Bayındır: Natürlich gibt es die. Gott gibt in das Herz jedes Menschen vieles ein. Diesbezügliche Verse wurden in dem Teil über die Offenbarung erwähnt. Und dies geschieht mit jedem Menschen, ob Muslim oder Nicht-Muslim. Als Beispiel können hier alle Dichter und Entdecker erwähnt werden.

145

24) Fürsprache (Schafa’a)114

Fürsprache wird in der Bedeutung verwendet: im Jenseits Gott darum bitten, einigen Gläubigen zu vergeben.

Schüler: Wir pflegen zu unserem Meister gute Beziehungen, damit sie uns vielleicht im Jenseits helfen.

Bayındır: Heißt das, sie werden für Sie Fürsprache einlegen?

Sufi-Meister: Warum nicht? Der große ehrwürdige Meister Ismet Garibullah (sein Geheimnis möge geheiligt werden) schreibt in seinem Werk Risale Kudsiyye: „Mach dir zur Gewohnheit, die gesamte Kette der Meister bis Abubakr um Hilfe zu bitten. Beim Gesandten Gottes angekommen erbitte von allen Hilfe. Nimm deinen Meister zum Fürsprecher und Vermittler, sodass er dein Inneres mit Glückseligkeit füllt.“115

Bayındır: Von wem nimmt der Meister das Recht, Fürsprache einzulegen? Welchem Meister hat Gott diese Befugnis erteilt?Im Thronvers, den wir nach jedem Gebet rezitieren, heißt es

Wer könnte Fürsprache einlegen bei ihm ohne die Erlaubnis Gottes.

Ist es nicht besser, Gott zufrieden zu stellen, anstatt zu versuchen eine Reihe von Menschen wie Abu Bakr, die biszum Jüngsten Tag nicht antworten können?

114) Die Behauptungen in diesem Teil sind aus den Gesprächen mit Mahmut USTAOSMANOĞLU (Mahmut Efendi) und seiner Gruppe entstanden.

115) Ruhu'l-Furkan, Bd. II, S. 86.

146

Schüler: Wir machen alles, um das Wohlwollen Gottes zu erreichen. Denn

Gottes Wohlwollen ist wichtiger als alles andere. (Tawba 9/72)

Bayındır: Kann man Gottes Wohlwollen erlangen, indem man etwas tut, womit Gott nicht einverstanden ist? Sie richten sich weder nach dem Koran noch benutzen Sie Ihren Verstand. Gott der Erhabene gebietet:

Er lässt den Schmutz auf die kommen, die ihren Verstand nicht einsetzen. (Yunus 10/100)

Es ist, als ob die folgenden Verse Sie beschreiben würden:

Sage: „Ruft doch jene an, die ihr Gott nahe vermutet. Sie haben nicht einmal über das Gewicht eines Stäubchens in den Himmeln oder auf Erden Machtwort. Noch haben sie einen Anteil an diesen beiden. Gott hat keinen Helfer unter ihnen. Auch nützt bei Ihm keine Fürsprache, außer für den, bei dem Er es erlaubt. (Saba’ 34/22,23)

Und warne mit dem Koran diejenigen, die da fürchten, dass sie vor ihrem Herrn versammelt werden. Sie haben außer Ihn keinen Beschützer noch Fürsprecher, auf dass sie doch gottesfürchtig werden mögen. (An’am 6/51)

Nur wem Gott das Recht auf Fürsprache erteilt hat, kann für diejenigen Fürsprache einlegen, für die Gott es will.

147

Gott weiß, was vor ihnen und was hinter ihnen ist. Sie dürfen keine Fürsprache einlegen außer für den, an dem Gott Wohlgefallen hat. Und sie selber zagen aus Furcht vor Ihm. (Anbiya 21/28)

a. Der Meister verteidigt seine Schüler

Schüler: Wir gehen davon aus, dass der Meister uns behilflich sein wird. Zum Beispiel braucht man heutzutage im Gericht keinen Anwalt zu beauftragen. Aber meistens ist es so, dass diejenigen gewinnen, die einen Anwalt eingesetzt haben. Der ehrwürdige Meister ist auch unser Anwalt.

Bayındır: Setzen Sie Gott, der über alles Bescheid weiß, mit einem Richter gleich? Gott der Erhabene gebietet:

Und Wir werden richtige Waagen für den Tag der Auferstehung aufstellen, so dass keine Seele in irgendeiner Weise Unrecht erleiden wird. Und wäre es das Gewicht eines Senfkorns, Wir würden es hervorbringen. Und Wir genügen als Rechner. (Anbiya 21/47)

Für diejenigen aber, die böse Taten begangen haben, ist eine Strafe in gleichem Ausmaße bereitet. Schmach wird sie bedecken; keinen Schutz werden sie vor Gott haben. Als ob ihre Gesichter mit Fetzen einer finsteren Nacht bedeckt wären. Sie sind dem Höllenfeuer innig geworden. Darin werden sie auf ewig bleiben. (Yunus 10/27)

Wenn dem so ist, wen soll der Meister vor wem retten? Das würde bedeuten, dass der Meister sich einschaltet um seine Schüler vor Gott in Schutz zu nehmen? Was für eine große Abirrung ist das?148

Ummu l-ala aus Medina sagte, als unter den Auswanderern aus Mekka das Los gezogen wurde, kam Uthman b. Muaz zu uns. Ihn haben wir dann in unserem Haus aufgenommen. Dann erkrankte er tödlich. Als er starb, wurde er gewaschen und in seine eigenen Gewänder eingewickelt. Da kam Muhammad (s) herein. Da sagte ich: „O Abu Saib!116 Gott erbarme sich deiner. Gott hat dich beschenkt, dies bezeuge ich. Daraufhin sagte der Prophet Muhammad (s): „Woher weißt du, dass Gott ihn beschenkt hat?“ Ich sagte: „O Gottes Gesandter, wen würde Gott sonst beschenken?“ Der Gesandte Muhammad (s) sagte darauf: „Ja, ihn hat die unumgängliche Wahrheit erreicht. Bei Gott, ich erwarte nur Gutes für ihn. Aber obwohl ich Gottes Gesandter bin, weiß ich nicht, wie ich dort empfangen werde. “

Ummu l-ala sagte darauf: „Bei Gott, ich werde nie wieder für einen ein gutes Wort einlegen, was seine Situation im Jenseits betrifft.”117

Ein Vers lautet:

Sage: „Ich bin nicht der Erste der Gesandten, und ich weiß nicht, was mit mir oder mit euch geschehen wird. Ich folge nur dem, was mir offenbart wird; und ich bin nur ein deutlicher Warner.“ (Ahkaf 46/9)

Sie aber sind zuversichtlich, dass Ihr Meister ins Paradies geht und Sie vor Gottes Strafe retten wird. Woher kommt diese Zuversicht? Über die folgenden Verse muss man sich gründliche Gedanken machten:

Gott nimmt eine Schar auf seinen Weg, einer anderen

116) Dies ist der Spitzname von Uthman b. Maz'un, Gott möge seiner erbarmen117) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Buchari, Dschanâiz, Nr. 3.

149

wird aber der Irrtum zuteil. Die Irrenden nehmen die Satane zwischen sich und Gott als Vertrauenswürdige und halten an ihnen fest. Sie meinen, sie seien rechtgeleitet. (Araf 7/30)

Und für den, der das Gedenken an den Allerbarmer verschwommen sieht, dem bestimmen Wir einen Satan, der sein Freund wird. Sie (die Satane) lenken sie vom Weg ab, jedoch meinen sie, sie seien rechtgeleitet. (Zukhruf 43/36-37)

Das Gedenken an dem Barmherzigen ist der Koran selbst. Sie verhalten sich gegensätzlich zum Koran und versuchen dies zu ignorieren und folgen Menschen, die Sie Freunde Gottes nennen. Dazu sehen Sie sich auch noch mitten auf dem richtigen Weg. Diejenigen, die ihnen diesen vermeintlich richtigen Weg zeigen, müssen wohl die Teufel sein.

b. Den Schüler allwissendem Gott vorstellen

Schüler: Wenn Sie mit dem offiziellen Mufti der Stadt reden oder einen Termin machen wollen, müssen Sie jemanden zwischenschalten. Jemand muss Sie dem Mufti vorstellen. Aus heiterem Himmel kann man einen Minister oder einen Verantwortlichen nicht sprechen. So ist der Meister zwischen uns und Gott ein Vermittler, ein Mittler.

Bayındır: Wie kann man über Gott so etwas sagen, der uns näher ist als unsere Halsschlagader?Dies ist der Glaube der Polytheisten. Beigesellen heißt, jemanden zwischen Gott und sich selbst einzuschalten und Gott auf den

150

zweiten Platz zu weisen. In der Sure Zumar wird darauf aufmerksam gemacht:

Wisse Bescheid, die aufrichtige Religion ist die Religion Gottes. Und diejenigen, die sich an andere als Vertrauenswürdige halten, die sie zwischen Gott und sich gestellt haben, anstelle Gottes, sagen: „Wir dienen ihnen nur, damit sie uns Allah nahebringen.“ Gott wird zwischen ihnen über das, worüber sie streiten, richten. Gott weist nicht dem den richtigen Weg, der ein Lügner, ein Undankbarer ist. (Zumar 39/3)

Sehen sie von solchem Glauben ab. Denn der Teufel führt den Menschen immer auf diesem Wege zum Irrweg. Können Sie mir bitte sagen, wer Sie besser kennt? Gott, der Sie erschaffen, ernährt, groß gezogen hat und Ihnen näher ist als Sie selbst oder Ihr Meister?

Schüler: Natürlich kennt Gott mich besser.

Bayındır: Was soll denn dann der Meister Gott vorstellen?

Schüler: ?!

151

25)Die Aufnahme einer engen spirituellen Bindung

zum Geiste des Meisters (Rabita)

Bayındır: Sie haben noch die Praxis „der spirituellen Verbindung zum Meister“?

Sufi-Meister: Das stimmt. Diese spirituelle Verbindung ist eine geistige Übung, bei der man sich den Geist und die Gestalt des vollkommenen Meisters vor Augen bringt. In dieser Situation bittet man ihn im Herzen ihn um Hilfe.118

Bayındır: Um Sie besser zu verstehen, frage ich nochmals. Der Schüler sieht seinen Meister auf einer hohen spirituellen Ebene und glaubt, dass er über außerordentliche Befugnisse verfügt, und sieht sich selbst auf einer niedrigen Ebene. Dann stellt er sich das Traumbild seines Meisters vor und bittet ihn um Hilfe. Dies macht er aber nicht in Anwesenheit des Meisters?

Sufi-Meister: Das stimmt. Schau mal, wir haben dies nicht selbst erfunden. Der ehrwürdige Khalid Baghdadi sagt in seinem Werk Risale Khalidiye

„Die höchste Stufe der spirituellen Verbindung zum Meister ist das Erblicken des Traumbildes zwischen den beiden Augen des Meisters. Denn dort ist die Quelle des Segens. Voller Demut zeigt der Schüler gegenüber seinem Meister. In Bescheidenheit und Anflehung stellt er ihn dann zwischen sich und Gott und darf somit in den Schatz der Geistigkeit eintreten. Er soll sich dabei denken, dass der Meister

118) Ruhu'l-Furkan, Bd. II, S. 64.

152

langsam von dort in sein Herz und seine innere Tiefe eintritt und der Schüler dabei auch langsam dahin absteigt, und in dieser Situation beharrt, bis er sein Selbst verliert.119

Bayındır: Mein Gott. Können Sie mir sagen, worauf Sie das alles stützen?

Sufi-Meister: Dies ist bewiesen. Abu Bakr (Gott erbarme Sich seiner) fand für seine Notdurft keinen Ort, wo er sich nicht in Anwesenheit des Propheten fühlte. Dies hat er dem Propheten berichtet und er hat daraufhin ihm die Erlaubnis erteilt. 120

Bayındır: Heißt es, dass Abu Bakr während seiner Notdurft die Geistigkeit des Gottesgesandten sich in der körperlichen Gestalt vorstellte und im Inneren ihn um Hilfe bat?

Schüler: Nein, nicht auf diese Weise. Das heißt, Abu Bakr ging so, als ob auch während seiner Notdurft Muhammad(s) zugegen wäre.

Bayındır: Wenn man jemanden sehr liebt, träumt man dann immer von seinem Gesicht? Der Dichter sagt für seine Geliebte: „Tagsüber in meinen Tagträumen nachts in meinen Träumen”. Das ist ganz normal. Abu Bakr erwähnte dies, da er den Propheten sehr liebte. Seine liebe war so stark, dass er ihn sogar während seiner Notdurft zugegen fühlte. Mit der von ihnen beschriebenen spirituellen Verbindung hat dies überhaupt keine Gemeinsamkeiten. Sie behaupten, dass während dieser Verbindung die Geistigkeit des Meisters zum Schüler kommt. Woher kommt die Geistigkeit des Meisters zum Schüler, sodass dieser ihn um Hilfe bitten kann?

119) Ruhu'l-Furkân, Bd. II, S. 79.120) Ruhu'l-Furkân, Bd. II, S. 79.

153

Sufi-Meister: Dass die Geistigkeit sichtbar wird, kann bewiesen werden. In der Sure Yusuf wird geboten:

Auch er (Josef)) hätte sie (Zuleyha) (ohne Absicht wider Willen) begehrt, wenn er nicht ein deutliches Zeichen von seinem Herrn gesehen hätte (sonst hätte er sich nach seinen Neigungen verhalten). (Yusuf 12/24)

In den Exegesen haben die meisten Exegeten mit diesem Vers die Macht und Hilfe der Freunde Gottes erläutert. Im Werk Kaschschaf zum Beispiel, obwohl der Autor vom wahren Weg abirrte und die Meinungen der Mutazila121 übernahm, sagt er, dass die Geistigkeit des Propheten Jakob Josef erschienen ist, wo er aus Verwirrung in seine Finger biss und Josef sagte, dass er sich von dieser Frau fernhalten möchte.122

Bayındır: Sie haben wohl nie den Korankommentar Kaschschaf gelesen, sonst würden Sie so etwas nicht behaupten. Im 24. Vers der Sure Yusuf wird aufgeführt, was Zeliha so alles machte, um sich mit Josef zu vereinigen.

Die Frau begehrte Josef. Wenn Josef das deutliche Zeichen seines Herrn nicht gesehen hätte, hätte Josef auch sie begehrt.

In dem Werk Kaschschaf wird zunächst erläutert, was man unter

121) Mutazila ist eine theologische Schule. Sie wurde von Wasil b. Ata und seinen Anhängern gegründet. Sie behaupten, dass der Mensch der Schöpfer seiner eigenen Handlungen ist und ein Eingriff Gottes nicht stattfindet. In vielen Themen haben sie abweichende Ansichten.122) Ruhu'l-Furkan, Bd. II, S. 65,66.

154

Burhan/deutliches Zeichen zu verstehen hat, und dann wird fortgeführt:

„Das Wort Burhan/deutliches Zeichen im Vers wird wie folgt erläutert: Josef hörte eine Stimme: ‚Nähere dich nicht der Frau‘, aber er nahm es nicht ernst. Dieselbe Aufforderung hörte er zum zweiten Male, aber fühlte sich dadurch nicht angesprochen. Beim dritten Mal hielt er sich ein wenig zurück, bis er Jakob sah, wie er in seine Finger biss.”

In Kaschschaf werden diejenigen, die dies berichten, wie folgt getadelt: „Solche und ähnliche Erläuterungen stammen von Menschen, die gewalttätig sind und dem Aberglauben hinterherlaufen. Die Verleumdung gegenüber Gott und seinen Gesandten wurde ihnen zum Glauben.”123

Wenn man ein wenig nachdenken würde, so würde man leicht feststellen, dass dies einigen Versen in der Sure Yusuf widerspricht. In einem Vers wird geboten:

Jakob wandte sich von ihnen ab und sagte: „O mein Kummer um meinen Josef!“ Und seine Augen wurden vor Traurigkeit trüb. Seinen Kummer behielt er für sich. (Yusuf 12/84)

Dieses Ereignis trug sich zu, nachdem Josef unter dem Vorwand des Diebstahls seinen Bruder Benjamin in Ägypten festgehalten hatte. Hätte Jakob gewusst, dass Benjamin von Josef festgehalten wurde, wäre er dermaßen betrübt geworden?

123) Mahmut b. Umar az-Zamâhschari, al-Kaschschaf, Bd. I, S. 467, al-Matbaatu sch-scharqiyye.

155

Wenn Sie dies als Beweis für diese geistige Verbindung vorführen, so verliert Ihre Glaubwürdigkeit noch mehr an Gewicht.

Sufi-Meister: Ubaydullah al-Ahrâr as-Samarkandî erläuterte den Vers “Seid mit den Aufrichtigen zusammen” (Tawba 9/119) wie folgt: „Zweifelslos bedeutet dies, mit den Aufrichtigen im Äußeren und im Geiste zusammen zu sein.” Danach hat er das spirituelle Beisammensein mit geistiger Verbindung und Frieden gedeutet, was auch dem Experten bekannt ist.124

Bayındır: Was verstehen Sie unter „mit den Aufrichtigen Menschen im Äußeren und in spiritueller Weise zusammen zu sein”? Mit jemandem zusammen sein bedeutet einerseits, sich mit ihm zusammen irgendwo zu befinden, anderseits auch, dass man seine Meinungen teilt. Wenn Sie nicht die gleichen Gedanken und Gefühle mit jemandem teilen, mit dem Sie zusammen sind, dann ist dies kein vortreffliches Zusammensein. Genauso müssen sie mit demjenigen zusammen sein, mit dem Sie dieselben Gefühle und Meinungen haben. Im oben erwähnten Vers wird über diese Tatsache berichtet. Das hat mit der spirituellen Verbindung zum Meister nichts zu tun. Einige Meister verteilen an die Schüler das Bild des Meisters und fordern sie dann auf, auf dieses Bild hinschauend eine innere Verbindung herzustellen. Praktizieren Sie dies auch?

Schüler: So etwas machen wir nicht. Das Bildnis hat der Prophet verboten.

Bayındır: Hätte der Prophet es nicht verboten, würdet ihr es machen?

124) Ruhu'l-Furkan, Bd. II, S. 66.

156

Schüler: Vielleicht hätten wir es gemacht. Denn es ist leichter, das Bild anzuschauen, als sich den Meister vor den Augen des Herzens vorzustellen. Dann wäre die Gestalt des Meisters mit physischen Augen zu betrachten.

Bayındır: Stellen wir uns vor, unsere Religion hätte die Statuen nicht verboten, würdet ihr dann auch Statuen von ihm gefertigt?

Schüler: Statuen sind aber verboten.

Bayındır: Angenommen es wäre nicht verboten?

Schüler: Vielleicht hätte man es auch gemacht. In der Wohnung von jedem Schüler könnte dann eine Statue des Meisters stehen.

Bayındır: Dann hätte der Schüler sich vor die Statue seines Meisters gestellt und eine geistige Verbindung zu ihm aufgenommen und dann seinen Geist um Hilfe gebeten. Er hätte sich vor ihm gedemütigt und ihn in aller Bescheidenheit angefleht. Die Götzenanbeter machen nichts anderes als dies. Was würde es ändern, die Statue des Meisters mit seinem Traumbild auszuwechseln? Die Götzenanbeter erwarteten keine Hilfe von ihren Statuen aus Holz oder Stein, sondern vom Geiste desjenigen Wesens, die diese Statuen symbolisieren. Für die geistige Verbindung zum Meister könnte nur der folgende Vers für Sie als Beweis dienen:

Wisse Bescheid, die aufrichtige Religion ist die Religion Gottes. Und diejenigen, die sich an andere als Vertrauenswürdige halten statt an Gott, die sie zwischen Gott und sich gestellt haben, sagen: „Wir dienen ihnen nur, damit sie uns Allah nahebringen.“ Gott wird zwischen ihnen über das, worüber sie streiten, richten. Gott weist nicht dem den richtigen Weg, der ein Lügner, ein Undankbarer ist.“ (Zumar 39/3)

Dieser Vers im Koran beschreibt die Beigesellung.

157

158

26) Gottesdienst

Sufi-Meister: Wir sagen den Menschen nicht, dass sie uns anbeten sollen.

Bayındır: Sie wissen wohl nicht was Gottesdienst ist? Können Sie mir sagen, wie sich der Schüler in Anwesenheit des Meisters benehmen soll?

Sufi-Meister:: Ich berichte nun dir, wie die Etikette des Schülers sein soll, dann kannst du alles sagen, was du so auf dem Herzen hast.

Der Schüler sollte wie folgt glauben: Ich kann mein geistiges Ziel nur mittels meines Meisters erreichen.125 Es ist absolut verboten, dem Meister zu widersprechen, auch wenn der Schüler sich im Recht

sieht.126 Es ist sehr unangebracht, wie in der Geschichte von Moses und Khidr, dem Meister zu widersprechen. Die Entschuldigung der Wiedersprecher gilt nicht. Die Trennung, die durch den Widerspruch entsteht, ist nicht wieder gutzumachen. Der Nachteil dieses Widerspruchs ist die Beendigung des Segens, der auf den Schüler

strömt.127 Eine der Pflichten, die dem Schüler obliegen, ist, die Anweisungen des Meisters ohne Zögern und Umdeutung direkt auszuführen. Denn Zögern und Umdeutung verursachen eine enorme Unterbrechung des Segens128. Eine weitere Etikette ist es, sich von Verhaltensformen fernzuhalten, die dem Meister missfallen. Er sollte sich durch die Milde und guten Charakter des Meisters nicht beirren lassen und die von ihm nicht schön gefundenen Verhaltensformen

125) KOTKU, Tasavvufî Ahlak, Bd. II, S. 247, letzter Abschnitt.126) KOTKU, Tasavvufî Ahlak, Bd. II, S. 5, 2. Abschnitt.127) KOTKU, Tasavvufî Ahlak, Bd. II, S. 246, 3. Abschnitt.128) KOTKU, Tasavvufî Ahlak, Bd. II, S. 246, 5. Abschnitt.

159

nicht praktizieren.129 Wenn der Meister dem Schüler etwas aufträgt, soll er sich damit beschäftigen und sein Herz mit nichts anderem, weder Gutem noch Schlechtem, sondern nur mit diesem beschäftigen.130

Das Kapital des treuen Schülers sind Liebe und Verbundenheit. Sturheit und Neigung zur Opposition sollte er beiseitelassen und Frieden und Ruhe unter der Befehlsgewalt des Meisters finden. Wenn die Liebe zum Sufi-Orden und die Verbundenheit zum Meister sich vermehren, wird er sicher sein, dass er in dem Sufi-Orden bleibt.131

Bayındır: Kurz gesagt, der Schüler soll ein Sklave des Meisters werden. Oder, noch schlimmer, er soll sich als Sklave dem Meister verbunden fühlen. Denn der Sklave kann seinem Besitzer ab und zu widersprechen, auch wenn er dies nicht tun kann, dann kann er zumindest sich geistig abwenden. Der Schüler darf seinem Meister gegenüber nicht mal so etwas machen, er soll zu einem absoluten Sklaven des Meisters werden. Wenn er unter dem Befehl des Meisters stillschweigend wartet, dann kann er sicher sein, dass er des Ordens nicht ausgewiesen wird.

Sufi-Meister: Der Schüler sollte in der Erziehung seines Meisters wie ein Toter in der Hand des Totenwäschers seins, damit der Meister den Schüler genau führen kann. Wenn der Schüler dem Meister nicht ganz ergeben ist, wie soll er ihn dann rechtleiten?

Bayındır: Auch Ergebenheit hat ihre Grenzen. Hier werden alle Grenzen überschritten. Es gibt keinen einzigen Propheten, der die Menschen zu seinen Sklaven gemacht hat. So etwas widerspricht gänzlich dem Koran. Gott der Erhabene gebietet:

129) KOTKU, Tasavvufî Ahlak, Bd. II, S. 248.130) KOTKU, Tasavvufî Ahlak, Bd. II, S. 248.131) KOTKU, Tasavvufî Ahlak, Bd. II, S. 250

160

Es darf nicht sein, dass ein Mensch, dem Gott das Buch und die Weisheit und das Prophetentum gegeben hat, alsdann zu den Leuten spräche: „Seid meine Diener vor Gott.“ Das geziemt niemandem. Vielmehr soll er sagen: „Seid dem Herrn Diener, entsprechend dem, was ihr lehrt, und dem, was ihr studiert habt.“ (Al-i Imrân 3/79)

Sie sagen, wenn der Schüler seinem Meister widerspricht, ist das nicht mehr gut zu machen. Dafür ist das Wort Sklave nicht einmal ausreichend. Was für ein Zustand ist das, wenn nicht den Meister anzubeten.Schüler: Bei Gott, wieso sollte das denn Gottesdienst gegenüber dem Meister sein?

Bayındır: Ja, das stimmt. Es wird der Meister somit nicht nur angebetet, er wird auch um Hilfe gebeten, obwohl Sie 40-mal am Tage in Gebeten sagen, dass Sie nur Gott anbeten und nur ihn um Hilfe bitten.

Nur Dich beten wir an und nur Dich bitten wir um Hilfe. (Fatiha 1/4)

Schüler: Das ist eine sehr große Unterstellung. Sie können diesen Menschen, die fünfmal am Tage beten, nachts für das Gebet aufstehen, Gott gedenken beschäftigen, um dem Islam zu dienen, Institute ins Leben rufen, auf diese Weise so etwas unterstellen.

Bayındır: Ich rufe Sie zu eindeutigen Versen Gottes auf. Anstatt mich zu beschuldigen, wäre es nicht besser sich selbst zu verbessern? Wenn Sie sich ein wenig Gedanken machen würden, dann würden Sie sehr leicht einsehen, dass ich Ihr bester Freund bin. Ich versuche Ihnen Ihre schlechte Situation darzulegen, obwohl ich weiß, dass Sie eine ablehnende Haltung gegen mich einnehmen werden.

161

Schüler: Es gibt so viele Ungläubige, wieso kümmern Sie sich nicht um diese, sondern greifen uns an, wo doch die Muslime mehr Einheit und Zusammenhalt brauchen. Was werden Sie erreichen, wenn Sie so viele Menschen vernichten, die Gutes tun?

Bayındır: Es gibt sehr viele Menschen auf der Welt, die Gutes tun. Es gibt nicht wenige Menschen unter den Japanern, Amerikanern und Europäern, die ihre gesamte Zeit in den Dienst an Menschen stellen. Christliche Mönche ziehen sich in abgelegene Klöster zurück, indem sie auf Eigentum, Heirat und irdische Güter verzichten und sich dem Gottesdienst widmen. Aber da sie Jesus als Sohn Gottes sehen und ihn zwischen sich selbst und Gott als Vermittler einschalten, können sie sich nicht auf dem wahren Weg befinden.

Der Glaube ist sehr wichtig. Wenn der Mensch nichts Gutes bewerkstelligt hat, aber einen Glauben fern von der Beigesellung führt, kann ihm Gott seine Sünden vergeben, auch wenn er, ohne Reue gezeigt zu haben, stirbt. Denn Gott gebietet wie folgt:

Gott wird es nicht vergeben, dass Ihm Götter zur Seite gestellt werden; doch Er vergibt das, was geringer ist als dies, demjenigen, der sich Gottes Ordnung unterstellt. (Nisa 4/48)

Gott, der nicht akzeptiert, dass wir uns zu Sklaven anderer machen lassen, hat dies vorgeschrieben:

Sage: „Ihr Unwissende, verlangt ihr von mir etwa, dass ich etwas anderes als Gott anbete?“ Dir und denen vor dir wurde auf jeden Fall offenbart: „Wenn du Gott andere Nebengötter zur Seite stellst, so wird dein Werk für nichtig erklärt, und du wirst gewiss unter den Verlierenden sein.“ Nein, diene nur Gott und sei einer der Dankbaren. Und sie haben Gott

162

nicht richtig nach Seinem Wert eingeschätzt. Am Tage der Auferstehung wird die ganze Erde in Seinem Griff sein, und die Himmel werden in Seiner Rechten zusammengerollt sein. Er ist fern und erhaben über das, was sie anbeten. (Zumar 39/64-67)

Schüler: In den Koranübersetzungen, die wir zur Hand haben wird das Wort Diener verwendet. Du verwendest aber das Wort Sklave. Ist das richtig?

Bayındır: Im Türkischen haben die Wörter Diener (Kul) und Sklave (Köle) dieselbe Bedeutung.

Diener und Sklave heißt im Arabischen (عبد) / abd). Muhammad (s) ist auch der Diener Gottes. Im Glaubensbekenntnis heißt es اشهد أن محمد ich عب~~~~~ده ورس~~~~~وله bezeuge, dass Muhammed (s) sein Diener und Gesandter ist. Nur Gott und keinem anderen Sklave zu sein, ist der Gipfel der Freiheit.

Der folgende Vers über den Propheten Muhammad (s) kommt jetzt sehr gelegen:

Und sie hätten dich beinahe in schwere Bedrängnis gebracht, damit du etwas anderes erdichtest und als Offenbarung angibst, in dessen Folge wollten sie dich von der Offenbarung abbringen. Dann hätten sie dich gewiss zu ihrem Freund erklärt. Hätten Wir dir keinen festen Stand gegeben, dann hättest du dich ihnen ein wenig zugeneigt. Doch dann hätten Wir dich die doppelte Strafe des Lebens kosten lassen und die doppelte Strafe im Tode; und du hättest keinen Helfer Uns gegenüber gefunden. (Isra 17/73-75)

Sollten wir selbst nicht äußerst darauf bedacht sein, wenn schon dem Gesandten Gottes die Gefahr drohte?

163

Schüler: Das ist in Ordnung und nachvollziehbar. Jetzt bist du dran, deine obige gewichtige Behauptung zu beweisen.

Bayındır: Wir müssen uns die Worte, die Er allen seinen Gesandten sagt, nochmals anschauen:

Wenn du Gott Nebengötter zur Seite stellst, wird dein Werk für nichtig erklärt und du wirst gewiss unter den Verlierenden sein. (Zumar 39/65)

a. Beigesellung (Schirk)

Beigesellung bedeutet, einige Eigenschaften, die nur Gott hat, bei anderen Wesen zu sehen, und diese Wesen in diesen Eigenschaften mit Gott zu identifizieren. Wer das glaubt, glaubt vor allem, dass diese Wesen Gott näher sind, und wird mit Gott zusammen zu ihrem Sklaven. Denn er denkt, dass er sich nur mittels dieser Wesen Gott nähern und seine Wünsche an Ihn richten kann. In diesem Fall sieht er in Gott einen König und diese Wesen als die Gott nahen Wesen.

Schüler: Worin ist Beigesellung zu sehen, in dem, was wir machen? Erzähl du mir das lieber.

Bayındır: Schauen Sie, Gottesdienst bedeutet lexikalisch gehorchen. Gehorchen heißt „sich fügen”, oder es wird mehr in der Bedeutung „dem Befehl gehorchen und jemandem folgen” verwendet.132 Im

132) Ibn Manzûr, Lisanu l-Arab, Beirut 1410/1990. „Gehorsam“ hat den Stamm t-w-´(طوع). Taw’ bedeutet „Gehorsam zeigen“. Das Antonym davon heißt Abscheu erregen, nicht gefallen. In einem Vers wird geboten: „Danach wandte Er sich dem Himmel zu, der noch

164

Türkischen bedeutet dies, jemandem zu dienen.

Sklave (عبد) bedeutet unter anderem auch Diener.

Die Menschen tendieren dazu, diejenigen zu ihren Sklaven zu machen, über die sie Gewalt ausüben können und werden selbst zum Sklaven derjenigen, bei denen sie keine Macht haben. Die Könige wollten das Volk als ihre Sklaven betrachten und haben versucht sie zu beugen und sich unterwürfig zu machen. Im Koran gibt es einige Beispiele dazu. Der Pharao ließ das Volk versammeln, und rief wie folgt aus:

Ich bin euer höchster Herr. (Nazi‘ât 79/24)

Rabb bedeutet Herr und Besitzer. Die Araber nennen den Besitzer eines Sklaven „rabb”.133 Im Türkischen sagt man auch Efendi. Diejenigen, welche die Unterwerfung unter jemand anderen als Gott ablehnen, können nicht akzeptieren, dass ein anderer außer Gott Herr und Besitzer ist. Wie Ihnen vielleicht aufgefallen ist, wird das Wort Efendi/Besitzer in den Sufi-Orden des Öfteren benutzt wird.

Die Könige benutzen ihre politische und militärische Macht, die Reichen ihr Geld und manche instrumentalisieren die Religion, um die Menschen unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Schlimmsten davon sind diejenigen, die die Religion ausnutzen. Diejenigen,

aus Rauch bestand, und sagte dann ihm und der Erde: ‚Kommt meiner Anweisung gehorchend oder nicht gehorchend.“ Beide sagten dann: „Wir kommen gehorchend” (Fussilat 41/11). Auch Gehorsam (طاعة) hat denselben Stamm und bedeutet „gehorchen“, „Gehorsam zeigen“ und wird meistens im Sinne von „einer Anweisung folgen“ oder „jemandem folgen“ verwendet (Rağıb al-İsfahânî, al-Mufradat, S. 529, Stichpunkt t-w-´a)133) Josef (a.s.) wurde als Sklave an einen Bevollmächtigten verkauft. Die Ehefrau dieses Bevollmächtigten namens Zuleyha verliebte sich in Josef und begehrte ihn körperlich. Der Vers, der auf diese Ereignisse Bezug nimmt, lautet: „Und die Frau, in deren Haus er war, rief ihn zu sich und verriegelte die Türen und sagte: „Nun komm zu mir!” Er sagte: „Ich suche Zuflucht bei Gott vor Sünde. Dein Mann ist mein Herr. Er hat mich gut versorgt. Die Gewalttäter erlangen keinen Erfolg.“ (Yusuf 12/23)

165

welche diesen Menschen dann Folge leisten und dienen, nehmen an auch Gott Folge zu leisten und zu dienen. Sie machen sich Gott und ihrem Meister zum Sklaven. Während dieser geistigen Verbindung zum Meister unterwerfen Sie sich der Geistigkeit ihres Meisters. In der Sure Fatiha aber heißt es „Wir

dienen nur Dir” und damit geben wir unser Wort Gott gegenüber.

Schüler Gibt es einen Meister, der von den Menschen Dienerschaft verlangt?

Bayındır: Die vorigen Ausführungen waren wohl nicht ausreichend genug. Haben Sie nicht gesagt, dass man sich dem Meister gänzlich hingeben muss und mit ihm in diese geistige Verbindung treten, im Inneren ihn um Hilfe erbitten und ihm nicht widersprechen soll. Sie sagten sogar, der Schüler muss vor dem Meister wie ein Toter in der Hand des Totenwäschers sein. Ist dies nicht der Höhepunkt der Sklaverei? Kann man sich eine höhere Stufe der Sklaverei vorstellen? Gott verlangt aber, dass die Menschen ihm dienen und somit die höchste Stufe der Freiheit erreichen.

Menschen! Dient eurem Herrn, Der euch und diejenigen vor euch erschaffen hat, damit ihr gottesfürchtig sein möget. (Baqara 2/21)

Muhammad (s) ist auch Sklave Gottes. Beim Aussprechen des Glaubensbekenntnisses sagen اش~~~~هد أن محم~~~~دا عب~~~~ده ورس~~~~وله wir: „Ich bezeuge, dass Muhammed (s) sein Diener und Gesandter ist.“ Ihm eine andere Position zuzusprechen, würde bedeuten, den Christen zu ähneln. Sie haben Jesus als Gottes Sohn bezeichnet, ihn als Gottes Nachfolger gesehen, haben angefangen, ihn anzubeten und ihn um Hilfe zu bitten. Gott behüte, als ob der Vater in Rente ging und der Sohn sein Amt übernommen hätte. Aus diesem Grunde darf man sich vor dem Meister nicht niederwerfen, wie wenn man einen Götzen anbeten würde.

166

b. Die Bitte um Hilfe (Isti’ana)

Schüler: Da gibt es aber auch die Bitte um Hilfe

Bayındır: Dann behandeln wir jetzt die Bitte um Hilfe. Bei jeder Rezitation der Sure Fatiha sagen wir „Dich allein bitten wir um Hilfe”. Dieses Thema haben wir auch in den vorangegangenen Kapiteln behandelt. Hier wäre die Wiederholung eines Wortes des s angebracht. Er hatte gesagt: “Egal, was Sie dazu sagen, wir glauben daran, dass zwischen Gott und den Menschen die Geister der Freunde Gottes und der großen eine Vermittlerrolle spielen. Wir erwarten von ihren Geistern Hilfe und bitten sie um Beistand.”Wenn Sie den Geist der Freunde Gottes um Hilfe bitten, haben Sie dann noch ein Anrecht „Dich allein bitten wir um Hilfe” zu sagen?Und noch dazu führt die Verbindung zum Geiste des s, indem Sie sich seine Gestalt vorstellen und ihn dann um Hilfe bitten, dazu, dass Sie die auf Einheitsglauben beruhende Verbindung mit Gott aufgeben. Denn dieser Tatbestand stellt die Anbetung des s dar.Sagte Muhammad (s) nicht „Das Gebet ist der Kern des Gottesdienstes“?134

Er sagte auch: „Das Bittgebet ist der eigentliche Gottesdienst.”135

Die Götzenanbeter beteten die Götzen an, damit sie ihr Wohlwollen herbeiführen und ihre Gebete von ihnen erhört werden.In vielen Versen wird erzählt, dass die Polytheisten andere Wesen anbeteten136 als Gott. In einer Anweisung an Muhammad (s) sagt

134) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Tirmidhî, Dua, Nr. 1, Nr. 3371135) Ebd.: Nr. 3372136) Nisa 4/117; An’am 6/40,41,56,71,108; Araf 7/37,194, 195, 197; Yunus 10/38,66, 106; Hûd 11/101; Ra'd 13/14; Nahl 16/20,86; İsra 17/56, 57,67; Kehf 18/14; Meryem 19/48; Hadsch 22/12,13,62,73; Muminun 23/117; Furqân 25/68; Schuarâ 26/213; Kasas 28/64,88; Ankebût 29/42; Luqman 31/30; Saba' 34/22; Fatır 35/13,14,40; Saffât 37/125; Zumer 39/38; Mumin 40/20,66; Fussilat 41/48; Zukhruf 43/86; Ahkâf 46/4,5; Dschinn 72/18. In 26 Suren insgesamt 47 Verse.

167

Gott der Erhabene:

Sage: Ich richte meine Gebete nur an meinen Herrn. Ich stelle Ihm kein Wesen zur Seite. (Dschinn 72/20)

Ibn Abbas sagte: „Euer Bittgebet ist euer Glauben.“137

Da von Anfang an die Menschen sich in Sachen des Bittgebetes und Gottesdienstes beirren ließen, stellten diese den Anlass der Verkündung der Gottesgesandten dar. Bezüglich der Themen wie Gebet, Fasten, Pilgerfahrt, Sozialabgabe sowie Gebote und Verbote gibt es sehr wenige Verse im Koran, dafür aber gibt es sehr viele Verse, die es als Beigesellung einstufen, andere Wesen außer Gott anzubeten und in Not von anderen geistige Unterstützung zu erhoffen. Fast auf jeder Seite des Korans gibt es diesbezügliche Verse.

Wer antwortet denn dem Bedrängten, wenn er Ihn anruft, und nimmt das Übel hinweg und macht euch zu Herren der Erde? Existiert zusammen mit Gott ein anderes Wesen als Gott? Wie wenig ihr nachdenkt. (Naml 27/62)

137) Sammlung der Aussagen des Propheten Muhammad: Buchari, Iman, Nr. 2.

168

27) Das Erscheinen Gottes (Tadschalli)138

Erscheinung bedeutet „in die Öffentlichkeit treten”, „sichtbar werden”. Die Erscheinung Gottes bedeutet, dass Gott sichtbar wird oder seine Macht in Erscheinung tritt.

Sufi-Meister: (auf seine Stirn zeigend) Die Stirn der ist ein Spiegel. Da erscheint der wahre Gott.

Bayındır: Wie kann Gott bei einem Menschen in Erscheinung treten, sichtbar werden? Gibt es dafür Anhaltspunkte oder Quellennachweise?

Sufi-Meister: Gott der Erhabene gebietet:

Und als Moses zu Unserem Termin gekommen war und sein Herr zu ihm gesprochen hatte, sagte er: „Mein Herr, zeige Dich mir, auf dass ich Dich sehe.“ Er sprach: „Du wirst mich nicht sehen, doch blicke auf den Berg; wenn er unverrückt an seinem Ort bleibt, dann wirst du Mich auch sehen.“ Als nun sein Herr dem Berg erschien, da ließ Er ihn zu Schutt zerfallen. Moses stürzte ohnmächtig nieder. Und als er zu sich kam, sagte er: „Gepriesen seist Du, ich bekehre mich zu Dir, und ich bin der Erste der sich Ergebenden.“ (Araf 7/143)

Wenn Gott einem Berg erscheinen kann, kann er denn nicht auch einem Menschen erscheinen?

138) Die Behauptungen in diesem Teil sind aus den Gesprächen mit Mahmut USTAOSMANOĞLU (Mahmut Efendi) und seiner Gruppe entstanden.

169

Bayındır: Als Gott dem Berg erschien, zerfiel der Berg in Splitter und Moses wurde ohnmächtig.

Sufi-Meister: So ist der wie dieser Berg und der Schüler gleicht Moses.139

Bayındır: Was für eine Argumentation ist denn dies, was ist das für ein Vergleich? Gott erschien nicht im Berg, er erschien dem Berg. Das heißt Gott wurde nicht auf dem Berge sichtbar und dem Berg sichtbar. Dass Gott einem Menschen nicht erscheinen wird, dass Er auf dieser Welt keinem Sich zeigen wird, wurde bei dem oberen Vers ganz klar herausgestellt.

Obwohl es dem Vers widerspricht, nehmen wir für einen kurzen Moment an, dass Ihre Behauptung richtig sei und Gott nicht dem Berg, sondern am Berg erschienen ist. Wie können Sie sich mit einem Berg vergleichen? Der Mensch gleicht doch nicht einem Berg. Das ist ein Vergleich zwischen zwei wesensunterschiedlichen Dingen. Was für eine Ähnlichkeit sehen Sie zwischen einem Menschen und einem Berg, dass Sie einen Hinweis für einen Berg auf einen Menschen übertragen.Wenn wir diesen Vergleich einen Moment als treffend annehmen würden, sollte dies zu dem Schluss führen, dass nach so einem Erscheinen der zerstückelt wird. Denn nach dem Erscheinen Gottes zerfiel der Berg in Stücke. So geschieht es aber nicht, die Stirn des s wird zu einem Spiegel Gottes und jeder kann dann an der Stirn des Meisters Gott betrachten.

Sufi-Meister: Gott schützt die . Ist Gottes Macht nicht in der Lage, so etwas zu bewerkstelligen?

139) Dass der Schüler in Anwesenheit seines Meisters in Trance fällt, hat so einen Hintergrund.

170

Bayındır: Es gibt nichts, wozu die Macht Gottes nicht ausreichen würde. Wir reden aber über die Schlussfolgerung aus dem Vers. Woher nehmen Sie die Behauptung, dass Gott den schützen würde?

Und noch dazu, dass Gott einem Berg erschienen ist, ist ein unvergleichbarer Ausnahmefall. Denn mit einem Ausnahmefall kann nichts verglichen werden und nach einem Analogieschluss zu einem Ergebnis kommen, was für andere Bereiche auch gültig sein soll.140 Zu dem Vergleich des s mit dem Berg und des Schülers mit Moses: Ehrlich gesagt, die Logik dieses Vergleichs ist nicht nachvollziehbar. Wenn Sie den mit Moses vergleichen, ist das schon eine Möglichkeit. Denn in der Eigenschaft, Mensch zu sein, haben sie Ähnlichkeiten. Was ist bei einem Berg und einem vergleichbar?

Schüler: Sie betrachten das Thema „Erscheinen Gottes“ nicht richtig. Das ist nur die Tatsache, dass der mit all seinen Taten und Worten für seine Schüler beispielhaft ist.

Bayındır: Meinen Sie damit, dass Gott in den Körper des Inkarnation ist?

Schüler: Nein, auf keinem Fall sage ich so etwas. Ich rede von der Vorbildfunktion des s für seine Schüler.

Bayındır: Muss Gott auf der Stirn des s erscheinen, damit er eine Vorbildfunktion hat?

Sufi-Meister: Die Stelle zwischen den beiden Augen des s ist die Quelle des Segens. Während der geistigen Verbindung zum schaut man mit dem Vorstellungsschatz, der sich zwischen den beiden

140) „Was im Widerspruch zu einer Analogie steht, kann für andere Angelegenheiten keinen Präzedenzfall werden.” Medschelle Artikel Nr. 15.

171

Augen des Meisters befindet, das Gesicht der Geistigkeit des s an. Man schaut ihm sogar auf die Stelle zwischen den beiden Augen.141

Bayındır: Jetzt habe ich begriffen. Ich verstehe jetzt, warum es nötig ist, dass Gott der Erhabene an der Stirn des s erscheint. Ein Fehler bringt Sie zu einem weiteren Fehler.

Sie haben die geistige Verbindung zum erfunden. Damit dies legalisiert wird, bedarf es einer weiteren Erfindung, dass Gott auf der Stirn des s erscheinen würde.Denn der Schüler stellt sich während der geistigen Verbindung zum Meister seine Geistigkeit vor und denkt, er würde zwischen seine beiden Augen schauen, d. h. auf seine Stirn. Nach Ihnen ist dort die Quelle des Segens. Danach erniedrigt sich der Schüler vor seinem Meister, fleht ihn an, macht ihn zu einem Vermittler zwischen sich selbst und Gott.142

Hier brauchen Sie die Erklärung, dass die Stirn des Meisters sich zu einem Spiegel wandelt und dort Gott erscheint. Wie würden Sie sonst die Schüler davon überzeugen können.In einigen Büchern der Mystik wird noch weitergegangen und behauptet, dass einige Namen Gottes und seine Eigenschaften beim in Erscheinung treten.143 Wie ist das zu akzeptieren? Dies machen Sie auch, Sie vertreten dieselben Behauptungen. Ich will aber diese Schandhaftigkeiten nicht länger vorführen.

141) Ruhu'l-Furkan, Bd. II, S. 79.142) Siehe Ruhu'l-Furkan, Bd. II, S. 79.143) Siehe KOTKU, Tasavvufî Ahlâk, Bd. II, S. 184-185.

172

28) Bekleidung

Schüler: Obwohl Sie sich für den Glauben einsetzen, kleiden Sie sich wie Nicht-Muslime.

Bayındır: Es gibt keine Informationen, dass sich zur Zeit des Propheten Muhammad (s) die Muslime und die Nicht-Muslime unterschiedlich bekleidet haben. Keinem Nicht-Muslim, der sich für den Islam entschied, wurde aufgetragen, seinen Kleidungsstil zu ändern. Was Abu Dschahl anzog, zogen auch die Muslime an und machten daraus keine großen Probleme. In Rechtsbüchern gibt es keine Unterschiede in der Kleidung für Männer und Frauen. Keine Rechtsschule vertritt so eine Meinung. Daher ist diese Behauptung nicht ernst zu nehmen.

Einige Bekleidungstücke haben sich zu Unterscheidungsmerkmalen /Uniformen entwickelt. Es ist möglich, dass einige Kleider zu einer Eigenart der Nicht-Muslime geworden sind, wie es bei den Uniformen für beispielsweise Soldaten und Polizisten der Fall ist. Das heißt, ein Kleidungsstück kann sich zu einer nicht-muslimischen Bekleidung entwickelt haben. Diese darf man dann nicht anziehen. Wie die Uniformen der Polizisten und Soldaten sich langsam ändern, können auch Kleidungsstücke, die seiner Zeit als typisch nicht muslimisch betrachtet wurden, nicht mehr so gelten. In unseren Rechtsbüchern gibt es solche Symbole betreffende Rechtsentscheidungen.

Ein Symbol entsteht aus einem Bedürfnis. Nicht-Muslime in einer islamischen Gesellschaft können dort Alkohol trinken, Schweinefleisch essen und Schweine züchten. Denjenigen, den Sie beim Genuss von berauschenden Getränken beobachten, können Sie vor den Richter führen, wenn er Muslim ist. Dasselbe gilt aber nicht für einen Christen nicht. Islamische Staaten haben bestimmte Bekleidungsvorschriften für Nicht-Muslime eingeführt, wie eine

173

besondere Kopfbedeckung oder eine besondere Farbe oder die Art des Stoffgurtes, den man um die Taille wickelt, damit es nicht zu Verwechslungen kommt. Wenn zu dieser Zeit ein für Nicht-Muslime bestimmtes Kleidungsstück von einem Muslim getragen würde, würde dies als Betrug der Muslime gelten. Wie es heute strafbar ist, Berufskleidung von Soldaten und Polizisten zu tragen. In den Rechtsbüchern wurden nur solche Symbole als verboten eingestuft.

174

29) Der Meister soll wie ein Lehrer wirken144

Bayındır: Ein einfacher Muslim zu sein und wie die anderen Muslime die Gebete zu verrichten – warum begnügen Sie sich nicht damit und suchen sich einen Platz zwischen Gott und den Menschen?

Sufi-Meister: Gott der Erhabene sagt in einem Vers „Sag: sind die Wissenden den Unwissenden gleich?” (Zumar 39/9)

Bayındır: Stimmt, einem Lehrer, einem Gelehrten soll auch Ehre gezollt werden. Denn ein guter Meister sollte ein guter Lehrer sein. Ständig muss er seine Kenntnisse aktualisieren. Was er weiß, soll er andere lehren und versuchen mit seiner Lebensweise als Vorbild zu dienen. Wie kam es aber dazu, zwischen Gott und den Menschen Positionen zu erfinden und sich für diese Positionen für geeignet zu erklären?

Schüler: Jeder bewertet das unterschiedlich. Wir sehen in unserem Meister einen Menschen, aber einen besonderen Menschen. Er gleicht nicht den anderen Menschen.

144) Die Behauptungen in diesem Teil sind aus den Gesprächen mit Mahmut USTAOSMANOĞLU (Mahmut Efendi) und seiner Gruppe entstanden.

175

30) Verbreitung des Islams

Schüler: Du machst die Sufi-Orden dem Erdboden gleich, aber der Islam wurde durch Verdienste der Sufi-Orden verbreitet. Auch der Gelehrter Muhammed Hamidullah hat seine Meinung revidieren müssen, als er einsah, dass der Islam sich aufgrund der Verdienste der Sufi-Orden verbreitet hat, obwohl er früher gegen diese war. Was willst du erreichen, wenn du die Sufi-Orden alle beseitigst?

Bayındır: Der Schüler von Muhammed Hamidullah und mein Lehrer, Salih Tuğ, berichtete die folgenden Aussage von Hamidullah: In Europa verbreitet sich der Islam sehr schnell, aber da die Sufi-Orden dabei die Hauptrolle spielen, hat dies keine bedeutende Wirkung. Wir sollten eigentlich ihnen den Koran beibringen!

Wie Sie sich erinnern, haben wir zu Beginn gesagt: „Wir sind nur gegen Ihre Praktiken, die eindeutig dem Koran widersprechen. Wenn diese nur einer Rechtsschule, wie der Hanafiya, Schafiiya, Malikiya, Eschariya und Maturidiya, widersprechen würden, so hätten wir auf diese Angelegenheit nicht so heftig reagiert. Wären sie in Widerspruch mit nicht mehrmals überlieferten145 Aussagen des Propheten, so würden wir auch da nicht sehr darauf bestehen. Sie praktizieren so einiges, was klaren koranischen Aussagen widerspricht. Wenn wir dies nicht zur Sprache brächten, könnten wir keine Rechenschaft vor Gott ablegen, der der einzige Richter an jenem Tage ist.“

Schüler: Wer würde sich gegen eindeutige Verse Gottes stellen?

145) Mutawâtir hadith ist eine Aussage des Propheten, die von so vielen Personenkreisen überliefert worden ist, welche für eine Lüge nicht zusammen kommen können. Es gibt an der Authentizität solcher Aussagen des Propheten keine Zweifel.

176

Bayındır: Es hat keinen Sinn, zum Anfang zurückzukehren. Diese Thesen haben Sie auch zu Beginn vertreten, als wir aber jedem einzelnen Thema auf den Grund gingen, wurde es sehr deutlich, wie sehr Sie sich vom Koran entfernt haben.

Es nützt nichts, wenn eine Bewegung sich als Islam verbreitet, die voll dem Islam widersprechenden Ideen ist. Das nützt nicht einmal in den muslimischen Ländern, geschweige denn in Europa und irgendwo anders auf der Welt.

177

31) Schlussbetrachtungen

Als Letztes möchte ich betonen, dass ich gegen die Praktiken und Meinungen bin, die grundsätzlich dem Koran widersprechen. Unter welchem Namen sie auch praktiziert werden, sich gegen sie zu stellen, ist für jeden Muslim eine Pflicht. Es ist eine Folge der Verpflichtung, auf dem Wege des Propheten zu gehen.

Es ist eine lobenswerte Tat, sich um einen Gelehrten zu scharen, eine Gemeinschaft zu bilden und zusammen dem Koran und der Lebenspraxis des Propheten entsprechend nach dem Islam zu leben.Aber wenn man dann diesem Gelehrten geistige Positionen zuspricht und die Menschen zu ihm rufen, indem Sie ihn zwischen sich und Gott und damit Gott auf den zweiten Rang rücken, dann ist dies nicht zu akzeptieren.Fern von jeder Übertreibung müssen wir so leben, wie Muhammad (s) es uns vorgemacht hat, damit wir unser irdisches und jenseitiges Leben nicht in Gefahr bringen.Bei diesen Diskussionen wurde nichts anderes bezweckt als das Wohlwollen Gottes. Da wir Menschen sind, ist es nicht unmöglich, dass wir Fehler machen. Um Gottes willen habe ich an Sie die folgende Bitte: Betrachten Sie die von Ihnen als solche festgestellten Fehler im Lichte des Korans und der prophetischen Lebenspraxis und seien Sie dabei behilflich, die islamische Welt aus diesem Sumpf zu retten. Wir bitten Gott darum, uns auf den Koran zu lenken, der die Rechtleitung in der Hand hält.

Erfolg kommt von Gott.

178

32) QUELLEN

Der edle Koran

Abdulaziz BAYINDIR, Duada Evliyayı Aracı Koyma ve Şirk, İstanbul 2001.

Abdullah b. Yusuf az-Zaylaî, (öl. 762 h.) Nasbu r-Râya li-Ahâdîthi l-Hidâya, Kairo.

Abdülaziz ad-Dabbâg, al-İbrîz, (Tercüme Celal YILDIRIM) İstanbul 1979.

Ahmed b. Hadschar al-Haytamî, Tuhfatu l-Muhtâc bi-scharhi l-Minhâdsch, (Schirwânî ve Kasım al-İbâdî)

Ahmed b. Hanbal, Musnad, İstanbul 1402/1982.

Ahmed Naim, Mukaddime, Sahih-i Buhârî Muhtasarı Tecrîd-i Sarih Tercemesi ve Şerhi, Ankara 1979.

Ali b. Muhammed b. Abî'l-İzz ad-Dimaschqî, (gest. 792 h./1390 m.) Scharhu l-aqîdati t-Tahâwiyya, Beirut 1408/1988.

Bearaddin al-Aynî, Umdatu l-qârî fî scharhi Sahîhi l-Buchârî, İstanbul 1308.

Cerîde-i İlmiyye, Muharrem 1333, Nr. 7.

Abû Abdillah Muhammad b. Ahmad al-Ansârî al-qurtubî, al-Dschami' li-Ahkâmi l-Kur'an, Beirut 1408/1988.

Abu Abdillah Muhammad b. Yazid, Sunan Ibn Madscha.

Abu Abdirrahman Ahmad b. Schuayb an-Nasai, es-Sunan.

Abû Dschafar Muhammad b. Dscharîr at-Tabarî, Tafsîru t-Tabarî, Beirut 1412/1992.

Abu Dawud, Sulayman b. Asch’as as-Sidschistani al-Azdi, Sunan Abi Dawud.

Abu Isa Muhammad b. İsa as-Sulami at-Tirmidhi, Sunanu t-Tirmidhi.

Abu l-Husayn Muslim b. Hadschdschadsch al-Kuschayri an-Naysaburi, Sahih Muslim.

Abussud Efendi, Abu s-suûd al-Imâdî (gest. 982 h.), Irschadu l-akli s-salîm ilâ mazâyâ l-Kur’âni l-Kerîm, Beirut.

Elmalılı Muhammed Hamdi YAZIR, Hak Dini Kur'an Dili, İst. 1936.

Esat COŞAN (Halil NECATİOĞLU), İslam Dergisi, August 1992, Nr. 108.

Fethi OKYAR, Üç Devirde Bir Adam, İstanbul 1980.

Firuzabâdî, Kamus Tercümesi, Mütercim Asım, Bahriye Matbaası 1305.

Hasan Basri ÇANTAY, Kur'an-ı Hakîm ve Meâl-i Kerîm, İstanbul 1974.

Hasan Kamil YILMAZ, Altınoluk Mecmuası, Aralık 1995 sayısı.

179

Hasan Kamil YILMAZ, Ledün İlmi ve Keşf, Altınoluk Dergisi, Sayı 105, Kasım 1994, İstanbul.

Hayrettin KARAMAN, İslam Hukukunda İctihad, Diyanet Yayınları, Ankara, tarih yok.

İbn-i Kemal Pascha, al-Arba‘ûn, v. 360. Süleymaniye Kütüphanesi, Esad Efendi, 1694.

Ibnu Manzûr, Lisanu l-Arab, Beyrut 1410.

İmam Rabbânî, Mektûbât, (Arabisch), İstanbul, ohne Datum.

İsmail b. Muhammad al-Adschlûnî, Kaschfu l-khafâ, Beirut 1988/1408.

Kitab-ı Mukaddes, Ahd-i Cedîd, İbrani, Keldânî ve Yunan dillerinden

tercüme. Dersaadet 1910.

KOTKU, Tasavvufî Ahlak, İst. 1982,

Küçük Dünyam-2, Zaman Gazetesi 28 November 1996.

Mahmut b. Umar ez-Zemâhscharî, el-Keschschâf, Bd. I, S. 467, el-Matbaatu sch-scharqiyye.

Mahmut USTAOSMANOĞLU (Mahmut Efendi) Komission, Ruhu l-Furkan Tefsiri, İstanbul 1992.

Malik b. Anas, al-Mudavvanatu l-Kubrâ, Ägypten.

Mehmed Zahid KOTKU, Ehl-i Sünnet Akaidi, Küfrü Mucip Sözler ve Haller, Seha Neşriyat, İst. 1992.

Muhammed b. Dscharîr at-Taberî, Tafsîru t-Tabarî, Beirut 1412/1992.

Muhammad b. İsmail al-Buchari, al-Dschami‘u s-Sahih.

Muvaffaku d-din b. Kudâma, al-Mughnî (öl.630 h.) Beirut 1404/1984.

Ömer Nasuhi Bilmen, Hukukı İslamiyye Kamusu, I/370, 392, İstanbul 1967.

Raghib al-İsfahânî, al-Mufradât, Tahqiq: Safvân Adnan Davudî Dimaschq und Beirut 1412/1992.

Ramazanoğlu Mahmut Sami, Bir Bayram Sohbeti, Altınoluk Mecmuası, Şubat 1997.

Safiyyu r-Rahmân al-Mubarakfûri, ar-Rahiku l-Mahtûm, Beirut 1408/1988.

Said-i Nursi, Risale-i Nur Külliyatı, İstanbul 1995.

Subhi Salih, Ulûmu l-Hadith wa Mustalahuh, Beirut, 1969

Şemseddin Sami, Kamus-i Türkî, İstanbul 1319.

Scharîf Ali b. Muhammed al-Dschurdschani, at-Tarifât, ohne Ort und Datum.

Yüce ve Süflî Ruhlar, Zaman Gazetesi, 29 Eylül 1993.

180


Recommended