+ All Categories
Home > Documents > 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer...

6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer...

Date post: 17-Sep-2018
Category:
Upload: phamkien
View: 216 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
46
6. Zusammenfassende Diskussion 269 6 Zusammenfassende Diskussion Im Folgenden wird für die Vielzahl der berichteten Ergebnisse eine zusammen- fassende Diskussion vorgenommen. Dabei wird zunächst auf die Stichproben, die Skalenanalyse und die Testgüte der Untersuchung Bezug genommen. An- schließend werden die einzelnen Ergebnisse der in Kapitel 3 aufgeworfenen Fragestellungen diskutiert, um zu ermitteln, ob die Fragen zufriedenstellend beantwortet werden konnten. Des Weiteren soll geklärt werden, inwiefern die Ergebnisse mit den derzeitig vorliegenden Befunden anderer empirischer Unter- suchungen übereinstimmen und welche Erkenntnisse die Grundlage für eine neue Theorie bzw. für ein neues methodisches Vorgehen bilden könnten. Ab- schließend werden die Einschränkungen dieser Studie, eine Zusammenfassung und einige abschließende Bemerkungen dargelegt. 6.1 Stichproben In der vorliegenden Arbeit wurden insgesamt zwei Erhebungen, zum einen mit dem Situationsfragebogen zur Erfassung der Einflusstaktiken (SEE) und zum anderen mit dem Situationsfragebogen zur Erfassung der Präferenzordnung der Auszahlungen (SEP) durchgeführt. In diesem Abschnitt sollen die Stichproben- merkmale beider Teilstudien erörtert werden, um Aussagen über die interne Va- lidität der Untersuchungen abzuleiten. SEE-Stichprobe Mit dem SEE wurden insgesamt 370 zwischen 18 und 68 Jahre alte Upn. be- fragt. Das Durchschnittsalter betrug 31 Jahre, wobei die Männer gegenüber den Frauen geringfügig überrepräsentiert waren. Das Durchschnittsalter anderer em- pirischer Untersuchungen lag zwischen 27 (vgl. Blickle, 1996, S. 151) und 44 (vgl. Vigoda & Cohen, 2002, S. 316) Jahre. Im Gegensatz zu dieser Unter- suchung sind bei vielen anderen Untersuchungen die männlichen Upn. deutlich
Transcript
Page 1: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

269

6 Zusammenfassende Diskussion

Im Folgenden wird für die Vielzahl der berichteten Ergebnisse eine zusammen-

fassende Diskussion vorgenommen. Dabei wird zunächst auf die Stichproben,

die Skalenanalyse und die Testgüte der Untersuchung Bezug genommen. An-

schließend werden die einzelnen Ergebnisse der in Kapitel 3 aufgeworfenen

Fragestellungen diskutiert, um zu ermitteln, ob die Fragen zufriedenstellend

beantwortet werden konnten. Des Weiteren soll geklärt werden, inwiefern die

Ergebnisse mit den derzeitig vorliegenden Befunden anderer empirischer Unter-

suchungen übereinstimmen und welche Erkenntnisse die Grundlage für eine

neue Theorie bzw. für ein neues methodisches Vorgehen bilden könnten. Ab-

schließend werden die Einschränkungen dieser Studie, eine Zusammenfassung

und einige abschließende Bemerkungen dargelegt.

6.1 Stichproben

In der vorliegenden Arbeit wurden insgesamt zwei Erhebungen, zum einen mit

dem Situationsfragebogen zur Erfassung der Einflusstaktiken (SEE) und zum

anderen mit dem Situationsfragebogen zur Erfassung der Präferenzordnung der

Auszahlungen (SEP) durchgeführt. In diesem Abschnitt sollen die Stichproben-

merkmale beider Teilstudien erörtert werden, um Aussagen über die interne Va-

lidität der Untersuchungen abzuleiten.

SEE-Stichprobe

Mit dem SEE wurden insgesamt 370 zwischen 18 und 68 Jahre alte Upn. be-

fragt. Das Durchschnittsalter betrug 31 Jahre, wobei die Männer gegenüber den

Frauen geringfügig überrepräsentiert waren. Das Durchschnittsalter anderer em-

pirischer Untersuchungen lag zwischen 27 (vgl. Blickle, 1996, S. 151) und 44

(vgl. Vigoda & Cohen, 2002, S. 316) Jahre. Im Gegensatz zu dieser Unter-

suchung sind bei vielen anderen Untersuchungen die männlichen Upn. deutlich

Page 2: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

270

überrepräsentiert (vgl. u. a. Blickle, 2003a, S. 8; Blickle 2003b, S. 43; Blickle,

1996, S. 151; Blickle 1995, S. 252; Kipnis, Schmidt & Wilkinson, 1980, S. 441).

In der vorliegenden Untersuchung mit dem SEE besaßen mehr als die Hälfte der

Upn. eine Hochschulreife. Das hohe Bildungsniveau ist allerdings sehr häufig in

Untersuchungen zur Erfassung von Einflusstaktiken zu beobachten (vgl. u. a.

Blickle, 2003a, S. 8; Blickle, 2003c, S. 653).

Bei der vorliegenden Untersuchung wurden außerdem Upn. aus allen beruf-

lichen Stellungen mit oder ohne Führungsverantwortung befragt. Die Führungs-

verantwortung und die beruflichen Stellung wurden in anderen Untersuchungen

i. d. R. nicht erfasst und berichtet. Viele Studien gaben lediglich an, dass es sich

bei den Upn. um Mitarbeiter unterschiedlicher Unternehmen (vgl. u. a. Steen-

sma, Jansen & Vonk, 2003, S. 50; Farmer, Maslyn, Fedor & Goodman, 1997, S.

27; Rao, Schmidt & Murray, 1995, S. 155) oder Studierende (vgl. u. a. Knip-

penberg, Eijbergen & Wilke, 1999, S. 236; Aguinis, Nesler, Hosoda & Tedeschi,

1993, S. 431; Wunderer & Weibler, 1992, S. 523; Kipnis, Schmidt & Wilkinson,

1980, S. 441) handelte.

Die Rücklaufquote der Gelegenheitsstichprobe bei der Erhebung mit dem SEE

betrug 37 % und war somit geringer als bei der Erhebung mit dem SEP (79 %).

Dies lag vermutlich am deutlich größeren Umfang des Fragebogens. Einige

Upn. tendierten wahrscheinlich aufgrund der Menge der Fragen bzw. Situations-

beschreibungen dazu, die Beantwortung vorzeitig abzubrechen.

Eine Vielzahl vergangener deutschsprachiger bzw. angloamerikanischer Unter-

suchungen, welche sich mit der Erfassung von Einflusstaktiken beschäftigten,

hatten ebenfalls ein nicht randomisiertes Erhebungsdesign gewählt (vgl. Blickle,

2003b, S. 51; Blickle & Gönner, 1999, S. 37; ; Blickle et al., 1997, S. 49;

Blickle, 1995, S. 251; Yukl & Tracy, 1992, S. 534). Blickle et al. (1997, S. 59)

erzielten bei ihren Gelegenheitsstichproben Rücklaufquoten zwischen 25 % und

85 %. Vigoda und Cohen (2002, S. 316) erreichten mit 343 israelischen

Page 3: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

271

Arbeitern und Angestellten eine sehr zufriedenstellende Rücklaufquote von zir-

ka 88 %. Die deutschsprachige Pilotstudie von Blickle (1995, S. 252), welche

ebenfalls eine Gelegenheitsstichprobe heranzog, konnte in etwa gleichem Um-

fang (N = 342) und einer Rücklaufquote von 54 % äquivalente Rekrutierungs-

erfolge aufweisen, wobei sich die Erhebung, wie bei vielen anderen Studien

auch, im Gegensatz zur vorliegenden Untersuchung über fast ein Jahr erstreckte.

Um sicherzustellen, dass bei den hypothesenbasierten Gruppenvergleichen der

Einfluss nicht auf personenbezogene Variablen zurückzuführen ist, galt es zu

berücksichtigen, dass die Kontrollvariablen wie z. B. das Geschlecht annähernd

gleich verteilt den beiden Experimentalgruppen „SEE-K“ und „SEE-OK“ zuge-

ordnet wurden. Falls dies nicht der Fall wäre, könnten die in den Hypothesen H5

und H6 prognostizierten Unterschiede im Einflussverhalten, also den abhängigen

Variablen „rationales Argumentieren“ und „Manipulation“, auf die personenbe-

zogene Zusammensetzung der Stichprobe zurückzuführen sein (vgl. Bortz &

Döring, 2003, S. 57 f.). Aus diesem Grund werden in Kapitel 4.1.3.2 die Ver-

teilungen der Kontrollvariablen zwischen den beiden Experimentalgruppen

„SEE-K“ und „SEE-OK“ verglichen. Es stellte sich heraus, dass alle Kontroll-

variablen annähernd gleich in den Experimentalgruppen verteilt sind und es

somit wenig wahrscheinlich ist, dass personenbezogene Variablen die Ergeb-

nisse der Hypothesen H5 und H6 beeinträchtigten (s. Kap. 4.1.3.2).

Zusammenfassend ist anzumerken, dass die Ergebnisse der Erhebung mit dem

SEE aufgrund der Stichprobenzusammensetzung durchaus verallgemeinbar sind.

Die Stichprobe verfügte über ein breites Altersspektrum und ein ausgewogenes

Geschlechterverhältnis. Es wurden alle Bildungsniveaus erfasst, wobei das Bil-

dungsniveau sehr hoch war. Die Rücklaufquote war im Vergleich zu anderen

empirischen Untersuchungen ebenfalls zufriedenstellend.

Page 4: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

272

SEP-Stichprobe

Mit dem SEP wurden insgesamt 153 zwischen 17 und 64 Jahre alte Upn. be-

fragt. Das Durchschnittsalter betrug knapp 34 Jahre, wobei die Männer gegen-

über den Frauen auch bei dieser Erhebung geringfügig überrepräsentiert waren.

Die Rücklaufquote betrug 79 % und war somit sehr zufriedenstellend. Die Stich-

probe, welche mit dem SEP erhoben wurde, wies ansonsten keine weiteren Be-

sonderheiten auf.

Aufgrund des breiten Altersspektrums und des ausgewogenen Geschlechterver-

hältnisses der Upn. kann bei der Untersuchung mit dem SEP ebenfalls davon

ausgegangen werden, dass die Ergebnisse verallgemeinbar sind.

6.2 Skalenanalyse

Bei vielen inferenzstatistischen Verfahren sollten gemäß Bortz und Döring

(2003, S. 217) bestimmte Skaleneigenschaften erfüllt sein. Bei den Skalen han-

delte es sich um die in der vorliegenden Arbeit herangezogenen neun Einfluss-

taktiken „rationales Argumentieren“, „Austausch anbieten“, „Druck ausüben“,

„charismatische Floskeln“, „Manipulation“, „übergeordnete Instanzen einschal-

ten“, „Koalitionen bilden“, „einschmeicheln“ und „beraten lassen“ (s. Kap.

2.2.2.1). Da bei der Erhebung mit dem SEE ausschließlich inferenzstatistische

Verfahren zur Hypothesenprüfung herangezogen wurden, wurden die Skalen der

oben genannten Einflusstaktiken einer Skalenanalyse unterzogen. Bei der Unter-

suchung mit dem SEP, mit welchem die Präferenzordnung bezüglich der Aus-

zahlungen des Spiels erfasst wird, wurde hingegen keine Skalenanalyse durch-

geführt, da für diese Untersuchung keine inferenzstatistischen Verfahren ver-

wendet wurden.

Page 5: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

273

Normalverteilung

Zunächst stellte sich heraus, dass alle zur Hypothesenprüfung herangezogenen

Einflussskalen bis auf die Einflusstaktik „Manipulation“ normal verteilt waren.

Da die Einflusstaktik „Manipulation“ durch eine relativ große Stichprobe (N =

363) ermittelt wurde, ist eine Normalverteilung für inferenzstatistische Testver-

fahren allerdings nicht zwingend erforderlich, da eine Verletzung der Normal-

verteilung durch eine hinreichend große Stichprobe kompensiert werden kann

(vgl. Bortz, 2005; Bortz & Döring, 2003, S. 217).

Schwierigkeit

Des Weiteren wurde deutlich, dass alle neun Einflusstaktiken eine zufrieden-

stellende durchschnittliche Schwierigkeit (0.2 < P < 0.8) aufwiesen, wobei die

Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier Konvergenzspiel-Situa-

tionen eine über den von Zöfel (2003, S. 235) und Mummendey (1999, S. 73)

empfohlene maximale Schwierigkeit besaßen. Die Eliminierung dieser vier

Items würde bedeuten, dass die Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ auf-

grund der hohen Einsatzhäufigkeit bei den gesamten Konvergenzspiel-Situa-

tionen unberücksichtigt bliebe.

Eine Eliminierung dieser Items wurde nicht vorgenommen, da die durchschnit-

tliche Schwierigkeit zufriedenstellend war (s. Kap. 4.2.1.2) und die Einfluss-

taktik „rationales Argumentieren“ grundsätzlich die am häufigsten herange-

zogene und somit eine „sehr leichte“ Einflusstaktik ist (vgl. u. a. Rao, Schmidt

& Murray, 1995; Yukl & Tracey, 1992; Barry und Bateman, 1992; Wunderer &

Weibler, 1992; Yukl & Falbe, 1990).

Page 6: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

274

Trennschärfe

Für alle neun Einflusstaktiken kann die durchschnittliche Trennschärfe als zu-

friedenstellend beurteilt werden. In Anlehnung an Weise (1975, zit. n. Bortz &

Döring, 2003, S. 219) besaßen alle neun Einflusstaktiken eine hohe Trenn-

schärfe.

Gesamttest-Homogenität

Abschließend wurde die Gesamttest-Homogenität und somit die Interkorrelation

aller im Test befindlichen neun Einflusstaktiken bestimmt. Die Gesamttest-

Homogenität sollte bei mehrdimensionalen Instrumenten in Anlehnung an Bortz

und Döring (2003, S. 220) nicht zu hoch ausfallen. Es stellte sich heraus, dass

die Gesamttest-Homogenität im unteren von Briggs und Cheek (1986; zit. n.

ebd.) empfohlenen Akzeptanzbereich (0.2 < r < 0.4) lag und somit aufgrund der

prognostizierten Mehrdimensionalität (weiche versus harte Einflussstrategie)

ebenfalls zufriedenstellend ausfiel.

6.3 Gütekriterien

Im Folgenden soll zusammenfassend auf die Gütekriterien der beiden Instru-

mente „SEE“ und „SEP“ eingegangen werden.

Objektivität

Sowohl beim SEE als auch beim SEP kann von einer hinreichend akzeptablen

Durchführungs-, Auswertungs- und Interpretationsobjektivität ausgegangen wer-

den, da beide Fragebogeninstrumente hinreichend standardisiert waren (s. Kap.

4.2.2.1 und 5.2.1.1).

Page 7: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

275

Reliabilität

SEE

Beim SEE wurde die Reliabilität der Einflussskalen durch eine Konsistenzanaly-

se, eine Test-Retest-Reliabilitätsanalyse und durch eine Paralleltest-Reliabilitäts-

analyse ermittelt. Bei der Konsistenzanalyse wurde deutlich, dass alle Alphako-

effizienten bei den neun Einflusstaktiken, bei der Gesamtskala „Einflussnahme“

und bei den beiden Skalen „harte“ und „weiche Einflussstrategie“ sich über dem

von Eckstein (2004, S. 305) empfohlenen Referenzwert ( = .60) befanden.

Bei der Ermittlung der Test-Retestreliabilität konnte festgestellt werden, dass die

zur Hypothesenprüfung herangezogenen Skalen „Gesamt-Einflussnahme“, „wei-

che Einflussstrategie“ und „rationales Argumentieren“ einen signifikanten posi-

tiven Test-Retest-Reliabilitätskoeffizienten aufwiesen. Bei der Einflusstaktik

„Manipulation“ und bei der harten Einflussstrategie konnte aufgrund der kleinen

Stichprobe ein nicht signifikanter aber dennoch positiver Test-Retest-Reliabili-

tätskoeffizient (größer als r = .30) ermittelt werden. Im Allgemeinen ist davon

auszugehen, dass die zur Hypothesenprüfung herangezogenen Einflussskalen

über die Zeit hinweg nur bedingt stabil sind. Die Einflusstaktik „charismatische

Floskeln“ scheint nicht über die Zeit hinweg stabil zu sein. Der Einsatz dieser

Einflusstaktik kann sich im Laufe der Zeit sehr stark verändern. In Bezug auf die

Stabilität handelt es sich bei der Einflusstaktik „charismatische Floskeln“ nicht

grundsätzlich um ein stabiles Persönlichkeitsmerkmal. Somit wird deutlich, dass

die Stabilität zwischen den unterschiedlichen Einflusstaktiken schwankt und

daher nur bedingt gegeben ist.

Des Weiteren wurde der Paralleltest-Reliabilitätskoeffizient unter der Berück-

sichtigung des Spiel- und Kontexttyps bestimmt. Durch die Ermittlung der

Paralleltest-Reliabilität kann untersucht werden, ob bei gleichen situativen

Bedingungen eine Verhaltenskonsistenz in Bezug auf die Einflussnahme be-

Page 8: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

276

steht. Somit wird davon ausgegangen, dass bei zwei aus der spieltheoretischen

Sicht einheitlichen Situationen der Einsatz von Einflusstaktiken bzw. -strategien

konsistent ist – in zwei identischen Situationen werden somit auch identische

Einflusstaktiken herangezogen. Es konnten für die zur Hypothesenprüfung her-

angezogenen Einflussskalen zufriedenstellende Reliabilitätskoeffizienten ermit-

telt werden, wobei bei den intraorganisationalen Konvergenzspielen einige Ko-

effizienten sehr gering ausfielen. Somit kann allgemein davon ausgegangen

werden, dass eine Verhaltenskonsistenz bei identischen Situationsbedingungen

gegeben ist.

SEP

Die Reliabilität wurde beim SEP durch die Ermittlung der Test-Retestreliabilität

(Stabilität) und der Paralleltestreliabilität (Äquivalenz) überprüft. Es stellte sich

heraus, dass alle abhängigen Variablen eine zufriedenstellende Test-Retest-

relibilität besaßen und somit über die Zeit hinweg moderat stabil waren. Bei der

Überprüfung der Paralleltestreliabilität wurden ähnlich zufriedenstellende Er-

gebnisse erzielt. Eine Ausnahme ergab sich allerdings bei der Reaktionssituation

C des Gefangenendilemmas (s. Anhang D), in welcher die Upn. die Auszahlung

des Spiels einschätzen sollten, wenn beide Spieler kooperativ handeln. Diese

Reaktionssituation wies eine nicht zufriedenstellende Paralleltestreliabilität auf.

Validität

Beim SEE wurde des Weiteren die Validität durch die Überprüfung der Inter-

korrelationen der Einflusstaktiken, einer Faktorenanalyse und durch eine Ex-

pertenbefragung bestimmt. Bei der Überprüfung der Interkorrelationen der

einzelnen neun Einflusstaktiken konnte festgestellt werden, dass 9 der insgesamt

36 vorliegenden Interkorrelationskoeffizienten, die von Kipnis, Schmidt und

Wilkinson (1980, S. 448) empfohlene maximale Skaleninterkorrelation (r > .36)

überstiegen. Allerdings sind acht der neun sehr hohen Interkorrelationen auf vier

Page 9: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

277

Einflusstaktiken, welche bei einer Faktorenanalyse der harten Einflussstrategie

zugeordnet wurden, zurückzuführen. Am stärksten korrelierten hierbei die bei-

den harten Einflusstaktiken „übergeordnete Instanzen einschalten“ und „Koali-

tionen bilden“. In Anlehnung an Blickle (2003a) handelt es sich bei diesen

beiden Einflusstaktiken um indirekte Einflusstaktiken, welche über Dritte aus-

geübt werden (s. Kap. 2.2.2.2). Diese Gemeinsamkeit spricht ebenfalls für eine

hohe Interkorrelation. Weiterhin wurde eine hohe Interkorrelation zwischen den

beiden auf Emotionen beruhenden (s. Kap. 2.2.2.1) und somit inhaltlich

ähnlichen Einflusstaktiken „charismatische Floskeln“ und „einschmeicheln“

ermittelt. Bei einer weiteren Optimierung des Instruments könnte gegebenenfalls

eine Zusammenfassung dieser Skalen vorgenommen werden.

In Kapitel 2.2.2.2 wurde bereits deutlich, dass viele Autoren zwischen harten

und weichen Einflusstaktiken differenzierten. Bei einer Faktorenanalyse wur-

den in der vorliegenden Arbeit ebenfalls zwei Faktoren „harte“ und „weiche

Einflussstrategie“ extrahiert. Zur weichen Einflussstrategie wurden die Ein-

flusstaktiken „rationales Argumentieren“, „Austausch anbieten“, „charisma-

tische Floskeln“, „einschmeicheln“ und „beraten lassen“ und zur harten Ein-

flussstrategie die Einflusstaktiken „Druck ausüben“, „Manipulation“, „überge-

ordnete Instanzen einschalten“ und „Koalitionen bilden“ zugeordnet. Alle

Einflusstaktiken luden moderat hoch auf ihrem jeweiligen Faktor, wobei die

weichen Einflusstaktiken „charismatische Floskeln“, „einschmeicheln“ und

„Austausch anbieten“ bedeutsame Fehlladungen auf dem Faktor „harte Ein-

flussstrategie“ aufwiesen. Ein möglicher Grund hierfür könnte sein, dass diese

Einflusstaktiken nicht grundsätzlich nur einer dieser beiden Faktoren zuge-

ordnet werden können (vgl. u. a. Farmer, Maslyn, Fedor & Goodman, 1997, S.

20 ff.; Kipnis & Schmidt, 1985, S. 42).

Farmer, Maslyn, Fedor und Goodman (1997) ordneten beispielsweise die Ein-

flusstaktik „exchange“ (Austausch anbieten) sowohl der weichen als auch der

harten Einflussstrategie zu. Kipnis und Schmidt (1985, S. 42) ordneten u. a. die

Page 10: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

278

Einflusstaktik „bargaining“, welche der Einflusstaktik „Austausch anbieten“ der

vorliegenden Arbeit entspricht, einer dritten „rationalen Strategie“ zu (s. hierzu

auch Kap. 2.2.2.2). Blickle (2003a) legte ebenfalls das dreifaktorielle Modell

mit dem dritten Faktor „rationale Strategie“ zugrunde. Der rationalen (Basis-

)Strategie wurden die Einflusstaktiken „Austausch anbieten“ und „rationales

Argumentieren“ zugeordnet. In Anlehnung an die Faktorenanalyse wird aller-

dings in der vorliegenden Arbeit das zweifaktorielle Modell (s. Kap. 2.2.2.2)

mit den beiden Faktoren „harte“ und „weiche Einflussstrategie“ dem dreifaktor-

iellen Modell vorgezogen, da bei der Faktorenanalyse lediglich zwei Faktoren

extrahiert wurden (s. Kap. 4.2.2.3.2).

Um zu prüfen, ob die Zuordnung der Einflusstaktiken zu den beiden Faktoren

„harte“ und „weiche Einflussstrategie“ auch inhaltlich valide ist, wurde eine

Expertenbefragung durchgeführt. Hierbei wurde untersucht, ob die Einschät-

zungen der Experten im Einklang mit den Ergebnissen der Faktoranalyse stehen.

Es konnte festgestellt werden, dass die aus der Faktorenanalyse erzielte Zu-

ordnung der neun Einflusstaktiken zu den beiden Einflussstrategien im Einklang

mit den Einschätzungen der Experten standen. Somit konnte sowohl eine fak-

torielle als auch inhaltliche Validität festgestellt werden.

Zur Überprüfung der Konstruktvalidität wurden des Weiteren zwei Validie-

rungshypothesen aufgestellt, welche in Abschnitt 6.4.3 diskutiert werden. Wie-

terhin wurden diverse spieltheoretische Hypothesen aufgestellt und überprüft,

um zu untersuchen, ob die im Erhebungsinstrument SEE dargebotenen Situati-

onsbeschreibungen tatsächlich die spieltheoretische Form eines Gefangenen-

dilemmas bzw. Konvergenzspiels annehmen. Die Diskussion dieser Hypothesen

erfolgt ausführlich im Abschnitt 6.4.5.

Page 11: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

279

6.4 Hypothesenprüfung

Im Folgenden werden die Ergebnisse der in Kapitel 3 aufgeworfenen Fragen

diskutiert. Hierbei werden in Anlehnung an Kapitel 3 zunächst die Ergebnisse

der situationsabhängigen Unterschiedshypothesen (s. Kap. 4.2.4), der personen-

abhängigen Unterschiedshypothesen (s. Kap. 4.2.5), der Validierungshypothesen

(s. Kap. 4.2.6), der Linearen Strukturgleichungsanalyse (s. Kap. 4.2.7) und

anschließend der spieltheoretischen Hypothesen (s. Kap. 5.2.3) aufgegriffen, um

zu prüfen, inwiefern die Hypothesen (s. Kap. 3) bestätigt werden konnten.

6.4.1 Situationsabhängige Unterschiedshypothesen

Im Folgenden werden die Ergebnisse bezüglich der vermuteten Unterschiede,

welche aufgrund:

(1) des Spieltyps und

(2) des Kontexttyps

auftreten, ausführlich diskutiert.

(1) Unterschiede im Bezug zum Spieltyp

Bei den Hypothesen H1 und H2 wurde prognostiziert, dass in Gefangenen-

dilemma-Situationen häufiger die harte und in Konvergenzspiel-Situationen

häufiger die weiche Einflussstrategie herangezogen wird. Der Grund für diese

unterschiedlichen Verhaltensweisen des Beeinflussenden liegt in der vom Be-

einflussenden vermuteten Handlung (kooperative vs. nicht kooperative Hand-

lung) seitens des Einflussadressaten (s. Kap. 2.1.2). In Anlehnung an Stegbauer

ist ein Akteur in der Lage, „die aus der Perspektive des anderen sich ergebenen

Erwartungen zu erkennen“ (2002, S. 32) und somit die Handlung des

Interaktionspartners einzuschätzen (s. Reziprozität der Perspektive in Kap.

2.1.2.2).

Page 12: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

280

In dieser Arbeit wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass ein Spiel, in

dem kooperative Handlungspräferenzen dominieren, kooperativ ist und ein

Spiel, in dem die nicht kooperativen Handlungspräferenzen dominieren, nicht

kooperativ ist. In einem Gefangenendilemma ist ein Akteur im Gegensatz zum

Konvergenzspiel dazu geneigt, die nicht kooperative Handlung zu wählen (s.

Kap. 2.3.4). Somit handelt es sich bei einem Gefangenendilemma um ein nicht

kooperatives und bei einem Konvergenzspiel um ein kooperatives Spiel (s. Kap.

2.3.2.2).

Wie eben erläutert wurde, müssen die Beeinflussenden einschätzen, ob sie sich

in einer kooperativen oder nicht kooperativen Situation befinden, also ob der

Einflussadressat vermutlich kooperativ oder nicht kooperativ handelt. Um den

Einflussadressaten zu überzeugen, dass er die kooperative Handlung wählt,

wird in der vorliegenden Arbeit davon ausgegangen, dass in einer kooperativen

Situation vom Beeinflussenden vermutlich häufiger kooperative Einflusstak-

tiken herangezogen werden, als in nicht kooperativen Situationen.

In Anlehnung an Wunderer und Weibler (1992, S. 522) handelt es sich bei den

in dieser Arbeit herangezogenen weichen Einflusstaktiken um Kooperations-

strategien (s. Kap. 2.2. 2.1). Folglich müssten diese kooperativen Strategien

häufiger in Konvergenzsituationen eingesetzt werden als in Gefangenendilem-

mata. Dieser Sachverhalt wird in der Hypothese H2 deutlich. In einer nicht ko-

operativen Situation werden hingegen häufiger nicht kooperative, also harte

Einflusstaktiken von den Akteuren eingesetzt (Hypothese H1), da die Beeinflus-

senden möglicherweise den Wunsch haben, den Einflussadressaten zu schä-

digen (vgl. Knippenberg, Eijbergen & Wilke, 1999, S. 241).

Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen sehr deutlich, dass in Gefan-

genendilemma-Situationen häufiger die harte und in Konvergenzspiel-Situa-

tionen häufiger die weiche Einflussstrategie herangezogen wurde (s. Kap. 4.2.4).

Auf Basis der individuellen Einflusstaktiken konnte durch eine anschließende

Page 13: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

281

explorative Datenalyse (s. Kap. 4.2.4) festgestellt werden, dass insbesondere die

beiden harten Einflusstaktiken „übergeordnete Instanzen einschalten“ und „Ma-

nipulation“ in nicht kooperativen Gefangenendilemma-Situationen bevorzugt

wurden. Die Einflusstaktik „Koalitionen bilden“ wurde entgegen der Prognose

bevorzugt in Konvergenzspiel-Situationen eingesetzt. Dies könnte daran liegen,

dass die Einflusstaktik „Koalitionen bilden“ nicht immer eindeutig der harten

Einflussstrategie zugordnet werden konnte. Farmer, Maslyn, Fedor und Good-

man (1997, S. 20 ff.) definierten beispielsweise die Einflusstaktik „coalition“

(Koalitionen bilden) sowohl als harte als auch als weiche Einflusstaktik (s. Kap.

2.2.2.2).

Bei den weichen Einflusstaktiken konnte festgestellt werden, dass die vier

weichen Einflusstaktiken „rationales Argumentieren“, „beraten lassen“, „charis-

matische Floskeln“ und „einschmeicheln“ bevorzugt in kooperativen Konver-

genzspiel-Situationen herangezogen wurden. Lediglich die Einflusstaktik „Aus-

tausch anbieten“ wurde annähernd gleich häufig in den beiden unterschiedlichen

Situationen eingesetzt. Dies könnte wiederum daran liegen, dass die Einfluss-

taktik „exchange“ (Austausch anbieten) von einigen Autoren als eine weiche,

harte oder sogar rationale Einflusstaktik definiert wurde (ebd., S. 23).

Knippenberg, Eijbergen und Wilke (1999, S. 241) konnten ebenfalls belegen,

dass weiche Einflusstaktiken häufiger in kooperativen und harte Einfluss-

taktiken häufiger in nicht kooperativen Situationen herangezogen werden (s.

Kap. 2.2.2.4). Somit stimmen die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung

mit den derzeit vorliegenden Befunden überein, wobei im Gegensatz zu

Kirchlers Untersuchung (s. Kap. 2.2.2) die Konfliktart, welche in der vorlie-

genden Arbeit durch den Spieltyp bestimmt wurde, allerdings nicht in den

Hintergrund trat. Der Spieltyp bestimmt demzufolge ausschlaggebend, welche

Einflusstaktiken die Akteure bevorzugt heranziehen.

Page 14: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

282

(2) Unterschiede im Bezug zum Kontexttyp

Bei der Hypothese H3 wurde davon ausgegangen, dass die Mitarbeiter innerhalb

einer wirtschaftlichen Organisation weniger häufig die harte Einflussstrategie

heranziehen als dies bei Geschäftspartnern aus jeweils unterschiedlichen wirt-

schaftlichen Organisationen der Fall ist. Die Mitarbeiter innerhalb einer wirt-

schaftlichen Organisation begegnen sich häufiger als Akteure unterschiedlicher

Organisationen. Hierdurch ist die Wahrscheinlichkeit eines wiederholten Spiels

bei Mitarbeitern innerhalb einer wirtschaftlichen Organisation größer als bei

Geschäftspartnern. Die Möglichkeit einer Spielwiederholung trägt in Anlehnung

an Knippenberg und Steensma (2003, S. 65) dazu bei, dass die involvierten

Akteure weniger harte Einflusstaktiken einsetzen, als wenn dies nicht der Fall ist

(s. Kap. 2.2.2.4). Dies hängt vermutlich damit zusammen, dass bei einer stei-

genden Wahrscheinlichkeit einer Spielwiederholung auch die Kooperation

zwischen den Akteuren steigt (vgl. Murnighan & Roth, 1983, S. 299).

In der vorliegenden Arbeit konnte festgestellt werden, dass in interorganisa-

tionalen Situationen häufiger auf die harte Einflussstrategie zurückgegriffen

wurde als in intraorganisationalen also innerbetrieblichen Einflusssituationen (s.

Kap. 4.2.4). Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit den Befunden von

Bruins (1999, S. 11) und Farmer, Maslyn, Fedor und Goodman (1997), welche

herausfanden, dass externe Akteure in Unternehmen häufiger harte Einfluss-

taktiken einsetzten als interne Akteure.

Auf Basis der individuellen Einflusstaktiken wurde durch eine explorative

Datenanalyse deutlich (s. Kap. 4.2.4), dass insbesondere die harte Einflusstaktik

„Koalitionen bilden“ bevorzugt in interorganisationalen Situationen herange-

zogen wurde. Vermutlich erweist sich eine Koalitionsbildung z. B. mit Kollegen

aus der eigenen Organisation als eine effektivere Taktik zur erfolgreichen

Beeinflussung von externen Akteuren, als gegenüber internen Akteuren. Dies

könnte damit zusammenhängen, dass die internen Akteure weniger Bedenken

Page 15: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

283

haben, sich mit einem/mehreren internen Akteur/en zusammenzuschließen, um

gegen einen externen Akteur zu koalieren als dies der Fall ist, wenn der Zu-

sammenschluss gegen einen Akteur aus der eigenen Organisation gerichtet ist.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass externe Akteure eher bereit sind,

harte Einflusstaktiken einzusetzen, um damit die eigenen Interessen durchzu-

setzen und möglicherweise den Einflussadressaten zu schädigen (s. Kap.

2.2.2.4), als interne Akteure. Ein Grund hierfür könnte die Unterscheidung

zwischen Gruppenmitgliedern (ingroup members) und Nichtgruppenmitglieder

(outgroup members) sein. „Real-life examples and empirical findings show that

group members often devalue and disadvantage other groups“ (Waldzus, Mum-

mendey & Wenzel, 2005, S. 76). In Anlehnung an Abele und Petzold (1996, S.

220) favorisieren ingroup members die eigene Gruppe gegenüber anderen

Gruppen (ingroup favouritism), um das Selbstwertgefühl zu erhöhen.

6.4.2 Personenabhängige Unterschiedshypothesen

Im Folgenden werden die Ergebnisse bezüglich der vermuteten Unterschiede,

welche aufgrund:

(1) des Geschlechts,

(2) des Grades der Informiertheit,

(3) der Sozialen Erwünschtheit und

(4)des Macht- und Anschlussmotivs

auftreten, ausführlich diskutiert.

(1) Geschlechterunterschiede

Bei der Hypothese H4 wurde prognostiziert, dass die Einsatzhäufigkeit der

harten Einflussstrategie bei Männern größer ist als dies bei Frauen der Fall ist.

Hierbei wurde davon ausgegangen, dass der Einsatz der harten Einflussstrategie

mit dem Aggressivitätspotenzial zusammenhängt. Je aggressiver man sich in

Page 16: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

284

einer bestimmten Situation verhält, umso häufiger werden harte Einflusstaktiken

herangezogen. Ein aggressives Verhalten lässt sich im Allgemeinen durch

grobe, unfreundliche, angriffs- und kampflustige Neigungen charakterisieren

(vgl. James & Mazerolle, 2002, S. 13).

Frühere Studien konnten bereits belegen, dass Männer ein höheres Aggres-

sivitätspotential aufweisen als Frauen (vgl. Pervin, 1981, S. 154; Maccoby &

Jacklin, 1974, S. 133) und somit auch häufiger grobe bzw. harte Einflusstaktiken

heranziehen. Das erhöhte Aggressivitätspotential der Männer scheint in Anleh-

nung an Zimbardo (1992, S. 365) auf die Wirkung von Sexualhormonen auf das

Gehirn zurückzuführen zu sein. Morgan (1997, S. 260) weist allerdings darauf

hin, dass das Klischee, dass Männer aggressiver als Frauen sind, infolge der

Geschlechterrevolution im Laufe der Zeit mehr und mehr verblasst. Dennoch

kann man an dieser Stelle festhalten, dass die Ergebnisse im Einklang mit

früheren Studien stehen und immer noch zeitgerecht in Bezug auf das Einfluss-

verhalten in Organisationen sind, da die Ergebnisse (s. Kap. 4.2.5) eindeutig

zeigen, dass Männer in der Tat häufiger die harte Einflussstrategie einsetzten als

Frauen.

In Anlehnung an Pervin (1981, S. 147) hat die Gesellschaft bezüglich des

Geschlechts bestimmte Erwartungen (Geschlechtsrollen-Erwartungen). Frauen

und Männer verhalten sich in der Öffentlichkeit so, wie es die Gesellschaft von

ihnen erwartet. Es konnte empirisch belegt werden, dass Männer aggressiver als

Frauen sind, da sie auf Frustration emotionaler und aktiver reagieren (ebd., S.

154). Da harte Einflusstaktiken häufiger von Männern herangezogen werden als

von Frauen, entsprechen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit dem ge-

schlechtsspezifischen Rollenverhalten.

Weiterhin konnte auf Basis der individuellen Einflusstaktiken durch eine ex-

plorative Datenanalyse (s. Kap. 4.2.5) ebenfalls festgestellt werden, dass Männer

häufiger alle vier harten Einflusstaktiken „Koalitionen bilden“, „übergeordnete

Page 17: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

285

Instanzen einschalten“, „Manipulation“ und „Druck machen“ einsetzten als

Frauen.

Frauen setzten hingegen auffällig häufiger die weiche Einflusstaktik „rationales

Argumentieren“ ein. Dieses Ergebniss steht auch im Einklang mit der Unter-

suchung von Kirchler (1993, S. 21). Kirchler konnte ebenfalls feststellen, dass

der alte Stereotyp, wonach Männer rationaler sind (vgl. u. a. Maccoby &

Jacklin, 1974), nicht bestätigt werden konnte. Spiro (1983, S. 400) argumentiert

weiterhin, dass Frauen häufiger emotionale Taktiken nutzen als Männer. Somit

kann man davon ausgehen, dass Frauen vermutlich häufiger die Einflusstaktik

„einschmeicheln“ und „charismatische Floskeln“, welche auf emotionalen

Äußerungen beruhen (s. Kap. 2.2.2.1), heranziehen als Männer. Dieser Unter-

schied konnte allerdings nur in geringem Maße bei der Einflusstaktik „ein-

schmeicheln“ festgestellt werden. Bei der Wahl der Einflusstaktik „charisma-

tische Floskeln“ bestehen kaum Unterschiede zwischen den Geschlechtern.

Kirchler (1993) untersuchte zusätzlich noch die Wechselwirkungen (Interakti-

onen) zwischen dem Geschlecht und den Konfliktsituationen. Kirchler (1993, S.

116) konnte bei seiner Erhebung (s. Kap. 2.2.2.3) keine einzige signifikante

Wechselwirkung zwischen dem Geschlecht und den jeweiligen Konfliktsitua-

tionen feststellen. Demzufolge war eine Wechselwirkung zwischen dem Ge-

schlecht und dem Spieltyp nicht zu erwarten, was sich in der vorliegenden

Untersuchung auch bestätigte.1

(2) Unterschiede im Bezug zum Grad der Informiertheit

Bezüglich des Grades der Informiertheit der Spieler wird in der vorliegenden

Arbeit zwischen zwei Formen unterschieden:

1 ANOVA, F[1, 335] = 1.47, exaktes p = .226, n2 = .004.

Page 18: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

286

(1) vollständige Information und

(2) unvollständige Information (s. Kap. 2.3.2.3)

Es handelt sich um eine Situation mit vollständigen Informationen, wenn der

Beeinflussende davon ausgeht, dass der Einflussadressat über die Konsequenzen

und somit über die Auszahlungen der Situation informiert ist. Geht der Beein-

flussende davon aus, dass der Einflussadressat nicht über die Auszahlungen der

Situation informiert ist, handelt es sich um eine Situation mit unvollständigen

Informationen.

Bei der Hypothese H5 wird davon ausgegangen, dass in Situationen mit voll-

ständigen Informationen die Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ häufiger

eingesetzt wird als in Situationen mit unvollständigen Informationen, da der

Beeinflussende davon ausgeht, dass der Interaktionspartner, also der Einfluss-

adressat, auf dem gleichen Informationsstand ist und somit eine geringe Infor-

mationsmacht seitens des Beeinflussenden besteht (s. weitere Aspekte in Kap.

3.2).

Bei der Hypothese H6 wird hingegen vermutet, dass in Situationen mit unvoll-

ständigen Informationen seitens des Einflussadressaten der Beeinflussende im

Vergleich zu Situationen mit vollständigen Informationen tendenziell häufiger

die Einflusstaktik „Manipulation“ einsetzt. Es konnte bereits belegt werden, dass

Personen mit (Informations-)Macht annahmen, die Mitarbeiter häufiger „zu

kontrollieren und manipulieren zu können“ (Neubauer & Rosemann, 2006, S.

77).

Angrenzende Forschungsgebiete wie die Spieltheorie untersuchen den Einfluss

von vollständigen und unvollständigen Informationen durch die Analyse von

Spielen. Sieg (2000, S. 100 ff.) verdeutlicht den Einfluss des Grades der Infor-

miertheit der Spieler durch ein so genanntes Signalspiel, in welchem sich eine

Regierung (Spieler A) zur Wiederwahl aufstellt. Die Wähler (Spieler B) würden

Page 19: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

287

im Falle einer vollständigen Information diese Regierung nur wiederwählen,

wenn sie kompetent ist (ebd., S. 102). Die Regierung kann nur durch rationale

Argumente die Wähler davon überzeugen, sie wiederzuwählen, da die Wähler

aufgrund der vollständigen Information in der Lage sind, die Kompetenz der

Regierung nach rationalen Gesichtspunkten einzuschätzen und Täuschungsver-

suche aufdecken würden. Liegt hingegen eine unvollständige Information sei-

tens der Wähler vor, könnte eine inkompetente Regierung z. B. durch eine

expansive Geldpolitik vortäuschen, kompetent zu sein (ebd., S. 104). Eine

Verschleierung von Tatsachen (Synonym: Manipulation, s. Kap. 2.2.2.1) ist

demnach nur bei einem (Signal-)Spiel mit unvollständigen Informationen

möglich, da die Spieler den Manipulationsversuch bei einer vollständigen Infor-

mation mit einer hohen Wahrscheinlichkeit aufdecken würden.

Sowohl die Hypothese H5 als auch die Hypothese H6 konnten nicht bestätigt

werden. Auch auf Basis der individuellen Einflusstaktiken (s. Kap. 4.2.5) konnte

festgestellt werden, dass kaum Unterschiede bei der Einsatzhäufigkeit der

restlichen sieben Einflusstakten zwischen den beiden Experimentalgruppen

SEE-K (vollständige Information) und SEE-OK (unvollständige Information)

bestanden.

Ein Grund dafür könnte die hohe Komplexität des Erhebungsinstruments sein.

Im SEE wurde der Grad der Information lediglich durch die Anweisung „Gehen

Sie davon aus, dass Ihr Kollege die folgenden Konsequenzen kennt (s. SEE-K,

Anhang B) bzw. nicht kennt (s. SEE-OK, Anhang C)“ vorgegeben. Diese

Anweisungen könnten durch die Komplexität der Situationsbeschreibungen mit

deren Konsequenzen und Einflussitems in den Hintergrund getreten sein, womit

der Grad der Informiertheit des Einflussadressaten für viele Upn. unberück-

sichtigt blieb. Die Vermutung wurde auch durch eine nachträgliche Befragung

der Upn. durch den Untersuchungsleiter bestätigt.

Page 20: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

288

Diesem Problem könnte man in zukünftigen Untersuchungen dahingehend ent-

gegenwirken, indem man die Komplexität des Erhebungsinstruments verringert.

Beispielsweise bestünde die Möglichkeit, sich auf nur einige wenige Situationen

(z. B. indem man auf die Betrachtung des Spiel- und Kontexttyps verzichtet)

und Einflusstaktiken (z. B. „rationales Argumentieren“ und „Manipulation“) zu

beschränken, um so die Aufmerksamkeit der Upn. auf die unterschiedlichen

Bedingungsvariationen (vollständige versus unvollständige Information) zu fo-

kussieren.

(3) Unterschiede im Bezug zur Sozialen Erwünschtheit

Es wird vermutet, dass die Antworttendenz „Soziale Erwünschtheit“ einen

moderierenden Effekt auf die Einsatzhäufigkeit von Einflusstaktiken ausübt (s.

Kap. 3.2). Insbesondere bei den harten Einflusstaktiken kann davon ausge-

gangen werden, dass hoch sozial erwünscht antwortende Personen die harten

Einflusstaktiken aufgrund der Antworttendenz „Soziale Erwünschtheit“ (s. Kap.

2.2.2.3) weniger häufig angeben als niedrig sozial erwünscht antwortende Per-

sonen.

Es wurde vermutet, dass hoch sozial erwünscht antwortende Personen weniger

häufig die zur Hypothesenprüfung herangezogenen Skalen „harte Einfluss-

strategie“ (Hypothese H7) und „Manipulation“ (Hypothese H8) einsetzen als

niedrig sozial erwünscht antwortende Personen.

Sowohl die Hypothese H7 als auch die Hypothese H8 konnten bestätigt werden.

Bei der erweiterten Datenanalyse auf Basis der individuellen Einflusstaktiken

konnte ebenfalls festgestellt werden, dass die restlichen drei harten Einfluss-

taktiken „Koalitionen bilden“, „übergeordnete Instanzen einschalten“ und

„Druck ausüben“ von den hoch sozial erwünscht antwortenden Personen

weniger häufig antizipiert wurden als von den niedrig sozial erwünscht ant-

wortenden Personen. Dieses Ergebnis spricht eindeutig dafür, dass die Ant-

Page 21: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

289

worttendenz „Soziale Erwünschtheit“ einen moderierenden Effekt auf das

Antwortverhalten der Upn. in Bezug auf die harten Einflussskalen ausübt. Es

stellte sich bereits bei einigen anderen Studien heraus, dass die Soziale Er-

wünschtheit die angegebene Einsatzhäufigkeit von Einflusstaktiken beeinflusst

(vgl. u. a. Blickle, 1995, S. 258; Yukl & Falbe, 1990, S. 139). Um welche

individuellen Einflusstaktiken es sich dabei handelt, wurde allerdings nicht

näher erläutert.

(4) Unterschiede in Bezug zum Macht- und Anschlussmotiv

Neben der Antworttendenz „Soziale Erwünschtheit“ wird weiterhin vermutet,

dass das Einflussverhalten entscheidend von den Motiven der Akteure beein-

flusst wird (s. Kap. 2.2.1.3). Insbesondere die Ausprägung des Macht- und

Anschlussmotivs einer Up. spielt im Hinblick auf die Einflussnahme eine

bedeutende Rolle.

Ein hoch ausgeprägtes Machtmotiv trägt dazu bei, dass die Akteure andere

Personen stärker beeinflussen als niedrig Machtmotivierte (vgl. Schneider &

Schmalt, 1994, S. 245). Mit einem steigenden Machtmotiv steigt auch die

Einflussaktivität der Person signifikant an (vgl. Mowday, 1978, S. 148).

Weiterhin argumentiert Heckhausen (1989, S. 352), dass hoch Anschluss-

motivierte weniger „wahrheitsverhüllende Propaganda“ im Sinne von Manipu-

lation ausüben. Akteure, welche ein hohes Anschlussmotiv aufweisen „would

not use tactics that might be perceived as socially undesirable” (Grams &

Rogers, 1990, S. 73).

Bei der Hypothese H9 wurde davon ausgegangen, dass hoch Machtmotivierte

häufiger andere Personen beeinflussen als niedrig Machtmotivierte. Bei der

Hypothese H10 wurde hingegen prognostiziert, dass hoch Anschlussmotivierte

weniger manipulieren als niedrig Anschlussmotivierte.

Page 22: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

290

Sowohl die Hypothese H9 als auch die Hypothese H10 konnten bestätigt werden.

Eine erweiterte explorative Datenanalyse auf Basis der neun individuellen Ein-

flusstaktiken (s. Kap. 4. 2.5) ergab ebenfalls, dass hoch machtmotivierte Per-

sonen generell häufiger Einflussmittel einsetzen als niedrig machtmotivierte.

Eine Ausnahme bestand jedoch bei der Einflusstaktik „beraten lassen“, wo die

Einsatzhäufigkeit annähernd gleich verteilt war. Dies könnte unter Umständen

daran liegen, dass die Bitte um einen Rat und somit die Einholung einer anderen

Meinung im Widerspruch zum negativ gepolten Machtmotiv-Item „Ich versuche

Personen in meinem Umfeld nicht von meiner Meinung zu überzeugen.“ (s.

Anhang A) steht. Personen mit einem hohen Machtmotiv könnten gemäß diesem

Item möglicherweise bestrebt sein, die eigene Meinung durchzusetzen und nicht

andere Meinungen einzuholen.

Hoch anschlussmotivierte Personen setzten hingegen weniger häufig harte Ein-

flusstaktiken ein als niedrig anschlussmotivierte Personen. Besonders auffällig

war dieser Unterschied bei den beiden harten Einflusstaktiken „Druck ausüben“

und „Manipulation“ ausgeprägt. Die einzige Einflusstaktik, die von den hoch

anschlussmotivierten Personen im Vergleich zu den niedrig anschlussmoti-

vierten Personen bevorzugt eingesetzt wurde, war die weiche Einflusstaktik

„einschmeicheln“. Ein Grund dafür könnte die Zielsetzung bzw. die Charakter-

istik der Einflusstaktik „einschmeicheln“ sein. In Anlehnung an Steensma, Jan-

sen und Vonk (2003, S. 49) wird die Einflusstaktik „ingratiaton“ (einschmeich-

eln) oft dazu herangezogen, um eine Kooperation mit anderen Mitarbeitern zu

erzeugen (s. Kap. 2.2.2.1). Anschlussmotivierte arbeiten bevorzugt in einer

Gruppe (s. Anschluss-Item 1 im Anhang A) und streben somit eine Kooperation

mit anderen Gruppenmitgliedern an.

Generell kann also davon ausgegangen werden, dass hoch machtmotivierte Per-

sonen häufiger Einfluss ausüben und hoch anschlussmotivierte Personen dem-

gegenüber weniger häufig harte Einflussmittel, wie beispielsweise die Einfluss-

taktik „Manipulation“ einsetzen, als dies bei niedrig macht- bzw. anschlussmoti-

Page 23: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

291

vierten Personen der Fall ist. Diese Ergebnisse stehen somit auch im Einklang

mit anderen empirischen Untersuchungen (s. Kap. 2.2.1.3).

6.4.3 Validierungshypothesen

Neben der Untersuchung des Einflusses des Macht- und Anschlussmotivs auf

die Einflussnahme bzw. auf die Einflusstaktik „Manipulation“ (s. Kap. 6.4.2)

wurden zusätzlich noch zwei Hypothesen zur Prüfung der Konstruktvalidität im

Sinne einer konvergenten und diskriminaten Validitätsprüfung durchgeführt.

Dabei wurde das Machtmotiv als konvergentes und das Anschlussmotiv als

diskriminantes Validitätskonstrukt verwendet. Zur Prüfung der konvergenten

Validität wurde die Hypothese H11 auf signifikante gleichsinnige Korrelationen

(die Machtmotivation korreliert positiv mit der Einflussnahme) und zur Prüfung

der diskriminanten Validität wurde die Hypothese H12 auf signifikante gegen-

läufige Korrelationen (die Anschlussmotivation korreliert negativ mit der Ein-

flusstaktik „Manipulation“) untersucht.

Die Hypothesen H11 und H12 konnten vollständig bestätigt werden, wobei die

Höhe der Korrelationen gering, aber aufgrund der großen Stichprobe dennoch

sehr signifikant war (s. Kap. 4.2.6). Folglich konnte nachgewiesen werden, dass

je höher das Machtmotiv ausgeprägt war, desto häufiger wurde Einfluss auf die

Einflussadressaten ausgeübt und je höher das Anschlussmotiv ausgeprägt war,

desto weniger Manipulationsversuche wurden von den Upn. durchgeführt. Die

Konstruktvalidität kann somit in Bezug auf den Aspekt, dass die Ausprägung

bestimmter Motive bei einer Person einen Einfluss auf die Wahl von Einfluss-

taktiken ausüben, als zufriedenstellend bewertet werden.

6.4.4 Lineare Strukturgleichungsanalyse

In Anlehnung an die Befunde von Blickle und Hepperle (1999), Schnackers und

Kleinbeck (1975) und Heckhausen (1989) wurde in Kapitel 4.2.7 eine Lineare

Strukturgleichungsanalyse durchgeführt, welche den Einfluss des Macht- und

Page 24: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

292

Anschlussmotivs auf fünf individuelle Einflusstaktiken untersucht. Blickle und

Hepperle (1999) stellten bereits anhand einer Pfadanalyse fest, dass die Macht-

motivation einen Einfluss auf den Einsatz der Einflusstaktiken „übergeordnete

Instanzen einschalten“, „Druck machen“, „einschmeicheln“ und „rationales

Überzeugen“ gegenüber Kollegen ausübt. Schnackers und Kleinbeck (1975, S.

308 ff.) kamen zu dem Ergebnis, dass hoch Machtmotivierte häufiger manipu-

lieren als niedrig Machtmotivierte. „Power motivation is frequently defined in

psychology as gaining satisfaction from manipulating and influencing others”

(Kipnis, 1974, S. 85). Heckhausen (1989, S. 352) berichtete hingegen, dass hoch

Anschlussmotivierte weniger manipulieren als niedrig Anschlussmotivierte (s.

hierzu auch Kap. 2.2.1.3).

Auf der Grundlage dieser Befunde wurde eine Lineare Strukturgleichungsana-

lyse durchgeführt, welche durch die Analyse des Mess- und Strukturmodells

gemäß Schumacker und Lomax (2004, S. 106) als ein weiteres Verfahren zur

Validierung angesehen werden kann. In Anlehnung an Anderson und Gerbing

(1988) wurde in Kapitel 4.2.7 zuerst das Messmodell der latenten Variablen

vorgestellt und anschließend das Strukturmodell spezifiziert. Das Messmodell

der latenten Variablen setzt sich aus dem „Macht- und Anschlussmotiv“ (s. Kap.

4.2.7.1) und dem Messmodell der endogenen Variablen der fünf Einflusstak-

tiken „übergeordnete Instanzen einschalten“, „Druck machen“, „einschmeich-

eln“, „Manipulation“ und „rationales Überzeugen“ zusammen (s. Kap. 4.2.7.2).

Untersuchung des Messmodells der exogenen Variablen

Die Untersuchung des Messmodells der exogenen Variablen ergab, dass eines

der insgesamt fünf Items (manifeste Variablen) des Machtmotivs einen sehr

hohen Messfehleranteil aufwies und somit eliminiert wurde. Beim Anschluss-

motiv wurden aufgrund des hohen Messfehleranteils zwei von insgesamt fünf

Items eliminiert. Auf dieser Basis entstand ein modifiziertes Messmodell bei den

exogenen Variablen mit vier Machtmotiv-Items und drei Anschlussmotiv-Items

Page 25: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

293

(s. Kap. 4.2.7.1). Das modifizierte Motivmodell konnte gegenüber dem An-

fangsmodell mit jeweils fünf Items für jedes Motiv seine Modellanpassung bzw.

den Fit verbessern.

Untersuchung des Messmodells der endogenen Variablen

Die Untersuchung des Messmodells der endogenen Variablen ergab, dass alle

Indikatoren ausnahmslos hoch signifikant auf dem zugehörigen Faktor luden

und somit keine Items eliminiert werden mussten. Auffällig war allerdings, dass

jeweils das erste Item der ersten Situationsbeschreibung für alle fünf Einfluss-

taktiken den größten Messfehleranteil aufwies (s. Kap. 4.2.7.2). Dies könnte

daran liegen, dass sich die Probanden erst einmal an den Fragestil im Sinne

eines „warming up“ gewöhnen mussten.

Untersuchung des Strukturgleichungsmodells

Aufgrund der genannten Ergebnisse wurde für die Strukturgleichungsanalyse

das modifizierte Messmodell des Macht- und Anschlussmotivs und das fünf-

faktorielle Anfangsmodell der Einflusstaktiken übernommen. In Anlehnung an

die Befunde von Blickle und Hepperle (1999), Heckhausen (1989) und Schnack-

ers und Kleinbeck (1975) wurde dabei untersucht, inwiefern die Ausprägung des

Macht- oder Anschlussmotivs einer Person deren Einsatzhäufigkeit von fünf

individuellen Einflusstaktiken beeinflusst.

Die Analyse des Strukturgleichungsmodells (s. Kap. 4.2.7.3) zeigte, dass das

Machtmotiv offenbar einen großen Einfluss auf die harten Einflusstaktiken

„Manipulation“, „übergeordnete Instanzen einschalten“ und „Druck ausüben“

und einen etwas geringeren, aber dennoch signifikanten Einfluss auf die weiche

Einflusstaktik „einschmeicheln“ ausübt. Allerdings kann man von der Höhe des

Machtmotivs nicht darauf schließen, ob eine Person bevorzugt die Einflusstaktik

„rationales Argumentieren“ einsetzt, da der Pfad vom Machtmotiv zum „rati-

onales Argumentieren“ als einziger nicht signifikant in diesem Modell war und

Page 26: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

294

somit kein Zusammenhang zwischen der Höhe des Machtmotivs und der Ein-

satzhäufigkeit dieser Einflusstaktik bestand. Weiterhin zeigte sich, dass je höher

die Anschlussmotivation bei einer Person ausgeprägt war, desto weniger häufig

hatte sie die Einflusstaktik „Manipulation“ eingesetzt.

Somit stehen die Ergebnisse der Strukturgleichungsanalyse mit Ausnahme des

Pfades vom Machtmotiv zur Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ mit den

Befunden von Blickle und Hepperle (1999), Heckhausen (1989) und Schnackers

und Kleinbeck (1975) im Einklang.

Des Weiteren wurden Strukturgleichungsmodelle für unterschiedliche Teilgrup-

pen der Untersuchungsstichprobe berechnet und deren Ergebnisse miteinander

verglichen (s. Kap. 4.2. 7.3). Mithilfe dieser Vergleiche wurde untersucht, ob

der Einfluss des Macht- oder Anschlussmotivs auf die fünf individuellen Ein-

flusstaktiken geschlechterspezifisch variiert und ob durch die beiden differier-

enden Spieltypen „Gefangenendilemma“ und „Konvergenzspiel“ Unterschiede

in Bezug auf die Vorhersage der Einsatzhäufigkeit der fünf individuellen Ein-

flusstaktiken existieren. Somit sollte unter Berücksichtigung des Geschlechts

und des Spieltyps untersucht werden, inwiefern sich der Einfluss der exogenen

latenten Variablen „Macht-“ und „Anschlussmotiv“ auf die fünf Einflusstaktiken

unterscheidet. Da diese gruppenbezogenen Vergleiche bisher weder theoretisch

noch empirisch untersucht wurden, handelte es sich hierbei um ein quasi

exploratives Untersuchungsdesign.

Die Ergebnisse zeigten, dass der Einfluss des Machtmotivs auf die harten

Einflusstaktiken „Manipulation“, „übergeordnete Instanzen einschalten“ und

„Druck ausüben“ bei den Männern wesentlich geringer war als bei den Frauen.

Aus diesen Erkenntnissen kann man schließen, dass bei Frauen die Ausprägung

des Machtmotivs einen sehr großen Einfluss auf die Einsatzhäufigkeit dieser

drei harten Einflusstaktiken ausübt. Je ausgeprägter das Machtmotiv bei Frauen

ist, desto häufiger nutzen sie die harten Einflusstaktiken. Bei den Männern,

Page 27: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

295

welche im Allgemeinen höher machtmotiviert als Frauen sind (s. Kap. 4.2.7.3,

Tab. 4.45), war der Einfluss des Machtmotivs auf die harten Einflusstaktiken

wesentlich geringer.

Dieser Unterschied könnte auf das geschlechtsspezifische Rollenverhalten zu-

rückzuführen sein. „Both woman and men are placed in sex-role stereotypes,

which influence their personality and behavior patterns. Woman are socialized

to be passive […], while men are socialized to be aggressive, active and domina-

ting (Rajan & Krishnan, 2002, S. 197). Hoch machtmotivierte Frauen entsprech-

en somit nicht den Geschlechtsrollen-Erwartungen, da sie sich eher aggressiv

und aktiv in Bezug auf die Einflussnahme und dominant in Bezug auf die

Machtausübung verhalten. Macht- bzw. dominanzmotivierte Frauen scheinen

sich demnach nicht konform im Hinblick auf die Geschlechtsrollen-Erwartungen

zu verhalten. Sie ziehen wesentlich häufiger die eher für Männer typischen

harten Einflusstaktiken „Manipulation“, „übergeordnete Instanzen einschalten“

und „Druck ausüben“ heran (s. Kap. 2.2.2.1), als niedrig machtmotivierte

Frauen. Darüber hinaus ist der Effekt, dass hoch Machtmotivierte häufiger

Einfluss auf andere ausüben als niedrig Machtmotivierte bei Frauen bedeutend

größer als bei Männern.

Hoch machtmotivierte und somit karriereorientierte (vgl. Nerdinger; Blickle &

Schaper, 2008, S. 78) Frauen verhalten sich entspechend der männlichen

Geschlechtsrollen-Erwartung. Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit einer

Studie der German Consulting Group (2005), aus welcher hervorging, dass

Frauen nur unter der Bedingung, dass sie sich wie Männer verhalten, Karriere

machen können.

Die situative Einflussvariable „Spieltyp“ übt im Gegensatz zur personenbe-

zogenen Einflussvariablen „Geschlecht“ offenbar keinen Einfluss auf die Vor-

hersage des Einsatzes der fünf Einflusstaktiken durch die beiden Motive aus.

Die Regressionskoeffizienten zwischen den Motiven und den Einflusstaktiken

Page 28: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

296

waren bei beiden Spieltypen annähernd gleich ausgeprägt. Somit kann davon

ausgegangen werden, dass unabhängig von der Situation (Spieltyp) sowohl das

Macht- als auch das Anschlussmotiv den schon von Blickle, Hepperle (1999),

Heckhausen (1989), Schnackers und Kleinbeck (1975) berichteten Einfluss auf

die jeweiligen Einflusstaktiken ausübten.

6.4.5 Spieltheoretische Hypothesen

In der vorliegenden Arbeit wurde aufbauend auf dem Situationsfragebogen zur

Erfassung von Einflusstaktiken (SEE), in welchem unterschiedliche spieltheore-

tisch fundierte Situationsbeschreibungen dargestellt werden, ein Situations-

fragebogen zur Erfassung der Präferenzordnung (SEP) entwickelt. Die Präfe-

renzordnung der Spieler gibt Auskunft über die Rangordnung der Auszahlungen

eines spezifischen Spiels, welche sich aus den Handlungsalternativen (koop-

erativ versus nicht kooperativ handeln) der Spieler A und B ergibt (s. Kap.

2.3.2.1).

In der vorliegenden Arbeit wurden zwei spezifische Spiele und zwar die beiden

Spieltypen „Gefangenendilemma“ und „Konvergenzspiel“ als unabhängige Va-

riablen bei den Hypothesen H1 und H2 herangezogen (s. Kap. 3.1). Der SEP

wurde entworfen, um zu untersuchen, ob die Upn. in der Lage sind, eine intra-

organisationale Gefangenendilemma- oder Konvergenzspielsituation im Bezug

auf die Auszahlungen des Spiels so einzuschätzen, wie es die Spieltheorie vor-

gibt bzw. annimmt und somit die wahrgenommene mit der spieltheoretischen

Rangordnung der Auszahlungen (s. Kap. 2.3.4) übereinstimmt. Das Erhebungs-

instrument „SEE“ würde, wenn die Rangordnung der Auszahlungen des Spiels

frei variiert, nicht das messen, was es messen soll und zwar die Wahl von Ein-

flusstaktiken innerhalb einer bestimmten spieltheoretisch fundierten Situation.

Page 29: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

297

Neben der Bestimmung der Rangordnung der Auszahlungen können auch wei-

tere Eigenschaften eines spezifischen Spiels analysiert werden. In der Spieltheo-

rie werden unterschiedliche Spiele im Hinblick auf die dominante Strategie (ko-

operativ versus nicht kooperativ handeln), die Maximin-Strategie und das Nash-

Gleichgewicht analysiert (s. Kap. 2. 3.3). Insgesamt wurden acht spieltheore-

tische Hypothesen (H13 bis H20) aufgestellt (s. Kap. 3.4).

Die Ergebnisse (s. Kap. 5.2.3) zeigten, dass sowohl die Rangordnung der

Auszahlungen als auch alle weiteren Eigenschaften beim Konvergenzspiel im

Sinne der Hypothesen H14 und H18 bis H20 bestätigt werden konnten. Somit kann

davon ausgegangen werden, dass die Upn. die im SEE vorgegebenen intraorga-

nisationalen Konvergenzspiel-Situationen (s. Situationsbeschreibung 1 und 3,

Anhang B und C) auch als Konvergenzspiele wahrgenommen haben.

Bei den intraorganisationalen Gefangenendilemma-Situationen konnten aller-

dings nicht alle Hypothesen bestätigt werden. Es zeigte sich, dass sich entgegen

der Hypothese H13 und H17 die Rangordnung der Auszahlungen des Spiels

änderte und sich im Nash-Gleichgewicht eine pareto-optimale Lösung befand (s.

Kap. 5.2.3). Was dies für eine konkrete Situation bedeutet und was der Grund

dafür sein könnte, soll im Folgenden anhand der Situationsbeschreibung 2 des

SEP, welche die Form eines intraorganisationalen Gefangenendilemmas annim-

mt und der Situationsbeschreibung 8 des SEE entspricht, diskutiert werden.

Situationsbeschreibung 2 des SEP (s. Anhang D): Stellen Sie sich vor, dass in

naher Zukunft eine Fortbildung angeboten werden soll, die die Qualifikation und

somit die Aufstiegschancen erhöht. Sie und Ihr rivalisierender Kollege können

sich für diese Fortbildung anmelden. Die Anmeldung ist freiwillig und es kann

nur ein Mitarbeiter an der Fortbildung teilnehmen. Sie und Ihr Kollege sollen

sich via Mail für oder gegen die Teilnahme an der Fortbildung entscheiden. Aus

dieser Sachlage heraus können sich vier Reaktionssituationen A bis D ergeben

(s. Tab. 6.1).

Page 30: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

298

Die Auszahlungen (s. Kap. 2.3.2.1) der vier Reaktionssituationen, welche sich

an die (Erwartungs-)Nutzentheorie (s. Kap. 2.3.3) anlehnen, werden in einer

typischen Gefangenendilemma-Situation gemäß der in Kapitel 2.3.4.1 und

4.1.1.1 vorgegebenen Rangordnung festgelegt. Demnach würde sich für die

Situationsbeschreibung 2 des SEP die in Tabelle 6.1 vorgestellte spieltheore-

tische Rangordnung der vier Auszahlungen, welche in der Situationsbeschrei-

bung 8 des SEE auf dem ordinalen Niveau (beste bis schlechteste Auszahlung)

vorgegeben wurde (s. Anhang B und C), ergeben.

Tabelle 6.1: Spieltheoretische Rangordnung der Auszahlungen der Situationsbe-

schreibung 2 des SEP

Reaktions-situation

Beschreibung der Reaktionssituationen der Situationsbeschreibung 2 des SEP

SpieltheoretischeRangordnung der

Auszahlungen

A Nur Sie entscheiden sich für die Fortbildung und können auch an dieser teilnehmen und die daraus resultierenden Vorteile realisie-ren. Ihr Kollege wird darüber aber verärgert sein.

beste Auszahlung (temptation)

B Nur Ihr Kollege entscheidet sich für die Fortbildung - daraus ergibt sich die umge-kehrte Konsequenz.

schlechtesteAuszahlung (sucker`s

payoff)

C Keiner von Ihnen entscheidet sich für die Teilnahme an der Fortbildung, diese wird im Unternehmen nicht durchgeführt.

zweitbeste Auszahlung (reward)

D Sie beide entscheiden sich für die Fortbil-dung. Es wird durch Zufall entschieden, wer daran teilnehmen darf. Das bedeutet, dass Sie bzw. Ihr Kollege zwar verärgert darüber sein wird, wenn der andere zur Fortbildung geschickt wird, aber dennoch eine Chance besteht, dass man selbst an der Fortbildung teilnehmen kann.

drittbeste Auszahlung (punishment)

Page 31: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

299

In Anlehnung an die Spieltheorie sollte demnach die Auszahlung höher sein,

wenn sich beide Akteure A und B nicht zur Fortbildung anmelden und somit

kooperativ handeln (Reaktionssituation C), als wenn sie dies täten (Reaktions-

situation D). Dieses für die Akteure A und B kooperative Spielergebnis (s. Tab.

6.1, Reaktionssituation C) ist allerdings nicht im Interesse der Organisation, da

sie keine potentiellen Teilnehmer für die Fortbildung hätte. Für die Organisation

ist es in jedem Fall besser, wenn sich beide Akteure für die Fortbildung ent-

scheiden, denn dann könnte die Organisation wählen, wer für die bevorstehende

Fortbildung in Frage käme. Die Interessen der Organisation stehen somit nicht

mit den Interessen der Organisationsmitglieder im Einklang.

In Anlehnung an Simon (1981, S. 219 ff.) sollten derartige Interessenunter-

schiede zur Sicherung des Organisationsbestehens ausgeglichen oder zumindest

gemindert werden. Die Organisation müsste ihre Mitglieder motivieren, dass sie

organisatorisch und nicht persönlich rational handeln (s. Kap. 2.1.1.1). Die nicht

kooperative Handlung „sich für die Fortbildung entscheiden“ ist im intraorgani-

sationalen Gefangenendilemma für die Spieler in jedem Falle organisatorisch

rational, da wie eben geschildert die nicht kooperative Handlung im Einklang

mit den Interessen der Organisation steht.

In Kapitel 2.1.1.2 und 2.3.1.2 wurde bereits deutlich, dass die Organisation

bestimmte Einflussmöglichkeiten besitzt, um ihre Interessen gegenüber ihren

Mitgliedern durchsetzten zu können. Dieser Einfluss würde sich in den Aus-

zahlungen des Spiels widerspiegeln und ist auch in der Situationsbeschreibung 2

des SEP vorzufinden (s. Kap. 5.2.3). Es zeigte sich, dass die Upn. die Reaktions-

situation D (beide Kollegen entscheiden sich für die Fortbildung) der Reaktions-

situation C (keiner von beiden Kollegen entscheidet sich für die Fortbildung)

vorgezogen haben. Hierdurch konnte wiederum eine pareto-optimale Nash-

Gleichgewichtslösung (s. Kap. 2.3.4.1) ermittelt werden, wenn sich beide

Kollegen für die Fortbildung entscheiden.

Page 32: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

300

Die Veränderung der spieltheoretischen Rangordnung der Auszahlungen des

Spiels (die Reaktionssituation D wurde der Reaktionssituation C vorgezogen)

konnte auch bei der zweiten im SEP enthaltenen intraorganisationalen Gefan-

genendilemma-Situation festgestellt werden (s. Situationsbeschreibung 4, An-

hang D). Bei der Situationsbeschreibung 4 des SEP, welche der Situations-

beschreibung 6 des SEE entspricht (s. Anhang B und C), ging es um eine

Zusammenlegung von zwei Abteilungen, wobei sich die jeweiligen beiden

Abteilungsleiter für oder gegen eine Zusammenlegung entscheiden konnten (s.

Situationsbeschreibung 4, Anhang D). Falls sich ein Abteilungsleiter für die

Zusammenlegung entscheidet, handelt er nicht kooperativ, da der andere Abtei-

lungsleiter seine Abteilung und somit seinen Entscheidungsspielraum verlieren

würde. Die Organisation ist allerdings an der Zusammenlegung interessiert.

Die Ergebnisse zeigten, dass die Upn. die Reaktionssituationen im Interesse der

Organisation und somit organisatorisch rational (s. Kap. 2.1.1.1) einschätzten.

Die Reaktionssituation D (beide Abteilungsleiter entscheiden sich für die

Zusammenlegung der Abteilungen) wurde der Reaktionssituation C (keiner der

beiden Abteilungsleiter entscheidet sich für die Zusammenlegung der Abtei-

lungen) vorgezogen. Somit konnte auch bei der Situationsbeschreibung 4 des

SEP eine pareto-optimale Nash-Gleichgewichtslösung (s. Kap. 2.3.4.1) bei der

Reaktionssituation D (beide Abteilungsleiter entscheiden sich für die Zusam-

menlegung der Abteilungen) ermittelt werden. Die Rangordnung der Auszah-

lungen des Spiels wich somit von der spieltheoretischen Rangordnung ab. Durch

den Einfluss der Organisation entstand eine spezielle Lösung eines intraorgani-

sationalen Gefangenendilemmas.

In der Literatur wurde bereits der Einfluss einer dritten Partei bei einem Gefan-

genendilemma durch die so genannte Mafialösung eines Gefangenendilemmas

beschrieben (vgl. Holler & Illing, 2006, S. 190 f.). Die Mafia sorgt durch

verbindliche Abmachungen dafür, dass die Gefangenen in einer typischen

Gefangenendilemma-Situation (s. Kap. 2.3.4.1) stets schweigen und somit

Page 33: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

301

kooperativ handeln. Im Gegensatz zur Mafia, welche daran interessiert ist, dass

die am Spiel beteiligten Akteure (Gefangenen) kooperativ handeln, ist die

Organisation daran interessiert, dass die Akteure in einem Gefangenendilemma

nicht kooperativ handeln. In diesem Fall trägt die nicht kooperative Handlung

(sich für die Fortbildung bzw. Zusammenlegung der Abteilungen entscheiden)

zur Sicherung des Fortbestehens der Organisation bei und ist somit organisa-

torisch rational. Die beteiligten Akteure kooperieren somit mit der Organisation.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass eine dritte Partei Einfluss auf die

Auszahlungen eines Spiels ausüben kann. Als außenstehende Partei kann jede

beliebige Person, Organisation oder sonstige Interessenvertretung auftreten, die

über genügend Macht verfügt, um die Höhe der Auszahlungen des Spiels zu

beeinflussen. In einem Unternehmen können beispielsweise Vorgesetzte (s. Kap.

2.3.1.2) als außenstehende Partei auftreten. Diese Partei ist allerdings in einem

Spiel nicht als Spieler beteiligt, ihr Einfluss spiegelt sich alleine in den Aus-

zahlungen des Spiels wider (vgl. Holler & Illing, 2006, S. 19 f.). Für die Spieler,

die unter dem Einfluss dieser Partei stehen, verändern sich die Höhe der Aus-

zahlungen und unter Umständen auch die Rangordnung der Auszahlungen des

Spiels.

6.5 Einschränkungen dieser Studie

In der vorliegenden Untersuchung wurde ein Situationsfragebogen mit acht

Situationsbeschreibungen konzipiert, um die Wahl von neun unterschiedlichen

Einflusstaktiken in Organisationen unter Berücksichtigung situativer Faktoren

zu untersuchen. Durch die Berücksichtigung von spieltheoretischen Annahmen

bei der Ausgestaltung der Untersuchungsmethodik ergeben sich für die vor-

liegende Untersuchung einige Einschränkungen. Ortmann (1988) argumentierte

diesbezüglich, dass die Spieltheorie für die Analyse von sozialwissenschaft-

lichen Fragestellungen „von vielen als begrenzt angesehen wird“ (ebd., S. 21).

Page 34: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

302

Im Folgenden werden die sieben bedeutendsten Einschränkungen dieser Unter-

suchung vorgestellt.

(1) In der vorliegenden Untersuchung wurden jeweils vier Gefangenendilem-

mata und Konvergenzspiele zur Beschreibung der Situation herangezogen (s.

Kap. 4.1.1.1). In Organisationen können allerdings auch viele andere Spieltypen

vorzufinden sein. Es könnten z. B. Nullsummenspiele existieren, bei denen der

Verlust des einen Spielers der Gewinn des anderen ist. Die vorliegende Unter-

suchung beschränkt sich allerdings nur auf zwei Spieltypen, welche als die

bedeutendsten in Organisationen vorzufindenden Nicht-Nullsummen-Spiele an-

gesehen werden können.

(2) Weiterhin beschäftigt sich die vorliegende Arbeit ausschließlich mit sta-

tischen Spielen, womit die Spielzeit immer nur einen einzigen Moment aus-

macht. Verfügt allerdings ein Spiel über mehrere Züge und/oder ist die Reihen-

folge der Züge für den Beobachter von Bedeutung, so kann ein Spiel nicht mehr

in der statischen Normalform dargestellt werden (s. hierzu auch Kap. 2.3.2.1).

Die Analyse statischer Spiele könnte durch die Untersuchung dynamischer

Spiele erweitert werden. Die dynamische Darstellung von Spielen spielt insbe-

sondere in Organisationen eine bedeutende Rolle, da die Mitglieder einer

Organisation nicht nur einmalig sondern ständig miteinander interagieren.

(3) Bei den in dieser Untersuchung herangezogenen Spielen handelt es sich

ausschließlich um Zwei-Personenspiele. Es ist allerdings denkbar, dass in Orga-

nisationen Spiele mit mehr als zwei Personen existieren. Beispielsweise könnte

die Organisation als ein weiterer Akteur auftreten. In der vorliegenden Unter-

suchung wurde lediglich der Einfluss der Organisation, welcher sich in den Aus-

zahlungen des Spiels widerspiegelt, als eine mögliche Erklärung für die Ent-

stehung einer speziellen Lösung eines intraorganisationalen Gefangenendilem-

mas berücksichtigt (s. Kap. 6.4.5).

Page 35: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

303

(4) Die im Erhebungsinstrument der vorliegenden Arbeit enthaltenen Situations-

beschreibungen betrachten ausschließlich horizontale (laterale) Beziehungen,

also nur Interaktionen zwischen hierarchisch gleichgestellten Kollegen oder

Geschäftspartnern. In Organisationen wird allerdings auch Einfluss auf Vorge-

setzte oder Untergebene ausgeübt. Blickle (1995) und Kipnis, Schmidt und

Wilkinson (1980) berücksichtigen bereits in ihrem Erhebungsinstrument die

Wahl von Einflusstaktiken auf Vorgesetzte und Untergebene (s. Kap. 2.2.2.3).

Die Analyse von Einflusstaktiken unter Berücksichtigung situativer Faktoren

sollte somit in zukünftigen Forschungsarbeiten auch im Hinblick auf die Be-

rücksichtigung vertikaler Beziehungskonstellationen erweitert werden.

(5) Im Situationsfragebogen zur Erfassung der Präferenzordnung (SEP), welcher

dazu entwickelt wurde, um zu untersuchen, ob die Upn. in der Lage sind, eine

Gefangenendilemma- oder Konvergenzspielsituation im Bezug auf die Auszah-

lungen des Spiels so einzuschätzen, wie es die Spieltheorie vorgibt, wurden aus-

schließlich die vier intraorganisationalen Situationsbeschreibungen des Situa-

tionsfragebogens zur Erfassung der Einflusstaktiken (SEE) berücksichtigt. Der

SEE verfügte weiterhin über vier interorganisationale Situationsbeschreibungen.

Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigten, dass sich die Rangordnung der Auszah-

lungen eines intraorganisationalen Gefangenendilemmas änderte. Es wurde ver-

mutet, dass diese Änderung auf den Einfluss der Organisation zurückzuführen

ist. Dieser Einfluss würde allerdings nicht bei einem interorganisationalen Ge-

fangenendilemma vorzufinden sein, da die Geschäftspartner über keine gemein-

same Organisation verfügen, welche Einfluss auf sie ausüben könnte (s. Situa-

tionsbeschreibung 2 und 4, Anhang B und C). Demzufolge dürfte sich auch

nicht die Rangordnung der Auszahlungen eines interorganisationalen Gefangen-

endilemmas durch den Einfluss der Organisation ändern. Dieser Sachverhalt

wurde allerdings in der vorliegenden Arbeit nicht untersucht, da im SEP zur

Reduzierung der Komplexität des Erhebungsinstruments nur intraorganisation-

ale Situationsbeschreibungen berücksichtigt wurden.

Page 36: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

304

(6) In allen acht Situationsbeschreibungen des SEE wurden neun unterschied-

liche Einflusstaktiken erfasst. Über alle acht Situationsbeschreibung wurden

immer dieselben neun Items zur Erfassung der neun Einflusstaktiken verwendet

und zwar ein Item für jede Einflusstaktik. In vergangenen retrospektiven Unter-

suchungen wurde hingegen jede einzelne Einflusstaktik durch ungefähr fünf

Items erfasst (vgl. u. a. Blickle, 1995). In der vorliegenden Arbeit wurden somit

die neun Einflusstaktiken in einer relativ geringen Verhaltensbandbreite erhob-

en. Durch eine derartige inhaltliche Reduktion bei der Itemerfassung kann die

Reliabilität bzw. Validität der Einflussskalen unter Umständen beeinträchtigt

werden.

(7) Weiterhin ist anzumerken, dass die vorliegende Untersuchung nur auf Quer-

schnittsdaten zurückgreift. Es wurden keine weiteren Erhebungsmethoden wie

beispielsweise Interviews oder Beobachtungen einbezogen.

6.6 Zusammenfassung

Das Ziel der vorliegenden Arbeit bestand darin, die Wahl von Einflusstaktiken

in wirtschaftlichen Organisationen unter Berücksichtigung unterschiedlicher

Faktoren zu untersuchen. Hierbei wurde angenommen, dass die erfolgreiche

Beeinflussung von persönlichen und situativen Faktoren abhängt (vgl. Kipnis,

1974, S. 98). In der Vergangenheit wurden allerdings die situativen Einfluss-

größen häufig vernachlässigt bzw. sehr wenig untersucht (vgl. Raven, Schwarz-

wald & Koslowsky, 1998, S. 309).

Um die Bedeutsamkeit situativer Einflussfaktoren zu analysieren, wurde ein

Situationsfragebogen zur Erfassung von Einflusstaktiken (SEE) konzipiert (s.

Kap. 4.1.1.1), mit welchem die Wahl von neun bereits von Blickle (1995)

erfassten Einflusstaktiken unter Berücksichtigung von persönlichen und auch

situativen Faktoren untersucht werden konnte. Es beteiligten sich insgesamt 370

Page 37: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

305

Personen aus unterschiedlichen wirtschaftlichen Organisationen und einer öf-

fentlichen Verwaltung an dieser Erhebung.

Mithilfe einer Skalenanalyse (s. Kap. 4.2.1) und einer Untersuchung der Test-

gütekriterien (s. Kap. 4.2.2) wurde die Qualität des Situationsfragebogens

„SEE“ untersucht. Die Skalenanalyse zeigte zufriedenstellende Ergebnisse in

Bezug auf die Normalverteilung, die durchschnittliche Schwierigkeit, die durch-

schnittliche Trennschärfe und die Gesamttest-Homogenität. Lediglich die Ein-

flusstaktik „Manipulation“ war nicht normal verteilt, wobei eine Normalver-

teilung aufgrund der großen Stichprobe (N = 363) für eine weitere inferenz-

statistische Auswertung nicht zwingend erforderlich war.

Die Reliabilität wurde durch drei unterschiedliche Methoden bestimmt. Die

Ergebnisse der Reliabilitätsanalyse zeigten, dass alle zur Hypothesenprüfung

herangezogenen Einflussskalen eine zufriedenstellende interne Konsistenz, Test-

Retestreliabilität und Paralleltest-Reliabilität besaßen (s. Tab. 4.14).

Die Validität wurde ebenfalls durch drei Methoden bestimmt. Auch bei der

Validitätsprüfung wurden zufriedenstellende Ergebnisse erzielt, welche durch

eine Interkorrelationsanalyse, eine Faktorenanalyse und eine Expertenbefragung

ermittelt wurden. Bei der Faktorenanalyse konnten zwei Faktoren extrahiert

werden. Die Zuordnung der neun Einflusstaktiken zu den beiden Faktoren

„weiche Einflussstrategie“ (mit rationales Argumentieren, beraten lassen,

charismatische Floskeln, Austausch anbieten und einschmeicheln) und „harte

Einflussstrategie“ (mit Koalitionen bilden, übergeordnete Instanzen einschalten,

Manipulation und Druck ausüben) ergab sich auch bei einer Expertenbefragung.

Somit war sowohl eine zufriedenstellende faktorielle als auch inhaltliche Validi-

tät gegeben.

Des Weiteren wurden auf Grundlage der Theorie und Empirie (s. Kap. 2) insge-

samt 20 Hypothesen aufgestellt, wovon 16 bestätigt werden konnten. Es stellte

sich heraus, dass sowohl situative als auch persönliche Faktoren die Einfluss-

Page 38: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

306

nahme in Organisationen beeinflusst haben. Die harte Einflussstrategie wurde

häufiger in Situationen, die die Form eines Gefangenendilemmas annehmen

(Hypothese H1) und in Situationen, bei welchen der Einflussadressat aus einer

anderen Organisation stammte (Hypothese H3) eingesetzt als in Konvergenz-

spiel-Situationen bzw. in Situationen, in welchen Einfluss auf einen Kollegen

ausgeübt wurde. Die weiche Einflussstrategie wurde hingegen häufiger in

Konvergenzspiel-Situationen herangezogen als in Gefangenendilemmata (Hypo-

these H3).

Weiterhin konnte bestätigt werden, dass Männer (Hypothese H4) und niedrig

sozial erwünscht antwortende Personen (Hypothese H7) häufiger die harte Ein-

flussstrategie einsetzen als Frauen bzw. hoch sozial erwünscht antwortende

Personen. Niedrig sozial erwünscht antwortende Personen nutzen zudem noch

häufiger die Einflusstaktik „Manipulation“, als hoch erwünscht antwortende

Personen (Hypothese H8). Des Weiteren wurde festgestellt, dass hoch Macht-

motivierte generell häufiger Einfluss ausüben, als niedrig Machtmotivierte

(Hypothese H9). Hoch Anschlussmotivierte setzen hingegen weniger häufig die

Einflusstaktik „Manipulation“ ein als niedrig Anschlussmotivierte (Hypothese

H10).

Die Hypothesen H5 und H6 konnten allerdings nicht bestätigt werden. Somit

konnte nicht festgestellt werden, dass wenn der Beeinflussende davon ausgeht,

dass der Einflussadressat über die Konsequenzen des Spiels informiert ist (voll-

ständige Information), er häufiger die Einflusstaktik „rationales Argumentieren“

und weniger häufig die Einflusstaktik „Manipulation“ einsetzt, als wenn er nicht

davon ausgeht (unvollständige Information).

Des Weiteren wurden zwei Hypothesen H11 und H12 zur Prüfung der Konstrukt-

validität im Sinne einer konvergenten und diskriminaten Validitätsprüfung auf-

gestellt. Dabei wurde das Machtmotiv als konvergentes (die Machtmotivation

korreliert positiv mit der Einflussnahme) und das Anschlussmotiv als diskrimi-

Page 39: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

307

nantes Validitätskonstrukt (die Anschlussmotivation korreliert negativ mit der

Einflusstaktik „Manipulation“) verwendet. Die beiden Validierungshypothesen

konnten ebenfalls bestätigt werden, womit die Konstruktvalidität als zufrieden-

stellend bewertet werden kann.

Durch eine Lineare Strukturgleichungsanalyse (Kap. 4.2.7) konnte zudem fest-

gestellt werden, dass der Einfluss des Machtmotivs auf die harten Einfluss-

taktiken „Manipulation“, „übergeordnete Instanzen einschalten“ und „Druck

ausüben“ bei den Männern wesentlich geringer war als bei den Frauen. Bei

Frauen übt somit die Ausprägung des Machtmotivs einen sehr großen Einfluss

auf die Einsatzhäufigkeit dieser drei harten Einflusstaktiken aus. Je ausgeprägter

das Machtmotiv bei Frauen ist, desto häufiger nutzen sie diese harten

Einflusstaktiken. Bei den Männern, welche im Allgemeinen höher macht-

motiviert als Frauen sind, war der Einfluss des Machtmotivs auf die harten

Einflusstaktiken wesentlich geringer.

Des Weiteren wurde aufbauend auf dem SEE, in welchem unterschiedliche

spieltheoretisch fundierte Situationsbeschreibungen dargestellt werden, ein Situ-

ationsfragebogen zur Erfassung der Präferenzordnung (SEP) entwickelt. Die

Präferenzordnung der Spieler gibt Auskunft über die Rangordnung der Auszah-

lungen eines spezifischen Spiels, welche sich aus den Handlungsalternativen

(kooperativ versus nicht kooperativ handeln) der Spieler A und B ergibt (s. Kap.

2.3.2.1). In der vorliegenden Arbeit wurden zwei spezifische Spiele und zwar

die beiden Spieltypen „Gefangenendilemma“ und „Konvergenzspiel“ als

unabhängige Variablen bei den Hypothesen H1 und H2 herangezogen. Der SEP

wurde entworfen, um zu untersuchen, ob die Upn. in der Lage sind, eine

intraorganisationale Gefangenendilemma- oder Konvergenzspielsituation im Be-

zug auf die Auszahlungen des Spiels so einzuschätzen, wie es die Spieltheorie

vorgibt und somit die wahrgenommene mit der spieltheoretischen Rangordnung

der Auszahlungen (s. Kap. 2.3.4) übereinstimmt. An dieser Untersuchung nah-

men 153 Personen teil. Es konnte festgestellt werden, dass sowohl die Test-

Page 40: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

308

Retestreliabilität als auch die Paralleltestreliabilität des SEP sehr zufrieden-

stellend ausfiel.

Die Ergebnisse zeigten, dass die Rangordnung der Auszahlungen und auch alle

weiteren Eigenschaften beim Konvergenzspiel im Sinne der Hypothesen H14 und

H18 bis H20 bestätigt werden konnten. Somit kann davon ausgegangen werden,

dass die Upn. die im SEE vorgegebenen intraorganisationalen Konvergenzspiel-

Situationen (s. Situationsbeschreibung 1 und 3, Anhang B und C) auch als

Konvergenzspiele wahrgenommen haben. Bei den intraorganisationalen Gefan-

genendilemma-Situationen konnten allerdings nicht alle Hypothesen bestätigt

werden. Es zeigte sich, dass sich entgegen der Hypothese H13 und H17 die Rang-

ordnung der Auszahlungen des Spiels änderte und sich im Nash-Gleichgewicht

eine pareto-optimale Lösung befand. Diese Änderung der Rangordnung ist ver-

mutlich auf den Einfluss der Organisation zurückzuführen (s. Kap. 6.4.5).

6.7 Abschließende Bemerkungen

In der vorliegenden Arbeit wurde die Einflussnahme der Mitglieder einer Orga-

nisation unter Berücksichtigung persönlicher und situativer Faktoren untersucht.

Die Ergebnisse zeigten, dass die persönlichen Merkmale, wie das Geschlecht,

das Macht- und Anschlussmotiv und die Antworttendenz „Soziale Erwünscht-

heit“ einer Person die Wahl von unterschiedlichen Einflusstaktiken bzw. -

strategien determinieren. Weiterhin wurde deutlich, dass nicht nur persönliche

sondern auch situative Faktoren, wie der Spiel- und Kontexttyp, die Wahl von

Einflusstaktiken und -strategien beeinflussen.

Zur Untersuchung der situativen Faktoren wurde in der vorliegenden Arbeit ein

Situationsfragebogen mit acht spieltheoretisch fundierten Situationsbeschrei-

bungen konzipiert. Engelhart (1994b, S. 182) empfahl bereits einen an der

Spieletypologie orientierten Fragebogen zu entwickeln, um zu untersuchen, ob

sich die wahrgenommenen Spieltypen auf die Wahl von Einflusstaktiken aus-

Page 41: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

309

wirken, „nicht zuletzt deshalb, weil die von den Akteuren unterschiedlich defi-

nierten Spielregeln die persönlichen Handlungsspielräume (scheinbar) einengen

und damit über “Erfolg“ oder “Mißerfolg“ von sozialer Einflußnahme bzw.

Mikropolitik entscheiden“ (ebd., S. 182). Mikropolitische Vorgehensweisen sind

somit entscheidend von situativen Faktoren, wie beispielsweise dem Spieltyp,

abhängig.

In Anlehnung an Neuberger (2006, S. 191) ist Mikropolitik, wie es häufig

angenommen wird (s. Kap. 1), kein Störfall, sondern eine Bedingung dafür, dass

ein Unternehmen überhaupt funktioniert, da die Organisation nicht alle Bereiche

und Prozesse im Betrieb vorab regeln bzw. kontrollieren kann. Organisationen

haben daher „eine Reihe von Mechanismen entwickelt; einer davon ist, den

Akteuren Handlungsspielraum zu geben“ (ebd., S. 191). Gemäß Koch, Kaschu-

be und Fisch (2003, S. 4) verdeutlicht das Konzept der Eigenverantwortung den

Sachverhalt, dass das Handeln der Individuen weniger reglementiert bzw.

kontrolliert und den Akteuren somit ein größerer Handlungsspielraum einge-

räumt wird. Das Eigenverantwortungskonzept geht davon aus, dass der gegen-

seitige Einfluss der Organisationsmitglieder zunehmen und der der Organisation

abnehmen sollte.

Gemäß Neubauer & Rosemann (2006, S. 211 f.) und Winterhoff-Spurk (2002, S.

11) vergrößert sich der Handlungsspielraum der Organisationsmitglieder in der

heutigen Organisation stetig und spielt daher eine immer wichtigere Rolle. Wie

kann aber die Organisation bei einem immer größer werdenden Handlungs-

spielraum dafür sorgen, dass die Interessen der Organisation, welche nicht

immer mit den Interessen der Organisationsmitglieder übereinstimmen (s. Kap.

1), dennoch durchgesetzt werden. An dieser Stelle kommt die Mechanismus-

Design-Theorie, für welche den drei Forschern Leonid Hurwicz, Eric S. Maskin

und Roger B. Myerson im Jahr 2007 der Wirtschafts-Nobelpreis (vgl. Nobel-

prize Organization, 2008) verliehen wurde, zum Tragen.

Page 42: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

310

Die Mechanismus-Design-Theorie wendet die spieltheoretische Analyse rück-

wärts an (vgl. Rieck, 2007). Bei dieser Theorie fragt man sich nicht, wie ein

Spieler ein bestimmtes Spiel spielen wird, sondern wie man ein Spiel gestalten

(designen) sollte, damit bestimmte Handlungen (z. B. kooperative vs. nicht

kooperative Handlung) ausgeführt werden. Die Herausforderung bei der Gestal-

tung des Spiels liegt darin, dass die Spieler freiwillig die gewünschte Handlung

antizipieren (ebd.). Das Spiel wird durch bestimmte Regeln so gestaltet, dass für

den Designer ein gewünschtes Spielergebnis erzielt werden kann.

Die Regeln müssen so gestaltet werden, dass die gewünschten Handlungen der

Spieler ein Nash-Gleichgewicht ergeben (ebd.). Bei einem nicht kooperativen

Spiel, wie beispielsweise beim Gefangenendilemma, werden die Spieler frei-

willig die nicht kooperative Handlung wählen, da sich das Nash-Gleichgewicht

in dem Feld befindet, in welchem beide Spieler nicht kooperativ handeln (s.

Kap. 2.3.4.1). Bei einem kooperativen Spiel, wie beispielsweise beim Kon-

vergenzspiel, befindet sich hingegen das Nash-Gleichgewicht in dem Feld, in

welchem beide Spieler kooperativ handeln (s. Kap. 2.3.4.2).

In der vorliegenden Arbeit wurde allerdings festgestellt, dass der Spieltyp (ko-

operativer vs. nicht kooperativer Spieltyp) auch einen entscheidenden Einfluss

auf die Wahl der Einflussstrategie der Organisationsmitglieder ausübt. Je „nach

der Struktur und den „Regeln“ der Spiele, an denen sie in der Organisation

teilnehmen, können die Strategien also mehr oder minder variabel sein: sie

können mehr oder weniger riskant, mehr oder weniger aggressiv oder, im

Gegenteil, mehr oder weniger defensiv sein“ (Crozier & Friedberg, 1979, S. 71).

Es konnte festgestellt werden, dass in einem kooperativen Spiel (Konvergenz-

spiel) bevorzugt die weiche Einflussstrategie eingesetzt wurde. Weiche Einfluss-

mittel sind dadurch gekennzeichnet, dass sie den Einflussadressaten mehr Frei-

heiten und somit einen größeren Handlungsspielraum einräumen (vgl. Knippen-

berg & Steensma, 2003, S. 55). Harte Einflussmittel werden hingegen häufiger

in nicht kooperativen Spielen (Gefangenendilemma) herangezogen. Harte Ein-

Page 43: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

311

flussmittel basieren auf Zwang und Kontrolle und erzeugen Spannungen zwi-

schen den Beeinflussenden und den Einflussadressaten (ebd., s. hierzu auch

Kap. 2.2. 2.2).

Bei den Einflussadressaten ruft der Einsatz bestimmter Macht- bzw. Einfluss-

mittel Ärger, Wut und Reaktanz hervor (vgl. Scholl, 2004, S. 545), was

insbesondere bei den harten Einflussmitteln der Fall sein dürfte. Die Pioniere der

Reaktanzforschung argumentieren: „in general, as the magnitude of influence

pressure increases, threat to freedom and consequent reactance arousal should

increase and positive influence should decrease“ (Brehm & Brehm, 1981, S.

152). Des Weiteren verschlechtert sich in Anlehnung an Scholl (2004, S. 548)

das (Arbeits-)Klima auf der Beziehungsebene. Gandz und Murray (1980, S. 242

f.) konnten belegen, dass die wahrgenommenen politischen Aktivitäten in einer

Organisation negativ mit der Arbeitszufriedenheit korrelieren (r = -.21, p <

.001).

Hieraus ergibt sich die Konsequenz, dass die Gestaltung von nicht kooperativen

Spielen zwar zu einer nicht kooperativen Handlung seitens der beteiligten

Spieler führt, welche für die Organisation unter Umständen wünschenswert ist

(s. Kap. 6.4.5), aber dies zu Lasten der Arbeitszufriedenheit geht und nicht im

Sinne der Humanisierung der Arbeit ist. Die Organisationen sollten daher bei

der Gestaltung von Arbeitssituationen im Sinne von Spielen berücksichtigen,

dass nicht kooperative Spiele, wie z. B. das Gefangenendilemma, die Arbeitszu-

friedenheit der Organisationsmitglieder durch den erhöhten Einsatz harter mi-

kropolitischer Einflussmittel negativ beeinträchtigen könnten.

Die aus der vorliegenden Arbeit resultierenden Erkenntnisse könnten in der

Praxis in speziellen Kommunikations- und Führungstrainings innerhalb eines

Unternehmens thematisiert werden. Hierdurch könnten die Führungskräfte sen-

sibilisiert werden, wie und warum sich die Mitarbeiter oder Geschäftspartner

unter bestimmten persönlichen und situativen Voraussetzungen bzw. Bedin-

Page 44: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

312

gungen verhalten. Des Weiteren könnten Führungskräfte die Erkenntnisse nut-

zen, um das Handeln (kooperatives vs. nicht kooperatives Handeln) aber auch

das Einflussverhalten, welches durch bestimmte Einflusstaktiken bzw. -strate-

gien geprägt ist, im Sinne der Organisation zu steuern. Hierzu könnten die

Führungskräfte verbindliche Regeln (s. Kap. 2.3.1.2) einführen, welche die

Bedingungen der (Spiel-)Situation determinieren und somit die Auszahlungen

des Spiels (s. Kap. 2.3.2.1) festlegen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die vorliegende Arbeit einen innova-

tiven Beitrag zur Untersuchung von mikropolitischen Verhaltensweisen in Orga-

nisationen unter Verwendung mikropolitischer und spieltheoretischer Konzepte

leistet. Im Theorieteil wurden zunächst unterschiedliche Ansätze vorgestellt,

welche sich mit Macht und Einfluss in Organisationen auseinandersetzen. In

Anlehnung an die Theorie (s. Kap 2.2.1) wird Einfluss als die Realisation von

Macht und die Einflusstaktiken, welche in der vorliegenden Arbeit explizit

untersucht wurden, als die Art und Weise des Einflusses verstanden. Die

unterschiedlichen Einflusstaktiken lassen sich wiederum in unterschiedliche

Basisstrategien unterteilen (s. Kap. 2.2.2.2), wobei die vorliegende Arbeit

zwischen der harten und weichen Einflussstrategie unterscheidet.

Es wurde weiterhin deutlich, dass mikropolitische Verhaltensweisen (Einsatz

von Einflusstaktiken bzw. -strategien) sowohl durch persönliche als auch durch

situative Faktoren beeinflusst werden. Um die situativen Faktoren, welche in

vergangenen Forschungsarbeiten häufig sehr wenig untersucht wurden, hin-

reichend präzise zu berücksichtigen, wurde die Spieltheorie herangezogen (s.

Kap. 2.3.2 bis 2.3.4). Durch die Verwendung spieltheoretischer Konzepte war es

möglich, bestimmte Situationsbedingungen in Form von Situationsbeschrei-

bungen zu formalisieren. Mithilfe eines Situationsfragebogens (SEE) wurden

acht solcher Situationsbeschreibungen konzipiert und den Upn. vorgelegt. Um

zu überprüfen, ob die Upn. tatsächlich die jeweiligen Situationsbeschreibungen

in Bezug auf die Auszahlungen des Spiels (s. Kap. 2.3.2.1) so wahrnehmen, wie

Page 45: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

6. Zusammenfassende Diskussion

313

es die Spieltheorie vorgibt, wurde ein weiterer innovativer Situationsfragebogen

(SEP) entwickelt. Die Verwendung der Situationsfragebogentechnik mithilfe der

Spieltheorie könnte in zukünftigen Forschungsarbeiten einen weiteren Beitrag

zur Untersuchung von mikropolitischen Verhaltensweisen unter Berücksichti-

gung situativer Faktoren leisten. Dabei könnten die in Abschnitt 6.5 berichteten

Einschränkungen dieser Studie dazu dienen, die Untersuchung der Wahl von

Einflusstaktiken z. B. in Bezug auf die Einflussrichtung (vertikal) oder die

Betrachtung dynamischer Spiele, zu erweitern.

Page 46: 6 Zusammenfassende Diskussion - content.schweitzer …content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media... · Einflusstaktik „rationales Argumentieren“ bei den vier

7. Literaturverzeichnis

314

7 Literaturverzeichnis

Abele, A. & Petzold, P. (1996). Asymmetrical evaluation of ingroup versus outgroup members: a look from an information integration perspective. European Journal of Social Psychology, 26, 219-231.

Aguinis, H.; Nesler, M. S.; Hosoda, M. & Tedeschi, J. T. (1993). The use of influence tactics in persuasion. The Journal of Social Psychology, 134,429-438.

Al-Ani, A. (1993). Machtspiele in Organisationen. Eine Ergänzung marktlicher und hierarchischer Regelsysteme. Journal für Betriebswirtschaft, 39,130-154.

Allmendinger, J. & Hinz, T. (2002). Perspektiven der Organisationspsycholo-gie. In J. Allmendinger, T. Hinz (Hrsg.), Organisationssoziologie.(S. 9-28). Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.

Amann, E. (1999). Evolutionäre Spieltheorie. Grundlagen und neue Ansätze.Heidelberg: Physica-Verlag.

Anderson, J. C. & Gerbing D. W. (1988). Structural Equation Modeling in practice: a review and recommended two-step approach. PsychologicalBulletin, 103, 411-423.

Ansari, M. A. (1990). Managing people at work. Leadership styles and influence strategies. London: Sage.

Avedon, E. M. (1981). The structural elements of games. In A. Furnham & M. Argyle (Eds.). The psychology of social situations. Selected readings.(pp. 11-17). New York: Pergamon Press.

Axelrod, R. (2005). Die Evolution der Kooperation. Studienausgabe (6. Auf-lage). München: Oldenbourg. (Orig. 1984, The evolution of cooperation. New York: Basic Books).

Barbuto, J. E.; Fritz, S. M. & Marx, D. (2002). A field examination of two measures of work motivation as predictors of leaders’ influence tactics. The Journal of Social Psychology, 142, 601-616.


Recommended