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6. Unbesiegte Gegner, ehrgeizige Schüler. Erblasten der ... · die sich in Rechtsprinzipien...

Date post: 01-Sep-2019
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VL Eine unvermeidbare Zerstörung? Die letzte Phase der Römischen Republik Sommer 2008 6. Unbesiegte Gegner, ehrgeizige Schüler. Erblasten der sullanischen Ordnung 1 6. Unbesiegte Gegner, ehrgeizige Schüler. Erblasten der sullanischen Ordnung Konsuln 78: Q. Lutatius Catulus, M. Aemilius Lepidus „kurzgeschürzte Idee“: A. HEUSS, Das Zeitalter der Revolution (s. Lit.-übers.), 231 senatus consultum ultimum – Erklärung des Notstandes durch den Senat (Sall. Hist. 1,77 M, Übers.: A. Lambert) Deshalb stelle ich folgenden Antrag: Da Marcus Lepidus eigenmächtig ein Heer ausgerüstet hat, das er zusammen mit Verbrechern und Staatsfeinden gegen den Willen dieses Standes zur Stadt hin führt, soll der Interrex Appius Claudius mit dem Prokonsul Quintus Catulus und den übrigen, die Kommandogewalt haben, die Stadt schützen und dafür Sorge tragen, daß dem Staat kein Schaden zustoße.“ Lit. zu Cn. (= Gnaeus) Pompeius Magnus: Werner DAHLHEIM. Gnaeus Pompeius Magnus – „immer der erste zu sein und die anderen überragend“, in: Hölkeskamp, Stein-Hölkeskamp (Hgg.), Von Romulus zu Augustus (s. Lit.-übers.), 230-49 Matthias GELZER, Pompeius, Stuttgart 4 1994 (zuerst 1949) Karl CHRIST, Pompeius. Der Feldherr Roms. Eine Biographie, München 2004 Herbert HEFTNER, Plutarch und der Aufstieg des Pompeius. Ein historischer Kommentar zu Plutarchs Pompeiusvita, Kap. 1-45, Frankfurt/M. u.a. 1995 (zur Hauptquelle). Imperium [DNP 5, 1998, 955-958 (gekürzt)] Im weiteren Sinne die allg. mil. Kommandogewalt eines beliebigen (auch nichtröm.) Befehlshabers; i.e.S. die mil. Befehlsgewalt der höchsten Beamten Roms (Consul, Praetor, Dictator, Magister equitum). (...) In der späten Republik bezeichnet i. schließlich die gesamte Amtsgewalt, d.h. es steht nun für die Einheit von mil. und ziviler magistratischer Gewalt. (...) Die I.-Träger werden in der urspr. Heeresver- sammlung (comitia centuriata) vom röm. Volk ge- wählt. Sie erhalten mit dieser Wahl auch das Recht der Götterbefragung (Auspizien). Ihre mil. Kompe- tenz (auspicia militaria) müssen sie jedoch nach Amtsantritt durch ein Gesetz in der Kurienversamm- lung (comitia curiata) bestätigen lassen (sog. lex curiata de imperio). Dieses Gesetz ist ein Relikt älte- rer Zeit, als die Wahlen der höchsten Beamten noch in dieser Volksversammlung vorgenommen wurden. Die äußeren Zeichen der Amtsgewalt röm. Magistrate cum imperio sind die ihnen vorangehenden Lictoren mit den Rutenbündeln (fasces), in die außerhalb Roms auch das Beil als Hoheitssymbol hineinge- nommen wird. Die Zahl der fasces richtet sich nach dem Rang der Beamten (Dictator: 24, Consul: 12, Praetor: 6). (...) Wie alle Beamten unterliegen auch die I.-Träger verschiedenen Kontrollmechanismen, die sich in Rechtsprinzipien ausdrücken: Prinzip der Annuität und Kollegialität, Verbot der Kontinuation und Iteration des Amtes sowie der Kumulation von Ämtern. Gegenüber niederen Beamten besitzen die ranghöheren das Verbietungsrecht (ius intercessionis, intercessio). Ihre Amtsgewalt wird daher im Rahmen dieses Bezugssystems als potestas (maior gegenüber minor) charakterisiert. In der Republik ist eine wesentliche Aufgabe der Magistrate cum imperio die vorwiegend mil., aber auch immer mehr administrative Tätigkeit im außer- städtischen Bereich (militiae). Da durch die zunehmende Entfernung der Amtsbereiche die Aufgaben von den amtierenden I.-Trägern kaum noch bewältigt werden können, werden von der Mitte des 3. Jh. v.Chr. an neue Beamtenstellen geschaffen (praetor peregrinus, Praetoren für die neu eingerichteten Provinzen Sicilia, Sardinia et Corsica, Hispania citerior und Hispania ulterior). Bevorzugt wird jedoch die seit 327/26 praktizierte Verlängerung der Amtsgewalt über das reguläre Amtsjahr hinaus (prorogatio imperii), die in der Regel von Senat und Volk beschlossen wird. Die gewesenen Magistrate sind nun, »anstelle eines Consuls« (pro consule) oder »anstelle eines Praetors« (pro praetore) Promagistrate, die im außerstädtischen Bereich weiterhin zumeist als mil. Befehlshaber tätig sind. Sie sind den ordentlichen Ober- beamten gleichen Ranges nachgeordnet. Ihre Tätigkeit ist entsprechend ihres Auftrags von unterschiedlicher Dauer. Unabhängig hiervon erlischt ihr proconsularisches oder propraetorisches i. mit dem Überschreiten der röm. Stadtgrenze (pomerium). Promagistrate, denen ein Triumph in Rom zuerkannt wird, erhalten daher für einen Tag durch besonderen Volksbeschluß das i. im Bereich domi. Seit Cornelius Sulla erfolgt eine geogr. Trennung der magistratischen Aufgabenbereiche. Ihr reguläres Amtsjahr haben jetzt die I.-Träger in Rom selbst (domi) abzuleisten. Anschließend folgt ein weiteres Jahr als Pro- magistrat im außerstädtischen Bereich (militiae), d.h. als Statthalter in den röm. Provinzen. Durch diese [faktische, nicht rechtliche! Anm. U.W.] Trennung verlieren die Oberbeamten jedoch nicht ihr i. militiae. Die mil. Kommandogewalt kommt in den Jahren zw. 80 und 49 v.Chr. weiterhin zum Tragen. Durch ein senatus consultum d.J. 53 und eine lex Pompeia d.J. 52 werden Magistratur und Promagistratur durch ein 5jähriges Intervall voneinander getrennt. Die Promagistratur verliert nun den Charakter einer verlängerten Amtsgewalt, das proconsularische und propraetorische i. werden damit Standardnachschlagewerk für alle Amtsträger der röm. Republik (jahrweise geordnet): T.R.S. BROUGHTON, The Magistrates of the Roman Republic. 2 Bde., New York 1952, Suppl. 1986 Quare ita censeo, quoniam <M.> Lepidus exercitum privato consilio paratum cum pessumis et hostibus rei publicae contra huius ordinis auctoritatem ad urbem ducit, uti Ap. Claudius interrex cum Q. Catulo pro consule et ceteris quibus imperium est urbi praesidio sint operamque dent ne quid res publica detrimenti capiat.
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Page 1: 6. Unbesiegte Gegner, ehrgeizige Schüler. Erblasten der ... · die sich in Rechtsprinzipien ausdrücken: Prinzip der Annuität und Kollegialität, Verbot der Kontinuation und Iteration

VL Eine unvermeidbare Zerstörung? Die letzte Phase der Römischen Republik Sommer 2008

6. Unbesiegte Gegner, ehrgeizige Schüler. Erblasten der sullanischen Ordnung 1

6. Unbesiegte Gegner, ehrgeizige Schüler. Erblasten der sullanischen Ordnung • Konsuln 78: Q. Lutatius Catulus, M. Aemilius Lepidus

„kurzgeschürzte Idee“: A. HEUSS, Das Zeitalter der Revolution (s. Lit.-übers.), 231

• senatus consultum ultimum – Erklärung des Notstandes durch den Senat (Sall. Hist. 1,77 M, Übers.: A. Lambert)

Deshalb stelle ich folgenden Antrag: Da Marcus Lepidus eigenmächtig ein Heer ausgerüstet hat, das er zusammen mit Verbrechern und Staatsfeinden gegen den Willen dieses Standes zur Stadt hin führt, soll der Interrex Appius Claudius mit dem Prokonsul Quintus Catulus und den übrigen, die Kommandogewalt haben, die Stadt schützen und dafür Sorge tragen, daß dem Staat kein Schaden zustoße.“

• Lit. zu Cn. (= Gnaeus) Pompeius Magnus: Werner DAHLHEIM. Gnaeus Pompeius Magnus – „immer der erste zu sein und die anderen überragend“, in:

Hölkeskamp, Stein-Hölkeskamp (Hgg.), Von Romulus zu Augustus (s. Lit.-übers.), 230-49 Matthias GELZER, Pompeius, Stuttgart 41994 (zuerst 1949) Karl CHRIST, Pompeius. Der Feldherr Roms. Eine Biographie, München 2004 Herbert HEFTNER, Plutarch und der Aufstieg des Pompeius. Ein historischer Kommentar zu Plutarchs Pompeiusvita,

Kap. 1-45, Frankfurt/M. u.a. 1995 (zur Hauptquelle).

• Imperium [DNP 5, 1998, 955-958 (gekürzt)] Im weiteren Sinne die allg. mil. Kommandogewalt eines beliebigen (auch nichtröm.) Befehlshabers; i.e.S. die mil. Befehlsgewalt der höchsten Beamten Roms (Consul, Praetor, Dictator, Magister equitum). (...) In der späten Republik bezeichnet i. schließlich die gesamte Amtsgewalt, d.h. es steht nun für die Einheit von mil. und ziviler magistratischer Gewalt. (...) Die I.-Träger werden in der urspr. Heeresver-sammlung (comitia centuriata) vom röm. Volk ge-wählt. Sie erhalten mit dieser Wahl auch das Recht der Götterbefragung (Auspizien). Ihre mil. Kompe-tenz (auspicia militaria) müssen sie jedoch nach Amtsantritt durch ein Gesetz in der Kurienversamm-lung (comitia curiata) bestätigen lassen (sog. lex curiata de imperio). Dieses Gesetz ist ein Relikt älte-rer Zeit, als die Wahlen der höchsten Beamten noch in dieser Volksversammlung vorgenommen wurden. Die äußeren Zeichen der Amtsgewalt röm. Magistrate cum imperio sind die ihnen vorangehenden Lictoren mit den Rutenbündeln (fasces), in die außerhalb Roms auch das Beil als Hoheitssymbol hineinge-nommen wird. Die Zahl der fasces richtet sich nach dem Rang der Beamten (Dictator: 24, Consul: 12, Praetor: 6). (...) Wie alle Beamten unterliegen auch die I.-Träger verschiedenen Kontrollmechanismen, die sich in Rechtsprinzipien ausdrücken: Prinzip der Annuität und Kollegialität, Verbot der Kontinuation und Iteration des Amtes sowie der Kumulation von Ämtern. Gegenüber niederen Beamten besitzen die ranghöheren das Verbietungsrecht (ius intercessionis, intercessio). Ihre Amtsgewalt wird daher im Rahmen dieses Bezugssystems als potestas (maior gegenüber minor) charakterisiert. In der Republik ist eine wesentliche Aufgabe der Magistrate cum imperio die vorwiegend mil., aber auch immer mehr administrative Tätigkeit im außer-

städtischen Bereich (militiae). Da durch die zunehmende Entfernung der Amtsbereiche die Aufgaben von den amtierenden I.-Trägern kaum noch bewältigt werden können, werden von der Mitte des 3. Jh. v.Chr. an neue Beamtenstellen geschaffen (praetor peregrinus, Praetoren für die neu eingerichteten Provinzen Sicilia, Sardinia et Corsica, Hispania citerior und Hispania ulterior). Bevorzugt wird jedoch die seit 327/26 praktizierte Verlängerung der Amtsgewalt über das reguläre Amtsjahr hinaus (prorogatio imperii), die in der Regel von Senat und Volk beschlossen wird. Die gewesenen Magistrate sind nun, »anstelle eines Consuls« (pro consule) oder »anstelle eines Praetors« (pro praetore) Promagistrate, die im außerstädtischen Bereich weiterhin zumeist als mil. Befehlshaber tätig sind. Sie sind den ordentlichen Ober-beamten gleichen Ranges nachgeordnet. Ihre Tätigkeit ist entsprechend ihres Auftrags von unterschiedlicher Dauer. Unabhängig hiervon erlischt ihr proconsularisches oder propraetorisches i. mit dem Überschreiten der röm. Stadtgrenze (pomerium). Promagistrate, denen ein Triumph in Rom zuerkannt wird, erhalten daher für einen Tag durch besonderen Volksbeschluß das i. im Bereich domi. Seit Cornelius Sulla erfolgt eine geogr. Trennung der magistratischen Aufgabenbereiche. Ihr reguläres Amtsjahr haben jetzt die I.-Träger in Rom selbst (domi) abzuleisten. Anschließend folgt ein weiteres Jahr als Pro-magistrat im außerstädtischen Bereich (militiae), d.h. als Statthalter in den röm. Provinzen. Durch diese [faktische, nicht rechtliche! Anm. U.W.] Trennung verlieren die Oberbeamten jedoch nicht ihr i. militiae. Die mil. Kommandogewalt kommt in den Jahren zw. 80 und 49 v.Chr. weiterhin zum Tragen. Durch ein senatus consultum d.J. 53 und eine lex Pompeia d.J. 52 werden Magistratur und Promagistratur durch ein 5jähriges Intervall voneinander getrennt. Die Promagistratur verliert nun den Charakter einer verlängerten Amtsgewalt, das proconsularische und propraetorische i. werden damit

Standardnachschlagewerk für alle Amtsträger der röm. Republik (jahrweise geordnet): T.R.S. BROUGHTON, The Magistrates of the Roman Republic. 2 Bde., New York 1952, Suppl. 1986

Quare ita censeo, quoniam <M.> Lepidus exercitum privato consilio paratum cum pessumis et hostibus rei publicae contra huius ordinis auctoritatem ad urbem ducit, uti Ap. Claudius interrex cum Q. Catulo pro consule et ceteris quibus imperium est urbi praesidio sint operamque dent ne quid res publica detrimenti capiat.

Page 2: 6. Unbesiegte Gegner, ehrgeizige Schüler. Erblasten der ... · die sich in Rechtsprinzipien ausdrücken: Prinzip der Annuität und Kollegialität, Verbot der Kontinuation und Iteration

VL Eine unvermeidbare Zerstörung? Die letzte Phase der Römischen Republik Sommer 2008

6. Unbesiegte Gegner, ehrgeizige Schüler. Erblasten der sullanischen Ordnung 2

faktisch vom regulären Oberamt losgelöst. (...) Das proconsularische i. der Triumvirn und des Princeps geht zurück auf die außerordentlichen Kommandos der späten Republik. Die unbewältigten Probleme eines großen Herrschaftsgebietes, aber auch der polit. Ehrgeiz führender Aristokraten Roms er-zwingt die Übertragung von solchen imperia extraor-dinaria oder infinita an einzelne Persönlichkeiten, die zumeist als Promagistrate oder privati proconsulari-schen Ranges über eine provinzübergreifende Mili-tärgewalt verfügen (Cn. Pompeius, C. Iulius Caesar). Diese außerordentliche Gewalt im Bereich militiae konkurriert mit dem i. der einzelnen Provinzstatthal-

ter, sie ist kein i. maius. Vorstöße zur Verleihung eines solchen übergeordneten Kommandos (57 und 43 v.Chr.; Cic. Att. 4,1,7; Cic. Phil. 11,30) sind nicht erfolgreich. Erst in der Prinzipatszeit findet sich das i. maius im Sinne einer potestas maior gegenüber den Proconsuln. In den Bürgerkriegen verbindet dann das Triumvirat (43-33 v.Chr.) aufgrund der lex Titia als Sondergewalt neben dem Consulat die proconsularische Befehlsgewalt, die über mehrere Provinzen gebietet, mit magistratischen Befugnissen innerhalb des pomerium. Die sullanische Trennung der Amtsbereiche, domi und militiae, wird mit dieser Regelung beseitigt. (...)

Loretana de Libero

• Pompeius’ Alexanderlocke: Plutarch, Pompeius 2,1

• Egon Flaig über Pompeius’ Sonderstellung: E. FLAIG, Politik in der späten römischen Republik. Kurs- einheit 2: Von Sulla bis zu Cäsars Konsulat. Studienbrief der Fernuniversität Hagen 1999, 70.

• Krieg des Q. Sertorius (80-72) als Nachspiel des Bürgerkriegs zw. Marianern und Sulla: Plin. nat. 7,96; vgl. Flor. 2,10,22: Bellum Sertorianum quid amplius quam Sullanae proscriptionis hereditas fuit?

• Ernst BADIAN, Foreign Clientelae (1958) • Zum Spartakus-Aufstand: Antonio Guarino, SPARTAKUS. Analyse eines Mythos, München 1980 • Sklavenaufstände: K. BRADLEY, Slavery and Rebellion in the Roman World, 140 BC-70 BC, London

1990; DERS., OCD3 1415-1417 s.v. slavery, Roman. • Cicero über die Restituierung des Volkstribunats (Cic. Verr. 1,44, Übers.: M. Fuhrmann)

Denn aus keinem anderen Grunde hat das römische Volk mit solcher Heftigkeit die tribunizische Gewalt zurück-verlangt; als es sie forderte, schien es dem Wortlaut nach sie selbst zu fordern, doch forderte es in Wahrheit die Gerichtsbarkeit. Das entging auch dem Scharfblick des erlauchten Q. Catulus nicht; als unser tatkräftiger und hochberühmter Cn. Pompeius die Frage der tribunizischen Gewalt vor den Senat brachte und Catulus gebeten wurde, seine Meinung zu äußern, da ließ er gleich zu Anfang die folgenden höchst bedeutsamen Worte vernehmen: es sei ärgerlich und schandbar, wie die versammelten Väter die Gerichtsbarkeit ausübten; wären sie bereit gewesen, bei ihren Urteilssprüchen den Erwartungen des römischen Volkes Genüge zu tun, dann hätten die Leute nicht so lebhaft die tribunizische Gewalt vermißt. Als schließlich Cn. Pompeius selbst in der ersten Versammlung, die er, der künftige Konsul, vor den Toren der Stadt abhielt (Ende 71 v.Chr.), das ankündigte, was man am meisten von ihm zu erwarten schien, die Wiedereinsetzung der tribunizischen Gewalt, da erhob sich unter den Teilneh-mern ein Raunen und beifälliges Gemurmel. Doch erst als er in derselben Versammlung erklärte, man habe die Provinzen ausgeplündert und schwer heimgesucht, das Gerichtswesen werde schändlich und schmachvoll ver-waltet, und für diesen Mißstand wolle er Rat und Abhilfe schaffen, da bekundete das römische Volk nicht durch ein Raunen, sondern durch lautes Geschrei seine Zu-stimmung.

Neque enim ullam aliam ob causam populus Romanus tribuniciam potestatem tanto studio requisivit. quam cum poscebat, verbo illam poscere videbatur, re vera iudicia poscebat. neque hoc Q. Catulum hominem sapientissimum atque amplissimum fugit, qui Cn. Pompeio viro fortissimo et clarissimo de tribunicia potestate referente cum esset sententiam rogatus, hoc initio est summa cum auctoritate usus, patres conscriptos iudicia male et flagitiose tueri; quodsi in rebus iudicandis populi Romani existimationi satisfacere voluissent, non tanto opere homines fuisse tribuniciam potestatem desideraturos. (45) ipse denique Cn. Pompeius cum primum contionem ad urbem consul designatus habuit, ubi id quod maxime exspectari videbatur ostendit se tribuniciam potestatem restituturum, factus est in eo strepitus et grata contionis admurmuratio. idem in eadem contione cum dixisset populatas vexatasque esse provincias, iudicia autem turpia ac flagitiosa fieri; ei rei se providere ac consulere velle: tum vero non strepitu, sed maximo clamore suam populus Romanus significavit voluntatem.

Page 3: 6. Unbesiegte Gegner, ehrgeizige Schüler. Erblasten der ... · die sich in Rechtsprinzipien ausdrücken: Prinzip der Annuität und Kollegialität, Verbot der Kontinuation und Iteration

VL Eine unvermeidbare Zerstörung? Die letzte Phase der Römischen Republik Sommer 2008

6. Unbesiegte Gegner, ehrgeizige Schüler. Erblasten der sullanischen Ordnung 3

• Weitere Ereignisse i.J. 70 (Cn. Pompeio M. Licinio consulibus): – Wahl zweier Censoren (Cn. Lentulus und L. Gellius), die 64 Senatoren aus dem Senat entfernen – Besetzung der Geschworenenbänke nunmehr drittelparitätisch mit Senatoren, Rittern und sog. Ärartribunen (lex Aurelia) – Prozeß gegen C. Verres wg. Amtsmißbrauch und zahlreicher anderer Verbrechen in Sizilien; Ankläger: Cicero. – Zur Sache einführend: W. EDER, Strafsachen in Geschworenengerichten. Die Prozesse wegen Erpressung römischer Untertanen und Verbündeter (Repetundenprozesse), in: U. Manthe, J. von Ungern-Sternberg (Hg.), Große Prozesse der römischen Antike, München 1997, 13-27. _____________________________________________________________________________________

• Karte: Spartacusaufstand (aus: Rigobert GÜNTHER, Der Aufstand des Spartacus. Die großen sozialen Bewegungen der Sklaven und Freien am Ende der römischen Republik, Berlin [Ost] 1979, 35) Die Ziele der Sklaven (aus: Robert v. PÖHLMANN, Geschichte der sozialen Frage und des Sozialismus in der antiken Welt, 3. Auflage, durchgesehen und um einen Anhang vermehrt von Friedrich Oertel. Band 2, München 1925, 403-404. – Pöhlmann [1852-1914] war ein bürgerlicher Althistoriker mit besonderem Interesse für die Soziale Frage, die er nicht den Marxisten überlassen wollte und die seiner Ansicht nach gelöst werden mußte, sollten nicht Revolution und ‘Massenherrschaft’ die Oberhand erlangen. Seine Bücher sind durch eine stark modernisierende Sicht auf die Antike gekennzeichnet.) „Wenn wir im Zeitalter der Gracchen an den furchtbaren Revolutionen der Feld- und Hirtensklaven Siziliens auch das freie Proletariat massen-weise sich beteiligen und plündernd und zerstörend gegen das Eigentum vorgehen sehen, so kann es keinem Zweifel unterliegen, daß auch diesseits der Meerenge bei den zahlreichen Erhebungen der italischen Sklavenherr-schaft der freie Proletarier oft genug Schulter an Schulter in den Kampf gegen die histori-

sche Gesellschaft miteingetreten ist. »Krieg den Palästen, Friede den Hütten« war die Devise, unter der der Sklavenkönig von Enna seine Scharen jahrelang zum Siege gegen die bestehende Gesellschaft führte, um auf ihren Trümmern ein Reich der Gerechtigkeit und der bis dahin Geknechteten und Elenden zu gründen; und eben dies mußte naturgemäß der Parole der Massen des Spartakus und anderer Skla-venführer Italiens sein. Was konnte für diejenigen, für die kein Raum mehr war in der freien Gesellschaft, näher liegen als der Gedanke, bei dieser Gelegenheit auf Kosten ihrer Bedränger einen Platz an der Sonne zurückzugewinnen?“


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