Philosophische Fakultät Institut für Philosophie, Lehrstuhl für Theoretische Philosophie, Dr. Holm Bräuer
5. Metaphysik und Ontologie
1148
1149SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Metaphysik? Was ist das eigentlichMetaphysik? Was ist das eigentlich …
1150SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Wie die Metaphysik zu ihrem Namenkam …kam …
1151SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
MetaphysikMetaphysik
τα μετα τα ϕυσικα
„dasjenige, was nach der Physik kommt“
1152SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Aristoteles (384-322 v. Chr.)
Aristoteles gehört zu den berühmtesten und einflussreichsten Philosophen der griechischen Antike. Er studierte 20 Jahre an Platons Akademie,
t l St d t ät h l L h S ät zuerst als Student, später auch als Lehrer. Später ging er nach Makedonien, wo er Lehrer von Alexander des Großen war. Als Alexander König wurde, kehrte Aristoteles nach Athen zurück und
d h l h h l dgründete seine eigene Philosophenschule, das Lykeion.
Organon; Physik; Metaphysik; NikomachischeOrganon; Physik; Metaphysik; Nikomachische Ethik; Politik
1153SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Die vierzehn Bücher der Metaphysik des Aristoteles Die vierzehn Bücher der Metaphysik des Aristoteles stellen kein einheitliches Werk dar.
1154SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Erstes BuchErstes Buch
Metaphysik Wissenschaft der ersten und obersten Metaphysik = Wissenschaft der ersten und obersten Ursachen oder Prinzipien
1155SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Zweites BuchZweites Buch
Metaphysik Erforschung der WahrheitMetaphysik = Erforschung der Wahrheit
1156SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Sechstes BuchSechstes Buch
Metaphysik Wissenschaft des Seienden als Metaphysik = Wissenschaft des Seienden als Seiendem
1157SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Sechstes und zwölftes BuchSechstes und zwölftes Buch
Metaphysik philosophische Gotteslehre Metaphysik = philosophische Gotteslehre („Theologie“)
1158SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Substanzbücher (Bücher 7 bis 9)Substanzbücher (Bücher 7 bis 9)
Metaphysik Lehre von den ersten Prinzipien der Metaphysik = Lehre von den ersten Prinzipien der wahrnehmbaren und veränderlichen Substanzen
1159SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Wissenschaft vom Seienden als SeiendemWissenschaft vom Seienden als Seiendem
Seiendes in seinen Attributen Seiendes als solchesSeiendes in seinen Attributen Seiendes als solches
Akzidenzien Substanzen(existieren als Hinzukommendes“) (existieren als solche)(existieren als „Hinzukommendes ) (existieren als solche)
veränderliche, wahrnehmbare unveränderliche, göttlicheSubstanz Substanz
Ontologie Theologie
erste Ursachen und Prinzipien erste Ursachen und Prinzipien derder veränderlichen Welt unveränderlichen Substanz
1160SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
metaphysica generalis
allgemeine Ontologie
metaphysica specialisJohann Micraelius(1597-1658)
theologia rationalis(Philosophische Theologie)
cosmologia rationalis(Philosophische Kosmologie)
Christian Wolff(1679-1754)
psychologia rationalis(Philosophische Psychologie)
(1679 1754)
1161SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Die Grundfrage der OntologieDie Grundfrage der Ontologie
1162SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Interessant am Problem der Ontologie istseine Einfachheit. Es kann mit drei deutschenWorten beschrieben werden: „Was gibt es?“Mehr noch, es kann mit einem einzigen Wortbeantwortet werden: „alles“ – und jederwürde diese Antwort als wahr akzeptieren.Doch damit ist noch nicht mehr gesagt alsdass es gibt, was es gibt. Die Möglichkeitverschiedener Auffassungen über einzelneFälle bleibt bestehen und damit hat dann dasProblem auch Jahrhunderte überlebt.
(W.V.O. Quine, „On what there is“)
1163SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Was gibt es?Was gibt es?
Erfassen eines Begriffs Was ist Bedeutung?W i t Wi ?
Erfassen eines Begriffs durch eine reduktive Definition.Was ist Wissen?
Was ist eine Erklärung?
Definition.(philosophische Analyse)
usw.
1164SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Lässt sich die Frage nach demLässt sich die Frage nach dem,was es gibt, auch durch eine philosophischeAnalyse beantworten?Analyse beantworten?
1165SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Wie merkwürdig ist das denn?Wie merkwürdig ist das denn?
1166SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Was bedeutet es dass etwas existiert?Was bedeutet es, dass etwas existiert?
Was bedeutet es, dass etwas existiert?
1167SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Grundbegriffe der allgemeinen Ontologie
ExistenzExistenzModalitätIdentität
Was bedeutet es, dass etwas existiert?
Grundlagen der kategorialen Ontologie
DingeEigenschaften
Was bedeutet es dass etwas existiert?SachverhalteEreignisse
Was bedeutet es, dass etwas existiert?
1168SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Grundbegriffe derGrundbegriffe der allgemeinen Ontologieg g
1169SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
„Was bedeutet es, dass etwas existiert?“
S k t i t “„Sokrates ist.“existentielle Verwendung{x | x = Sokrates} ≠ ∅
„Sokrates ist ein Mensch.“prädikative VerwendungSokrates ∈ {x | x ist ein Mensch}
seinSokrates ∈ {x | x ist ein Mensch}
„Cicero ist Tullius.“IdentitätIdentitätCicero = Tullius
Ein Mensch ist ein Säugetier “„Ein Mensch ist ein Säugetier.inklusive Verwendung{x | x ist ein Mensch} ⊆ {y | y ist ein Säugetier}
1170SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
„Was bedeutet es, dass etwas existiert?“
„Sokrates ist.“existenzielle VerwendungIn der Menge aller, die es gibt, existierteiner, der mit Sokrates identisch ist.
„Sokrates ist ein Mensch.“prädikative VerwendungS k t i t i El t d M d M h
seinSokrates ist ein Element der Menge der Menschen.
„Cicero ist Tullius.“Id i äIdentitätCicero ist identisch mit Tullius.
Ei M h i t i Sä ti “„Ein Mensch ist ein Säugetier.“inklusive VerwendungDie Menge der Menschen ist Teilmenge derMenge der Säugetiere
1171SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Menge der Säugetiere.
Welche Bedeutung hat das PrädikatWelche Bedeutung hat das Prädikat“existieren”?Was bedeutet es, dass etwas ‘existiert’?Was bedeutet es, dass etwas existiert ?
1172SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Kant: Existenz ist keine EigenschaftKant: Existenz ist keine Eigenschaft
1173SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Wenn ich also ein Ding, durch welche und wie viel P ädik t i h ill d k k t d d h d Prädikate ich will … denke, so kommt dadurch, dass ich noch hinzusetze, dieses Ding ist, nicht das mindeste zu dem Dinge hinzu. … Denke ich mir sogar in einem Ding alle Realität außer einer, so sogar in einem Ding alle Realität außer einer, so kommt dadurch, dass ich sage, ein solches mangelhaftes Ding existiert, die fehlende Realität nicht hinzu, sondern es existiert gerade mit d lb M l b h ft t l i h d ht demselben Mangel behaftet, als ich es gedacht habe, sonst würde etwas anderes, als ich dachte, existieren.
Kant, Kritik der reinen Vernunft
1174SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Frege, Russell: Existenz als eineEigenschaft höherer OrdnungEigenschaft höherer Ordnung
1175SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Singulärer TermGenereller Term
Eigenschaften 2 OrdnungEigenschaften 2. Ordnung
Dieser Stuhl ist rot.Dieser Stuhl ist rot.„Rot“ ist eine Eigenschaft 1. Ordnung (Eigenschaft von einem Ding.)
Rot ist eine Farbe.„Farbe“ ist eine Eigenschaft 2. Ordnung(Eigenschaft einer Eigenschaft bzw. Klasse.)
1176SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Eine Eigenschaft 2 Ordnung kann nicht auf Eine Eigenschaft 2. Ordnung kann nicht auf Gegenstände angewendet werden!
# Dieser Stuhl ist eine Farbe.
1177SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Rot ist eine FarbeRot ist eine Farbe.Die Menge der Farben enthält das Element ROT.
Elefanten existieren.Die Menge der Elefanten besitzt mindestens ein gElement.
1178SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Zwerge existieren nichtZwerge existieren nicht.Die Menge der Zwerge besitzt kein Element (ist die leere Menge).g )
Pegasus existiert nicht.Die Menge der … ist leer???
Pegasus ist ein ‚Gegenstand‘!
1179SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Carnap, Quine: Existenzquantor und sprachliches Bezugssystemsprachliches Bezugssystem
1180SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Elefanten existierenElefanten existieren.⇒ Es gibt mindestens ein x, so dass x Elefant ist.
∃x [Elefant (x)]⇒ ∃x [Elefant (x)]
∃ E i t t∃ … Existenzquantorx … gebundene Variable[ ] Sk[...] … Skopus
1181SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Der Quantifikationsbereich [d h die Domäne von Der Quantifikationsbereich [d.h. die Domäne von Gegenständen, die die Variable als Wert annehmen darf] ist abhängig von einer Sprache oder Theorie.darf] ist abhängig von einer Sprache oder Theorie.
FazitFazitDie Antwort auf die Frage nach dem, was es gibt, kann nur relativ zu einem Bezugsrahmen oder einem gSprachsystem beantwortet werden.
1182SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Kenny: Existenz und AktualitätKenny: Existenz und Aktualität
1183SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Dinosaurier existieren nicht mehr obwohl es früher Anthony Kenny
Dinosaurier existieren nicht mehr, obwohl es früher welche gab.
Es gibt zwar Tote, aber die Menschen, die sie mal waren, existieren nicht mehr.waren, existieren nicht mehr.
1184SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Aktualität kann einzelnen Dingen wie ein Prädikat Aktualität kann einzelnen Dingen wie ein Prädikat erster Stufe sowohl zu- als auch abgesprochen werden.werden.
Etwas kann beginnen zu existieren, noch immer Etwas kann beginnen zu existieren, noch immer existieren oder nicht mehr existieren.
1185SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Die alethischen ModalitätenDie alethischen Modalitäten
1186SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Alethisch“ kommt von dem griechischen Wort „Alethisch kommt von dem griechischen Wort „aletheia“und bedeutet „die Wahrheit betreffend“.
Alethische Modalitäten sind daher allgemeine Bestimmungen, die die Wahrheit einer Aussage Bestimmungen, die die Wahrheit einer Aussage betreffen können.
1187SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Eine Aussage ist eine vollständig in sich Eine Aussage ist eine vollständig, in sich abgeschlossene Behauptung, die als ganze wahr oder falsch sein kann.oder falsch sein kann.
Wenn eine derartige Aussage selbst Gegenstand Wenn eine derartige Aussage selbst Gegenstand einer weiteren Bestimmung wird, so dass der daraus resultierende Komplex wiederum eine Aussage ist, dann sagt man, diese Bestimmung stelle eine auf die Aussage angewandte Modalität dar.
1188SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Die Haustür ist offenDie Haustür ist offen.
Es ist möglich dass die Haustür offen istEs ist möglich, dass die Haustür offen ist.Es ist unmöglich, dass die Haustür offen ist.E i t t i d di H tü ff i tEs ist notwenig, dass die Haustür offen ist.
S l h A t M d l Solche Aussagen nennt man Modalaussagen; „notwendig“, „möglich“ usw. alethische Modalitäten.
1189SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Die epistemische Interpretation deralethischen Modalitätenalethischen Modalitäten
1190SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
ontologisch notwendig möglichontologisch notwendig möglichepistemisch a priori a posteriori
Beispiel: 2+2=4 Alle Schwäne sind weiß.
1191SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Nur zu verteidigen wenn jede notwendig Nur zu verteidigen, wenn jede notwendig wahre Aussage eine Aussage ist, die a priori wahr ist; und wenn jede möglich wahre wahr ist; und wenn jede möglich wahre Aussage eine Aussage ist, die a posteriori wahr ist ... und umgekehrt.g
1192SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Kripke über notwendige Sätze aKripke über notwendige Sätze a posteriori und kontingente Sätze a prioripriori
1193SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Goldbachs VermutungGoldbachs VermutungGoldbachs Vermutung besagt, dass jede gerade Zahl, die größer als zwei ist, die Summe von zwei , g ,Primzahlen ist.
Wenn diese Vermutung wahr ist, dann handelt es sich um eine notwendige Wahrheit; wenn sie falsch ist dann ist sie notwendig falschist, dann ist sie notwendig falsch.
Wir wissen nicht, ob sie wahr oder falsch ist.
1194
sse c t, ob s e a ode a sc st
SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Das Urmeter in ParisDas Urmeter in Paris
In Paris liegt ein Stab dessen Länge als Standard In Paris liegt ein Stab, dessen Länge als Standard für das Meter dient. Wir wissen a priori, dass dieser Stab einen Meter lang ist, denn das haben wir ja
lb f t l tselber so festgelegt.
Dieser Stab ist aber nicht notwendig einen Meter Dieser Stab ist aber nicht notwendig einen Meter lang, denn wir hätten auch einen beliebig anderen als Standard für das Meter nehmen können.
1195SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Alethische Modalitäten und möglicheWeltenWelten
1196SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Es ist notwendig Es ist möglich Es ist unmöglichEs ist notwendig, Es ist möglich, Es ist unmöglich,dass S. dass S. dass S.
w1 w1 w1
w2 wahr w2 wahr w2 wahrw3 w3 w3w3 w3 w3
w4 falsch w4 falsch w4 falschw5 w5 w5
... ... ...
1197SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Existieren alternative mögliche Welten tatsächlich?Existieren alternative mögliche Welten tatsächlich?
RealismusRealismusAndere möglichen Welten existieren tatsächlich und sind genauso real wie unsere Welt.
AktualismusNur unsere Welt und die Individuen, die in unserer Welt aktual sind, existieren.
1198SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
David Lewis´ realistische DeutungDavid Lewis realistische Deutung
1199SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
David Lewis (1941-2001)
Lewis gilt als einer der wichtigsten amerikanischen Philosophen, der auf fast llen Gebieten de theo eti hen Philo ophie allen Gebieten der theoretischen Philosophie
arbeitete und wichtige Beiträge lieferte. Am einflussreichsten waren vielleicht seine Arbeiten zum Begriff der möglichen Welten.Arbeiten zum Begriff der möglichen Welten.
Convention. A Philosophical Study (1969); „General Semantics“ (1970); Counterfactuals (1973); „Adverbs ofQuantification“ (1975); How to Define Theoretical Terms“ Quantification (1975); „How to Define Theoretical Terms (1978); „Scorekeeping in a Language Game“ (1979); „Attitudes De Dicto and De Se“ (1979); On the Plurality ofWorlds (1986)
1200SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Die realistische Interpretation möglicher Welten Die realistische Interpretation möglicher Welten setzt eine Pluralität von Universen voraus, die genau so real sind, wie der Kosmos, in dem wir l b l l d l h l d f dleben. Unsere Welt ist lediglich Teil der umfassenden Realität aller Kosmen
1201SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Die anderen Welten können wir wegen der raum-Die anderen Welten können wir wegen der raum-zeitlichen und der kausalen Trennung von unserer Welt nicht erreichen. Es ist sinnlos nach
l h l h d k l b dräumlichen, zeitlichen oder kausalen Verbindungen zwischen den Individuen der verschiedenen Welten zu fragen.zu fragen.
1202SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Es gibt keine Transwelt-Identität sondern nur Es gibt keine Transwelt-Identität, sondern nur Welt-gebundene Individuen, die ähnliche Gegenstücke (counterfactuals) in anderen Welten bbesitzen.
1203SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Es gibt keinen ontologischen Vorrang einer Welt Es gibt keinen ontologischen Vorrang einer Welt gegenüber irgendeiner anderen.
Die „aktuale“ Welt ist daher nicht unbedingt unsere, sondern diejenige, in der der Ausdruck „aktual“
d ä ß t i dgerade geäußert wird.
1204SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
EigenschaftEigenschaftEine Eigenschaft P ist eine Funktion, die jeder möglichen Welt die Menge von Individuen zuordnet möglichen Welt die Menge von Individuen zuordnet, auf die P zutrifft.
Essentielle EigenschaftEin Individuum x hat eine Eigenschaft P notwendig Ein Individuum x hat eine Eigenschaft P notwendig genau dann, wenn in jeder möglichen Welt, in der es ein Gegenstück y zu x gibt, y P besitzt.
1205SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
PropositionPropositionDie Proposition, die ein Satz S ausdrückt, ist die Menge der möglichen Welten in denen S wahr istMenge der möglichen Welten, in denen S wahr ist.
NotwendigkeitNotwendigkeitEin Satz S ist notwendig, wenn er in allen möglichen Welten wahr istWelten wahr ist.
1206SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Alvin Plantingas aktualistischeDeutungDeutung
1207SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Alvin Plantinga
Die aktualistische Sicht auf mögliche Welten wird u.a. von Alvin Plantinga vertreten. Er lehrt an der Universität von Notre Dame (Indiana) und ist vor Universität von Notre Dame (Indiana) und ist vor allem durch seine religionsphilosophischen wie auch seine ontologischen Arbeiten bekannt geworden.
ld d ldb d d d l “ ( )„Transworld Identity or Worldbound Individuals“ (1973); The Nature of Necessity (1974); „Actualism and PossibleWorlds“ (1976); „How to be an Anti-Realist“ (1982); „TwoConcepts of Modality. Modal Realism and Modal Reductionism“ (1987)Reductionism (1987)
1208SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Mögliche Welten sind maximale kohärenteMögliche Welten sind maximale, kohärente, Tatsachen, d.h. abstrakte Entitäten, die realisiert sein können oder nicht.sein können oder nicht.
Nur eine einzige dieser maximalen Tatsachen Nur eine einzige dieser maximalen Tatsachen besteht tatsächlich: unsere aktuale Welt, nichts sonst.
1209SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Transwelt IdentitätTranswelt-Identität
Wenn wir behaupten dass Merkel auch Philosophin Wenn wir behaupten, dass Merkel auch Philosophin sein könnte, dann sagen wir etwas über die aktuale Merkel aus und nicht über irgendein ähnliches Merkel aus und nicht über irgendein ähnliches Gegenstück von Merkel in einer anderen Welt.
1210SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
IdentitätIdentität
1211SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
In der Logik wird der Begriff der ExistenzIn der Logik wird der Begriff der Existenz gewöhnlich über den Begriff der Identität eingeführt:eingeführt:
a existiert =def
Es gibt mindestens ein x, so dass gilt: x = a.
1212SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Formen der IdentitätFormen der Identität
numerische vs. qualitative Identität (Selbigkeit vs. Gleichheit)q ( g )
notwendige vs. kontingente Identität
absolute vs. relative Identität
synchrone vs. diachrone Identität
1213SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Eigenschaften dernumerischen/synchronen Identitätnumerischen/synchronen Identität
1214SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Reflexivität x = xReflexivität x = xSymmetrie x = y → y = xTransitivität x y & y z x zTransitivität x = y & y = z → x = z
L ib i ´ G t ∀F [F( ) F( )]Leibniz Gesetz x = y ↔ ∀F [F(x) ↔ F(y)]
1215SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Gottfried Wilhelm Leibniz1646-1716
Leibniz´ Gesetz x = y ↔ ∀F [F(x) ↔ F(y)]Leibniz Gesetz x = y ↔ ∀F [F(x) ↔ F(y)]
Ununterscheidbarkeit des Identischenx = y → ∀F [F(x) ↔ F(y)]Falls x mit y identisch ist, dann stimmt x mit allen Eigenschaften von y übereinEigenschaften von y überein.
Identität des UnunterscheidbarenIdentität des Ununterscheidbaren∀F [F(x) ↔ F(y)] → x = yFalls x in allen Eigenschaften mit y übereinstimmt, dann ist x d h
1216
identisch mit y.SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Identitätsbedingungen als Mittel zurIdentitätsbedingungen als Mittel zurKlärung ontologischerFragestellungenFragestellungen
„No entity without identity.“ W.V. Quine
1217SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
BündeltheorienBündeltheorien
Id i ä d U h idbIdentität des Ununterscheidbaren
∀F [F(a) ↔ F(b)] → a = b
1218SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Essentialismus (Substanzentheorie)Essentialismus (Substanzentheorie)
S b K i iSubstanz-Kriterium
∀Fe [Fe(a) ↔ Fe(b)] → a = b
1219SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
HaecceitasHaecceitas
H i K i iHaecceitas-Kriterium
h h h∀Fhaec [Fhaec(a) ↔ Fhaec(b)] → a = b
1220SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Bare Partikulars (Substrattheorie)Bare Partikulars (Substrattheorie)
S b K i iSubstrat-Kriterium
∃z [S(z, a) & S(z, b)] → a = b
1221SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Raum Zeit RegionenRaum-Zeit-Regionen
L K i iLemmon Kriterium
(xa, ya, za, ta) = (xb, yb, zb, tb) → a = b
1222SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Diachrone IdentitätDiachrone Identität
1223SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Fall 1Fall 1
Stellen wir uns ein Schiff aus Holz vor und nennen es S zu t1. Stellen wir uns ein Schiff aus Holz vor und nennen es S zu t1. Nun werden die Teile von S im Laufe der Zeit alle durch neue Teile ersetzt bis zu einem Zeitpunkt t2, zu dem das Schiff vollständig aus ersetzten Teilen besteht Nennen wir dieses vollständig aus ersetzten Teilen besteht. Nennen wir dieses Schiff zum Zeitpunkt t2 entsprechend Sneu.
Frage: Ist S identisch mit Sneu?
1224SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
Fall 2Fall 2
Stellen wir uns nun vor, die alten Teile des Schiffes S werden Stellen wir uns nun vor, die alten Teile des Schiffes S werden jedes Mal in irgendein Lagerhaus gebracht, so dass, nachdem das ganze Schiff erneuert wurde, das alte Schiff aus den alten Teilen zum Zeitpunkt t woanders wieder aufgebaut werden Teilen zum Zeitpunkt t2 woanders wieder aufgebaut werden kann. Nennen wir nun das wiederaufgebaute Schiff Salt.
Frage: Ist S identisch mit Salt?
1225SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
ProblemProblem
Das restaurierte Schiff S und das wieder Das restaurierte Schiff Sneu und das wieder aufgebaute Schiff Salt sind zwei (numerisch) verschiedene Schiffe.verschiedene Schiffe.
Mit welchem ist S identisch?Mit welchem ist S identisch?
1226SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie
EndurantismusS l
S SS
Salt
SSneu
Perdurantismus
tt2t0 t1
Perdurantismus
zeitliche Teilevon Salt
S ist zeitlicher Teil von Salt und zeitlicher Teil von Sneu
zeitliche Teilevon Sneu
tt2t0 t1
neu
1227SS 2012 Einführung in die Theoretische Philosophie