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31281557 2 1 Oskar Adler Planetenwelt Mensch

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OskarAdler DasTes ent der Astrologie Planetenwelt und Mensch Band 2 - Folge 1 1. - 7. Vortrag Hugendubel
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OskarAdler DasTes ent der Astrologie

Planetenwelt und Mensch

Band 2 - Folge 1 1. - 7. Vortrag

Hugendubel

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Dieses E-BOOK ist nurzum nichtkommerziellen Gebrauch bestimmt!

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ÜSKARADLER

DAs TEsTAMENT

DER AsTROLOGIE

Planetenwelt und Mensch

Hugendubel

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Herausgegeben von Philip Schiffmann

Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme Adler, Oskar:

Das Testament der Astrologie I Oskar Adler. [Hrsg. von Philip Schiffmann]. - München : Hugendubel.

2. Planetenwelt und Mensch.- 1992 ( Kailash-Buch)

ISBN 3-88o34-541-4

©Heinrich Hugendubel Verlag, München 1992 Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Zembsch' Werkstatt, München Produktion: Tillmann Reeder, München

Satz: UW + Massopust, Aalen Druck und Bindung: Spiegel Buch, Ulm-Jungingen

ISBN 3-88034- 541-4

Primed in Germany

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INHALT

r. Vortrag: Der Weltrhythmus als Bote zwischen Zeit und Ewigkeit. Die Planeten als Mittler zwischen Tier-kreis und Mensch. 7

2. Vortrag: Das Weltgedächtnis. Zeit und Ewigkeit. Polarität und Sexualität in Planetenwelt und Musik. Die Tierkreisorte der Planeten, Erhöhung von Sonne und Mond. 25

3· Vortrag: Planeten und kosmische Sinnesorgane. Polarität und Relativität. Die Funktionsbestimmung der sieben heiligen Planeten. 42

4· Vortrag: Wesen und Wert der Planetensymbole. 63

5· Vortrag: Sonne und Mond als die beiden Ichpole. Emp-fängnis und Geburt, Neumond- und Vollmond-mensch, Sonnen- und Mondfinsternis. 81

6. Vortrag: Die Mondphasen. Die 24 Viertelmondsteilungen und ihre Bedeutung. 103

1· Vortrag: Sonne und Mond in den 12 Zeichen. Der Mond in den Feuerzeichen. 122

8. Vortrag: Der Mond in den Luftzeichen. 144

9· Vortrag: Der Mond in den Wasserzeichen. 167

ro. Vortrag: Der Mond in den Erdzeichen. 187

11. Vortrag: Das uralte Schema der Planetenherrschaften. »Er-höhungen« und »Fälle« kritisch betrachtet. D.ie neuentdeckten Planeten und das alte, nur sieben Planeten umfassende System. 206

r2. Vortrag: Planeten und Töne. Die ?-Jahr-Perioden der menschlichen Entwicklung. Ichkonzentration und Ichverströml.mg. 231

IJ. Vortrag: Die Merkurfunktion. 251

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INHALT

14. Vortrag; Die Venusfunktion. 279 15. Vortrag: Die Marsfunktion. 307

16. Vortrag: Die Jupiterfunktion. 333

ll· Vortrag: Die Saturnfunktion. 357

18. Vortrag: Die Uranusfunktion. 392

19. Vortrag: Die Neptünfunktion. 432

20. Vortrag: Das Plutoproblem. 469

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I. VoRTRAG

Die Betrachtungen über Tierkreis und Mensch* haben uns Kunde gebracht von der ewigen Idee des Menschen, deren jeder einzelne Mensch nur ein vergängliches, unvollkommenes, trübes Abbild dar­stellt.

Die ewige Ide.e des Menschen, der ewige, jenseitige Mutterboden, aus dem die Millionen einzelner Menschenwesen im Laufe der Zeiten hier nacheinander und nebeneinander ins Dasein treten, ruht im Tier­kreis, der in Fixsternweiten den fjxen, ewigen Seinshintergrund der Menschheit repräsentiert. Der einzelne Mensch, aus jener Idee in die Zeitlichkeit gefallen, gehorcht den kurzfristigen Rhythmen einer uns näheren Welt, die vom Drehen, Kreisen und Schwingen der unsere Sonne umwandemden Planeten ihr Zeitgesetz und Maß erhält.

Ewigkeit und Zeitlichkeit begegnen sich im Einzelmenschen und schließen sich in ihm zusammen als göttliches und irdisches Erbteil, um sich nach kurzer Zeitspanne wieder zu lösen, wie Goethe es in den Grenzen der Menschheit darstellt.

Was unterscheidet Götter von Menschen? Daß viele Wellen Vor jenen wandeln, Ein ewiger Strom: Uns hebt die Welle, Verschlingt die Welle, Und wir versinken.

Nun ist es aber gerade dieses »Heben« und »Sinken«, ist es der Rhyth­mus des Lebens, der in urzeitlieber Vergangenheit zum Ausgangs­punkt für das Welterlebnis schlechtweg werden mußte, zum in tiefster Innerlichkeit empfundenen, immer bereiten Zeugen der Allverbun­denheit des Menschseins. Der Rhythmus der Atmung und des Herz­schlags, war er nicht wie der ins Kleine zusammengezogene Ableger dessen, was in immer gewaltiger ausgedehnten Maßen sich am Himmel

'' Das Testament der Astrologie, r. Band: Allgemeine Grundlegung. Tierkreis 11nd Mensch.

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r. VORTRAG

darbot in Sonnen- und Sternenlauf? Und mußte es da nicht, wenn auch nur als dunkle Ahnung, in das Lebensgefühl des Menschen eingehen, daß die auf dem unverrückbaren Hintergrund des hxsternhimmels ihren gemessenen Reigen vollführenden Wandelsterne vom schnellen Mond bis zum trägen Saturn eine seltsam gereihte Kette von überirdi­schenBoten darstellen, die die Kunde vom ewigen Leben dem irdischen Menschen zubringen als göttliche Mittler zwischen Zeit und Ewigkeit?

Könnten wir dem kosmischen Ablauf der Sternbewegung etwa mittels des sogenannten »Zeitraffers« der Kinotechnik zusehen - das Planeta­rium, das die Firma Zeiss in Jena mit .~ovie1 Kunst und bewunderns­werter Präzision hergestellt hat, mag uns hiervon einen schwachen Begriff geben -, dann würden wir wirklich Zeugen eines Reigentanzes der Sterne.

Aber! Wir würden noch anderes sehen, als das Planetarium uns zeigen kann. Mitten in dem allgemeinen rhythmischen Tanz der Wel­ten würden wir den Menschen erblicken in seinem Lebenstanz. Wir würden ihn morgens sich vom Lager erheben sehen und gleich darauf abends wieder auf dieses niedersinken, erheben und niedersinken ... , wir würden ihn geboren werden sehen, wachsen und wieder ins Grab sinken; würden die Erde sehen im raschen Wechsel von Hell und Dunkel; wir würden im Pulsschlag des eigenen Herzens das urleben­dige Metronom alles Geschehens erleben und damit unser lebendiges Eingefügtsein in dieses ungeheure, gleich unserem Herzen unablässig pulsierende, atmende Weltgebäude.

Glaube niemand, daß dieser »Zeitraffer«, der uns jene Vision ermög­licht, nur in der Phantasie besteht! Er lebt unmittelbar in jedem von uns und ist nichts anderes, als was wir das Gedächtnis nennen.

Es besitzt das Gedächtnis die Kraft, ungeheure Zeiträume in einen einzigen kurzen Moment zu komprimieren. Aus dieser Kraft des Gedächtnisses, die am Leitfaden des Rhythmus fortlaufend durch die Zeiten geht, erwächst jenes esoterische Reigenerlebnis des Weltgesche­hens, erwächst das astrologische Weltbild der Planetenfunktion als zeitliches Richtmaß aller irdischen Gesetzmäßigkeiten.

Es ist nun eine besondere Form des Gedächtnisses; die wir hier vor uns haben, die als Wiederholung des Gleichartigen in Gedanken, das Einma1i~e, Unwiederholbare verschüttend, sich ausnimmt, wie das in uns lebendig gewordene Bewußtsein des Weltrhythmus selbst, dessen verkleinertes Abbild es geworden ist, wie etwa das Netzhautbild ein verkleinertes Bild des »Außen«.

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DER WELTRHYTHMUS

Wir wollen diese Gedächtnisfunktion des Menschenbewußtseins, durch die dieses vom Weltrhythmus Besitz ergreift, zum Ausgangs­punkt unserer Betrachtungen über Planetenwelt und Mensch nehmen und in ihr eine Brücke von ähnlicher Bedeutung erblicken, wie sie der Menschenleib uns darbot zwischen »Ich« und All.

Erinnern wir uns, daß wir zwei solcher Brücken bereits kennenge­lernt haben, die dem »ein«samen Ich den Weg zum »Außen« als Mittler wiesen: den Menschenleib als physische und die Zahl als geistige Brücke, zwischen denen Leid und Schmerz als seelische Erlebnisfarbe oder als seelischer Verbundenheitskoeffizient standen, so läßt die Ge­dächtnisfunktion als reproduzierende geistige Kraft, aus dem Welt­rhythmus geboren und mitilim eines Wesens, uns ebenfalls eine physi­sche, eine seelische und eine geistige Seite erkennen, deren Wesen uns erst die Planetenfunktion enthüllen wird.

So wie der erfinderische Menschengeist in das technische Wunder­werk der »Uhr« den Sternenrhythmus der Planetenbewegung einzu­fangen suchte und ibm so einen physischen Resonanzboden schuf, so istder lebendige Menschenleib eine Art organische Uhr, in deren Werk eine unbekannte Federkraft den Rhythmus von Herzschlag, Atmung, Kreislauf der Säfte, Wechsel der Lebenszustände von Wachen und Schlafen, Essen und Ausscheiden der Reststoffe aufrechthält.

Aber dieses Uhrwerk des lebendigen Menschenleibes, in dem sich solcherart das Weltgedächtnis des Unbewußten im Menschen erprobt, offenbart uns auch eine geistige Seite, insofern jener Periodenlauf des Leiblebens einem Zahlengesetz gehorcht, das wieder sein Vorbild in den Planetenzyklen hat, nur daß die Zahlen und ihre mathematischen Zusammenhänge, die jenem Zahlengesetz gehorchen, jetzt die Gestalt von Erlebniswerten annehmen, die in ihrem Rhythmus, dem Wechsel von Ebbe und Flut gleichend, sind wie Suchen und Verlieren und Wiederaufsuchen des Verlorenen und Wiederverlieren und Wiederfm­den, kurz, wie der Zirkelweg alles menschlichen Strebens, dessen Periodenlauf sich ebensowo.hl im Leben des einzelnen wie auch im geschichtlichen Lauf der Menschheitsentwicklung aufweisen läßt. Und wie etwa eine vollkommene Uhr auch die Eigenschaft besitzen müßte, ohne beständige Beihilfe sich selbst durch ein System eingebau­ter Sicherungen und Regulatoren, die etwa durch den Weltlauf selbst gesteuert würden, immer wieder zu korrigieren, so ist tatsächlich in den menschlichen Organismus ein Regulator eingebaut, der sich als Leid und Schmerz in der Seele kundgibt, wenn die Uhr korre~turbe­dürftig wird, wenn sie im Be-griff ist, falsch zu gehen, wenn sie vorläuft

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I. VORTRAG

oder zurückbleibt. Es ist wieder die Planetenfunktion, die dazu beru­fen ist, die Steuerung des Lebenslaufes zu versehen und das mensch­liche Wesen möglichst »richtig« in die Zeit zu stellen, in seine Zeit, in die es aus der Ewigkeit her auf diese Erde kam.

Damit aber sind wir zum eigentlichen Kern der Aufgabe gekommen, der dieser Abschnitt unseres Lehrganges zu dienen hat.

Haben wir in Tierkreis und Mensch die astrologischen Grundele­mente der »allgemeinen Menschentümlichkeit« zeichnen können, so gilt es nun, jene Grundelemente zu ermitteln, die bewirken, daß sich von diesem Hintergrund des allgemein Menschentümlichen der ein­zelne Mensch mit den Besonderheiten seiner Charakteristik als Indivi­duum abhebt, der sich demnach zu jenem Hintergrund verhält wie überhaupt das Einzelne zum Allgemeinen oder das Konkrete zum sogenannten Abstrakten.

Hier muß sofort eine sehr wichtige Anmerkung gemacht werden, welche ein verhängnisvolles Mißverständnis verhindern soll.

Dem exoterischen, formal-logischen Denken liegt es nahe, das Ein­zelding, also das »Konkrete«, für die eigentliche und letzte greifbare Realität zu halten, das umfassendere »Abstrakte« hingegen für einen bloßen Denkbehelf, der zum Zwecke der Ökonomisierung des geisti­gen Rüstzeuges in die Denkpraxis Eingang fand und um so irrealer wird, je umfassender seine Grenzen werden, wie etwa die Schule der »Nominalisten« lehrte, die in den abstrakten Begriffen insgesamt bloße »Namen« sah.

Das esoterische Denken unterscheidet jedoch sehr scharf zwischen solchen bloß künstlichen Abstraktionen oder Sammelbegriffen und den überstoffliehen Ideen, aus denen als den alle konkreten Verstoff­lichungen überdauernden geistigen Quellen erst al1 die weit unvoll­kommeneren konkreten Einzelvertreter entspringen, die somit insge­samt nur als mannigfach variierte und dadurch allein schon verunrei­nigte Kopien eines Originals erscheinen, das ohne jene Trübung im Stoff nicht sichtbar werden könnte.

Durch die Ausprägung der allgemeinen Idee des Menschen im Stoff erfährt sie also jene Trübung, die nun den einzelnen, konkreten, sterb­lichen Menschen als dunkles Schattenbild auf dem Projektionsschirm der Erde unserem irdischen Bück erst sichtbar macht, nachdem es gleichsam durch die Wirkung eines Wunderapparates aus Fixsternwei­ten heruntergeholt wurde, aus der Ewigkeit in die Zeitlichkeit.

Dieser Wunderapparat nun, dem es innewohnt, die Transposition der Menschenidee aus der Ewigkeit in die Zeitlichkeit, aus dem Allge-

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DIE PLANETEN ALS MITTLER

meinen in das Besondere zu bewirken, dieser Wunderapparat, durch den allererst die Zeit selbstsich aus dem Schoß der Ewigkeit löst, istder Rhythmus der Schwingung als solcher und für uns Erdenmenschen die Planetenschwingung, die Planetenwelt.

Schon in den beiden ersten Zyklen dieses Lehrganges wurde, wenn auch in anderem Sinne, von dieser Tatsache gesprochen. In der Allge­meinen Grundlegung schon sprachen wir von den Planeten als einer Art Transformatoren oder Detektoren, die die dem Menschen sonst unfaßbare Sprache der Tierkreisstrahlung in die irdische zu ü hersetzen berufen seien; die Planetenwelt wurde so zu einer Art Zwischenwelt oder Mittlerin zwischen dem göttlichen und dem irdischen Anteil des Menschenwesens. Zur Auffrischung dieser Erinnerung sei die dort gegebene Zeichnung hier wiederholt.

Abb. I

Himmlische Wurzel neooeis (zwölf Zeichen)

Planetenweit

Erde (zwölf Häuser) Irdische Wurzel

Hatten wir es also in Tierkreis und Mensch mit dem himmlischen Wurzelboden des Menschen zu tun, so soll uns jetzt der »Stamm« des Menschenbaumes - oder der »Wunderapparat« seines irdischen Pro­jektionsbitdes - beschäftigen, der Stamm, in dessen Säften der Rhyth­mus des ewigen Lebens pulsiert.

Was trägt nun jener Apparat, je nachdem, aus welchen Abschnitten des kosmischen Mutterbodens er die spezielle Mischung der Mutter­säfte für den einzelnen Menschen in immer wieder verschiedener Art beweFkstelligt, zur Formung des konkreten Menschenbildes bei auf

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1. VORTRAG

Grund der Geburtskonstellation? Welcher Anteil an dem Gesamter­gebnis dieser Mischung kommt jedem einzelnen der Planeten gemäß der Eigenart seiner Filtrationskraft und seiner jeweiligen Bewegungs­phase zu, die ihn als Filter bald dem einen und bald dem anderen Tierkreisabschnitt zugesellt? Zu welchem Gesamtklang verbinden sich die so entstandenen Strahlungen der Planeten, der wie ein tönender Name das auf Erden zum Leben gerufene Menschenkind zur Erfüllung seiner Lebensaufgabe ruft? Auf Grund des »ewigen ehernen großen Gesetzes«! So wird jeder hier geborene Mensch zum Resonator einer kosmischen Welle, der kosmische Klang dieser Welle zu dem Eigenna­men, den der Kosmos ihm gab für die Dauer seines zeitlichen Daseins!

Alle Transposition von der Ewigkeit in die Zeitlichkeit läuft auf dem Rücken einer solchen Welle, alles Geschehen und aller Wirklichkeit Formung im Konkreten. Das Geburtshoroskop aber gibt dir Kunde von jener Welle, die dich dereinst auf ihrem Rücken aus der Ewigkeit in die Zeitlichkeit trug nach ihrem Gesetz.

Aber - indem wir uns solchen Gedanken hingeben, ergreift uns ein seltsames Gefühl! Wie, wenn das, was wir bisher als »Zeit« im Sinne einer völlig leeren Anschauung gedacht haben, mehr wäre als die bloße Form der »inneren Anschauung«, wie Immanuel Kant sie nannte? Wenn die völlige Determiniertheit eines jeden Zeitmomentes durch die ihn begleitende Schwingungsphase der kosmischen Welle nur Wirk­lichkeitsgrad dieser Phase wäre? Dann würde der Gesamtzustand des kosmischen Schwingungsereignisses zum Index für die Erfassung -schrecken wir nicht zurück vor diesem Wort -, für die Erfassung der Qualität der Zeit, der sich stetig wandelnden Qualität der jetzt nicht mehr leeren Zeit, jener Qualität, die allem aus der Ewigkeit in sie Aufgenommenen ihre Farbe aufdrückte, so daß wirkliebes Ereignis nur werden kann, was diese Eigenfarbe des Momentes aufzunehmen vermag.

Darum kann heute nicht Wirklichkeit werden, was erst morgen seine Zeit erreichen wird, und auch dieses nur gemäß seiner Welle. Uralte Weisheit scheint sich uns so in einem neuenGewand darzustel­len, denn schon im Buch Prediger, 3· Kapitel, steht:

»Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vornehmen unter dem Himmel hat seine Stunde.

Geboren werden und sterben, pflanzen und ausrotten, das gepflanzt ist, würgen und heilen, brechen und bauen, weinen und lachen, klagen und tanzen, Steine zerstreuen und Steine sammeln, herzen und ferne

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DIE MENSCHENNATUR

sein vom Herzen, suchen und verlieren, behalten und wegwerfen, zerreißen und zunähen, schweigen und reden, lieben und hassen, Streit und Friede hat seine Zeit ... «

Machen wir uns nun noch einmal klar, was wir bis nun erkannt haben! Jedes Menschenindividuum stellt eine vergängliche, in die Zeit proji­zierte Emanation der reinen, ewigen zeitlosen Idee des Menschen dar. Es ist darum notwendigerweise ein nur unvollkommenes, getrübtes Abbild dieser Idee. ·

Trübung und Zeitlichkeit sind untrennbare Korrelate. Die Eigenart dieser Trübung bestimmt auch die Eigenart des

Menschenindividuums. Ihr Maßstab ist ein Zeitgesetz, als dessen Si­gnifikator die Zeigerstellung des Planetenuhrwerkes anzusehen ist.

Dieses Planetenuhrwerk kennenzukmen und seine Beziehung zum Ewigmenschheitlichen zu ergründen, ist nun unsere n.ächste Aufgabe.

Haben wir im vorhergehenden Band mit Tierkreis undMenscheinen Beitrag zur allgemeinen Menschenkunde geben und die Grundlinien der allgemeinen Menschennatur zeichnen können durch die Deutung der zwölf Regionen des Tierkreises, so geht es jetzt nicht mehr um diese allgemeine Menschenkunde, sondern um die Erkundung der kosmischen Grundlagen für eine Menschenkunde, die sich zu jener allgemeinen Menschenkunde verhält wie etWa eine Individualpsycho'­logie zur allgemeinen Psychologie.

Es wird darum unser Streben dahin gehen müssen, innerhalb des Allgemeinmenschheitlichen der Menschennatur das besondere Gesetz zu finden, nach dem sich die Eigenart des einzelnen Menschen gestal­tet, je nach der Zeit seiner Geburt- die Farbennuance seiner Reinheits­trübung, den kosmischen Klang seines Eigennamens am Zeiger der Planetenuhr abzulesen! ·

So gewinnt nun unsere Aufgabe bereits schärfere Konturen: Das Studium des Räderwerks dieser Planetenuhr und die Vertiefung in qessen Gesetze, um ehrfürchtig den Spuren des Weltgeistes, der es schuf, zu folgen innerhalb der engen Grenzen, die menschlichem Denken und mensehlicher Erkenntniskraft gezogen sind, aber nicht ohne den Mut, den uns der Glaube einflößt, selbst des lel;>endigen Räderwerks ein Teilchen zu sein, in dem das Gesetz des Ganzen mitenthalten ist, in der Tiefe unseres »Ich~ erlühlbar.

So wollen wir denn nun unseren Forschungsweg beginnen und .~1.mä~h$t vers\Khen, die Außenseite dessen, w~s uns dies~s Uhrwerk darbietet, in rein exoterischem Sinne zu betrachten.

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l. VORTRAG

Die Sonne, ein Fixstern unter Millionen anderen, umgeben von einer Anzahl um sie kreisender kleiner Weltenkugeln, deren mindestens eine - unsere Erde - an ihrer Oberfläche, auf ihrer festen Kruste, in ihren Meeren und Flüssen, in ihrem Luftozean eine Fülle lebendiger Wesen trägt, Pflanzen, Tiere und »redende« Menschen- das ist das äußerliche Bild, das uns dieser Sonnenkosmos darbietet. Aber seit alters her, auch schon in jenen Zeiten, die noch die Erde im räumlichen Mittelpunkt des Sonnenkosmos sahen, war es aufgefallen, daß die Umlaufzeiten der Planeten zueinander in gewissen Zahlenverhältnissen standen, hinter denen als deren tiefer liegende Ursache ein Gesetz am Werk sein mußte, das gleichsam den Bauplan des Universums beherrschte.

Man wird wohl nicht fehlgehen, wenn man vermutet, daß uralte Priesterweisheit solche Gesetze kannte, deren geheime Bedeutung sich vielleicht am deutlichsten in dem berühmten Lehrsatz des Pythagoras offenbart.

Diesen Lehrsatz, durch welchen ausgesprochen wird, daß die drei Seiten eines rechtwinkeligen Dreieckes in einem derartigen Verhältnis ihrer gegenseitigen Gebundenheit stehen, daß das Quadrat über der Hypotenuse stets gleich ist der Summe der Quadrate über den beiden Katheten, kann man als das Fundament aller geometrischen Maßbe­stimmungen bezeichnen.

In ihm offenbart sich jedoch noch eine andere Maßbestimmung, die zu der bloßen Ausmessung der Längenverhältnisse auch noch eine Wertbestimmung fügt, die uns unmittelbar vor das esoterische Erleb­nis dieses Maßverhältnisses stellt:

Wenn wir das einfachste, sogenannte pythagoreische Dreieck, d. i. ein rechtwinkeliges Dreieck, dessen Seitenlängen durch ganze Zahlen ausdrückbar sind, betrachten, so stehen die Seitenlängen zueinander in dem Verhältnis 3:4:5. Genau in demselben Verhältnis stehen aber zueinander die drei Töne des Dreiklangs in der Musik, der, wie das pythagoreische rechtwinkelige Dreieck der Ausgangspunkt für alle geometrische Maßbestimmung ist, wieder seinerseits die Grundlage aller Tonbeziehungen in der Musik bildet.

Betrachten wir die Maße der drei Seiten des pythagoreischen Drei­ecks als Saitenlängen, dann ergibt sich als ihr Zusammenklang der Moll-Dreiklang, betrachten wir sie als Schwingungszahlen, dann er­gibt sich der Dur-Dreiklang.

Nun zeigte es sich, daß man tatsächlich durch Vergleichung der Umlaufzeiten der Planeten, später der Maßzahlen ihrer Entfernungen von der Sonne und ihrer Bewegungsgeschw.indigkeiten, auf Zahlen

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DIE WELTMUSIK

stieß, die in ihren Verhältnissen die Gesetze der musikalischen Harmo­nie widerspiegeln.

Und wie man etwa durch Weiterbildung des pythagoreischen Drei­ecks im Sinne der hier gegebenen Zeichnung alle anderen musikali-

g h

e

a4 c a f

Abb. 2 e sehen Intervallbeziehungen finden kann, so erkennt man durch Wei­tertragen eines einfachen Zahlengesetzes alsbald im Walten der Plane­tenbewegungden Ausdruck einer ungeheuren Weltmusik, deren die irdische nur einen ins Kleine, Menschliche gerückten Ableger vorstellt, wie das Pochen des Herzens den Ableger des Weltrhythmus.

Wir wollen nun versuchen, zunächst in groben Umrissen ein Bild zu geben von den verschiedenen Formen, die dieser Gedanke einer _gro­ßen Weltharmonie im Laufe der Zeiten angenommen hat, dessen größ­ter Verkünder wohl Johannes Kepler war.

Zu diesem Zwecke wollen wir zunächst eine kurze schematische Übersicht über die Maße des Sonnensystems geben:

Pbnet Sym- Uml:aubeit Mittlere Entfer- Masse Dichte bol abgerundet nung von der Erde= 1 Erde~ 1

in Tagen Sonne in Mio .• km

Merkur ~ 88 s8 0,04 o,8o Venus ~ 21.f 108 o,.81 0,95 Erde 0 365 149 1,oo I,oo Mars cJ 687 21.6 0,,11. o,8I

Jupiter ~ 4333 773 309)61 o,:z} Saturn 11. 10760 1418 ,92,65 o,u

Uranus ® 30688 28p 14•74 0,25 Neptun 1,1:1 6o1.8J <H67 16,47 0,14

Mond )) 1.7V. o,J85o8o o,ou o,6o um Erde vonErde

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x. VoRTRAC

Das Altertum, dessen offizielle Astronomie und Astrok>gie die Erde vor allem räumlich .in den Mittelpunkt des Alls stellte und so den später so genannten geozentrischen Standpunkt einnahm, als dessen Haupt­vertreter Ptolemäus gilt, befand sich demnach in einem gewissen Ge­gensatz zu dem heute geltenden kopernikanischen System, das die Sonne in den Mittelpunkt der Planetenwelt stellt (heliozentrischer Standpunkt).

Trotz dieser Gegensätzlichkeit haben jedoch beide Orientierungen ein gemeinsames Zeitmaß, das von der Eigendrehung der Erde genom­men ist und das Vermächtnis darstellt, das als Grundmaß aller Zeitbe­stimmung die moderne Astronomie von der alten ungeschmälert über­nehmen du.rfte.

Vielleicht läßt sich das Verhältnis zwischen geozentrischer und he­liozentrischer Astronomie für unsere Zwecke kurz dahin verstt:hen, daß die Astronomie ·unserer Gegenwart zeitlich geozentrisch und räumlich heliozentrisch orientiert ist, wobei auch der heliozentrische Standpunkt nur für unser Planetensystem gilt und sich in Ansehung des Fixsternhimmels ins Unbestimmte auflöst ...

Darum aber, weil der Inhalt alles esoterischen Planetenerlebnisses die Zeitfunktion und ihr rhythmisches Maß ist, bleibt der geozentri­sche Standpunkt auch heute noch der Standpunkt der esoterischen Astrologie und der Mensch mit seinem pochenden Herzen der archi­medische Punkt des Welterlebnisses.

So erklärt es sich auch, daß die Alten zu einer Anordnung der Planeten gelangen mußten, deren ordnendes Prinzip die Bewegungs­zeiten der einzelnen Glieder ihres Systems waren. Sie begann mit dem Mond als dem schnellsten und endete bei Saturn, dem langsamsten der damals bekannten Wandelsterne. Die so entstandene Reihe lautete demnach wie folgt: Mond, Merkur, Venus, Sonne, Mars, Jupiter, Sacurn, während im heliozentrischen System die Raumverhältnisse, also die Distanzen der Planeten von der Sonne zum maßgebenden Prinzip erhoben wurden.

Die neue Ordnung (vom sonnennächsten bis zum sonnenfernsten Planeten) lautete demnach: Merkur, Venus, Erde mit Mond, Mars, Asteroiden, Jupiter, Saturn und weiter die erst in der· neuestt:n Zeit entdeckten Planeten: Uranus, Neptun und Pluto.

Allen Zeiten aber gemeinsam war die Suche nach dem Gesetz, das den kosmischen Maßverhältniss:en, seien es nun Zeit- oder Raumver­hältnisse, zugrunde liegen mußte, um so die große Einheit des Ganzen zu verbürgen.

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DIE ZAHLENHARMONIE

Wir wollen nun versuchen, einen kurzen Überblick zu geben über die einzelnen historischen Phasen dieses Suchens nach dem Zahlen­schlüssel zum Bauplan der Planetenwelt.

Als den Ahnherrn aller solcher Bemühungen müssen wir wieder Pythagoras nennen. Die Tatsache, daß die Verhältnisse der einfachen Zahlen 3:4:5 zugleich die Maße des einfachsten pythagoreischen Drei­ecks und die Maßzahlen aller musikalischen Harmonie waren, mußte wohl den Gedanken nahelegen, den Urgrund dieser Übereinstimmung der Maße in einer Zahlenharmonie des Weltgebäudes zu suchen, deren innerlich erlebter Abglanz ebenso das geistige Gefüge menschlicher Rechenkunst und ihre Geltung im Raum wie auch das musikalische Gefüge der Töne in der Zeit sei. So entstand die Lehre von der Harmo­nie der Sphären, welche überall die pythagoreischen Zahlen und ihre inneren, geistigen Gegenwerte am Werke sah, die Welt aufzubauen, deren H armonie sich am Himmel im Zusammenwirken der sieben planetarischen Potenzen kundtat, deren jede zu der großen Weltmusik ihren Eigenton lieferte, den sieben Tonstufen der diatonischen Reihe der irdischen Musik entsprechend.

Die Zahlengesetze, welche die Intervallverhältnisse der irdischen Musik bestimmen, bilden eine Art Spiegelung der Gesetze der Him­melsmusik; wer ihr lauschen könnte, würde durch sie in ihr Geheimnis eingeweiht! Darum hängen auch Geometrie - die Abmessung im Raum- und Musik- die zeitlich erlebte Zahl- innigst zusammen.

Niemand, der nicht Mathematik und Musik besaß, durfte den Tem­pel der pythagoreischen Lehre betreten!

Etwa 2000 Jahre später ersteht der Welt in Kepler der geistige Erbe des Pythagoras - sein auserwählter Schüler!

Der Glaube an die göttliche Ordnung des WeltaUs erhellt seiner Intuition den Weg. Wie schon die Titel seiner beiden Hauptwerke Schöpfungsgeheimnisse in Weltentiefen und Die Zusammenklänge des Weltalls vermuten lassen, wird auch er zum Sucher nach dem Bauplan der Welt. Auch er versenkt sich in die Geheimnisse der pythagorei­schen Zahlen, die er als musikalische Bausteine, die die Maßzahlen der Planetenfunktionen bestimmen, auf das genaueste wiederfindet. Es stehen die Geschwindigkeiten und die Umlaufzeiten der Planeten zueinander in musikalischen Beziehungen, die er ihren genauen Ton­und Intervallverhältnissen nach berechnet; Abweichungen und Wie­de.reinstirnmungen wechseln, wie in der irdischen Musik. Schließlich errechnet er sogar die Urharmonie des ersten Schöpfungstages, die Gesamttonalität der Welt, die nur der reine Geist schaut.

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I. VORTRAG

Wenn aber die Umlaufzeiten und Geschwindigkeiten dem Harmonie­gesetz untertan sind, müssen es auch die Raummaße sein!

In welchen Zahlenbeziehungen stehen Umlaufzeiten, Geschwindig­keit und Entfernungen zueinander?

Hier beschert Keplers von Pythagoras inspirierte Intuition der Welt ein Geschenk, das wohl an die Seite des Lehrsatzes des Pythagoras gestellt werden kann - von dem das Delphische Orakel einst dessen Eltern prophezeit hatte, es sei ihnen ein Sohn bestimmt, der der gesam­ten Menschheit ein erhabenes Geschenk überbringen werde.

Ein ebenso erhabenes Geschenk an die Menschheit bilden nun die drei Keplerschen Gesetze, mit deren esoterischer Seite wir uns noch beschäftigen werden. In dem dritten dieser Gesetze wird der oben erwähnte Zusammenhang also formuliert:

Die Quadrate der Umlaufzeiten der Planeten verhalten sieb zuein­ander wie die Würfel ihres mittleren Abstandes von der Sonne. Aber weiter hinaus über all die hier zutage tretenden Zahlen sucht Kepler nach einem Konstruktionsplan des Weltgebäudes, der diesem sozusa­gen die Grenzen anweist, innerhalb derer sich seine Möglichkeiten auswirken.

Das Vorbild einer Vollkommenheit, die sich selbst die Grenzen anweist, ist die Tatsache, daß es nur fünf vollkommene regelmäßige Körpergestalten geben kann; d. h. Körper, die nach den drei Richtun­gen des Raumes symmetrisch gebaut sind, mit einem gemeinsamen Mittelpunkt. Diese fünf regelmäßigen Körper, deren Oberfläche sich aus regelmäßigen ebenen Flächen zusammensetzt, sind entsprechend den Zahlen 3, 4, 5 nur von gleichseitigen Dreiecken, Vierecken oder Fünfecken begrenzt. Vierflächner (Tetraeder), Achtflächner (Okta­eder) und Zwanzigflächner (Ikosaeder) weisen Dreiecke als Teile iluer O berfläche auf; der Sechsflächner (Würfel, Hexaeder) Vierecke und der Zwölfflächner (Dodekaeder) Fünfecke.

Kepler stellt nun diese fünf Gebilde derart ineinander, daß die ihnen um- bzw. eingeschriebenen Kugeln in den Verhältnissen ihrer Halb­messer tatsächlich die entsprechenden Verhältnisse der Halbmesser der Planetenbahnen aufweisen.

Zu äußerst liegt der Würfel; dann folgen: Tetraeder, Dodekaeder, Ikosaeder und endlich Oktaeder.

An der dem Würfel umschriebenen Kugel kreist Saturn, an der ihm eingeschriebenen Jupiter, in diese Kugellegt Kepler nun das Tetraeder; die diesem eingeschriebene Kugel trägt an ihrer Oberfläche die Mars­bahn; in diese dritte oder Marskugellegt Kepler weiter das Dodekae-

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DtE HARMONIE DES P LANETENSYSTEMS

der, dessen eingeschriebene Kugel an ihrer Oberfläche die Erdbahn trägt, während die Venusbahn wieder an der Oberfläche der dem Ikosaeder eingeschriebenen Kugel liegt, das der Erdbahnkugel einge­fügt ist. Den Abschluß bildet das der Venusbahnkugel eingefügte Oktaeder, an dessen Innenseite Merkur kreist.

Es würde zu weit führen, näher auf diesen Bauplan Keplers einzuge­hen; es soll aber nicht verschwiegen werden, daß Kepler auf Grund dieses Bauplans zu dem kühnen Schluß kam, es müsse zwischenjupiter und Mars einen unbekannten Planeten geben: intra jovem et Martern posui planetarn - »zwischen Jupiter und Mars setzte ich einen Plane­ten«. Etwa 170 Jahre später wurden an der entsprechenden Stelle die sogenannten Planetoiden gefunden.

In neuester Zeit wurde der Gedanke vom Erklingen der musikali­schen Grundintervalle im Planetensystem mit besonderer rechneri­scher Exaktheit von dem Wiener Privatgelehrten Dr. Ernst Müller in der Harmonik des Planetensystems wieder aufgenommen. Diese Schrift ist besonders darum interessant, weil in ihr wieder der Zeitge­danke in seiner Reinheit hervortritt. Müller berechnet, nach welchen Zeiten jeder einzelne Planet, von der Erde aus gesehen, mit der Sonne wieder in einer Linie steht, wie etwa die beiden Zeiger einer Uhr, und setzt die so erhaltenen Zeitwerte zueinander in Zahlenverhältnisse. Es ergibt sich zwischen

Merkur und Venus ein reines Terzverhältnis 1:5, Merkur und Mars ein reines Quintverhältnis 2:3, Mars und Jupiter ein rein~s Oktavverhältnis r:2,

so daß sich nun folgende Reihe ergibt:

Merkur : Mars : Jupite::r : Ve::nu:; = 2 : > : 6 : ro.

Etwa hundert Jahre nach Kepler entdeckte lsaak Newton das Gravita­tionsgesetz, das die in den Keplerschen Gesetzen ausgesprochenen Beziehungen zwischen Umlaufzeit und Sonnenabstand auf eine ein­zige wirkende Ursache, nämlich die >>allgemeine Massenanziehung<(, zurückführte und weiter den zwingenden Nachweis dafür erbrachte, daß tatsächlich die Planetenbahnen Ellipsen sein müssen, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht (1. Keplersches Gesetz). Hatte so Newton die physikalische Erkenntnisgrundlage für die Einheitlichkeit der Planetenbewegungen gegeben, so vervollständigte, wieder etwa hundert Jahre später, Immanuel Kant das Bild von der inneren Ge­schlossenheit des Weltgebäudes durch die Lehre vom gemeinsamen

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I. VORTRAG

Ursprung unseres Sonnensystems und seiner Entwicklung aus dem Urstadium eines kosmischen, rotierenden Nebels, durch dessen all­mähliche Verdichtung sich als schließliebes Resultat der gegenwärtige Zustand einer um die Sonne als Mittelpunkt kreisenden Anzahl von Planeten ergab, die insgesamt abgetrennte Teile einer ursprünglich geeinten Masse sind, der Sonne als ihrer gemeinsamen Mutter noch immer in anhänglicher Treue verbunden.

Indem nämlich die ursprüngliche N ebelmasse, die sich weit über die Bahn des äußersten Planeten (damals Saturn) hinaus erstreckte, sich allmählich zusammenzog, hinterließ sie - gleichsam als Residuen auf dem Entwicklungsweg ihrer fortschreitenden Verdichtung - in den entsprechenden jeweils äußersten Grenzen ihres immer dichte.r wer­denden Körpers der Reihe nach die einzelnen Planeten, die denn auch in dem Grad, wie ihre Entfernungen von der Sonne abnehmen, eine immer wachsende Dichtigkeit aufweisen (dies gilt allerdings nur annä­herungsweise). Diese Ausstoßung der einzelnen verdichteten Teile der Sonne vollzog sich naturgemäß in der Gegend des Äquators des Zen­tralkörpers, da hier die zentrifugalen Kräfte den höchsten Wert erlan­gen. Darum kreisen nicht nur alle Planeten in derselben Richtung, sondern liegen auch die Ebenen ihrer Bahnen alle nahe der Sonnen­äquatorebene!

Damit fügt Kant zu dem Erbe Keplers noch ein wichtiges Moment hinzu, auf dessen esoterische Bedeutung wir schon im Testament der Astrologie, Allgemeine Grundlegung, hingewiesen haben: die Lehre von der entwicklungsgeschichtlichen Zusammengehörigkeit aller Glieder des Sonnensystems, wobei die einzelnen Planeten aufeinan­derfolgenden Entwicklungsstadien der Sonne selbst· entsprecchen.

Aber es erweist sich Kant nicht nur als der Erneuerer Keplerschen Gedankengutes, sondern auch als der wahrhaft vom Geist des Pytha­goras inspirierte Schüler okkulter kosmischer Intuition. Er vermutet in der Tatsache der skalenartigen Dichtigkeitszunahme der Planeten von Satum bis Merkur eine Art Entwicklungsleiter der Organisationshöhe jener Wesen, denen die Planeten als Aufenthaltsort dienen, der Wesen, die, in je dünneren Leibern sie zu wirken bestimmt sind, eine immer höhere geistige Stufe einzunehmen vermögen, so daß die am gröbsten organisierten Wesen, weil in der dichtesten Materie verkörpert, darum auch »den Vorzug der größten Sonnennähe genießen ... «

Etwa 40 Jahre nach Kants Naturgeschichte und Theorie des Himmels veröffentlichte Laplace eine in den Grundzügen übereinstimmende kosmogonische Theorie, auf die in dieser flüchtigen Skizze nicht näher

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DIE WELTMUSIK

eingegangen werden soll; Laplaces Theorie ist wesentlich materialisti­scher gefärbt und ist bemüht, sich von allen »pythagoreischen Spekula­tionen« fernzuhalten.

Bald nach ·eiern Bekanntwerden der Kamsehen Hypothese veröf­fentlichte der Wittenberger Professor Titius 1766 die später unter dem Namen der Titius-Bodeschen Reihe. laufende Tabelle der Planetendi­stanzen, in denen et ein Ges.et:? wirksam fand, das bis dahin unbeachtet geblieben war und den pythagoreischen Gedanken von der Zahlenhar­monie des Weltalls in einem neuen Licht zeigte. Bezeichnet man die. Distanz des Planeten Saturil von der Sonne mit roo, so ergibt sich folgende Reihe:

4 (4+3) (4+6) (4+12) (4+24) (4+48) (4+96) Merkur Venus Erde Mars Jupiter Saturn

An der Stelle des fünften fehlenden Gliedes wurden bald ·nachher die ersten der Planetoiden entdeckt, von denen man jetzt schon über 700 zählt. Noch fehlt es bis heute an einem »Newton«, der den Grund dieser Gesetzmäßigkeit entdeckt hätte ...

Schopenhauer nimmt in seiner Art den alten Pythagoreischen Ge­danken der Ordnung der Sphären wieder auf und befindetsich hierbei,

.·anscheinend ohne es zu bemerken, in einer seltsamen Gedankenhar­monie mit Keplers Anschauung von der ordnenden Weltmusik.

Im Sinne seiner Metaphysik der Musik (11. Band des Werkes Die Welt als Wille und Vorstellung) ist die Musik der unmittelbar erlebte Abklang der Organisation des Weltganzen und insbesondere ihres Stufenbaus des· Lebens, in dem sich vier über~inanderliegende »Übjek­tivationsstufendes Willens« offenbaren als: Mineral-, Pflanzen-, Tier­und Menschenreich. Die vierstimmige Harmonie, die ihm die voll­kommenste. dünkt, widerspiegelt diesen Stufenbau in Gestalt der vier Stimmen: Baß, Tenor, Alt und Sopran; Sopran dem Menschehreich, Baß dem Mineralreich entsprechend.

Hierher zu rechnen wäre auch eine seltsame Bemerkung Schopen­hauers in seiner Parerga und Paralipomena, li. 6, § 82, über die Plane.­t.enmusik:

»In Rücksicht auf die Pythagoreische Harmonie der Sphären sollte man doch einmal berechnen, welcher Akkord herauskäme, wenn man eine Folge von Tönen im Verhältnis der verschiedenen Velozitäten der Planeten zusammenstellt~, so daß Neptun den Baß, Merkur den So­pran abgäbe.«

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1. VoRTRAG

Aber schon Kepler hatte es ausgesprochen, daß in der auch von ihm als vierstimmig bezeichneten Weltmusik die beiden äußersten Planeten Saturn und Jupiter den Baß singen, Mars den Tenor und Erde nebst Venus den Alt innehaben, während Merkur die Oberstimme ausführt.

Der Reihegedanke, wie er sich in der Titius-Bodesehen Formel ausspricht, findet nun aber bei Schopenhauer einen überaus prägnan­ten Ausdruck in einer Art astrologischer Spekulation, mit der er, der sonst der Astrologie eher feindlich gegenübersteht, den I. Band seiner Parerga und Paralipomena abschließt.

»Zwar ist nicht, wie die Astrologie es wollte, der Lebenslauf der einzelnen in den Planeten vorgezeichnet; wohl aber der Lebenslauf des Menschen überhaupt, sofern jedem Alter desselben ein Planet, der Reihenfolge nach, entspricht und sein Leben demnach sukzessive von allen Planeten beherrscht wird.- Im zehnten Lebensjahr regiert Mer­kur. Wie dieser, bewegt der Mensch sich schnell und leicht, im engsten Kreise: Er ist durch Kleinigkeiten umzustimmen; aber er lernt viel und leicht unter der Herrschaft des Gottes der Schlauheit und Beredsam­keit.- Mit dem zwanzigsten Jahre tritt die Herrschaft der Venus ein: Liebe und Weiber haben ihn ganz im Besitze. Im dreißigsten Lebens­jahre herrscht Mars: Der Mensch ist jetzt heftig, stark, kühn, kriege­risch und trotzig. - Im vierzigsten regieren die vier Planetoiden: Sein Leben geht demnach in die Breite: Er ist frugi, d. h. frönt dem Nützli­chenkraft der Ceres: Er hat seinen eigenen Herd, kraftder Vesta: Er hat gelernt, was er zu wissen braucht, kraft der Pallas: und als juno regiert die Herrin des H auses, seine Gattin. - Im fünfzigsten Jahre aber herrscht]upiter. Schon hat der Mensch die meisten überlebt, und dem jetzigen Geschlecht fühlt er sich überlegen. Noch im vollen Genuß seiner Kraft, ist er reich an Erfahrung und Kenntnis: Er bat - nach Maßgabe seiner Individualität und Lage - Autorität über alle, die ihn umgeben. Er will demnach sich nicht mehr befehlen lassen, sondern selbst befehlen. Zum Lenker und Herrscher inseiner Sphäre ist er jetzt am geeignetsten. So kulminiertJupiter und mit ihm der Fünfzigjährige. - Dann aber folgt im sechzigsten Jahre Satum und mit ihm die Schwere, Langsamkeit und Zähigkeit des Bleies ...

Zuletzt kommt Uranus, da geht man, wie es heißt, in den Himmel. Den Neptun- so hat ihn leider die Gedankenlosigkeit getauft- kann ich hier nicht in Rechnung ziehen; weil ich ihn nicht bei seinem wahren Namen nennen darf, der Eros ist. Sonst wollte ich zeigen, wie sich an das Ende der Anfang knüpft, wie nämlich der Eros mit dem Tode in

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D ER WEL TR,HYTHMUS

einem geheimen Zusammenhang steht, vermöge dessen der Orkus oder Amenthes, der Ägypter, der A.aJJ.ßavrov xa.i Stöm)<;; also nicht nur der Nehmende, sondern auch der Gebende und der Tod das große Reservoir des Lebens ist. Daher also, aus dem Orkus kommt alles und. dort ist schon jedes gewesen, das jetzt Leben hat ... «

Mit diesem Ausklang seiner Aphorismen zur Lebensweisheit stellt uns Schopenhauet wieder vor das Grunderlebnis des Weltrhythmus- vor das Auf- und Niedertauchen aus Zeit in Ewigkeit und umgekehrt, vor das Auf- und Untertauchen im unergründlichen Ozean des Weltge­dächtnisses - Auf- und Umei:tauchen, wie die naiven Radakerinnen Chamissos es in ihrem kindlicheil Reigen nachfühlten.

Halten wir aber solch esoterisch inspiriertet Erkenntnis, die sich von des Pythagoras Zeiten bis auf die Gegenwart durch alle Stufen astrono­misch-naturphilosophischer Forschung fortspinnt, entgegen~ was das materialistische Denken mancher moderrter Physiker an die Stelle solcher »mystischer Spekulationen« setzen möchte, so erhebt sich vor uns wieder das Gespenst eines sinnlosen Zufalls, der hier auf dieser Erde den im Universum äußerst seltenen, wenn nicht gar einzigen Fall organischen Lebens hervorgebracht hat, da nur diese Erde die Bedin­gungen aufweist: Temperatur von soundsoviel Celsiusgraden, Wasser, Luft usw., unter denen allein ein »Leben« möglich ist, während ande­rersehs die Planeten ihren Ursprung nicht einem aufbauenden, son­dern einem Zerstörungsakt verdanken, d. h. als Trümmer etwa. einer ehedem uns.ere Sonne nach Art derDoppe1gestirne am Fixs~ernhimmel umkreisenden zweiten Sonne jetzt unsere Sonne umflieg~n.

Niemand, der auch nur einmal am Kelch Pythagoreis<;her Weisheit genippt, kann ihnen mehr verfallen. Wir aber wollen für heute, da es uns zunächst darauf ankam, uns für die große Aufgabe, die unser harrt., s.eelisch und geistig und nicht zuletzt auch moralisch zu stärken, die Worte Keplers auf uns wirken lassen, mit denen er sein großes Werk Harm.onices mundi beschließt. Mögen sie als Weckruf zu allen dringen, die noch im materialistischen Schlafe befangen sind.

» ... Tycho Brahe glaubte, daß jene Weltkugeln nicht verlassen und öde seien, sondern von Bewohnern erfüllt. Weshalb sollte ich da zögern, den bunten Wechsel, den wir auf unserer Erdkugel schauen, durch Ratschluß Gottes auch auf den anderen Weltkugeln verwirklicht sein zu. lassen? Der die Arten geschaffen hat, die die Gewässer bewohnen, zu denen niemals der Luftstrom dringt, den die Lebewesen e.inziehen; der in das weite Luftreich Flügeltier gesetz~ hat mit .glänzenden

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I. VORTRAG

Schwing~n; der den schneereichen Nordländern die weißen Bären und weißen Füchse schenkte und ihnen dort Seewale und Vogeleier liefert zur Speise; der den heißdampfenden Wüsteneien Arabiens Löwen gab, Kamele den weithin gebreiteten Ebenen Syriens und sie mit dem Vermögen versah, Hunger und Durst zu ertragen: sollte der seine ganze Kunst an der Erdkugel erschöpft haben? Sollte er nicht imstande sein, seine große Güte nach seinem Willen auch den anderen Weltku­geln zuzuteilen? Sie mit Geschöpfen reich auszustatten, die augepaßt sind, sei es an Länge und Kürze der Umdrehungsdauer, an Ferne und Nähe der Sonne, an die Verschiedenheiten der Exzentrizitäten, an Glanz oder Verfinsterung der Himmelslichter, die in irgendeinem Himmelsstrich erstrahlen? ...

Nach ähnlicher Schlußweise werden wir auch von der Sonnenkugel Vermutungen aufstellen dürfen, die von den Harmonien und allem übrigen damit Zusammenhängenden herstammen. Sie sind von schwe­rem Gewicht, und wir können sie mit anderen Vermutungen verknüp­fen, die dem Naturreiche zukommen, nicht dem Geisterreiche, und sich der landläufigen Meinung besser fügen. Ist jene Kugel leer, und sind alle übrigen erfüllt, wo sonst alles andere zweckmäßig gefügt ist? Wie, wenn die Sonne durch die Flecken, die aus ihr herausbrennen und sie leuchtend umschweben, mit ihrem ganzen feurigen Leib und in hellschimmernden Flämmchen Licht ausstrahlt, so wie die Erde durch befruchtende Regenschauer genetzt wird und stetig ergrünt? Wem mag solche Veranstaltung dienen, wenn die Weltkugel selbst öde dahin­schwebt?

Ob, alle Sinne rufen es mit einem Male aus: Hier wohnen feuer­durchglühte Leiber, fähig, unmittelbare Anschauung zu fassen - hier in der Sonne herrscht das Geistfeuer, wenn nicht als König, so doch in seiner königlichen Veste.«

Durch solche Worte gestärkt und ermuntert, wollen wir nun an unsere Aufgabe gehen, zu erforschen, welche Kräfte die einzelnen Planeten dazu beisteuern, das Bild des einzelnen Menschen aus der ewigen Tierkreisperspektive der Menschheit auf die Erde herunterzuholen und die Gesetze, die hierbei am Werke sind, dem großen Weltenuhr­werk abzulauschen, in dessen geheimes Räderwerk wir heute einen schüchternen Blick zu tun versuchen.

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2 . VoRTRAG

Wir haben das letzte Mal versucht, uns ein Bild zu machen von dem großen Pulsschlag des Lebens, das den gesamten Kosmos durchglüht, dessen Äußerung überall in einem Gesetz des Rhythmus zutage tritt, das das Ringen und Kreisen der Planetenwelt gleich einem ungeheuren Uhrwerk beherrscht. In dieses Gesetz ist alles Geschehen eingeschlos­sen und nicht zuletzt das Menschenleben selbst, das Leben der Menschheit als Ganzes, wie auch jedes einzelnen, der im rhythmischen Zucken seines Herzens und der Lungen so gut das Adelszeichen seiner organischen Zugehörigkeit zum Ganzen aufweist, wie in der Gedächt­nisfunktion die unverlierbare geistige Brücke zum Zeitgesetz, durch das erst alles V ergangene Sicht und Zuversicht ins Reich des Zukünfti­gen erhält, das, mit Gegenwart und Vergangenheit zusammengedrängt in ein Einziges, Unnennbares und Unfaßbares, im Schoß der Ewigkeit ruht.

Wir haben weiter auch einen Blick tun können in die Geistesarbeit einer Forschung, die seit]ahrtausenden immerwieder um die Enträtse­lung der seltsamen Zahlenbeziehungen bemüht war, die in der Mecha­nik des Planetenuhrwerkes zutage treten, um so einen Weg zum inne­ren Sinn des kosmischen Gebäudes zu finden, dessen harmonische Architektur unzweifelhaft erschien. Nur daß diese Architektur die Seltsamkeit aufwies, ihr Ebenmaß sowohl im Raum als auch in der Zeit gleicherweise darzubieten.

Wahrlich, wenn das Wort von der Musik als einer bewegten Archi­tektur irgendwo sinnvoll angewendet werden kann, so ist es hier: der Planetenkosmos als sichtbar gewordene Weltmusik.

Nun soll es heute unsere Aufgabe sein, die geheimwissenschaftli­ehen Grundlagen zu finden, von denen aus der Blick gewonnen wer­den kann für die Rvlle, die innerhalb dieses Chores der Welten jeder einzelnen der sieben Stimmen zufällt, die wir als eine seltsam gereihte Kette von Boten bezeichnen konnten zwischen Zeit und Ewigkeit, Boten, die nach einem zunächst bloß erahnten Gesetz das Urbild des Menschen in tausend und abertausend immer wieder vergänglichen Gebilden auf die Erde herunterholen, in ihrer Gesamtheit erst das Ganze der Menschheit verwirklichend, wie etwa die einzelnen ver­gänglichen, kaum geboren, wieder verschollenen Töne in ihrer Ge-

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2. VoRTRAG

samtheit das Kunstwerk gestalten, das, indem es sich vor uns aufbaut, auch schon wieder vergeht) unvergänglich aber nur dort lebt, wo das Gedächtnis es in einen einzigen zeit-und raumlosen Punkt zusammen­drängt, aus dem es immer wieder hervorgehoben werden kann, in den es immer wieder zurückkehrt.

Und wie jeder Ton sozusagen das Erbe des eben verklingenden Vorgängers übernimmt, der seinerseits wieder geschwängert war mit dem Gedächtnis alles Vorangegangenen, um dieses Erbe an denfolgen­den weiterzugeben - Erfüllung zugleich vergangeuer Sehnsüchte und Sehnsucht künftiger Erfüllungen, um in seinem letzten Erben den unsterblichen Keim, aus dem der Anfang wurde, dem ewigen Gedächt­nis unversehrt zu übergeben! - , so steht jeder Mensch, hier zum Leben gekommen, als Erfüllung vergangeuer Sehnsüchte und Sehnsucht nach künftigen Erfüllungen, in einer Reihe, deren Keim - die göttliche Idee des Menschen - sich im letzten Sprossen der Menschheit wieder der Ewigkeit vermählen wird, dem Welcgedächtnis übergeben.

Der einzelne Mensch aber, zwischen Vergangenheit und Zukunft stehend, empfängt das Gesetz seiner Organisation als zeitliches Einzel­wesen durch die besondere Mischung, die die Kräfte der Vergangenheit und Zukunft in ihm erfahren, eben durch das Werk jener Boten, die sich zu ihm gesellen, ihm das Erbgut vergangeuer wie zukünftiger Impulse zu überbringen!

Wenn wir uns zunächst diesen Gedanken hingeben, scheint die Reihe der Planeten uns eine Art von Zeitspektrum darzustellen, in dem sich eine Skala des Werdens ausdrückt, die uns etwas von dem Geheim­nis der Beziehungen zwischen Vergangenheit und Zukunft und umge­kehrt verraten könnte, die sich durch das stets schwindende und im Schwinden immer gegenwärtige Tor des» Jetzt« die Hände reichen, des Jetzt als der einzigen Form der Zeit, in der das Menschenbewußtsein sie lebendig erfassen kann.

Lassen Sie uns ein wenig bei diesem Gedanken verweilen, auf solche Art in die Zeit gesandte Kinder der Ewigkeit zu sein, die den »Weg zurück« nur die Zukunft beschreitend wiederfirlden können, geleitet von den Boten dieser Ewigkeit - den planetarischen Kräften.

Damit aber finden wir uns nun wieder in jene kosmische Stimmung eingetaucht) mit der wir das letzte Mal schlossen, von der umwebt Schopenhauer die sdtsamen Worte vom Orkus sprach, »da alles schon gewesen und dahin alles wieder eingeht«.

So wären also der Weg zurück und der Weg in die Zukunft in Wahrheit ein Weg?

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DIE QUALITÄT DER ZEIT

Wahrlich, wenn moderne Mathematiker und Physiker die Idee eines »gekrümmten« Raumes fassen konnten, liegt es da nicht nahe, auch von der Idee einer »gekrümmten« Zeit zu sprechen, die (wie der Raum) nach einem uns noch unbekannten Gesetz wieder in sich zurücklaufen mag, ja gleich dem Kosmos selbst in die große Atmung auf ihre Art eingeschlossen wäre?

Dann wäre diese Krümmung der Zeit, die wir uns natürlich nicht räumlich vorstellen dürfen, bzw. ihr Krümmungsmaß, in der Tendenz zu suchen, im Zukünftigen eine Art Wiederholung des Vergangeneo hervorzubringen, so daß, was wir das letzte Mal die Kraft des Gedächt­nisses genannt haben, sich jetzt als das im Bewußtsein erlebte Korrelat dieser Zeitkrümmung darstellt. Damit aber gelangen wir schon jetzt zu einer wichtigen Schlußfolgerung. Denn, was wir das letzte Mal ganz allgemein als die Qualität der Zeit bezeichnet haben, wird jetzt zu der Fähigkeit der »Zeit«, in jedem ihrer Momente als ihr eigener Erbe aufzutreten und diese Er bkraft jeglichem in ihrer Domäne in Erschei­nung tretenden mitzuteilen in Gestalt des Gedächtnisses. Dieses er­scheint demgemäß als die Fähigkeit, Späteres zu Früherem in stetiger Beziehung zu unterhalten, so daß es immer wieder verjüngt und erneut zutage treten kann. Aber ehe wir uns solchen Gedanken hingeben, die ja durchaus in der Linie der geheimwissenschaftlich-astrologischen Grundanschauung liegen, wollen wir an einem einfachen Beispiel, das uns das tägliche Leben bietet, lernen, wie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in einer untrennbaren lebendigen Wechselbeziehung ste­hen. Denken wir etwa an die Reihe der aufeinanderfolgenden Genera­tionen, dann zeigt sich, daß das >>Kind« auf zwei verschiedene, ja geradezu entgegengesetzt gerichtete Arten zwischen Vergangenheit und Zukunft steht. Denn die »Eltern« stellen eine Lebensform dar, in die das Kind est hineinwachsen wird, sind Repräsentanten eines Reife­zustandes, der für das Kind noch Zukunft bedeutet. Und doch sind es zugleich die Älteren, sind also zugleich Boten aus dessen Vergangen­heit.

Noch deutlicher wird, was durch dieses Beispiel ausgedrückt wer­den soll, wenn wir an das uralte Schulproblem »Ei und Huhn« denken; denn das Ei, daraus das Huhn ward, ist Vergangenheit, das Ei, das das Huhn legt, ist Zukunft. Aus dem Ei kommt und ins Ei geht wieder ein, was die formende, ewig lebende Idee der Huhnheit ausmacht, aus der jedes zeitliche Ei entspringt.

In diesem Sinne sprach Xenophanes (Zeitgenosse des Pythagoras), der in der Geschichte der Philosophie als der Begründer der »Einheits-

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2. VORTRAG

lehre« gilt, von einem »ewigen«, jenseitigen, und einem »zeitlichen« Ei.

Damit aber sind wir wieder unmittelbar an die Fforte der esoteri­schen Kosmogonie gelangt.

Nehmen wir hinzu, daß das graphische Symbol für dieses ewige Ei, das gleichermaßen am »Anfang« wie am »Ende« der Zeiten steht, immer der leere Kreis, d. i. die Null war - deren Gestalt wir, teils als Kreis, teils als Halbkreis, bei allen Planetensymbolen wiederfinden - , so begreifen wir wohl, daß wir hier uralte Gedankenspuren eines ehedem geheimen Wissens vor uns haben, das die Planetenfunktion in einer wahrscheinlich untrennbaren Verbindung zum kosmogonischen Offenbarungsakt sah.

Nun haben wir darüber schon im 5· Vortrag der Allgemeinen Grundlegung im allgemeinen gesprochen. Wir sahen dort die Erde selbst als Repräsentanten der vierten Stufe eines kosmogonischen Pro­zesses, der vom 0 ausgehend, dahin wieder zurückkehren muß, und

Abb. 3

gaben dazu obige schematische Zeichnung, die uns die zunächst ganz allgemeine Vorstellung verschaffen sollte, welche Gedanken zu der Aufstellung der Planetensymbole geführt haben mögen .

Heute nun soll es unsere Aufgabe sein, Schritt für Schritt die Grund­lagen zu gewinnen, aus denen mit logischer Konsequenz die Bedeu­tung der einzelnen Planeten für die Artung des individuellen Menschen abgeleitet werden kann.

Dazu wird es aber nötig sein, daß wir uns in die esoterische, geheim­wissenschaftliche Seite des kosmogonischen Problems vertiefen. Dies ist um so wichtiger, als das exoterische Denken angesichts dieses Problems stets in Hilflosigkeit verfällt, sobald es gilt, die letzten Kon­sequenzen zu ziehen.

Alle kosmogonischen Theorien setzen den »Anfang« in eine Art rotierende kosmische Nebelmasse, aus der sich allmählich durch fort­schreitende Verdichtung leuchtende, kugelartige Gebilde formen, die nun ihrerseits den Ausgangspunkt für die Entstehung einer Planeten-

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DER »ANFANG« DER WELT

weit bild~n können. DerUrsprung dieser Rotation, die (das wollen wir wohl beachten) sei:tens des exoterischen Denkens an den Anfang ge­stellt wird, bleibt unerklärlich - wie das Entstehen der Nebelmasse selbst.

Erschöpft sich aber einmal diese Drehung etwa durch die Brems­kräfte eines kosmischen Widerstande~, dann gibt es keine Wiederer­weckung aus solch kosmischem Tode, es s.ei denn durch den Zusam­menp.rall zweier Weltkörper, der mit der Vernichtungskatastrophe, die ihn begleitet, zugleich auch wieder die Bedingungen für das Ent­stehen einer neueil initialen Nebelmasse schafft. Zwei Dinge wollen wir nun wohl beachten: erstens, daß auch die exoterischen Weltent­stehungshypothesen die Drehung, d. i. den Rhythmus, an den Anfang setzen, und zweitens das geistige Drehmoment eines solchen theore­tischen Denkens, das Anfang und Ende einyr kosmischen Weltenpe­riode ineinandergreifen läßt. Damit aber ist bereits der Anknüpfungs­punkt gegeben für die geheimwissenschaftliche Seite des kosmogoni­schen Problems.

Für das esoterische Denken fällt der »Anfang« der Welt zusammen mit der »Offenbarung<< der Welt, die nur als Selbstoffenbarung_gedacht. werden kann, d. h. als die im Weltbewußtsein selbst aufleuchtende. Tatsache seiner Existenz. Das Problem wird so mit einem Schlag aus ein~m physikalischen Problem zu einem metaphysikalischen, meta­physischen Problem. Denn die immer bereite Frage, was denn»vor« dem Anfang war, wird in Ansehnung jener metaphysischen Fassung des Problems sinnlos, da die >?Zeit« erst da ist, wenn jene Offenbarung geschehen - und. die Frage nach dem »Früher« oder einem Sein, das >>vor ·der Zeit« läge, ein Denkfehler derselben Art wäre, wie der von Schopenhauer mit aller Schärfe gerügte Versuch, sich eine Welt vorzu­stellen, die unabhängig von der Vorstellung, also unabhängig von der Tatsache, daß sie vorgestellt oder gedacht würde, da wäre!

Es kann also ein Zustand des nichtoffenbarten Seins der Welt nicht nur nicht gedacht werden - er darf auch nicht »vor die Zeit gesetzt« -, sondern muß, wenn überhaupt, »jenseits der Zeit« gesetzt werden -und dieses »jenseits der Zeit« ist es, was wir die »Ewigkeit« nennen wollen.

Zwischen Ewigkeit und Zeit steht demnach der Offenbarungsakt, durch den allererst mit der Welt zugleich auch die Zeit in die Offenba­rung emtntt.

Nun haben wir im 5· Vonrag der Allgemeinen Grundlegung hier-Uber ausführlich gesprochen. .

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2.. VoRTRAG

Nichtsdestoweniger erweist es sich jedoch als nötig, aJif das d:ort Ausgeführte, wenn auch in aller Kürze, noch einmal zurückzukom­men.

»Offenbarung der Welt~' heißt, daß diese sich selbst zum Gegen­stand des Erlebens wird. Dies ist jedoch nur durch ein »Sich-selbst­Gegenübertreten<< möglich, womit ein Zerfall in Subjekt und Objekt gegeben ist, deren Identität sich im Akt des Seihsterlebens stets aufs neue herstellt.

Dieser Erkenntnis zufolge stehen wir vor dem Grundaxiom aller Einheitslehten, das durch die esoterische Gleichung gegeben ist: I= 3·

Die Einheit des Ganzen ist mithin nur als Dreiheit möglich, und die drei Pole der Einheit haben wir für unsere Zwecke stets bezeichnet mit den drei der indischen Offenbarungslehre entlehnten Ausdrücken Ra­jas (1), Tamas (2) und Sattwa (J).

Hierbei ist wohl zu beachten, daß der Tamas-Pol, als der weibliche Pol, seit jeher als der eigentliche Generator der offenbarten Welt angesehen wurde, als der aus I emanierte Spiege~, aus dem aJlererst I,

das männliche Prinzip, sich gleichsam als sein eigenes Spiegelbild wieder empfängt und sich an diesem immer wieder verjüngt. Tamas: der kosmische Lebens- und Daseinsspeicher oder das unve,rgängliche Weltgedächtnis.

In 2 - Tamaß - ruhen alle Möglichkeiten der Zukunft und harrep ihrer Wiedererweckung! Tamas ist zugleich Hort der Vergangenheit und Quelle zukünftiger Wirklichkeiten!

Aus Tama.s kommt, wie aus dem Ei, alles, und in Tamas geht, wie in das Ei, alles wieder ein. Man wäre versucht, in .2 eine Art pforte zu sehe.n zwischen Zeit und Ewigkeit. Die Sehnsucht, hinter diese P{one zu blicken, erwies sich tatsächlich seit jeher sJ;ärker als die klare Ver­nunft, welche die Sinnlosigkeit des -»Vor-der-Zeit-Seins« unwiderleg­lich erkannte.

Es ist aber nun einmal eine unabweisbare Forderung des linearen Denkens, nirgends ein »Ende« einer Reihe annehmen zu können; und wie das mathematische Denken die Zahlenreihe ·nicht nur von Eins an ins Unendliche fortzuführen genötigt ist, sondern sogar in entgegenge­setzter Richtung hinter die Eins zurückzugehen und so in den Bereich der negativen Zahlen fortzuschreiten, die gleichsam hinter der Pforte der Wirklichkeit liegen - so will das Denken .auch rückschreitend hinter den Anfang der Dinge, ja hinter den Anfang der Zeit selbst vorstoßen und muß so folgerichtig zu der Annahme einer »negativen

JO

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DIE PERIODISCHE WELTOFFENBARUNG

Existenz« gelangen, die so wie die negativen Zahlen hinter der Null ein hypothetisches Dasein fuhrt.*

Die Null selbst aber wäre sodann der Zahlenspiegel oder die Pforte zwischen zwei Zahlenwelten, der negativen und der positiven - das ewige Ei der Mathematik, die Brutstätte aller Zahlen oder die Mutter aller Wirklichkeiten mit positiven und negativen Vorzeichen.

Übertragen wir aber nun diese Gedanken ins Kosmische, so gelan­gen wir folgerichtig zu der Idee einer Fortsetzung des Offenbarungs­aktes nach der negativen Seite der Zeit, d . h. wir gelangen dazu, die offenbarte Welt auf die positive Seite einer Welle zu setzen, deren negative Seite der nich~offenbarte Zustand derselben Welt wäre.

Abb. 4

Die. offenbarte Welt

~~ "C/~ En soph - Apeiron

Damit aber kommen wir konsequenterweise zu der Annahme einer periodischen Weltoffenbarung und eines periodischen Weltversinkens in jenen Zustand, der »vor der Zeit<< liegt- in das Uilerkennbare- ewig Verhüllte, das »Apeiron« (i't7tetpov) des Anaximander oder das En soph der Kabbalisten!

Zwischen den Weltentstehungen und Weltvergehungen liegt aber nun wieder der Nullpunkt des Seins, das Ei, das, nach oben gewandt, das zeitliche Ei ist, nach unten gegen den Orkus gerichtet, das ewige Ei; die ewige Mutter der Inder und Ägypter, die große Mutter MA oder das Ur-Tamas.

Es ist übrigens merkwürdig genug, daß auch die exoterische Kosmo­gonie zu ähnlichen Hypothesen einer Weltpulsation gelangt ist. Die Welt,. die aus dem Urnebel ward, hat auch ihre Jugendzeit, ihre Reife­zeit und ihr Altern . . Die Sohne wird dereinst erkalten, die Phmeten, einst aus ihrem Schoß geboren, werden in ferner Zukunft,. an der Weltreibung allmählich ihrer Schwungkraft beraubt, wieder zu ihr zurückkehren. Aber dann mag es nach vielen Jahrmillionen oder -bil­Lionen einmal ges.chehen, daß der Zusammenstoß mit einer anderen, erstorbenen Welt die schlummernde Kraft wieder erwecken wird. Und

* TatSächlich steht die Null in der Zahlenreihe .•. 3 - , 2-, 1 -, o, + 1, + 2, + 3 . .. an der Stelle der gerad.en, weiblichen Zahlen. Das Symbol für das Ei und die Null ist dasselbe.

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2. VORTRAG

wenn aus diesem Zusammenstoß dereinst wieder neues Leben erblüht - eine neue Sonne, neue Erden, Venusse, Marsesich aus dem Schoß eines neuen Urnebels loswinden, dann werden sie reicher sein, als sie heute sind, denn sie werden neben der Natur, die ihnen aus dem dann vorwaltenden Verhältnis zur Sonne zukommen wird, auch noch das Erinnerungsgut all desen besitzen, was früher Lebensziel des gemein­samen Sonnensystems gewesen, darin sie ihren wohlgemessenen Platz hatten; und wenn dann aus dem verschollenen Gedächtnis einer ver­gangeneo Weltepoche allmählich Stück für Stück der Vergangenheit wieder auftaucht, wird es zugleich zum Richtungsideal einer noch nicht verwirklichten fernen Zukunft .. .

Kehren wir nun wieder zur Schlangenlinie des Offenbarungsaktes zurück, und betrachten wir einesjener Teilstücke, die über der o-Achse

Abb. 5

Brahmas Tage Brahmas Nächte

liegen, als einen Brahma-Tag oder eine Weltperiode, die aus dem Apeiron aufstieg und dereinst wieder in dieses eingehen wird - dann wird auf dieses Stück alles anzuwenden sein, was wir seinerzeit über die Offenbarung der Zahl r als Dreiheit ausgesagt haben (siehe Allge­meine Grundlegung, 2. Vortrag).

Wir haben in diesem Teilstück eine Welt vor uns, die sich auf dreifache Art zur Einheit zusammenschließt, selbst aber nur einer höheren Einheit weiblicher Pol ist, d. h. der sichtbar gewordene Spie­gel (Maja) eines ewig unsichtbaren, jenseits von Zeit, Raum und Kausa­lität gelegenen »Apeiron«. Diese nun als sekundär erkannte Einheit der offenbarten Welt mit ihrem Rajas-, Tamas- und Sattwa-Geschlecht zerfällt jedoch weiter in die ungezählten weiteren Teileinheiten, in deren jeder sich das Dreifaltigkeitsgesetz der ursprünglichen Offenba­rung wiederholt.

Durch jene Vervielfältigung auf dem einen Ast der Weltschwingung entstehen weitere Teilschwingungen - gleich den sogenannten Ober­oder Teiltönen in der Musik, so daß das obere Stück der Wellenlinie nun folgende Gestalt annimmt:

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DAS URWORT

Abb. 6

Stellen wir uns nun etwa vor, daß die »schlafende« Welt, ehe sie durch die Piorte der Null oder des Eies in die »wache« Phase eintrat, gleich­sam durch das allmächtige »Es werde« zum Dasein aufgerufen wurde und daß dieses schöpferische »Wort« zugleich das Drehmoment des Weltenwerdens - die Sauwa-Schwingung- zur Offenbarung brachte, dann steht wieder mit der Kraft einer Vision em Bild vor uns, das sein physikalisch greifbares Analogon in jenen seltsamen Figuren besitzt, die in der Physik als die Chladnischen Klangfiguren bekannt sind und entstehen, wenn eine bis dahin ruhende, mit leichtem Blütenstaub bestreute Metallplatte etwa mit dem Geigenbogen an der Kante ange­strichen wird.

Dann sammelt sich das bewegliche Pulver an den sogenannten Kno­tenpunkten der schwingenden Platte zu Linien, die gleichsam die Straßenzüge bilden, in die alles Bewegliche, das die Platte enth.ält, eingesogen wird, wie durch ein befehlendes Wort unwiderstehlich getrieben. So mag das Urwort, das schöpferische »Werde«, am Anfang im Urnehel des werdenden Kosmos die späteren Planetenbahnen ge­schaffen haben, die mithin gleichsam Obertöne des schöpferischen Gotteswortes wären! Wahrlich, so könnte die seltsame Reihe, die Titius-Bode gefunden haben, eine Art Obertonreihe des »Logos« selbst sein.

Sieben Obertöne der ewig dunklen »ersten Ursache«, die durch sich selbst da ist?

Könnten wir den Nachweis führen, daß die Siebenzahl, die ja zu­gleich auch die Zahl der biblischen Schöpfungstage ist, eine innere Zahlennotwendigkeit darstellt (wie dies in Tierkreis und Mensch von der Zwölfzahl in bezugauf den Tierkreis gezeigt wurde), dann wären wir an det Schwelle einer Erkenntnis, die uns unmittelbar zum astrolo­gischen Sinn der Planetenfvnktion hinleiten müßte. Dann würden wir

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2. VORTRAG

auch verstehen können, daß jener einfältige Gesang der Frauen von Radak tatsäeblich ein tiefes Geheimnis in sich birgt - dann wären die sieben Planeten der Ausdruck einer Siebenfähigkeit des Offenbarungs­aktes, die in irgendeinem tieferen Zusammenhang stünde mit der Ur­dreiheit?

Obertöne des Gotteswortes - die Kraftlinien der Planetenbahnen, nebst den in sie eingesogenen Planetenkörpern, Obertöne des Gottes­wones alle in der offenbarten Welt tätigen Gesetze der kosmischen Weltmusik?!

Nun haben wir über die Siebenzahl der Planetenfunktion im 5· Vor­trag der Allgemeinen Grundlegung schon Wesentliches ausgesagt. Es wurde dort gezeigt, wie die Entwicklung des Menschen aus vergange­nen Organisationsstufen des mineralischen, pflanzlichen und tieri­schen Seins auf ihrer vierten Stufe das Menschentum erreicht und von hier aus notwendig durch drei weitere Schritte wieder zu jenen Kräften zurückleiten muß, aus denen sodann

das Mineralische (Ausdruck des festen, umwandelbaren Willens), das Pflanzliche (Ausdruck der höchsten Liebe) und das Tierische (Ausdruck der höchsten Weisheit)

nach der Ich-Gewinnung auf die Menschenstufe gehoben werden muß, damit der vollendete Mensch als der rechtliche Erbe der drei unter ihm liegenden Reiche, die er nun in sich eingewirkt, das sieben­fältige Schöpfungswerk kröne.

E 1 Mineral Vollendetes Ich 7 F

W2 Pflanze Geist 6 L

L 3 Tier Seele 5 W

F 4 Mensch Körper 4 E

Abb. 7 Mensch (Ich)

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DIE BEDEUTUNG DER PLANETEN

Demnach würde 7 die höchste, entwicklungsmäßig zu erreichende Vollkommenheit des Menschen darstellen, 1 bis 3 die Vergangenheit, 4 die Gegenwart, s bis 7 die Zukunft.

Es dürfte n"!ln genügend deutlich geworden sein, wie wir uns in esoteri­schem Sinn das Ineinandergreifen von Vergangenheit und Zukunft auf der Arena dieser Erde mit Hilfe der Planetenkräfte und ihre Mitder­rolle zwischen Zeit und Ewigkeit vorzustellen haben. Damit aber sind wir, wenn auch auf einem weiten Umweg, wieder zu dem Gedanken zurückgekehrt, daß wir in den Planeten insgesamt Vermitder zu sehen haben, deren Aufgabe es ist, die dem Menschen sonst unfaßbare Spra­che der Tierkreiswesenheiten derart zu transformieren, daß sie seinem Fassungsvermögen angeglichen wird, d. h. an die Stelle der Ewigkeits­wcrte dieser Sprache deren zeitlieb Olbgewandelten Sinn zu setzen, dessen jeweilige Abwandlung der Entwicklungsstufe parallel geht, die die Menschheit im allgemeinen oder der einzelne Mensch im besonde­ren jeweils innehat. Dann aber ist - und das muß mit aller Schärfe ausgesprochen werden - diese Seite der Planetenfunktion nur mit Hilfe der Kenntnis der Tierkreiswirkungen zu erfassen, wie sie in Tierkreis und Mensch beschrieben wurden. DieFrage nach der Eigen­art der Bedeutung der einzelnen Planeten zerfällt demnach in zwei Teilfragen - erstens in die Frage nach der Besonderheit oder der Qualität der Siebkraft des einzeinen Planeten und zweitens in die Frage nach der Zugehörigkeit zu einem besonderen Tierkreisabschnitt, des­sen Verwaltung er sozusagen innehat.

Werfen wir zunächst einen unbefangenen Blick auf die Konstitution unseres Planetensystems, in dessen Zentrum die Sonne steht. Um sie kreisen in stets wachsenden Abständen zunächst Merkur, dann Venus, Erde mit Mond, Mars, hierauf die Gruppe der Planetaiden (vielleicht insgesamt Trümmer eines ehemaligen Planeten, der aus unbekanntem Grund aus der Reihe gestoßen wurde, vielleicht Planetenschutt, der in die präformierte, zwischen Mars und Jupiter gelegene Planetenbahn eingesogen wurde), es folgen Jupiter und Saturn und außerhalb der Saturnbahn Uranus (1781), Neptun (1847) und Pluto (r930).

Wiederholt.wurde seitens einzelner Astronomen das Vorhandensein eines zwischen Merkur und Sonne kreisenden Planeten Vulkan be­hauptet, der wohl als noch ungeboren, d. h. im Sonnenleib enthalten, angesehen werden müßte. Ordnen wir nun die Planeten nach ihrer Entfernung von der Sonne, vom nächsten zum fernsten fortschreitend, in eine Reihe, so nimmt diese folgende Gestalt an:

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2. VoRTRAG

Sonne- Merkur- Venus - Erde- Mars ... Jupiter- Saturn- Uranus - N eptun - Pluto ...

Es tritt aber nun die Aufgabe an uns heran, auf Grund der bisher gewonnenen Kenntnisse der Reihung der Planeten sowie der polaren Gegensätzlichkeiten innerhalb dieser Reihung die Eigenart jedes ein­zelnen Planeten zu erforschen, d. h. zu bestimmen, welches der Sinn der besonderen Botschaft sei, die er als Bote der Ewigkeit zum eben geborenen Menschen zu tragen hat. Mit der Lösung dieser Aufgabe werden ja die nächsten Abschnitte dieses Buches zu tun haben. Für heute aber wollen wir, um vor allem den Ausgangspunkt für die Behandlung jener Probleme zu gewinnen, uns der Betrachtung von Sonne und Mond zuwenden, jener beiden Planeten, die eine Zusam­mengehörigkeit besonderer Art zu besitzen scheinen, die im Sinne der bereits ausgeführten Tatsachen ähnlich zu verstehen sein wird, wie etwa die Zusammengehörigkeit der beiden Polaritäten von Saturn (+) und Saturn (- ),wobei wir vorläufig die uns überlieferte Zuordnung bloß übernehmen wollen, ohne sie noch zu begründen. Erst wenn es uns gelingt, auf Grund unserer esoterischen Einsichten unzweifelhaft darzutun, daß die Funktion von Sonne und Mond nur in den Zeichen Löwe und Krebs zu Hause sein kann, wird sich die oben angeführte Zuständigkeit der übrigen Planeten in den entsprechenden Zeichen aus ihrer natürlichen »Reihung« von selbst ergeben.

Kehren wir nun nochmals zu dem Gedanken der periodischen Welt­offenbarung zurück, dann kann es wohl keinem Zweifel unterliegen, daß wir die offenbare Phase der Welt, also ihre Tagseite, als die weibli­che Phase des Weltenwerdens anzusehen haben, als jene Seite, die sich zum Ewig-Jenseitigen, d. i. dem Vaterprinzip, verhält wie etwa die im Stoff verwirklichte Formidee zur reinen Idee dieser Form, wie das Element Erde zum Element Luft oder wie das Element Wasser zum Element Feuer (siehe Tierkreis und Mensch, 5· und 6. Vortrag).

Die ()ffenbarte Welt ist weiblich.

Was wir innerhalb der offenbarten Welt männlich und weiblich nen­nen, sind sekundäre Differenzierungen innerhalb der durchaus weib­lich gearteten offenbarten Welt. Wenn am »Anfang« der Keim der Welt gleichsam aus der Erinnerung des Ewigjenseitigen wieder auftaucht, dann ist dieser »Weltkörper« (wir mögen ihn die Sonne oder das Sonnenprinzip nennen) im Verhältnis zum Jenseitigen schon eine Pro­jektion des Unfaßbaren auf der stofflichen Ebene.

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DAs SoNN~NPRINZIP

Die Sonne, der Wesenskern unseres Planetensystems, ist im Verhalt­nis zum ewig verhCirgenen Vaterprinzip, was in dieser Welt im Verhält­nis zum Sonnenprinzip das Mondprinzip ist: das Weibliche, Mütterli­che. Und wie im Mondprinzip die Bewahrung aller Spiegelungen liegt, die aus dem Sonnenprinzip in jenes strahlen, so ist die Sonne, als der Keim aller Planeten, geschwängert mit den Erinnerungen aller vergan­geneo Weltentstehungen und Weltvergehungen! In ihr liegt gleicher­maßen das Jenseitsgedächtnis all dessen, das je gewesen, als auch dessen, das erst sein wird. Vergangenheit und Zukunft in eine einzige keimhafte Einheit zusammengeschlossen - das Weltenei.

D.ie Sonne 1st in dieser offenbarten Welt das Spiegelbild des jenseiti­gen Vater,prinzips, vertritt hier das Urmännliche, bleibt aber für die jenseitige und von ihr aus betrachtet nur ein Schemen- »Schem-Esch« -,im Hebräischen die Bezeichnung für die Sonne, wörtlich: Name des Feuers.

Es ist darum auch weiter begreiflich, daß der zweite Ahleger dieses Vaterprinzips, das Mondprinzip, demnach als eine sekundäre Sonne anz~sehen ist, d. h. als jenes Prinzip, das in der materiellen Welt zum Repräsentanten alles Mütterlichen wird, d. i. das »irdisch«. Weibliche. Nun ist aber der wesentliche Unterschied des Verhältnisses zwischen dem Sonnen- und Mondprinzip in dieser Welt gegenüber dem Apei­ron, daß es nur in dieser Welt die beiden Grundsexualitäten und ihre· Vereinigung geben kann oder, prägnanter ausgedrückt, daß es all das, was wir die kosmische Sexualität genannt haben, nur in dieser Welt gibt, in der Sonne und Mond nebeneinander .sichtbar sind.

Nur in dieser offenbarten Welt gibt es ein Sonnen- und ein Mond­prinzip. Das Sonnenprinzip aber steht an der Grenze der Weltoffenba­rung und hat demgemäß zwei Gesichter - ein Gesicht, das nach >>drüben<< gewandt ist 0, das unaussprechliche innere Licht, und die »herüber«· leuchtende Sonne: das Licht der Welt 0. Beide Lichter gruppieren sich um den gemeinsamen Kern einer nur innerlich erleb­baren G<moffenbaru.ng, die in der Seele des sich ihr öffnenden Men­schen aufersteht, wie d<).s »Kind« sich bildet im Leib der irdischen Mutter.

In diesem Sinne gaben auch die Alten dem Sol)nenprinzip zwei Namen: Die äußere weltliche Sonne hieß Helois-Apollo, die innere Sonne, die nur durch einen mysti~chen Akt der Cottempfängnis, in dem sich solcherart hinopfernden Menschen geboren werden konnte, wurde in den Mysterienkulten der alten Welt stets als »Kind«, das ist das im Menschen verjüngte Abbild des ewig jenseitigen Vaterprinzips

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2. VORTRAG

dargestellt und in verschiedenen Gestalten, als Dionysos oder Bacchus oder auch als Adonis, gefeiert.

Es liegt uns fem, in das labyrinthische Gewirr durcheinanderfluten­der, mythologisch und dichterisch ausgestalteter Schauungen der anti­ken Welt eingehen zu wollen, die überhaupt so wenig wie der Gordi­sche Knoten entwirrt oder in begrifflich scharf umrissene Gedanken­formen eingefangen werden können. Der Hinweis auf den eben er­wähnten mythologischen Legendenkomplex konnte aber nicht ver­mieden werden, da schon dessen Zusammenhang mit der anläßlich der Besprechung des Widder- oder Frühlingspunktes erwähnten mysti­schen Tatsache der Opferung und des Todeserlebnisses zeigte, d aß es sich hier um tiefstgehende esoterische Erlebnisse des Weltgeheimnisses handelt.

Denn aus allem, was die alten Kulte des Bacchus, Dionysos oder Adonis gemeinsam hatten, dringt immer wieder hervor das Verlangen, aus den Tiefen eines Sehnsuchtsrausches nach Erlöschen des zeitlichen das ewige Leben zu gewinnen, den Tod überwindend. Damit aber klingt, was solcherart zur inneren Sonnenfunktion als Grenzwert des Sonnenerlebnisses wird, an all das an, was wir in Das Testament der Astrologie. 1. Band: Aligemeine Grundlegung. Tierkreis und Mensch als dem Widderzeichen zugehörig erkennen mußten.

Wir haben es hier nicht mit der weiblichen, d. i. weltllchen Sonne zu tun, sondern mit deren anderer Hälfte, die ewig jenseitig bleibt. Einen solchen zum Teil auch im Jenseitigen urständigen Planeten, dessen Funktion daher stets von einer Krafterneuerung begleitet ist, die aus jenseitigem Bereich fließt, wollen wir nun auch im folgenden stets als den Planeten »in seiner Erhöhung« bezeichnen. Die »erhöhte« Sonne gehört demnach in den Strahlenbereich des Widders, des Zeichens, das zwischen Tod und Leben steht. Wohin aber gehört die Sonne, die völlig in dieser Welt leuchtet- der weibliche Abglanz eines ewig unfaßbaren jenseitigen >>Vaters«?

Wenn wir uns nun überlegen, daß das höchste in der Welt wirkende Prinzip im Sinn der alchimistischen Stufenleiter des offenbarten Le­bens das Feuerprinzip ist, das Prinzip des Wollens, dessen Brennpunkt im menschlichen Mikrokosmos das »Ich« vorstellt, dann kann der Platz dieser Sonne als Generaldetektor des gesamten Tierkreises nur in einem Feuerzeichen, und zwar in demjenigen gesucht werden, das dem Tamas-Geschlecht der Feuerqualität entspricht: im Zeichen des Lö­wen. Der »Löwe« ist der Sonne Thron.

Wo aber ist der Platz des Mondes? Daß dieser nur in einem Nachbar-

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DAS MONDPRINZIP

zeichendes Löwen sein kann, ist wohl ohne weiteres klar. Wenn wir die immer durchaus reziprok .geartete Beziehung zwischen den beiden Himmelslichtern, wie sie in der Bibel genannt werden, bedenken, dann kann nurdas Zeichen Krebs oder Jungfrau dem S~rahlungscharakter des Mondes die entsprechende Grundlage geben.

Wie ist. nun diese Frage zu lösen? Daß Sonne und Mond seit jeher eine Gruppe der innigsten Zusammengehörigkeit bildeten, darüber kann wohl kaum ein Zweifel bestehen. In der Mythologie der Griechen und Römer erscheinen die mit den beiden Himmelslichtern verbundenen Gottheiten Apoll und An:emis (Diana) als Geschwister, mit ähnliche.n Symbolen bedacht-beide mit Bogen und Köcher ausgerüstet. Astrono­misch betrachtet, fällt die Ähnlichkeit der beiden Gestirne mit besond.e­rer Intensität in die Augen. Beide Gestirne erscheinen optisch von gleichem Durchmesser; beide Gestirnesenden Licht zur Erde, das weit über die Intensität des Licht.es der anderen Sterne und Planeten hinaus~ geht. Sonne und Mond sind weiter unter den Planeten die einzigen, deren Lauf niemals rückläufig werden kann. Vor allem aber ist es ihre optische Größe, die sie über den Rang aller übrigen Gestirne weit hinaushebt.

Wenn nun aber die Sonne in der Bibel als >>das große«, der Mond aber als »das kleine Licht« bezeichnet wird, dann ist damit ein Rangunter­schied ausgedrückt, der sich keinesfalls auf die optische Größe bezieht, sondern auf einen nur esoterisch zu erfassenden Unterschied ihrer kosmischen Bedeutung.

Vielleicht läßt sich, was mit jener Gradation der Bedeutung gemeint sein mag, am leichtesten verstehen, wenn wir in Anlehnung an das bereitsAusgeführte SonneundMond in eine Art Proportion bringen, die etwa folgende Form annehmen könnte: Die Sonne ist im Verhältnis zum absolut Jenseitigen, d. i. dem Apeiron, was der Mond ist im Verhältnis zur Sonne.

Die Sonne ist weiblich im Verhältnis zum Apeiron, männlich in ihrem weltlich-zeitlichen Aspekt, der Mond ist weiblich im Verhältnis zgr weltlichen Sonne; aber auch er hat noch ein zweites Gesicht, das sich uns darbietet, wenn wir die Proportion über den Mond hirtau.s fortsetzen:

0:0=0::»=:»:+

wobei das letzte· Glied dieser Reihe ein im Erdionern verborgenes, geheimes, absolut weibliches Mondprinzip darstellen mag, das sozusa­gen damit in seine letzte, nicht mehr veränderbare irdische Potenz

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2. VORTRAG

ausgelaufen ist: - der »erhöhte«, im Inneren verborgene Mond, jenes Letzte, das die Griechendie »Letzte und Äußerste«, die Hekate nann­ten. Wenn wir uns diese Überlegung zu eigen machen, dann wird deutlich, daß der in der Welt leuchtende Mond nicht die .letzte absolut weibliche elementare Qualität, also nicht »Erde«, sondern die Quaütät »Wasser«, d. i. das »vorwiegend Weibliche mit männlichem Einschlag« - + - darstellen muß.

Um aber nun das Verhältnis von Sonne und Mond esoterisch verste­hen zu lernen, mag uns obige Proportion als Leitfaden dienen; sie zeigt uns ja auf das genaueste den schon wiederholt beschriebenen Weg der Manifestation der Zahl Eins, die aus der Null sich entfaltend zu Drei wird.

Was aber nun das Seltsame ist an dieser Manifestation, das ist die Tatsache, daß jene Symbole des Weges, der aus der Ewigkeit in die Zeitlichkeit führt, durch den Phasenlauf des Mondes in sichtbar leuch­tender Schrift an das Himmelszelt geschrieben werden. Denn hier erscheinen in eindrucksvollster Weise die vier Symbole der Weltwer­dung und zugleich des Stufenbaues ihrer Entwicklung als die vier Mon.dphasen, deren eine - das Widerspiel des Apeiron - vc::rborgen ist (Hekate), Neumond.

Was Wunder, daß solcherart der Mond zum Zeitenregler, ja zum Gradmesser aller Periodizität werden mußte, die, aus der Urschwin­gung der Weltoffenbarung hervorgegangen, durch ihn als deren unter­sten Vollstrecker das gesamte irdische Leben durchzieht.

Und mehr als das! Es ist der Mond, der durch seinen Periodenlauf auch die beiden Hauptzahlen der zodiakalen und planetarischen Funk­tion miteinander verbindet: die Siebenzahl, d. i. die Anzahl der Tage, die zwischen zwei Mondphasen liegen, und die Zwölfzahl, d. i. die Anzahl der Begegnungen, die während der Dauer eines Sonnenumlau­fes zwischen Sonne und Mond stattfinden, oder die Zahl der Neu­monde im Jahre.

Wir haben nun dargetan, daß der Platz des Mondes im Tierkreis nur in dem dem Sonm:nzeichen benachbarten Wasserzeichen, d. i. dem Zeichen Krebs, sein kann.

Und der . »erhöhte« Mond? Wir können seinen Platz nur in der weiblichen Modalität, im Tamas der Erdzeichen, also in dem weiblich­sten aller Zeichen vermuten, d. i. im Stier, dessen graphjsches Symbol tatsächlich eine seltsame Vereinigung des Sonnen- und Mondprinzips darstellt, wobei die Mondsichel nach oben geöffnet über dem Kreis des Sonnensymbols (in der Gestalt des leeren Kreises) zu sehen ist.

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DIE P LANETEN PAAR!!.

Was durch dieses Symbol ausgedrückt werden soll, mag hier nur angedeutet werden. Zeigte uns die erhöhte Sonne das im Menschen in verjüngter Form wiedergeborene Vaterprinzip, so zeigt uns nun der erhöhte Mond das zur äußeren H ülle des so verjüngten Menschen gewordene, aber nun verwandelte irdische Erbgut, das - aufgezehrt und vergeistigt- dem Weltgedächtnis einverleibt und in diesem saatbe­reit der nächsten Entwicklungswelle als Wesensbestandteil einer künf­tigen Sonne überantwortet werden kann.

Wenn nun derart Sonne und Mond ihre unzweifelluften Plätze im Tierkreis innehaben, so ergeben sich die Plätze der übrigen Planeten nach ihrer Reibung in eindeutiger Weise.

Nun wird auch deutlich, wie die polaren Planetenpaare

Sonne } . Mond -Saturn, Merkur-Juplter, Venus-Mars

in obiger Figur tatsächlich auch die einander diametral gegenüberlie­genden Zeichen besetzen.

Es wird das nächste Mal unsere Aufgabe sein, die astrologischen Funktionen der einzelnen Planeten in bezugauf die Menschennatur zu untersuchen und in ihren allgemeinen Grundzügen festzustellen.

Abb. 8

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3· VoRTRAG

Wir sind nun genügend vorbereitet, um daranzugehen, die spezifische Bedeutung jedes einzelnen Planeten für die menschliche Wesenheit als Bringer der Ewigkeitshotschaft zu bestimmen oder, anders ausge­drückt, die Eigenwertigkeit seiner Siebkraft gegenüber der Tierkreis­strahlung zu erforschen.

Wie etwa das Auge, als dem menschlichen Organismus eingebautes Sinnesorgan, die besondere Siebkraft besitzt, aus der Fülle der auf den Menschen einstürmenden Einflüsse gerade diejenigen abzusieben, welche dem Licht und seinen Farben zugehören, das Ohr wiederum die Siebkraft, aus der Fülle der Schwingungsereignisse um den Men­schen herum gerade die Schallwellen auszusondern, so mögen wir umgekehrt vermuten, daß die Planeten insgesamt eine Art Sinnesor­gane vorstellen, durch welche der Kosmos gleichsam aus sieben ver­schiedenen Fenstern den Menschen erblickt: durch die Sonne aufsucht und erkundet, was Sonnenhaft ist in ihm, durch den Mond das Mond­hafte, durch Merkur das Merkurhafte, durch Venus das Venushafte, durch Mars das Mars hafte, durch Jupiter das Jupiterhafte, durch Saturn das Saturnhafte im Menschen. Denn wie, kosmogonisch betrachtet, alles Menschenhafte der Substanz nach so gut aus dem Sonnenleibe stammt wie die Substanz der sieben Planeten, so strömt im Menschen deren siebenfähig gesonderte Natur in einer uns freilich noch rätSelhaf­ten Weise in das Eine der Menschennatur zusammen, mischt sich in ihr Vergangenheits- und Zukunftsbotschaft im Allgegenwärtigen seines B~~~. .

Dieses siebenfältige Spektrum der Empfängnisbereitschaft und Empfängnisfähigkeit des irdischen Menschen ist darum nichts anderes als das siebenfähig geteilte Amt der Gottesbotschaft an ihn, durch welche in jedes einzelne Menschenindividuum die Idee des ewigen Menschen, des Adam Kadmon, dessen Urbild im Tierkreis ruht, ein­fließt.

Man wäre demnach versucht, in der Leiblichkeit des Menschen selbst nach sieben Pforten zu suchen, durch die jene übersinnliche Botschaft zu ihm dränge, wie etwa die physischen Sinnesorgane, Auge, Ohr, Nase, Gaumen und Haut, solche Pforten darstellen für da.s Wahrnehmbare der physischen Umwelt - nach sieben übersinnlichen

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Du~ »SCHWÄCHUNG« DER PLANETEN

Eingangspforten oder dem mikrokosmischen Korrelat der sieben Planeten im Menschen.

Zieht etwa der Planet Mars durch das Strahlungsfeld des Widders oder des Skorpions, dessen unmittelbar auf sie abgestimmten Kraft­überträger er vorstellt, dann gibt er fü r diese Strahlung das gleichge­stimmte, äquivalente Filter ab; zieht er aber durch die Strahlungsge­biete der entgegengesetzten Zeichen, also Waage oder Stier, dann wird er fü r diese Felder zu einem negativen Filter, wie etwa die Rotscheibe als Filter vor der Grünstrahlung durch diese scheinbar ausgelöscht oder »vernichtet« wird, sie erscheint verdunkelt, wo nicht gar schwarz, und wird unfähjg, die jetzt abgedeckte Grünstrahlung durchzulassen. Auf diesen Tatbestand beziehen sich die Ausdrücke »Schwächung« oder »Vernichtung« des Planeten, der gerade durch das Zeichen zieht, das dem ihm zugehörigen entgegengesetzt ist. Es ist demnach

Mond verruchtet in Steinbock Merkur vernichtet in Schütze und Fische Venus vernichtet in Widder und Skorpion Sonne vernichtet in Wassennano Mars. vernichtet in Stier und Waage Jupiter vernichtet in Zwillingen und Jungfrau Saturn vernichtet in Krebs und Löwe

Allerdings enthüllt uns der Ausdruck »vernichtet« nur die negative Seite des entsprechenden Vorgangs, denn sowohl Tierkreisstrahlung als Planet behalten die ihnen eigentümliche spezifische Kraft. Aber diese Kraft kommt jetzt in einer anderen Weise zum Menschen, trifft in anderer Weise auf das der Planetenindividualität entsprechende Emp­fangsorgan als in jenem Fall, wo diese scheinbare »Vernichtung« nicht . . emgetreten lSt.

Nun ist unser Lehrgang noch rucht so weit gediehen, daß uns solche Erwägungen derzeit anders als bloß in formaler Beziehung beschäfti­gen dürfen. Noch fehlt uns hierfür dje wichtigste Voraussetzung: das Wissen um die für den Menschen spezifische Bedeutung jedes einzel­nen Planeten als Boten zwischen Menschenurbild und dem vergängli­chen Menschenindividuum - oder kurz ausgedrückt: das Wissen um die astrologische Funktion der einzelnen Planeten.

Wir wollen darum jetzt eine Betrachtung anstellen, die sich wieder an jene beiden Grundpfeiler der esoterischen Erkenntnis lehnt, die die allgemeine Grundlage aller astrologisch geheimwissenschaftliehen Er­kenntnisse überhaupt darstellen: Zahl und Menschenleib.

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3· VORTRAG

Gehen wir nun für diesmal von der Tatsache aus, daß die siebenfäl­tig gesonderte Natur des Planetenkosmos im Menschen in das »Eine« der Menschennatur zusammenströmt, dann stehen wir zunächst vor der Frage, wie dieses Zusammenströmen vorzustellen sei, wie das Aufgehen der Siebenheit in der Einheit möglich ist oder welche innere Notwendigkeit die Einheit zur Siebenheit werden läßt, so daß die esoterische Gleichung: I= 3 die Form: r = 7 = r annehmen würde.

Die Auffassung der Menschennatur als einer dreifähigen Einheit widerspiegelt sich in der populären, durch das gesamte Mittelalter festgehaltenen Lehre von Körper, Seele und Geist als den drei Wesens­bestandteilen der Menschennatur, wobei »Geist« recht eigentlich dem entsprechen mag, was wir als »Luft« und »Feuer« bezeichneten, »Seele« dem »Wasser« und »Körper« der »Erde«. Sondert man jedoch das Feuer von der Luft, dann entsteht eine Vierheit, wobei der Wille oder das moralische Subjekt als die im Ich empfundene Bestätigung der Einheit in der Dreiheit erscheint.

Heute nun, da es uns obliegt, die spezifische Energie der einzelnen Planeten zu erforschen, von der wir wohl vermuten können, daß sie sich in einer Art Smfenfolge darstellen wird, die in einer engen Bezie­hung zur Siebenfähigkeit der menschlichen Wesenheit selbst stehen muß, wird es zunächst wichtig sein, von einer klaren Erkenntnis auszugehen, die die Gleichung r = 3 = 7 = r zur unmittelbaren Evidenz zu bringen geeignet ist.

Alle Dreiheit in der Einheit muß sich in der Form der drei Gunas: Rajas, Tamas und Sattwa darstellen lassen.

Insofern aber jede dieser drei Teileinheiten wieder der Dreiung unterworfen werden kann, würden wir so zu einer Neunheit gelangen .. mussen.

Nun sind aber jene drei Teileinheiten eben nur Teileinheiten, als solche voneinander nicht gesondert, sondern in dem inneren Brenn­punkt der unzerstörbaren Einheit gesammelt. Wie darum die folgende Figur zeigt, ergibt die fortgesetzte Dreiung der drei Radien der Einheit an Stelle der erwarteten Neunheit - die Sicbenheit.

Setzen wir an die Teilungspunkte vorstehender Zeichnung die ent­sprechenden Tierkreiszeichen bzw. die diesen Zeichen zugeordneten Planeten, so erhalten wir die folgende Figur:

Was an der obigen Figur auffallen muß, ist die Tatsache einer seltsa­men Reziprozität zwischen dem Rajas- und dem Tamas-Ast, deren jeder durch dieselben Planetenpaare besetzt ist, aber in einer durchgän­gigen symmetrischen Vertauschung ihrer Vorzeichen:

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A.bb. 9

Abb. ro

RAJAS 3

6

7 SATTWA

TAMAS 5

+ '2j. : '2j. -s

Rajas mit positivem Mars und negativem Saturn, Tamas mit negativem Mars und positivem Saturn, Rajas mit positiver Venus und negativem Mond,

DIE SIEBENHEIT

Tamas mit positivem Mond (Sonne) und negativer Venus,

während der Sattwa-Ast der siebenfältigen Dreiheit nur die beiden in Rajas und Tamas fehlenden Planeten Jupiter und Merkur aufweist, beide sowohl in ihrem positiven als auch in ihrem negativen Rang.

Hierin liegt ein Geheimnis verborgen, das sich aber nun auf Grund der bereits gewonnenen Erkenntnisse unschwer entschleiern läßt, wenn wir nur entschlossen sind, sie konsequent anzu.wenden. Halten wir daran fest, in den Planeten Bote.n zwischen Tierkreis und Mensch oder zwischen All und Menschenindividuum zu sehen, und erinnern wir uns weiter daran, daß uns der Mensch als das durch eine Art Pangenesis aus dem All herausgestrahlte Projektions- oder Spiegelbild dieses Alls erschien, dann muß dieselbe Dreispältigkeit oder Dreifäl­tigkeit, die des Kosmos Offenbarungsgesetz ausmacht, si:ch auch im Menschen wiederfinden, nur mit polar vertauschten Vorzeichen.

Und wie wir das letzte Mal etwa von der Sonne dieser Welt aussagen konnten, sie sei von »drüben« gesehen, was der Mond ist, von hier gesehen, so müssen sich auch Rajas-, Tamas- und Satrnrafunktioneri in

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3· VORTRAG

entsprechend verkehrter Ordnung darstellen, je nachdem sie dem Kos­mos zugehören oder dem Menschen. »Wenn ich in den Kosmos aus­atme, dann zieht mich der Kosmos ein, wenn der Kosmos in mich ausatmet, dann atme ich - ein.«

Versuchen wir nun, uns klarzumachen, was Rajas, Tamas und Sattwa in Ansehung des Menschenindividuums, also des Mikrokosmos Mensch, bedeuten mögen, so kann ohne weiteres ausgesprochen wer­den: Rajas bedeutet jede Art des tätigen Wirkens oder der Kraftaussen­dung, Rajas ist Aktion. Tamas jede Art des Wirkenempfangens, Beein­druckt-, Beeinflußtwerdens, jede Art des Erleidens fremden äußeren Wirkens: Tamas ist Passion. Sattwa aber kann als Ausgleich zwischen beiden nur die ausgleichende oder vergleichende Kraft bedeuten, d. i. Erkennen und Erkanntwerden (Gleiches durch Gleiches). Daraus aber folgt: Was sich hier darstellt als meine Aktion - das ist des Kosmos Passion. Was sich hier darstellt als meine Passion, das ist des Kosmos Aktion, und was sich hier darstellt als mein Erkennen, das ist auch des Kosmos Erkennen, der sich in mir er-kennt, wie ich mich in ihm.

Verweilen wir nun ein wenig länger bei diesem Gedanken, der ja der Ausgangspunkt für die Erkenntnis der Planetenfunktion im einzelnen werden kann.

Demnach ist, was von »drüben« gesehen Rajas ist, voin hier gesehen Tamas und umgekehrt. Was von drüben gesehen aber Sattwa ist, das ist auch von hier gesehen Sanwa. H ieraus aber ergibt sich für uns bereits die erste wichtige Schlußfolgerung. Die Planeten Merkur und Jupiter haben zu tun mit dem »Erkennen<<, sind Boten, deren »spezifische Energie« die Erkenntnisfunktion ist (Sattwa).

Wie steht es nun aber mit den übrigen Planeten ... ? Es ist hier, wo es sich um die Erwerbung grundlegender Einsichten

handelt, durchaus nötig, Schritt für Schritt vorzugehen. Darum sei jetzt nochmals auf den Gedanken zurückgegriffen, mit dem wir unsere heutige Betrachtung eröffneten.

Wir verglichen die sieben Planeten mit einer Art Fenster, durch die der Kosmos den Menschen erblickt, Fenster, die aber zugleich wieder sieben übersinnlichen Sinnesorganen des Menschen entsprechen, die eben auf jene »Fenster« abgestimmt sind, so daß durch jeden der sieben Planeten das gleichgestimmte Aufnahmeorgan des Menschen zum Schwingen gebracht wird.

Wenn wir nun von der Vorstellung solcher makro- und mikrokos­mischer Fenster ausgehen und uns dabei an die Goethe-Plotinsehen Verse erinnern:

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DIE »FARBEN« DER PLANETEN

Wär' nicht das Auge sonnenhaft, Nie könnt' die Sonne es erblicken ...

dann könnten wir diese Verse etwa in der folgenden Weise fortsetzen: Wär' nicht die menschliche Wesenheit moildhaft, merkurhaft, ve­

nushaft, marshaft, jupiterhaft und Satumhaft - nie könnte sie diese Planeten »erblicken« ... - ,wobei freilich dieses >>Erblicken<< ebenso­wenig wie in bezug auf die Sonne sinnlich-optisch zu verstehen ist, sondern im Sinne des inneren Erlebnisses, so daß zur Sonnenbotschaft, die das sonnenhafte Auge vermittelt, das »innere« Sonnenerlebnis oder das Erlebnis des inneren Lichtes tritt, wie .zu der Venusbotschaft das innere Venuserlebnis usw.

Was es aber mit diesem >>inneren Erlebnis« der Planetenstrahlung für eine Bewandtnis. haben mag, d~für gibt uns die alltägli<::he Erfahrung in bezugauf die Farbenwahrnehmung ein beredtes Beispiel, das uns zeigt, wie sich hier zu dem Wahrnehmungsinhalt stets ein von der Namr der Farbe abhängiger Stimmungszustand hinzugesellt, der in vielen Fällen unterbewußt bleibt, auf dem aber zum nicht geringen Teil die psycho­logische Wirkung gewisser Parben und Farbenkompositionen in der Malerei beruhen. Solchen inneren Stimmungserlebnissen entspringen auch gewis~e volkstümliche S.ymboldeutung.en der Fa.rben, wie etwa:

Blau als Farbe der Treue und Hingebung, Rot als :Farbe des Zornes und der Heftigkeit und wieder in den

zarten Nuanc:en als Farbe der geschlechtlichen Liebe, Weiß als Farbe der Unschuld usw.

Über die tieferliegenden esoterischen Zusammenhänge; die solchen Farberlebnissen zugrun-de liegen mögen, soll erst bei späteren Anlässen gesprochen werden. Es ist jedoch mehr als wahrscheinlich, daß in die urtümlichen Planetenerlebnisse auch deren Farberscheinungen mitein­gegangen sind. Tatsächlich strahlen ja die einzelnen Planeten verschie­denfarbiges Licht aus.

Das Licht des Mondes ist silberweiß. Das Licht des Me.rkur ist gelblich. Das Licht der Venus ist hellviolett. Das Licht der Sonne ist blendendweiß mit einem Stich

ins Orange. Das Licht des Mars ist düsterrot. Das Licht des Jupiter ist strahlendblau. Das Licht des Saturn ist grunlichbraun ...

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3· VoRTRAG

Nun mag hier eine Beobachtung Goethes Platz finden. Sie ist für das Folgende von besonderer Wichtigkeit.

Wenn man in die Verbindungstür zwischen zwei Zimmern, von denen das eine finster, das andere aber erleuchtet ist, ein mattes, durchscheinendes Fenster einläßt, dann erscheint dieses, vom dunklen Zimmer aus gesehen, gelb, vom hellen Zimmer aus gesehen aber blau. Blau und Gelb sind sogenannte Komplementärfarben oder polare Gegensätzlichkeiten. Die beiden Zimmer mögen nun Mensch und All vorstellen, das dazwischenliegende Fenster den Planetenboten als ge­meinsames Sinnesorgan! Und nun wird deutlich: Das transzendente Rajas erscheint dem Menschen als das in ihn eingebaute Tamas, das transzendente Tamas als das in ihn eingebaute Rajas und das transzen­dente Sattwa als das in ihn eingebaute Sattwa. Daraus ergeben sich nun eine ganze Reihe neuer Konsequenzen von ungeahnter Tiefe!

Erinnern wir uns zunächst daran, daß auch der Gegensatz von Männlichem und Weiblichem ein solcher polarer Gegensatz war, daß etwa das Wasser weiblich erschien gegenüber der männlichen Luft, diese wieder weiblich gegenüber der männlichen Qualität Feuer, da.s Wasser aber selbst wieder männlich gegenüber der weiblichen Qualität Erde, die Sonne weiblich gegenüber dem »Apeiron«, aber männlich gegenüber dem Mond, dieser wieder weiblich gegenüber Sonne und männlich gegenüber Erde, dann muß uns nun auch der Doppelsinn der Zahl 7 (doppelte Buchstaben) in einem neuen Licht erscheinen.

Was jetzt zunächst in diesem neuen Licht erscheint, ist die Tatsache, daß jeder der vier Planeten Mars, Venus, Mond und Saturn, der einem Rajas-Zeichen zugeordnet ist, zugleich auch Vertreter eines Tamas­Zeichens sein muß und umgekehrt, wobei Sonne und Mond zusammen als eine einzige, aber polar gesonderte Planeteneinheit aufzufassen sind, deren männliche Erscheinung Sonne, deren weibliche Mond heißt. Nimmt man nun zu dieser Geschlechtsspaltung der einzelnen Planeten, die durch das Verhältnis Rajas-Tamas gegeben ist, noch die Geschlechtsnatur der Tierkreiszeichen als: Feuer und Luft männlich, Wasser und Erde weiblich hinzu, so ergibt sich:

Es ist M.ars gegenüber Venus, ob es sich nun um das Verhältnis

Widder : Waage oder Skorpion : Stier (Feuer) (Luft) (Wasser) (Erde)

handelt, immer im Verhältnis des Männlichen zum Weiblichen. Und doch ist die Venus als H errin der Waage mit der männlichen Rajas-

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WELTSEXUALITÄT UND PLANETEN

Kraft begabt und andererseits der Mars als Herr des Skorpion, also des Tamas-Zeichens, mit weiblichem Anribut ausgerüstet.

Es ist ferner Sonne und Mond gegenüber Samrn immer im Verhält­nis des Männlichen zum Weiblichen, ob es sich um

Löwe : Wassermann oder Krebs : Steinbock (Feuer) (Luft) (Wasser) (Erde)

handelt. Und doch ist Saturn als Herr des weiblichen Zeichens Steinbock mit

der männlichen Rajas-Kraft begabt und andererseits die Sonne als Herold des männlichen Zeichens Löwe, also des Tamas-Zeichens, mit weiblichem Attribut ausgerüstet.

Der Doppelsinn der Zahl7 entpuppt sich nun als Doppelgeschlecht­lichkeit. Aber was ist der tiefere Sinn dieser Doppelgeschlechtlichkeit?

Will es nicht scheinen, als wären wir an dieser Stelle unserer Unter­suchung der Planetenfunktionen wieder vor dasselbe Problem gestellt, das für die Erforschung der Tierkreiskräfte so entscheidende Bedeu­tung gewann - vor das Problem der Weltsexualität? Nur daß es sich jetzt um die Frage handelt, wie sich jene Weltsexualität innerhalb der Planetenwelt auswirkt. Da aber die Planeten Mittler sind zwischen kosmischem Menschenbild und irdischer Menschengestalt, müssen wir nun an die Stelle der zodiakalen Sexualität jetzt deren Spiegelung im irdischen Menschen setzen, an die Stelle der Weltsexualität die menschliche Sexualität, wie sie durch jene Mittler aus Tierkreisfernen heruntergeholt wird in Menschenbereich. Es spiegelt der Mensch mit Hilfe jener »transzendenten Sinneswerkzeuge« die Weltsexualität wi­der in seinem Feuer-, Luft-, Wasser- und Erdleib. Wie geschieht nun diese Spiegelung?

Wenn wir die Entsprechung der kosmischen Sexualität im Menschen aufsuchen, dann kann das in zweifachem Sinn geschehen. Zunächst in dem Sinn, daß wir in der Tatsache der Trennung der einen Idee des kosmischen Menschen oder des Adam Kadmon in die Lebensformen von Mann und Weib die Erfüllung der Weltsexualität in der leiblichen Erscheinung der Menschenindividuen sehen- oder in dem Sinn, daß wir in jeder der beiden Lebensformen, ob Mann oder Weib, deren himmlischen und irdischen Anteil so verstehen, daß alles der Erde Zugewendete, ihm durch Erbgedächtnis Verbundene und demnach Vergangenheitsgerichtete, Lastende als weiblich anzusehen wäre, als männlich alles, was der Vergangenheit und ihren Bindungen entreißen will, zukunftsgerichtet, Vergangenheit lösend.

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3· VoRTRAG

Aber! Wenn wir uns in diese anscheinend so einfache Antithese vertiefen, dann werden wir alsbald gewahr, daß hier, soweit sich die eben aufgestellten Gegensätze innerhalb des einzelnen Menschen er­füllen, dieselbe Reziprozität bestehen muß wie zwischen Rajas und Tamas, je nachdem, von welcher Seite sie erfaßt werden, ja daß sogar die mit jener Gegensätzlichkeit verbundenen Begriffe Vergangenheit und Zukunft in diese Reziprozität miteingeschlossen sind, wie schon das letzte Malangedeutet wurde. Um somit die Verwirrung vollkom­men zu machen: Es gibt auch im Vergangenheitsgerichteten ein Männ­liches und im Zukunftsgerichteten ein Weibliches!

Versenken wir uns in die Betrachtung der Weltsexualität im Men­schen, so müssen wir wohl ohne weiteres erkennen, daß den Repräsen­tanten des Ur-Tamas der Welt, des Tamas, aus dem wie aus dem Weltenei alles kommt und in das alles wieder eingeht, das Weib dar­stellt, das Weib als die Eingangspforte zur offenbarten Welt, MA - die »Große Mutter«. Und wie aus Tamas alle geoffenbarte Wirklichkeit hervorbricht, so aus dem Weiblichen alles, was irdische Gestalt an­nunmt.

Es ist das Weib der Hüter aller in Tamas enthaltenen und don HO(;h

verhüllten Keime des Weltgedächtnisses. Was aus diesem hervorbre­chend Gestalt annimmt, kommt zur Erscheinung in dieser Welt nur durch das Weibliche der Menschheit.

Nennen wir dieses Hervorbrechen aus dem Tamas-Keim des Erbge­dächtnisses die Produktion, so können wir jetzt sagen: Alles Produzie­ren ist Mission des Weiblichen!

In bezug auf die lebendige Substanz des physischen Leibes heißt dieses Produzieren »Gebären«- in bezugauf die lebendige Geistsub­stanz wandelt sich dieses Gebären in geistiges Gebären, d. i. geistiges Schaffen. Wenn wir uns nun überlegen, daß Körper und Seele als das Erdige und Wässerige in uns weiblich, Geist und Wille als das Luftige und Feurige in uns männlich geartet sind, dann begreifen wir ohne weiteres, daß von den beiden Arten des Gebärens die physische dem Wt:ib, die geistige dem Mann zufallen muß. Das geistige Schaffen ist im Luftbereich, was das physische Schaffen im Erdbereich ist: durchaus weibliche Funktion. Darüber bestand in der unmittelbaren Empfin­dung der großen schöpferischen Genies nie ein Zweifel.

Wenn aber alle Produktionskraft oder die in unsere Welt einge­strahlte Tamas-Energie hier als verkappte Rajas-Energie auftritt - in welcher Gestalt offenbart sich der andere Pol der Weltsexualität im Menschen? Nun, dieser andere Pol nimmt hier niemals sichtbare Form

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MÄNNLICH UND WEIBLICH

an, bleibt hier reiner Impuls und ist als sokher mächtiger als alle »Erscheinung«. Der Abglanz des kosmischen Rajas stellt sich uns dar als die Idee eines ewig unverwirklichbaren und unverwesbaren Ideals, von dem als dem Stellvertreter des ewig jenseitigen Vaterprinzips alle Befruchtungsenergien des Lebens ausgehen.

Fassen wir nun die obigen Gedanken in knapper Weise zusammen, so ergibt sich: Mann und Weib sind im wesentlichen ihrer Erscheinung weiblich, wie die gesamte offenbarte Welt weiblich ist.

Was männlich ist in Mann und Weib, das lebt in beiden Lebensfor­men des Menschen als der Impuls, aus eigener Kraft dereinst in ferner Zukunft zu erringen, was in fernster Vergangenheitkeimhaft aus den Händen des »Vaters<< empfangen wurde, das vollendete »Ich«, um es als die Sattwa-Frucht der langen Wanderung heimzubringen.

Wenn wir nun das eben Ausgeführte wieder auf die Planetenwelt anwenden, so ergeben sich uns tatsächlich alle Voraussetzungen, auf Grund derer sich das Rätsel der Eigenfunktion jedes einzelnen der sieben Planeten zu lösen verspricht.

Zunächst erweisen sich die Planetenbahnen selbst als die in Sattwa vollzogene Einigung von Rajas und Tamas, insofern die in ihrer Kreis­bewegung um die Sonne verborgenen Gegensätze von Zentrifugal­und Zentripetalkraft als Rajas-Ausschleuderung und Tamas-Zentrale Gebundenheit oder Gravitation, Schwere erscheinen und die durch die Kreisbewegung selbst herbeigeführte Ausgleichung das Sattwa dar­stellt. Stellen wir uns jedoch auf den entgegengesetzten Standpunkt, betrachten wir dieselbe Tatsache der Planetenbewegung nicht von der Sonne aus, sondern als Planetenschicksal, dann erscheint, was Zentri­fugalkraft ist, nicht als Rajas, sondern als Leidenskomponente, als Verbannung, als das Geworfenwerden, als Passion, und die Zentripe­talkraft als die aus den Tiefen des Planeten sich losringende Rajas-Kraft ihres Strebens nach Allvereinigung mit der Sonne, das jetzt Zukunfts­ideal geworden- als Aktion. Nur Sattwabehält auch hier im Wandel der Standpunkte sein Geschlecht.

So auch der Mensch, der, auf der Erde lebend, deren Reise durch den Raum mitmachen muß, in Jahr um Jahr sich neuernder Ellipse um die Sonne kreisend, hier ausgesetzt als ein Wesen der Tamas-Region, aber rückwärtsstrebend zur Heimat aus innerer Entschließung Rajas-We­sen geworden, sich nun eines Wesens weiß mit der Sonne, die ihn dereinst entließ, und in diesem Wissen gleichermaßen »erkennend wie erkannt« zum Sattwa-Wesen wird, dem es vorbehalten ist, rückkeh­rend zur Allheit, mit sich selbst zugleich auch diese zu erlösen.

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3· VoRTRAG

Versuchen wir nun, die bis jetzt gewonnenen Erkenntnisse zunächst auf das Planetenpaar Jupiter-Merkur anzuwenden. Beide Pole dieser Zweiheit sind Organe der Erkenntnis. In beiden Paaren: sowohl Jupi­ter-Schütze, Merkur-Zwillinge als auchJupiter-Fische, Merkur-Jung­frau istJ upiter männlichgegenüber Merkur. Es lebt in Jupiter demn:lch der männliche befruchtende Impuls aller Erkenntnis, in ferner Zukunft zurückzukehren zu dem Keim der in der ersten Offenbarung verbor­genen unmittelbaren Weisheit oder der restlosen Bewußtheit im Sein. Es ist somit Jupiter im Erkenntnisprozeß das richtunggebende Ele­ment, das wie ein innerer Kompaß aller Erkenntniswege auf ein fernes Ziel hinweist, in dem sich alle einzelhaften Erkenntnisse wie in dem Brennpunkt der einzigen ewigen Wahrheit treffen müssen. Diese Kraft ist es, die, im Innersten erlebt, zur richtenden Stimme des Welt- oder kosmischen Gewissens wird, das gleich des Sokrates Daimonion sich immer meldet, wenn vom »richtigen Weg« der Erkenntnis abgewichen wird. Die durch sie dem menschlichen Erkenntnisvermögen einge­baute Kraft heißt der Glaube, der Wegbereiter aller Erkenntniswege, die im einzelnen zu gehen und auszubauen, .in Begriffe und Worte zu bannen und daraus wieder zu lösen in nimmermüder Mannigfaltigkeit Aufgabe des Merkur wird.

Was durch Merkur geschieht: Vereinzelung oder Vervielfältigung, Konkretisierung und Verallgemeinerung und schließlich die Formulie­rung aller in Worten ausdrückbaren Erkenntnisse, ist weibliche Pro­duktion - das Zeugende, in der Überzeugung Wurzelnde, das jener Produktion den Impuls gibt, ist männliche, ist]upiterfunktion.

Jupiter ist geistige Inspiration, Merkur ist geistige Expiration, Jupiter ist Glaube, Merkur ist Verstand, Jupiter ist Ingeniosität, Merkur ist Intellektualität, Jupiter lehrt: den Weg erkennen, Merkur lehrt: ihn gehen ...

Jegliche Erkenntnis, die ausgesprochen werden kann, gehört Merkur, Jupiter die unaussprechliche:

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Der Name, den man nennen kann, Ist nicht der Name.

Lao Tse, Der erste Spruch

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MARS UND VENUS

Nun verstehen wir auch die doppelte Gestalt, in der sich sowohl Jupiter als auch Merkur darstellen.

Jupiter a.ls Bote des Schützen: der Glaube, der zur Weisheit wird, Jupiter als Bote d·er Fische: der Gla1,1be, der z.ur Liebe wird, Merkurals Bote der Zwillinge: da:s Wissen oder der Erkenntnisweg des

suchenden Verstandes, Merkur als Bote der Jungfrau: das W:.isseli oder der Erkenntnisweg des

ordnenden Verstandes.

Hierüber wird im Verlauf dieses Buches aus Anlaß der Behandlung der einzelnen Planeten noch ausführlich gesprochen werden.

Wirwenden uns nunzudemnächsten Planetenpaar Mars- Ven.us. In welcher Weise offenbart sich hier ~ie Weltse]\ualität?

Wir haben es hier nicht mehr mit dem Sattwa-Geschlecht zu tun; hier stehen sich unmittelbar Rajas und Tamas gegenüber als die beiden Gegensätze der Aktion und Passion, wie wir sie oben geschildert haben und wie sie sich im F;Ul Sonne-Mond. Saturn gegenüberstehen. Wo­durch aber unterscheiden sich diese beiden Paare vone.inander? In beiden Fällen stehen Mars bzw. Sonne-Mond a::uf der männlichen, Venus bzw. Saturn auf der weiblichen Seite dieser Polarität, wobei wir freilich im Sinn der bisherigen Darstellung aufzufassen haben:

Sonne-Löwe als. weiblich - Tamas im Männlichen - Feuer, also - + + +

Mond-Krebs als männlich -Rajas im Weiblichen - Wasser, also + - + -

Samrn-Wassermann als weiblich- Tamas im Männlichen - Luft, also - + - +

Saturn-Steinbock als m~nnlich- Rajas im Weiblichen - Erde, also + - - -

Ebenso:

Mars-Widder als männlich - Rajas im Männlichen - Feuer, also + + + +

Mars-Skorpion als weiblich - Tamas im Weibli€hen - Wasser, also - - + -

Venus-Waage als männlich- Rajas im Männlichen- Luft, also++- +

Venus-Stier als weiblich - Tamas . im Weiblichen- Erde, also----

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3· VORTRAG

Ergebnis:

Sonne -+ ++ Mond +-+- = s+, 3-

Sarurn -+-+ +--- = J+, 5-

Mars ++++ --+- = 5+, 3-

Venus ++-+ --- - = J+, s-

Demnach:

Sonne-Mond männlich: z+, Mars Satum weiblich: 2-, Venus

männlich: z+ weiblich: z-

Unter dieser Voraussetzung wenden wir unsere Aufmerksamkeit zu­nächst dem Planetenpaar Mars-Venus zu.

Da können wir wohl vor allem an der astronomischen Tatsache nicht vorbei, daß die Erdbahn unmittelbar zwischen die Bahnen von Mars und Venus hineingestellt ist, wodurch jene beiden Planeten sowohl im zeitlichen als auch im räumlichen Sinne dem irdischen Schauplatz des Menschendaseins ain nächsten gerückt sind. Nehmen wir ferner hinzu, daß sich die Mars-Venus-Polarität in zwei Gestalten darbietet, einmal als Skorpio-Taurus und dann als Widder-Waage, so ergibt sich als naheliegende Schlußfolgerung, daß auch die Funktionen, die Mars und Venus als männlichem und weiblichem Pol der Weltsexualität zugeteilt sind, sich hier in einer doppelten, dem menschlichen Erleben unmittel­bar nahen Weise darstellen werden, und zwar im Fall Skorpio-Taurus in Gestalt des organischen Sexualerlebnisses im Tamas-Abschnitt der menschlichen Wesenheit und im Falle Widder-Waage in deren Rajas­Abschnitt, in Gestalt des geistigen Sexualerlebnisses. So ergibt sich denn, daß wir im Verhältnis Mars-Venus die Gesamtheit aller Ereig­nisse vor uns haben, die das erotische Leben betreffen, nur daß diese Ereignisse ein zweifaches Antlitz zeigen, je nachdem sie sieb in der Region Erde-Wasser (Tamas) oder Luft-Feuer (Rajas) zutragen. In beiden Fällen werden wir mit Mars zu verbinden haben, was Träger des männlichen Impulses bleibt, mit Venus, was diesen Impuls aufnimmt, verarbeitet und reflektiert. Hier besteht ein ähnliches Verhältnis wie zwischen Jupiter und Merkur, wobei Merkur als Reflektor der lntui­tionsimpulse auftritt und somit den also befruchteten reflektierenden Verstand anleitet, sich in die Jupiterregion zu erheben.

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}UPITER UND MERKUR

Und wie uns die Betrachtung des Jupiter-Merkur-Verhältnisses im­m:er tiefer hineinführen wird in das Mysterium der Erkenntnis, so ist zu erwarten, daß uns die Betrachtung des Mars-Venus-Verhältnisses immer tiefer hineinfijhren wird in das Mysterium der sexuellen Liebe. Denn diese ist die Form, in der sich im Menschenbewußtsein die ewige Zeugenschaft de.s offenbarten Lebens immer wieder erneuert als die vom Urbeginn zwischen Zeit und Ewigkeit gestellte Einbezogenheit Jes Menschen in die Weltoffenbarung oder seine urtümliche Einwei­hung in den Schöpfungsakt selbst. Darum empfängt der Mensch dies.e Einweihung gleich einer inneren Verwandlung, die, um Rama Krisch­nas »Gleichnis~ zu wiederholen, der Auflösung des Salzkorns »Klein­Ich<< im Ozean der Allwelt ~All-Ich« gleicht oder dem esoterischen Grunderlebnis der Ich-Verströmung. ·

In der Mann-Weib-Vereinigungdämmert in den Tiefen des Bewußt­seins auf und erfaßt das Ganze des Menschen die H errlich.keit des ersten Schöpfungstages, an dem in der Ururoffenbarung Rajas und Tamas sich trennten und durch Sattwasich wieder verbanden. Wie aber aus der so vollzogenen himmlischen Ehe das Weltgeschehen, in allen seinen Teilen sich immer wieder trennend und verbindend, entsprang, in fortgesetzter Spaltung und Wiedervereinigung nach Erlösung su­chend und um sie ringend, so wandelt sich dieses durch das Eingangs­tor des Menschenbewußt~eins schreitend zu des Menschen Anteil an Welten:;chicksal und Welterlösung. Alle Zielsetzung in menschlichem Tl.ln und Wirken liegt im Aktionsfeld der beiden großen Boten der Wel~sexualität Mars und Venus. In diesem Feld ist alles enthalten, was mit menschlichem Schaffen zusammenhängt. Nur bleibt in dieser Wel~ wieder das Marsprinzip als Träger des Vat~rprinzips unsichtbar und nur in seinen Wirkungen erkennbar impulshaft- während Venus als der Träger des weiblichen Prinzips zum Sammler aller hier entfalteten, verwirklichten oder verwirklichungsbereiten Schöpfungsenergien ?,um Mutterprinzip wird, dem ge.geben Ist; zu gel;>.ären, zu produzie­ren.

'Schon bei der Betrachtung des Jupiter-Merkur-Verhältnisses hat sich gezeigt, daß Merkur als eine Art Vollstrecker dessen a.nzusehen war, was als Befruchtungsimpuls von Jupiter ausging. Alle Erkenntnis der vom Glauben befruchteten Vernunft und alles Denken erweist sich nur dann als fruchtbar, wenn es zugleich erfüllt ist vom Danken, wenn es die dankbare Erfüllung dessen ist, was aufgenommen wurde aus den Reg-ionen des Glaubens (Feuer) oder der Liebe (Wasser), Schütze bzw. Fische. In diesem Sinn mag auch der Ausdruck Kabbala zu verstehen

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3· VoRTRAG

sein, der, wörtlich genommen, Empfängnis bedeutet: Die Merkurer­kenntnis schwängert sich am männlichen Impuls der Glaubenskrafc, die unsichtbar bleibt und unfaßbar, nur schweigend erlebe werden kann, und die Frucht dieser Schwängerung ist die Fülle der Einzeler­kenntnisse und ihre Systematik. Alle Bücher der Philosophie und der Wissenschaften aller Art sind insgesamt merkutische Kommentare zur Jupiterweisheit, vollkommenere oder unvollkommenere Interpreta­tionsversuche des einen großen Buches der Weisheit, das niemals ge­schrieben wurde; darin lesen können heißt Kabbalist sein. Nun, ähn­lich beschaffen ist es mit demjenigen, was Mars-Venus erwirken inner­halb der menschlichen Wesenheit.

Während aber Jupiter und Merkur als männliche und weibliche Abwandlung des Sattwa-Prinzips nur mit der gemäßigten Kraft dieser Ausgleichsregion aufeinanderscoßen, offenbart sich in der Gegenüber­stellung von Mars und Venus ein viel stärkerer Gegensatz, ja der schärfste, der überhaupt in der geschaffenen Natur entfesselt werden kann.

Denn es ist Mars jetzt Träger und Überbringer aller in der Welt tätigen männlichen Kräfte, die sich grenzenlos verschwendend durch alle vier Reiche ergießen, aber erst kenntlich werden, wenn sie durch das Weibliche aufgenommen und fruchtbar gemacht w erden können. Ohne diese Aufnahme in den weiblichen Schoß würden sie schranken­los verheerend gleich der »fruchtbaren Himmelskraft« des Feuers um sich greifen.

Venus hingegen ist Träger aller weiblichen Energien, die sich gren­zenlos aufsaugend, empfangend durch alle vier Reiche erstrecken, aber all die versunkenen Schätze enthüllen, wenn sie durch das männliche Element befruchtet werden. Ohne diese Befruchtung würden sie schrankenlos verzehrend gleich dem furchtbaren Schlund des Chaos alles Lebendige verschlingen oder in ewigen Schlaf versenken, aus dem es kein Erwachen gibt.

Innerhalb der menschlichen Wesenheit vollzieht sich nun die Ein­gliederung dieser beiden Urenergien, wie schon ausgeführt, in z.weifa­cher Weise. Im weiblichen Anteil unseres Wesens (Wasser, Erde) er­scheinen sie als die an die irdische und astralische, seelische Sphäre gebundene Sexualität mit all ihren Konsequenzen, deren endliche Zweckbestimmung das »Kind« ist, das nun seinerseits als der in Men­schensubstanz gekleidete, in unzählbaren lebendigen, immer wieder erneuten Gestalten weibgeborene Kommentar erscheint zu dem durch Mars heruntergeholten ewigen Lebensim puls, der vom Adam Kadmon

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SoNNE, MoNo uND SATURN

ausgeht. Im männlichen Anteil unseres Wesens (Feuer, Luft) kommt es zu einer anderen Art der Befruchtung. Hier geschieht die »Geistbe­fruchtung« durch die moralische Inspiration aus der Feuerregion in einer» Ehe«, deren» Kind « jetzt wie ein Mikrokosmos aus zweiter Hand das Antlitz des dem Höchsten zugewendeten vergeistigten Menschen trägt: das Kunstwerk. Über allen Kunstwerken schwebt als die Feuerin­spiration das, was die Griechen den Enthusiasmus nannten - das Hochzeitgefühl der Gottvereinigung. Alle aus der Gottvereinigung stammenden Kunstwerke sind Liebespfänder, die in der Hand des Menschen zu Zauberkräften werden, die ihm helfen, die Himmelsleiter zu erbauen; und jede Sprosse dieser Leiter, noch nicht erklommen, ist Mars, der aufwärts will, erklommen Venus, die beseligend lohnt.

Wir wenden uns nun zum letzten Planetenpaar: '

Sonne } Mond -Sarurn.

Hier stehen wir vor einem sexuel1en Gegensatz, der nicht mehr unmit­telbar in der Leibe~organisation der menschlichen Wesenheit erlebt wird. Versuchen wir, um den tieferen Sinn der Planetenfunktion der Satum-Sonne- und Saturn-Mond-Polarität zu enträtseln, zunächst wieder vom rein Astronomischen auszugehen, so weist Saturn mit seiner Planetenbahn auf die äußerste Umgrenzung des Planetenraumes hin, während Sonne heliozentrisch und Mond geozentrisch de~ Zen­trum entsprechen würden. Wieder nimmt die Erde zwischen Sonne und Sarurn eine mittlere Stellung ein, nur daß diese beiden Gegensätze jetzt das dritte Paar bilden, Saturn an der äußersten, Sonne an der ionersten Grenze des Systems:

Sonne-Merkur-Venus-Erde mit Mond- Mars-Jupiter- Saturn.

Machen wir uns klar, was das bedeutet. Die Saturnbahn stellt die äußerste Umgrenzung des Planetensystems dar, ist gleichsam die um­grenzende Wand, innerhalb der sich das Kräftespiel der Gravitation erfüllt. Alle Energien, die von der Sonne ausgehend das Planetensy­stem durchziehen, kommen an die Saturnbahn gleich wie an eine Wand, an der angelangt sie nun, sollen sie dort nicht völlig auf­gesogen werden, sich »umwänden« müssen. Nur daß wir dieses Um­wänden jetzt im esoterischen Sinne verstehen müssen. Ein einfaches, der Physik entnommenes Bild soll uns deutlich machen, worum es geht.

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3· VORTRAG

Stellen wir uns vor, es würde ein Stein senkrecht in die Höhe geworfen, dann würden wir beobachten, daß die ihm ursprünglich erteilte Wurfkraft sich allmählich aufzuzehren scheint; in einer be­stimmten Höhe angekommen, verliert der Stein seine Bewegungsener­gie, als würde er an eine unsichtbare Wand stoßen, an der er sich nun umzuwänden beginnt, um wieder zum Ausgangspunkt zurückzukeh­ren und, zurückgekehrt, schließlich wieder dieselbe Energie heimzu­bringen, mit der er die Hand des Werfers verlassen hatte.

Dieselbe Energie? Vielleicht doch nicht mehr so ganz dieselbe. Denn sie hat inzwischen ein seltsames Schicksal gehabt - sie hat erfahren müssen, wie allmählich ihre Intensität abnahm, allmählich verlosch, bis die Umwändung erfolgte, an der sie sich wieder erkraftete, nun umge­wändet, umgewandelt, nachdem sie schon erloschen schien, dem Tode verfallen und an jener Wand wiedererweckt.

Es ist nicht mehr dieselbe Energie, es ist verwandelte Energie, die jetzt heimkehrt. Was wir da vor uns haben, ist zunächst wieder nichts anderes, als was wir schon als das Wechselspiel zwischen Rajas und Tamas erkannt haben oder deutlicher noch im Verhältnis des Männli­chen zum Weiblichen erblicken konnten, das hier die Stelle der Wand, an der die Umwändung erfolgt, einnimmt.

Übertragen wir nun obiges Bild - noch immer exoterisch - in die physikalische Weltanschauung, dann offenbart sich darin der altbe­kannte Gegensatz von Kraft und Stoff oder »Materie«.

Der vielumstrittene Begriff der :.Materie« soll hier keineswegs einer Kritik unterworfen werden.

Uns stellt die Materie die negative Seite dessen dar, was wir »Kraft« nennen; sie ist der große Sarkophag aller lebendigen Kräfte und trotz­dem ihr unentbehrtlicher Reflektor - der Wiederbringer ihrer im kosmischen Alterungsprozeß aufgezehrten Lebensenergien.

Materie ist die mater rerum, die »Mutter«, die in ihrem Leib treulich alle Lebendigen Kraftkeime aufbewahrt und trägt, um sie, ihrer Aufer­stehung harrend, dem Weltenlauf wieder zu erstatten. D arin erkennen wir ja wie.der das Tamas, das aus seinem Schoß das Rajas selbst als das »verjüngte« Kind wieder hervorgehen läßt. Natura - das ewig gebär­bereite und. gebärfreudige urweibliche Prinzip, das die Griechen Phy­sis nannten: die zum Bersten gespannte Blase.

Wenn wir nun zunächst die bisher gewonnene Einsicht auf das Polaritätspaar Sonne/Mond-Saturn anwenden, so ist ohne weiteres klar, daß wir hier diesen Gegensatz von Kraft (Sonne-Mond) und Stoff (Saturn) vor l).ns haben, wobei Saturn die. Rolle jenes Sarkophags der

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DtE ZWEI GESTALTEN DES SATURN

Sonnen- und Mondkräfte darstellt, aus dem die Auferstehung ihrer in die »Welt<< ausgestrahlten Energien geschehen muß. Saturn wäre da jene Wand, an der die Umwändung aller jener aufgezehrten Kräfte erfolgt, nachdem sie zuerst den Tod in der Materie erlitten haben.

Hier stehen wir nun vor einem der größten Mysterien der Weltof­fenbarung; sprechen wir es mit nüchternen Worten aus: wir stehen vor jenem Mysterium der Umwändung oder -wendung, die die Physiker die Notwendigkeit nennen, die aber der esoterisch Denkende als die Geburtsstätte der Freiheit ansehen muß!

So erscheint uns denn auch Saturn in zwei Gestalten, deren eine die unentrinnbare Notwendigkeit ist - das Grab aller auf Freiheit gerich­teten Hoffnung, der Widerstand, an dem alle lebendigen Kräfte sich aufzehren-, und andererseits der Born aller Verjüngung schon gealter­ter erlahmender Kräfte.

Innerhalb der menschlichen Wesenheit gewinnt aber nun der Ge­gensatz Sonne-Mond einerseits und Saturn andererseits die Bedeutung zweier Grenzwerte, deren einer die Region der unmittelbar erlebten Freiheit darstellt - nennen wir sie die Ich-Komponente-, der andere die Region der ebenso unmittelbar erlebten Unfreiheit darstellt -nennen wir sie die Nicht-Ich-Komponenten-; Sonne-Mond das Ur­heimliche, Heimatliche unseres Selbst, Saturn das Urfremde, das Un­heimliche.

Im leiblichen Leben haftet al1 dies Unheimliche des Lebenssarko­phags am Körper und stellt sich dar als dessen erdhafte Schwere, Kränklichkeit, Alterungsprozeß, Verfall und Todesdrohung.

Im Seelischen erleben wir das Unheimliche in Gestalt aller Seelen­nöte, die uns als das unfreiwillige Opfer der Triebe und Leidenschaften erscheinen lassen, denen wir unseren moralischen Widerstand entge­genzusetzen zu schwach waren.

Was im Physischen, in materiellem Gewand einhergehend, das Übel war im weitesten Sinn des Wortes, das wird hier im Seelischen zur Schuld.

Im Geistigen erleben wir das Unheimliche in Gestalt des Ohn­machtsgefühls gegenüber der Herrschaft der logischen N otwendig­keit, die unsere Erkenntnisenergien in das Joch begrifflicher Zirkel­gänge zwingt, als deren Resultat, wie im Physischen Krankheit und Tod, hier in Ansehung des »Welträtsels« Verwirrung und endlich Resignation, wo nicht gar Verzweiflung droht. Und im Moralischen endlich, da tritt uns das Unheimliche entgegen in Gestalt eines »frem­den« Willens, der neben und über dem meinen steht, an dessen Überle-

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3· VoRTRAG

genheit der eigene zunichte zu werden droht, dessen Niederlagetrotz restloser Auflehnung gegen diese moralische Gestalt des Nicht-Ich unabwendbar scheint. Hier blicken wir hinein in die tieftraurige Re­gion, in der die Sarkophage des Moralischen in uns aufgestellt werden - in die Region, in der wohnt, was hier zur moralischen Entsprechung des Übels und der Schuld wird: die »Sünde«.

Furchtbar, entsetzlich und trostlos wäre diese Region des Saturn, hätte dieser nicht auch das andere, zukunfts-»gewendete« Antlitz des Befreiers aus Übel, Schuld, Verzweiflung und Sünde, der hilft, die vierfache Not zu überwinden, indem er die »lch«-Kräfte entfacht, die der Sonne-Mond-Region gehören und allein imstande sind, das Wun­der zu vollbringen, aus der Not-Wende die Freiheit hervorgehen zu lassen.

Sonne und Mond sind nun die positive Seite jener Polarität, deren negative der Satum darstellt - die »Kraft«, die sich im Stoff spiegelt ode.r »reflektiert«, wie man jenen Umwandlungsvorgang auch nennen könnte.

Innerhalb der menschlichen Wesenheit repräsentiert sie das Ich im Gegensatz zum Nicht-Ich. Aber auch diese Ich-Komponente ist dop­pelgesichtig, nur daß diese beiden Gesichter des Ich hier durch zwei Planeten ausgedrückt sind - durch Sonne, entsprechend dem zu­kunftsgerichteten positiven, und Mond, entsprechend dem vergangen­heitsgerichteten negativen Antlitz des Ich.

Wenn wir diese beiden Ich-Gestalten einander gegenüberstellen, dann erkennen wir unschwer wieder, was wir als dem intelligiblen und dem empirischen Charakter zugehörig im 1. Vortrag von Tierkreis und Mensch bereits ausführlich dargestellt haben. Demnach werden wir in Sonne den Repräsentanten unseres unmittelbaren Ich-Erlebnisses se­hen, im Mond den Repräsentanten unseres mittelbaren Ich-Erlebnisses oder unseres empirischen Ich - desjenigen Ich, in dem sich unser wahres Ich spiegelt, an dem es sich reflektiert, wie die Kraft im Stoff sich spiegelt, an ihm sich reflektiert. Mithin erleben wir im Mondanteil unseres Ich alles, was zur Region der Gebundenheit im Stoff gehört ­erbbelastet, vergangenheitsbeschwert ist, den Erdensohn.

Sonne wäre demnach der Repräsentant unseres höheren, unwandel­baren, der Ewigkeit zugewendeten Ich, Mond des wandelbaren, der Zeitlichkeit zugewendeten, der Wandlung unterliegenden Ich. Sonne, das Unsterbliche, Mond, das Vergängliche in uns, dessen Phasen, wie die des Mondes, in stetem Periodenlauf wechseln, bald dem Ewigen sich nahend, bald wieder sich ihm entgegenstellend, in seiner unmittel-

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DER MoND

baren Nähe schwindend und nach unmittelbarer und tiefster Berüh­rung wieder erneut den Kreislauf beginnend, wie aus Stetig wiederhol­tem Sterben immer wieder auferstehend, .sich immer wieder gebärend als neuer Mond; der Ich-Stoff; ohne den unsere Ich-Kraft in dieser Welt wesenlos bliebe, ohne den sie sich in diese Welt des Stöffes nicht finden könnte. Lassen Sie uns bei diesem Gedanken noch ein wenig länger verweilen.

Wenn wir Sonne und Mond als die uns gegebenen überirdischen Sinnesorgane des Kosmos und des Menschen zugleich ansehen, die uns den Blick öffnen für das Geheimnis des in uns gelegenen Spiegels der Gottheit, die sich in unserem Dauer-Ich spiegelt, wie dieses inseinem Wandel-Ich, dann werden uns Sonne und Mond, innerlich erlebt, erst in Wahrheit zu den Himmelslichtern, dem großen und dem kleinen »Lieh~«, die am vierten Tag der Schöpfung im Menschen erwachen- da er sich zugleich mitdem Körper (EFde) in diesem wie im Reflex seiner Ichheit zu erkennen beginnt.

So wird recht eigentlich Mond zum Au,sdruck dessen, was sich in der Selbstschau als die dem wahren .Ich vorgel~gerte »Persönlichkeit« dar­stellt, die in der inneren Welt zur Entsprechung dessen wird, was in der äußeren Welt der Stoff war, die »Wand«, an der das wahre Ich sich immer wieder erprobt. Mond vertritt demnach in dies.em Sinne inner­halb der Ich-Sphäre das Satumprinzip, wor-auf bereit~ hingewiesen werden konnte. Wie aber der Mond, nachdem er im Licht der Sonne aufgezehrt, als Neumond aus der Erlöschung immer wieder aufersteht, gereinigt und verjüngt, mit schmaler Sichel seiner Asche entsteigend, so auch die Sonne selbst, die ja im Verhältnis zum ewig jenseitigen Apeiron nur eine Art Mond im großen darstellt und am Beginn jeder Weltperiode mit erneutem Glanz aus der kosmischen Nacht wieder auftaucht, als Neusonne dem nach leiblichem Tod immer wieder zum Leben erwachenden unsterblichen Sonnen-Ich entsprechend.

Aber auch im astronomischen Geschehen gibt es eine solche »Neu­sonne«- wenn der Neumond sich derart vor die Sonne stellt, daß er sie völlig zu verdunkeln scheint, wenn es zur Sonnenfinsternis kommt, aus der nach dem Vorbeigang des Mondes die Sonne gleichsam neuge­boren wiederersteht. Nun, auch diese Sonnenfinsternis können wir in uns erleben. Wenn etwa der Widerstreit zwischen Mond und Sonne in uns so stark geworden ist, daß es s.o aussieht, als wollte die dem wahren Ich vorgelagerte Erbpersönlichkeit dieses verschütten - wenn in uns dasjenige eintritt, was, astronomisch beJrachtet, die Sonnenfinsternis heißt - wenn es scheint, als müßte unser wahres Ich der Gewalt des

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3· VORTRAG

Schein-Ich weichen -wenn so die Seel~nnot und -pein der inneren Verzweiflung bis zur drohenden Gefahr der Verlöschung beider Him­melslichter angestiegen ist und das Todeserlebnis ganz von uns Besitz ergreifen will - dann ist der Moment gekommen, wo wir des freiwilli­gen Opfers gewärtig sein müssen, der Hinopferung unseres schein-Ich um des wahren Ich willen. Und wenn die äußere Sonne aus ihrer Verfinsterung al~ählich erwachend als schmale Sichel wieder sichtbar wird, dann kündet uns dies le.uchtende Zeichen der auferstehenden »Neusonne« symbolhaft ein inneres Geschehen, kündet uns das aus dem .drohenden Tod errettete, auf höherer Stufe durch die zweite Geburt erneute Ich, in Freiheit der »Not«wendigkeit entronnen. Diese s.chmale Sonnensichel ist es, die, ob ihrer Ähnlichkeitmit den Blättern der Palme »Phöni'x« genannt, den geflügelten Boten darstellt, der jetzt das erlöste Ich nach Heliopolis, der Sönnenstadt; trägt, nachdem es iin Flammentod aus der eigenen Asche wiedergeboren wurde.

So. werden auch dereinst alle Planeten zur Sonne zurückkehren und diese selbst im Schoß des Apeiron versinken - um in erneuter Verjün­gung wieder aufzuerstehen.

Wir aber wollen für heute schließen. Wir haben versucht, uns über die Rolle klarzuwerden, welche die Planeten als. Mittler zwischen Zeit und Ewigkeit innerhalb der menschlichen Wesenheit zu spielen haben, selbst in die kosmische Sexualität der offenbarten Welt verflochten, zwischen Rajas, Tamas und Sattwa. Himmlisches und Irdisches rei­chen sich so im Menschen die Hand zum ehelichen Bund und verhei­ßen ihm, fortschreitend zu immer wieder erneuter und höherer Ge­burt, wie auf den Sprossen seiner eigenen selbstgewirkten Himmelslei­ter aufwärtszusteigen, »-Sprosse für Sprosse«, Notwendigkeit in Frei­heit wandelnd- wenn er begreift,. daß dieser Leiter >>Sprossen« nichts andere$ sein können als das immer wieder aus der selbst vollzogenen Vermählung ·des Zeitlichen in ihm mit dem Ewigen gezeugte und darum ewig junge S.elbst; das Kind, das zum Vater heimkehrt.

Wirwerden das nächste Mal die allgemeinen Betrachtungen über das Wesen der Planetenwelt zum Abschluß bringen, um uns sodann dem Studium der einzelnen Planeten und ihrer Bedeutung für die Charak­terartung des Menschen zuzuwenden.

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4· VoRTRAG

Wir haben das letzte Mal einen guten Schritt vorwärts tun können. In einer Betrachtung, die freilich all das, was wir sowohl an allgemeinen naturphilosophischen und esoterischen Einsichten bereits erworben haben, als auch unsere Erkenntnisse vom Aufbau des Tierkreises zur Voraussetzung hatte, hat sich uns das Wesen der kosmisch-mensch­lichen Bedeutung der sieben Planeten und ihrer Funktion bis zu einem Grade erschlossen, der nun für uns die Grundlage bilden wird für die weitere Forschungsarbeit, die noch vor uns liegt.

Wir haben es dabei vermieden, an irgendwelche astrologischen Tra­ditionen oder Schulrichtungen anzuknüpfen. Aber gerade darum, weil wir nun die Grundlagen unserer weiteren Forschung siebergestellt glauben, dürfen wir an dieser Stelle wohl auch einen Blick werfen auf gewisse Grundelemente der traditionellen Lehrmeinungen der astrolo­gischen Disziplin.

Da sei nun zunächst der Theorien gedacht, die Ptolemäus über die Wirkungsweise der Planeten entwickelt, deren Natur er in Zusammen­hang bringt mit der Synthese von Hitze, Kälte, Trockenheit und Feuchtigkeit, wie wir sie anläßlich der Besprechung der vier Elemente beschrieben haben.

Ptolemäus lehrt: Sonne ist heiß und trocken; je höher sie steigt, desto größer wird ihre

wärmende und trocknende Kraft. Mithin ist ihre Natur feurig. Mond hingegen feuchtet. Er ist der Erde mit ihrer Nebelatmosphäre

unmittelbarer Nachbar; er besitzt allerdings auch ein wenig Wärme, die er aber der Sonne erborgt. Mithin wäre seine Natur vornehmlich . wasseng.

Saturn, am weitesten von der Sonne und den Erddünsten entfernt, ist demnach wieder kalt und trocken. Seine Natur wäre also im wesent­lichen erdig.

Mars ist verzehrend und verbrennend, seine N atur feurig, wie schon die rote(!) Farbe seines Lichtes zeigt; sonnennahe, ist seine Natur der der Sonne verwandt.

]upiter, zwischen Mars und Saturn stehend, ist darum von »gemä­ßigter«, also etwa vermittelnder Natur; er ist also warm und zugleich auch etwas feucht. Seine Natur wäre demnach luftig.

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• VORTRAG

Venus ist dem Jupiter ähnlich, ist aber feuchter und weniger warm. Merkur endlich ist sowohl feurig als auch wässerig, wobei abwech­

selnd bald die eine, bald die andere Seite den Vorrang erhält. Aus obiger Betrachtung ergibt sich jedoch auch die Geschlechtsver­

schiedenheit der Planeten, da das - >>Feuchte« weiblich, das »Hit­zende« männlich geartet ist. Darum sind Mond und Venus weiblich, Sonne, Saturn, Mars und Jupiter männlich, Merkur aber zwitteri~;. Die alte Überlieferung, derzufolge unter den sieben Planeten zwei »Übel­täter« - nämlich Mars und Saturn - und zwei »Wohltäter« - nämlich Venus und ] upiter - seien, erklärt sich aus der Tatsache, daß alle Fruchtbarkeit als Ausdruck der Lebensförderung an die Kombination von Wärme und Feuchtigkeit gebunden ist, trockene Hitze (Mars) und trockene Kälte (Saturn) jedoch lebenzerstörend wirken usf.

Einer wesentlich anderen Denkrichtung begegnen wir dagegen, wenn wiruns den Gedankenspuren überlassen, die uns in Gestalt jener uralten Symbolzeichen entgegentreten, die das vornehmliebste Aus­drucksmittel der Mysteriensprache der alten Völker waren.

Sie versuchten ihr Gedankengut in einer Zeichensprache niederzule­gen, die, weil sich in diesen Zeichen ewige Gesetze der Zahlen und ihrer Funktionen widerspiegelten, die Brücke schlagen sollten über alle Verschiedenheiten der Zeiten, Länder und Rassen mit ihren sprach­Lichen Besonderheiten und als reiner Gedankensamen den Weg finden sollten zum nicht wort- noch begriffgebundenen, mithin reinen Den­ken.

Solche hieroglyphischen Symbole, die über die ganze Erde verbrei­tet sind, bilden, wie schon in der ersten Folge g~zeigt wurde, die Zeichenelemente, aus denen sich die Planetensymbole zusammenset­zen als: Kreis, Kreis mit zentralem Punkt, Halbkreis und Kreuz.

Von jeher hat man in diesen Symbolen mehr gesehen als bloße »Zeichen;., denn sie sollten in einem graphischen Bild festhalten, was jenseits von Wort und Begriff unmittelbar Geistanschauung geworden, deren durch Wort und Begriff niemals auszuschöpfender Inhalt, »zu­sammengeballt« in ein einfaches Zeichen, seiner Lebendigmachung und Auslegung durch das diskursive Denken harrte, wie die Pflanze ihrer Auferstehung aus dem naturgegebenen Symbol des Samens, in dem sich ~melt der ganze, niemals im einzelnen völlig ausschöpfbare Inhalt der lebendigen Pflanze, die daraus wächst.

So sollen jene Symbole die unvergänglichen Samenkörner aller dar­aus entsprießenden geistigen Auslegungen werden, die dann gleichsam »Ontogenetisch« die Phylogenese der Geistentwicklung zu wiederho-

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DIE SYMBOLSPRACHE DER PLANETEN

len fähig würden, als deren Frucht der Nachwelt das Symbol zufiel, dessen Wahrheit schon war, ehe sie gedacht wurde.

Was aber die lebendige Wahrheit jener Symbole ausmachen sollte, das war, daß sie insgesamt mathematische, d. h. Zahlenwerte darstel­len, durch die die Ordnung einer Geistentwicklung dargetan wurde, die auf Grund derselben Logik die Reihe der durch Teilung aus der Einheit hervorgegangenen Entwicklungsphasen gewann, mit der die Offenbarung selbst (Logos) aus der »Einheit« geschah, so daß das Gesetz der Zahlenreihe mit dem der Weltoffenbarung parallellaufen mußte.

Und wie die Alten in ihrer Sprache für teilen (partire) und pari (gebären) denselben Wortstamm verwendeten und weiter denselben Wortstamm: gn auch für Ent-stehen und Erkennen, so müßte man aus der Reihe der Zahlen das Offenbarungsgesetz der Welt oder die Reihe ihrer O bjektivationsstufen und Formen herauslesen können, wenn nur diese Zahlensymbole selbst nach den mathematischen Gesetzen ge­zimmert sind. Dann müßte sich zeigen, daß alle derartige Symbole nicht künstliche Fügungen, sondern, wie die Zahlen selbst, Realitäten darstellen - lebendige, wirkliche und immer wirksame Realitäten; in denen unmittelbar die geistigen Wirklichkeiten geschaut werden kön­nen, deren millionenfach variierte »Auslegungen« in ihren letzten Ausprägungen die Wirklichkeiten der physischen Welt bilden. Und wenn etwa Goethes »Faust« beim Anblick des Zeichens des Makro­kosmos die Worte spricht:

I eh schau in diesen reinen Zügen Die wirkende Natur vor meiner Seele liegen,

dann können wir wohl verstehen, in welchem Sinn wir diese Symbole aufzufassen haben- die zugleich höchste geistige und physische Wirk­lichkeiten bedeuten!

Aber bei alldem darf doch gleichwohl niemals vergessen werden, daß wir in den Symbolen Gebilde vor uns haben, die, insofern sie im physischen Raum gestaltet und somit der reinen Geist-Anschauung entrissen werden, schon nicht mehr unmittelbarer Ausdruck geistiger Wahrheiten sind, sondern bereits Exemplifikationen oder Kommen­tierungen solcher Wahrheiten, wenn auch noch immer von sehr allge­meiner Natur!

Hier aber mag die wichtige Unterscheidung gemacht werden zwi­schen solchen Symbolgebilden, die zugleich auch als Naturgebilde

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4· VoRTRAG

auftreten, als etwa: der Kreis, die Kugel, das Kreuz (Achse der rotie­renden Kugel mit Äquator), Quadrat (Fläche des Würfels als Kristall­form), die fünf platonischen Körper (gleichfalls Kristallformen), Fünf­stern (hervorgehend aus der Fläche des Dodekaeders), gleichseitiges Dreieck (Fläche des Tetraeders usw. ), Schlangenlinie (Schwingungs­form), Kegel und Doppelkegel, Ellipse, Parabel und Hyperbel als Planeten- und Kometenbahnen einerseits und Symbolgestalten, die nicht als Naturgebilde auftreten, aber Kombinationen aus natürlichen Symbolen darstellen, zu denen ein Teil unserer Planetensymbole zu rechnen ist, aber auch viele andere, als etwa: Hakenkreuz, manche Tierkreiszeichen und hieroglyphische Symbole verschiedener Art, auf die hier nicht weiter eingegangen werden kann.

Nun kann es keinem Zweifel unterliegen, daß auch jene Symbole zweiter Ordnung Tatsachen der geistigen Welt veranschaulichen, die in der physischen Welt den bloßen Sinnen unwahrnehmbar bleiben, wie etwa das Hakenkreuz wohl eine Drehung des Kreuzes anschaulich machen kann, wobei die hier auftretenden Tangentialkräfte ihrer Rich­tung nach als die »Haken« des Kreuzes erscheinen mögen usw. Aber in dem Moment, da solche Symbole bereits mehrere, zum Teil einander widersprechende Deutungen möglich machen, beginnen sie zu einer Gefahrenquelle für solche geistig Suchenden zu werden, die vermei­nen, das Symbol an die Stelle der reinen Erkenntnisse setzen zu kön­nen, für die es ja nur eben ein Hilfsmittel des Festhaltens zum Zweck der Überlieferung bilden soll, und nun darangehen, mit Hilfe des logischen Denkens daraus letzte, unanzweifelbare Wahrheiten abzu­leiten, deren Geltung sie für ebenso gesichert halten, wie die mathema­tische Erkenntnis selbst, während umgekehrt jene Symbole selbst schon Spiegelungen oder flächenhafte Projektionen reiner Wahrheiten vorstellen, die jenseits sind von Raum und Zeit. Dasselbe gilt auch von dem akustischen Gebilde der Sprache.

Wenn wiruns nun der Betrachtung der Planetensymbole zuwenden, dann können sie für uns zu einer Quelle tiefgehender Beiehrungen werden; ja, je mehr wir uns in sie vertiefen, mit desto größerer Deut­lichkeit wird uns zum Bewußtsein kommen, daß die in ihnen verborge­nen Wahrheiten gar nicht präziser ausgedrückt werden konnten als eben durch jene Zahlen oder geometrischen Zeichen, die gleich den Zahlen selbst die wesentliche Bestimmung mit sich führen, im eindeu­tig Konkreten zugleich das Allgemeinste darzustellen.

Betrachten wir nun die Planetensymbole, wie sie durch die Tradition auf uns gekommen sind, als

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Sonne Mond Merkur Venus 0 2! ~ S?

Erde <I>

DIE PLANETENSYMBOLE

Mars Jupiter Saturn, d 2j. 11.

so erkennen wir in obigen Zeichen verschiedene Kombinationen von 0, 0, 0 , +,also jenen vier Zeichen, die wir bereits als die urtümlichen Zahlenwerte Null, Eins, Zwei, Drei oder die Ordnungszahlen 1, 2 , 3 und 4 erkannt haben.

Sie versinnbildlieben uns (die reinen Zahlen sind als geistige Stufen­folge überhaupt nicht darstellbar) den rückschauend im Geist nacher­lebten Offenbarungsvorgang in vier Stufenfolgen, die zugleich den vier Elementen entsprechen (siehe auch Allgemeine Grundlegung. Tier­kreis und Mensch):

r. 0 Die potentielle Welt (Apeiron, En soph) als Grenzwelt zwischen Sein und Nichtsein: Null.

~- 0 Die Selbstoffenbarung (Ich) als Zentrum des Kreises mit Peri­pherie als des Ich-Umfang oder Ich-Echo im Selbstbewußtsein­das erste Glied der Trinität, Emanation : Eins.

3· 0 Der Ich-Reflex als Seiner Selbstobjekt, Selbstbegegnung oder Spiegelung in der Selbstoffenbarung, das zweite Glied der Trini­tät, Rezeption: Zwei.

4· + Die Ich-Identität in der Selbstoffenbarung zwischen Subjekt und Objekt, die Selbsterkenntnis im Gleichungsakt als das Immer­wieder der Spaltung und Einung - das dritte Glied der Trinität, die Schwingung und D rehung, Wirbel und Periodizität des Rhythmus: Drei.

'

Es ist hier nicht der Ort, diese schon wiederholt angestellte Betrach­tung zu verselbständigen oder gar weiterzufü hren oder etwa nochmals darzutun, wie, nachdem jene vier Stufen bis zur völligen Ausprägung der Offenbarung im Stoff geführt, diese nunmehr nach der Erfüllung aller hierdurch gegebenen Möglichkeiten wieder rückschreitend ins Apeiron eingeht, und wie folgerichtig die solcherart bis zur Darstel­lung der Vierheit gelangte Symbolik nun auch die drei weiteren Stufen erfassen muß, die die Stationen des Heimweges kennzeichnen.

Worauf es uns an dieser Stelle ankommt, das ist, zu zeigen, wie die Planetensymbole, die zumindest in der Profanliteratur nicht vor dem ro. nachchristlichenJahrhundert als solche nachweisbar sind, gedeutet werden können und auch zumeist gedeutet werden.

Wenn wir die Reihe der Planetensymbole auf uns wirken lassen~ dann fällt uns auf, daß der Kreis mit Punkt für Sonne, der Halbkreis für

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4· VoRTRAG

Mond steht; die übrigen Planetensymbole zeigen insgesamt a) den Kreis ohne Punkt oder b) den Halbkreis in Verbindung mit dem Kreu~; nur eines (Merkur) weist die Verbindung a,ller dieser Elemente auf.

Der Gruppe a) gehören an: Mars und Venus; der Gruppe b) gehören an: S;tturn und Jupiter.

Mars:.. und Venussymbol sollen somit auf eine engere Beziehung hindeuten zwischen der ersten urid dritten Phas.e des dreifähigen Offen­barungsaktes, Saturn- und Jupitersymbol auf eine engere Beziehung zwischen der zweiten und dritten, wobei jedoch ein wesentlicher Unterschied in der Wertung dieser Beziehungen dadurch zum Aus­druck gebracht wird, daß Venus- und Jupitefsymbol das Kreuz zuun­terst tragen, Mars- und Saturnsymbol aber zuoberst. Die Deutung dieser Anordnung wird zumeist wie folgt gegeben:

Im Kreuz, bestehend aus einer horizontalen und einer vertikalen Geraden, vereinigen sich zwei Tendenzen, deren eine, vorgestellt durch die vertikale Gerade, die Richtung von oben nach unten oderumgekehrt ausdrückt und der von »Oben« eingestrahlten Ene.rgie entspricht oder der Willensanstrengung des Menschen, der sichmit ihrer Hilfe auf» rich­tet« (Rajas, männliche Achse des Kreuzes). Die andere, vorgestellt durch die horizontale Gerade,. drückt die auffangende, empfangende Fläche aus (Tamas, weibliche Achse des Kreuzes) und entspricht im Menschen allen auf Beharrung gerichteten Tendenzen.

Die Gegensätze, die sich hier vereinen, ~ip.d uns bereits hinlänglich bekannt. Das Kreuz kündet von der vollzogenen Verbindung zwischen Männlichem und Weiblichem in Gestalt der im Stoff verwirklichten und verwirkten Gegeilständlichkeiten und versinnbildlicht so die Körper­welt mit dem ihr eigenen Gesetz der »Notwendigkeit«.

Zu dieser Welt des Kreuzes nun stehen jene vier Planetensymbole, wie bereits erwähnt, in enger Beziehung, nämlich: ~ und cJ' einerseits, 21. und li.. andererseits, wobei ohne weiteres auffällt, daß hier zwei Arten der Gegensätzlichkeit und der Zusammengehörigkeit angedeu­tet sind,

~ und cJ' haben gemeinsam den Kreis; 21. und li.. haben gemeinsam den Halbkreis; ~ und 2j. haben gemeinsam, daß das Kreuz unte.r Kreis und Halb­

kreis gestellt ist; li.. und cf haben gemeinsanm, daß das Kreuz über Kreis und Halb­

kreis gestellt ist.

Damit sind aber auch schon die Gegensätzlichkeiten gegeben:

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WoHLTÄTER UND ÜBELTÄTER

~ urid d sind entgegengesetzt durch die Stellung des Kreuzes, 2j. und li. ebenso; S? und 2j. sind entgegengesetzt durch Kreis und d und li. Halbkreis.

Wenn wir nun all diese Ähnlichkeiten und Gegensätze beachten, so kann jetzt kaum mehr ein Zweifel über die Deutungsart bestehen, .die wir auf jene Symbole anzuwenden haben:

Durch jene Planetensyrnbole, die Kreis oder Halbkreis über das Kreuz erhoben darstellen, soll auf Hilfen hingewiesen werden, die gleichsam aus Zukunftsbereichen in den Menschen einstrahlen, ihn mit den Idealen der höheren, lichten, dem Stoff und seiner Last nicht unterworfenen Welten erfüllen und ihm so die Kraft spenden, das Kreuz zu überwinden und, dem Jammertal Erde entronnen, nach vollbrachter Menschenarbeit ichgeeint zu den Urquellen des Geistes heimzukehren.

Darum gelten ja auch Venus und Jupiter, deren Symbole uns dieses ideale Ziel der Menschenentwicklung als bereits erreicht darstellen,. als die großen Helfer, als die Wohltäter.

Durch jene Planetensymbole aber, die Kreis und Halbkreis unter das Kreuz gestellt aufweisen, soll hingewiesen werdc;m auf Hilfen anderer Art, auf Hilfen, die nicht aus Zukunfts-, sondern aus Vergangenheits­bereichen einstrahlen und den Blick des Menschen auf die ganze Schwere der noch im Erdenstoff zu leistenden Arbeit lenken, auf die Erdenschwere7 die lastet auf all dem, was, einst aus den lichten H öhen der höheren Welten niedergestiegen, sich im Stoff verdichtet hat und nun aus dem Stoff wieder gelöst werden soll durch des Menschen Arbeit.

Darum gelten Mars und Saturn, deren Symbole uns das Niederdrük­kende und Schwere dieser ungeheuren Aufgabe mit besonderer Ein­dringlichkeit zum Bewußt.sein bringen, auch als die Unheilsbringer, als die Übeltäter.

Wenn wir nun wieder das Verhältnis zwischen den Symbolen~ und 2j. einerseits und d und li. andererseits betrachten, sehen wir, daß, was uns im ersten Fall als Erhebung über den irdischen Zustand verspro­chen wird, in zwei Etappen geschehen kann, deren eine sich an das Männliche in uns (Kreis über der Vertikalachse}, deren andere sich an das Weibliche in uns (Halbkreis an der horizontalen Achse) heftet. Damit soll ausgedrückt werden, daß es zwei Arten des Segens und zwei Arten des Fluches sind, die uns da symbolhaft entgegentreten.

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4· VORTRAG

Venus - der Segen, der aus dem befreiten Urmännlichen in uns, Jupiter - der Segen, der aus dem befreiten Urweiblichen in uns ent­~pringt; Venus - die Seligkeit, mit der die hoffende, vertrauende, er>> hebende« Liebe erfüllt, Jupiter- die Seligkeit, mit der der hoffende, vertrauende, er~hebende« Glaube erfüllt.

Sie beide sind dem Menschen zuge~ell~ wie Flügel, die ins Land der Zukunft tragen, das aber kein anderes ist als die Urheimat, aus der er in fernster Vergangenheit ausgesetzt WQrde, auf der Erde im Schweiße des Angesichts den Ackerboden zu bebauen, dessen Frucht nach Über­windung der Erdenlast das befreite, ·aufs neue wiedererrungene Ich sein sollte (agere - ego).

Ähnlich ist auch das Verhältnis zwischen den Symbolen für Mars und Saturn zu verstehen, deren das erstere, d' das Kreuz mit .seiner vertikalen Achse lastend auf dem (männlichen) Kreis, daSc·andere.aber das Kreuz (was sehr zu beachten ist) ebenfalls mit seirrei: vertikalen Achse lastend auf d.em Halbkreis (weibliches Prinzip) darstellt 11.

Hier soll auf zwei Etappen der Belastung oder der Not hingedeutet werden, die einmal das Männliche in uns betrifft, das all seine Kraft dcmgc~äß nicht als aus der Freiheit, sondern aus dem »Müssen« kommend erlebt, gegen dessen Zwang es sich vergeblich auflehnt, während im weiblichen Anteil dieses »Müssen« nicht der »Kraft« aufgelastet ist, sondern dem Erdulden der Kraft, und sich demnach als das »Niederzerrende<( aller Ohnmächtigkeiten darstellt, die das Erle­ben der unabwändbaren Notwendigkeiten mit sich führt.

Die bereits erwähnte Besonderheit des Saturnsymbols, die es nun mit sich bringt, daß bei den Symbolzeichen der beiden letztgenannten Planeten die Beziehung zur weiblichen Achs~ des Kreuzes fehlt, scheint.da.tauf hinzudeuten, daß gerade dort, wo das Ohnmachtsgefühl gegenüber der Schwere der Erdenlast den höchsten Grad erreichen müßte, auch die Geburtsstätte des energischsten Widerstandes liegt: am tiefsten Punkt der Erniedrigung, an dem die Verwandlung des Fluches in den Segen beginnen muß. ·

Unter den PlanetensymbQlen gibt es nur ein einziges, das aus drei Zeichenelementen zusammengesetzt ist. Hierdurch soll auf eine Funk­tion hingewiesen werden, die im wesentlichen mit der Vermittlung zwischen den drei Stufen: Kreis, Halbkreis und Kreuz zu tun hat, auf die Funktion der freien Beweglichkeit zwischen allen Gegensätzen, die nur der Erkenntnis vorbehalten sein kann: ~.

Diese Andeutungen mögen vorläufig genügen; gehört es doch zum Wesen des Symbols, mit Worten niemals ausschöpfbar zu sein.

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LIEBE UND GLAUBEN

Eine Zusatzbemerkung erweist die besondere Tiefe jener Zeichen­symbolik. In seinem Hauptwerk Arcana coelestia (Himmlische Ge­heimnisse) hat Swedenborg eine Deutung für das Wesen dessen hinter­lassen, was die Bibel nach den ihm von »Engeln« offenbarten Aufklä­rungen unter den beiden Himmelslichtern versteht. Sonne und Mond, die ja als die beiden Ich-Gestalten im Menschen dessen innere Verbin­dung mit der Gottheit unmittelbar ausdrücken, werden in Sweden­borgs Auffassung zu den Kräften d er Liebe (Sonne) und des Glaubens (Mond). Beide verbinden uns in unserem Inneren mit Gott, denn sie halten den Weg zu ihm offen. Aber diese Einsicht weist unverkennbar wieder auf die Planetensymbole hin und macht uns deutlich, wie Venus und J upiter tatsäeblieb als Wohltäter anzusehen sind, weil sie, wie ihre Symbole zeigen, die Liebe (Venus) und den Glauben Qupiter) als Sieger über die Erdennot ins Menschenleben einwirken. Mars und Satum aber werden zu »Übeltätern«, weil, wie ihre Symbole zeigen, Liebe und Glaube hier noch verschüttet sind unter der Last der Erdennot, so daß an Stelle des Glücksgefühls der inneren Helligkeit, das Liebe und Glaube gewähren, das Gefühl der Gottverlassenheit und der inneren Finsternis durch die Urkraft der Liebe und des Glaubens so hnge bestehen bleibt, wie die » Umwändung« nicht geschehen ist.

Es muß jedoch hier nochmals mit aller Eindringlichkeit betont werden, daß die innere Logik doch in einem Punkt unvollkommen bleibt, der gerade für das Lehrgebäude der praktischen Astrologie von größter Bedeutung ist. Denn wenn uns nun auch klar geworden ist, daß die bisher beschriebenen Planetensymbole in den Grundbedingungen ihrer Konstruktion dem esoterisch erfaßten Offenbarungsweg parallel gehen, so fehlt doch nunmehr das wichtigste Verbindungsglied mit der Praxis der Astrologie, d. i. der zwingende Beweis dafür, daß die mit den Planetennamen benannten kosmischen Symbole auch wirklich den betreffenden Himmelskörpern entsprechen, daß etwa das Stufenglied der kosmischen Entwicklung, das durch das Symbol 9 bezeichnet wird, auch wirklich dem Himmelskörper Venus entspricht, dem Him­melskörper, der zwischen Erde und Merkur um die Sonne kreist usw.

Es fehlt die astronomische Bestätigung für die Berechtigung der Anwendung jener Symbole auf die einzelnen substantiellen Planeten.

Es erschöpft aber auch die Siebenzahl der Planeten durchaus nicht alle Möglichkeiten des Weges. Zeichen, wie etwa o (früher auf die Erde angewendet, jetzt in veränderter Form als Marssymbol bekannt: d'; darüber wird später noch ausführlich gesprochen werden) oder ? , 2J. oder 'ö, o oder Y usw. haben keine Anwendung finden können.

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4· VoRTRAG

Nun sollen diese Bedenken hier nicht ausgesprochen werden, ohne auf den Weg hinzuweisen, sie zu zerstreuen.

Fürs erste kann ja schon als erwiesen angesehen werden, daß es im gegenwärtigen Zustande der Welt nicht mehr als 7 Stufen ihres Ent­wicklungsweges geben kann, d. i. vom Mineralischen zum Pflanzli­chen - zum Tierischen - zum Menschen, der dann auf drei weiteren Stufen das Erbe des Tier-, Pflanzen- und Mineralreiches Schritt für Schritt als sein Seelisches, Geistiges und Moralisches zu »erwerben« hat.

Es sei hier, um die Geschlossenheit des »Symbol«systems darzutun, noch einmal auf jene Anordnung der Planetenwelten zurückgegriffen1

die wir anläßlich der Erwähnung der Rosenkreuzerlehre an Hand des Kaduzeus gegeben haben.

Saturn

Venus

Mond

Merkur

Abb. II $

Erde

.lr Jupiter

Hier treten eigentlich acht Planetennamen auf, wobei Vulkan als die Vollendung des »Saturn~ anzusehen wäre, denien Ausgangspunkt der Entwicklung unseres Sonnensystems bezeichnen soll.

Betrachten wir nun diese Darstellung, die uns hier wieder eine absteigende Linie (Saturn bis Mars) und eine aufsteigende (Merkur bis Vulkan) zeigt, nebst der Verwandlung von Mond und Jupiter und Sonne in Venus in dem bereits angedeuteten Sinn, dann ergibt sich eine Reihenfolge der Symbole: Saturn, Sonne, Mond, Mars, Merkur, Jupi­ter und Venus, die ans.cheinend ohne Beziehung ist zur uns geläufigen astronomischen Reihung der Planetenkörper.

Es läßt sich abe:r nun zeigen, daß diese Reihenfolge der Symbole trotzdem in enger Beziehung steht zur Reihenfolge der astronomi­schen Planeten. Setzen wir diese in der uns bekannten Reihung (Ptole-

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GEISTIGE UND SEELISCHE WELT

mäus) an die Spitzen des Siebensterns, so ergeben ihre Diagonalverbin­dungen tatsächlich die obige Reihe, die auch in der Folge der Wochen­tage nach den entsprechenden Planetennamen zum Ausdruck kommt.

Abb. i2

Es ist nicht unsere Absicht, an dieser Stelle tiefer in die Analyse der Symbole einzusteigen. Soweit dies notwendig, wird es bei der Bespre­chung der einzelnen Planeten geschehen. Noch weniger sollen die mythologischen Beziehungen, die sich an die Planetennamen knüpfen, zum Ausgangspunkt für eine D eutung ihrer astrologischen Wertung genommen werden. Gehören die geometrischen Symbole durchaus der geistigen Welt und den in ihrwirksamen Gesetzen an, so stellen die Mythologien und die in ihnen zutage tretenden Symbole bereits EiD­kleidungen geistiger und »Übergeistiger« Wahrheiten in stoffliche, durchaus der Erscheinungswelt entnommene Gebilde dar, die dem­nach zum wesentlichsten Anteil in das Gebiet der Dichtung und Phan­tomgestaltung gehören. Die anthropomorphen Ausgestaltungen sol­cher Schöpfungen ähneln in vielen Beziehungen den Traumschöpfun­gen und begegnen sich häufig genug mit diesen in bezug auf ihren Ursprung aus Namen und Worten, die ihrerseits schon Siegel von geistig zu erfassenden Symbolkomplexen vorstellen . Hier sehen wir die Quelle der tieferen Deutungsmöglichkeit der Mysteriendichtungen und später der profanen Dichtwerke, deren Gestalten insgesamt an­thropomorphe Personifikationen geistigerund übergeistiger Wahrhei­ten darstellen.

Waren die geometrischen Symbole Gebilde der geistigen (Luft-) Welt, so sind die mythologischen Begebenheiten bereits mit den Gebil­den der seelischen (Wasser-)Welt, mit ihren Trieben und Leidenschaf­ten durchsetzt. Dadurch aber gewinnen sie wieder eine gewisse Ähn­lichkeit mit der Fabeldichtung überhaupt, verlieren ihren Wert als Symbol und nähern sich demjenigen, was man im Gegensatz zum Symbol die Allegorie genannt hat. ·

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4· VoRTRAG

Sowie aber die in der Tierfabel auftretenden Tiergestalten recht eigentlich Personifikationen oder anthropomorphe Projektionen der einzelnen Elemente unserer Tierseele darstellen, so die Göttergestalten der Mythologier die anthropomorphe Verwandlung oder Herabzie­hung der übermenschlichen Planetenwesenheiten auf die Ebene des noch um seinen Aufstieg aus der Tierheit ringenden Menschen.

Festen Boden aber gewinnen wir wieder unter den Füßen, wenn wir die physische Welt insgesamt als das Symbol überphysischer Wahrhei­ten erkennen lernen.

Darum bleibt für den wahrhaft Suchenden diese physische »Wirk­lichkeit« de.r 1.1ns umgebenden Welt die zuverlässigste Welt der Gleich­nisse, die zu deuten erst vermag, wer die Symbole der geistigen Welt zu durchschauen reif geworden.

Unter diesen Voraussetzungen sollen sowohl Symbole als auch My­then und nicht zuletzt die Gesetze und Tatsachen der physischen Welt als die symbolhaften Schattenbilder der geistigen (Luft-) und übergei­stigen (Feuer-)Wahrheiten herangezogen werden.

Es tritt nun die Aufgabe an uns heran, die gewonnenen Einsichten in die Praxis zu übertragen und sie in den Dienst der Deutung des Einzelhoroskops zu stellen.

Zunächst wird es darauf ankommen, die besondere Bedeutung zu erkennen, welche die Strahlungen der Tierkreisabschnitte für den ein­zelnen Menschen dadurch erhalten, daß bestimmte Planeten zur Zeit der Geburt ihrer geozentrischen Stellung gemäß das Amt des Botschaf­ters übernehmen. Naturgemäß wird diese Botschaft verschieden aus­fallen, je nachdem, von welchem Planeten sie übernommen wird. Darüber hinaus wird es darauf ankommen, das Zusammenwirken d~r sieben Botschaften untereinander kennenzulernen, das in jedem Fall eine Art von musikalischem Zusammenklang ergeben wird, der, ähn­lich wie in der Musik, einfacher oder komplizierter ausfallen wird und demgemäß, ohne Rücksicht auf den Tierkreishintergrund, als wesent­licher Faktor wird angesehen werden müssen, von dem abhängt, was sich in der Grundveranlagung des Menschen harmonisch oder dishar­monisch auswirken wird und nicht wenig dazu beitragen mag, hervor­zubringen, was- wie in der Musik die Dissonanz - auflösungsbedürf­tig erscheint, d. h. ihn daran mahnt, was sein spezifisches Lebenspro­blem wird, dessen Lösung oder Lösungsversuch er dem Kosmos schul­det.

Das Studium dieser Zusammenklänge macht es nötig, sie, ähnlich wie das auch in der Musiktheorie geschieht, in einzelne Zweiklänge

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DER BEG RIFF »ASPEKT«

aufzulösen und zunächst zu bestimmen, in welchem Gegenseitigkeits­verhältnis die einfachenZusammenklänge je zweier Planeten zueinan­der stehen, und dieses Verfahren allmählich auf alle übrigen Planeten auszudehnen.

Diese U ntersuchung führt, um bei dem Vergleich mit dem musikali­schen Akkord zu bleiben, wie dort zum Begriff des Intervalls, hier zum Begriff des »Aspekts«, d. h. der besonderen Art des Zusammenwirkens je zweier Planeten, ohne Rücksicht auf den Tierkreishiotergrund. Nun wird es erst Gegenstand eines späteren Vortrags sein, die einzelnen Klangbilder oder Aspekte der Planeten zu untersuchen. Für den Au­genblick mag es genügen, in Erinnerung zu bringen, daß man unter »Aspekt« den Winkel versteht, den die vorn Beschauer zu den beiden Planeten gezogenen Geraden miteinander einschließen.

Von alters her betrachtete man Winkelgrößen von etwa 6o Grad oder 120 Grad als harmonisch und bezeichnete diese Größen als Sextil­oder Trigonschein; sie wurden als günstig oder freundlich angesehen . Winkelgrößen jedoch von etwa 90 Grad oder 180 Grad, der Quadrat­und der Gegenschein (Opposition) galten als unharmonisch, ungün­stig, während die sogenann te Konjunktion, d. i. eine Winkelstellung um o Grad herum, je nach der Natur der beiden Planeten, die sich in ihrer Wirkung auf solche Art zusammenfinden, verschieden gedeutet wurde.

Wir haben nun unsere vorbereitende Arbeit in bezugauf das Planeten­problem im wesentlichen abgeschlossen und treten in den speziellen Teil unserer Forschungsarbeit ein. Aber ehe dies geschieht, lassen Sie uns noch einmal zum Ausgangspunkt zurückkehren. Versuchen wir noch einmal, uns der kosmischen Stimmung zu überlassen, wie sie sich in dem einfachen Gesang und Tanz der Radakerinnen kundgab. Da mag uns ein seltsames Gefühl überkommen, das zugleich ist wie ein Gefühl der Fremdheit und wieder der Geborgenheit. Wieder ist es, als wollten G edanken von uns Besitz ergreifen, wie wir sie am Schluß der Allgemeinen Grundlegung lichildern kowlten.

Und doch - wir vermögen jetzt schon ein wenig anders zu den Sternen aufzublicken, nachdem wir in den Wandelsternen Boten der Unendlichkeit erkannt haben, die uns bereits mit der uns in der Seele vertrauten Sprache anzureden scheinen, als Wesen, die zu ihnen gehö­ren, Bürger ihres Schwesterplaneten Erde und in dasselbe Gesetz des Drehensund Kreisenseingeschlossen-eingeschlossen in den Rhyth­mus der Zeit und des Werdens, mit der geheimen hoffenden Sehnsucht

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4· VORTRAG

im Herzen nach den Reichen der Ewigkeit. Mitten hineingestellt zwi­schen Vergangenheit und Zukunft, n~ch einem unendlich erhabenen Gesetz des Periodenlaufes aller offenbarten Wesentlichkeiten - ein verirrter und irrenderGast der Zeiten? Lassen Sie mich einen einfachen Vergleich machen .. der uns näherbringen soll, worum es geht.

Nehmen wir an, es komme da ein Mensch verspätet in ein Konzert. Dieses hat .schon längst begonnen, da er eintritt, und e.r wird Zeuge eines Musikstückes, dess.en Anfang er nicht,gehört hat. Seltsamerweise aber ordnen sich die Töne um ihn in seiner Auff;tssung trotzdem zu einem seelisch-geistigen Eindruck, wenn auch wahrscheinlich nicht zu dem richtigen! Aber dennoch, der Zusammenklang der Töne geht hicht an ihm vorüber, sondern er bezieht sich sogar auf ihn - er versucht ihn zu erfassen und vergißt allmählich, daß er gar nicht von »Anfang an« dabei war. Aber hier wollen wir den Vergleich unterbre­chen, um ihn durch einen anderen zu erläutern.

Wir alle werden ja zunächst durch unsere Geburt in einen Zusam­menhang hineingestellt, dessen »Anfang« wir nicht kennen. Ist aber nicht auGh wieder unsere Geburt auf de01 Erdplaneten wie ein Sprung in den fahrenden Eisenbahnwagen, mitten hinein in den sausenden Eilzug, von dem wir nicht wissen, woher er kommt, noch was. das Ziel seiner Fahrt?

Aber dieser Vergleichist so wenig wie der andere nur ein Vergleich. Denn die Erde ist ja als kreisender Planet tatsächlich ein solcher Eilzug, der mit unbegreiflicher Geschwindigkeit durch die Räume rast, seiner­seits mit all den Gästen, die er trägt, ein Spätling im Sternenkonzert gegenüber anderen älteren Geschwistern und wieder ein Frühling im Vergleich mit jüngeren Geschwistern, die nach ihm kamen.

Nun wollen wir diesen Vergleich ein wenig weiterführen. In dem Moment, da jener Sprung den Menschen in den Eisenbahnwagen hineinversetzte, beginnt für ihn ein neuer Abschnitt seiner Reise, die ihn nun mit all den fahrenden Genossen, die er im Zug antrifft, durch die gemeinsame Fahrtrichtung verbindet. So verbindet sich für jeden :von uns, der da mitten in di.e Sternenmusik eintrit.t durch die Geburt, seine Geschichte mit dem Inhalt dieses Mu;c;ikw.erkes, das aber in jenem Moment schon im Gange war. Von jener »Vor«geschichte weiß er nicht-die muß er sozusagen hinzudichten, und das Material, das er zu dieser Dichtung allein verwenden kann, das kann er nur seiner Vergan­genheit entnehmen, die vor der Pforte des Musiksaales liegt - vor seiner Geburt. Aber gerade diese Vorgeschichte, die muß er erdichten, bewußt oder unbewußt, denn nur auf Grund dies.er Vorgeschichte

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Dill SYNTHESE

ordnen sich ihm dje Töne des Musikwerkes in einen Zusammenhang, der zunächst nur ihm gehört- der aber in dem Grad sich dem wahren Zusammenhang nähert, in dem sich jene Erdichtung der Wahrheit nähert, als sein inneres Auge für dasjenige sich öffnet, was in Wirklich­keit die seinem Gedächtnis entschwundene Vergangenheit seines bis­herigen Weges war, je mehr er reif wird, in seinem Bewußtsein die Boten der Vergangenheit zu empfangen und zu verstehen und in ihnen dieselben Wesentlichkeiten zu erkennen, die ihn mit der Zukunft verknüpfen.

All die Arbeit, die erforderlich ist, diese Erkenntnis zu reifen, und all die Erlebnisse, die mit ihr verknüpft sind, sind es insgesamt, die den Inhalt unseres Schicksals ausmachen, dieweil wir Passagiere des Zuges sind oder sein müssen - wollen oder gar dürfen?

Wahrlich, dieses Schicksal - was anderes kann es sein als die immer wieder aufs neue mit mehr oder weniger Erfolg versuchte Synthese einer vorgezeichneten Fahrtrichtung - einer vorgezeichneten Zukunft mit der eigenen, noch nicht im Zusammenhang mit jener Zukunft durchschauten Vergangenheit!

Diese:: Syntht:se sinnvoll zu gestalten, muß wohl die nächste Aufgabe des Menschen werden. Aber er kann sie nur sinnvoll gestalten, wenn er die Richtung des Zuges kennt- denn das »Woher« wird uns erst klar, wenn wir das »Wohin« begriffen haben!

Nun wollen wir wieder zu unserem Vergleich zurückkehren. Der Mensch, der so hineingeworfen wird in den Eilzug, ist ja zunächst vollkommen desorientiert, er weiß nur von einer »Gegenwart«, die ohne klare Beziehung ist zu Vergangenheit und Zukunft. Er müßte eigentlich verzweifelt sein über diese Situation, und doch ist er es seltsamerweise gar nicht.

Weiß nicht, woher ich kommen bin; Weiß nicht, wohin ich geh'; Mich wundert's, daß ich so fröhlich bin.

Nun, er hat auch allen Grund, nicht verzweifelt zu sein. Zwar als Fremdling findet er sich zunächst im sausenden Eilzug, sich

selbst ein Rätsel, ohne von diesem Rätsel gest0rt zu sein, ohne be­drückt zu sein von seiner Unwissenheit darüber, »woher er kam der Fahrt«. Denn er ist ja nicht allein im Zug- er trifft dort Reisegenossen an, und er trifft vor allem seine Eltern an, die Älteren, die ihm Über­bringer von Gesetzen ihrer Vergangenheit sind, die ihm die eigene, vergessene zunächst ersetzen müssen, er trifft Menschen an, die schon

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4· VORTRAG

vor ihm .in diesem Zuge waren, die einen Zeitvorsprung vor ihm haben, und erlebt in dieser scheinbar zufälligen Begegnung mit den älteren Gefährten und seinem Eingebautsein in ~h,·e Lebensgeschichte das Surrogat seiner Verknüpfung mit Vergangenheit und Zukunft- das Surrogat zunächst. ehe sein inneres Gedächtnis geweckt ist.

Nun, wahrlich, dieses innere Gedächtnis zu wecken, um den tieferen Sinn dieser Verknüpfung zu enthüllen - könnte· Astrologie darüber nichts aussagen, dann wäre sie sinnlos, ihr Sn~dium ohne Zweck.

Das tröstliche Gefühl, in de:n Sternenteigen einbegriffen zu sein, war es ja schon, das im Gesang der Rarlakerinnen und in ihren festlichen Tänz.en ihre Seele mit Hoffnung und Frohsinn erfüllte; aber dieses Gefühl müßte innerlich vertieft und geistig durchlebt auf alle überge­hen können, die Astrologie wahrhaft in sich aufgenommen haben.

Gerade darum aber ist es wichtig zu verstehen, daß jene Reisegefähr­ten, die gleich den Älteren unserer Ankunft im Zug schon entgegen­harrten, um uns ihre Vergangenheit eine Zeitlang zu leihen, um unserer Zukunft willen, bis daß wir uns selbst gefunden, nichts anderes sein können als die sieben heiligen Planeten, die zugleich Boten der Vergan­genheit und der Zukunft werden sollten für uns, daß sie es sind, die die innere Fröhlichkeit des Menschen auf allen seinen Pfaden immer wie­der herstellen bei allen, die guten Willens sind.

Blicken wir jetzt zurück auf unsere Vergangenheit, dann steigt auf vor uns eine Entwicklungsreihe, die von der mineralischen Weit d\lrch Pflanze und Tier bis zu unserer Gegenwart im Menschensein führt.

Durch drei Reiche hindurchgegangen,. hat da.s Menschenwesen erst auf der vierten Stufe die Fähigkeit erhalten., um die Tatsache dieser Entwicklung zu wiss.en - weil ihm erst auf dieser Stufe die Kenntnis wurdevom Sternenleben! Erst jetzt, auf der Erde als Mensch lebend, kann er Vergangenheit und Zukunft verknüpfen, weil er erst jetzt dadurch, daß er die Vergangenheit übers.chaut, auch erkeilnt, welche Stufen noch zu durchschreiten sind, um das. V ergangene zum »Hebel(< der Zukunft zu >~wandeln«. ·

Denn er fühlt jetzt, daß etwas in ihm ist, das sich, wie das Erbe aus der mineralischen Zeit, auf alles bezieht, wodurch er mit der Materie des leiblichen Entwicklungsweges verbunden ist, die auf ihm lastet wie der Stein.

Wenn er seine Verknüpftheit mit dieser Vergangenheit so fühlt, wie Last und Not, noch unfähig, sie zu wandeln - dann hat er sein Satum­erlebnis (Mineral - Stein).

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DAs Ju:PITERERLEBNiS

Wenn er aber fühlt, was das Erbe der Pflanzenwelt ist in ihm, was es heißt, die organische Freude an der Lebensbejahung in allen vegetati­ven Daseinsfunktionen zu erhalten, hingegeben dem Lebensrausch in seiner reinen Triebhaftigkeit - der Sonne entgegen -~ dann hat er sein Sonnenerlebnis, wie es grundgelegt ist im inneren Gedächtnis seiner längst vergangeneo Pflanzenstufe.

Weiter, wenn er das Tierische in sich empfindet, d. i. das Waltender Leidenschaften, des Begehrens und Wünschens, Liebens und Hassens nebst allem damit verbundenen Anhängen an Trieben und Instinkten, ihren Gewalten kritiklos und ohnmächtig hingegeben, erbgebannc, unterjocht von tierische!ll Erbgut der Vorfahren, ohne die Fähigkeit, sich ihm zu entreißen oder es zu »erwerben«, dann hat er sein Mond­erlebnis. Wenn er aber in sich di.e Aufkh.nung gegenalldas Überkom­mene erwachen fühlt, in;sieh aufsteigen den » Entschluß«, das »Schloß« seines Vergangenheitskerkers zu sprengen fühlt, um sein noch keim­haftes »Selbst« zu befreien und zu finqen, wenn all das, was zu dieser Befreiung drängt, der Fessel entraffend ihn durchglüht, zunä.chst nur wie die organisch gewordene Nötigung zur Selbstbefreiung- dann hat er sein Marsetlebnis,

Damit. aber sind wir an die Grenzscheide gelangt zwischen Vergan­genheit und Zukunft- zur »Gegenwart«, zur Erde als dem Orte der Entscheidung. Es gilt - um in der Symbolsprache der Mysterien zu bleiben - das KTeuz aus dem Kreis zu stellen und dieseil zu sprengen. Gelingt dies, gelingt es, den Kreis »Über« das Kreuz iu stellen und darüber den zur Schale gewandelten Mond zur Aufnahme des Zu­kunftsimpulses bereitzuhalten und so das Merkursymbol ».innerlich« herzustellen, dann tritt das Merkurerlebnis auf den Plan - d. i. die Erkenntnis von der Notwendigkeit der Umwändung. Ist dieses Erleb­nis eingetreten, dann ist der Weg nach oben, der Rückweg in die höchste Welt, aus der er ausgestrahlt, frei geworden- dann fällt es wie Schleier vo.n den Augen, und die Vergangenheit wird mit einem Male sinnvoll, weil sie nun den Weg in die Zukunft weist, der ohne jene Erkenntnis nicht beschrit.ten werden konnte. Wenn der Mensch, sol­cherart erleuchtet, das sieghafte Kraftbewußtsein in sich erlebt, d.as obgesiegt hat über den Bann, in den die Tierheit ihn tat, und in diesem Siegesgefühl seine Seele mit glaubender Hoffnung auf den ihm nun werdenden Aufstieg erfüllt, dann hat er seinfupiteredebnis. Wenn aber weiter die Umwandlung aller Lebenstriebe, des Wachstums und der Sonnen-" Licht- und Wärmefreudigkeit sich in voller Bewußtheit ver­innerlicht und jetzt durchlebt wird als innigste Lebensfunktion, was im

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4· VoRTRAG

Pflanzensein Stoffwechsel und Atmung war, sich jetzt aber zum Ge­fühl der Allverbundenheit als Lebensinhalt umgestaltet, dann tritt die alles versöhnende und einende »'Liebe« als der inne:re Sinn des Venus.­erlebnisses auf den Plan.

Und wenn der Mensch schließlich dahin gelangt, auch no.ch die Umwandlung d.es Saturns oder des mineralischen Erbes in sich zu erleben, d. h. all das, was ihm früher Last undNot aus der Schwere des mineralischen Stoffes heraus geworden war, als das Gesetz des unver­brüchlichen göttlichen Willens zu erkennen, das seiner Entwicklung erst die feste Grundlage gab, den festen Boden, der ihm gegeben war, um sich von ihm aufwäns heben zu können, und so gelernt hat, »die Gottheit in seinen Willen aufzunehmen«, wie Schiller es nennt, dann­hat er sein Vulkanerlebnis, das ihn erst gänzlich von der Erde und ihrer Last löst.

All diese Erlebnisse mögen dunkel in der Seele des Menschen ankli:n­gen, der, ohne Kenntnis des Woher und Wohin, doch so fröhlich sein kann, daß er sich selbst darüber wunden- so fröhlich, wie die Radake­rinnen, die $ich l)lit ihrem Tanz venrauend in den Rhythmus der Sterne fügten. Was aber jene F:rauen in ihrer Seele empfinden mochten, das ist nichts. anderes, al~ was wir in unserem Sinn »Astrologie.« nennen.

Und nun begreifen wir, warum es nicht genügt, zum Tierkreis als. dem ewigen Urbild des Menschen aufzublicken; begreifen wir, warum .es nötig ist, unsere Stellung zwischen Zeit und Ewigkeit zu erforschen, zu erforschen, wie sich Vergangenheit und Zukunft durch uns.ere persönliche Gegenwart scheiden. Aber wir begreifen auch, daß diese »Gegenwan« niemals stillstehen.kann- daß sie selbst sich bestimmt durch das Maß unserer 'Wandlungsfähigkeit und Verwandlungsbereit­Schaft und daß wir weiter müssen, sobald wir erkannt haben, wo wir stehen, weiter, immer weiter . .. des Weges eingedenk!

So

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5· VoRTRAG

Wir haben nun den wesentlichsten Teü unserer Vorarbeit beendet, die uns in die Lage versetzen soll, jene Etappe des kosmischen Vorganges zu begreifen, durch den das im Tierkreis ruhende allgemeine Men­schenbild auf die Erde heruntergeholt wird, um hier physische Gestalt anzunehmen. Sieben planetarische Kräfte sind dabei am Werk, diesem Vorgang ihre Hilfe zu leihen. Aus ihrem Zusammenwirken gestaltet sich die besondere Mischung der vom Tierkreis zur Erde strömenden Energien gemäß ihrer jeweiligen geozentrischen Stellung zwischen Tierkreisabschnitt und Erde.

Es tritt nun die Aufgabe an uns heran, nachdem die Eigenart jedes einzelnen der sieben Planeten bereits bestimmt wurde, zu untersuchen, in welcher Weise die uns bereits geläufigen Eigentümlichkeiten jedes der zwölf Tierkreiszeichen durch jene Planeten, die sich in ihren Strahlengang einschalten, im besonderen zur Auswirkung gelangen.

Dadurch aber werden die nun folgenden Betrachtungen gegenüber den bis nun angestellten eine Veränderung erfahren müssen, da an Stelle der Planeten und ihrer Eigenart nun der Mensch mit seiner Eigenart in den Mittelpunkt unseres Interesses rückt. Wieder wird uns die Frage beschäftigen müssen, in welcher Weise der Charakter des Menschen durch jene Mischung der zwischen Tierkreis und ihn selbst gestellten Planetenkräfte geformt wird oder, mit anderen Worten, welchen Beitrag der Planet gemäß seiner Stellung im Geburtshoroskop zur Formung des Menschencharakters leistet und in welcher Weise schließlich diese Formung im Bewußtsein des Menschen als besondere Abwandlung oder Trübung des reinen Menschenurbildes erlebt wird. Nicht mehr der Himmel mit seinen Wandelsternen, sondern der Mensch tritt jetzt in den Vordergrund unseres Interesses. Und wie wir im Kapitel Tierkreis und Mensch fragen mußten: Wie sähe etwa der Mensch aus, der nur aus Erde, nur aus Wasser oder Luft oder Feuer bestünde, und weiter, wie sähe der reine Widder-, Stier-, Zwilling­mensch etc. aus, so werden wir jetzt zu fragen haben: Welche beson­dere Färbung gewinntdie Widder-, die Stierstrahlung etc. im einzelnen Fall durch die Zwischenschaltung eines bestimmten Planeten, als etwa: Sonne, Mond, Merkur ... etc., wenn dieser sich zur Zeit der Gebun geozentrisch zwischen den betreffenden Tierkreisabschnitt und die

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5· VoRTRAG

Erde schiebt, wenn er, wie der astrologische Ausdruck lautet, »in einem bestimmten Tierkreiszeichen steht<<, Welche besondere Charak­termischung wird zu erwarten sein, wenn etwa Sonne im Widder steht, Mond im Krebs, Merkur etwa im Stier, Venus in den Fischen, Mars im Löwen, Jupiter in der Wa~ge, Saturn im Wasserma,nn usw.? Die Stel­lung jedes Planeten in den zwölf Zeichen einzeln zu untersuchen, wird so zur eigentlichen Aufgabe dieser Folge.

Wir beginnen mit dem Planetenpaar SoNNE-MoN·n. Wie bereits ausgeführt wurde, ist die Ich-Offenbarung in uns das

unmittelbare Korrelat dessen, was die beiden »Himmelslichter«, wie die Bibel sie nennt, in uns erwecken. Aber diese Ich-Offenbarung ist doppelgesichtig, sie ist aufgeteilt zwischen zwei Pole, die durch Sonne und Mond gegeben sind, wobei Sonne demjenigen in uns entspricht, was wir als unser höheres, unwandelbares Ich in den Tiefen unseres innersten Wesens erfühlen, dem Wesenskern unseres »intelligiblen Charakters« vergleichbar, Mond aber demjenigen, was dieses höheren unmittelbaren Ich Hülle oder die innere Hohlspiegelfläche dieser Hülle darstellt, dem »empirischen Charakter« vergleichbar, der unse­ren wahren so verhüllt wie unser Leib die »Seele«. Wie aber der materielle Spiegel nicht entbehrt werden kann, wenn wir unser Gesicht sehen wollen, ja wie wir ohne diesen Spiegel unser Gesicht niemals »-zu Gesicht« bekämen, so könnte auch unser unmittelbares Ich niemals zu sich kommen ohne jenen inneren Spiegel, der ihm aber gleichwohl nur die mittelbaren Konturen seines wahren Wesens weisen kann: dessen Ab-bild .. sein empiri.sches Ich.

Diese Ich-Entzweiung, die hierdurch astrologisch gegeben ist, ist aber nichts anderes als die auf der Menschenstufe sich wiederholende Entzweiung des sich offenbarenden Weltwesens in Subjekt und Ob­jekt, das gleichsam als des Subjektes Spiegel aus der Urwesenheit ausgesondert wurde, dessen graphisches Symbol von alters her der Halbkreis - Mond - im Gegensatz zum Subjekt. (Kreis mit Punkt) -Sonne - war. Mithin entspräche der Sonne das Männliche in uns, dem Mond das Weibliche, der Sonne das Göttliche in uns, dem Mond des göttlichen Widerschein und Abglanz.

Wie wir nämlich seinerzeit die Proportion aufstellen konnten: Es verhält sich das Apeiron zum Sonnenprinzip als dem Repräsentanten des Vaterprinzips, wie dieses :lum Mondprinzip als dem Repräsentan­ten des Weltprinzips,, so daß hierdurch das Sonnenprinzip zum unmit­telbaren, das Mond- oder Weltprinzip zum mittelbaren Abglanz des Apeiron wurde, so mögen wir uns nun vorstellen, daß die fortgesetzte

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SoNNE UND MoND

Gott~Offenbarung, die in uns als die Ich-Öffentlichkeit erlebt wird, auch ihren unmittelbaren Repräsentanten im Sonnenkorrelat, ihren mittelbaren im Mondkorrelat unserer Wesenheit besitzt.

Wie aber ist dies zu verstehen? Versuchen wir zunächst, uns die Vorstellung zu bilden, daß unser

Ich nicht gespalten wäre in Sonnen- und Mondhaftes, sondern bloß sonnenhaft wäre; dann würde dieses Ich nur den reinen Gottgedanken denken können, es würde in der Gottwesenheit schwimmen wie der Tropfen im Weltmeer, außerstande, sich in seiner Tropfenheit zu isolie­ren, sein Selbst abzugrenzen und so recht eigentlich erst zu finden, es wäre nicht imstande, zu sich selbst zu kommen, da es zu sich selbst keine Distanz besäße. Es muß dieses Ich sich von sich selbst entfernen können, es muß sich mit sich ent-zweien können, um sich zu be­greifen und innerhalb des Göttlichen, in das es eingetragen, in seiner Kleinheit und Eigenart zu erfassen auf seiner, auf der Menschenstufe, der vierten Stufe seines Entwicklungsganges - als erdgeboren in sei­nem Staubleibe.

Darum ist ihm in seinem Ich etwas gegeben, das er außer sich setzen muß, als sein- »noch mal« Ich, sein zweites Ich, in dem sein erstes sich »erkennt«, wie Adam sich in dem Weib erkannte, das aus ihm genom­men ward, sein ander Teil, ihm zugesellt durch einen zweiten nicht mehr unmittelbaren, sondern mittelbaren Schöpfungsakt.

So ist auch, kosmogonisch betrachtet, die Erde als des Menschen Wohnstätte unmittelbar der Sonne entsprossen, der Mond aber aus der Erde genommen und demnach nur mittelbar sonnengeboren.

Versuchen wir nun, uns klarer zu machen, worum es geht. Durch die Entwicklungsstufen von Mineral, Pflanze und Tier ist die

menschliche Wesenheit hindurchgegangen, ehe sie auf ihrer vierten Stufe sich in einem Erdenstoffleib fand, jetzt in ihrem Ich erwachend. Aber dieses Erwachen gleicht einem Aussonderungs- oder Spaltungs­akt, durch den das aus den Tiefen des Bewußtseins sich lösende Ich all das aussondert, was bis dahin - wie etwa die Eihülle das Küchlein verhüllte - das Ich noch vor sich selbst verbarg. Was aber da ausgeson­dert wird, um zum Spiegel geformt zu werden, was kann es anderes sein als die noch »ich«lose Vergangenheit mit dem gesamten Erinne­rungsgut, die Vergangenheit, die liegt vor dem Ich-Erwachen, die Erinnerung an all das, was als vorbereitende Hülle den schlummernden Ich-Keim einhegte, ehe dieser auf der vierten, der Erdenstufe, sich im Spiegel seines materiellen Leibes erkennend, sich von diesem zu schei­den begann.

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5· VoRTRAG

So werden Körperhaftes, Pflanzen- und Tierhaftes, insofern sie zum Erbgut der menschlichen Entwicklung gehören, gleichsam als die Hülle des Ich aus diesem herausgestellt, wie einst die Erde aus d~r Sonne und später der Mond aus der Erde.

Was wir demnach astrologisch als dem Mondbereich zugehörig erkennen müssen, das ist die. Gesamtheit unserer vormenschliehen Erbmasse, die uns, vermehrt um das Erbgut unserer menschlichen Ahnenreihe, durch unsere Geburt auf Erden zufällt als der. Inbegriff unseres mittelbaren Ich. In diesem enthalten ist das organische Ge­dächtnis aller Vergangenheitswege unserer Entwicklung und damit auch aller auf diesen Wegen heimgebrachten Erbgüter im guten und üblen Sinne, die die Vorratskammer des Menschendaseins und seiner Möglichkeiten füllen.

Nicht enthalten aber in dieser Vorratskammer ist allein der Wille, der ewig zukunftsgerichtete Wille.

Wir können jetzt schon klarer erkennen, in welcher Weise unser Ich auf Sonne und Mond aufgeteilt ist.

Versuchen wir uns jetzt wieder die Hilfsvorstellung zu bilden, daß es für unser Ich nur Mond, aber keine Sonne gäbe, wie sähe es dann aus in diesem Ich?

Nun, dann wäre dieses Ich nur lebendig in dem Gedächtnis seiner Vergangenheit: Ich bin, der da war! Dann würden wir wie der Mond­süchtige nur in dem Gedächtnis unserer Vergangenheit leben, diese immer wieder »vergegenwärtigend«, ohn~ die Möglichkeit und vor allem ohne den Willen, sie zu korrigieren oder gar zu tilgen, der Qual der ewig unentrinnbaren Wiederholung des gleichen uberanrwortet. Wirwürden nur ausleben, was uns als Erbe der Vergangenheit zugefal­len, wir würden nur leben: ein dumpfes leibliches Leben,. ein triebhaf­tes, leidenschaftlich zerwühltes Seelenleben und ein durchaus steriles, nur auf die Wiederholung des Erlernten und seine gedächtnismäßige Aufbewahrung gerichtetes geistiges Leben; wir wären dabei ohne Ei­genrichtung, ohne Zukunftsstreben, ohne mo.ralische Kraft; ohne Ich­Eiwachung.

Weder durch Sonne allein noch durch Mond allein kann also diese Eiwachung geschehen, sondern nur durch beider Elemente Vereini­gung, die somit die erst im Menschen vollzogene Ehe bedeutet zwi­schen seinem göttlichen und irdischen Teil. Und wie der Mensch als Spi~gel des All weder durch den Mann allein repräsentiert werden kann noch durch das Weib allein, sondern erst durch die Vereinigung beider, so auch das Ich im Menschen weder durch Sonne allein noch durch

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SONNE UND MoND

Mond allein, sondern erst durch das Zusammenwirken beider »Him­melslichter«.

So können wir schon jetzt erkennen, daß mit Sonne alles unserem [eh Zugehörende verbunden ist, das zu tun hat mit der Region unserer moralischen Freiheit, mit Mond alles dem Ich Zugehörende, das zu tun hat mit den Fesseln, die Vererbtes unserer Freiheit auferlegt. Durch Sonne wollen, durch Mond müssen wir. Durch Sonne sind wir dem Himmel oder dem Überirruschen verbunden, durch Mond dem Irru­schen.

Damit sind wir wieder bei jener Unterscheidung zwischen »Mensch« und »des Menschen Kind« angelangt, die uns im 6. Vortrag der Allgemeinen Grundlegung so sehr beschäftigt hat. Schon damals konnte ausgesprochen werden, daß der Repräsentant jener Himmels­region, die zur Zeit der Geburt über dem Horizont liegt (der Tagesre­gion), die Sonne sei, auch wenn diese sich in jenem Moment unter dem Horizont aufhält, der Repräsentant jener Region aber, rue zur Zeit der Geburt unter dem Horizont liegt (Nachtregion), deren Strahlung also erst das Erdmassiv durchdringen muß, um zum eben geborenen Men­schen zu gelangen, der Mond sei, auch wenn er sich zur Zeit der Geburt über dem Horizont befindet.

Im astrologisch-esoterischen Sinne müssen wir jedoch diese beiden Reiche des Tages und der Nacht, in deren einem die Sonne und in deren anderem der Mond herrscht, im Menschen selbst suchen. Dann aber werden sie zu den inneren Korrelaten der beiden Himmelshalbkugeln mitallihren Sternen, deren eine im Moment der Geburt über, deren andere unter dem Horizont des Geburtsortes liegt. Damit wird nun auch der Tierkreis (»dazu auch Sterne«) mitbestimmend für das Ver­hältnis zwischen Sonnen- und Mondbereich oder für jene Regionen des Ich, die sie vertreten.

Es kommt so zu den beiden Grundelementen der Ich-Konstitution noch ein drittes Element hinzu, das erdbestimmt ist und trotzdem über die Planetenwelt hinaus wieder die Verbindung mit dem Tierkreis ~ewinnt: der Horizont des Geburtsortes als Grenzscheide zwischen dem Oben und Unten für jenen Oberflächenpunkt der Erde, an dem der himmlische Mensch sich verbindet mit seinem irdischen Schatten­bild, das nach einem kosmischen Gesetz aus dem Erbgedächtnis des Erdleibes hervortritt, um sich dem überirdischen Ich zu vermählen.

Wie ja bereits bekannt, nennen wir jenen Punkt des Tierkreises, der im Moment der Geburt gerade über den Ho.rizont aufsteigt, den ·•Aszendent«, den entgegengesetzten Punkt des Tierkreises den »Des-

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5· VoRTRAG

zendent«. Diese beiden Punkte entsprechen im individuellen Leben des Menschen dem, was in bezug auf das im Tierkreis ruhende Menschenurbild Frühlings- und Herbstpunkt sind. Des einzelnen Menschen Aszendent ist sein individueller Frühlingspunkt, der Des­zendent sein Herbstpunkt, die Tierkreishälfte unter dem Horizont sein nächtlich erbgetrübter Anteil, die Tietkreishälfte über dem Hori­zont sein ins Licht getauchter Tagesanteil - auch dann, wenn er zur Nachtzeit geboren wird.

Darum kommt auch dem Aszendenten ein wesentlicher Anteil an der Gestaltung der Ich-Wesenheit des Menschen zu, insofern sich darin ausdrückt, in welches besondere Verhältnis zur allgemeinen, das Ganze des Tierkreises umspannenden Menschentümlichkeit die bei­den Wesensteile seiner Grundnatur gestellt sind. Es entscheidet dem­nach:

SoNNE über das Maß unserer inneren, moralischen Freiheit, MoND über das Maß unserer Erbgebundenheit, AszENDENT über etwas, das zwischen beiden Regionen liegt und

vermittelt, wie etwa die Morgendämmerung zwischen den Reichen des Tages und der Nacht, den nahenden Tag verkündend. Diese innere Tagerwartung, noch umdämmert von den dahinschwindenden Gebil­den der Nacht als Ausdruck der Morgengabe, die das eben aufgehende Tierkreiszeichen dem Geborenen in die Wiege legt, wollen wir das Lebenstemperament nennen.

Sonne, Mond und Aszendent werden so in eine engere Beziehung zueinander gebracht, der wir nun ein wenig nachgehen wollen.

Was zunächst die Beziehung zwischen Mond und Aszendenten betrifft und ihren gemeinsamen Anteil am Erbgut, so ist wohl noch in Erinnerung, welchen überaus prägnanten Ausdruck sie in der uralten sogenannten »Regel des Hermes« gefunden hat. Wir wollen sie uns noch einmal ins Gedächtnis rufen. Sie lautet : Der Punkt des Tierkrei­ses, an dem sich im Moment der Empfängnis (Konzeption) der Mond befindet, wird im Moment der Geburt gerade auf- oder untergehen, also Aszendent oder Deszendent sein (je nachdem, ob der Mond zu~ oder abnimmt), und jener Punkt des Tierkreises, der im Moment der Konzeption gerade auf- oder untergeht, bestimmt den Platz des Mon­des bei der Geburt.

In dieser Regel, deren exakte Geltung derzeit noch schwer zu erwei­sen ist, weil als der Moment der Konzeption nicht die Kohabitation, sondern die Vereinigungvon Ei und Samenzelle anzusehen ist, wird die Sonne nicht erwähnt, woraus hervorzugehen scheint, daß die Alten das

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DIE MONDPHASEN

Tagesgestirn nicht in Zusammenhang brachten mit den irdisch leibli­chen Bedingungen der Empfängnis und der Geburt, sondern Reifung und Geburt der Frucht als der Nachtregion und dem Mondbereich allein zugehörig ansahen. Nun haben wir ja über diese Frage in der Allgemeinen Grundlegung vom Standpunkt des geheimwisse.oschaftli­chen Denkens schon einiges aussagen können. An dieser Stelle aber muß (immer die Richtigkeit der Hermes-R.egel vorausgesetzt) noch besonders darauf hingewiesen werden, daß auch die Sonne in gewisser Beziehung in den Geltungsbereich dieser alten Regel mit einbezogen ISt.

Wenn wir uns überlegen, daß die normale Dauer der Schwanger­schaft des Menschenweibes durchschnittlich etwa 273 Tage (d. i. neun Kalendermonate oder zehn Mondumläufe) beträgt, so folgt hieraus, daß die Winkeldifferenz zwischen den Stellungen von Sonne und Mond zur Zeit der Konzeption bestimmend sein muß für die Winkel­stellung, die zur Zeit der Geburt zwischen Sonne und Aszendent bestehen wird, oder mit anderen Worten, daß die Winkelstellung zwischen Sonne und Mond zur Zeit der Konzeption, um 90° vermehrt oder vermindert, zQgleich den Winkelabstand bestimmt, der zur Zeit der Geburt zwischen Aszendent oder Deszendent und Sonne bestehen wird.

Noch anders ausgedrückt: Die zur Zeit der Konzeption bestehende Mondphase bestimmt bereits, in welchem astrologischen Haus sich die Geburtssonne befmden wird.

Einige besonders markante Beispiele mögen dies deutlich machen. Ist etwa zur Zeit der Konzeption exakt Neumond oder Vollmond, dann wird, da sich an der Stelle des Mondes der Geburtsaszendent oder -J eszendent befinden muß, das Kind die Sonne im »Quadrat« zum Aszendenten haben, d. h., es wird entweder um Mittag oder um Mitternacht herum geboren werden. Ist zur Zeit der Konzeption exakt erstes oder letztes Mondviertel, dann wird das Kind um Sonnenauf­oder -Untergang herum geboren werden. Ferner, findet die Konzep­tion exakt im Moment einer Sonne-Mond-Quadratur statt und ist ~I eichzeitig der Mond gerade im Auf- oder Untergehen, dann wird das Kind entweder ein Voll- oder ein Neumondkind sein und wird über­Jies mit Sonnenauf- oder -untergang geboren werden ... usf.

Es besteht also tatsächlich (immer die Richtigkeit jener Trutina Hennetis vorausgesetzt) ein tiefgehender Zusammenhang nicht nur zwischen Mond und Aszendent, sondern es ist auch die Stellung der Sonne in den H;äusern des Geburtshoroskops im Moment der Konzep-

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• VORTRAG

tion festgelegt. Es wäre somit ein leichtes, das Horoskop eines Kindes vorauszubestimmen, wenn es möglich wäre, den Konzeptionsmoment genau zu bestimmen. Vielleicht werden die Fortschritte der Physiolo­gie in absehbarer Zeit eine solche Bestimmung und damit auch eine einwandfrei empirische Nachprüfung jener alten Regel ermöglichen.

Dieses eigenartige Zusammenspiel von Sonne, Mond und Aszen­dent in bezug auf die Ausgestaltung der Ich-Beschaffenheit, das auf einfachen, astronomisch zu fassenden Grundtatsachen beruht, nötigt das astrologische Denken, nach einem gemeinsamen Punkt zu suchen, in dem sich gleichsam wie in einem Lebensbrennpunkt des H oroskops Sonnen-, Mond- und Aszendentwirksamkeit sammelt, gemäß jener unverbrüchlichen Beziehung, die gesetzt ist zwischen Konzeption und Geburt des Menschenkindes. Dieser Punkt, den man auch den Persön­lichkeitSpunkt des Horoskops nennen könnte, ist unter dem Namen des Glückspunktes bekannt. Nicht mit Unrecht, denn hier strömen alle in unserem Ich gelegenen Bedingungen zusammen, die das Maß unse­rer Glücksfähigkeit bestimmen.

Dieser »Glückspunkt« wird gefunden, indem man den zodiakalen Winkelabstand, der zur Zeit der Geburt zwischen den Stellungen von Sonne und Mond besteht, vom Aszendenten aus nach oben oder unten aufträgt, je nachdem ob der Mond zu- oder abnimmt.

Wird also beispielsweise ein.Mensch in einem Moment geboren, da exakt Neumond oder Vollmond ist, so fällt der Glückspunkt mit dem Aszendenten bzw. mit dem Deszendenten zusammen usw. Hierüber später mehr.

Ähnlich wie sich in Aszendent und Deszendent Sonnen- und Mond­bereich berühren und gleichzeitig scheiden, so berühren und scheiden sich Sonnen- und Mondbereich auch noch in zwei anderen Punkten des Tierkreises, die man als die beiden »Mondknoten« bezeichnet. Sie sind die Schnittpunkte zwischen Sonnenbahn (Ekliptik) und Mond­bahn, die zur ersteren um etwa 5° 9' geneigt ist. Diese Mondknoten, die innerhalb eines Zeitraumes von ungefähr 19 Jahren die ganze Ekliptik abwandern, werden uns später noch eingehend beschäftigen. Es stehen nun diese beiden Mondknoten in einer merkwürdigen Ana­logie zu Aszendent und Deszendent als den Schnittpunkten zwischen Horizont und Ekliptik im Moment der Geburt, wie auch zu Frühlings­und Herbstpunkt als den Schnittpunkten zwischen Äquator und Ekliptik, so daß wir im sogenannten »aufsteigenden« Mondknoten, d. i. jenem Punkt der Ekliptik, den der Mond auf dem Weg von Süden nach Norden passiert oder passieren würde, falls er dort stünde, das

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DIE MONDPHASEN

Analogon des Frühlingspunktes und des Aszendenten vor uns haben, im sogenannten •absteigenden« Mondknoten das Analogon von Herbstpunkt und Deszendent. In den Mondknoten nun haben wir Ekliptikpunkte vor uns, die wir als mit dem Extrakt der Sonnen- und Mondenergien gleichmäßig geladen ansehen müssen, d. h. Punkte, deren Wirksamkeit sich erst enthüllt, wenn ihre potentielle Ladung durch irgendein astrologisches Moment aktualisiert wird, z. B. da­durch, daß im Geburtsmoment irgendein Planet pder ein anderer wichtiger Himmelspunkt die Stelle des auf- oder absteigenden Mond­knotens einnimmt. Da Sonne und Mond mit der Ich-Korrelation zu tun haben, so wird zu erwarten sein, daß wir hier eine Art Lebensresul­tate beider Ich~ Komponenten vor uns haben - eine Art Lebensschwer­punkt, der imstande wäre, uns Aufschluß zu geben über die Reichweite oder über die innere Festigkeit der Verbindung zwischen Sonnen- und Mondnatur in uns.

Die Behandlung der damit zusammenhängenden Probleme haben wir uns für später vorbehalten.

Wir wollen nun im weiteren zwei Bezeichnungen wählen, durch die all das, was bis nun zur Charakteristik der Sonnen- und Mondbedeu­tung vorgebracht wurde, für unsere Zwecke kurz zusammengefaßt werden soll.

Das Sonnenhafte in uns wollen wir unser überirdisches ,. Ich« nennen oder auch unsere »erste« Natur; das Mondhafte oder unser irdisches Erb-Ich- das wollen wir unsere »zweite« Natur nennen. Sie stellt eine Art Mitgift dar, die unsere erste Natur im Erdenleib vorfindet, ihr als Wegzehrung und Erneuerungsvorrat mitgegeben, in Geld- oder Gel­tungswährung ausgedrückt: die Summe unserer »Talente« und »Unta­lente«, unserer positiven und negativen Erbgeschenke beim Antritt der irdischen Lebensreise- das Vehikel mit seinen Vor-zügen und Nach­teilen.

Die erste Natur, unser göttlich Erbgut, ist nicht durch das Maß unserer Talente noch der Begabungen oder U nbegabungen dargestellt, sondern durch das Maß unseres »Genies« - die Fähigkeit, aktiven Anteil am »Zukünftigen« zu haben. Das Talent bezieht seine Kraft aus dem Gedächtnis alles »Gewesenen«, das Genie aus dem, was nie und nimmer gewesen, sondern erst sein soll.

Das Talent kommt von der »Mutter«, das Genie vom »Vater« . Das Talent ist des Genies Stütze, und doch ist es seine Mission, vom

Genie aufgebraucht zu werden, wie ja auch die »Speise« nicht dazu dient, aufgehoben, sondern verzehrt zu werden. Erfüllt es seine Mis-

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5- VoRTRAG

sion, dann wird es zum Segen; wird aber die Nahtupg nicht aufgezehrt, um in Sonnengut verwandelt zu werden, dann wird sie zum Fluch, der niederreißt, was Sonne aufbauen wollte!

Damit aber kehren wir zu einem Gedanken zurück, den wir bereits das vorletzte Mal ausgesprochen haben, als wir den Mond das »Un­heimliche« in uns nannten. Unheirnliczh wie jedes Sch·anengebilde, ist auch der Mond .eine Art Schattengebilde der Sonne. ·

Vielleicht tritt dieses »Schattenhafte« der Mondgestalt niemals sO deutlich hervor, als wenn der »bleiche« Vollmond in demselben Mo­ment über den Horizont steigt, in dem der glühende Sonnenball hinun­tertaucht in das »Reich der Nacht«.

Wir wollen nun, um die bereits gewonnenen Erkenntnisse vom Wesen der Sonnen- und Mondnatur in uns und ihrem gegenseitigen Verhältnis zu befestigen, ganz im allgemeinen die gegenseitigen Stel­lungen untersuchen, die zwischen Sonne und Mond möglich sind. Wir greifen aus der Fülle der Möglichkeiten zum Zweck der allgemeinen Orientie.rung vor allem vier Fä,lle heraus, die sich aus der Stellung beider Planeten zum Hori;zont e~;geben.

Es stehen im Geburtsrnoment:

a) Sonne über dem Horizont, Mond unter dem Horizont, b) Sonne übe.r dem Horizont, Mond über dem Horizont, c) Sonne unter dem Horizont, Mond über dem Horizont, d) Sonne unter dem Horizont, Mond unter dem Horizont.

Was ergibt sich in jedem einzelnen die.ser vi~r Falle? Der erste Fall wird dem Menschen das stärkste innere Freiheitsge­

fühl bescheren, da die Sonnenenergien keine Einschränkung durch die Dazwischenkunft des Erdfilters erfahren (wie das in dem Fall c und d geschehen muß), so daß die ers.te Natur, unbeschwert von hemmenden Erblasten, sich mit naiver Daseinsfreudigkeit dem Leben zuwendet, währen<l andererseits die aus dem Mondbereich einfließenden Erb­hemmungen eben durch das Erdfilter beträchtlich abgeblendet wer­den, so daß die Sonnenkräfte mit Leichtigkeit die Oberhand gewinnen. Solche Menschen werden frühzeitiger als andere den Weg zu sich finden. .

Es kann ja als allgemeine Regel aufgestellt werden, daß, wie der Eml;uyo - vor seiner Geburt - durch den mütterlichen Leib abge­schirmt wird vom Sternenhimmel, er auch nach seiner leiblichen Ge­burt noch keineswegs in s.einem wahren Ich geboren ist. Er lebt in der ersten Kindheit noch durchaus seine Mondnatur aus, ehe er dazu

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DIE M ONDPHASEN

gelangt, allmählich die Sonne in sich freizulegen. Dieser Durchbruch der Sonne erfolgt im Laufe des Lebens etappenweise durch eine Art inneren Scheidungsprozeß, in dem Sonnen- und Mondhaftes auseinan­dertreten, um sich hernach erst wieder zu verbinden, wie sieb die beiden Geschlechter zunächst im Kindesalter noch nicht gegenseitig unterscheiden können, dann sich feindlich fliehen, um sich später in Liebe zu verbinden.

Im zweiten Falle, in dem wir beide Gestirne über dem H orizont antreffen, machen sich die Mondkräfte weit intensiver bemerkbar, da das abblendende Filter fehlt. Es kommt nun alles, was an hereditären Vergangenheitsbindungen und Hemmungen auf die freie Entfaltung der ersten Natur drückt, viel intensiver zur Auswirkung und macht, daß das innere Freiheitsgefühl des Geborenen unter jener Belastung eine Einschränkung erfährt, die nicht etwa in einer Vertiefung oder Intensivierung des moralischen Gewissens ihren Ausdruck findet, son­dern in einer Erschwerung des Kampfes mit den belastenden Veranla­gungen, die durch die Heredität in das Leben eingetragen wird. Die »Ich«-Findung ist erschwert und verzögert, weil beide Naturen sich mit gleicher Kraft durchsetzen wollen.

Steht die Sonne unter dem H orizont (Nachtgeburt), dann liegen die Verhältnisse wieder anders. Wenn die Sonnenkräfte sich erst durch die Erdmasse durcharbeiten müssen (Sonne in den Häusern r bis 6), dann entsteht ein starkes Hingelenktsein auf den Entwicklungskampf um die Befreiung des Ich aus dem Bann der Heredität; der Geborene findet sich mit einem starken moralischen Gewissen oder einer starken mora­lischen Empfindlichkeit ausgerüstet, die seinem Freiheitsgefühl die Naivität raubt, die wir besonders im Falle a antrafen. Befindet sich nun der Mond gleichzeitig über dem Horizont, dann gewinnt die Erblast zunächst den stärksten lntensitätsgrad, was um so bedeutungsvoller wird, als die Schatten einer vergessenen Erbvergangenheit hier unab­lässig das Gewissen stimulieren, im Entwicklungskampf nicht nachzu­lassen. So entstehen Menschen mit dem stärksten inneren Entwick­lungskampf, bei denen die Befreiung der Sonnennatur zwar am lang­samsten, aber dafür arn stetigsten erfolgt; Selbstkritik und Unbefriedl­gung begleiten das gesamte Leben!

Und endlich der vierte Fall: Nachtgeburt, Mond unter dem H ori­zont. Auch hier treffen wir die Merkmale der Nachtgeborenen an: den starken Antrieb, Vergangenheitsreste aufzuarbeiten. Sie treten ins Le­ben mit dem Vorsatz, es »besser zu machen«, ein guter Mensch zu werden und aus jedem Fehler zu lernen. Der gleichzeitig abgeblendete

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5· VORTRAG

Mond stört solche Vorsätze verhältnismäßig weniger als in dem Fall c; das Leben verläuft weniger belastet durch Dissonanzen zwischen der ersten und zweiten Natur; man ist im allgemeinen geneigt, mit dem Leben zufrieden zu sein, das einem für diesmal zugefallen ist. Die lch­Findung tritt auch hier erst später ein, aber die Kämpfe, die ihr voraus­gehen, werden mit weit geringerer Bewußtheit erlebt.

Gehen wir nun zu anderen, zunächst noch ganz allgemein zu fassen­den Möglichkeiten der gegenseitigen Stellungen von Sonne und Mond über und versuchen wir, sie ebenfalls in eine Art Schema zu bringen, so müssen wir bereits den ersten Schritt in ein Gebiet tun, das eigentlich schon der Lehre von den Aspekten oder den gegenseitigen Winkelstd­lungen zugehört. Nun hat es mit den Sonne-Mond-Aspekten im Ver­gleich mit allen andceren Aspekten, die zwischen zwei Planeten möglich sind, die seltsame Bewandtnis, daß sich die Art dieser Sonne-Mond­Aspekte unmittelbar in der jeweils· verschiedenen Mondgestalt oder der Mondphase kundgibt, so daß an dem Aussehen des Mondes jeder­zeit dessen Aspektstellung zur Snnne abgelesen werden kann.

Ist Neumond, dann stehen Sonne und Mond ganz nahe beisammen; sie befinden sich in »Konjunktion«; ist Vollmond, dann stehen sie sich am Himmel um etwa 180 Grad gegenüber; ist Halbmond (Mondvier­tel), dann bilden die beiden Gestirnstellungen miteinander einen rech­ten Winkel usw.

Wir wollen nun versuchen, allgemeine Richtlinien zu finden für die Deutung dieser Mondphasen, wobei wir aber schon mitberücksichti­gen wollen, aus welchen Tierkreiszeichen die Aspektbildungzwischen beiden Himmelslichtern geschieht.

Bleiben wir dabei dessen eingedenk, daß Sonne der Überbringer aller jener Kräfte ist, die unser überirdisches Sternen-Ich, Mond aber der Überbringer jener Kräfte, die unser Erb-Ich mit dem Tierkreis verbinden, und daß da.s Zusammenwirken beider Planeten erst die Entwicklung unseres Ich im irdischen Leib möglich macht, so werden wir begreifen,, wie sehr alle Entwicklungsmöglichkeiten und Wege der Ich-Findung von dem Gegenseitigkeitsverhältnis von Sonne und Mond abhängen.

Für heute wollen wir unsere Aufme·rksamkeit noch nicht jeder einzelnen der 144 möglichen Kombinationen zuwenden, die dadurch entstehen, daß zur Stellung der Sonne in jedem der zwölf Tierkreiszei­chen sich die zwölf verschiedenen Mondstellungen hinzugesellen, um daraus abzuleiten, welche Charaktermodifikationen sich hieraus erge­ben; das wird erst die Aufgabe der folgenden Vorträge sein. Was uns

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DIE MONDPHASEN

aber heute noch beschäftigen muß, das ist, allgemeine Richtlinien zu gewinnen für die Erkenntnis der verschiedenen Entwicklungshilfen und Schwierigkeiten, die mit den einzelnen Mondphasen des Ge­burtshoroskops bereits festgelegt sind. Hierbei sei noch eines beson­ders hervorgehoben:

Es wurde ja heute bereits ausgesprochen, daß die bewußte Ich­Erwartung in uns weder durch Sonne allein noch durch Mond allein geschehen kann, sondern nur durch Verbindung beider Himmelslich­ter, obwohl das Menschenwesen selbst weder durch Mann noch Weib allein in seiner Vollkommenheit möglich ist.

Wenn dies aber richtig ist, dann wird die Verbindung von Sonne und Mond in uns zum eigentlichen Lebenssinn, der verlangt, alle Erdenreste und Erbschlacken unseres irdischen Ich mit dem Sonnen­anteil unseres Wesens zu durchstrahlen; aber es weist diese Lebens­aufgabe zugleich auch jeden Menschen hin auf seine Verbundenheit mit dem ihm bestimmten Lebenspartner des anderen Geschlechts, mit dessen Hilfe allein diese Aufgabe vollendet werden kann.

Wenn es wahr ist, und es kann nicht anders als wahr sein, daß von den beiden Gegenpolen des Menschenwesens auf der Erde: Mann und Weib, jeder für sich allein unvollkommen ist und zur Vollkom­menheit den Weg nur finden kann durch Vereinigung mit dem ande­ren Pol, dann kann es keine Lösung des Vervollkommnungsproblems auf dieser Erde geben als durch die Verwirklichung dieser Vereini­gung und keine wichtigere Aufgabe, als den »anderen« Wesensteil unseres Ich zu erkennen, um mit dessen Hilfe beide gleichzeitig zu erlösen.

Darum ist denn auch in jedem Horoskop das Verhältnis zwischen Sonne und Mond nicht nur das Maß der gegenseitigen Hilfen und Hemmungen, die in jed em einzelnen Fall dem Menschenindividuum auf Grund seiner Zeitwelle vorgesehen sind, es bestimmt sich nach dem Verhältnis von Sonne und Mond auch das Verhältnis zum Ge­schlechtspartner. Es ist uralte Überlieferung, daß im Horoskop des Mannes Mond das Weib in ihm und außer ihm, im Horoskop des Weibes Sonne den Mann in ihm und außer ihm bedeutet. Darum erwartet der Mann vom Weib, daß es ihm zum zweiten Mal Mutter werde, daß es ihm die Mondhilfe leiste, das Weib vom Mann, daß er ihm zum zweiten Mal Vater werde- ihm die Sonnenhilfe leiste- auf dem Weg zum vollkommenen Menschen.

Wir wollen nun wieder einige markante Fälle aus der Fülle der v,cgenseitigen Anblickungen (Aspekte), wie die Alten die Winkelstel-

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5· VoRTRAG

lungen zwischen zwei G~stirnen nannten, einer allgemeinen Betrach­n;~ng unterziehen.

Wir beginnen mit dem »Neumond« oder der Kqnjunktion zwischen Sonne und Mond. Bei vielen Völkern, namentlich des Orients, wurde die Neumondkonstellation als Monatsbeginn besonders gefeiert.

Aber auch im Abendland spielte· einmal ein Neumondtag eine histo­risch nicht unwichtige Rolle. Als Julius Cäsar den Kalender refor­miel'1;e und denJahresbeginn vom März, der bis dahin dererste Monat des Jahres gewesen (Widderpunkt), auf den Monat der Wintersonnen­wende, das ist Einttin der Sonne in das Zeichen Steinbock, verlegen wollte, protestierten die Astr.ologen dagegen, weil damals ( 46 vor Christi) auf jenen Tag das letzte Mondviertel (Sonne-Quadrat Mond) fiel - und der Jahresbeginn mußte um eine Woche, das ist bis zum nächsten Neumondtag, hinausgeschoben werden. Seither ist der Ka­lender insofern in Unordnung geblieben, als entgegen den Absichten Cäsars Monatsbeginn und Zeichenwechsel des Sonnenstandes nicht zusammenfallen. Gegenwärtig findet der Zeichenwechsel um den n. jeden Monats statt. Zu Cäsars Zeiten war es der 2.4. ''

Welche Bedeutunghat aber nun die Neumondkonstellation für den Entwicklungsgang des Mens~hen auf dem Weg zu seiner Vervoll­kommnung? Was k;m.n es bedeuten, daß beide Himmelslichter in demselben Tierkreiszeichen zu finden sind?

Es kann allerdings an den Grenzen zwischen zwei Tierkreiszeichen zu Konjunktionen von Sonne und Mond kommen, wobei der eine der beiden Planeten am Ende des einen Zeichens, der andere <1m Anfang des näch.sten steht. Diese KonsteUationen erfordern eine besondere Bettachtung und werden hier vorläufig nicht behandelt;

Überlegen wir uns, daß wir in Sonne den Repräsentanten unseres überirdischen Ich erkannt haben, dann wird das Zeichen~ in welehem sie zur Zeit der Geburt steht, uns all die Hilfen kenntlich machen, die dem Geborenen aus dem Tierkreis zuströmen, um ihn den Weg· zu seinem Selbst· finden zu lassen, den ihm vorgezeichneten Weg, der nur

>} Im 4· nachchristlichen Jahrhundert war infolge Mitzählung der Schalttage auch in den Jahren 100, zoo und 300 das Datum der Wintersonnenwende bereits auf den 21. Dezember zuriickgerückt. Die spätere Kalertderteforrn durch Papst Gnigor :XIII. nahm die Kalendersituation zur Ze'it des Nikaeanischen Konzils (:325 . n. Chr.) zum Maßstab der künftigen Zeitrechnung, so daß fortab der Zeichenwechsel des Sonnenlaufes in jedem Monat etwa um den 21. herum geschieht ..

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SoNNE uNI) MoNo IN KONJUNKTION

auf einem der vier elementaren Gebiete von Feuer, Luft, Wasser und Erde während seines diesmaligen Erdenwalleus liegen kann.

Sonne im Feuerzeichen bestimmt ihn dazu, die Ich-Findung auf dem Weg des >>Wollens«. zu erreichen, im Lufizeichen auf dem Weg des »Erkennens«, im Wasserzeichen auf dem Weg des »-Leidens« und im Erdzeichen auf dem Weg des »Tuns« oder des direkten Eingreifens in die Wirklichkeitswelt.

Aber der Stand der Sonne in den Zeichen einer der vier Qualitäten sagt uns noch mehr über die Art dieser Hilfen. Er sagt uns, daß jene Hilfen durchaus und allein a.us der inneren Region der Freiheit und Selbstbestimmung fließen ·müssen .. Steht aber der Mond in einem jener Zeichen, d~nn handelt es sich wohl auch um solche Hilfen, die aber nicht der Region der Freiheit angehören, sondern als bloße Erbveran­lagung erst in diese Region gehoben werden müssen, um zu Hilfen z~ werden für die Entwicklung.

Wenn nun Sonne und Mond in Konjunktion im selben Himmelszei­chen stehen, dann wird, was der Mond an ererbten Fähigkeiten ver­leiht, in derselben Linie liegen wie das, womit wir uns in unserem überirdischen morall.schen Ich ids;:ntifizieren. Aber gerade dieser Um­stand muß wohl eine wesentliche Erschwerung der Ich-Findung für den Geborenen zur Folge haben, weil sich im BewußtSein des Men­schen die Scheidung zwischen der ersten und.z:weiten Natur zunächst gar niCht vollziehen kann und so einer der wichtigsten Antriebe zur Lösung des Ich aus den Banden der Heredität fehlt. So kommt es, daß unter der Mitwirkung dieser Konstellation die meisten Menschen allzu lange im Bann ihrer Erbkonstitution verharren, weil sie vielfach ihre zweite Natur für ihre erste halten. Darum erleben sie sich in einem Grad der Ungebundenheit, von dem andere sich schwer eine Vorstel­lung machen können. Aber diese innere Ungebundenheit und das daraus entspringende trügerische Freiheitsgefühl stehen häufig genug in Widerspruch mit den tatSächlich gegebenen Mi:>glichkeiten, ihm in der äußeren Welt den entsprechenden Ausdruck zu versch~ffen, da das innere Korrelat aller äußerc::n WiderständlichkeiLen - der Mqnd -innerhalb der Einstimmigkeit seiner gesamten Ich-Natur seine war­nende Stimme nicht erheb.en kann, s() daß die äußere Welt ihr dieses Amt abnehmen m:uß. 'nies stellt uns aber sofort vor die wesentlichste Schattenseite der Neumondstellung. Der Weg des Toren, wie wir ihn in der Allgemeinen Grundlegung beschrieben., bleibt hierdurch für ge­raume Zeit der Weg der Wahl. Alle ungünstigen Einflüsse der Gesamt­konstellation, die das überirdische Ich treffen, treffen mit gleicher

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5· VoRTRAG

Intensität das irdische Ich, so daß das eine deni anderen keine unmittel­bare Hilfe gewähren kann, wodurch all diese Bedrückungen mit be­sonderer Heftigkeit und darum auch mit dem Gefühl der Unabwend­barkeit erlebt werden. Das Analoge gilt allerdings auch fiir alle giinsti­gen Einflusse. Glück und U ngliick erlangen solcherart besonders hochgesteigerte Erlebniswerte. Aber die Neumondstellung wirkt sich noch in anderer Beziehung im Leben des Geborenen aus. Da nämlich das Männliche und Weibliche im Menschen sich hier ohne wesentliche Reibung miteinander verbinden, so bestim.mt sich. hierdurch auch das Verhältnis des Neumondmen.schen zu seinem Lebenspartner. Es weist dieses Verhältnis in seinen Grundzügen einen mehr geschwisterlichen Charakter auf. Man wird als Mann mehr die Schwester, als Weib mehr den Bruder al$ Reisegefährten a~ der Lebensfahrt ersehn~n.

Es muß allerdings bedacht werden, daß nicht alle Neurilondstellun­gen, ~ie in den einzelnen Tierkreisabschnitten zustände konunen, als gleichrangig anzusehen sind,

Im Widder (Erlrqhung) und Löwen (eigenes Zeichen) ist die Sonne der s.tärkete Planet, in Waage und Wassemiann der schwächere; im Stie·r und Krebs is't aus demselben Grund der Mond der stärkere, im Skorpion und S.teinbock der schwächere, so daß bei Neumondstellun­gen in Widder, Löwe, Skorpion und Steinbock, in Stier, Krebs, Waage und Wassermann die Verschmelzung beider Ich-Gestalten nicht so restlos geschieht wie in den Zeichen Zwillinge, Jungfrau, Schütze und Fische. ··

Es erweist sich somit, daß die Sattwa-Zeichen als Sitz der Neumond­stellung die indifferentesten Orte des Tierkreises sind.

Nun drängt sich aber die Frage auf, welche besondere Note die Neumondstellung erh~lt, wenn die Sonne-Mond-Konjunktion so eng wird, daß sie zur Sonnenfinsterf'lis führt. In diesem Fall st.ellt sich der Mond als Filter vor die Sonne, und wenn die Finsternis zur Nachtzeit eintritt, dann wird die Sonnenstrahlung außerdem auch noch durch das Erdmassiv filtriert. Es liegt die Annahme nahe, daß die Wirkung der Sonnenfinsternis in astrologischem Sinn bei Tag intensiver ausfallen wird.als. bei Nacht, weil ja das Erdfilter am Tag fehlt. Die unmittelbare Wirkung einer solchen Sonnenfinsternis, die sich wa.hl nur dann be­sonders bemerkbar machen dürfte, wenn sie entweder total oder na­hezu total ist, wird wohl darin bestehen, daß der Geborene mit einer zunächst krankhaft abgehJaßten Willensenergie die physische Ebene betritt und demnach viellänger als die anderen Neumondmenschen ein Leben führt, in dem die Erbanlagen sein Dasein geradezu als das

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SONNE UND MOND lN OP~OSITION

Surrogat einer nur schwer zu erweckenden Individualität b~herrschen . • ,Der Mond ist unsere Sonne« (atavistische Gesamtver~lagung).

Wesentlich andets als bei der Konjunktion liegen die Verhiiltnisse zwischen Sonne- und Mondkräften,wenn es sich um die Oppo.sition der beiden Gestirne handelt.

Es ist Vollmond; Sonne urid Mond stehen in zwei einander entgegen­gesetzten Tierkreiszeichen (hier giltdieselbe Einschränkung wie bei der Konjunktion), zwischen denen demnach stets das Verhältnis der gegen­seitigen Ergänzung besteht. Widder-Waage, Stier-Skorpion, Zwillin­ge-Schütze, Krebs-Steinbock, Löwe-Wassermann, Jungfrau-Fische bilden sechs Paare gegenseitiger Ergänzung, wobei jedes Zeichen sei­nem Gegenüber gerade jene Möglichkeiten entgegenhält, die diesem abgehen,. wie etwa je zwei Komplementärfarben des Spektrums sich zu einer Art Integrale des gesamten Spektralbandes verbinden.

Hieraus ergibtsich bereits, daß alle Vollmondmensche.n, bewußt oder unbewußt, einen klar vorgezeichneten Entwicklungsweg vor sich ha­ben, dessen R,ichtung eindeutig gegeben ist. Die erste und die zweite Natur stehen einander von Geburt an in unzweideutiger Weise gegen­über, als. Meilenmesse.r eines Straßenzuges, von dem es kei.ne Möglich­keit der Abweichung gibt.

Bei allen Vollmondkindern wird demnachdie Richtung der Entwick­lungstendenz bes~mders st.ark empfunden werden.

Nun sind die Bedingungen der wechselseitigeil Ergänzung der Son­nen- und Mondnatur im.Menschen imm-er gegeben, wenn die beiden Hjmmelslichter im entgegengesetzten Zei-chen des Tierkreises 'stehen. Handelt es sich aber um die Opposition von Sonne und Mond, dann wird dieser Ergänzung der Kampf um den Vorrang ein:er der beiden Naturen vorangestellt und. det Ausgleich erst gewährleistet, wenn der Kampf ·zur ha.mlonischen Verbindung beider Naturen geführt hat, aus der als Entwicklungsresultat die U nerschiitterlichkeitder neugewonne­nen inneren ethischen Festigkeit heimgebracht wird. Dieser Lebens­kampf um die Gewinnung des inneren Gleichgewichtes ist entscheidend für den Entwicklungsweg aller Vollmondmenschen. Es ist, als mußten sie ihr Leben zu einem fortgesetzten Wahrheitsbeweis ausgestalten für die Innigkeit ihrer Grundüberzeugung,. die sich zuerst unbewußt, später immer bewußter an allen Wechsel_f~llen desTageserproben muß, um so ohne Wanken und Schwanken den geradlinigen Weg zum eigenen Ich unbeirrt weiterzugehen. Gelingt .diese Bewährung, dann führt gerade die Opposition von Sonne und Mond zu einem hohen Gral:! der inneren Unabhängigkeit, weil bei d.er polaren Z11sammengehörigkeit

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5· VoRTRAG

jedes Zeichens mit dem opponierten innerhalb der hiermit gegebenen Kombination sich alle Bedingungen erfüllen, die für diese Wegfindung zum eigenen Ich auf diesem Gebiet erforderlich sind. Man kann es demnach ohne weiteres aussprechen, daß alle Vollmondmenschen zeit­lebens von dem verschwiegenen kategorischen Imperativ begleitet werden, sich selbst niemals untreu zu werden.

Wenden wir uns nun den einzelnen Oppositionsgruppen zu, so ergeben sich zunächst vier Möglichkeiten:

a) männliche Gruppe: I. Sonne im Feuer-, Mond im Luftzeichen, 2. Mond im Feuer-, Sonne im Luft:z.eichen.

b) weibliche Gruppe: r. Sonne im Wasser-, Mond im Erdzeichen, 2. Mond im Wasser-, Sonne im Erdzeichen.

Im Falle a) r. Sonne in Widder, Löwe oder Schütze, Mond in Waage, Wassermann oder Zwillingen

entsteht die Forderung der Rechtfertigung des kraftvollen Eigenwol­lens vor dem Forum aller Vorurteile, die sich hemmend aus der Vor­ratskammer ererbter Denkgewohnheiten jeder Eigenwilligkeit in den Weg stellen und den Inbegriff des »Herkömmlich-Moralischen« aus­machen, dessen Einspruch entweder anerkannt oder widerlegt werden muß, ehe die Harmonisierung des eigenen Wesens gewonnen werden kann.

Der kategorische Imperativ, der sich hier geltend macht, ist die Forderung, die Ethik des eigenen Wollens nicht unter das Joch lähmen­der theoretischer Gedankengrundsätze zu beugen, wo die ethische Kraft der Überzeugung stark genug sein sollte, sie zu durchbrechen, aber andererseits all die Hemmungen, die sich in diesem Fall aus der zweiten Natur ergeben, nicht achtlos über Bord zu werfen, sondern, wenn man so sagen darf, mit nachsichtiger Liebe zu verwandeln, um sie so umgewandelt zur eigenen Rechtfertigung auf dem weiteren Weg dankbar mitzunehmen.

Anders liegen die Verhältnisse im Fall a) 2. Sonne steht in Waage, Wassermann oder Zwillinge, der Vollmond in Widder, Löwe oder Schütze. Der Mond hält jetzt der Sonne ein Gefäß entgegen, das angefüllt ist mit den zur Erbbelastung gewordenen Erinnerungen an Willensimpulse, die nur mehr als Schatten der nicht mehr im Wollen lebendigen Energien oder, wie wir diese Schatten auch nennen können,

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SoNNE UND MoND IN ÜPPosmoN

als Wünsche, Begehrungen, Leidenschaften und Triebe auftreten; Wünsche und Leidenschaften sind ein schattenhaftes Wollen in uns, das von uns selbst ga,r nicht gewollt wird - gegen das wir aus der ethischen Kraft unserer Sonnennatur heraus unseren wahren Willen setzen. So kommt e~, daß alle bis jetzt genannten Typen ven Luftmen­schen auch eine Art kategorischen Imperativ in sich tragen: allen Arten von Leidenschaften und Wünschen die Zügel der Geistesherrschaft anzulegen. Dem Vollmondmenschen mit Sonne im Luftzeichen ist als Richtung seiner Entwicklung die Behert~chung und Vergeistigung seiner aggressiven Leidenschäftstendenzen a~fgegeben.

Wir wenden uns zur Gruppe b) I. Sonne in Krebs, Skorpion oder Fische, der Vollmond in Steinbock, Stier oder Jungfrau.

Der kategorische Imperativ., der hier Lebens- und Entwicklungs­richtung vorzeichnet, nimmt die Form eines geheimen Vetos an, das zum Verzicht auf alle Verwirklichungsantriebe mahnt, durch die ein ruhiger Zufluchtsort geschaffen werden soll gegenübet dem immer leidenschaftlich bewegten Strudel des Gefühlslebens.

Es ist, was sich da wiedie Stimme eines inneren Wegweisers bemerk­bar machen will, die stete Mahnung, den Wert des »Erleidenkönnens« i.iber den Wert des »Realisierenkonnens« zu stellen.

Steht jedoch (Fall b 2.) Sonne in Steinbock, Stier oder Jungfrau, und der Vollmond in Krebs, Skorpion oder Fis~hen, dann kann als der Inhalt jenes Imperativs die Mahnung angesehen werden, den festen Boden dieser Wirklichkeitswelt gegen alle schwankend mach~nden Gefühlsregungen zu verteidigen und die nun einmal errungene Posi­tion vor alle~ durch die zielbewußte Tat zu verankern, dabei aber niemals die Rücksic:<ht auf die Wahrung des seelischen Gutes außer acht z.u lassen.

Nun sind auch die jetzt kurz geschilderten Oppositionen durchaus nicht gleichwertig.

Es ergibt sich aus dem Umstand, daß Sonne in Widder (Erhöhung) und Löwe (.eigenes.Zeichen) gestärkt, an den Oppositionsorten die$er Zeichen aber geschwächt wird, während Mond in Stier (Erhöhung) und Krebs (eigenes Zeichen) gestärkt, an den Oppositionsorten dieser Zeichen seinerseits geschwächt wird, ohne weiteres, daß die Zeichen Widder, Stier, K:rebs und Löwe bei allen Vollmondstellungen demjeni­gen der beiden Himmelslichter, das sich in ihrem Gebiet aufhält, den stärkeren Schutz gewähren.

Es wird sich demgemäß die Stellung des Vollmondes in Stier und Krebs, aber auch in Waage und Wassermann als segensreich erweisen

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5· VoRTRAG

können, weil hier die erste Natur in der zweiten stets einen freundli­chen Helfer zur Seite hat.

Vom Vollmond in Widder und Löwe gehen jedoch starke Verfüh­rungskräfte aus, so daß hier seitens der ersten Natur alle Kräfte einge­setzt werden müssen, um nicht vor der zweiten zu kapitulieren oder allzu früh durch allerlei Kompromisse den Entwicklungskampf zu beenden. Bei der Stellung des Vollmondes in Skorpion und Steinbock wird der Kampf um den Vorrang zwischen beiden Naturen besonders intensiv empfunden, aber die größere Kraft ruht in der Sonnenstel­lung.

F.s zeigt sich auch hier wieder, daß die Sattwa-Zeichen die indiffe­rentesten Orte der Vollmondstellung sind.

Es liegt nun die Frage nahe, welche Bedeutung der Mondfinsternis zukommt, wenn sie sich zur Vollmondstellung geseilt.

Sonnen- und Mondfinsternis gewinnen ja ihte besondere Bedeutung dadurch, daß die beiden Gestirne .sich bei dieser Konstellation an den Orten der Mondknoten befinden müssen, und zwar bei der Sonnenfin­sternis an demselben Knoten, sei es der aufsteigende oder absteigende, bei der Mondfinsternis an den entgegengesetzten Knotenpunkten. In beiden Fällen werden diese wichtigen Stellen der Geburtskonstella­tion, die uns eine Art Index für die Lebensfestigkeit bezeichneten, unmittelbar betroffen.

Bei der Mondfinsternis nun tritt die Erde optisch zwischen Sonne und Vollmond und hält so die Sonnenstrahlen von ihm ab, so daß erfür die Dauer der Finsternis in seiner Funktion als Spiegel der Sonnen­kräfte wesentlich gestört wird. Was der Mond demnach der Erde im Moment der Finsternis zusenden kann, das ist eine Art Neumond­strahlung, die aber zur Vollmond7.eit geschieht.

Versuchen wir, uns diesen scheinbar abstrusen Gedanken etwas näherzubringen.

Wie der Neumond so tritt auch der verfinsterte Vollmond nun in der ungeschwächten Kraft seiner Eigenst.rahlung·apf und bewirkt, daß die zweite Natur .im Men~Jchen sich mit besonderer Trägheit gegen die ers.te auflehnt.

War bei den Neumondmenschen die Herausschälung des höheren Ich .aus. dem Erb-Ich durch die Schwierigkeit gehemmt, die beiden Naturen in der Selbstschau zu scheiden, se besteht die Entwicklungs­schwierigkeit im Fall der Mondfinsterniskinder in der schweren Auf­schließbarkeit der Hereditätsmasse gegenüber dem moralischen Ent­wicklungswillen. Inwiefern hier dieUnterschiede der auf- oder abstei-

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DER VOLLMOND

genden Mondknoten noch mitzusprechen haben, soU erst später ge­würdigt werden.

Unter den Vollmondstellungen soll aber noch eine besonders her­vorgehoben werden, weil sie im Kulturleben der Völker bis auf den heutigen Tag eine gewaltige Rolle spielte: der erste Vollmond nach dem Frühlingsäquinoktium (Sonne in Widder, Mond.in Waage) - der öster­liche Vollmond - , die Zeit des altjüdischen Passah-Beginnes, in der Christenheit die Zeit des Osterfestes, gefeiert am ersten diesem Voll­mond folgenden Sonntag.

Hier liegen die Wurzeln einer in den Urtiefen unserer Ich-Wesenheit erfühlten Verbundenheit mit den beiden Himmelslichtern und ihren Beziehungen zum kosmisch Männlichen und Weiblichen, daraus unser wesenhaft Menschliches und damit alles, was unsere Entwicklung leitet und in Gang erhält, seine Kraft erhält . Diese beiden Repräsentan­ten unserer Ich-Wesenheit treten einander aus den Zeichen der Lebens­erneuerung (Widder) und ihres Widerscheins im Geistig-Begrifflichen (Waage) gegenüber, beide nach »Üherschreitung« des Äquators als der kosmischen Grenze zwischen den Reichen des Tages (Widder bis Jungfrau) und der Nacht (Waage bis Fische).

Damit steht wi.eder der Gegensatz der beiden Lebenssphären vor uns, deren eine der Tagseite angehört, der Region der Freiheit, deren andere der Nachtseite, der Region der Gebundenheit, vergangenheits­beschwert, mit der Weltlast beladenallder i.n der Materie festgeronne­nen Wirklichkeiten.

Diese Gegensätze wiederholen sich in der Hieroglyphenschrift des Himmels an jedem Vollmond. Dieser Frühlingsvollmond aber ist aus­gezeichnet vor allen anderen Vollmonden!

Lassen wir noch einmal an uns vorüberziehen, was wir über das Prühlingspunkterlebnis und sei.ne Beziehung zur Idee der Opferung .tm Beginn des Kapitels Tierkreis und Mensch im Zusammenhang mit dem Widder als dem ersten Zeichen des Tierkreises aussagen mußten.

Gedenken wir des Verzweiflungskampfes der Menschheit um die .I ungerhaltung und Bewährung des >>Ich« gegenüber den Verlockungen der »Maja«- des immerwährenden Erbgefängnisses, das alle Lebens­äußerungen, ja das Leben selbst in den ewig gleichen Zirkeltanz einer zwangsläufigen Wiederkehr des Gleichen einfangen und darin allmäh­lich ersticken will, gefangen in dem für ewig unterschiedslos geschlos­senen Kreis der Wiederkehr des Gleichen, aus dem es kein Entrinnen ~ibt als den Tod, es sei denn, daß das Opfer gebracht wird, den Drang nach der Bejahung des Lebens im Stoff aufzuheben, das zeitliche Leben

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5· VoRTRAG

zu verneinen, um das Ewige zu gewinnen. Dann begreifen wir, daß, wo immer die Darbringung dieses Opfers gelungen, durch die hierdurch in den Kreis geschlagene Bresche ein Strahl des Urlichtes dringt, von dem die Sonne nur ein weltliches Symbol gewesen - die aufgehende, er­höhte Sonne eines neuen »Ich~-Frühlings.

Was aber bedeutet der volle Mond in diesem Zusammenhang, was das durch die im Urlicht erneute Sonne jetzt ganz in ihr Licht getauchte Majaprinzip?

Nun, er weist uns gegenüber dem urzeitliehen Brauch der Hinopfe­rung des Menschenleibes einen neuen Weg, die Maja zu überwinden! Nicht mehr durch Tötung, nicht mehr durch feindliche Abkehr vom Leben und der Welt soll die Erneuerung und Verjüngung des Ich geschehen - sondern durch die liebende Durchstrahlung all dessen, was die früher trügerische, verführerische Maja uns entgegenhielt, durchdie alchimistische Verwandlung des Vergangenheitsgebundenen in uns soll dieses Stufe für Stufe zur Himmelsleiter werden, auf der wir, vom Weiblichen in uns getragen, höher und höher steigen; solch Wunder zu vollbringen vermag nur die in uns immer wieder neu auferstehende, allverbindende und alles "Nergangene« tilgende himm­lische Liebe, die gleichermaßen alles durchleuchtet und durchstrahlt.

Dann aber wird die österliche Konstellation in uns zum Symbol einer Verwandlung, die nicht n~r die Sonne, sondern auch den Mond erfaßt; der jetzt nicht mehr Maja, die große Täuschung, sondern das Wesen geworden ist, aus dessen Schoß wir uns in stets neu erlebter Kindheit, wie durch eine zweite Geburt hindurchgegangen, in voller Reinheit wiedergebären sollen. Die »Maja<r wird umgewandelt zur »Maria<r- aus der Staubhülle des Erdensohnes soll dereinst der Got­tessohn in uns auferstehen.

Damit aber wollen wir für heute schließen, der Osterbotschaft ge­denkend, die, durch das Opferwerk von Golgatha getragen, der ganzen Menschheit den Weg der Errettung und des Heils zu weisen bestimmt ist auf ihrer weiteren Wanderung auf diesem Planeten- weiter- weiter - aufwärts zum Licht.

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6. VoRTRAG

Wir haben das letzte Mal Betrachtungen darüber angestellt, in welcher Weise sich die Ich-Findung des Menschen vollzieht, je nachdem, in welchem Verhältnis der Gegenseitigkeit sich die Himmelslichter im Geburtsmoment befinden.

Konjunktion und Opposition oder die Neu- und Vollmondstellung haben wir in diesem Sinn untersucht. Heute wollen wir die sogenann­ten Mondvienel, d. i. die Quadratstellungen zwischen Sonne und Mond, in ähnlicher Weise betrachten.

Durch die Quadratstellung werden nicht wie bei der Opposition zwei Zeichen derselben Geschlechtsart, also entweder Feuer und Luft oder Wasser und Erde, verbunden, es wird nicht die Entwicklungsrich­tung, d ie stetS darauf abzielt, Sonne und Mond in uns zur Verschmel­zung zu bringen, entweder dem Männlichen oder dem Weiblichen in uns anvertraut, sondern es stoßen hier stets Zeichen entgegengesetzten Geschlechtes aufeinander. Es sind so zunächst acht Möglichkeiten gegeben.

a) Sonne in Feuer

b) Sonne in Luft

l') Sonne in Wasser

d) Sonne in Erde

Mond zunehmend in Wasser Mond abnehmend in Erde Mond zunehmend in Erde Mond abnehmend in Wasser Mond zunehmend in Luft Mond abnehmend in Feuer Mond zunehmend in Feuer Mond abnehmend in Luft

W:ihrend nun Sonne und Mond im Fall ihrer Quadratstellung stets in Zeichen entgegengesetzter Geschlechtsart anzutreffen sind, entSteht ~leichzeitig wieder eine engere Verbundenheit durch die Zugehörig­keit der ins Quadrat gestellten Tierkreiszeichen zum gleichen :.Guna«. I )urch die Quadratstellung werden immer je zwei Rajas-, Tarnas-oder Snttwa-Zeichen miteinander verbunden, wenn wir auch hier wieder von jenen Grenzfällen absehen, in denen eine nicht vollkommen grad­~cnaue QuadratStellung in der Übergangszone zwischen zwei benach­barten Zeichen zustande kommt, wobei der eine der beiden Planeten .un Ende, der andere am Anfang eines Zeichens steht.

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6. VoRTRAG

So kommt es auch hier wieder, ähnlich wie das bei den Vollmond­stellungen der Fall war, zu einer Art Verbundenheit zwischen den Himmelslichtern, die aber gleichwohl mit einer beträchtlichen Rei­bung zwischen den beiden durch sie bezeichneten Naturen innerhalb der menschlichen Veranlagung einhergeht.

Um aber diese Art der Reibung zu verstehen, wollen wir hier eine kurze Betrachtung einschalten, die sich auf solche Fälle bezieht, in denen diese Reibung nicht besteht. D as sind vor allem die Fälle, in denen sich Sonne und Mond in zwei Zeichen derselben Elementarqua­lität befinden und gleichzeitig eine genaue Trigonstellung (Winkel von 120° (Trigon] und 6o0 [Sextil] gelten als günstig, Winkel von 90° [Quadrat] und 180° [Opposition] als ungünstig) zueinander inneha­ben. Es verbinden sich dann immer Feuer mit Feuer, Luft mit Luft, Wasser mit Wasser und Erde mit Erde. Erinnern wir uns daran, daß wir das letzte Maldie Sonne als das Maß unseres Genies, den Mond aber als das Maß unseres Talents be2eichnet haben, dann dürfen wir wohl annehmen, daß sich in all den genannten Fällen dem :.Genie« des Menschen ein Talent zugesellt, das ihm aus der Vorratskammer ererb­ter Fahigkeiten alle Gaben zu reichen in der Lage ist, die zur Entfaltung seiner Kräfte dienlich sein können. Die Gesamtveranlagung ist hier von solcher Art, daß schwere innere Kämpfe um cüe Erringung der Einheit seines Grundwesens dem Geborenen erspart bleiben. Die Fälle, die hier in Betracht kommen, seien nur ganz kurz skizziert. Es sind innerhalb jeder der vier Elementarqualitäten sechs Fälle möglich:

a) Sonne in Rajas,

b) Sattwa in Tamas,

c) Sonne in Sattwa,

Mond zunehmend ~ voll in Tamas Mond abnehmend ~ voll in Sattwa Mond zunehmend ~ voll in Sattwa Mond abnehmend ~ voll in Rajas Mond zunehmend •!) voll in Rajas Mond abnehmend ~ voll in Tamas

Hieraus ergeben sich insgesamt 24 Möglichkeiten, cüe in den folgenden Vorträgen einzeln untersucht werden. Soweit es sich jedoch um die Hilfen handelt, die seitens des Mondes der Sonne zufließen, mögen die folgenden allgemeinen Bemerkungen hier Platz finden.

Steht die Sonne im Rajas-Zeichen, dann wird der zunehmende Mond im Tamas-Zeichen die Gabe eines immer bereiten Gedächtnisses für alles die Entwicklung Fördernde gewähren, eine Art Zaubersäckel, aus dem das .Geld nie schwindet, während andererseits der abneh­mende Mond in Sattwa ein wohlwollender und gütiger Verwalter aller

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DIE SEX'trLSTELLUNG

Vmzüge, aber auch aller Schwächen sein wird, die er immer zu einem ~lücklichen Ausgleich und so zu Aktivposten für die Entwicklung .IUS7.ugestalten verstehen wird.

Steht Sonne in Tamas und der zunehmende Mond in Sattwa, dann wircl er vor allem ein guter Buchhalter für den Chef sein. dem er auch ungebetenerweise über den jeweiligen Kontostand des Lebenshaupt­buches Rechenschaft erstattet, während der abnehmende Mond in Rajas den Geborenen stets dazu anstacheln wird, seine Gaben nicht brachliegen zu lassen.

Steht endlich die Sonne in Sattwa-Zeichen, dann wird der zuneh­mende Mond in Rajas zu einer Art Schwungrad oder Akzelerator der Lebensmaschinerie, während der abnehmende Mond in Tamas eher die l~edeutung einer Lebensbremse gewinnt, die zum Sparen mit den Kräften mahnt und nicht zuletzt daran, die eigene Tradition stets hochzuhalten und sich nicht selbst zu widersprechen oder gar untreu 1.u werden.

Ähnlich und doch wieder anders liegen die Verhältnisse bei der Sextilstellung zwischen Sonne und Mond. Die Ähnlichkeit besteht in dem harmonischen Charakter beider Winkel; die Verschiedenheit liegt it'doch darin, daß durch das Sextil immer zwei Zeichen miteinander verbunden werden, deren elementare Qualität ein ähnliches Gegen­satzverhältnis aufweist wie die Oppositionsstellung. Es werden also hier immer verbunden: Feuer mit Luft und Wasser mit Erde. Die hierdurch gegebenen Möglichkeiten werden erst in den folgenden Vorträgen einzeln besprochen werden; es sei aber schon hier bemerkt, daß die völlige Reibungslosigkeit, welche durch die Trigonstellung ~ewährleistet ist, in diesen Fällen nicht besteht, da das Verhältnis der IH·iden Himmelslichter durch eine feine Oppositionsnuance eine An Würze erhält, die bereits ein Element der Unruhe in die Entwicklung des Menschen bringt. Trotzdem kann auch in bezug auf die Sextilstel­lung ausgesprochen werden, daß dem »Genie«, das die Sonnenstellung 111 Jie Menschennatur einträgt, sich ein Talent hilfreich und ergänzend hl·igesellt.

Wesentlich anders liegen nun aber die Bedingungen für die Ich­Findung des Menschen, wenn die beiden Himmelsli~hter einander aus dt•r Quadratstellung anblicken. Dann entstehen weitgehende Schwie­ri~keiten und Reibungen zwischen der primären Entwicklungsrich­wng und den Erbanlagen, die, je nachdem sie sich im Rajas-, Tarnas­e )(I er Sattwa-Gebiet abspielen, verschieden zu bewerten sind. Wir wol­lt•n es einstweilen als unbestrittene Tatsache hinnehmen, daß der Qua-

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6. VoRTRAG

drataspekt von Reibungen und Schwierigkeiten aller Art begleitet ist, obwohl die Erklärung für das Unharmonische dieser Kreuzstellung erst später gegeben werden wird. Dann wird aber deutlich, daß, wäh­rend Trigon und Sextil den Menschen mit einem Talent begaben, das heranzureifen ihm aufgegeben ist als die Pflicht, mit dem anvertrauten Pfund zu wuchern, die •Quadrate+< allerlei Reibungen und Dishar­monien schaffen zwischen dem •Genie« im Menschen und seinem »Talent«, das ihn vielfach in eine dem ersteren fremde Richtung drän­gen will, so daß hierdurch nicht das Talent weitergebildet wird, son­dern eher der Widerstand gegen dessen Verführung.

Die Sonne-Mond-Quadrate schaffen die stärksten Antriebe, aber zugleich auch die größten Schwierigkeiten auf dem Weg der Ich­Findung und der Festigung der ersten Natur im Kampf mit der zwei­ten.

Nun muß auch hier wieder die Unterscheidung zwischen dem zu­und dem abnehmenden Mondviertel gemacht werden. Ist der Mond im Zunehmen, dann befindet er sich auf dem Weg zum Trigon; er geht zu einer harmonischeren, ruhigeren und einfacheren Stellung hin, zu einer Stellung, die, wie bereits erwähnt wurde, das geringste Maß der Reibung in sich schließt. Es ruht solcherart im z unehmenden Viertelmond die Hoffnung auf restlose Auflösung aller Schwierigkei­ten, die das Quadrat mit sich führt. Der abnehmende Mond befindet sich zwar gleichfalls auf dem Weg zu einem harmonischen Ziel, er geht zum Sextil hin, aber dieses ist nicht in demselben Grad reibungs­frei wie das Trigon, so daß in diesem Fall die geheime Hoffnung auf das Schwinden aller Schwierigkeiten nicht mit derselben Kraft erlebt wird. D er feine Unterscllled, der hiermit gegeben ist, läßt sich wohl dahin verstehen, daß im allgemeinen die Quadrate des abnehmenden Mondes in ihrer Disharmonie intensiver empfunden werden, der Kampf, den sie setzen, in tiefere Regionen des inneren Lebens ein­greift, so daß all die Konsequenzen der inneren Reibungen nach au­ßen weit weniger deutlich in Erscheinung treten, dafür aber auch schwerer zu tragen sind.

Wir wollen nun die einzelnen Quadratstellungen in bezug auf die Entwicklungsschwierigkeiten, die in den 24 hier möglichen Kombi­nationen zwischen Sonne und Mond bestehen, im allgemeinen be­sprechen und d abei der Reihe nach Sonne in Feuer, Luft, Wasser, Erde setzen und jedesmal auch die Unterschiede berücksichtigen, je nachdem es sich um die Rajas-, Tamas- oder Sattwa-Quadrate han­delt.

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DIE QuADRATSTELLUNGEN

Steht die Sonne im Feuerzeichen, dann wird die wesentliche Arbeit der Selbstfindung auf dem Gebiet des Wollens, das ist der Bewährung der ethischen Kraft, liegen. Zu dieser Stellung tritt nun der Mond ins Quadrat und fügt zu jener ersten Natur des Menschen die zweite, die der idealistischen Grundrichtung der Sonnennatur allerlei Hemmnisse in den Weg legt, sei es aus dem Bereich der seelischen Schmerzbereit­~~haft bei zunehmendem Mond, sei es aus dem Bereich der Erdgebun­denheit bei abnehmendem Mond stammend.

Wenn es erlaubt ist, hier ein Bild zu gebrauchen, das unmittelbar an die uns geläufige physikalische Vorstellung der vier Elemente an­knüpft, dann können wir uns wohl vorstellen, daß der Kampf zwi­s~.:hen Feuer und Erde (abnehmender Mond) zu einer Härtung und Verfestigung aller Erdbeziehungen führen wird, die demnach einer starken Belastungsprobe ausgesetzt werden, während bei Feuer und Wasser (zunehmender Mond) der Kampf nicht rillt einer Bindung, sondern eher mit der Vernichtung eines der Gegner enden wird. Wir können weiter leicht begreifen, daß dieser Kampf um die harmonische Eingliederung der zweiten Natur in die erste in der Rajas-Gruppe am heftigsten, in der Tamas-Gruppe am nachhaltigsten und in der Sattwa­Gruppe am aussichtsreichsten sein wird.

Betrachten wir zunächst die Quadrate des zunehmenden Mondes.

1. Rajas-Quadrat: SONNE IM WIDDER, der zunehmende MoND IM

KREBS:

II ier bricht sich die freie Entfaltung der idealen Willenskräfte an der übergroßen Empfindlichkeit des Seelenkörpers, woraus wohl eine ~-:anz besondere Veranlagung zur Zornmütigkeit entspringen wird; Menschen mit dieser Quadratstellung sind, wenn an ihren Idealen ~o:t·rüttelt wird, leicht in Zorn zu bringen. Sie sind dann nicht geneigt, mit ihren Gegnern etwa zu disputieren, sondern ihr Wesen entflammt 'ich an deren Widerstand zum Zorn, der entweder ein heiliger Zorn odl'r auch ein unheiliger genannt werden kann, in beiden Fällen aber 111 it allen Zeichen der Despotie auftritt, die wir in Gestalt der »Gefühls­dt·spotie« schon als Merkmal des Krebsmenschen kennengelernt ha­ht·n. Hier aber, wo sie in der milderen Gestalt einer zweiten Natur .111ftritt, wird sie sich in der Weise geltend machen, daß sie die Neigung 1u heftigen Temperamentsausbrüchen und unüberlegten Handlungen liirdert, durch die das Echo der Umwelt auf den Entwicklungskampf dt•s Geborenen bereits in hohem Grad herausgefordert wird. Erzie­hung zur Selbstbeherrschung wird ethische Pflicht.

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6. VORTRAG

2. Tamas-Quadrat: SoNNE IN LöwE, der zunehmende MoND IN SKOR­PION:

Hier verzögert sich die innere Entwicklung im·Sinn der Selbstfindung durch das Streben nach Ausübung einer persönlichen Macht über Menschenseelen, da zu dem lebensfrohen Sinn nun die Sorge um die ErhaLtung dieser persönlichen Macht tritt, wodurch die innere Unab­hängigkeit von der Umgebung, mit der der Löwemensch ausgestattet ist, wesentlich beeinträchtigt wird. Die allgemeinste Form dieser Min­derung der inneren Freiheit heißt Eitelkeit - seelische Eitelkeit.

3· Sattwa-Quadrat: SoNNE IN ScHÜTZE, der zunehmende MoNo IN FISCHEN:

Hier besteht gleichfalls ein schweres Hindernis für die im Feuerzei­chen vorgesehene Entwicklungsrichtung des Weges zum Selbst, weil dieses Quadrat den Menschen, denen es aufgelastet ist, eine seelische Wehleidigkeit anbildet, in der befangen sie sich überall als Märtyrer ihrer ethischen Überzeugung fühlen. Solche Menschen spielen gerne die Rolle des Märtyrers, auch wenn sie weit davon entfernt sind, es wirklich zu sein. Sie sind dadurch gezwungen, sich selbst ihren Weg zu erschweren, einer Gefühlsbefangenheit folgend, die sich beständig damit quält, die Blicke der anderen auf die eigene Selbstlosigkeit hinzu­lenken. »So bin ich!« Lernet klagen, ohne zu leiden!

Betrachten wir nun das abnehmende Mondviertel bei Sonne im Feuer.

4· Rajas-Quadrat, d. i. SoNNE IN WIDDER, der abnehmende MoND IN STEINBOCK:

Der schrankenlose Idealismus einer ungehemmten Willensnatur findet eine Schranke an dem Streben nach Erreichung praktischer Erfolge, das zu allerlei Kompromissen verleiten will, die sich mit der Feuerna­tur nicht vertragen und wie ein dunkler Fleck auf dem hellleuchtenden Idealismus des reinen Woll~ns- li~gt. Gewissenskonflikte, die hier ent­stehen, können zu schweren Zerwürfnissen und Disharmonien Anlaß geben, die zum völligen Irr~werden an der eigentlichen Bestimmung führen können. Es wird viel aufgebaut und wieder niedergerissen.

5· Tamas-Quadrat: SoNNE IN Löwr:, der abnehmende MoND IN STIER:

Die Schwierigkeiten, die diese Konstellation mit sich führt, bestehen in erster Linie darin, daß zu der unbedingten und freudigen Lebensbeja-

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DrE QuADRATSTELLUNGEN

hung die seltsame Sorge um die ungestörte Erhaltung des Frohsinns tritt und so das Leben verdüstert. Es ergeht hier dem Geborenen wie Hagedorns munterrn Seifensieder, der so viele schöne Lieder wußte, ehe er zum stets besorgten Schatzhüter seines »Glückes« geworden. Es ~eht hier darum, gegenüber der von der zweiten Natur ausgehendeil Mahnung, dem Ferneren zuliebe nicht das Nahe aufzugeben, den Idealismus der ersten Natur stets lebendig zu erhalten. Hier gilt Goe­thes warnendes Wort:

Dem H errlichsten, was auch der Geist empfangen, Drängt immer fremd und fremder Stoff sich an; Wenn wir zum Guten dieser Welt gelangen, Dann heißt das Bessre Trug und Wahn ...

6. Sattwa-Quadrat: SoNNE IN SCHÜTZE, der abnehmende MoNo IN jUNGFRAU:

Der Kampf zwischen der ersten und zweiten Natur ist hier im wesent­lichen der Widerstreit zwischen religiöser und Nützlichkeitsethik oder zwischen Idealismus und praktischem Sinn. Es wird wichtig, eine Lebenspraxis zu finden, welche die Rücksicht auf die natürlichen Vorteile eines durchaus nach ethischen Grundsätzen geführten Lebens nicht überwenig werden läßt. Die Versuchung, Wasser zu predigen und Wein zu trinken, liegt nahe; je häufiger ihr nachgegeben wurde, desto mehr härtet sich die zweite Natur im Feuer der ersten, um so unfähiger wird sie zur Umwandlung.

Wir wenden uns nun der Gruppe b zu. Sonne in Luftzeichen, der zunehmende Mond in Erde, der abneh­

mende in Wasser. Sonne in Luftzeichen verlangt die Lebensbezwingung und die lch­

Findung auf dem Weg des Gedankens, der Erkenntnis. Aber dieser Aufgabe stellen sich wieder Hindernisse entgegen, die entweder aus der Erbbindung an die »Realität« oder an die Gefühlssphäre entstehen und den freien Geistesflug in ihre Bahnen lenken wollen.

Wieder könnte man hier an gewisse Symbole denken, die der stoffli­~:hen Welt entnommen sind. Man könnte im Fall Luft-Erde etwa an den Dampfkessel de.nken, der die natürliche Expansion des erhitzten Gases verhindert, und .in dem Fall Luft-Wasser an die Wetterbildung in der Atmosphäre, an Wolken, Regen, Hagel usf.

Betrachten wir zunächst den ersten Fall: die_ Quadrate des zuneh­menden Mondes. Hier wird es zu einem Kampf der beiden Naturen im

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6. VoRTRAG

Menschen kommen, in dem sich der freie Flug des reinen Gedankens an dem Widerstand der Materie reibt, aber nicht der äußeren Materie, sondern dessen, was in uns selbst, als der Welt des Stoffes zugewendet, uns an diese verhaften möchte. Das Schillersehe Bild vom »Pegasus im Joch« mag diesen Widerspruch deutlich machen, nur daß dieses Joch kein äußerlich aufgezwungenes, sondern das innerlich erlebte Joch aller niederzerrenden Gewalten darstellt, die aus dem angeborenen Anhängen an die stofflichen Verlockungen des Lebens entspringen.

Wir wollen nun diese allgemeinen Bemerkungen auf die drei Einzel­fälle Rajas, Tamas und Sattwa anwenden:

7· Rajas-Quadrat: SoNNE IN WAAGE, der zunehmende MoND IN STEINBOCK:

Waage war uns, wie noch erinnerlich, das Zeichen des Künstlers; wenn sich nun zu diesem Zeichen hemmend eine Veranlagung hinzugesellt, die auf unbedingte Verwirklichung in der Materie drängt, dann kommt es zu einem Konflikt zwischen Erfolgsucht und der ruhigen geistigen Arbeit der Wegfindung. Was hier durch den Mond eingebaut wird, ist ein allzu praktischer Sinn, der es nicht zuwege bringt, geduldig zu warten, bis die zur Beschaulichkeit und Unentschlossenheit neigende Waageveranlagung mit ihren Bedenken zu Ende gekommen ist, son­dern zu vorzeitiger Beendigung des im Geistigen unternommenen Werkes drängt. Durch solche frühzeitige Verwirklichung »verwirkt«, wenn man so sagen darf, der Waagegeborene häufig genug seine Be­stimmung und greift zu Kompromissen, die er selbst verurteilt. Es kann so geschehen, daß einem äußeren Ehrgeiz zuliebe Charakteropfer gebracht werden, die hinterher zum Anlaß schwerer Entwicklungs­hemmungen werden können. Die Situation ist im ganzen ähnlich wie im Fall 4, aber kraftloser und gleichzeitig schmerzlicher, weil beide Himmelslichter im Zustande der »Schwächung« sind. Kann man hier das schon oben erwähnte Schillersehe Bild vom Pegasus im Joch an­wenden, so könnte man bei dem folgenden

8. Tamas-Quadrat: SoNNE IN WASSERMANN, der zunehmende MoND IN STIER,

wohl besser den Vergleich wählen, den Meyrink in seinem Roman Walpurgisnacht gebraucht. Er spricht dort vom »Pinguin«. Der Pin­guin ist gleichsam ein Mensch von hohen inneren Antrieben, dem aber die Natur statt der Flügel nur Stummel gegeben hat. In dem Pinguin haben wir den seltsamen Fall eines Lufttieres vor uns, das gezwungen

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DrE QuADRATSTELLUNGEN

ist, gleich einem Landtier zu leben, weil es nicht fliegen kann oder mag. Sich im Grunde seines Wesens als einzigartig und erhaben über die Masse zu fühlen und gleichzeitig ihr durch die entmutigende Last aller Vorurteile der Gewöhnlichkeit zugehörig, schafft einen hohen Grad innerer Enwicklungsschwierigkeiten, weil die bloße Unzufriedenheit mit der eigenen Zufriedenheit und zeitweise auch wieder die Zufrie­denheit mit der eigenen Unzufriedenheit keine genügend starke Auf­t riebskraft ergibt, um dem geistigen Flug die nötige Anfangsgeschwin­digkeit zu erteilen. Hier kann es leicht zu jener furchtsamen Beschei­denheit kommen, die Goethe so sehr verachtete (nur Lumpe sind bescheiden), weil der geistige Adel, gleichgültig ob echt oder erträumt, die innere Verpflichtung auferlegt, nicht vor der Übermacht seiner Erbgewohnheiten, d. h. der eigenen Gewöhnlichkeit, zu kapitulieren oder sich hinter ihr zu verstecken und das Sonnenlicht unter den Scheffel des Mondes zu stellen, sondern unter allen Umständen seine ~eistige Freiheit hochzuhalten. Die Neigung zur »Dissimulation« der Vorstellung vom Wert der eigenen Persönlichkeit kann hier zu einer Gefahr werden, weil sie leicht vor dem eigenen Gewissensforum die Gestalt eines Systems von Ausreden annimmt, die den Mangel an moralischem Auftrieb verdecken sollen. Goethes Worte

Und laß' dich nur zu keiner Zeit zum Widerspruch verleiten. Weise verfallen in Unwissenheit, wenn sie mit Unwissenden streiten.

werden hier leicht zum allzu billigen Trost.

•J. Sattwa-Quadrat: SONNE IN ZwiLLINGE, der zunehmende MoND IN

J uNGFRAU:

Die Schwierigkeiten, die diese Stellung mit sich führt, sind von beson­ders seltsamer Art, weil beide Tierkreiszeichen, die hier gegeneinander .lllsgespielt werden, Merkurzeichen sind, so daß sich hierdurch das I )cnken in seinen eigenen Schlingen zu fangen droht. Was sich hier d.trbietet, ist der Kampf zwischen theoretischem und wirklichkeitsge­mäßem oder, besser gesagt, praktischem Denken.

Wenn wir auch hier nach einem Bild suchen, um die geistige Situa­tion zu kennzeichnen, die in diesem Fall gegeben ist, so könnte man an dl·n berühmten Freiherrn von Münchhausen denken, der das Kunst­'tück zuwege brachte, sich an seinem eigenen Schopf in die Höhe zu 'I it·hen und dabei sogar das Pferd, zwischen die Beine geklemmt, noch mitzunehmen! Die lächerlichste Travestie ,auf den Kentauren! (Sdlütze)

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6. VoRTRAG

Was sich hier an Konfliktstoff ergibt, das ist der Zwang, die abstrak­ten Konstruktionen des Denkens zwar stets an der Wirklichkeit zu erproben, diese Wirklichkeit aber schon vorher zugunsren des Den­kens zu verfälschen, so daß hierdurch zwei Gefahren entstehen: ent­weder vorzeitige Kapitulation des logisch-kritischen Denkens vor dem sogenannten »gesunden«, in Wirklichkeit aber kritiklosen Menscheh­verstand oder sophistische Gedankenkunst, die immer bereit ist, der Wirklichkeit Gewalt anzutun, um ein Theorem zu retten. Zwischen beiden Fehllösungen den Ausgleich zu finden, ist das eigentliche Le­bensproblem; kann es gelöst werden, dann entstehen Pioniere des kühnen Experimentes, das entgegen allen vorherigen Erfahrungen ge­lingt und neue Möglichkeiten erschließt (Ei des Kolumbus), im ande­ren Fall Menschen mit einer Art Erfinderwahn (Perpetuum mobile, Quadratur des Zirkels).

Wir wenden uns nun zu den Quadraten, welche Sonne, im Luftzeichen stehend, mit dem abnehmenden Mond im Wass-erzeichen bildet. Hier stoßen wir auf Disharmonien zwischen der Freiheit des Gedankenle­bens und jenen Beeinflussungen, die aus Gefühlsströmungen und Lei­denschaften, aus persönlichen Sympathien und Antipathien, aus Wün­schen und Begehrungen, aus Furcht und Mitleid geboren, die Klarheit der reinen Erkenntnis zu träben drohen.

Die Entwicklungskämpfe. die sich hier abspielen, gehören zu den intimsten Ereignissen des seelisch-geistigen Lebens. Wieder beginnen wir mit dem

10. Rajas-Quadrat: SoNNE IN WAAGE, der abnehmende MoNo IN KREBS.

Hier stellt sich die besondere seelische Empfindlichkeit als schweres Hemmnis der Wegfindung im Geistigen entgegen und verlangt in allen Fällen zu Rate gezogen zu werden, in denen die erste Natur sich für einen bestimmten Weg entscheiden will; die Aufgabe, die hieraus erwächst; gestaltet sich besonders schwierig, da es gilt, die Leiden und Schmerzen, wenn man so sagen darf, als ein Kapital anzusehen, das fruchtbringend verwertet werden soll, dessen Verwertung aber darin besteht, freie Sicht zu gewinnen für die im Geistigen einzuschlagende Richtung. Gewitterentladungen oder Wolkenbrüche mit nachfolgen­der sonniger Aufheiterung bezeichnen hier den Weg der Entwicklung, die typisch ist für alle romantisch veranlagten Naturen, wobei jedoch diese Romantik der zweiten Natur zugehört.

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DIE QuADRATSTELLUNGEN

t t. Tamas-Quadrat: SoNNE IN WASSERMANN, der abnehmende MoND IN SKORPION:

Bcide H immelslichter sind »geschwächt«, da sie in den Oppositionsor­ten ihrer günstigen Zeichen stehen. Dieses Quadrat ist vielleicht unter .1 llen Quadratstellungen, die· die Sonne im Luftzeichen zum Mond einnehmen kann, die gefährlichste. Sonne im Wassermann verweist den Menschen geistig völlig auf seine Eigengesetzlichkeit. Dieser zu­folge sieht er sich im Mittelpunkt einer geistigen Welt, in der sich ihm alles nach den Gesetzen seines eigenen Denkens gestalten soll, die er Jurch die Kraft des schöpferischen Gedankens bemeistert; aber dieser Kraft stellt sich nun das aufs höchste gesteigerte Wunschleben entge­).;en, das durch den Mond im fixen Wasserzeichen entsteht und ihn dazu verführen will, sich ihm etwa in dem Sinne auszuliefern, daß er ~ich getrieben fühlt, sich das Vorrecht des geistig höher Entwickelten, des »Aristokraten im Geiste« anzumaßen, um sodann mitden Kräften, die ihm aus der ungezähmten Wunschnatur erwachsen, nach eigenem Ermessen schalten zu können. Es entsteht so eine Verführung zum Mißbrauch der Macht, eine Neigung zur Skrupellosigkeit im Ge­brauch der geistigen Kräfte. Unter den Beispielen aus der Literatur möchte ich hier an den Ägypter Arbazes erinnern, der in Bulwers Die letzten Tage von Pompeji beschrieben wird. Die inneren Schwierigkei­ten, die sich aus dieser Quadratstellung ergeben, sind darum so bedeu­tend, weil ein Leben notwendig in die Irre gehen muß, das seine Kräfte ,, usschließlich aus der hohen Überzeugung vom eigenen Wert beziehen will. Auch hier muß das Opfer der Selbstverneinung gebracht werden, was aber um so schwieriger ist, als beide Naturen es bringen müssen 1111d sich hierbei so wenig zu unterstützen in der Lage sind. E. T. A. lloffmann hat in der Gestalt des Bruder Medardus in den Elixieren des 'f(•ufels eine Figur geschaffen, die den oben geschilderten Zwiespalt ~ wischen geistigem Eremitenturn und weltlich-seelischem Machtstre­hrn mit unheimlicher Lebendigkeit vor die Seele rückt.

l l. Sattwa-Quadrat: SoNNE IN ZwiLLINGE, der abnehmende MoNo IN FISCHE:

I )iese Steilung ist gewissermaßen ein Gegenstück zu der Stellung 9· Während wir dort von einer Art geistigen Vergewaltigung der Wirk­lichkeit sprechen konnten, handelt es sich hier um eine Vergewaltigung (kr Erkenntnis durch das Gefühlsleben. Solche Menschen erliegen in hohem Maß der Gefahr, die Selbsttindung aus sich heraus nicht be-

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6. VoRTR:AG

werksteiligen zu können, weil sie auf der Suche nach dem Selbst durch den Mond in den Fischen bei Z\!. vielen Stationen aufgehalten werden, in der Meinung, das Endziel bereits erreicht zu haben. Es begleitet sie durch das Leben eine beängstigende Labilität ihrer mentalen Wegsu­chung, weil nebenher stets eine hohe Anpassungsfähigkeit an Stim­mungen und Gedanken läuft, die a-us der Umgebung einströmen; was aber das Unbarmonische dieser Stellung ausmacht, ist, daß an dieser leichten Anpassungsfähigkeit und der Labilität der Überzeugung wie an einer Krankheit ,gelitten wird, .daß sie dem so Geborenen nicht wie eine Hilfe zuströmt, sandem wie etwas, daran er die Qual des Suchen­müssens immer wieder erlebt, indemihm jedesmal mit gleicher Heftig­keit die Trauer um den Verlust der gestrigen Überzeugung nachgeht. Auch hier handelt es sich wieder um eine für die Entwicklung des Geborenen gefährliche Stellung, und zwar f<1st aus dem entge.gen.ge­setzten Grund, aus dem das Quadrat zwischen Wassermann und Skor­pion mit soviel Gefahren verbunden war, weil sie Verzweiflung und die Waffenstreckung begünstig~, noch ehe der Kampf seinen Höhepunkt erreicht hat.

Die folgenden zwölf Stellungen, die nun zu besprechen sind, stehen zu den bereits kurz. charakterisierten im Verhältnis der Reziprozität: Sonne und Mond vertauschen ihre Plätze.

Es steht zunächst Sonne im Wasserzeichen, der zunehmende Mond in Luft, der abnehmende in Feuer. Erde ist auch hier, wie in den sechs zuletzt besprochenen Fällen, aqs'geschaltet. Das Kampffeld liegt also zwischen Wasser und Luft oder Wasser und Feuer, wobei jetzt das Wasser die Region ist, innerhalb der die Ich-Findung geschehen muß.

Nun haben wir in Tierkreis und Mensch sehr ausführlich über diese Region als. die Region des seelischen Lebens gesprochen; Krebs, Skor­pion und Fisch.e waren uns der »Boden«, auf dem e:in Leben erwuchs, das seine Hauptwerte aus dem Seelischen bezog und den Erlebniser­trag des Wünschens und Begehrens, des Sehrrens und Fürchtens, der Sympathien und Antipathien, der Hoffnungen und Verzweiflungen und aller Leiden mit positivem und negativem Vorzeichen über alles setzte- eine Welt der Träumer, Spieler und Romantiker, deren Le­benssinn es wurde, abseits vc:m den objektiven Realitäten einer gefühl­losen Wirklichkeitswelt auf dem Grund des bis zur Neige geleerten Leidensbechers das eigeQ.e Selbst zu finden, das in der Wirklichkeits­welt da draußen kein ergiebiges Feld. für seine Entwic;:klung finden konnte und darum die Auseinandersetzung mit dieser ·realen Welt so

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DIE QuADRATSTELLUNGEN

lange als möglich von sich wies. So mußte es zu jener Tendenz zum ., Irrealen« kommen, die für alle Wassermenschen so charakteristisch ISt.

Diese Losgelöstheit vom Boden der realen Weltwird uns im Fall der Quadratstellung mit dem Mond noch um so deutlicher werde!), als auch die zweite Natur hier die Verbindung mit »Erde« nicht ermög­licht. Die Schranken, die die zweite Natur hier der ersten entgegenhält, liegen auf dem Luft- und Feuergebiet, die hierdurch miteinbezogen werden in den Lebenskampf des Wassermenschen. Es sind gleichsam zwei ragende Klippen im Meer der Gefühlsregion, an denen das Le­bensschiff des Wassergeborenen zu scheitern droht, wenn sie nicht mit jener Sorgfalt beachtet werden, die der Lebenstaktik des Träumers und Spielers angemessen ist. Die Luftklippe wird die Neigung entstehen lassen, mit dem Gedanken zu spielen oder, um einen allgemein übli­chen Ausdruck zu gebrauchen, »Luftschlösser zu bauen«, die Feuer­klippe, »mit dem Feuer zu spielen«. Dies sind die beiden Gefahren, zugleich aber auch die Probiersteine für die Entwicklung des Wasser­menschen, in dessen Geburtshoroskop das Quadrat zwischen Sonne und Mond besteht.

Wir betrachten zunächst die Quadrate mit dem zunehmenden Mond.

13- Rajas-Quadrat: SoNNE IN KREBS, der zunehmende MoND IN WAAGE (Umkehrung des Falles ro):

Die Luftschlösser, die hier auf dem Boden des Waagezeichens erbaut werden, sind nicht Kunstwerke, da hier das Zeichen des »Künstlers« .1ls Mondort herabgestimmt ist zum Zeichen eines Kunsttalentes, das J urchaus in den Dienst der romantischen Bedürfnisse der ersten Natur gestellt werden muß, und sich so für diese in das Mittel verwandelt, die Umwelt derart umzuillusionieren, daß hierdurch ein künstliches Blendwerk von Täuschungen entsteht, die sich in erster Linie auf die scdische Umwelt und insbesondere aufalldie zahlreichen Menschen hl:ziehen, auf deren seelischen Schutz der Krebsgeborene angewiesen ist. Aber diese illusionskraft- und das ist das Gefahrenmoment dieser Quadratstellung - kann zur völligen Vereinsamung führen, weil sie .mstelle der wirklichen lebendigen Menschen in ihrem Umkreis dieje­nigen zu sehen glaubt, die sie ihretl Wünschen gemäß erschafft. Man bnn es leicht verstehen, daß diese Lebenspraxis, wenn die Illusionen erschüttert werden, seelische Katastrophen der schwersten Art nach sich ziehen kann.

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6. VORTRAG

14. Tamas-Quadrat: SoNNE IN SKORPION, der zunehmende MoND IN

WASSERMANN (Umkehrung des Falles u ):

Hier handelt es sich um eine Kombination, die den besonderen archi­tektonischen Bauplan eines Luftschlosses begünstigt, das einem Palast gleicht, hinter dessen luftigen Mauern der Geborene sich eine Königs­würde enräumt, die er um jeden Preis geheimhalten will, um alle Kräfte seiner astralen Machtausübung zu verschleiern und zu verber­gen. Es liegt hierin eine gewisse Mutlosigkeit im freien Gebrauch der Skorpionkräfte, die sich an dem Gedanken entschädigt, diese Kräfte im höchsten Maß zu besitzen. Man könnte hier von einem furchtsamen »Magier« sprechen, der seine Kraft nur in Gedanken genießt.

Das Disharmonische dieser Quadratstellung offenbart sich haupt­sächlich in dem beständigen Schwanken zwischen den Extremen von Hochmut und Minderwertigkeitsgefühl.

15. Sattwa-Quadrat : SoNNE IN FISCHE, der zunehmende MoND IN

ZwiLLINGE {Umkehrung des Falles u):

Die Schwierigkeiten, die diese Stellung mit sich führt, sind nicht leicht zu verstehen, noch weniger leicht ist es, sie durchzuleben. Zu dep1 Zeichen der seelischen Medialität tritt hier als Vertreter der zweiten Natur das Zeichen der geistigen Medialität. Die Luftschlösser, die hier auf dem leicht zu erschütternden Boden der Zweifelsucht errichtet werden, haben keinerlei Beständigkeit, sie sind wie »die Spreu, die der Wind verweht«, und doch werden sie immer wieder aufs neue aufge­baut, je nach den immer wechselnden Bedürfnissen der mühsam um die Gewinnung des seelischen Schwerpunktes ringenden Fischenatur. Was sich nun aus diesem Wechselspiel ergibt, das ist zunächst eine Lebenspraxis, die man als Gefühlssophistik bezeichnen könnte, d. h. als die Neigung, sich als eine Art Versuchskaninchen im Seelischen zu erleben, mit der geheimen Vorstellung, sein eigener Vivisektor zu sein, der gleichsam unbewußt auf höheren Befehl die Leidensexperimente durchzuführen und zu registrieren hat, um, wenn auch nach tausend Irrwegen, am Ende heimzufinden zur eigenen wahren Natur.

Nun noch die Verbindungen von Wasser und Feuer.

16. Rajas-Quadrat: SONNE IN KREBs, der abnehmende MoND IN WID­

DER (Umkehrung des Falles x):

Hier gesellt sich zu der ersten Natur des Romantikers, die durch die Sonnenstellung gegeben ist, die bereits erwähnte Neigung, mit dem

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DIE QUADRATSTELLUNGEN

reuer ZU spielen, die aber nicht so harmlos ausfällt wie das Luftschlös­scrbauen, weil die Luftschlösser, die man baut, meistens die Umge­bung nicht interessieren, sondern eigene Angelegenheit bleiben. Denn die Luft gehört dem Gedanken, das Feuer dem Willensbereich; was aus diesem strömt, liegt offener zutage als der Gedanke. Nun ist auch hier wieder eine Illusionierung im Gange, die darauf ausgeht, die Impulse, denen man unter dem Einfluß des Mondes im Feuerzeichen gefolgt ist, nachher wenigstens in der Phantasie wieder rückgängig zu machen. Diese seltsame Art der Reue nimmt leicht die Form fruchtloser Selbst­quälerei an. Man könnte sie als die »untatige Reue« bezeichnen; sie ist im wesentlichen darauf gerichtet, die Erinnerung an die eigene morali­s~he Unkraft zu verdrängen. Dieses Vedahren ist jedoch nicht ohne Gefahr für die innere Entwicklung, da die verweigerte Selbstkritik sich in der Folge als eines der schwersten Hindernisse für die Selbstfindung erweist. Hier mag Lenaus Rat am Platz sein:

Kehr' mutig um zu den verlass'nen Bühnen, Die Schl,l}d mit raschem Reueblick zu seh'n; Soll sie dir sterben, eile, sie zu sühnen!

Aber auch dieses Sühnen wird häufig genug in einer wunderlichen Art ins Werk gesetzt, die zu einem geheimen System von Selbstbestrafun­~cn führen kann, das sich vielfach im Unterbewußtsein verbirgt.

17. Tamas-Quadrat: SoNNE IN SKORPION, der abnehmende MoND IN

LöwE (Umkehrung des Falles z):

Diese Stellung ist - schon rein topographisch betrachtet - seltsam: .kdes der beiden Lichter steht in Opposition zum bevorzugten ge­~~hwächten Ort 4es anderen. Die Kräfte der beiden Naturen hinden t•inander gegenseitig, so daß das Resultat verhältnismäßig harmlos .tusf~illt.

Die Skorpionkräfte werden unter dem Einfluß des Mondes im Zei­dwn des Frohsinns und der Lebensfreude aufgehellt und ihres düste­ren Charakters entkleidet; sie widmen sich der Genußfreudigkeit, bei da freilich das Sicherleben im Machtrausch der seelischen Persönlich­keit die wichtigste Rolle spielt. Das »Spiel mit dem Feuer« bezieht sich 111 erster Linie auf alle Leidenschaftsgebiete und nicht zuletzt auf das Erotische. Das Abenteuer lockt. Das Unharmonische dieser Stellung dient der Anstachdung des moralischen Gewissens. »Media in vita in murte sumus.« Der Wermuttropfen im schäumenden Becher der Welt­lu~t.

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6. VoRTRAG

18. Endlieh das Sattw4-Quadrat: SO'N:N.E IN FISCHEN, der abnehmende MoND IN ScHÜTZE (Umkehrung des Falles 3):

Au.ch diese Stellung ist verhältnismäßig harmlos, weil hier das Spiel mit dem Feuer nur ein Spiel bleibt, bei dem man nichts zu verlieren, aber auch nichts zu gewinnen hat. Es geht eben bloß »um die Ehre« oder darum, die Ehre der Fischenatur ohne besondere Anstrengungen vor dem ei-genen Bewußtsein zu retten. Es entsteht hier die Neigung, die Impulse zum Guten und Ethisch-Hohen erfüllt zu sehen) ohne eine andere Anst-rengung als die, jedesmal das hierzu erforderliche Mitleid in sich aufwallen zu fühlen. Es geniigt, nicht etwa das Gute gewollt zu haben, sondern schon sich vorzustellen, daß man es gewollt hat.

Nun ist noch die letzte Gruppe der Sonne-Mond-Quadrate zu bespre­chen, bei der sich Sonne im Erdzeichen, der zunehmende Mond im Feuerzeich-en, der abnehmende im Luftzeichen befindet.

In diesen Fällen wird es sich um eine An Lebenskampf handeln, der durch das Zusammentreffen der im wesentlichen auf die praktische Arbeit gerichteten Tendenzen der Sonnennatur mit solch störenden Tendenzen entsteht, die - entweder aus dem Bereich der Gedanken­welt (Mond im Luftzeichen) oder der Welt der Willensimpulse stam­mend (Mond im Feuerzeichen)- sich der Grundrichtung der ersten Natur feindlich in den Weg stellen. Diese beiden Elemente - das »Ritardando« des Gedankens einerseits und das »Accelerando« der Impulsivität - stören die Tatkraft des mitSonne im Erdzeichengebore­nen Menschen, von deren Entfaltung die S.elbstfindung auf diesem Gebiete so sehr abhängt.

Wir betrachten zunächst die Quadrate des zunehmenden Mondes.

19. Rajas-Quadrat: SoNNE IN STEINBOCK, der zunehmende MoND IN

WioDER (Umkehrung des Falles 4):

Hier wird sich das zielbewußte Handeln des Menschen an seiner Ungeduld brechen. Es wird sich das nach außen hin als Neigung zu übereilter Handlungsweise und zum voreiligen Zugreifen kundgeben. So entstehen Mensche~, denen das Temperament leicht »durchgeht«, die aber hernach darunter leiden und mit diesem Leiden ihre Entwick­lung erkaufen. Solche Menschen zerstören häufig durch die Ungeduld alles das, W<l.S s-ie bis zu diesem unharmonischen Moment zielbewußt und langsam aufgebaut haben, aber sie verlieren niemals den Mut, immer wieder von vorne zu beginnen.

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Dre QuADRATSTELLUI\GEN

20 . Tamas-Quadrat: SONNE IN STIER, der zunehmende MoND IN

LöWE (Umkehrung des Falles 5):

Diese Stellung ist eine Art Gegenstück zum Fall5, Sonne befindet sich an dem bevorzugten Platz des Mondes und umgekehrt.

Hier tritt das Accelerando in einer eigentümlichen Verkappung auf, die fast nach dem Gegenteil aussieht. Es entsteht das Verlangen, die ruhige Arbeit auf abgestecktem Feld allzu häufig zu unterbrechen, um .tlkrlei »Passionen• nachzugehen, die der Ccnu.ßfrcudigkeit der zwei­ten Natur entspringen, oder aus deren Neigung, anderen zuliebe das eigene Arbeitsfeld zu vergessen und sich »verführen« zu lassen. Man unterbricht gerne die Arbeit, um sie sich zu »Versüßen«. Wenn es sonst heißt: Arbeit macht das Leben süß, so könnte es hier heißen: Leben macht die Arbeit süß. Das wäre nicht so schlimm, aber das Disharmo­nische der Stellung führt schließlich fast immer zu schweren Selbstvor­würfen - daß wieder einmal die Arbeit im Stich gelassen wurde .

. u. Sattwa-Quadrat: SoNNE IN JuNGFRAU, der zunehmende MoND IN

ScHÜTZE (Umkehrung des Falles 6):

Hier ist die auf das Prinzip der reinen Zweckmäßigkeit gegründete Arbeit, die dem Menschen durch die Stellung der Sonne aufgegeben ist, insofern erschwert, als gleichzeitig die von der Mondnatur ausgehende Mahnung auf den Plan tritt, stets darauf zu achten, ob das eigene Tun .lUch immer von der allgemeinen M einung sanktioniert werden könne, wobei man jedoch merkwürdigerweise diese gar nicht zu Rate zieht, sondern sich lieber die Vorstellung eines Areopages bildet, dessen Gesetze einer vermeintlichen Gewissensstimme entnommen werden, die der geheimen Sorge ent-springt, etwa moralischen Anstoß zu geben. I )iese Sorge lähmt Jit: Arbeitskraft und erschwert so die Wegfindung i'um eigenen Gesetz. Und wie im Fall 20 die Neigung entstand, die Blicke von der Arbeit weg über die schöne Landschaft schweifen zu l.tssen, so kommt es auch hier zu d em Verlangen, von der Arbeit immer wieder ~u den anderen hinzuschauen, als wollte man sagen: Nicht wahr, ihr seid einverstanden mit meinem Tun?!

Nun noch die Quadrate mit dem abnehmenden Mond.

u. Rajas-Quadrat: SoNNE IN STEINBOCK, der abnehmende MoND IN

W 1\AGE (Umkehrung des Falles 7):

ll icr wird die Härte und Unbeugsamkeit des Steinbockmenschen dun.:h eine Rücksichtnahme gehemmt, die sich ähnlich auswirkt wie

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6. VORTRAG

die Gewissensfurcht im vorigen Fall. Aber die Rücksicht, die hier entsteht, bezieht sich nicht auf die moralische Billigung seines Tuns seitens eines öffentlichen Tribunals, sondern auf die »Schönheit«, so daß hier an Stelle des moralischen ein ästhetischer Wenmesser aller Handlungen tritt, der den Geborenen dazu bestimmt, häßliche Konse­quenzen, die sich hierbei ergeben könnten, nach Möglichkeit von vornherein auszuschließen. Diese Rücksicht auf den »guten Ge­schmack« würde sich hier segensreich auswirken, wäre es nicht eben der allgemeine Geschmack, der, vor dem inneren Forum zum Zensor erhoben, auf den Platz gestellt wird, den das eigene Gewissen einneh­men sollte; die sich hieraus ergebenden inneren Demütigungen ma­chen das Belastende dieser Quadratstellung aus und bedeuten, wenn sie nicht als solche empfunden werden, das schwerste Hemmnis auf dem Weg zum Sonnen-Ich.

23. Tamas-Quadrat: SoNNE IN STIER, der abnehmende MoND IN WAS­SERMANN (Umkehrung des Falles 8):

Diese Stellung hat Ähnlichkeit mit der im Fall8 beschriebenen. Es tritt hier eine sehr merkwürdige Seelenverfassung auf den Plan, die man mit einem scheinbar sinnlosen Ausdruck als Heimweh nach der Fremde bezeichnen könnte oder als das Gefühl, ein Emigrant zu sein, der auf die Frage, wo er eigentlich zu Hause sei, ein wenig beschämt die Antwort schuldig bleibt, weil er genau weiß, daß die anderen ihn nicht verstehen werden. Versteht er doch kaum sich selbst. Seine vermeintli­che Heimat ist ja das Wunderland Utopia. Die Schwierigkeit, die aber nun entsteht, liegt in seiner Neigung, das »Wunder« oder das »Wun­derbare« vom irdischen Alltag zu erwarten, von seinem inneren Alltag, ohne etwas dazuzutun, den Blick für das alltägliche Wunder zu schär­fen. Es soll Beethoven einst den Ausspruch getan haben: Man muß etwas sein, wenn man etwas scheinen will. Aber hier bezieht sich das »scheinen wollen« auf das Forum des eigenen Bewußtseins, und so entsteht auch hier eine gefährliche Neigung zur Dissimulation, die schon fast zur Simulation wird, die eigene Alltäglichkeit für Maske zu halten, für die Maske des »klugen Mannes, der sich trägt, wie andre Leute«. Wer den Mut hat, sich selbst hier unbefangen in die Augen zu sehen, der bat sich von diesem Maskenspuk schon frei gemacht, er bat den Mut gefunden, sich zu seiner ersten Natur zu bekennen.

24. Sattwa-Quadrat: SoNNE IN JuNGFRAU, der abnehmende MoND IN ZwiLLINGE (Umkehrung des Falles 9):

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Du: QuADRATgELLUNGEN

Die Schwierigkeiten, die hier em;stehen_, haben viel Ähnlichkeit mit dem Mißgeschick des Buridanschen Esels, der zwischen zwei Heubün­deln kLäglich ·verhungerte. Das eigentliche Lebensproblem besteht in diesem Fall darin, daß die Gedankenkritik und Pröblemsucht so hoch l'lltwickelt sind, daß daraus die Unfähigkeit entspringt, zwischen zwei Vorteilen eine endgültige Wahl zu treffen, wodurch sich diese in eben­solche Nachteile verwandeln. Der theoretische Verstand wird gegen den praktischen ausgespielt. Hatten die Römer den Grundsatz: sui:n­mum jus - summa injuria, so könnte es hier heißen: summa prudentia - summa stultitia. Der Geborene verbringt sein Leben am Krankenla­~er des »gesunden Menschenverstandes« mit allerhand unnötigen Heil versuchen; aber das richtige Heilmittel wird ·erst gefunden, wenn der J ungfraugeborene, durch ~11 jene Gedankenlabyrinthe gegangen, endlich - wenn auch spät- erkennt, was allein seine wahre Bestim­mung sein kann, derentwegen ihm jenes Quadrat auferlegt wurde: überall den geistigen GeschickJichkeiten, die ihm seine zweite Natur verlieh, der ersten, die ihn auf die fruchtbringende Arbeit. in der r.ealen Welt verweist, niemals untreu zu werden.

Damit beschließen wir die Besprechung der Quadratstellungen zwi­s~hen Sonne und Mond.

Sie gaben uns Kunde von den besonderen Schwierigkeiten, die für die Entwicklung der reinen Sonnennatur daraus erwachsen, daß die vom Mond ins Leben gebrachte Erbveranlagung, die ja die Wegzeh­rung des primären Ich darstellt für dessen Erdenwallen, sich ihm wgleich hindernd. in den Weg stellt, die höchste moralische Kraft herausfordernd; nicht die,se z.u lähmen, sie zu stärken ist der Sinn dieser • Kreuzstellung~.

In den im vor~gen beschriebenen 24 Fällen handelt es sich darum .1m:h nicht um Charakterzeichnungen, sondern um die Schilderung v1 111 Charakterkämpfen als Zwe~;kbestimmung eines »Kreuzes«', das wohl als Zeichensymbol weder dem Sonnen- noch dem Mondzeichen t uKeteilt wurde, aber aus der Quadratstellung beider entsteht, Dieses 1\ r~uz kann keinem, detn es aufgelastet, von fremder Hand abge_nom­mcn werden. Von Jugend auf daran gewöhnt, lerrren die meisten, die 'ci ncn Sinn allmählich erkannt haben, es mehrund mehr lieben, wie ein l<i).~ tliches Geschenk, weil es das Leben jetzt nicht nur nicht mehr vn düstert, sondern ihm den lnhalt verleiht, um dessentwillen es sich l' rst verlohnt zu leben.

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7· VoRTRAG

Es liegt nun die Aufgabe vor uns, die besondere. Bedeutung zu erfor­schen, welche Sonne und Mond für den einzelnen Menschen dadurch gewinnen, daß sie zur Zeit seiner Geburt als kosmische Filter in den Strahlenbereich bestimmter Tierkreiszeichen gestellt sind und so den beiden Komponenten der Ich-Natur des Menschen jene Bestimmung erteilen, die Sinn, Inhalt und Erfüllung seines Erdenwalleus ausmachen soll. Die Einschränkung und Trübung, die durch diese Bestimmung des Menschen wahres Ich erfährt, das nach den Worten des Buddha »jenseits der Schlingen der Maja« ist, betrifft beide Ich-Komponenten, wenn auch jede einzelne in verschiedenem Grad. Das überirdische Ich, durch Sonne repräsentiert, wird von dieser Einschränkung insofern betroffen, als von der Gesamtstrahlung des Tierkreises und damit von der vollkommenen Idee des himmlischen Menschen nur ein Teil für die Formung des Sonnen-Ich zur Auswirkung kommt, nur jenes Zeichen, aus dem die Sonne die Ich-Energien bezieht. Dadurch aber werden das Sonnen-Ich und sein Weg auf ein Elementargebiet und innerhalb des­selben auf eine Modalität beschränkt. So entstehen jene Typen, die wir als Feuer-, Luft-, Wasser- und Erdmenschen beschrieben haben, und innerhalb jeder dieser vier Gruppen die Vertreter eines Tierkreiszei­chens als: Widder-, Löwe-, Schützemenschen etc. Es ist der Stand der Sonne in einem dieser Zeichen, der die Menschen auf Erden zu deren lebendigen Typenvertretern ausbildet, ihnen den Lebenssaft des die­sem Tierkreisabschnitt entsprechenden Organs des himmlischen Men­schen ins H erz impft und mit dem »Herzblut« zu allen Organen des physischen Leibes weiterleitet.

Wenn wir aber nun darangehen, den Einfluß der Sonne in den einzelnen Tierkreiszeichen in bezug auf die Menschenartung zu unter­suchen, dann müßten wir zunächst aJI das, was zur Charakteristik der einzelnen Menschentypen ausgeführt wurde, hier wiederholen. Wir dürfen uns woh[ begreiflicherweise, was diesen Punkt angeht, damit begnügen, auf die entsprechenden Kapitel von Tierkreis und Mensch . zu verwe1sen.

Es wird darum in den nun folgenden vier Vorträgen im wesentlichen darauf ankommen, die Bedeutung des Mondes in den zwölf Zeichen zu erforschen, d. h. zu untersuchen, in welcher Weise sich die Tierkreis-

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ÜER MOND IN DEN ZEICHEN

Strahlung innerhalb der Ich-Natur des Menschen geltend macht, wenn durch sie nicht die erste, sondern die zweite Natur geformt wird.

Welche Veränderungen wird die Charakteristik des Menschen erfah­ren müssen, wenn an die Stelle des Sonnen-Feuer-Menschen der Mond-Feuer-Mensch oder an Jie Stdle U<::s Sonnen-Luft-Menschen der Mond-Luft-Mensch träte etc. oder an die Stelle des Sonnen-Wid­der-Menschen der Mond-Widder-Mensch? Überlegen wir uns, wor­auf es ankommt! Wir haben ja in den vorausgehenden Vorträgen recht ausführlich über das Verhältnis von Sonne und Mond als den beiden Komponenten der Ichwesenheit des Menschen gesprochen. Halten wir uns noch einmal vor Augen, daß wir,, was durch den Mond in unser Leben kommt, ansehen konnten als eine Art Spiegel des Sonnenhaften in uns, der diesem entgegenhält dk zum Erbgut gewordene Chronik aller Mühen, Plagen und lrrüng.en der einst gegangenen und »ver«gan­genen Entwicklungswege nebst den daraus entsprungenen Gewohn­heiten, Geschicklichkeiten und Ungeschicklichkeiten, Talenten und Untalenten- kurz, die Mitgift, die Schatztruhe aller »Fertigkeiten<<; wie es im Deutschen so bezeichnend heißt, mit denen begabt der Mensch geboren wird.

Die Sonne hingegen bezeichnete im Gegensatz zu den Talenten das Genie in uns, den immer weiterstrebenden, in die ferne Zukunft ge­richteten Willen, den ewig »unfertigen«, nicht der Erwerbung von »Fertigkeiten«, sondern der immer höheren, niemals endgültigen Ver­volJkommnung zugewendeten Willen. Und wie die Vergangenheit zum Werkzeug der Zukunft werden soll, so das Talent zum Werkzeug des Genies, .so das Mond-Ich zum Werkzeug des Sonnen-1ch.

Wie aber niemand zu arbeiten vermag ohne das Werkzeug und umgekehr~ das Werkzeug sinnlos wird ohne die kundige Hand, die es benützt, so ist es auch in Ansehung unserer Aufgabe unmöglich, die Bedeutung der beiden Himmelslichter ohne die B.e~chtung ihres Ge­genseitigkeitsverhältnis~es zu untersuchen. Daraus aber ergibt sich bereits der Plan füt die nun folgende Untersuchung.

Wir werden im besonderen die Stellung des Mondes in jedem der zwölf Tierkreis~eichen zu betrachten und sie hernach mit den zwölf möglichen Sonnensteilungen zu verbinden haben, so daß sich hieraus '44 Kombinationen ergeben werden. Nun wurde hierzu im Vorausge­~angenen schon insofern eine Vorarbeit ·geleiste.t, als einzelne Kombi­nationen zwischen Sonne- und Mondstellung in Gestalt der verschie­dcnen Mondphasen im einzelnen untersucht wurden. Dabei handelte t's sich jedoch in erster Linie um die Erleichterung oder Erschwerung

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7· VORTRAG

des Entwickhmgsganges des Menschen in bezog auf den harmonischen Einbau der zweit~ Natur in die erste auf Grund der jeweils bes.tehen­den Mondphase, die als der Ausdruck ein~r bestimmten Winkelstei­lung zwischen den beiden Himmelslichtern gleichsam den Ausblick auf das Spiegelbild des primären Ich in verschiedenen Abstufungen der Verzerrung oder auch der Verschönerung darbot.

Im folgenden jedoch wird es sich nicht darum handeln, Schwierig­keiten oder Erleichterungen des Entwicklungsweges zu erforschen, sondern darum, zu ermitteln, zu welcher Resultante ihres Zusam­menklanges im Menschenbewußtsein die beiden Ich-Naturen hinge­leitet werden, je nachdem, aus welchen Strahlungsfeldern des 'Tierkrei­ses Sonne und Mond ihr Himmelsgut beziehen.

Aber ehe wir an diese Aufgabe herangehen, mögen noch einige Bemerkungen Platz finden, die sich auf die Stellung der Sonne im Tierkreis beziehen. Da ja die Sonne im Laufe eines Jahres die volle Bahn des Tierkreises durchmißt, worauf sich im wesentlichen unsere Zeitrechnung und die Kalendereinteilung gründet, so läßt sich a,us der An,gabe eines bestimmt~n Kalenderdatums, gleichgültig welchen Jah­res, der Stand der S()nne im Tierkreis ermitteln, der Jahr um Jahr .an dems.elben Kalendertag auch annähernd. der gleiche sein muß. Der Übergang der Sonne aus einem Zeichen in das nächs.te findet dem Gregorianischen Kalender zufolge etwa um den 21. jedes Monats statt.

Es durchwandert die Sonne das Zeichen:

Widder Stier Zwillinge Krebs Löwe Jungfrau Waage Skorpion Schütze Steinbock Wassermann Fische

21. März bis 21. April 21 .• April bis 22. Mai 22. Mai bis 22. Juni 22. Juni bis 22. Juli 22. Juli bis 23. August 2J. August bis 23. September 2J. September bis 23. Oktober 23. Oktober bis 22. November 22. November bis 21. Dezember 21. Dezember bis 21. Januar 21. Januar bis 20. Februar 20. Februar bis 21. März*

·~ Das Datum des Zeichenwechsels ist nicht in allen Jahren genau gleich und kann uni einen Tag differieren.

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DER MOND IN DEN ZEICHEN

Sehr häufig wird die Frage aufgeworfen, ob ein Tierkreiszeichen in seiner ganzen Ausdehnung von o bis 30 Grad eine konstante, in allen Graden gleichbleibende Strahlungsart aussende oder ob nicht, ähnlich wie beim Farbenspektrum des Sonnenlichtes, eine stetige Gradation seiner Beschaffenheit statthabe, die sich nach einem bestimmten Ge­setz vom Beginn eines Zeichens bis zum Beginn des nächsten auswirkt, und ob weiter eine- wenn auch sehr kleine- Zone des Überganges !'.wischen zwei benachbarten Zeichen bestehe.

Es würde zu weit führen, auf solche Detailfragen schon in dieser Phase unseres Lehrganges näher einzugehen; einige allgemeine Bemer­kungen zu diesem Gegenstand mögen aber hier Platz finden.

Es ist alte Überlieferung, daß jedes Zeichen die Intensität seiner Elementarfärbung unverändert in seiner ganzen Ausdehnung behält, daß aber die Modalität des Zeichens insofern eine Gradation erfährt, .tls diese nur im ersten Drittel des Zeichens (o bis 10 Grad) in voller Reinheit zutage tritt, während das zweite Drittel eines jeden Zeichens ( 1. 1 bis 20 Grad) eine leichte Änderung der ursprünglichen Modalität aufweist und ebenso auch das letzte Drittel (21 bis 30 Grad), und zwar nach folgendem Schema:

a) Rajas-Zeichen: Erstes Drittel oder »Dekanat« (Abschnitt von 10

Grad): reines Rajas; Zweites Drittel oder »Dekanat«: Rajas mit Ta­mas-Einschlag; Drittes Drittel oder »Dekanat«: Rajas mit Sanwa-Einschlag.

h) Tamas-Zeichen: Erstes Drittel oder »Dekanat«: reines Tamas; Zweites Drittel oder »Dekanat«: Tamas mit Sattwa-Einschlag; Drittes Drittel oder »Dekanat«: Tamas mit Ra­jas-Einschlag.

l·) Sattwa-Zeichen: Erstes Drittel oder »Dekanat«: reines Sattwa; Zweites Drittel oder »Dekanat«: Sattwa mit Ra­jas-Einschlag; Drittes Drittel oder »Dekanat«: Sattwa mit Ta­mas-Einschlag.

Es würde demnach beispielsweise das Zeichen Widder nur in den l'rsten zehn Graden die uns bereits bekannten Merkmale in voller Rt:inheit aufweisen; zwischen elf und zwanzig Graden würde sich diesen Merkmalen eine leichte »Löwe«-Betonung beimengen und in

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7· VoRTRAG

den letzten zehn Graden eine leichte »Schütze«-Betonung oder etwa da,s Zeichen Stier im ersten Dekanat die reine Stier-Charakteristik, im zweiten Dekanat eine leichte »Jungfrau«-Bet_onung und im letzten Dekanat eine Leichte »Steinbock«-Betonung aufweisen usf.

Wir verzeichnen hier diese traditionelle Lehrmeinung der Astrolp­gie, werden ,sie aber, um Verwirrungen hintanzuhalten, einstweilen unberücksichtigt lassen. Was nun die andere Frage nach dem Bestehen einer Übergangs.zone zwischen zwei aufeinanderfolgenden Zeichen angeht, so sei hier festgestellt, daß über diesen Punkt bei den Astrolo­gen verschiedene Meinungen bestehen.

Man dürfte den hier obwaltenden Verhältnissen viellei-cht am näch­sten kommen, wenn man die Grenzen zwischen den Bereichen zweier Zeichen etwa mit den politischen Grenzen zwei'er Staaten vergleic,ht, zwischen welchen es weder eine gesetzlose noch eine gemischt gesetz­liche Zone gibt - und trotzdem besteht hier -zweifellos ein Übergang. Über all diese Fragen wird erst zu einem späteren Zeitpunkt gespro-chen werden. ·

Während .also die Sonnenstellung sich aus der bloßen Angabe des Geburtsdatums mit einiger Genauigkeit feststellen läßt, ist das gleiche in bezug auf die Mondstellung nicht ohne weiteres möglich. Hier ist bereits der Gebrauch von astronomischen Tabellen, der: sogenannten »Ephemeriden«, die die Gestirnung des Himmels für den Mitt~g jedes Tages für jedes Jahr mit absoluter Genauigkeit enthalten, nötig und unerläßlich.

Wir kehr~n nun zu unserer Hauptaufgabe zurück: die Bedeutung des Mondes in den einzelnen Tierkreiszeichen zu erforschen. Um zu dieser Bedeutung zu gelangen, werden wir die Tierkreisemänationeti, wie sie durch die Sonne vermittelt werden, bloß - mathematisch ausgedrückt- mit einem anderen Koeffizienten versehen müssen, mit dem »Mondkoeffizienten«. Es witd sich darum handeln, den prägnan­ten Ausdruck für diesen Koeffizienten zu finden. Erinnern wir tins daran, daß wir in Sonne den Inbegriff unserer ersten Natur, der Natur der Freiheit, im Mond den Inbegriff der zweiten Natur, der Natur der Erbgebundenheit, gesehen haben, erinnern wir uns weiter daran, daß wir sagen konnten: Durch Sonne wollen wir oder, wenn wir dieses Wollen im Sinne unseres moralischen Gewissens erleben, durch Sonne sollen wir, durch Mond aber müssen wir - und daß die Höherentwick­lung des Menschen von ihm verlangt, das Müssen mit dem Sollen zu versöhnen. Was dieses Müssen bedeutet, das versuchten wir uns durch ein Gedankenexperiment klarzumachen, durch das' wir die Sonne aus

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DER MoND IN DEN FEUERZEICHEN.

dem Horoskop eliminierten. Dann würden alle Mens~hen, die solcher­art ihrer Sonne beraubt wären, in den Zwang versetzt, in der bloßen Erinnerungs.masse ihres Erbgutes zu leben, sie würden sich verhalten wie der Mondsüchtig_e, wie ein Kranker, der des freien Gebrauchs seiner Kräfte und vor allem seiner moralischen Ich-Bestimmung be'" raubt wäre. Andererseit-s wieder, wenn wir den Mond durch ein ähnli­ches Gedankenexperiment eliminierten, würden wir einen Zustand des Menschen vor uns haben, bei dem durch die Zerstörung der Gedächt­nisfunktion das Identitätsbewußtsein des eigenen Ich verlorenginge, so daß dieses Ich zum Erleben seiner individuellen Eigenart nicht gelan­gen könnte.

Diesen Zustand der lchlosigkeit oder der noch nicht erfolgten Ich­Erwachung müssen wir in der Geschichte der Menschheit bis zum Eintritt jenes Zeitpunktes voraussetzen, in dem die Aussetzung des Mondes aus der Erde erfolgte (nach okkulter Überlieferung zur Zeit der sogenannten Iemurischen Epoche, während der auch die Ge­schlechtstrennung des bis dahin in se.iner Leiblichkeit doppeltge­schlechtlichen Menschen erfolgte). Die Pubertät, die recht eigentlich im Menschen erst die Beziehuqg zum anderen Geschlecht erweckt, bedeutet für ihn at,1ch die Lebensphase, in der die moralische Ich­Erwachung und der Durchbruch der Sonnennatur beginnt.

Nun wird es nicht mehr schwierig sein, den Mondkoeffizienten durch ein prägnantes Wort zu bezeichnen. Wir wählen, um den inne­ren Zwang zu charakterisieren, in dem uns unsere Mondnatur .gefan­j!;en hält, die an Stelle unserer Freiheit die Versklavung an unsere Erbveranlagung setzt, den Ausdruck »Süchtigkeit«, die· jetzt überall .an Stelle des moralisch verantwortbaren Ausdruckswillens unserer Son­nennatur tritt; Wenn wir alle Eigentümlichkeiten, die wir als Merkmale der einzelnen Tierkreisabs.chnitte entwickeln konnten, mit der Nach­silbe »süchtig« versehen, dann haben wir das wesentlich Unterschei­dende zwischen Sonnen- und Mondstellung gekennzeichnet. Alle Süchtigen stehen wie unter dem Bann einer Zwangsneurose oder einer [iesessenheit; Süchtigkeit ist Besessenheit durch die Mächte der Ver­~angenheit, die Süchtigkeit sucht das entschwundene Licht des gestri­~cn Tages.

Mond im.Feuerzeicben macht also Süchtige des Wollens, im Luftzei­~:hen des Denkens, im Wasserzeichen des Leidens, im Erdzeichen des Tuns. Wir haben so vier Arten der Besessenheit vor uns, die im Feuer­Zt~ichen als eine Art manischer Zustand, im Luftzeichen als eine Art paranoider Zusand, im Was~erzeichen als Traumbefangenheit und im

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7· VoRTRAG

Erdzeichen als eine Artfanatischer Tätigkeitsdrang in Erscheinung tritt. Alle Arten der Besessenheit suchen ruhelos nach etwas, das sie immer

wieder zu denselben Situationen zurückführt, in denen sie schon oft gewesen.

Heute wollen wir uns mit der Stellung des Mondes in den Feuerzei­chen, d. i. in Widder, Lowe und Schütze, befassen. Erinnern wir uns an die Kennworte, die wir seinerzeit für die drei Feuerzeichen prägen konnten: der Streiter, der Sieger, der Überwinder, so haben wir nun vor uns: den Streitsüchtigen, den Siegessüchtigen und den Überwin­dungssüchtigen, in allen Fällen einen Zustand, der nicht der morali­schen Natur des Menschen zugehört, aber von dieser at.Js der Natur des Zeichens heraus, in dem die Sonne steht,. verantwortet werden m:uß.

So schafft der Mond für alle Menschen eine Art moralisches Alibi, das für die Feuerkategorie wohl am schwersten in.s Gewicht fällt, weil es hier unter der Maske der Moralität selbst erscheint. Auf dein Luftge­biet nimmt dieses Alibi die Gestalt einer Loslösung alles Geistigen, im Wasserzeichen alles Gefühlsmäßigen und im Erdzeichen aller Tätig­keitstendenzenaus dem Verantwortungsbereich des Menschen, dem nun die Aufgabe zufällt, all dies ins eine moralische Linie zu leiten und schließlich zu sanktionieren.

DER MoND IN WIDDER

Wir beginnen mit Mond in Widder: der Streitsüchtige. Mit diesem Ausdruck könnte man zusammenfassen, was im Gegensatz zur Son­nennatur des Widdermenschen als Süchtigkeit der MondnatQr im glei­chen Zeichen erscheint. Erinnern wir uns an die Charakteristik des Widderzeichens, an das mächtige Nach-außen-Dringen der Willens­natur, die alle Hindernisse überrennen möchte, lieber an diesen zu scheitern bereit ist, als Zugeständnisse an sie zu machen, feind jeder Lauheit, mit einem Wagemut begabt, der vor nichts zurückschreckt, ein Wegbereiter sich und den anderen, mitten durchs Dickicht Pfade schaffend, die vor ihm nicht d<t waren, ohne Rücksicht auf irgendwel­che Vorteile materieller Art, nur ein ide.elles Ziel vor Augen, kein wirklich erreichtes anerkennend, sondern immer wieder ein neues setzend, Führer oder Verführer im Guten und Bösen, mit dem unzer­störbaren Glauben an eine Mission, um derentwillen das Kleine u:nd

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DER MoND IN WIDDER

Unwichtige nicht geschont werden darf, wenn es dem Größeren und Wichtigeren in den Weg tritt, und schließlich- wo es der kürzere Weg scheint- auch vor Lüge und Verbrechen nicht zurückschreckend usf.

All diese Kennzeichen werden, wenn nun der Mond die Rolle des Überträgers der Widderstrahlung übernimmt, nur im Zustand der Latenz vorhanden sein, aber auch in diesem nicht als moralische, sondern als moralisch indifferente manische Tendenzen, die aus ihrer Latenz erst erwachen, wenn man sie »reizt«, wenn von außen her ein Angr-iff geschieht, der. irgendwie das moralische Bewußtsein des Men­schen trifft, das in jenen Regionen des Tierkreises zu Hause ist, in der die Sonne des Geborenen ihren Ort hat. Dann aber werden qlle jene Energien der Angriffsbereitschaft und der Hemmungslosigkeit auf den Plan treten, um in den Dienst einer manisch erregten Abwehr gestellt zu werden. Wir werden die:ser streitbaren Verteidigungssucht auf allen vier Gebieten des Physischen, Seelischen, Geistigen und Mor-alischen begegnen, jedoch mit einer ganz bes,onderen Empfindlichkeit :i!uf je­nem Gebiet, das der Sonnenstellung eiitspricht. Im Physischen bezieht sich diese streitbare Verteidigungsbereitschaft zunächst auf den Kör­per. Dieser verträgt es nicht, wenn man ihm zu nahe kommt, er ist schon in bezug auf den Platz, den er, rein physisch betrachtet, ein­nimmt, derart empfindlich, daß er bereits jede zu. weit gehende Annä­herung als einen Versuch :ansieht, ihn zu verdrängen. Im Seelischen zeigt sich eine ähnliche Verfassung. Solange der Mensch mit Mond im Widder sich in seinen Gefühlsinteressen nicht beeinträchtigt glaubt, bleibt auch die Streitsucht verborgen; sieht er sich jedoch verletzt, dann ist er sofort bereit; jede Verletzung mit einer heftigeren zu beant­worten. In geistiger Beziehung treffen wir hier eine bemerkenswert ~eringe Assimilationsfähigkeit an die fremde Mentalität an; es kann leicht geschehen, daß das fremd~, anders geartete Denken schon als Beleidigung des eigenen aufgefaßt wird, als würde das Ansinnen, an­ders denken zu sollen, den Vorwurf der geistigen oder moralischen Minderwertigkeit enthalten. In ethischer Beziehung begegnen w:ir hier ~anz ähnlichen Erscheinu!)gen der Intransigenz.

Sich nichts gefallen lassen, \lnter allen Umständen lieber Hammerals 1\ m boß sein, ist d~r Lebensgrunds atz, den d.er Mond im Widder '"l"rtntt.

Wir haben nun die Stellung des Mondes im Widder mit den zwölf Soru1enstellungen in den einzelnen Tierkreiszeichen zu verbinden.

Die nun folgenden kurzen Skizzen sind nicht dazu bestimmt, als t :harakterbilder genommen zu werden eder garals Verschmelzungser-

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7· VORTRAG

gebnisse der beiden Ich-Naturen im Menschen, deren Eigenart als Sonnen- und Mondnatur s.o ausführlich als möglich zu beschreiben und in Einzeldarstellungen zu schildern unsere eigentliche und wich­tigste Aufgabe bleibt.

Was aber den eigentlichen Zweck der I44 im folgenden zu gebenden kurzen Darstellungen der Kombinationen der Sonnen- und Mondstei­lungen bilden soll, das ist die Schilderung der psychologischen Sima­tion, in der der Mensch unter dem Einfluß jener Tierkreisabschnitte, deren Strahlung ihm die beiden Himmelslichter zubringen, sich zu­nächst antrifft, in den Entwicklungskampf zwischen Erbnötigung und moralischem Freiheitsimpuls hineingestellt, seinen Weg suchend aus Zwiespältigkeit zur Einheit seines Wesens. Dieser Entwicklungskampf muß ausgefochten werden, gleichgültig, ob der Mensch, dem er aufer·­legt ist, noch auf niedriger oderhoher Stufe steht~ ob er reich oder arm, schön oder häßlich, gut oder böse, gelehrt oder unwissend ist, bedeu­tend oder »unbedeutend« ... gl~ichgültig ·auch, ob die Äußerungen seines Entwicklungskampfes im Kleinen und Kleinlichen oder im Gro­ßen und »Wichtigen« zutage treten. Wie immer diese Entwicklung des Menschen verläuft - es bleibt ihr eigentlicher Motor die innere Rei­bung zwischen den beiden Ich-Naturen.

Nun hat an dieser Entwicklung als wesentlicher Faktor aber noch die durch den Aszendenten gegebene Grenzlinie zwischen oben und unten teil, sobald diese sich an den Wirklichkeiten des Lebens und deren Einfügung in das irdische Arbeitsfeld zu erproben beginnt. Nehmen wir noch hinzu, daß auch die übrigen Planeten - wenn auch nur indirekt - die Ichwesenheit des Menschen insofern mitmodellie­ren, als sich durch ihre Aspektbeziehungen zu den Himmelslichtem der Intensität~grad jener Reibung wesentlich ausgestaltet, verschärft oder auch milden, dann wird deutlich, daß die folgenden kleinen Skizzen nur das Allgemeinste des Reibungserlebnisses zwischen den beiden Ich-Gestalten enthalten düden. Nur in diesem Sinne sollen und dürfen sie verstanden werden.

SoNNE IN WIDDER (unter Umständen eine Konjunktionsstellung): Tritt zu den oben geschilderten Merkmalen cies Streitsüchtigen auch noch die primäre Widderveranlagung hinzu, dann übersteigern sich .alle Eigentümlichkeiten der Widdernatur in einem Grad,. der es dem Geborenen besonders schwermacht, den Weg zur Selbstkritik zu fin­den, so daß sein Leben angefüllt ist mit Answßgeben und Anstoßneb­men. Man flieht den Blick in den Spiegel und schiebt liebet den anderen als sich die Verantwortung an allem Mißlichen zu.

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DER MOND IN WIDDER

SoNNE IN STIER: Eine seltsame Stellung, jeder Planet steht im Zei­~:hen der Erhöhung des anderen und will diesen in seinem Sinn beein­flussen. Die Verlockungen seitens der zweiten Natur dienen nur dazu, die erste um so intensiver in ihrem Gegensatz zur zweiten zu empfin­den und umgekehrt. Man fühlt die Tragik der Ketten seiner konservati­ven Grundeinstellung. Der Ausdruck »reizbare Schwäche« könnte vielleicht diese Seelenverfassung am besten kennzeichnen.

SoNNE IN ZwiLLINGE (unter Umständen eine Sextilstellung): Der Sucher, Versucher, Zweifler und Kritiker wird hier durch die Mond­stellung in seinem Bestreben, verschiedene geistige Wege zugleich zu J.;t:hen, steLs ennuhtert, die jeweils eingeschlag.ene Richtung mit dem Einsatz seiner ganzen Energie zu verfolgen, als wäre es die einzige Richtung. Die gestrige Wahrheit verblaßt vor der Kraft der heutigen.

Im Fall der Sextilstellung wird es dem Geborenen leichter möglich, eine Entwicklungsrichtung zu finden, durch die die beiden Ich-Kom­ponenten zu einem höheren Grad der Vollkommenheit und zu einer harmonischeren Gesamtwirkung gebracht werden. Das gilt auch für alle folgenden Fälle von Sextil- oder Trigonstellung.

SoNNE IN KREBS (unter Umständen eine Quadratstellung, vgl. Fall 16): Hier tritt wieder ein Zustand ein, bei dem, ähnlich wie Sonne in Stier, stark unter der primären Veranlagung gelitten wird; die seelische Empfindlichkeit wird leicht zu einer Quelle von Leiden, die nicht durch die Aggressivitätder Mondnatur abreagiertwerden können. Die l'igentümliche Vertauschung der natürlichen Wirkungsfelder von Sonne und Mond kann hier zu einer seelischen Desorientierung füh­rt•n, der zufolge sich die Neigung entwickelt, sich in hohem Grad für .11le Entgleisungen und die daraus folgenden Konsequenzen verant­wortlich zu fühlen, so daß eine Form ds »Leidens am eigenen Wesen« t•n tsteh t, die wie ein geheimer Reueakt aussieht, der seine Kraft in einer 'chsam feindlichen Weise gegen das eigene Ich kehrt; hier entsteht so lüufig die von Freud so trefflich erkannte Tendenz, sich selbst zu 'rh~tden, aJs Ausdruck eines unterbewußt bleibenden moralischen Protestes der ersten gegen die zweite Natur.

SoNNE IN LöwE (unter Umständen ein Trigon): Eine harmonische Stdlung (Sonne im eigenen Zeichen, Mond im Zeichen der Erhöhung der Sonne), da hier die sieghafte Sonnennatur zu der Streitbarkeit der Mundnatur die überlegene R uhe eines Lebensoptimismus fügt, der in 't•i nem Lebensprogramm auch die Freude am Glück des andem ein­whließt. Die Lanzen, die hier gebrochen werden, dienen der Verteidi­~~~n~ gegen alles, was das Leben zu verdüstern geeignet wäre.

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7· VORTRAG

SoNNE IN J u N GFRAU: Die aggressiven Tendenzen, die durch die Mondstellung gegeben sind, werden hier in die Verteidigungsstellung gedrängt und dienen der sorgsamen Abwehrall dessen, was als unge­sund und schädlich, weil nicht in der Richtung der eigenen Natur gelegen erkannt wird. Hier könnte man i.m Gegensatz zur ••reizbaren Schwäche« von einer reizbaren Prophylaxe sprechen, der nur im äu­ßersten Fall der Hieb, der angeblich die beste Parade darstellt, als die ultima ratio erscheint.

SONNE IN WAAGE: Hier kann es zu einer Oppositionsstellung kom­men, die sich wie das Gegenteil des österlichen VoUmonds ausnimmt. Der Hang des Waagemenschen zur Beschaulichkeit, sein Schönheits­sinn und vor allem seine Abneigung gegen alles aktive Eingreifen sieht sich einer Veranlagung gegenüber, die die geistige Ruhe bedroht und die stärksten moralischen Anfechtungen mit sich führt, die den Waage­geborenen häufig genug in die Lage bringen, sich wieder einmal »hin­reißen zu lassen« und es nachher bereuen zu müssen, seiner ersten Natur untreu geworden zu sein. Die Situation, die hier entsteht, ist um so schwieriger, als Sonne in der Waage, d. i. in Opposition zum Zeichen ihrer Erhöhung, mit wesendich :abgeblaßter Energie auftritt, wodurch der Geborene den Versuchungen, die Gelassenheit seines Wesens zum eigenen Schaden aufzugeben, besonders ausgesetzt ist.

SoNNE IN SKORPION: Die Sonne steht im Zeichen der Mondschwä­chung (Skorpion, das dem Ort der Monderhöhung [Stier] opponierte Zeichen), der Mond im Zeichen der Sonnenstärkung. Aus der primä­ren Skorpionveranlagung ergibt sich hier eine besondere Form der Streitsüchtigkeit: »die Eifersucht« im Dienst des eigenen seelischen Macbtbedürfnisses; man ist im Lebenskrieg sein eigener Feldherr, der schwer dazu zu bringen ist, einen Rivalen zu dulden. Diese Konstella­tion wirkt um so nachhaltiger, als durch sie die beiden Marszeichen miteinander verbunden werden.

SoNNE IN ScHÜTZE (unter Umständen eine Trigonstellung): Auch hier besteht die Neigung, sich zu ereifern, aber nicht für die eigenen Machtinteressen, sondern für die Ideen der Sittlichkeit und das sittliche Ideal, verbunden mit einer an Intoleranz. grenzenden Strenge in der moralischen Beurteilung anderer.

SoNNE IN STEINBOCK (unter Umständen eine QuadratStellung, vgl. Fall 19): Die Sonne steht im Oppositionsort des Mondzeichens. Die Mondnatur stört hier die geduldige, zielbewußte Arbeit des Steinbock­menschen durch Impulse der Hast und Ungeduld und macht sich in Gestalt eines quälenden Ehrgeizes bemerkbar, dem Ruhm und Aner-

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DER MoNo IN LöWE

kennungoft höher gelten als das unternommene Werk. Aber die erste Natur strebt immer wieder danach, sich mit aller ihr eigenen Zähigkeit und Zielbewußtheit durchzusetzen, um so, was etwa die zweite ver­dirbt oder gar zerstört, wiederherzustellen.

SoNNE IN WASSERMANN (unter Umständen eine Sextilstellung): Sonne im Oppositionsort zu ihrem eigenen Zeichen, geschwächt. Die Neigung des Wassermannmenschen, die Vorstellung von der Einzig­artigkeit und dem geistigen Adel seines Wesens zu verbergen, drängt die zweite Natur in die Rolle eines überempfindlichen Verteidigers der ersten. Was hier entsteht, ist eine Art Lebenstrotz, hinter dem sich die Starrheit einer durchaus komprornißlosen geistigen Eigenart ver­st:hanzt.

SONNE IN FisCHEN: Die Kräfte der Mondnatur stehen im Dienst l'iner zum Leiden berufenen primären Veranlagung, die schwer mit der »Streitsucht« in Einklang zu bringen ist, da diese jetzt einer gehar­nischten Verteidigung der »Fisch«ehre dienen muß, die in diesem Fall l'ine besondere Empfindlichkeit gegen alles aufweist, was als roher Eingriff in die so sehr schutz- und schonungsbedürftige, ewig kindhaft unschuldige, mitleidsvolle, opferbereite Seelennatur gedeutet werden könnte. Hier handelt es sich nicht um reizbare Schwäche, sondern eher um eine reizbare Seelenprophylaxe, die aber stets zu spät kommt.

DER MoND IN LöWE

l.öwe war uns das Zeichen des Siegers. Lassen wir die dort gegebene Charakteristik des Tamas-Zeichens der Feuerqualität kurz an un s vor­überziehen, des Zeichens der stärksten Lebensbejahung, der urvitalen 1:reude am Leben und Dasein und dem in diesem Dasein ,ruhenden inneren Glück, verbunden mit dem steten Bewußtsein, nicht nur dieses ( ; 1 ückes Quell in sich zu haben, sondern es auch auf andere überströ­llll'n zu Jassen. Erinnern wir uns ferner an weitere Kennzeichen der l .iiwenatur, als: Selbstgefühl und Stolz nebst dem Freiheitsgefühl einer weitgehenden seelischen Unabhängigkeit von der Umgebung, die nur ~l·braucht wird, um sie an dem eigenen Glück teilnehmen zu lassen, und ganz besonders an die Lebenseinstellung, die für alles Schwarze, I >üstere und Unheilvolle unempfindlich, dafür aber um so mehr aufge­'rhlossen ist für alles Helle, Freudige und Schöne. Denken wir weiter .111 die immer bestehende Abneigung, in die Tiefen seelischer Konflikte hinabzusteigen, weil der helle Blick über diese Abgründe hinweg-

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. VORTRAG

schauend wohl die Siegerfreude nach beendetem Seelenkampf, nicht aber dessen Qualen zu schauen bereit ist; an das überlegene Mitleid für die anders gearteten Menschen, die sich in Seelenkämpfen verzehren, an die Großzügigkeit, die leicht über die fremden, aber auch die eigenen Schwächen hinweggleitet, und schließlich an die eigenartige, durchaus sonnige Lebensphilsophie, die wir als eine Art Kompromiß zwischen Stoizismus und Epikureismus bezeichnen konnten. Erin­nern wir uns ferner noch an die dankbare Zugänglichkeit für jedes Lob und jede Schmeichelei usf.

Wenn wir nunalldas seinerzeit über das Löwezeichen Ausgeführte auf die zweite Natur des Menschen anwenden, dann gelangen wir wieder zu e.iner besonderen Art der Süchtigkeit, die wir wohl am besten im Gegensatz zur Lebensfreude oder Lebensbejahung als Le­benslüsternheit bezeichnen dürfen. Diese Lebenslüsternheit durch­setzt alle Lebensgebiete wie ein beständiges Memento vivere und macht unersättlich in bezug auf alle Genüsse des Leibes, der Seele und des Geistes. So erweist sich die Mondnatur als ein wesentliches Ge­schmackskorrigens aller bitteren Medizinen des Lebens, als geeignet, das Leben »süßer« zu gestalten als jede Arbeit. Kein Wunder, daß man es leicht hat, mit dieser Veranlagung beliebt zu werden, weil der mit ihr gegebene Leichtsinn, den anderen auch nur in homöopathischen Do­sen eingeflößt, wirkt wie der sorgenbrechende Wein. Ähnlich nun, wie sich Lebens- und Daseinsfreude der Sonnennatur des Löwen umwan­delt in Lebenslüsternheit oder Leichtlebigkeit, wenn es dem Mond gilt, wandeltsich die stolze Würde in Geltungslüsternheit, das Siegerturn in das Anhängen an die Siegergeste, die Aufgeschlossenheit für alles Helle, Freudige und Schöne in das Verlangen, sich in allem zu sonnen, was Licht, Glanz und Wärme verbreitet, wozu auch das Sichsonnen im Glanz bedeutender oder berühmter Persönlichkeiten gehört; Verlan­gen nach Lob und Würdigung, Eitelkeit erscheinen in der milderen Form einer mehr chronischen N eigung hierzu, die Kraft, Glück zu spenden, als die sogenannte »Gemütlichkeit«.

Wir wollen nun wieder die Stellung des Mondes im Löwen mit den zwölf Sonnenstellungen verbinden.

SONNE IN WIDDER (unter Umständen eine Trigonstellung): Es be­steht ein hochentwickeltes Selbstvertrauen, ein starker Glaube an die eigene Kraft nebst dem Verlangen, dies auch den andern zum Bewußt­sein zu bringen; der Geborene ist nicht geneigt, sein Licht unter den Scheffel zu stellen oder sich von andern verdrängen zu lassen, er nimmt

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DER MoND rN LöwE

gerne, was ihm gebührt, und ist auch jederzeit bereit, es zu fordern, er ist kein Verzichter; sein hohes Sdbstverlrauen hindert ihn aber nicht, Ruhm und Beifall zu lieben; doch vermeidet er es, sich mit sich selbst kritisch zu befassen; noch weniger verträgt er es, von andern kritisiert zu werden, und wünscht nicht, seine Schwächen aufgedeckt zu sehen.

SoNNE IN STIER (zuweilen eine Quadratstellung, vgl. Fall 20): Hier entsteht die Neigung, ein wenig über die Schnur zu hauen und die durch die erste Natur gezogenen Grenzen zu überschreiten, sozusagen über die eigenen Verhältnisse zu leben und beim Lebensoptimismus der Mondnatur langfristige Anleihen aufzunehmen, um den Schuld­schein des Glücks, solange es geht, zu prolongieren und so den Schein t·iner Art epikureischer Lebenskunst vor sich selbst immer wieder aufrechtzuerhalten.

SoNNE IN ZwiLLINGE (unter Umständen auch ein Sextil): Die durch Jie Sonnenstellung gegebene kritische Veranlagung erfaßt auch die so lebenswichtige zweite Natur, so daß hier das ganz im Sinne des Zwil­lingscharakters gelegene Paradoxon eintritt, wie Eulenspiegel im Glück zu weinen und im Unglück zu lachen oder vor der zweiten Natur zu kapitulieren, um die Flucht in die Oberflächlichkeit anzutre­lcn und diese zur Lebensphilosophie zu erheben.

SoNNE TN KREBS: Eine eigentümliche Vertauschung der natürlichen Planetenorte: Mond im Sonnenzeichen und Sonne im Mondzeichen. Der Charakter des Geborenen schwankt zwischen der Bejahung der t·rsten und zweiten Natur, so daß die Neigung entsteht, beide gleich­mäßig auszubilden und den wechselseitigen Kampf um den Vorrang so lange als möglich nicht zur Entscheidung kommen zu lassen. Der Umstand, daß Sonne und Mond gleichzeitig auch Geschlechtscharak­tere im Sinne Weiningers bedeuten, führt zu einer we!:entlichen Ab­\l'hwächung ihrer Polaritäten. In der Selbstschau gibt sich dies in der W<!ise kund, daß das Weibliche vermännlicht und das Männliche ver­weiblicht wird, wodurch sich eine Art scheinbares inner~s Gleich­~cwicht herstellt, das vielfach sogar 11-ngenehm empfunden wird, aber l"ntwicklungshernmend wirkt. Pessimismus (Wasser) und Optimismus ( I :euer) sind gleichfalls beteiligt am Aufbau der Lebenseinstellung. Die l·rste Natur weist den Geborenen auf all das hin, was die zweite uhersehen möchte. Man kann erwarten, daß eine starke Einfügsamkeit 111 die Vielgestaltigkeit der Beziehungen zur Umwelt durch diese Std­lung mitgegeben wird; man hat es leicht, einmal seine Sonnen- und l·inmal seine Mondnatur mitsprechen zu lassen. Das kann schließlich 111 einer weitgehenden Verwasebenheit des Charakterbildes führen.

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z. VORTRAG

»Man weiß nicht, ob man ein Manndl oder ein Weibl ist«, pflegt der Volksmund zu sagen.

SoNNE IN LöWE (unter Umständen eine Konjunktionsstellung): Eine überaus starke Stellung, welche die Löwennatur in Reinkultur erscheinen läßt. Sie verleiht die Merkmale der »Großartigkeit« des Wesens in Verbindung mit allen Anzeichen einer würdevollen Zufrie­denheit mit sich selbst, die auch hier wieder hart an Kritiklosigkeit grenzt. Es liegt etwas »Königliches« im Auftreten des Geborenen, der überhaupt stark zu Superlativen aller Art neigt- es ist, als würde er das Leben in einer Art »Pluralis majestatis« erleben; die Neigung zu aus­schmückenden Übertreibungen dient dem Verlangen, alles, was ihm begegnet und sein Interesse in Anspruch nimmt, mit der entsprechen­den Wichtigkeit auszustatten. Es ist alles bedeutungsvoll, was er erlebt und sucht, am bedeutungsvollsten aber der Platz, den er im Projek­tionsfeld seines eigenen Bewußtseins einnimmt. Trotzdem ist man imstande, viel Licht und wohltuende Wärme um sich zu verbreiten.

SoNNE IN JuNGFRAU: Diese Konstellation führt eine Reihe von Schwierigkeiten mit sich, die sich aus dem Widerspruch zwischen der wesentlich auf Nützlichkeit und Selbstbeschränkung, ja geradezu auf Nüchternheilt eingestellten primären Veranlagung und der vielleicht­blütigeren zweiten Natur ergeben, da diese stets dazu verführen will, die Grenzen des natürlichen Lebensbudgets zu überschreiten. Dies führt in vielen Fällen dazu, sich in der Fähigkeit der Selbstbeschrän­kung gegenüber den Verlockungen des Leichtsinns allzu großartig vorzukommen und den Wert des eigenen Wesens im Vergleich mit andern Menschen zu überschätzen, noch häufiger aber dazu, die ande­ren weniger »vor«sichtigen Naturen heimlich zu beneiden und gleich­zeitig ein wenig herabzusetzen, weil man sich oft genug zu gut vor­kommt für etwas, wofür die anderen gerade »gut genug• sind. Man sieht gerne die anderen mit einer gewissen überlegenen Nachsicht wegen derselben Dinge an, derentwegen man sich selbst gegenüber gar nicht nachsichtig zu sein braucht, und man ist gerne bereit, den ande­ren sogar zu verzeihen, wenn sie so sind, wie man selbst ist. Die an sich eher unharmonische Stellung harmonisch umzuwandeln, ist reichlich Gelegenheit gegeben - nur der erste Anlauf ist schwierig.

SoNNE IN WAAGE (unter Umständen ein Sextil): Die Sonne ist ge­schwächt, der Mond gewinnt hierdurch an Kraft. Die Stellung ist eher harmonisch, weil sich hier der künstlerische Sinn der Sonnennatur mit der schwelgerischen Seite der Mondnatur angenehm verbindet. Diese Kombinationmacht die Men~chen überhaupt zur Nachsicht geneigt.

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DER MOND IN LöwE

Es tritt eine gewisse Bequemlichkeit auf im Widerstand gegenüber allen Verlockungen: Es macht nichts, einmal ist keinmal. Man ist sehr leicht zu verleiten, und hat man sich verleiten lassen, so sind es niemals ,. böse« Buben, die einen verlockt haben; man ist eben kein Spielverder­ber, ist geneigt, mitzutun und gerne überall dabei, wo es der Lebensbe­jahung gilt. Stellt sich später heraus, daß das, was auf solche Art getan wurde, sich vor der nachträglichen Erwägung nicht rechtfertigen läßt, so ist dies wohl unangenehm, aber man vergißt es leicht, und das nächste Mal geschieht dasselbe.

SoNNE IN SKORPION (unter Umständen eine Quadratstellung): Wir haben schon darauf hingewiesen, daß diese Stellung viel von dem Charakter des Skorpions mildert und die Geltungssucht im Seelischen, die ja meist einen düsteren Charakter hat, erhellt, erwärmt und harm­los gestaltet. Was sich hier ergibt, ist wieder eine Süchtigkeit, die man am ehesten als Gefallsucht oder eine doch immerhin herausfordernde Eitelkeit bezeichnen könnte. Es ist eine Neigung vorhanden, sich im Gefangensein in der Lebensbejahung selbst immer so zu erleben, daß man diegewagtesten Exkursionen, die nicht selten experimentierenden Charakter annehmen, unternimmt, um die Kraft der ersten Natur immer wieder bestätigt zu sehen. Hierdurch entsteht eine gewisse Abenteuerlust, die das gesamte Leben durchzieht (Spiel mit dem Feuer).

SoNNE IN ScHÜTZE {unter Umständen ein Trigon): Wir sehen da Menschentypen entstehen, die man als Opportunisten bezeichnen könnte; Menschen, die einen Weg suchen, die ethischen Forderungen des kategorischen Imperativs mit den Annehmlichkeiten des Lebens auszugleichen. Wir haben also diesmal nicht düstere Sittlichkeitsfana­riker vor uns, sondern Menschen, die gerne nachsichtig und darum ;\Uch jederzeit geneigt sind, etwas Wasser in den herben Wein der Pflicht zu tun.

SoNNE IN STEINBOCK: Es besteht hier ein gewisser Gegensatz zwi­s~:hen dem düsteren Ernst, der das Zeichen Steinbock umgibt, und der freudebejahenden Komponente, der Lebenslüsternheit. So geartete Menschen haben sehr viel Sinn für das, was Goethe im Schatzgräber als l.ebenswahlspruch verkündet: Tages Arbeit, abends Gäste, saure Wo­~hcn, frohe Feste. Es geht hier um das Bestreben, an solchen Feiertagen ~i ~:h selbst dadurch mitzugenießen, daß man die Berechtigung zu die­Sl'm Feierabend von den anderen bestätigt sieht. Diesen Feierabend bereitet man sich durch die wohlverdiente Befriedigung des Ehrgeizes in Form von Anerkennung, um die man so sehr bemüht ist. Man kann

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ohne diese Anerkennung seitens der andern seine Steinbocknatur nicht ausleben; man ist auf sie angewiesen. Das hat freilich zur Vorausset­zung, daß man andern die Früchte seiner Arbeit in einem Grad zugäng­lich machen kann, der eben diese Anerkennung erzwingt. Man muß also entweder mit seiner Arbeit in die Öffentlichkeit gehen oder einen Kreis um sich scharen, der die abendlichen Gäste stellt.

SONNE IN WASSERMANN (unter Umständen eine Oppositionsstel­lung): Die Schwächung der Sonne in diesem Zeichen verleiht dem Mond fast die Bedeutung einer zweiten Sonne, die die mehr theore­tische Grundrichtung der ersten Natur durchwärmt und lebensvoll zu gestalten bemüht ist. Die Lebenssüchtigkeit kann hier ersetzen helfen, was der ersten N atur an Lebenswärme abgeht, und dem theoretischen Ideal eines Kusses, der »der ganzen Welt« gilt, die Freude einer höchst persönlichen Liebe entgegenhalten, die nicht dem Fernsten, sondern dem jeweils Nächsten gilt- man kann es mit dieser Stellung lernen, auf dem Umweg der theoretischen Menschenliebe die konkrete zu finden.

SONNE IN FrscHEN: Zunächst bedeutet die Bejahung aller Lebens­triebe in ihrer Verbindung mit der medialen Neigung, sich aufzulösen, für den Geborenen eine gewisse Gefahr des Sichverlierens an ober­flächliche Genüsse. Man kann vielleicht in diesem Fall fast von Virtuo­sen der Oberflächlichkeit sprechen, mit Rücksicht auf die Verwertung der Lustkomponente. Das bringt eine bis zur Auslöschung des eigenen Lebens gehende Anpassungsfähigkeit mit sieb für jede Art des Vergnü­gens und in diesem Zusammenhang auch an Menschen aller Katego­rien. In diesem Sinne könnte man von Aposteln der Lust sprechen. Es entstehen hier Menschen, die ungeheuer dankbar sind für jeden Lust­gewinn, den sie aus dem Leben beziehen. So geartete Menschen schla­gen begreiflicherweise eine Lebenstaktik ein, die es ihnen ermöglicht, überall lieb Kind zu sein, solange es geht. Die Schattenseite dieser Stellung liegt jedoch darin, daß die im obigen gekennzeichnete Veräu­ßerlichung, die einem Wegschenken des Ich gleicht, hinterher als De­gradation empfunden werden muß. Auch hier werden wir, ähnlich wie bei der Stellung von Sonne im Krebs und Mond im Löwen,.. etwas von der Verwasebenheit der Hauptcharaktere antreffen. Nur wird hier das Dilemma nicht lauten: bin ich ein Mann oder ein Weib, sondern: bin ich ein Spielzeug der andern oder bin ich auch selbst jemand? Die Angst, Spielzeug zu werden, wird hier die treibende Kraft der inneren Entwicklung sein, die ja für jeden, der mit Sonne in Fischen geboren ist, das Geheimnis seines Lebens ist.

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DER MoND IN ScHÜTZE

Um die Charakteristik, die diese Stellung des Mondes mit sich führt, zu verstehen, müssen wir uns zunächst wieder an die allgemeinen Merk­male des Schützezeichens erinnern, das wir ja das Zeichen des Über­winders genannt haben, des Menschen, dem die Aufgabe zuteil wurde, sein niedrigeres, erd- und erbbefangenes Ich durch die Aufnahme des göttlichen Willens in das bewußte Wollen seines höheren Ich zu über­winden. Im Bild des Kentauren erkannten wir den symbolischen Aus­druck für diese Zügelung des niedrigeren, noch unerleuchteten, dunk­len Dranges und seine Einordnung in den göttlich inspirierten Willen, der durch die Kraft solcher Inspiration das Gesetz dieser Einordnung empfängt - das moralische Gesetz, das in der Welt das höchste der Gesetze darstellt. Diese moralische Inspiration gibt sich in der Seele als die religiöse Intuition kund und schafft unmittelbar den Weg zur Gottverbundenheit. Hieraus ergaben sich nun die weiteren Merkmale der Schützenatur, auf die wir hier nicht mehr ausführlich eingehen können.

Wenn wir nun all das, was wir bei diesem Anlaß als der Schützever­anlagung zugehörig erkannt haben, auf die zweite, die Mondnatur, anwenden, dann verwandelt sich zunächst die »moralische Intuition«, die den Menschen zum Vollstrecker und Werkzeug einer göttlichen Ordnung macht, wie Laotse sie in seinem 27. Spruch darstellt, in merkwürdiger Weise. Es ist ja das Wesen dieser moralischen Intuition, daß durch sie vor dem Forum des Gewissens alles Wollen die Gestalt des »Sollens« annehmen muß, die Form, in der sich der göttliche Wille im Widerschein des menschlichen erlebt.

Dieses Sollen übernimmt nun die zweite Natur von der ersten, jedoch ohne die moralische Intuition, durch die es erst seinen ethischen Sinn erhielte. So kommt es, daß, was die Sonne im Schützen unmittel­oar gewährt, dem Menschen durch den Mond nur in mittelbarer Form i'.ufälh, so daß es hier geradezu zu einer Entstellungall dessen kommen kann, was zur primären Schützeveranlagung gehört. Es-verführt der Mond im Schützen den Geborenen dazu, alle Willensimpulse, dle sich aus seiner Sonnenstellung ergeben, als den Ausdruck seiner ethischen Intuition anzusehen, so daß er sich dem Glauben hingibt, in sich eine Art unfehlbares Orakel zu tragen, das zu ihm spricht, wie des Sokrates Uaimonion oder der Pythia Stimme. Dies flößt dem Geborenen häufig ~cnug eine gewisse Ehrfurcht vor sich selbst ein, die sich bis zum Kult der eigenen Persönlichkeit steigern kann. Daraus erklärt sich auch -

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7· VoRTRAG

und damit kommen wir zu dem »wunden Punkt<< dieser Mondkonstel­lation- die so häufig zu beobachtende Reizbarkeit, die überall auf den Plan tritt, wo Zweifel an dem inneren Wert dieses Orakels auftauchen. Diesem wunden Punkt zuliebe werden nicht selten die eigenen morali­schen Grundsätze hinter den allgemein geltenden verborgen, um nicht das intimste Geheimnis der Mondnatur preisgeben zu müssen.

Wir wollen nun wieder den Mond in Schütze mit der Stellung der Sonne in den einzelnen Tierkreiszeichen verbinden.

SoNNE IN WIDDER (unter Umständen ein Trigon): Hier empfängt der Streiter aus seiner zweiten Natur den starken Glauben an seine ethische Sendung im Kampf für das Ideal. Aber dieser Glaube wird leicht, weil nicht aus den Tiefen der ethischen Überzeugung erwach­send, den Charakter der Schwärmerei oder des Fanatismus annehmen, der nicht gesonnen ist, irgend jemandem Rede zu stehen.

SONNE IN STIER: Eine Stellung, bei der die auf dem abgesteckten Arbeitsfeld zu leistende Arbeit mit dem religiösen Ernst einer Kult­handlung ins Werk gesetzt wird. Man fühlt sich als erwählter Hüter einer Tradition, an der rütteln zu sollen schmerzvoll empfunden wird. Die Anhänglichkeit an das Überkommene wird mit flammendem Schwert verteidigt.

SoNNE IN ZwiLLINGE (unter Umständen eine OppositionssteUung): Diese Stellung bringt häufig Zerfahrenheit und Verworrenheit mit sich, weil die Grundlage der Lebensfestigkeit, der Glaube an die stets orakelbereite Pythia durch die primäre Zweifelsucht erschüttert wird, ohne daß aber diese Pythia entbehrlich würde; sie wird im Gegenteil um so unentbehrlicher, je mehr an ihrer Berechtigung gezweifelt wird. Hieraus ergibt sich ein schwerer innerer Kampf, der den Geborenen beständig in Unsicherheit hält und ihn schließlich dazu bringt, sein Daimonion, oder was er dafür hält, unter allen Umständen geheimzu­halten. Dies kann zu einer merkwürdigen Lebensunaufrichtigkeit ge­gen sich selbst führen, die jetzt die Form des sogenannten Aberglau­bens annimmt, dertrotzseiner zweifellosen Unlogik mit einer unbe­siegelten Kraft weiter bestehenbleibt. Hier entst~hen Moralskeptiker, Religionsskeptiker und Atheisten, die im geheimen aus tiefster Seele gläubig sind und in ihrem Atheismus nur die besondere Form <ies Glaubens sehen, den der von ihnen geleugnete Gott in ihre Seele legte.

SoNNE IN KREBS: Die mit dieser Stellung gegebene übergroße Emp­findlichkeit nimmt hier leicht die Gestalt einer Furcht vor der Beein­trächtigung des Selbstgefühles an, das mit dein Glauben an die Kraft

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DER MOND IN SCHÜTZE

des inneren Orakels verbunden ist und dabei stets die Möglichkeit einer Nichtanerkennung dieser Tatsache durch die Umwelt vor Augen hat. Das hieraus entspringende Minderwertigkeitsgefühl wird jedoch gleichzeitig durch das moralische Überlegenheitsgefühl überkompen­siert; falls dies nicht gelingt, ist chronische Verbitterung die schwer zu vermeidende Folge.

SoNNE IN LöwE (unter Umständen ein Trigon): Die Sonne steht im eigenen Zeichen, und dies beschert in Verbindung mit Mond im Schüt­zen die Gabe, sich an sich selbst zu freuen. Auch dies könnte als eine Art Persönlichkeitskult angesehen werden. Man würde es aber auf alle Fälle vorziehen, von den andern angebetet zu werden, und quittiert gerne jede Gunstbezeugung mit einer Dankesgeste, die der Verleihung eines Ordens für Verdienste gleichkommt. Es ist eine sonnige Grund­stimmung, die das Leben durchzieht und etwas von dem Glanz des antiken »Heldentums« ausstrahlt- die Bereitschaft zu einem Lebens­glück ohne Gewissensbeschwertheit.

SoNNE IN JuNGFRAU (unter Umständen eine Quadratstellung, vgl. Fall21 ): Die Verbindung des Nützlichkeitsprinzips mit dem ethischen Prinzip bildet hier die Hauptschwierigkeit. Man wird hier Grundsätze hervorkommen sehen, die einen solchen Ausgleich zwischen dem Nützlichen und dem Ethischen zustande zu bringen suchen, durch den jedenfalls der ethische Schein gewahrt bleibt. Dies ist nicht etwa als Heuchelei anzusehen, sondern als der Ausdruck der Überzeugung, daß, was mir nützt, ethisch sein müsse, weil es mir anders nicht als nützlich erscheinen könnte! Wenn dieser Zusammenhang durchschaut ist, kann die Neigung entstehen, es durch ein Lebensraffinement im­mer so einzurichten, daß man die aus Nützlichkeitsgründen gesetzten Handlungen ethisch zu rechtfertigen vermag. Dieser Ausgleich ist nicht leicht und bildet einen Teil der Entwicklungsschwierigkeiten derjenigen, die mit dieser Stellung geboren werden. Man sieht gar sehr darauf, was "sich gehört«, d. h., was in den Augen der öffentlichen Meinung durch die »Usa.nce« gerechtfertigt erscheint, um diese vor dem eigenen Gewissen als Deckung zu gebrauchen.

SoNNE IN WAAGE (unter Umständen ein Sextil): Das Mondorakel wird hier ein wenig· zurückgestellt und erst hinterher befragt, wenn die Erwägung zu ihrem Recht gekommen ist. Dann aber hat es die Pflicht, im nachhinein zu rechtfertigen, was aus der Sonnennatur heraus ge­schehen ist. Man hat eben doch recht gehabt oder es »gleich gesagt«. Die weitgehende Konzilianz gegen das eigene Wesen mildert hier sehr die Strenge gegen andere.

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7· VoRTRA<:>

SoNNE IN SKORPION: Sonne am Ort d.er Mondschwächung. Diese Stellung riihrt stark an das, was wir den wunden Punkt genannt ha­ben. Man verlangt, daß die Umgebung diesem wunden Punkt Rech­nung trägt und will unbedingt als mit diesem Orakel begabt gelten, will aufgesucht werden, damit das Orakel zugunsten anderer befrag~ werde. Man macht sich mit diese.r Stellung gern: zum Berater anderer und will das Vertrauen anderer haben, wie man es zu sich s.elbst hat. Man ist sogar geneigt, das Vertrauen anderer direkt auf sich zu ziehen und zürnt demjenigen, der einem dieses Vertrauen aus irgendeinem Grund nicht. erweist. Andererseits ist man sehr dankbar für jegliche Art von Anerkennung, die sich auf den ethischen Wert der eigenen Person bezieht. Es ist, als wollte man die andern einladen, sich an diesem Selbstkult in recht intensiver Art m.itzubeteiligen, und denje­nigen, die dazu bereit sind, wendet man seine volle Sympathie zu.

SoNNE IN ScHÜTZE (unter Umständen eine Konjunktion): Dies ist eine ausgesprochene Führerstellung in Angelegenheiten, in denen es auf den Glauben ankommt. Man kann hier ungeheuer viel Einfluß auf andere gewinnen, so daß sie an dasselbe glauben müssen, woran man selbst gla1,1bt. Die Suggestivkraft, die hier von dem Geborenen aus­geht, umgibt ihn mit dem Nimbus eines Sendlings höherer Mächte. Es fällt verhältnismäßig leicht, andere zum eigenen Glauben zu be­kehren.

SONNE IN STEINBOCK: Das Vertrauen in die Unfehlbarkeit des inne­ren Orakels findet .in der Härte, Konsequenz und Beharrlichkeit der Sonnennatur eine mächtige Stütze. Det >>erste Eindruck« gewinnt leicht dauernde Bedeutung, einmal gefaßte Meinungen ·werden nur schwer und spät korrigiert. Aus der Verbindung der Haupttendenzen der beiden-Naturen entspringt nicht selten eine· Art Mis·sionsgefühl, demzufolge das eigene Tun mit dem Charakter -einer besonderen Wichtigkeit erlebt wird, als würde damit stets die Erfüllung einer ethischen Pflicht verbunden, so daß man &en Erfolg, der sich an die geleistete Arbeit knüpft, als den verdienten Lohn empfinden darf.

SoNNE IN WASSERMANN (unter Umständen ein Sextil): Diese Stel­lung vermehrt die schon durch die primäre Natur gegebene geistige Isolierung in der eigenen Gedankenwelt durch die hinzutretende Ver­lockung zum Ghmben an die Unfehlbarkeit ·d~s rporalis<;hen Instink­tes. Trotzdem ist die hieraus resultierende Gesamtveranlagung keine innerlich gefestigt~, da die sich des geheimen Adels stets bewußte Sonnennat1,1r sorgfältig jede Situation zu meiden bestrebt ist, die eine Erschütterung des so lebenswichtigen Axioms von der Eigenwertig-

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DER MoNo IN ScHÜTZE

keit herbeiführen könnte. Auch hier sehen wir die Keime eines schlei­chenden Minderwertigkeitsgefühles, das sich hinter der selbst­bewußten Kraft des Autarkisten verbirgt.

SoNNE IN FISCHE (unter Umständen eine Quadratstellung, vgl. Fall 18): Diese Stellung bewegt sich in einer ähnlichen Linie wie die eben besprochene, nur mit dem Unterschied, daß es hier nicht darauf an­kommt, einem inneren Zweifel ausweichen zu wollen, sondern viel­mehr die N eigung entsteht, sich bei dem Bewußtsein, ein Orakel in sich zu tragen, zu beruhigen und sich mit dem Gedanken, in sich die unverfälschten Antriebe zum Guten immer wieder erleben zu können, zufriedenz.u~;eLen, den Gedanken, ein guter Mensch zu sein, so z.u vertiefen, daß man es dann nicht mehr notwendig hat, diese Güte werktätig zu beweisen. Man wird immer bereit sein, den Menschen mit seinem Mitleid zu dienen; aber der Antrieb zum werktätigen Helfen wird gerade dadurch eher vermindert.

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