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Date post: 21-Feb-2016
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Magazin für MEdienmacher
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# 206 200 Ausgaben ROLLING STONE 27. Mai 2011 Im Auftrag des
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#206

200 Ausgaben ROLLING STONE

27. Mai 2011

Im Auftrag des

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KolumneV.i.S.d.P.-Herausgeber Hajo Schumacher über Sigmar Gabriels Pläne für mehr Bürger-beteiligung bei der SPD

Es ist zum Verzweifeln. Während der zu alter Form auflaufende Lobo auf SPIEGEL.DE vor der neuen Volksseu-che „Meinerei“ warnt und selbst mit-telkluge Menschen ihren Glauben an die Schwarmintelligenz überdenken, da kommt die SPD und will die Deut-schen plötzlich beteiligen an der Mei-nungs- und Willensbildung, die laut Grundgesetz den Parteien vorbehalten ist. Denkfehler, Herr Gabriel: Bevor Schnupper-Mitglieder und SPD-to-go-Konsumenten noch mehr herummei-nen, sollte die Welt doch erstmal wis-sen, worüber.

Klar, es ist lästig, wenn ein Häuflein Freizeitfunktionäre von Willy und der guten alten Zeit sentimentalisieren. Andererseits haben die verbliebenen Genossen auch echte Probleme, den dauernden Chef-Wechsel zu ertragen oder in Verein, Kantine und Familie die Sarrazin-Strategie erklären zu müssen. Mit einem Dauer-TED, an dem erfah-rungsgemäß ohnehin vor allem schlecht-launige Scheißefinder mitmachen, wer-den die letzten Treuen auch noch verjagt. So setzt sich an der Basis jener Erosions-prozess fort, den auch die CDU erlebt: Altkräfte werden verprellt, die Neuen kommen aber trotzdem nicht.

Kanzlerkandidatper Facebook

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Schumacher! 5

“Pubertierende Twitter-Politik, die keine

Laune auslässt.

Wer heute was bewegen will, der braucht schon lange keine Partei mehr. Zum Beispiel die Berliner Flugrouten-Gegner: Professionelles Marketing läuft über das Internet, bei aggressiver Medienarbeit sind Parteiapparate eher hinderlich, Interessen und Fähigkeiten werden schnell und ohne viel Gremien gebün-delt. Klassische Volksvertreter werden eher als Gegner wahrgenommen. Wenn sich Bürger engagieren, dann in Projek-ten, die zur Lebensphase passen und deren Ende absehbar ist: der Kinder-spielplatz um die Ecke, ein Mittagstisch für Bedürftige, die Bürgerinitiative für oder gegen irgendwelche Bauvorhaben.

Den Parteifunktionären, die die aktuelle Politik verteidigen müssen, bleibt die Bremserrolle. Angesichts leerer Kassen müssen die ehrenamtlichen Vertreter von SPD oder CDU in ihren Bekannten-kreisen immer häufiger erklären, warum wegen Geldmangels etwas nicht geht: Partei bedeutet heute weniger Gestalten als vielmehr Mangel verwalten.

Anstatt sich dem sozialdemokratischen Lieblingssport hinzugeben und an Struk-turen zu schrauben, sollte es SPD-Chef

Gabriel mit Inhalten versuchen. Dass die SPD aus der anhaltenden Krise von Kanzlerin und Koalition keinerlei Gewinn zieht, liegt bestimmt nicht an zu wenig Bürgerbeteiligung.

Was die SPD braucht, ist erstens ein Pro-gramm, das länger hält als bis zur nächs-ten Umfrage, und zweitens ein Team, das das Führungsvakuum mit Vielfalt füllt und die politische Debatte mit Gegenentwürfen zu Regierungspolitik und grünem Wellness-Klimbim ver-sorgt. Mit Steinmeier, Steinbrück, Wowe-reit, Kraft, Schwesig, Scholz und Schmid hat die Partei ja durchaus eine bunte Truppe zu bieten. Nur müsste der Vor-sitzende die Größe haben, sich in den Dienst dieses Teams zu stellen. Wenn die einsame Kanzlerin etwas fürchtet, dann eine geschlossene Mannschafts-leistung der SPD. Und wenn Gabriel ehrlich wissen will, welchen Kanzler-kandidaten das Volk will: einfach auf Facebook abstimmen lassen.

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update„Wer ist por-tugiesischer Meister? a) FC Porto b) SC Versand-kostenfrei“ Frage eines SAT.1-Halbzeitpausen-Gewinnspiels

Fotos: KA

BEL EINS, D

uMont, D

FB

FREITAG: Aldi, wichtig-ster Anzeigenkunde der der deutschen Zeitungs-branche, zieht sich aus mehr und mehr Regionalblättern zurück, nun auch im Osten Deutschlands.

SAMSTAG: ARD und ZDF kaufen die Rechte für die Übertragung der Fußball-Länderspiele bis zur Saison 2015/16. Über den Preis wurde

– wie rücksichtsvoll – Stillschweigen verein-bart. Die Privatsender protestieren noch drastischer als tradi-tionell üblich.

DIENSTAG: Die kriselnde Münchner ABENDZEITUNG kündigt DPA und verlässt sich in Zukunft allein auf die billigere Agen-tur DAPD.

MITTWOCH: Konstantin Neven DuMont sagt dem TA-GESSPIEGEL, er habe bereits 200.000 Euro in eine medienkri-tische Seite namens KNDM inves-tiert – also das V.i.S.d.P.-Budget der vergangenen 400 Jahre.

MITTWOCH: Die Staatsanwaltschaft München durchsucht mehrere Wohnungen, darunter die von Georg Kofler, um dem Verdacht nachzugehen, PREMIERE, das heutige SKY, habe systematisch seine Abonnentenzahlen frisiert.

Das Tagebuch

oder 40,52 Prozent seines Körpergewichts, nahm ein Mensch aus Neuss in der KABEL1-Sendung “The Biggest Loser” ab. Der ehema-lige Koch wiegt jetzt 98 Kilo und arbeitet als Fitnesstrainer.

59 Kilo

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update 7

HanS-J.BrogSitterweil der Gastronom das ge-schafft hat, wovon Tausende seiner Kollegen träumen: Er hat den FEINSCHMECKER verklagt und gewonnen. Das Magazin habe nicht “neutral, sachkundig und im Bemühen um Richtigkeit” berichtet.

Freundinweil diese Tussi in Zeitschrif-ten-Form die coolen Fuß-ball-Damen von 11FREUN-DINNEN verklagt hat – das 11FREUNDE-Schwesterma-gazin hat sich irgendwelche Marken geschützt, die die Burda-Zeitschrift für despe-rate Hausfrauen auch gern hätte. Zicke.

Gewinner

Foto

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Liebe Wochenshow, eine einzige Er-

kenntnis war beruhigend an Eurer Come-

back-Sendung: Früher war nicht alles

schlecht. Und so schlecht schon gar nicht.

Schlitzaugen-Witze, wiederverwertete

Witze und Witze ohne Witz, sowas habt

Ihr Euch in den 90ern nicht getraut.

Verlierer

Liebling der Woche

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leute

Andreas Hummelmeier (1) wird neuer Redaktionsleiter von TAGESSCHAU.DE. Er tritt die Nachfolge von Jörg Sadrozinski an, der als Leiter der Deutschen Journalis-tenschule (DJS) nach München geht.

Hendrik Groth (2) wird neuer Chefredak-teur der SCHWÄBISCHEN ZEITUNG. Der Nachfolger von Ralf Geisenhanslüke war unter anderem Vizechef bei der WAZ.

Jürgen von der Lippe (3) moderiert ab dem Sommer bei SAT.1 das Prominenten-

Quiz „Ich liebe Deutschland“. Geplant sind sechs Folgen.

TAZ-Inlandschef Ulrich Schulte (4) wird Leiter des Parlamentsbüros. Sein Ressort übernehmen gemeinsam Hanna Gers-mann und Ulrike Winkelmann (5), die vom FREITAG zurückkehrt.

Martin Woelke (6) wechselt sich künftig wöchentlich mit Susanne Schwarzenber-ger bei HR1 in der Radio-Morgensendung „Start“ ab.

DIE WECHSEL DER WOCHE

Fotos: ND

R, Schwäbische Zeitung, taz (2), H

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4

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BewerBt eucH Der geplante Bezahl-Sport-Nachrichtensender SKY

SPORT NEWS stellt bis zum Winter 50 Sportjour-

nalisten ein. „Head-Anchor“ (wahrscheinlich so

was wie Klassensprecherin) wird Kate Abdo, bis-

her Sportmoderatorin bei CNN INTERNATIONAL.

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Alle Fotos: (cc) Jonas Fischer/re:publica

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„Die blödesten

Rock-Klischees

aller Zeiten“

Die erste Ausgabe des deutschen ROLLING STONE 1994

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Herr Schmidt, Sie haben sich sicher noch einmal durch alle 199 Ausgaben gewühlt. Was haben Sie über Ihr Magazin gelernt?

Dass selbst der ROLLING STONE nicht immer richtig liegt: 1995 kam ein Mitarbei-ter zu dem harten und vielleicht doch etwas verfrühten Urteil, die Band Radiohead sei bereits völlig am Ende.

Auf dem ersten Cover war ein goldener Elvis-Anzug zu sehen – ist klassischer Rock‘n‘Roll nach all den Jahren immer noch die Kernkompetenz des deutschen Rolling Stone?

Eine unserer Kernkompetenzen ist gute Musik, die nicht nach nur einer Saison wie-der im Tal der Bedeutungslosigkeit ver-schwindet. Klassischer Rock‘n‘Roll ist ein kleiner Teil davon.

Wie viele Alben besaßen Sie vor Ihrer RS-Zeit von: Oasis, U2, John Lennon?

Von U2 sieben (Rattle and Hum, Zooropa, The Joshua Tree, Pop, War, Under a Blood Red Sky, October), von Oasis fünf ((What´s the story) Morning Glory, Definitely Maybe, Heathen Chemistry, Dig Out Your Soul, Stan-ding on the Shoulder of Giants) und von John Lennon drei (Working Class Hero – The Defi-nitive Lennon, Plastic Ono Band, Imagine).

Sie kennen sich in der Techno-Bewegung gut aus. Wie nah sind Ihnen die Themen Dylan, Stones, Springsteen? Und wie haben Sie sich eingearbeitet?

Ich habe eine ältere Schwester, durch die ich zwangsweise schon sehr früh sehr inten-siv mit den alten Helden in Berührung kam, bevor ich Punk und New Wave für mich ent-deckte. Davor war Metal ein großes Thema,

Bob Dylan ist am Dienstag 70 geworden,

und gestern erschien die 200. Ausgabe der

deutschen Ausgabe des Rock-Leit-

mediums ROLLING STONE. Chefredak-

teur Rainer Schmidt, Roman-Autor, Rug-

by-Veteran und einer der erfahrensten

Blattmacher Deutschlands, ließ sich vom

V.i.S.d.P.-Interview zur nächsten Titelges-

chichte inspirieren: “Die blödesten Rock-

Klischees aller Zeiten”.

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später lange Zeit House und Elektro. Und wenn ich irgendwo Lücken haben sollte, frage ich einfach meinen Kollegen Arne Wil-lander, der weiß alles, und damit meine ich tatsächlich: ALLES!

Seit Ihrem Amtsantritt meint man einige Elemente der deutschen VANITY-FAIR-Ausgabe im Heft zu entdecken, wo Sie zuvor gearbeitet hatten. Welche Zutaten konnten Sie beim ROLLING-STONE-Machen gebrauchen?

So banal es klingen mag: Die Zutaten, die man in jedem hochwertigen Magazin braucht, also außergewöhnliche Bilder und Strecken von erstklassigen Fotografen, namhafte Autoren und hervorragende Texte.

Ihre Leser gelten als Rock-Traditionalisten, um nicht zu sagen -Fundamentalisten.

Wie waren die Reaktionen auf mehr Life-style, Wirtschaft, Kunst im Blatt?

Unsere Leser sind im Gegenteil sehr offen und experimentierfreudig – solange die Sub-stanz stimmt. Insbesondere Kultur- und Gesellschafsthemen kommen gut an. Sehr schöne Reaktionen hatten wir auf das gemalte Neo-Rauch-Cover und unseren Drogenre-port, nicht sehr angetan waren die Leser dagegen von Michael Ballack, der passte ihnen als Typ nicht.

Im ROLLING STONE finden sich aber auch immer noch Beispiele für die deutsche Spezialität des sprachlich über-akademi-sierten Rock-Feuilletons, bei dem man sich manchmal fragt, was der Kollege eigent-lich genau sagen will. Ist das ein Problem oder wollen die Leser das eben so?

“Im SPIEGEL wird ja auch anders über Politik ge-schrieben als in der BRAVO.”

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Wann haben Sie den STONE zuletzt wirk-lich gelesen? Ich hoffe, davon finden Sie nicht zu viele. Unser Ziel ist es, jedes Geschwurbel zu vermeiden. Andererseits erwarten unsere erwachsenen Leser von uns auch zu Recht komplexere Kritiken als etwa in einer Jugend-zeitschrift – im SPIEGEL wird ja auch anders über Politik geschrieben als in der BRAVO.

Das amerikanische Mutterblatt unter-scheidet sich jedenfalls im Sound von der deutschen Ausgabe. Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Übersetzen amerika-nischer Geschichten gemacht? Wann funk-tioniert das, wann nicht?

Wenn das Thema passt, übernehmen wir gerne besondere Geschichten, etwa die Repor-tage über das sogenannte „Kill-Team“ in Afghanistan oder das Adele-Porträt in unse-rer aktuellen Nummer. Beim Sound gibt es überhaupt keine Probleme.

Musik und Popkultur vermittelt sich inzwischen zum großen Teil über das Internet. Wie überzeugen Sie junge Leser von der Notwendigkeit einer gedruckten Musik-Zeitschrift?

Auch jüngere Leser sind froh, wenn Sie einen zuverlässigen, unbestechlichen und kompetenten Freund finden, der ihnen hilft, den Überblick zu behalten – im Heft und online. Wir bieten Hintergründe und Qua-lität, die es in dem Bereich so nur bei uns gibt.

Wieviel Rock‘n‘Roll steckt in Ihrer Redak-tion? Werden die Kollegen zur Jubiläums-feier Fernseher eintreten, Möbelstücke durch die Bürofenster werfen und Haschisch spritzen?

Genau in dieser Reihenfolge. Und danach bereiten wir sofort den nächsten Titel vor: „Die blödesten Rock-Klischees aller Zeiten“.

“Beim Sound gibt es über-haupt keine Probleme.“

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Die aktuelle Ausgabe

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+ London + September 2010 + Julian Assange Pressetermin + Foto: Seamus Murphy VII Network

Das Bild wurde beim World Press Photo Award in der Kate-gorie „ People in the News “ mit dem zweiten Platz aus-gezeichnet.

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Reporter ohne Grenzen (ROG) veröffentlicht auch in diesem Jahr ein-

en neuen Band aus der Reihe „Fotos für die Pressefreiheit“. Der rund hun-

dert-seitige Fotoband dokumentiert in Bildern und Texten Ereignisse des Jahres 2010. Zu den Fotografen des

Bandes gehören Paolo Pellegrin, An-drej Ljankewitsch und Massimo

Berruti. Unter den Autoren sind der chinesische Friedens-

nobelpreisträger Liu Xiaobo, Michael Ludwig und Ingo Petz. Alle haben ihre

Bilder und Texte unentgeltlich zur Verfügung gestellt.

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+ Minsk + Dezember 2010 + Foto: ddp images /AP / Sergei Grits

Minsk im Dezember 2010: Hundertschaften von Polizisten sichern mit Schildern bewehrt das Regierungsgebäude ge-gen Demonstranten.

Fotos für die-24

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+ Irak + März 2009 + Foto: Richard Mosse / INSTITUTE

US-Soldaten am Pool des früheren Palastes von Saddam Hus-seins Sohn Udai.

Fotos für die-26

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+ Kirgistan + Foto: William Daniels Panos Pictures

Das Vertrauen der Menschen in ihre nächsten Nachbarn ist seit den Unruhen dahin.

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+ Minsk + Dezember 2010 + Foto: ddp images /AP / Sergei Grits

Minsk im Dezember 2010: Hundertschaften von Polizisten sichern mit Schildern bewehrt das Regierungsgebäude ge-gen Demonstranten.

Kuba: Yoani Sanchez, Jahrgang 1975, betreibt seit 2007 den Blog Generación Y, in dem die in Havanna lebende Jour-nalistin vom Leben auf Kuba und seinen Beschränkungen erzählt.

+ Kuba + Foto: Alessandro Scotti / Agentur Focus

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+ Karachi + Foto: Massimo Berruti / Agence VU/ laif

Neues vom Aktienindex für ein von Armut und Krisen ge-schütteltes Land: Ein Wirtschaftsreporter berichtet von der Börse in Karachi.

Fotos für die-32

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+ Abuja + Dezember 2010 + Foto: Christian Lutz / Agence VU / laif

Im Firmensitz der Nigerian National PetroleumCorporation

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+ China + Dezember 2010 + Zheng Jiang, 56, Geschäftsmann + Foto: Tommaso Bonaventura / Contrasto / lai

Bei einem Ausflug zur früheren Militärbasis der Partei woll-ten alle Touristen ein Foto mit ihm, seither ist er Mao-Dars-teller im Hauptberuf.

„Fotos für die Pressefreiheit“, 104 Seiten, für 12 Euro im Buch-

handel oder über: www.reporter-ohne-grenzen.de

Fotos für die-36

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Verdacht und Verurteilung

„Mir scheint das Problem der medi-alen Vorverurteilung mittlerweile erkannt und vielfach wie hier von Hajo Schumacher beschrieben. Eine Idee für die Lösung müsste m. E. mal von den Journalisten kommen. Wie kann Zurück-haltung bei Bildern, die Vorverurtei-lungen bringen, aussehen - ohne den Berichterstattungsauftrag zu verletzen?“Dominik Hoech per Facebook

Man darf also keine Meinung (oder Vermutung) haben, wenn man nicht das große Staatsexamen hat? Ich finde es auch scheußlich, wie schnell sich die Gesellschaft gegen einen der ihren stel-len kann, aber das gilt vom Knasti, der seine Strafe verbüßt hat, bis zum beschul-digten IWF-Chef für jeden.„deal withit“ per Kommentar

Wenn ich so einen Mist lese, kommts mir hoch. Genau diese Sinneshaltung wird hier kritisiert. Und dann muß ich lesen: deal with it. Komm gefälligst damit klar.

Es geht nicht um Fachkompetenz in Form eines Staatsexamens (das über Fachkompetenz bekanntlich auch nichts aussagt), sondern um die Vorabverur-teilung eines Delinquenten noch bevor überhaupt die Faktenlage klar wäre.

Im aktuellen Fall hat ein Zimmer-

mädchen behauptet, vergewaltigt wor-den zu sein. Der Beschuldigte bestreitet die Vorwürfe vehement. Da ist es ange-bracht, bei der Berichterstattung, bei den Fakten zu bleiben. Es mag jedem Leser freistehen, sich aufgrund der berichteten Fakten eine eigene Meinung zu bilden. Aber es ist nicht Aufgabe einer seriösen Berichterstattung dem Leser diese Meinung vorzugeben oder sie durch selektive Berichterstattung zu nähren.

Wie bei Kachelmann und Modera-tor X blieb es insbesondere bei einer ganz bestimmten Zeitung nicht bei der Information des Lesers. In meinungs-machender Absicht wurde da schon ein Urteil gesprochen, und damit wurden die Rechte des Angeklagten insbeson-dere auf einen fairen Prozess mit Füßen getreten, bevor überhaupt mal die Sach-lage als solche geklärt war. Wenn die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt, dann wird schon was dran sein. Thema erledigt.

Warum prozessieren wir dann über-haupt noch? Eben: weil der Angeklagte bis zu seiner Verurteilung als unschul-dig gilt.„oetzli“ per Kommentar

Was mir wirklich unangenehm auffällt ist die formulierung in diesem hypo-thetischen absatz: „Wenige Stunden nach der Verhaftung auf dem New Yor-

inBoX

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inbox 39

ker Flughafen wurde bekannt, dass Frankreichs First Lady Carla Bruni Nach-wuchs erwartet. Seht her: Der Präsident macht Liebe, das Untier will Sex. Das muss alles nichts bedeuten.“ das, was dem mann vorgeworfen wird, kann man wohl kaum als „sex wollen“ bezeichnen. das ist doch eine ziemlich ekelhafte ver-harmlosung.„Schwadroneuse“ per Kommentar

Will ja nicht kleinlich wirken in die-sem Zusammenhang - aber „die Medien“ haben auch eine Vorbildfunktion in Sachen Sprache. Und „die ein oder andere Ungereimtheit“ ist schlicht falsch - auch wenn es immer mehr (leider auch) Jour-nalisten sagen und schreiben. Ein Unge-reimtheit gibt es nicht...Andrea Hansen per Facebook

Der Abenteurer in Dir

Wow. Tolles Interview. Meinetwegen hätte es doppelt so lang sein können. Hätte weitergelesen. Benedikt Bentler per Kommentar Ich finde besonders den Aspekt wichtig, dass im Detail die entscheidenden Unter-schiede zu finden sind. Roland Rickelmann per Kommentar

Schön, dass es solche Leute gibt! Authen-

tizität ist das Stichwort. Falls ich das Buch nicht gewinne, werde ich es mir kaufen. Tobi Mandt, per Kommentar

Kernpunkt ist tatsächlich die eigene, unvoreingenommene Recherche. Ich erinnere mich, daß ich als damaliger Südasien-Korrespondent im Herbst 2001 fassungslos vor den Agentur- und ande-ren Berichten saß, die eine unmittelbar bevorstehende Machtübernahme der Islamisten in Pakistan ankündigten. Als Augenzeuge der damaligen Demonstra-tionen in Peshawar war mir völlig klar, daß hier eine zwar wort- und bildgewal-tige, letztlich aber noch kleine und weit-gehend machtunfähige Bewegung zur massiven Bedrohung für das Regime Musharraf ‚hochgejazzt‘ wurde. Ich hatte trotzdem erhebliche Schwierigkeiten, meine Heimatredaktionen von der Rea-lität vor Ort zu überzeugen.„Radioreporter“ per Kommentar

Jeweils ein Exemplar des Buchs „Brut-toglobaltournee: In 25 Stationen um die moderne Welt “ von Gerhard Wald-herr haben gewonnen: Dominik Berg, Gesine Denker und Markus Peters.

Sagen Sie uns Ihre Meinung per Mail ([email protected]), Facebook-Kommen-tar, Tweet oder kommentieren sie direkt auf unserer Seite.

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V.i.S.d.P. – Magazin für MedienmacherChefredakteur: Sebastian EsserHerausgeber: Dr. Hajo SchumacherDesign: Markus Nowak, Supermarkt StudioRedaktion: Till Schröder, Wendelin Hübner, Susan Mücke, Frank Joung, Patrick WeisbrodLektorat: Carla MönigAnzeigen: [email protected]: http://www.visdp.de/magazin/mediadaten/Adresse: Lietzenburger Straße 51, 10789 BerlinTelefon: 030 2196 27287E-Mail: [email protected]: http://www.facebook.com/visdpTwitter: http://www.twitter.com/visdp

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Leute

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