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 · 2017. 7. 9. · Arzt Galen (Galenos von Pergamon) in Griechenland und Rom tätig.11 Dank seiner...

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Die Rolle der Tierversuche in der Medizingeschichte der westlichen Welt Studie: Heilsversprechungen der tierexperimentellen Forschung Verein Treffpunkt Tier-Mensch Die Niederlande planen den Übergang zur tierfreien Forschung AG STG · Aktionsgemeinschaft Schweizer Tierversuchsgegner · Dachverband der Antivivisektion www.agstg.ch Foto: AGSTG Ausgabe Nr. 49Juni 2017 Auflage 6000 in Deutsch, Französisch und Italienisch
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Die Rolle der Tierversuche in der Medizingeschichte der westlichen Welt

Studie: Heilsversprechungen der tierexperimentellen Forschung

Verein Treffpunkt Tier-Mensch

Die Niederlande planen den Übergang zur tierfreien Forschung

AG STG · Aktionsgemeinschaft Schweizer Tierversuchsgegner · Dachverband der Antivivisektion

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Ausgabe Nr. 49• Juni 2017 • Auflage 6000 in Deutsch, Französisch und Italienisch

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AG STG · Aktionsgemeinschaft Schweizer Tierversuchsgegner Nr. 49 – 6 / 2017

ImpressumHerausgeberin: AG STG · Aktionsgemeinschaft Schweizer Tierver- suchsgegner, Dachverband der Antivivisektion Brisiweg 34 · CH-8400 Winterthur Tel. +41 (0)41 558 96 89 www.agstg.ch · [email protected]

Präsidentin: Maya Conoci

Redaktion: Stefan Weber

Übersetzung in Französisch: Kristina Jelobinskaia

Übersetzung in Italienisch: Antonietta Fiorini

Auflage: 6000 Ex. total

Druck: Druckerei Appenzeller Volksfreund, 9050 Appenzell

Layout: Meike Teichmann, www.meike-teichmann.de

Erscheinung: 4 Ausgaben pro Jahr in Deutsch, Französisch und Italienisch

Preise/Abonnemente: für AG STG-Mitglieder gratis. Abonnementbestellung im Innenteil

Spenden/Zahlungen: Postkonto: 40-7777-6 IBAN CH45 0900 0000 4000 7777 6 SWIFT Code/BIC: POFICHBEXXX Empfängerbank: Swiss Post, PostFinance, Nordring 8, CH-3030 Bern Clearing-Nummer: 09000

Nachdruck unter Quellenangabe erlaubt. Namentlich gekennzeichnete Texte geben nicht unbedingt die Meinung der AG STG wieder. Für den Inhalt der Texte sind die jeweiligen Autoren verantwortlich.

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neutralDrucksache

No. 01-11-916834 – www.myclimate.org© myclimate – The Climate Protection Partnership

Inhalt 2 Editorial

3 Die Rolle der Tierversuche in der Medizin- geschichte der westlichen Welt

10 Die Niederlande planen den Übergang zur tierfreien Forschung

13 Mitgliedsantrag

14 ELEFANTEN IN NOT- Hilfswerk Schweiz - Deutschland

16 Studie: Heilsversprechungen der tierexperimentellen Forschung

20 Kids und Teens: Bienen

22 Verein Treffpunkt Tier-Mensch

Den Shop finden Sie unter:

www.agstg.ch/Shop.pdf

Vielen Dank für Ihre Hilfe!

Liebe Leserin, lieber Leser,

wie Sie wissen, hat das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 5. April die Bewilligung der schwerstbelastenden Primatenversuche an der Universi-tät und ETH Zürich definitiv bestätigt. Daraufhin erreichten uns viele Anfragen, ob der Entscheid an das Bundesgericht weitergezogen wird. Leider ist dies nicht möglich. Das Rekurs- und Beschwerderecht endete nach Ausschöpfung des kanto-nalen Instanzenwegs. Gegen die Bestätigung der Bewilligung haben wir gemeinsam mit anderen Organisationen am 6. Mai in Zürich demonstriert.

Bevor wir uns in den nächsten Heften wieder intensiv mit den Alternativen zu Tier-versuchen beschäftigen, legen wir im aktuellen Heft einen Schwerpunkt auf die Ver-gangenheit. Marietta Haller beleuchtet in einem ausführlichen Artikel die Rolle der Tierversuche in der Medizingeschichte und Frau Dr. Corina Gericke wertet 119 Heilsversprechungen aus 110 Medienberichten aus und zeigt auf, dass Übertreibun-gen und falsche Prognosen in der tierexperimentellen Forschung System haben.

„Vielen Dank für Ihre Hilfe!“ bezieht sich auch, aber nicht nur, auf Ihre grosszügigen Spenden. Ohne die Aktivisten, die uns bei Infoständen, Aktionen und Demos unter-stützen wäre unsere Arbeit nicht möglich. Daneben freuen wir uns über die Mitglie-der, die bei uns Infomaterial anfordern, um dies im Freundes- und Bekanntenkreis zu verteilen oder „einfach nur“ mit ihrem Umfeld über das Thema Tierversuche dis-kutieren.

Unser Infostand, mit dem wir seit Ende Februar in der deutschsprachigen Schweiz unterwegs sind, wird von den Passanten gut angenommen. Mit dem Stand erreichen wir viele Personen, die sich bisher noch nicht mit der Grausamkeit von Tierversu-chen beschäftigten.

Gerne unterstützen wir auch Schüler, welche sich im Rahmen eines Vortrags oder einer Hausarbeit für die gequälten Versuchstiere einsetzen möchten.

Vielen Dank, dass Sie der Aufforderung, uns Rückmeldung zum Magazin zu geben, so zahlreich gefolgt sind. Wir können leider nicht alle Themenvorschläge aufgrei-fen, behalten Ihre Wünsche und Anregungen aber für zukünftige Ausgaben im Hin-terkopf. Ideen, Verbesserungsvorschläge und konstruktive Kritik sind jederzeit will-kommen.

Das Albatros Team

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Aktionsgemeinschaft Schweizer Tierversuchsgegner · AG STG 6 / 2017 – Nr. 49 3

Die Geschichte der Tierversuche ist lang. Die ersten überlieferten Tier-versuche wurden bereits im 6. Jahr-hundert v. Chr. vom griechischen Arzt Alkmaion von Kroton (570 - 500 v. Chr.) gemacht.1,2Die Idee des Tierversuchs ergab sich einerseits aus reiner Neugier und an-dererseits aus dem Wunsch, aus Ex-perimenten an Tieren Rückschlüsse auf den Menschen ziehen zu können. Schliesslich war die Forschung an Tie-ren relativ unkompliziert (Forschung «Auf gut Glück», ohne sich über die Konsequenzen für das Tier Gedan-ken machen zu müssen) und legal. Im Gegensatz dazu galt z. B. die Sektion menschlicher Leichen bis vor einigen hundert Jahren zeitweise als Tabu oder war bspw. nur an zum Tode verurteil-ten, gehängten Menschen erlaubt.3 Dies hatte zur Folge, dass gewisse Entdeckungen aus der Forschung am Menschen als Tierversuchsresultate ausgegeben wurden.

Doch die wahren Errungenschaften für die Humanmedizin können nicht im Tierversuch gemacht werden. Es kann nie vorausgesagt werden, wie sehr sich die untersuchte Tierart bezüglich des untersuchten Stoffes/physiologischen Vorganges/anatomischer Struktur, usw. vom Menschen unterscheidet. Diese Ge-wissheit bringt immer erst die Anwen-dung am Menschen. Aus diesem Grund darf z. B. ein neues Medikament, das im

Tierversuch getestet wurde, erst dann zu-gelassen werden, wenn es in «klinischen Studien» am Menschen getestet worden ist.Sowieso wurden und werden Tierversu-che häufig erst NACH einer Entdeckung am Menschen, oder parallel zur For-schung am Menschen, gemacht – ganz einfach um zu überprüfen, ob sich die am Menschen beobachteten Ergebnisse im Tierversuch bestätigen lassen.

Hippokrates (ca. 460 – 370 v. Chr.), «Begründer der Medizin als Wissenschaft» - die Geburt der

klinischen Forschung (Forschung am Patienten)

Der berühmte griechische Arzt Hip-pokrates von Kos gilt als «Begründer der Medizin als Wissenschaft».4 In ei-ner Zeit, in der Krankheiten noch als «Teufelswerk» oder «Strafe Gottes» an-gesehen wurden und Kranke bei Pries-tern oder Zauberern nach Heilung su-chen mussten, vertrat Hippokrates eine Medizin, die auf «vernunftgemässer Na-turbeobachtung» basiert. Er suchte stets nach einer naturwissenschaftlichen Er-klärung für die Leiden seiner Patienten.

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Hippokrates (ca. 460 – 370 v. Chr.) führte die systematische Forschung am Patienten ein. Er gilt als berühmtester Arzt der Antike.

Die Rolle der Tierversuche in der Medizingeschichte der westlichen Welt

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Dank Hippokrates wurde beispielsweise Epilepsie erstmals als Anfallsleiden und Hirnkrankheit, welche mit physiologi-schen Prozessen erklärbar ist, erkannt. Zwar war seine Erklärung der Epilepsie und anderen Krankheiten nicht korrekt, sondern basierten auf Hippokrates' Vier-säftelehre, wonach Krankheit aus dem Ungleichgewicht von vier Körpersäf-ten (schwarze und gelbe Galle, Blut und Schleim) resultiert - trotzdem war Hip-pokrates Beitrag zur Medizin von enor-mem Wert.

Hippokrates gelang nicht etwa durch Tierversuche zu seinem Wissen – als wandernder Arzt trug er die Erkennt-nisse, die er durch die Beobachtung, Befragung, Untersuchung und Be-handlung seiner vielen Patienten sam-meln konnte, zusammen und verfasste Theorien und Therapieanweisungen (Corpus Hippocraticum)5 – dies war die Geburt der klinischen Forschung, die bis heute einer unserer wichtigsten Forschungsmethoden darstellt.

Herophilos (ca. 330 - 260 v. Chr.), «Vater der Anatomie» - Leichenöffnungen verschaffen Wissensexplosion

Das Öffnen menschlicher Leichen galt im antiken Griechenland als Tabu. Nur während weniger Jahrzehnte fanden im 3. Jahrhundert v. Chr. in der Alexandri-nischen Ärzteschule im Namen der Wis-senschaft systematische Leichenöffnun-gen statt.6Herophilos von Chalkedon, welcher heute als «Vater der Anatomie» gilt, war einer der wenigen Wissenschaftler, die in dieser kurzen Periode Leichen öffneten. Dank seiner Forschung an menschlichen Leichen – und sehr wahrscheinlich (nicht belegbar) der Vivisektion («Zerschnei-den lebender Körper zu Forschungszwe-cken») an 600 Gefangenen – entdeckte Herophilos die verschiedenen Hirnven-trikel (mit  Hirnwasser gefüllte Hohl-räume des Gehirns) und die physiologi-sche Bedeutung des vierten Ventrikels. Er entdeckte die Nerven, erkannte dass es Sinnes- und motorische Nervenzel-len gibt und lieferte die Beschreibungen von mindestens sieben Hirnnervenpaa-ren.7 Er unterschied zwischen mindes-

tens vier «Schichten» des Augapfels und begründete in diesem Zusammenhang die Begriffe Hornhaut, Netzhaut und Aderhaut. Zudem entdeckte er u. a. die Herzklappen und beschrieb sowohl die anatomischen, als auch physiologischen Unterschiede zwischen Arterien und Ve-nen. Herophilos untersuchte als erster die Bauchspeicheldrüse und lieferte die erste genaue Beschreibung der menschlichen Leber und der Anatomie der männlichen und weiblichen Fortpflanzungsorgane. Neben Herophilos forschte auch der grie-chische Anatom und Physiologe Erasist-ratos (ca. 310/300 - 245 v. Chr.) an Lei-chen. Er illustrierte die Funktion der Herzklappen, beschrieb ein zweikamme-riges Herz, das als «Pumpe» dient und erkannte – wie Herophilos – das Blut-gefässsystem als «Zusammenspiel von Arterien und Venen».8Zudem widerlegte Herophilos Aristote-les (384 v.Chr. - 322 v.Chr.) Theorien, nach denen das Gehirn das Kühlsystem für das Herz und das Herz der Sitz der «wahrnehmenden Seele» sei. Herophi-los erkannte, dass das Gehirn der Sitz der Intelligenz, Bewegung und Empfindung ist.9

Die Forschung der wenigen Wissen-schaftler, die zu dieser Zeit an Leichen forschten, führte trotz der relativ kur-zen Zeitperiode zu einer regelrechten Wissensexplosion.10

Galen (ca. 130 – 200 n. Chr), «Vater der Vivisektion» - Übertragung von Tierversuchsergebnissen auf den Menschen führt zu schwerwiegenden Fehlern

Im 2. Jahrhundert n. Chr. - in einer Zeit, in der Obduktionen längst wieder tabui-siert worden waren - war der griechische Arzt Galen (Galenos von Pergamon) in Griechenland und Rom tätig.11 Dank seiner Tätigkeit als Arzt, konnte er Er-kenntnisse über die menschliche Ana-tomie und Physiologie sammeln. Galen arbeitete zeitweise auch als Gladiatoren-arzt. Die häufig sehr schwerwiegenden Verletzungen der Gladiatoren gewährten ihm Einblick in den menschlichen Kör-per. Doch leider setzte Galen vor allem auf

Tierversuche. Er führte zahlreiche, sehr grausame Versuche u. a. an Schweinen, Ziegen, Hunden und Affen durch. Die Versuche wurden bei vollem Bewusst-sein der Tiere und ohne den Einsatz von Schmerzmittel durchgeführt – damit die Tiere stillhalten, wurden sie häufig auf Bretter genagelt.

Galens Beitrag zur Wissenschaft war das Zusammentragen und Ergänzen des von den anderen Forschern bisher angesammelten medizinischen Wis-sens. Dabei stützte er sich vor allem auf Hippokrates' Lehre und die Er-kenntnisse von Herophilos und Era-sistratos.12 Es war der beträchtliche Umfang seiner Werke und die Tatsa-che, dass es sich um eine systematische Zusammenfassung des bisherigen an-gesammelten medizinischen Wissens handelte, die seine Werke so einfluss-reich und «unantastbar» machte. Sie wurden zu Standardwerken für anatomi-sche Vorlesungen. Während der nächs-ten beinahe 1500 Jahre getraute sich nie-mand, daran zu rütteln. Doch leider erlangte Galen durch sei-ne Tierversuche sehr viel Falschwissen – u. a. auch deshalb weil er die Anatomie der von ihm sezierten Tiere auf die des Menschen übertrug. Dieses Falschwissen prägte – durch die Autorität seiner Werke – die Medizin bis ins 16. Jahrhundert.13Galen hatte bspw. eine völlig falsches Bild vom Blutkreislauf, etablierte unter anderem die falsche Vorstellung, dass die Leber fünf Lappen habe und – als Ur-sprung der Venen – Blut aus dem Nah-rungsbrei im Magen produziere.14 Wei-ter behauptete er, dass Blut durch Poren in der Herzscheidewand von der rech-ten in die linke Herzkammer sickert und Fo

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Galen (ca. 130 – 200 n. Chr) übertrug die Ergebnisse seiner Tierversuche direkt auf den Menschen und verbreitete sein Falschwissen mit seinen Werken.

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dass das Rete mirabile, ein Geflecht aus feinsten Arterien, das an  der  Hirnbasis von bestimmten Tierarten, wie z. B. der Ziege vorkommt, auch am menschlichen Gehirn zu finden ist (was nicht stimmt). Galen verbreitete zudem die Fehlinter-pretation, dass Nerven hohle «Röhren» sind.15,16 Gemäss Galens Erfahrungen schienen Hirnverletzungen erst dann Auswirkun-gen auf Wahrnehmung oder Bewegung zu haben, wenn ein Ventrikel in Mitlei-denschaft gezogen wurde und das – laut Galen – darin enthaltene flüchtige Me-dium «Spiritus animalis» (eine Art «luft-ähnliches» Medium, das zwischen See-le und Körper «vermittle») entweicht.17 Seine Tierversuche brachten ihn auf die-se Idee: Galen hatte im Tierversuch die Beobachtung gemacht, dass ein Schnitt ins Gehirn von Tieren nur dann deren Fähigkeit zu Empfindungen oder sich zu bewegen nahm, wenn dieser bi s zu ei-nem der Hirnventrikel reichte.18 Trotz der Unmengen an Tierversuchen, die Galen durchführte, bemerkte er z. B. nicht, dass sich in Hirnventrikeln Ge-hirnwasser befindet. Auch vermochte er nicht – trotz seiner grenzenlos grausa-men und zahlreichen Tierversuche – die Viersäftelehre Hippokrates' zu widerle-gen, sondern entwickelte diese weiter. So behauptete Galen u. a., dass Krebs durch ein Übermass an schwarzer Galle, die an einem Ort im Körper gefangenen und dadu rch geronnen sei, ausgelöst werde.19

Galens Fehlinterpretationen galten von nun an für die nächsten beinahe 1500 Jahre als unumstössliche Lehre und verzögerten die Entwicklung der Medizin ganz erheblich.20,21Wenn andere Wissenschaftler bei der Sektion von Leichen feststellten, dass die Anatomie des Menschen nicht mit Galens Beschreibungen über-einstimmt, ignorierten sie diese Un-terschiede ganz einfach, taten sie als Missbildung ab oder nahmen später an, dass sich der menschliche Körper seit Galen verändert hat.22

Mondino de Luzzi (1275 – 1326) – Galens Fehler werden blindlings in das erste «auf Leichensektionen basierende» Anatomie-Lehrbuch übernommen

1315 führte der italienische Arzt und Medizinprofessor Mondino de Luzzi an der Universität in Bologna die Sek-tion menschlicher Leichen zu Lehrzwe-cken ein. Sein Werk Anatomia mundini, das 1316 erschien und vor allem Sezier-übungen enthält, gilt als erstes Lehrbuch, das auf Leichensektionen basiert. Wäh-rend der nächsten 200 Jahre galt es als Standardwerk an den europäischen Uni-versitäten.23Doch leider war Luzzi ein Verehrer Ga-lens und bestrebt, die Gültigkeit dessen Lehre zu demonstrieren. So übernahm er Galens Fehlinterpretationen, die die-ser den Tierversuchen zu verdanken hat-te, in seine Lehre. Zudem ist umstritten, in welchem Umfang Luzzi selbst Lei-chensektionen durchgeführt hat – in je-ner Zeit beschränkte sich die Aufgabe ei-nes Anatomieprofessors darauf, während des Unterrichts aus Galens Werk vorzu-lesen, während beispielsweise ein Chi-rurg die Untersuchungen an der Leiche durchführte.24 Zudem fanden damals nur wenige Leichensektionen pro Jahr statt. Dass sich Galens fehlerhafte Ana-tomie durch die Leichensektionen nicht bestätigen, sondern ganz im Gegenteil, widerlegen liess, wurde offenbar nicht bemerkt.25,26Zusätzlich steuerte Luzzi der Anatomie-Lehre sogar noch selbst gemachte Fehler - die ihren Ursprung im Tierversuch hat-ten - bei. Unter anderem, verbreitete er, der laut eigener Aussage 1315 zwei Frau-en seziert haben soll, dass Menschen ei-ne sieben-kammrige Gebärmutter ha-ben. Dies trifft jedoch keineswegs auf den Menschen, sondern beispielsweise auf Schweine zu.27

Vesalius' (1514–1564, «Begründer der neuzeitlichen Anatomie») - Forschung am Menschen läutet den Beginn der medizinischen Revolution ein

Erst im 16. Jahrhundert ging es für die Medizin in Europa wieder bergauf. Zwar hatten Ärzte im Laufe der vergangenen Jahrhunderte immer wieder bemerkt, dass sich Galens Lehre nicht mit ihren eigenen Beobachtungen, die sie an ihren menschlichen Patienten machen konn-ten, deckt – trotzdem getraute sich kei-

ner Galens Autorität zu untergraben und dessen Lehrbücher öffentlich anzuzwei-feln. Schliesslich galt Galen's Lehre als allgemein akzeptiert und Goldstandard der Medizin.

Der belgische Arzt Andreas Vesalius war der Erste, der feststellte, dass Ga-len wohl nie Leichensektionen durch-geführt hat und sich getraute Galens' unangetastete Schriften zu widerle-gen. Er veröffentlichte 1543 das Werk Fo

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Vesalius (1514–1564) war der erste, der sich getraute Galens fehlerhafte Lehre zu kritisieren und widerlegen.

Vesalius Lehre war zunächst sehr umstritten. Es konnte nur schwer akzeptiert werden, dass sich die Medizin seit beinahe 1500 Jahren an einem fehlerhaften Werk orientiert haben soll.

Erst mit Vesalius, im 16. Jahrhundert, wurde begonnensystematische Leichensektionen zu Forschungszweckendurchzuführen.

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De Humani Corporis Fabrica («Über den Bau des menschlichen Körpers»), worin er - basierend auf der Sektion menschli-cher Leichen – Galen's Fehler berichtigte und neue Erkenntnisse festhielt.28Vesalius' Werk war zunächst sehr um-stritten; einerseits weil nur schwer akzep-tiert werden konnte, dass sich die Me-dizin seit über 1000 Jahren an einem fehlerhaften Werk orientiert haben soll, und andererseits, weil De Humani Cor-poris Fabrica u. a. offenbarte, dass Män-ner, genau wie Frauen, zwölf Rippen ha-ben. Diese Behauptung stand in grossem Widerspruch zur damals allgemein ak-zeptierten Schöpfungsgeschichte, wo-nach Männer nur elf Rippen haben, weil Eva aus Adams Rippe geformt wurde.

Doch schliesslich setzte sich die Na-turwissenschaft durch und Leichen-sektionen als Grundlage für die Me-dizin- und Anatomie-Lehre wurden akzeptiert. An den medizinischen Fa-kultäten in Padua und Bologna wurde begonnen systematische Leichensekti-onen durchzuführen, woraufhin an-dere Universitäten bald folgten.29

William Harvey - die Entdeckung des menschlichen Blutkreislaufes Einer der Ärzte, die an der Padua Universität studiert hatten, war William Harvey (1578 - 1657), der «Wegbereiter der modernen Physiologie». Er entdeckte dank Leichensektionen, Selbstversuchen und klinischer Versuche am Menschen

den Blutkreislauf.30 Erst beinahe 1500 Jahre nach Galen, wurde 1628 endlich dessen Theorie über den Blutkreislauf als falsch bewiesen. Harvey berichtigte u. a., dass das Blut im Herz nicht durch Herzporen gedrückt wird, und entdeck-te, dass sich das Blut in einem Kreislauf bewegt.31

Unter anderem kam Harvey zu seinem Wissen, indem er Leichen eine Flüssigkeit ins Herz injizierte, diese aus dem Herzen drängte und den Weg der Flüssigkeit im Körper untersuchte.32,33

U. a. stellte er fest, dass die Herzklappen dafür sorgen, dass das Blut in nur eine Richtung fliessen kann.34 Harvey führte auch Experimente am lebendigen Menschen durch, indem er (u. a. bei sich selbst) mit einem Schlauch das Blut im Arm staute und z. B. untersuchte auf wel-cher Seite sich das Blut ansammelt.

Harvey hat neben seiner Untersuchun-gen am Menschen auch Tierversuche durchgeführt. Gemäss Dr. Lawson Tait, einer der berühmtesten Chirurgen des 19. Jahrhunderts, ist die Behauptung, dass Tierversuche zu Harveys Erkennt-nissen über den menschlichen Blut-kreislauf geführt haben, «eindeutig wi-derlegt». Tait schreibt, dass Harvey die Begründung des menschlichen Blut-kreislaufes nicht durch Tierversuche ge-macht haben kann, sondern nur «mittels Leiche und Injektionsspritze».35Gemäss verschiedener Quellen, hat Har-vey vorgetäuscht, bestimmte Ergebnis-se Tierversuchen zu verdanken, weil zu dieser Zeit in England nur sehr spora-disch Leichen legal für die Sektion be-

schafft werden konnten (Leichensek-tionen waren nur an verurteilten und gehängten Verbrechern erlaubt). Zu die-ser Zeit stahlen Wissenschaftler deshalb oft Leichen aus Gräbern oder Leichensä-len, um ihren Bedarf für ihre Sektionen zu stillen. Natürlich konnte dies öffent-lich nicht zugegeben werden.36,37

Giovanni Battista Morgagni (1682 – 1771, «Begründer der moder- nen Pathologie») - Morgagnis Leichensektionen führen zum Verständnis für die Entstehung von Krankheiten

Der italienische Arzt Giovanni Battis-ta Morgagni begründete die moder-ne Pathologie, indem er die krank-haften Veränderungen, die er bei der Untersuchung verstorbener Menschen entdeckte, mit den Krankheitssymp-tomen, die die Verstorbenen zu Leb-zeiten zeigten, in Verbindung brach-te. Er stellte die Hypothese auf, dass die verschiedenen Krankheiten des Menschen mit bestimmten Organver-änderungen einhergehen und führ-te systematische Vergleiche an toten Menschen, die zu Lebzeiten an ähn-lichen Krankheitssymptomen gelit-ten haben, durch. Seine für die Medi-zin sehr wichtigen Erkenntnisse fasste er in seinem Werk De sedibus et causis mor-borum per anatomen indagatis («Von dem Sitze und den Ursachen der Krankhei-ten, welche durch die Anatomie erforscht worden sind») zusammen.38,39 Morgagnis Arbeit trug entscheidend zu unserem Verständnis für die Entstehung von Krankheiten bei und bedeutete den Anfang vom Ende der Viersäftelehre.40

Marie François Xavier Bichat (1771-1802) - der Begründer der modernen Histologie (Gewebelehre)

Ohne Mikroskop entdeckte der fran-zösische Arzt Marie François Xavier Bichat dank seiner zahlreichen Leichen-sektionen, dass der menschliche Körper aus verschiedenen Geweben aufgebaut ist. Dank Bichats Entdeckung, konn-ten Krankheiten genauer definiert wer-

Zur Erforschung des Blutkreislaufes injizierte Harvey (1578 - 1657) Leichen Flüssigkeiten ins Herz um deren Weg im Körper zu untersuchen.

Harvey führte neben Leichensektionen auch Experimente am lebendigen Menschen (u. a. an sich selbst) durch.

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den: Anstatt allgemein von einer «Herz-entzündung» zu sprechen, konnte man jetzt zwischen Herzbeutelentzündung, Herzmuskelentzündung und Herzklap-penentzündung unterscheiden.41 Er war auch derjenige, der erkannte, dass es sich bei Krebs nicht um einen Über-fluss oder Stauung schwarzer Gal-le handelt, wie dies Galen behaupte-te. Bichat stellte fest, dass es sich bei Krebs um eine krankhafte Zubildung von Gewebe handelt.42

Claude Bernard (1813–1878), «Begründer der Tierversuche und Vater der moder- nen experimentellen Medizin» - Die Forschung am Menschen wird zur «Forschung zweiter Klasse» degradiert und der Tierversuch zur Goldstandard- methode erklärt

Unsere moderne Tierversuchsforschung basiert auf der mehr als 200 Jahre al-ten Lehre eines überheblichen Mannes, dem französischen Physiologen Claude Bernard, der aufgrund seiner Grausam-

keit von seiner Frau und seinen Töchtern verlassen wurde.Bernard beantworte schonungslos jede seiner Fragen in unvorstellbar grausa-men Tierversuchen. Beispielsweise stu-dierte er die Hitzeeinwirkung auf Körper an Kaninchen und Hunden, indem er diese Tiere bei lebendigem Leib so lange in einem Ofen erhitzte bis sie starben.43 Bernard erklärte, dass er als Physiologe – und somit als eine Art Übermensch – die Schmerzensschreie der Tiere über-hört und sich davon nicht beeindru-cken lässt.44 Er fand es schlicht «absurd» und «sinnlos» überhaupt über Tierversu-che zu diskutieren und vertrat folgende Ansicht: «Da es unmöglich ist, es allen recht zu machen, braucht sich der For-scher nur um die Meinung der Forscher, die ihn verstehen, zu kümmern und sein Verhalten nur nach seinem eigenen Ge-wissen zu richten.»45 Bernard war der Meinung, dass klini-sche Forschung, inkl. epidemiologi-scher Studien keine echte Forschung ist und Patienten zu viele Ungewissheiten mitbringen. Laut Bernard konnten die krankhaften Veränderungen eines Kör-pers nur anhand Versuchen an lebendi-gen Tieren unter streng kontrollierten Bedingungen studiert werden.46,47

Somit legte er den Grundstein für eine Forschung, in der Tierversuchsergeb-nissen eine grössere Bedeutung zuge-sprochen werden, als Erkenntnissen, die durch Forschung am Menschen gewonnen werden (könnten). Bernard führte das Prinzip ein, dass Erkennt-nisse aus der Forschung am Men-schen in Tierversuchen bestätigt wer-den müssen. Beobachtungen, die am

Menschen gemacht werden, sich im Tierversuch jedoch nicht reproduzie-ren lassen, werden somit häufig ein-fach als Anekdoten abgetan. Obwohl beispielsweise immer wieder beobach-tet werden konnte, dass Zigarettenrau-cher häufiger an Krebs erkrankten, als Nichtraucher, galt das Rauchen 50 Jahre lang als nicht-krebserregend, weil sich im Tierversuch kein kausaler Zusammen-hang zwischen Zigarettenrauchen und Lungenkrebs feststellen lies.48Die «streng kontrollierten Bedingun-gen», die von Bernard gefordert und seit-dem «perfektioniert» und standardisiert (z. B. durch maschinelle Fütterung der Tiere) wurden, sind tatsächlich schuld daran, dass der Aussagewert von Tierver-suchen kaum geringer sein könnte: Die Ergebnisse aus einem Tierversuch, bei welchem die Tiere bewusst ausschliess-lich auf eine ganz bestimmte Art gehand-habt, gefüttert und gehalten werden, un-terscheiden sich nachweislich in grossem Masse von den Ergebnissen aus einem Tierversuch bei welchem die Tiere auf eine andere Weise behandelt werden. Je standardisierter Versuchsanordnun-gen sind, um so «gekünstelter» sind die Ergebnisse und desto weniger ist das Versuchsergebnis auf andere Tie-re der selben Art, geschweige denn auf den Menschen übertragbar.49Obwohl es zu dieser Zeit bereits Anäs-thetika gab, wurden diese bei Tierversu-chen kaum eingesetzt – u. a. weil man eine Beeinflussung der Versuchsergeb-nisse fürchtete. Bernard, und auch ande-re Tierversuchsforscher ignorierten dabei die Tatsache, dass anhand Tierversuchen, bei denen die Tiere extremster Qual und Stress ausgesetzt werden, kaum die nor-malen physiologischen Vorgänge unter-sucht werden können. Ihr Ziel, Wissen über das «normale» Leben zu erlangen, konnten sie folglich überhaupt nicht er-reichen – sie lernten nur, wie die Stressre-aktionen eines Tieres aussehen.50Einer von Bernards Studenten, Dr. George Hoggan, schrieb: «Wir opfer-ten täglich ein bis drei Hunde – neben Kaninchen und anderen Tieren – und nach 4 Jahren Praxis bin ich der Mei-nung, dass nicht eines dieser Experi-mente gerechtfertigt oder nötig gewe-sen wäre». Er war so erschüttert, als er feststellen musste, dass Forscher an der Fo

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In Zeiten in denen Leichen, an denen Sektionen erlaubt waren, aufgrund bestimmter Gesetze rar waren, wurde Leichenraub betrieben. Dies trifft besonders auf das 17. und 18. Jahrhundert zu.66

Die Tiere mussten unvorstellbare Qualen erleiden – die Versuche wurden ohne Anästhetika durchgeführt. Damit die Tiere «still hielten», wurden sie festgebun- den oder auf Bretter genagelt.

Bernard (1813–1878) führte viele seiner Tier-versuche zuhause durch und verschonte nicht einmal den Familienhund. Seine Familie war so geschockt von seiner Grausamkeit, dass sie ihn verliess.67

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Methode «Tierversuch» festhalten, auch wenn diese offensichtlich nicht zum Wohle des Menschen durchgeführt wur-den, dass er eine Anti-Tierversuchs-Ge-sellschaft gründete. Hoggan berichtete schon damals, dass sich kaum ein Stu-dent oder Arzt wagt, sich gegen den Tier-versuch zu stellen, da er sonst damit rech-nen musste, keinen Job zu finden oder ausgeschlossen zu werden.51Gemäss Bernard lassen sich Tierver-suchsergebnisse sehr einfach auf den Menschen übertragen.52 Diese Fehl-einschätzung kostete bis heute unzäh-ligen Tieren und auch Menschen das Leben.

«Dank» Bernard zählen Tierversu-che seit dem 19. Jahrhundert zum fes-ten Bestandteil der Wissenschaft und die Forschung am Menschen verlor in den Augen der meisten Forscher an Bedeutung. Seit Galen wird der Ruhm einer medizinischen Entdeckung je-weils dem Tierversuch, nicht der Ent-deckung am Menschen, zugesprochen – auch wenn der Tierversuch erst nach der (oder parallel zur) entsprechenden Entdeckung am Menschen gemacht wurde, um die Resultate zu «untersu-chen» oder nachzustellen.Auch beispielsweise die Tatsache, dass der Grossteil der bisher verliehenen No-belpreise an Tierversuchsforscher verlie-hen wurde, und nicht etwa an den For-scher, der die jeweilige Entdeckung am Menschen gemacht hat, zeigt sehr deut-lich, dass in unserer Gesellschaft Tier-versuche grösseres Ansehen geniessen, als die Forschung am Menschen.

Die Forschung ab dem 19. Jahrhundert – die Forschung am Menschen setzt sich trotz tierversuchsorientierter Forschung durch

Sowohl Chemiker Louis Pasteur (1822–1895), als auch Robert Koch (1843-1910) waren Tierversuchen nicht abge-neigt. Diese haben jedoch nachweislich zu Fehlergebnissen geführt. Ihre gro-ssen Erfolge, die tatsächlich zum wissen-schaftlichen Fortschritt beitrugen, wur-den ohne Tierversuche erziehlt.Pasteurs Beiträge zur Medizin waren

u. a. die Pasteurisierung (Abtöten von Mikroorganismen durch Hitze) und die Keimtheorie (Krankheitsentste-hung durch Mikroorganismen). Beide Beiträge konnten ohne Tierversuche gemacht werden und waren von enor-mem Wert für die Menschheit. Bisher glaubte man nämlich, dass Krankheiten einfach spontan entstehen. Erst Pasteur fand heraus, dass Wein deshalb schlecht wurde, weil er von kleinen Organismen, Hefen, befallen war und diese Hefen ab-getötet werden müssen, bevor der Wein gelagert wird. Diese Erkenntnisse brach-ten Pasteur auf die Idee, dass der Mensch - wie der Wein – von kleinen infektiösen Organismen befallen werden kann. Er erkannte auch, dass Mikroorga-nismen von Mensch zu Mensch über-tragen werden können. Dank Pasteur begannen Ärzte ihre chirurgischen In-strumente zu sterilisieren und in einer saubereren Umgebung zu arbeiten.53

Robert Koch entwickelte Pasteurs Keim-theorie weiter und stellte die berühmten «Koch'schen Postulate» auf, anhand de-rer bestimmt werden können soll, ob ein spezifischer Krankheitserreger als Ur-sache einer bestimmten Krankheit be-trachtet werden kann. Zwei dieser Pos-tulate, Postulat 5 & 6, musste Koch jedoch schnell wieder verwerfen – er widerlegte sie selbst durch seine eige-nen Tierversuche.

Postulat 5: Wird ein Tier mit dem Krank-heitserreger infiziert, sollte es an der sel-ben Krankheit wie der Mensch erkranken. Postulat 6: Das Tier sollte in der Lage sein, den Krankheitserreger via Kultur-medium auf ein anderes Tier zu übertra-gen.53

Koch versuchte verzweifelt Affen, Kat-zen, Hunde und andere Tiere mit Chole-ra aus menschlichem Gewebe zu infizie-ren. Er schaffte es jedoch nicht – keines der Tiere entwickelte eine Krankheit die der Cholera beim Menschen ähnelte.54 Koch gestand sich schliesslich ein, dass Krankheiten des Menschen nur bedingt auf Tiere übertragen werden können. Vernünftigerweise gab er seine Chole-ra-Tierversuche auf und entdeckte den Cholera-Erreger schliesslich, als er Ge-webe infizierter Menschen unter dem Mikroskop untersuchte. Dank epide-miologischen Methoden war er sogar in der Lage, herauszufinden, wie Cho-lera durch kontaminiertes Wasser, in-fiziertes Essensgeschirr, usw. übertra-gen werden kann. Diese Entdeckung rettete viele Leben und bedeutete ei-nen grossen Fortschritt für die Medi-zin.Auch Kochs Tuberkulose-Tierversuchs-forschung verdeutlichte ihm, dass Tier-versuche nicht das leisten können, was sie vorgibt: Nachdem es Koch endlich gelun-gen war, aus Mäusen einen Tuberkulose-Impfstoff herzustellen, musste er feststel-len, dass dieser Impfstoff bei Menschen entweder keine Wirkung hatte oder zum Ausbruch der Krankheit führte.Koch schrieb: «Ein Versuch an einem Tier gibt keinen sicheren Anhalts-punkt für das gleiche Experiment an einem Menschen.»55

1833 behandelte William Beaumont (1785 - 1853), ein Arzt der U.S.-Ar-mee, einen Patienten, der eine so schwere Bauchverletzung erlitten hatte, dass Be-aumont dessen Magentätigkeiten durch ein Loch im Bauch hindurch beobachten und untersuchen konnte. Alexis St. Mar-tin wurde, trotz Loch im Bauch, 81 Jahre alt und verhalf Beaumont zu viel Wissen über Magenmotilität, Magensaftzusam-mensetzung, usw. zu sammeln. Er er-laubte Beaumont bspw., durch das Loch Magensaft zu entnehmen oder an Fäden befestigte Nahrungsmittel in den Ma-gen einzuführen und diese nach unter-schiedlicher Verweildauer wieder zu ent-fernen.56 1833 veröffentlichte Beaumont seine Forschung im Buch Experiments and Observations on the Gastric Juice and the Physiology of Digestion («Experimente und Beobachtungen über den Magensaft

Pasteur machte die Entdeckung, dass Mikroor-ganismen von Mensch zu Mensch übertragen werden können.

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und die Physiologie der Verdauung») und gilt heute als Vater der Physiologie des Magens.57 Ein weiterer berühmter Pati-ent, der einen grossen Beitrag zu unserem Wissen über die Verdauungsvorgänge im Magen geleistet hat, war Tom Little. 1895, im Alter von 9 Jahren, verbrannte er sich die Speiseröhre so sehr, dass ihm einer der ersten künstlichen Magenzu-gänge gelegt werden musste. Dank di-verser Untersuchungen an diesem Paten-ten, fand man z. B. heraus, dass Stress zu einer Überfunktion des Magens, d.h. verstärkter Magensaftproduktion, usw. führt. Die Ärzte erkannten dank Litt-le u. a. auch, dass alleine die Erwartung von Essen eine starke Magensäurepro-duktion auslöst.58 Diese Entdeckung wird nicht etwa den Ärzten, die die-se am Menschen gemacht haben, zuge-schrieben – die Anerkennung für diese Entdeckung hat Ivan Petrovič  Pavlov (1849 – 1936), der diese Entdeckung bei Hunden gemacht hat, erhalten.

1855 beschrieb der englische Arzt Tho-mas Addison fünf Tuberkulose-Patien-ten mit beeinträchtigten Nebennieren. Daraufhin versuchten Tierversuchsfor-scher bei Tieren die gleichen Symptome, wie die Tuberkulose-Patienten sie zeig-ten, auszulösen, indem sie ihnen die Ne-bennieren entfernten. Den Tierversuchs-forschern gelang es nicht bei den Tieren die gewünschten Symptome zu verursa-chen. Aus diesem Grund wurde Ad-disons Entdeckung - die Addison-Krankheit, wie sie heute genannt wird – während der nächsten Jahrzehnte nicht weiter verfolgt, sondern einfach ignoriert.59

1858 entwickelte der Arzt und Patho-loge Rudolf Virchow («Begründer der Zellpathologie», 1821 - 1902)  die von Matthias  J.  Schleiden und Theodor Schwann begründete Zelltheorie (diese sagt u. a. aus, dass Zellen der Grundbau-stein aller Lebewesen sind) weiter.Bei der Untersuchung menschlichen Ma-terials unter dem Mikroskop, stellte er fest, dass bei kranken Menschen manche Zellen anders aussehen, als bei gesunden und Krankheiten somit auch auf zellula-rem Level erkennbar sind. Ebenfalls fand er heraus, dass Zellen (sowohl gesunde, als aus kranke) nur aus bereits existieren-

den Zellen hervorgehen können. Er ent-wickelte die Theorie der Zellularpa-thologie und erklärte die Entstehung von Krankheiten durch Zellverände-rungen. Virchows Zellularpatholo-gie löste schliesslich die Viersäfteleh-re ab.60,61

1893 testete George W. Oliver die Hy-pothese, dass die Hormone, welche durch die Nebennieren gebildet werden, den Blutdruck beeinflussen. Sehr wahr-scheinlich wurde er durch Addisons Ent-deckung, dass die Addison-Krankheit mit niedrigem Blutdruck einhergeht, in-spiriert. Er testete dies, indem er seinem Sohn Nebennierenextrakt verabreich-te und anschliessend den Durchmesser seiner Arterie im Arm mass. Oliver fand heraus, dass sich der Durchmesser stark verkleinert hat und schloss daraus, dass die Nebennieren eine Substanz enthalten müssen, die den Blutdruck erhöht, in-dem sie zu einer Verengung der Blutge-fässe führt.62Wie es in einer tierversuchsorientierten Gesellschaft üblich ist, überprüfte Oli-ver anschliessend seine Resultate in Ed-ward A. Shafers Tierversuchslabor und stellte dabei fest, dass er bei den Hunden die gleiche Reaktion wie bei seinem Sohn beobachten kann. Obwohl die Tierversuche bloss bestä-tigten, was am Menschen entdeckt wurde, wird die Entdeckung der Rol-le der Nebennieren tatsächlich bis heu-te Shafers Tierversuchen, nicht Olivers Untersuchungen am Menschen, zuge-sprochen.631895 demonstrierte Robert T. Mor-ris die Funktionen der Eierstöcke wäh-rend eines chirurgischen Eingriffs an ei-

ner Frau. Darüber hinaus führte er die Transplantation von Eierstockgewebe ein und verhalf so Frauen, die zuvor un-ter einem Ausbleiben der Geschlechts-reife litten, diese zu erreichen.64 1896 stellte Emil Knauer daraufhin Morris' Erkenntnisse in Versuchen an Kanin-chen nach und heimste – anstelle von Morris – die ganze Anerkennung ein.65

Diese kleine Auswahl einiger der be-rühmtesten Forscher in der westli-chen Geschichte der Medizin, zeigt, wie wichtig die Forschung am Men-schen ist. Tierversuchsergebnisse können nie-mals Ergebnisse, die durch Forschung am Menschen gemacht wurde, bestäti-gen oder widerlegen – man kann nicht wissen, ob sich der zu überprüfende Sachverhalt bei der untersuchten Tier-art gleich verhält wie beim Menschen. Um Erkenntnisse über den Menschen gewinnen zu können, muss auf jeden Fall am Menschen oder an menschli-chem Material geforscht werden. Wes-halb der Tierversuch – 200 Jahre nach Bernard – noch immer als Goldstan-dardmethode angesehen wird und der Forschung am Menschen in unse-rer Gesellschaft weniger Wert beige-messen wird, als einem Tierversuch, ist nicht logisch erklärbar. Dass dies künftig so bleibt ist stark zu bezwei-feln.

Alle Quellenangaben finden Sie unter: http://www.agstg.ch/quellen/albatros49.pdf

Text: Marietta Haller

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Pavlov (1849 – 1936) implantierte Hunden für seine Versuche zum Nachweis der klassischen Konditionierung Speichelauffangbehälter.

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Im Zuge der Erstellung dieses Strategie-papiers veranstaltete das NCad Work-shops und liess sich von verschiedenen Experten beraten. Wie das NCad gleich zu Beginn des Strategiepapiers schreibt, verursachte Dams Begehren Entsetzen unter den involvierten Tierversuchsfor-schern. Trotzdem musste eingesehen werden, dass es keinen vernünftigen Grund gibt, die aktuelle Tierversuchspraktik beizu-behalten und nicht verstärkt in innovati-ve tierfreie Methoden zu investieren.Wie gering und zufallsabhängig die Aus-sagekraft von Tierversuchen für den Menschen ist, zeigt sich ständig in der Praxis und wird durch zahlreiche Studi-en belegt. Diesem Umstand wird auch

in der Einleitung des Strategiepapiers Rechnung getragen – wenn auch in ei-ner sehr verharmlosenden Formulierung: «..., in den letzten Jahren hat die Zahl der akademischen Publikationen, die darauf hinweisen, dass die Vorhersagekraft von Tiermodellen für bestimmte Krankheits-prozesse unbeständig ist, zugenommen».Wie das NCad schreibt, stehen der For-schung bereits heute viele tierversuchs-freie Forschungsmethoden zur Verfü-gung. Doch leider «ist der Einsatz vieler tierfreier Innovationen aus praktischen und vor allem rechtlichen Gründen er-schwert. Dies hat zur Folge, dass vie-le Möglichkeiten den Versuchstier-Ver-brauch zu reduzieren nur unzureichend erkannt und nicht ausgeschöpft werden.

Anerkannte Alternativmethoden werden häufig nicht konsequent angewandt».Das NCad hält in seinem Strategiepapier Folgendes fest:

Die Zielsetzung des Strategiepapiers

«Im Bereich «gesetzlich vorgeschrie-bene Sicherheitsprüfungen» gibt es technische und strategische Möglichkei-ten um Tierversuche – unter Beibehal-tung der aktuellen Sicherheitsstandards – bis 2025 komplett abzuschaffen. Das NCad empfiehlt dem Landwirtschafts-minister dieses klare politische Ziel zu übernehmen und es national und inter-national zu verbreiten.» Laut NCad kann auf Tierversuche für

Dass die Goldstandard-Methode «Tierversuch» eine innovative und menschenorientierte Forschung keines-wegs erst ermöglicht, sondern ganz im Gegenteil behindert, wird regelmässig von Wissenschaftlern erkannt und bemängelt. Bisher blieben diese Erkenntnisse konsequenzfrei. Den Gegenargumenten, der in unserer Ge-sellschaft fest etablierten Tierversuchsforschung, wird bequemerweise blind Glauben geschenkt. Damit ist nun zumindest in den Niederlanden Schluss: Martijn van Dam, der niederländische Landwirtschaftsminister, hat sich zum Ziel gesetzt, den Niederlanden bis 2025 zur weltweit führenden Rolle im Bereich «Innovationen ohne Tierversuche» zu verhelfen. Dazu hat er das niederländische «National Committee for the protection of animals used for scientific purposes» (NCad) damit beauftragt, für die Niederlande einen Plan zum Ausstieg aus dem Tierversuch zu erstellen. Das Ergebnis dieses Auftrags, das Strategiepapier «Transition to non-animal research - on opportunities for the phasing out of animal procedures and the stimulation of innovation without laboratory animals» (dt. «Übergang zur tierfreien Forschung – über Möglichkeiten Tierversuche abzubauen und tierversuchsfreie In-novationen zu fördern») zeigt, dass selbst das NCad, zu dessen Mitgliedern auch Tierversuchsexperimenta-toren gehören, eingestehen muss, dass keine Notwendigkeit besteht, an der gängigen Tierversuchspraktik festzuhalten.

Die Niederlande planen den Übergang zur tierfreien Forschung

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die Sicherheitsprüfung von Chemikali-en, Nahrungsbestandteilen, Pestiziden, Human- und Veterinärarzneimittel, so-wie biologischer Stoffe, wie beispielswei-se Impfstoffe, verzichtet werden.Das NCad betont, dass einerseits in vie-len Fällen eine wissenschaftliche Recht-fertigung für die vorgeschriebenen Sicherheitsprüfungen fehlt (und die-se Versuche lediglich aus historischen Gründen durchgeführt werden) und der Forschung genug tierversuchsfreie Me-thoden zur Verfügung stehen, um Tier-versuche in diesem Bereich abzuschaffen.Gemäss des NCads muss die Herange-hensweise bei Sicherheitsprüfungen radi-kal verändert und neue, genauere Metho-den angewandt werden, wodurch sich die Relevanz dieser Forschung erhöht.

Die gesetzlich vorgeschriebenen prä-klinischen Tierversuche im Rahmen der Zulassung neuer Biopharmazeuti-ka, wie u.a. auch Impfstoffe, können je-doch, wie das NCad schreibt, nicht bis 2025 abgeschafft werden.

«Im Bereich «Grundlagenforschung» (Forschung ohne konkreten Nutzen, Anm. d. Red.) variieren die Möglich-keiten einer bedeutenden Reduktion und Abschaffung der Tierversuche je nach Forschungsfeld. Das NCad emp-fiehlt dem Landwirtschaftsminister, in Absprache mit der Öffentlichkeit und der Wissenschaftlergemeinschaft, einen 10-Jahres-Plan für jeden Forschungsbe-reich der Grundlagenforschung zu er-stellen (...).»Das NCad argumentiert, dass Grund-lagenforschung teilweise auf «ganze Or-ganismen» (d.h. keine in-vitro-Systeme, oder Ähnliches) angewiesen ist und des-halb Versuche am Tier nur schwer auf-gegeben werden können. Zudem liege es in der Natur der Grundlagenforschung, dass im Vorfeld nicht bekannt ist, zu welchen Ergebnissen und Fragestellun-gen ein Tierversuch führt. Deshalb sei es auch nicht möglich vorauszusagen, ob die jeweiligen Ergebnisse und Fragestel-lung mit innovativen tierversuchsfreien Methoden erreicht werden könnten. Das NCad ignoriert hier, dass Ergebnisse aus der Grundlagenforschung mit Tieren bloss in Aussnahmefällen einen tatsäch-lichen Nutzen für den Menschen haben

und die allermeisten Tierversuche in die-sem Bereich nichts weiter als eine Geld- und Zeitverschwendung bedeuten und häufig sogar zu Fehlinformationen füh-ren, die durch weitere Studien berichtigt werden müssen.

Laut NCad ist das Potential der tier-freien Innovationen in den Bereichen «angewandte und translationale For-schung» besonders gross. Es ist der Mei-nung, dass in diesen beiden Forschungs-bereichen viel schnellere Fortschritte gemacht werden könnten, als dies mo-mentan der Fall ist. Das NCad empfiehlt dem Landwirtschaftsminister «eine star-ke Fokussierung auf Innovationen ohne Tierversuche, um die Möglichkeiten die-ser Forschungsbereiche auszuschöpfen und zu verstärken». Auf diese Weise kön-ne die Niederlande ihr Ziel, bis 2025 eine weltweit führende Rolle im Bereich In-novationen ohne Tierversuche zu über-nehmen, in den Forschungszweigen «an-gewandte und translationale Forschung» erreichen.

«Durch das Fokussieren auf Praktiken, in denen keine Versuchstiere involviert sind und dem aktivem Nachdenken über den Tierversuchsverbrauch in den Be-reichen «Bildung und Training», kann der Versuchstierverbrauch bedeutend re-duziert werden.»

Das NCad ist der Meinung, dass die För-derung tierfreier Methoden in der Aus-bildung ein Umdenken bei, in Ausbil-dung befindlichen, Jungwissenschaftlern bewirken kann und diese neue Wissen-schaftler-Generation den nötigen Para-digmenwechsel «weg vom Tierversuch als Goldstandardmethode» auslösen kann.

Gemäss NCad ist es nicht möglich, bis 2025 alle Tierversuche in allen For-schungsbereichen abzuschaffen. Aller-dings sei es in vielen Forschungsberei-chen nötig, von der herkömmlichen Art

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Die Tierversuchs-Grundlagenforschung hat in der Regel keinerlei Nutzen für die Humanmedizin. Zu verschieden sind Mensch und Tier.

Das NCad hofft, dass die Förderung tierfreier Methoden in der Ausbildung das nötige Umdenken bei, sich in Ausbildung befindenden, Jungwissenschaftlern bewirken kann.

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des Denkens und Vorgehens abzukom-men. In den Bereichen, in denen eine Re-duktion der Tierversuche innerhalb der nächsten paar Jahre möglich sei, müsse ein Paradigmenwechsel «weg vom Tier-versuch als Goldstandardmethode» ge-schehen.

Die Übergangsstrategie

Für den Übergang zur tierfreien For-schung gibt das NCad unter anderem folgende Empfehlungen an den Land-wirtschaftsminister ab:

Da bestimmte Tierversuche im Rah-men der Sicherheitsprüfungen auf inter-nationalem Level vorgeschrieben sind, muss der gesetzliche Risikobewer-tungsprozess auf internationaler Ebe-ne revidiert werden.

Die Anerkennung tierfreier Metho-den muss gefördert werden, indem verstärkt in die Validierung der tier-freien Methoden investiert wird. (Bei der Validierung handelt es sich um die vorgeschriebene «Gültigkeitsprüfung», bei der sich eine tierfreie Methode mit einem Tierversuch messen muss, um zu-gelassen zu werden.) Das NCad betont hier erfreulicherwei-se, dass zur Validierung tierfreier Me-thoden, die einen direkten Bezug zu menschlichen Daten und Materialien haben, logischerweise Humandaten ver-wendet werden sollten. Herkömmlicher-weise werden zur Validierung Daten aus Tierversuchsstudien verwendet.Das NCad kritisiert, dass Medikamen-

te häufig bloss im Tierversuch die ge-wünschte Wirkung zeigen, beim Men-schen jedoch versagen. Für solche Fälle könne der Vorhersagewert von Tierver-such und tierfreier Methode mittels rückwirkender Validierungsstudien er-mittelt und verglichen werden.

Von Daten aus der Forschung am Menschen muss verstärkt Gebrauch gemacht werden. Das NCad bemän-gelt, dass Humandaten nur unzurei-chend gesammelt, aufgenommen und verwendet werden. Als Beispiele wer-den hier «die Verwendung von Micro-sampling oder -dosing; Gewebebanken; Patienteninformation; epidemiologische Daten; Screening und Synthesis of Evi-dence» erwähnt.Weiter sollen sinnvolle und sichere Stu-dien am Menschen stärker gefördert und unnötige gesetzliche Hürden beseitigt werden.

Der Übergang zur tierfreien For-schung muss beobachtet, sowie evalu-iert und der Zugang zu Erkenntnissen aus der tierfreien und der 3R For-schung (Forschung, die zum Ziel hat Tierversuche zu verfeinern, reduzieren und ersetzen) vereinfacht werden.Das NCad empfiehlt so schnell wie mög-lich – idealerwiese internationale – zent-rale Datenbanken, worin die bekannten Daten aus Tierversuchen und tierver-suchsfreien Methoden gesammelt wer-den, aufzubauen, um Transparenz zu schaffen und der Forschung den Zugang zu den Daten zu erleichtern.

Das Übergangsmanagement

Das NCad rät dem Landwirtschaftsmi-nister eine der führenden Rollen im Pro-zess des Übergangs zur tierfreien For-schung zu übernehmen und gleichzeitig andere Ministerien zu involvieren, um zu gewährleisten, dass eine einheitliche Strategie auf nationalem Level geschaf-fen wird.Darüber hinaus soll auf internationa-ler Ebene ein Fahrplan mit dem Ziel «tierversuchsfreie Forschung» erarbeitet werden. Dabei soll sich auf Methoden, welche sowohl hochgesteckt, als auch er-reichbar sind, konzentriert werden. Das NCad ist zuversichtlich, dass die Niederlande in der einzigartigen Positi-on sind, international die führende Rolle im Bereich «Innovationen ohne Tierver-suche» zu übernehmen und diese Positi-on dazu genutzt werden kann, den Über-gang zu einer tierfreien Forschung auf internationalem Level zu beschleunigen.

Somit ist das Strategiepapier als wich-tiger Schritt in die richtige Richtung zu betrachten, auch wenn die Auto-ren den Sinn von Tierversuchen nicht prinzipiell in Frage stellen.Es bleibt zu hoffen, dass das Umden-ken weite Kreise ziehen wird und man erkennt, dass Tierversuche grundsätz-lich eine unwissenschaftliche, veralte-tete Forschungsmethode darstellen.

Quelle: https://www.ncadierproeven-be-leid.nl/documenten/rapport/2016/12/15/ncad-opinion-

Text: Marietta Haller

Obwohl klar ist, dass der Tierversuch nicht den erhofften Nutzen bringt und einer sicheren und effektiven Medizin im Weg steht, gilt er noch immer als «Goldstandard-Forschungsmethode».

Das NCad kritisiert, «dass viele Möglichkeiten den Versuchstier-Verbrauch zu reduzieren nur unzureichend erkannt und nicht ausgeschöpft werden»

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Als ich im Winter 2011/12 das Materi-al zum Dokumentarfilm Where the Ele-phant Sleeps (WTES) im Elefantendorf in Jaipur drehte, war mir noch nicht be-wusst, dass damit eine Wegrichtung ein-geschlagen war, in der sich mein künf-tiges Leben ausschliesslich um Elefanten drehen sollte. Zwei Jahre später, im Sep-tember 2014, gründeten wir das Hilfs-werk Elefanten in Not - Schweiz und kurze Zeit darauf einen ebenfalls steu-erbefreiten Sitz von Elefanten in Not in Deutschland.

Elefanten haben Humor. Sie zeigen Mit-gefühl, Selbstbewusstsein, und sie sind verspielt. Sie trauern um ihre Toten und zeigen sogar Referenz gegenüber Artge-nossen, die nicht zur eigenen Familie ge-hören. Herden werden von Matriarchin-nen angeführt und weisen im gesamten Tierreich den engsten Zusammenhalt auf. Elefanten zeigen Besorgnis für ande-re bedrohte Tierarten und sind bekannt dafür, andere in Bedrängnis geratene Tiere zu retten. In Sachen Futter sind sie besonders wählerisch. Für etwa sechzig verschiedene Arten von Gräsern, Rinden, Früchten usw. zählen sie ökologisch be-trachtet nebst Vögeln zu den wertvollsten Samenverteilern im Tierreich … um nur einige wenige Eigenschaften dieser wun-derbaren Geschöpfe zu nennen, die uns Menschen so sehr ähnlich sind.

Der Film WTES, der im März am World Film Festival in Hyderabad mit dem Award for Excellence ausgezeichnet wur-de, hat einen Meilenstein gesetzt und die Problematik aufgedeckt, die hinter dem

üblen Geschäft der im Tourismus arbei-tenden Elefanten steht. 115 bis 125 Ele-fanten in Jaipur sind davon betroffen. In der schnell wachsenden 3 Millionen-Stadt sterben im Jahresdurchschnitt vier bis acht dieser Tierriesen, ihre Gesamt-zahl verringert sich jedoch nicht. Die Elefanten stehen unter dem Joch ihrer Besitzer und werden illegal schnell nach-gekauft, bevor der Elefant auch nur ge-storben ist.

Die Haltungsbedingungen für Elefan-ten im Elefantendorf in Jaipur, in dem mehr als achtzig der Tiere beherbergt sind, sind keineswegs artgemäss. Haben sie gute Besitzer, geht es ihnen einiger-massen gut. Die meisten allerdings be-trachten ihre Elefanten als Nutztiere und somit als Geldquelle. Einzelhaltung, an-gekettetes Stehen auf abgeschrägtem Be-tonboden und keine medizinische Ver-sorgung sind nebst Überarbeitung im Touristenbusiness, auf Hochzeiten und privaten Veranstaltungen und einseitiger Ernährung mit Rohrzucker die Grund-übel, die das gestresste Leben der Tie-re buchstäblich zur Hölle werden las-sen. Vielen der Jaipur-Elefanten sind Lahmheiten bereits von weitem anzuse-hen: Kniegelenke, Schultern, und Ell-bogen der Elefanten weisen arthritische Schäden auf, die von Überbelastung und Missbrauch herrühren. Ihre hochsen-siblen, kuchenblech-grossen Füsse tra-gen rund sechzig Prozent ihres eigenen Körpergewichts und sind zusätzlich ext-remen Belastungen ausgesetzt. Auf- und abwärts laufen mit Touristen auf dem Rücken (ca. 300kg) ist nicht Elefanten-

sache. Ihre Zehennägel reissen und bil-den die Anlaufstelle für Entzündungen und nachfolgend schwerwiegende Infek-tionen (Foto1), die nicht selten zu Kno-chenentzündungen und schliesslich zum Tod der Elefanten führen. Verletzungen durch den eisernen Ankush, einen Dres-surhaken (Foto1a), stehen an der Tages-ordnung. Die Seele der Elefanten und seine Gesundheit bleiben beim Geldge-schäft aussen vor. Elefanten in Not hat erstmals im Ap-ril 2016 ein Fusspflegeprojekt für einige dieser Elefanten mit dem Biologen und Elephant Behavior Consultant Tobias Dornbusch in Jaipur durchgeführt.

Anwendungen der ayurvedischen Medi-zin, wie sie im Elefantendorf praktiziert werden, sind in fast allen Fällen als mit-

ELEFANTEN IN NOT- Hilfswerk Schweiz - Deutschland

Wir treten ein für Elefanten in Gefangenschaft

Foto 1a

Foto 1

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telalterlich zu bezeichnen. Tantra-Rituale spielen eine grosse Rolle, wenn die Hei-ler nicht weiterwissen. 200 Jahre alte Ele-fantenbücher aus Maharadjazeiten liefern Anweisungen, wie die 84 verschiedenen Fieber eines Elefanten zu behandeln sei-en. Manche Fieber seien wie Mäuse, be-hauptet einer der führenden Heiler, und frässen Löcher in die Ohren der Elefan-ten. Dabei rollt er das Ohr eines Elefan-ten wie einen Pfannkuchen nach oben. Die Wahrheit aber ist, dass in die Oh-ren der Elefanten eigens Löcher einge-fügt wurden, um für die Schaustellung der Tierriesen an den grossen Festivals al-lerlei farbenfrohe Bänder zu befestigen, die beim Fächern für Kühlung unter der gleißenden Sonne ausreissen. Die Fieber besetzten verschiedene Kör-perteile der Elefanten (Foto1c) sind in den geheimen Büchern als hundsköpfi-ge Dämonen mit Krokodilsfüssen und clownesken Masken dargestellte, viel-armige Wesen mit klangvollen Namen: Rashbishua, Kaljur, Dissetjur…Rauch-behandlungen und scharfe Heilpasten sollen den Elefanten das Fieber nehmen und von der Augengrippe befreien. (Fo-to1b) Dabei sind Temperaturinversionen zwischen der Hitze des Tages und kalten Nächten das Problem. Glühende Koh-le soll die Infektion aus den faustgrossen Löchern in ihren Füssen heilen. (Foto2)

Die Elefantendame Sita liegt seit fünf Wochen am Boden, als ich aus dem Sü-den Indiens ins Elefantendorf zurückkeh-re. Sita besteht nur noch aus Haut und Knochen, ein Anblick voller Qualen. Ich gebe ihr mein Versprechen, ihr und ih-ren Artgenossen zu helfen, und sie dankt es mit Durchhaltevermögen. Schlussend-lich konnte ich mit zwei Organisationen vor Ort, Humane Society International und Help in Suffering, ihren Märty-rertod bis zur Zentral Zoo Authority in Dehli bringen, der obersten Behörde, der keine Wahl blieb, als der geforderten Ster-behilfe zuzustimmen, ohne den grössten Skandal zu riskieren. Wenn Elefanten zu Boden gehen, sterben sie spätestens in den nächsten fünf bis zehn Tagen. Sita ist der erste, offiziell eingeschläferte Elefant in ganz Indien. Das war im Februar 2012.Im Süden Indiens ist die Lage zwar an-ders, jedoch keinesfalls besser. Tempelele-fanten fristen ein ebenfalls schlimmes

Dasein. Tierschutz ist auch Menschen-schutz. Wöchentlich kommen neue Schreckensmeldungen von schwer ver-letzten, missbrauchten oder Toten, Ele-fanten wie Menschen. Dank der gross-zügigen Spende einer Schweizer Stiftung konnte Elefanten in Not erstmals in Zu-sammenarbeit mit dem Wildlife Rescue and Rehabilitation Center in Marrakan-nam ein Sicherheitsgehege (Foto3) für die Elefantendame Gomathi bauen, um deren Freiheit wir zur Zeit kämpfen.

Lakhshmi ist eine über sechzigjährige Elefantendame, die ein Tempel als gro-sse Ausnahme freiwillig an das WRRC hergegeben hat. Ihre schlimmen Füsse (Foto4) mussten über ein Jahr lang in einem Tierspital in Rajapalayam von ei-nem unserer Veterinäre behandelt wer-den, bis sie nun endlich transportfähig sein wird, um ihre endgültige Destina-tion im WRRC in Malur bei Bangalo-re zu erreichen. Die an beiden Vorderbei-nen gelähmte Aneesha wird sie dort als ihre künftige Lebensgefährtin empfan-gen. (Foto5, großes Foto) Aneesha war ein Logging-Elefant. Überstrapazierung und irreparable Schläge auf ihre Vorder-beine haben zu solch schwerwiegenden

Lähmungen geführt. Im Allgemeinen genügt eine Überanstrengung des Bewe-gungsapparates von Elefanten, um der-artige Lähmungserscheinungen hervor-zurufen. Aneesha wird ebenfalls Dank der Hilfe treuer Spender von Elefanten in Not mit jährlichen Patenschaftsbeiträ-gen unterstützt.

Gegenwärtig hat Elefanten in Not eine online-Petition geschaltet, die alle Ele-fantenritte in Jaipur einzustellen sucht. 115 - 125 Elefanten brauchen dann ein neues, kettenfreies zu Hause. Die Wahr-scheinlichkeit, dieses Ziel annähernd zu erreichen, ist nicht all zu gering, wenn es auch dauern mag.

Wenn Sie Zugang zum Internet haben, dann finden Sie unter www.agstg.ch/EIN weiterführende Informationen zu Hilfs-werk, Petition, Film usw.

Um die Kosten für Unterbringung, Un-terhalt, Verpflegung und medizinische Versorgung decken zu können, sind un-sere geliebten Dickhäuter auf Spenden angewiesen. Schon im Voraus vielen Dank für Ihre Unterstützung!Spendenkonto ELEFANTEN IN NOT: 61-176809-2IBAN CH86 0900 0000 6117 6809 2Kontakt: [email protected]/

Text: Brigitte Uttar Kornetzky (Präsidentin des Hilfswerks)

Foto 4

Foto 3

Foto 1b

Foto 1c

Foto 2

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ZusammenfassungMit einer Auswertung von 119 Heils-versprechungen aus 110 Medienberich-ten aus drei Jahrzehnten zeigen wir auf, dass Übertreibungen und falsche Progno-sen in der tierexperimentellen Forschung System haben. Wenn eine neue Behand-lungsmethode im Tierversuch funktio-niert, wird dies oft übertrieben positiv in der Öffentlichkeit dargestellt. Dabei sind es überwiegend die Forscher selbst, die ihre Ergebnisse aufblähen. Dass die Wundermittel doch nicht wirken, wenn sie am Menschen getestet werden, steht dann nicht mehr in der Zeitung. In den Köpfen der Menschen bliebt fälschlicher-weise haften, dass Tierversuche für den Durchbruch bei der Bekämpfung unserer Krankheiten notwendig seien. Am meis-ten tendieren unserer Auswertung zufolge die Xenotransplantations- und Stamm-zellforschung zu übertriebenen Aussich-ten. Die Ursachen, weshalb die Heilsver-sprechungen nicht eintreten, sind in der

Unterschiedlichkeit zwischen den künst-lich krank gemachten „Versuchs“tieren und den komplexen Krankheitsvorgän-gen beim Menschen und der daraus resul-tierenden nicht vorhandenen Übertrag-barkeit der Ergebnisse zu suchen.

EinleitungErstmals Affen von Diabetes geheilt! Neue Hoffnung für Aids-Patienten! Durchbruch bei Parkinson-Forschung! Im Tierversuch erfolgreich getestet! Querschnittsgelähmte Ratten laufen wie-der! Blinde Mäuse wurden sehend! Ver-heißungen dieser Art sind in den Medi-en an der Tagesordnung. Dabei werden Heilsversprechungen nicht erst durch die Medien aufgebauscht, sondern sie fin-den sich großenteils bereits in der akade-mischen Pressemitteilung, d.h. gehen auf die Forscher selbst zurück. In einer Aus-wertung von 462 Pressemitteilungen und 668 Medienberichten enthielten 40% der Pressemitteilungen übertriebene Schluss-folgerungen, 33% übertriebene kausale Zusammenhänge und 36% Übertreibun-gen bei der Übertragung von Tierstudi-en auf den Menschen.1 Das heißt, wenn eine neue Therapie bei Maus, Ratte oder Affe klappt, sind es die Experimentato-ren selbst, die ihren „Erfolg“ als sensati-onelle Entwicklung in der Öffentlichkeit verbreiten und damit Hoffnungen bei be-troffenen Patienten schüren.

Erstmals geben wir einen Überblick über Heilsversprechungen in Medienberichten aus drei Jahrzehnten und gehen der Fra-

ge nach, wieso die Prognosen nicht ein-treffen.

Zum VorgehenWir haben eine Sammlung von 110 über-wiegend deutschsprachigen Medienarti-keln von 1987–2016 zusammengestellt, die 119 auf Tierversuche basierende Heils-versprechungen von 1983–2016 enthalten (Tabelle 1, S. XX).

Ein Artikel aus der Fachzeitschrift AL-TEX aus dem Jahr 2005 enthielt eine Auf-listung von 42 Versprechungen, die der Pharmakonzern Ciba-Geigy in einer Bro-schüre aus dem Jahr 1985 im Rahmen ei-ner Volksabstimmung „zur Abschaffung der Vivisektion“ in die Öffentlichkeit ge-bracht hat, um die Pro-Tierversuchsseite zu stärken.2 Aus dieser Auflistung wur-den in die vorliegende Auswertung 9 übernommen, die konkrete Krankheiten und weniger Zustände wie Schuldgefühle oder Schlafbedürfnis betrafen.Ein weiterer Artikel enthielt Zitate von Heilsversprechungen aus früheren Jah-ren, die in die Auswertung übernommen wurden, so dass Versprechungen bis zu-rück zum Jahr 1983 einbezogen werden konnten.

Aufgelistet wurden das Jahr, in dem die Verkündung gemacht wurde, und die An-gabe, bis wann eine bestimmte Krankheit besiegt sein werde, bzw. bis wann ein be-stimmtes Forschungsziel erreicht sein soll. Die Konkretheit dieser Angabe kann in drei Grade eingeteilt werden:

Studie: Heilsversprechungen der tierexperimentellen Forschung

119 Versprechungen aus drei Jahrzehnten beleuchtet

Malaria

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- Konkrete Jahresangabe oder Jahresan-zahl- Unkonkrete Zeitangaben wie „bald“, „eines Tages“ oder „zukünftig“.- Ohne Zeitangaben, aber konkret Hoff-nungen schürend.

Wenn eine Zeitspanne über mehrere Jah-re angegeben wurde, haben wir die jeweils erst genannte Jahreszahl in die Auswer-tung einbezogen, also z.B. „5 Jahre“ bei der Angabe „5-10 Jahre“.

Ferner wurden Angaben zu Tierarten und zum federführenden Institut – soweit aus dem Artikel ersichtlich – erfasst sowie Ar-tikeltitel und Quellenangabe.

ErgebnisseWir haben 119 auf Tierversuchen basie-rende Heilsversprechungen aus 110 über-wiegend deutschsprachigen Medienarti-keln zusammengetragen und ausgewertet. Aus den 1980/1990er Jahren stammten 17 bzw. 20 Versprechungen. Der Schwer-punkt lag dabei mit 55 bzw. 27 Verspre-chungen auf den 2000er und 2010er Jah-ren (Tabelle 2). Der Grund hierfür ist in der begrenzten Verfügbarkeit der frühen Artikel zu suchen.

Tabelle 2: Anzahl der Heilsverspre-chungen nach Jahrzehnten

1980er 17

1990er 20

2000er 55

2010er 27

Gesamt 119

Mit je 14 Versprechungen waren die Xe-notransplantations- und die Stammzell-forschung am häufigsten. Bei der Xe-notransplantation sollen Schweine als Ersatzteillager für defekte Organe von Menschen dienen. Erste Versprechungen, Schweineherzen und -lebern auf Patien-ten zu verpflanzen, fanden wir in 1987. Hier wird das Jahr 2005 als Umsetzung dieses medizinischen Traums anvisiert. Xenotransplantations-Visionen tauchen regelmäßig bis in die heutige Zeit in den Medien auf, wobei die Prognosen zur An-wendung zwischen 5 und 10 Jahren lie-gen.

Die Stammzellforschung mit ihren pos-tulierten Anwendungsmöglichkeiten wie Gewebe nach einem Herzinfarkt erneu-ern, künstliche Bypass-Venen bauen, ka-putte Sehnen nachwachsen lassen, Ersatz-zähne und –lebern züchten, lag gleichauf mit der Xenotransplantation. Die Prog-nosen erstrecken sich über den gesamten Untersuchungszeitraum, so stammen die ersten aus dem Jahr 1989, die neuesten aus 2014. Die anvisierte Zeitspanne, bis die Versprechungen erfüllt werden kön-nen, liegt zwischen einem und 10 Jahren.Aids liegt an dritter Stelle, wobei 8 der

11 Nennungen aus den 1980er und frü-hen 1990er Jahren stammen. Nach zahl-reichen Fehlschlägen und der Erkenntnis, dass selbst Schimpansen kein AIDS be-kommen können, scheinen die Forscher etwas zurückhaltender mit Heilsverspre-chungen geworden zu sein.

Alzheimer wurde hingegen erst vor rund 10 Jahren „en vogue“. Erste Heilsverspre-chungen, die auf „erfolgreiche“ Tierversu-che zurückgehen, haben wir im Jahr 2007 registriert.

Stammzellenforschung

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Tabelle 3: Heilsversprechungen nach Krankheiten-/Forschungsziel-Katego-rien

Krankheit/Forschungsziel

Anzahl

Xenotrans-plantation

14

Stammzellen, Organe nachwach-sen lassen

14

Aids 11

Alzheimer 8

Krebs 7

Querschnittsläh-mung

7

Blindheit 6

Diabetes (Heilung) 5

Parkinson 4

Altern 4

Malaria-Impfung 3

BSE-Impfung/-Behandlung

3

Übergewicht 3

Multiple Sklerose 3

Andere 27

Gesamt 119

Beim Zeitrahmen bis zum Eintreffen der Voraussage werden am häufigsten 5 Jahre genannt (16 Nennungen). Auch ein rela-tiv kurzfristiger Erfolg in 1-2 Jahren wird häufig prognostiziert (10 bzw. 12 Nen-nungen). Unbestimmte Zeitbegriffe wie „bald“, „greifbare Nähe“ oder „viele Jah-re“ wurden in 23 Artikeln angegeben. (Tabelle 4)

Tabelle 4: Zeitrahmen bis zur Erfül-lung der Versprechung

Zeitrahmen Häufigkeit

Mehrere Monate bis 1 Jahr

10

2 Jahre 12

3 Jahre 7

4 Jahre 2

5 Jahre 16

6 Jahre 1

7 Jahre 2

10 Jahre 6

11 Jahre 2

18 Jahre 1

Unbestimmt 23

Keine Angabe 37

Gesamt 119

DiskussionDen 119 dokumentierten, auf Tierver-suchen basierenden Versprechungen aus 33 Jahren gemein ist, dass sie sich alle nicht erfüllt haben. So verspricht die Xe-notransplantationsforschung seit mindes-tens drei Jahrzehnten den serienmäßigen Austausch defekter Organe. Als 1992 As-trid, das erste für die Organübertragung geschaffene Genschwein das Licht der Welt erblickte, prophezeiten ihre Schöp-fer erste klinische Versuche am Menschen innerhalb von drei Jahren.3 Der Schwei-zer Pharmariese Novartis prognostizierte im Jahr 1999, dass ab 2010 bis zu 300.000 Menschen jährlich Herz, Leber, Nie-re oder Bauchspeicheldrüse vom Tier er-halten könnten.4 Die schottische Biotech-firma PPL Therapeutics kündigte nach ihrer Erzeugung von geklonten, genma-nipulierten Schweinefünflingen im Jahr 2002 klinische Versuche, d.h. Menschen-versuche, in vier bis fünf Jahren an.5 Im Jahr 2006 war bei einer Tagung am Berli-ner Robert-Koch-Institut von vier bis fünf Jahren bis zum Einsatz am Menschen die Rede.6

Auch nach Jahrzehnten falscher Hoff-nungen werden noch immer Herzen gen-manipulierter Schweine auf Paviane ver-pflanzt – oft zusätzlich zu ihrem eigenen - wobei die Primaten allesamt nach we-nigen Minuten bis Tagen qualvoll an der Abstoßungsreaktion sterben. Wenn es ge-

lingt, einen Affen ein paar Tage länger am Leben zu halten, wird dies bereits als Erfolg gefeiert und ist wieder einen Pres-seartikel wert. Die kolossalen Probleme hinsichtlich der Abstoßung, möglicher übertragbarer Viren, Einfluss der Lebens-weise des Empfängers, ethische und psy-chische Komponenten, lassen sich auch durch noch so viele Tierversuche nicht in den Griff bekommen.

Auch die Heilung der Querschnittsläh-mung zieht sich durch die Medien der letzten 30 Jahre. Ratten, denen das Rü-ckenmark durchschnitten wurde, laufen wieder! Die Nervenstränge sind wieder zusammengewachsen. Dabei sind diese Versuche völlig realitätsfern. Bei einem Unfall, den ein Mensch erleidet, wird das Rückenmark meist gequetscht, nicht sau-ber mit einem Messer durchtrennt. Rat-ten laufen auf vier Beinen, so dass die Wirbelsäule ganz anderen Belastungen ausgesetzt ist, als die des Menschen. Zu-dem haben Ratten eine sehr viel bessere Heilungstendenz als der Mensch. In die gleiche absurde Kategorie fallen Versuchs-reihen, bei denen Fischen die Schwanz-flossen abgeschnitten werden, um ihre Regenerationsfähigkeit zu untersuchen. Die Evolution hat Fischen und manch anderen Tieren bestimmte Eigenschaften wie das schnelle Nachwachsen von Kör-perteilen mitgegeben. Noch so viele Tier-versuche werden nicht dazu führen, dass Menschen abgeschnittene Arme oder zer-quetsche Rückenmarke nachwachsen.

Auch die Krebsforschung ist durchzogen von falschen Versprechungen. Besonders ist hier die sogenannte Krebsmaus zu nen-nen, die 1992 als erstes Säugetier in Euro-pa patentiert wurde. US-Forschern war es einige Jahre zuvor gelungen, ein mensch-liches Krebs-Gen in das Erbgut von Mäu-sen zu schleusen. Die Nagetiere bekamen frühzeitig Krebs und sollten endlich zum Durchbruch bei der Bekämpfung der Krankheit verhelfen. Zehn Jahre nach der Patentierung der Krebsmaus ist von einem „symbolischen Schritt, der ohne prakti-sche Bedeutung“ die Rede6. Auch andere Strategien gegen Krebs haben die Hoff-nungen nicht erfüllt. Dr. Richard Klaus-ner, Direktor des National Cancer Insti-tute (NCI) in den USA resümiert: „Die Krebs

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Geschichte der Krebsforschung ist die Geschichte wie man Krebs bei Mäusen heilt. Seit Jahrzehnten heilen wir Krebs bei Mäusen, aber beim Menschen klappt es einfach nicht.“7

Die Tierversuchsindustrie tendiert da-zu, ihre angeblichen „Erfolge“ bei Tier-versuchen als große Durchbrüche bei der Bekämpfung menschlicher Krankhei-ten medienwirksam zu vermarkten. Aids, Krebs, Parkinson, Alzheimer und vie-le weitere Krankheiten wurden im Tier-versuch schon unzählige Male „geheilt“, doch dann hört man von den angeblichen Wundermitteln nie wieder etwas, weil sich herausstellt, dass sie beim Menschen nicht wirken.

Diese offenkundige Verschiedenheit zwi-schen Tier und Mensch sowie die Tatsa-che, dass es viele Krankheiten des Men-schen im Tierreich nicht gibt, will die tierexperimentelle Forschung durch so genannte „Tiermodelle“ umgehen, d.h. Tiere werden „künstlich krank gemacht“ oder gentechnisch manipuliert. Auf diese Weise sollen die Symptome menschlicher Erkrankungen simuliert werden.

So gelten genmanipulierte Mäuse mit Ge-dächtnisverlust als alzheimerkrank. Ein Schlaganfall wird durch Verstopfen ei-

ner Hirnarterie bei Ratten oder Mäusen nachgeahmt, Diabetes durch Injektion eines Giftes bei Ratten, das die Inselzel-len der Bauchspeicheldrüse zerstört, ein Herzinfarkt durch Verschluss einer Herz-kranzarterie bei Hunden. Ratten gelten als „depressiv“, wenn sie in einem Was-serbehälter aufhören zu schwimmen oder nicht hochspringen, wenn das Bodengit-ter unter Strom gesetzt wird.

Doch auch wenn Tiere auf noch so aus-geklügelte Weise manipuliert werden, sie können niemals als 'Modell' für den Men-schen dienen. So verwundert es nicht, dass 92-95% der im Tierversuch als wirk-sam und sicher getesteten potenziellen Medikamente im Test am Menschen ver-sagen, d.h. sie werden gar nicht erst zu-gelassen.8,9,10 Von diesen Arzneien, die es auf den Markt schaffen, müssen zwischen 20 und 50 % wieder zurückgerufen oder mit Warnhinweisen versehen werden, da sie beim Menschen Nebenwirkungen hervorrufen, die im Tierversuch nicht er-kannt wurden.11

Die Heilsprognosen in den Medien sind für die tierexperimentell tätigen Forscher nötig, zum einen, um die Akzeptanz ih-rer Tierforschungen in der Öffentlichkeit zu erhöhen. Zum anderen sorgen die ver-meintlichen "Erfolgsmeldungen" für ei-nen steten Fluss von Steuergeldern und Drittmitteln, denn man steht ja kurz vor dem Durchbruch und braucht Geld, um ihn zu erreichen. Welcher Politiker mag den Hahn zudrehen, wenn die Heilung der Geißeln der Menschheit zum Greifen nah ist?

Dabei unberücksichtigt bleibt, dass bei betroffenen Patienten falsche Hoffnungen geweckt werden. Und für die schlimms-ten Grausamkeiten an Tieren wird ei-ne Rechtfertigung konstruiert und sei sie auch noch so irreal. Besonders fatal ist, in den Köpfen der Menschen bleibt fälsch-licherweise haften, dass Tierversuche für den Durchbruch bei der Bekämpfung notwendig seien. Denn, dass die Wun-dermittel doch nicht wirken, wenn sie am Menschen getestet werden, steht nämlich nicht mehr in der Zeitung.

FazitÜbertreibungen und falsche Prognosen in der tierexperimentellen Forschung ha-ben System, um die öffentliche Meinung zu ihren Gunsten zu beeinflussen und um die Finanzierung weiterer Forschun-gen zu sichern. Wir fordern eine Abkehr von Tierversuchen, nicht nur aus Tier-schutzgründen, sondern auch, um Patien-ten vor falschen Hoffnungen zu bewah-ren und um durch eine Umwidmung von Forschungsgelder hin zu einer auf den Menschen ausgerichteten medizinischen Forschung endlich zu wirklichen Fort-schritten bei der Behandlung und Hei-lung unserer Krankheiten zu kommen.

Autorin: Dr. med. vet. Corina Gericke, Ärzte gegen Tierversuche e.V.

Quellen: Die Studie inkl. Literaturlis-te und Tabelle 1: “Übersicht über Heils-versprechungen aus Zeitungsartikeln von 1987-2016“: www.agstg.ch/quellen/albat-ros49-Studie.pdfDie Literaturliste und Tabelle1 können Sie auch telefonisch unter 041 558 96 89 anfordern.

Fettleibigkeit

Blindheit

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Salü KidS und TeenS Seid Ihr schon mal von einer Biene gestochen worden? Das tut ganz schön weh, habe ich gehört,ist aber in der Regel nicht tödlich. Ausser für die Biene selbst. Zumindest bei den Honigbienen ist der Stachel mit einem Widerhaken ausgestattet, der in der Haut des Opfers hängenbleibt – zusammen mit einem Teil der Biene, die dann stirbt. Deshalb stechen Bienen auch nur im Notfall und nicht aus Angriffslust. Wie so viele andere Tiere auch, müssen die Bienen sowieso mehr Angst vor dem Menschen haben, als der Mensch vor ihnen. Dazu gleich mehr.

Mit summenden Grüssen, Deine

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Obwohl es viele Arten von Bienen gibt, denken wir in Mitteleuropa meistens nur an die westliche Honigbiene (Apis mel-lifera), wenn von Bienen die Rede ist. Dabei sind auch andere Arten, die un-ter dem Begriff Wildbienen zusammen-gefasst werden, sehr interessante Tiere. Weltweit gibt es etwa 30´000 unter-schiedliche Wildbienenarten, in der Schweiz immerhin mindestens 500. Die kleinsten von ihnen sind nur knapp über einen Millimeter lang, die grössten gu-

te drei Zentimeter. Einige Arten leben alleine, solitär nennen das die Biologen, andere gemeinsam als Volk, so wie wir das auch von den Honigbienen kennen. Und dann gibt es noch Kuckucksbienen, die ihre Eier in fremde Brutzellen legen.

Stark gefährdet

Alle Wildbienen sind gefährdet, ein Grossteil sogar stark. Das hängt vor al-lem damit zusammen, dass sie in unse-rer „ordentlichen“ Welt kaum noch Platz zum Nisten finden. Totholz wird sofort weggeräumt, Reisighaufen werden ver-brannt, Böschungen zubetoniert und Steinhaufen beseitigt. Dabei sind es ge-nau solche Schlupflöcher (im wahrsten Sinn des Wortes!), in denen die Wild-bienen ihre Eier ablegen. Wenn Ihr den Wildbienen also helfen wollt, dann über-redet Eure Eltern, das Reisig in einer Ecke des Gartens liegen zu lassen und das Totholz nicht zu entsorgen, sondern nur an den Rand des Gartens zu räumen. Ausserdem könnt Ihr Insektenhotels auf-

stellen. Das geht sogar in der Stadt und auf dem Balkon.

Der Bienenstock

Um einen Platz für die Eiablage muss sich die Honigbiene in der Regel keine Sorgen machen. Der Imker stellt ihr ei-ne Wohnung, die so genannte Nisthöh-le oder „Beute“ zur Verfügung. Das sind Kästen aus Holz oder Kunststoff, de-ren Deckel sich abnehmen lässt, damit der Imker reinschauen und sie bewirt-schaften kann. In den Nisthöhlen gibt es mehrere Holzrahmen, in die die Bie-nen aus Wachs ihre Waben bauen. Dort lagern sie Honig und Pollen und ziehen ihre Larven auf. Honig und Pollen wer-den gebraucht, um die Larven zu ernäh-ren. Auch das Bienenvolk greift auf diese Vorräte zurück, wenn die Bienen wegen dem Wetter nicht fliegen können. Zu-mindest, wenn der Mensch sie lässt. Dass Honig lecker und gesund ist, haben die Menschen schon lange gemerkt. Deswe-gen halten sie auch schon ganz lange Bie-

Bienen

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nen, „ernten“ (oder klauen?) den Honig und geben ihnen dafür Zuckerwasser, das mit Proteinen angereichert ist.

Die Bedeutung der Honigbienen

Den grössten Dienst erweist die Biene dem Menschen allerdings nicht als Ho-niglieferant, sondern dadurch, dass sie beim Sammeln von Pollen und Nektar die Pflanzen, die sie besucht, bestäubt. Mit anderen Worten: Sie sorgt dafür, dass der Blütenstaub (die Pollen) mit den Spermienzellen auf das weibliche Blü-tenorgan übertragen wird. Nur so kann es zur Befruchtung kommen und die Pflanze später Früchte tragen. Deswegen ist es auch so schlimm, wenn es während der Obstbaumblüte regnet oder so kalt ist, dass die Bienen nicht fliegen kön-nen. Aber nicht nur das schlechte Wetter kann den Bienen einen Strich durch die Rechnung machen. Sie leiden auch unter Insektengiften, Pilzen und Parasiten. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu regelrechten Massensterben unter Bienenvölkern, deren Ursachen nicht immer klar nachgewiesen werden konnte. Man vermutet jedoch, dass es

Schädlingsbekämpfungsmittel waren, an denen die Bienen entweder direkt ge-storben sind oder die sie so geschwächt haben, dass kleine weitere Belastungen ausreichten, um das ganze Volk dahin-zuraffen. Das ist nicht nur für die Biene traurig, die ihr Leben lassen muss, son-dern auch eine ernsthafte Gefahr für den Menschen. Unsere Supermärkte wären ziemlich leer, wenn es keine Bienen mehr gäbe, die unsere Pflanzen bestäuben. Die Tatsache, dass die weltweite Wirtschafts-leistung von Bienen und anderen bestäu-benden Insekten für die westliche Agrar-wirtschaft auf 150 Milliarden Franken geschätzt wird, lässt erahnen, dass wir den Bienen bei weitem nicht genug Wertschätzung entgegenbringen!

Tierschutz im UnterrichtSchüler setzen sich für die gequälten Versuchstiere ein

Es gibt mehrere Möglichkeiten, das The-ma Tierversuche in der Schule zu disku-tieren. Fast wöchentlich erreichen uns Anfragen von Schülern, die sich in ei-nem Schulprojekt dem Thema Tierver-suche widmen möchten.

Diese Schüler unterstützen wir mit In-fos, Material und Interviews, damit sie ihre Mitschüler mit soliden Fakten auf die Gefahren und das Übel von Tierver-suchen aufmerksam machen können. Wenn du auch gerne einen Vortrag in deiner Schulklasse machen möchtest, dann melde dich doch bitte bei uns.Wir helfen dir gerne, damit dein Vortrag ein voller Erfolg wird. Du kannst auch deinen Lehrer bitten, das Thema Tier-versuche in eurer Schulklasse zu disku-tieren. Vielleicht möchte er auch gerne eine kompetente Tierschutzlehrerin ein-laden?

Foto: byrdyak/123rf.com

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AG STG · Aktionsgemeinschaft Schweizer Tierversuchsgegner Nr. 49 – 6 / 2017 22

Mein Name ist Markus Zaugg (Spitzna-me: Kusi)  und ich  wohne auf dem Le-benshof Verein Treffpunkt Tier-Mensch.Tierrechte und Tierschutz  liegen  mir sehr am Herzen. Es ist mir überaus wich-tig, andere Menschen für die Bedürfnis-se der Tiere zu sensibilisieren.Seit März 2017 organisiere ich die Infor-mationsstände der AG STG und bin vor Ort, um den Passanten die Sinnlosigkeit der Tierversuche aufzuzeigen.

„Wo immer ein Tier in den Dienst des Menschen gezwungen wird, gehen die Leiden, die es erduldet, uns alle an.“ (Al-bert Schweitzer)

Ein solches Zitat, ein Zeitungsartikel, ein Dokumentarfilm, ein Gespräch mit veganen Freunden oder Informationen aus einem Flyer können gute Gründe dafür sein, über die Beziehung Mensch-Tier / Tier-Mensch nachzudenken.Der Aufbau unseres Lebenshofs hat sich erst nach und nach ergeben. Es begann damit, dass wir den Gedanken „Hey, so kann es nicht weitergehen“, in die Tat umsetzen wollten.Meine Partnerin Ann Bachmann und ich sahen den veganen Lebensstil als ein-zigen Weg, um selber möglichst wenig zum gewaltsamen und viel Leid verursa-chenden Umgang mit unseren Mitlebe-wesen beizutragen. Wir leben beide aus ethischen Gründen vegan.

Auf dem Lebenshof möchten wir unse-ren Besuchern die Möglichkeit geben, unsere Tiere und deren Geschichten kennen zu lernen, den Tieren als Indi-viduen zu begegnen und vieles über ih-re Bedürfnisse und ihre Verhaltenswei-sen zu erfahren.Bei uns kann man Kindergeburtstage feiern, mit einer Schulklasse vorbeikom-men, bei einem unserer Events herein-schauen oder uns einfach nach Voran-meldung besuchen. Wir passen uns, wenn möglich, gezielt unserem Publi-kum an: Je nach Wunsch darf auf dem Hof mitgeholfen werden oder man kann sich die Zeit nehmen, die Tiere auf sich wirken zu lassen.

Unsere Tiere leben jeweils in Gruppen mit ihresgleichen oder wenn möglich mit anderen Tierarten zusammen. Sie können ihren Tagesablauf relativ frei be-stimmen; sich bewegen, auf Futtersuche gehen, scharren, wühlen, sich wälzen, sonnen, zurückziehen, Sozialkontakte pflegen, und vieles mehr...Der Lebenshof liegt sehr ländlich im Zürcher Unterland, direkt an der deutsch/schweizerischen Grenze, 11 Ki-lometer von Bülach entfernt.Unsere Mitbewohner: 1 Hund, 2 Kat-zen, 5 Ziegen, 3 Schweine, 3 Ponys, 1 Pferd; Hühner, Enten, Vögel, Kanin-chen und Meerschweinchen.Ungefähr 60 tierische Freunde leben mo-mentan auf dem Hof, wobei es schwierig

ist, diese genau zu zählen, da die gerette-ten Wildenten oft nur zum Fressen nach Hause kommen und immer wieder neue Bewohner auf dem Lebenshof einziehen.

Unsere neuesten Mitbewohner sind Nan-cy, Momo Fortunato und Luna Rosa.Nancy ist ein Zuchtschwein aus einem Naturafarm-Zuchtbetrieb.Sie hatte, trotz ihres jungen Alters von 3 Jahren (*6.6.13), schon fünfmal Nach-wuchs.Die Jungen wurden jeweils im Alter von 3 Wochen von ihr weggenommen (= abge-setzt) und kamen in die Mast, wo man sie mit einem Gewicht von 100 kg schlach-tete.Je älter das Zuchttier ist, desto weniger Junge wirft es. Dann wird auch das Mut-tertier geschlachtet und zu „minderwerti-ger“ Wurst verarbeitet.Nancy konnte in dem Zuchtbetrieb nur Beton und Spaltenböden unter ihren Klauen spüren. Bei uns kann sie endlich suhlen und buddeln und somit ihr natür-liches Verhalten ausleben.Nancys Markenzeichen ist ihre heraus-hängende Zunge. Diese Zunge war ihre Rettung. Eine Mitarbeiterin des Zucht-betriebs verliebte sich in sie und suchte für sie einen Lebensplatz. So kam Nan-cy zu uns. Da wir Nancy nicht alleine bei uns aufnehmen wollten, durften zwei ih-rer letzten Jungen (* 13.8.16) mitkom-men: Luna Rosa und Momo Fortunato.Am Beispiel unserer Schweine zeigen wir

Verein Treffpunkt Tier-Mensch

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auf dem Lebenshof, welche natürlichen Bedürfnisse diese Tiere haben. Schwei-ne möchten nicht stinkend in der eigenen Jauche liegen, wie dies leider oft in den Betrieben der Fall ist. Schweine möchten gerne ihre angeborenen Verhaltensweisen ausleben. Doch „wirtschaftliche“ Fleisch-produktion lässt dies nicht zu.

Die Ziervögel sind von ganz verschiede-nen Orten zu uns gekommen. Meist sind es Vögel, die zuvor in der Wohnung in kleinen Käfigen lebten. Dann wurde es den Besitzern zu mühsam, entweder we-gen des Vogelstaubs oder wegen der Laut-stärke des Vogelgezwitschers. Für kleine Kinder sind Vögel nicht besonders gut ge-eignet, da sie auf Bewegung und laute Tö-ne schreckhaft reagieren. Natürlich sind sie auch keine Kuscheltiere. Momentan wohnen in unserer grosszügigen Volie-re Zebrafinken, Kanarienvögel und Wel-lensittiche. Wir sind allerdings der Mei-nung, Vögel müssen fliegen können, am Besten in freier Natur. Selber würden wir niemals Vögel anschaffen, da selbst die Haltung in der Voliere immer noch zu einengend ist. Doch wir nehmen Vögel auf, die zuvor in kleinen Käfigen hausen mussten, in denen sie sich kaum bewegen konnten. Für diese Vögel ist es sicher bes-ser, wenn sie bei uns sind als in ihrem bis-herigen Zuhause. Wenn sich jemand bei uns meldet, der den Vögeln noch mehr Platz bieten kann zum Fliegen, dann ge-ben wir sie gerne weiter. Unsere Aussen-volière ist ca. 9m3 gross und hat zusätz-lich einen heizbaren Innenraum von 3m3.

Ein Grossteil der Hennen, die den Eier-bedarf der Schweizer und Schweizerin-nen decken, sind Saisonarbeiterinnen, welche nach einem Jahr aussortiert wer-den. Wenn sie in die Mauser (Federwech-sel) kommen, legen sie nicht mehr täglich ein Ei. Deshalb nehmen wir immer wie-der solche Hühner bei uns auf. Die letzten Hühner, die auf den Hof kamen, stam-men aus einem Biobetrieb. Auch in Bio-betrieben geht es um Leistung und Profit.

Die Hühner dürfen bei uns ihr restliches Leben in vollen Zügen geniessen: Bei uns haben sie endlich genug Platz, um sich frei zu bewegen und können nach Würmern

scharren, feine Sämereien vom Boden pi-cken, sich sonnen, sich im Sand oder in feiner Erde wälzen, unter den Apfelbäu-men im Schatten liegen, sich miteinander unterhalten und vom Hahn verwöhnen lassen. Es gibt alles, was ein Hühner-herz begehrt. In der Nacht schützt sie ein warm isoliertes Hühnerhaus vor Fuchs und Marder.Mit den Hühnern im selben Gehege le-ben die Enten: Es sind wilde Stocken-ten von der Wildvogel-Auffangstation Schaffhausen. Sie wurden dort als mut-terlose, kleine Küken bis zum ersten Fe-derwechsel aufgepäppelt. Wenn die Fe-dern den weichen Flaum ersetzt haben, werden die Enten bei uns freigesetzt und lernen auf unserem grosszügigen Teich schwimmen. Die meisten dieser Enten wollen dann gar nicht mehr weg, son-dern bleiben bei uns. Täglich fliegen sie ihre Runden, sind jedoch am Abend wie-der auf dem sicheren Teich anzutreffen.

Neben der Bewirtschaftung des Hofes gehen Ann und ich noch auswärts ar-beiten, um Geld zu verdienen. Ohne das wäre es uns unmöglich, die anfallenden Kosten zu decken.

Wir freuen uns über jede helfende Hand und jede finanzielle Spende, die dem Ver-ein Treffpunkt Tier-Mensch und damit zu 100% den Tieren zu Gute kommt.

Möchten Sie Tierpate/Tierpatin werden oder eine Tierpatenschaft verschenken?Vollpatenschaft: Der Pate/die Patin fi-nanziert das Leben eines Tieres für min-destens ein Jahr (ausgenommen sind Tierarztkosten oder sonstige grössere Aufwendungen). Ein Tier hat immer nur einen Paten. Vollpatenschaften gibt es nur bei den kleinen Tieren.Teilpatenschaft: Der Pate/die Patin hilft mit, das Leben eines Tieres für mindes-tens ein Jahr zu finanzieren (ausgenom-men Tierarztkosten oder sonstige grö-ssere Aufwendungen). Es kann mehrere Teilpaten für ein Tier geben. Teilpaten-schaften gibt es bei allen grösseren und kostenintensiven Tieren.Natürlich freuen sich die Tiere über ei-ne langfristige Patenschaft. Damit wird ihr Leben auf dem Lebenshof des Vereins Treffpunkt Tier-Mensch gesichert.

Tiergötti oder Tiergotti erhalten eine Pa-tenschaftsurkunde mit dem Bild des Pa-tentieres. Ausserdem darf man sein Paten-tier auf dem Lebenshof in Hüntwangen besuchen.Verein Treffpunkt Tier-MenschBahnhofstrasse 738194 Hüntwangenwww.treffpunkttiermensch.ch079 501 05 01 (am Besten: SMS/Rück-ruf) Kontonummer: 60-253832-4IBAN: CH55 0900 0000 6025 3832 4https://www.facebook.com/vereintreff-punkttiermensch/

Text: Markus ZauggFotos: Ann Bachmann

Kusi mit Luna Rosa und Momo Fortunato.

Nancy mit ihren vier Wochen alten Jungen.

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ICH WERDE LEBENDIG GEHÄUTET. Für Ihre Kapuzenjacke mit Pelzbesatz.

Stopp Pelz!

Bitte verzichten Sie auf Echtpelzprodukte. Diese Tiere wollen leben! Eine Aktion von:


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