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2012 Oktober

Date post: 30-Mar-2016
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2012 Oktober
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2012 Das Sterben der Bienen DIE STUMMSTE NATURKATASTROPHE DER WELT 12 11 10 09 08 07 06 05 04 03 02 01 8,50 Euro WWW.2012.AT Das vielleicht letzte Magazin der Welt
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2012Das Sterben der Bienen

Die stummste Naturkatastrophe Der Welt

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8,50 EuroWWW.2012.at

Das vielleicht letzte Magazin der Welt

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In beiden Fällen gilt: jetzt bestellen und erst am 22. 12. 2012 bezahlen – vielleicht.

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mal untergang

Nur eines ist gewiss: Die Welt geht unter. Unsicher ist, ob Vulkane, Springfluten oder Erdbeben für unsere Auslöschung sorgen.

Drei Szenarien, wie es passieren könnte.Bilder: Nina Ball; Recherche: Stephanie Eichler und Julia Harlfinger

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Kometenregen über Wien. Das 9/11 der Naturkatastrophen. Bild: Mateusz Lesman

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DreimalUntergangNur eines ist gewiss: Die Welt geht unter. Unsicher ist, ob Vulkan e, Springfluten oder Erd­beben für unsere Auslöschung sorgen. Drei Szenarien, wie es passieren könnte.

Die im Regen stehenExtremes Wetter, zu stark regu­lierte Flüsse, abgeholzte Wälder, Überbevölkerung. Niederschläge und Hochwasser mögen ganz natür lich sein. Die neue Sintflut, die sie bringen, ist aber meist vom Menschen verursacht.

In Gottes HandDie Erdbeben rücken immer näher. Bald wird Istanbul be­troffen sein, sagen Seismologen. Die Bewohner bereiten sich auf den Untergang vor – oder ignorieren ihn.

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0457 0417 Zweig-Technologie1985 reist der Schriftsteller Doug­las Adams nach Madagaskar, um nach dem fast ausgestorbenen Aye­Aye zu suchen. Er findet es nicht, schreibt aber ein ungeheu­er lustiges Buch: „Die Letzten ihrer Art“.

Das Sterben der BienenDie kleinste Natur kata strophe der Welt betrifft ein Drittel unserer Lebensmittel und könnte zum Aussterben tausender Arten und zum Hungertod führen: die Vergiftung unserer Insekten durch Pestizide.

Das Rätsel von AtlantisDie Suche nach dem sagenhaften Reich führt zu den Wurzeln der europäischen Zivilisation und zu den Ursprüngen der Kelten. Vielleicht ist die Geschichte von Atlantis doch kein Mythos.

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Von Seite 0512 bis 0349Inhalt #03

So lesen Sie 20122012 beginnt mit dem Ende. Mit Heft Nummer 12, auf Seite 2012 und zählt hinunter. Am Zwölften jeden Monats erscheint ein neues 2012. Bis Dezember 2012. Dann ist Schluss. Sie befinden sich in Nummer 03 – auf Seite 502.

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9/11: Der Tag, an dem die Wahrheit starbEin neuer Doku­Thriller erzählt die unglaublichen Hinter gründe der Anschläge vom 11. September: Gut ist böse, tot ist lebendig, und wahr ist falsch. Apokalypse Geschichte.

Warum es die Welt verdient, unter zugehenSeien wir ehrlich: Es gibt jede Menge guter Argumente, die das Ende der Menschheit rechtfertigen: ein A bis Z der überzeugenden Gründe.

Geisterstadt am Ende der WeltIm Jahr 1998 wird Pyramiden, die nördlichste Stadt der Welt, sich selbst überlassen. Eine Reise in die einstige sowjetische Vor­zeige siedlung auf Spitzbergen.

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Das letzte Naturvolk

Letzte Wünsche: Esther Stocker

Der letzte Selbstmord

Letzte Prognose 0479 Letzte TV­Serie

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Das letzte rote Haar

Die letzten Tiere

Die Letzten ihrer Art

Die letzte Weltausstellung

Das letzte Maya­Mahl

Das Ende

Katastrophen als ChanceZukunftsforscher Andreas Reiter über Menschen, Orte und Wirt­schaftsbranchen, die durch Krisen Oberwasser bekommen werden.

Willst du das wirklich essen?Du bist, was du isst. Aber wissen wir wirklich, was da vor uns auf dem Teller liegt? Heutzutage werden Pflanzen ohne Sonnenlicht gezo­gen, Fleisch wird im Reagenzglas produziert. Dem modernen Men­schen ist sein Essen fremd gewor­den. Allein würde er verhungern.

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Letzter FehlerDie Goldmünze auf Seite 0521 in 2012/04 war leider so falsch wie unsere Credits: Das Bild ist in Wahrheit von Sascha Vernik. Pardon!

Adieu, Belgique! Vaarwel, België!In Belgien gibt es nur Wallonen und Flamen und eine kleine Minderheit, die sich als Belgier fühlt – die Deut­schen. Das Ende eines künstlichen Staates naht. Nur eines hält das Land noch zusammen: ein gemein­sames Problem namens Brüssel.

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Hören und bestellen auf: 2012.at/requiem

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requiem für einen Planeten

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Apokalypse Donau. Das Schmelzen aller Alpengletscher würde nicht reichen, Wien unter Wasser zu setzen. Auch nicht jenes der Polkappen. Aber das Wetter ist hier manchmal wirklich katastrophal. Bild: Nina Ball

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Geschichten von den letzten Dingen

Der Letzte tropfen

EndEDiesmal sind wir nicht schuld. Wir Menschen haben nichts getan, können auch nichts dagegen tun. So eine Naturkatastrophe ist fast schon unsere Yoga-Stunde in Zeiten der Apokalypse.

D er Mensch nimmt sich zu wichtig: Nicht nur, dass er sich anmaßt, der Herr über die Welt zu sein, sie nach seinen Vor­

stellungen und Bedürfnissen formen zu dür­fen – er glaubt tatsächlich auch, sie zerstören zu können. Aber ist er nicht vielmehr bloß ein geduldetes Subjekt, das – sobald zu lästig ge­worden – runtergeschüttelt wird von diesem Planeten wie ein Floh von einem Hund.

Da kann der Mensch noch so viele Atom­bomben bauen, der Ausbruch eines Super­vulkans (S. 0509) wird die Sprengkraft jedes Nukleararsenals der Welt um ein Vielfaches übertreffen. Da kann er seit Jahrtausenden Stein auf Stein schlichten und Mauern zu seinem Schutz errichten, ein Erdbeben wird seine Städte binnen Sekunden vernichten (S. 0457) – oder bin­nen Jahrhunderten durch die größte aller Natur­katastrophen: die Zeit.

Amsterdam, Istanbul, Venedig, New York, L. A., Mumbai, Wuhan, Tokio – sie alle sind dem Unter­gang geweiht (S. 0445). So wie einst das große Reich von Atlantis (S. 0425) oder wie ein kleines Dorf der Maya (S. 0487).

Gut, es mag sein, dass wir Menschen, wenn schon nicht schuld an all den Naturgewalten, so

doch durch Ignoranz der letzte Tropfen sind, der die Fässer der Katastrophen und die Flüsse zum Überlaufen bringt (S. 0475). Aber woher sollen wir auch wissen, was die Natur von uns will, wenn wir nicht einmal wissen, was wir selbst wollen – oder essen (S. 0393)? Und wem sollen wir ver­trauen, was wahr und richtig ist? Den Medien? Der Regierung? Unserer eigenen Meinung? (S. 0411)

Wir vergiften unsere Böden und Bienen. Wir Menschen machen Fehler, und wir machen Dinge richtig – ohne es zu merken, ohne es zu planen. Wir zerstören die Natur durch unsere Städte, und ausgerechnet die Städte werden zum Refugium für vom Aussterben bedrohte Pflanzen und Tiere (S. 0441). Und die Natur lässt uns leben, denn so wichtig sind wir nicht.

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DIE LETZTENLIEDER

Zwölf Stars der österreichischen Musik schreiben exklusiv für „2012“ ein letztes Lied – das Requiem für einen Planeten. Jetzt bestellen auf: 2012.at/requiem. Vielleicht das Letzte, was Sie hören werden!

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Der NiNo aus WieNDes ollaletzte Liad

NakeD LuNchEvery Sucker Needs a Home

kyrre kvamDer Montag ist so traurig

roLaND NeuWirthDes End vom Liad

Fritz ostermayerKärntner Requiem

heLmut JasbarRequiem für jedermann

WoLFgaNg muthspieLThe King Must Go

ogris DebrisAround Here

biLgeri/hepp proJectShotgun

berNharD FLeischmaNNWhere in this World

FLoriaN horWathRunnin’

musicbaNDa FraNuiEnde vom Lied: In die Dunkelheit

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Binnen 24 Stunden stand der Norden von England im Juni 2007 unter Wasser. Das Dorf Toll Bar in der Nähe

von Doncaster hatte es besonders hart getroffen. Die Familie Leith (li. Vater Graham, re. Sohn Kieran) musste

innerhalb von Sekunden aus ihrem Haus fliehen. Ein Schock, von dem sie alle sich nicht erholt hatten. Graham und Kieran sind Tage später zurückgekehrt,

um nach den Versicherungspapieren zu suchen.

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die imRegen stehenExtremes Wetter, zu stark regulierte Flüsse, abgeholzte Wälder, Überbevölkerung. Niederschläge und Hoch-wasser mögen ganz natürlich sein. Die neue Sintflut, die sie bringen, ist aber meist vom Menschen verursacht.

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Die Erdbeben kommen immer näher. Bald wird Istanbul getroffen werden, sagen Seismologen. Die Bewohner bereiten sich auf den Untergang vor – oder ignorieren ihn. Text: Georg Eckelsberger, Bilder: Hans Hochstöger

In Gottes Hand

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In Gottes Hand

E s ist heiß und ohrenbetäubend laut in dem unterirdischen Durchgang zwischen den Toren der mächtigen Neuen Moschee (Yeni

Cami) und dem Aufgang zur Galatabrücke, ei­nem der neueren Wahrzeichen Istanbuls. Direkt am Goldenen Horn, einer schmalen Bucht des Bosporus, die das Stadtzentrum spaltet, drängen sich hier Touristen und Einheimische unter grel­lem Neonröhrenlicht. Händler nutzen das Nadel­öhr, um ihre Waren feilzubieten: an den Wänden gefälschte Sonnenbrillen, billiger Goldschmuck, laut quietschendes Plastikspielzeug, übertönt nur noch durch das Sprachgewirr, in dem kein einzel­nes Wort mehr zu verstehen ist. In einer Nische hält einer der Händler grinsend einen kleinen Plastikkäfig hoch. Im Unterschied zu jenen Kisten am nahe gelegenen ägyptischen Basar, aus denen Händler Hühnerküken als Zuchttiere oder Spiel­zeug für die Kinder der Touristen anbieten, ist das Tier darin nicht lebendig. Darin sitzt ein bun­ter Plastikpapagei unbeweglich auf seiner Stange. Doch sobald der Händler den Käfig schüttelt, er­wacht der Vogel zum Leben, flattert wild mit den Flügeln, kräht mechanisch, sein Plastikfederkleid beginnt rot zu blinken. Zwischen all dem billigen Spielzeug fällt der kleine Käfig kaum auf, doch er soll ein Lebensretter sein: Die Bewohner Istan­buls hängen sich die sogenannten Erdbebenvögel in ihre Wohnungen – wenn die Erde zittert, sollen die Vögel sie warnen. Die meisten wissen aber, dass der Käfig am Ende doch bloß ein Spielzeug ist: Denn wenn der Erdbebenvogel schreit, ist es ohnehin zu spät.

Glaubt man daran, dass Städte eine Seele ha­ben, dann ist Istanbuls Seele eine zerrissene. Es sind nicht nur Osten und Westen, Asien und Eu­ropa, die hier zusammenprallen. Istanbul ist eine Stadt, in der Glaube und Fortschritt sich aneinan­der reiben und sich vermischen, eine Stadt, die offenbar gleichzeitig zum Morgengebet antritt und auf den Dächern der Ausgehviertel zu Mi­nimal Techno tanzt. Es sind diese vermeintlichen Widersprüche, die den Reiz einer Stadt ausma­chen, die in den vergangenen Jahrzehnten durch Zuwanderung auf offiziell 13 Millionen Einwoh­ner angeschwollen ist – inoffiziellen Schätzungen zufolge leben über 15 Millionen Menschen hier. Unter der Erde verläuft ein weiterer Riss durch

Spielzeug als Lebensretter. In den Basaren am Bosporus verkaufen Händler Frühwarnsysteme aus buntem Plastik.

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Eque is magnis digenda musandam que expla voluptate nis nulparit, comnimus, ullic tem qui tem faci am et ra vendeli gnatur ape optatur aut

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Zwei Millionen Tote. „Reihenweise lagen sie da. Vier Tage dauert e es, bis mein ganzer Bienenstand tot war. Ich konnte nichts da­gegen machen“, sagt Wolfgang Pointecker.

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DassterbenDerbienen

Es ist die kleinste Naturkatastrophe der Welt. Zu klein, um bemerkt zu werden. Dabei betrifft sie ein Drittel unserer Lebensmittel und könnte zum Aussterben und Hungertod tausender Arten führen: die Vergiftung unserer Insekten durch Pestizide.Text: Gerlinde Wallner

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Atlantis’ Hauptstadt lag auf einer Insel und bestand aus prächtigen Steinbauten. Im Mittelpunkt standen Königs­palast und Tempel, innen und außen mit Metallen überzogen. Drei konzentrisch angeordnete ringförmige Kanäle umgaben die Kapitale, und zahlreiche künstliche Kanäle durchzogen die Insel, schreibt Platon.

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Die Suche nach Atlantis führt zu den Wurzeln der europäischen Zivilisation, zu den Ursprüngen der Kelten und zu Kulturen, die mindestens genauso hoch entwickelt waren wie die der alten Griechen und Römer. Vielleicht ist die Geschichte des sagen-haften Reiches also doch kein Mythos.Text: Estella Weiss-Krejci und Heidelinde Moser

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Das atlantis Ratsel Kam Das licht

aus Dem Westen?

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Aye-Aye, der letzte Lemure und seine aussterbenden Freunde. Stefanie Prinz zählt zur Spezies nachtaktiver Illustratoren und las tatsächlich gerade Douglas Adams, als wir sie baten, uns dieses Bild der „Letzten ihrer Art“ zu malen.

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1985 reist der Schriftsteller Douglas Adams („Per Anhalter durch die Galaxis“) nach Madagaskar, um nach dem fast ausgestorbenen Aye-Aye zu suchen. Er findet es nicht, schreibt aber ein ungeheuer lustiges Buch: „Die Letzten ihrer Art“. Text: Douglas Adams

D as hier ist ganz und gar nicht, was ich er-wartet hatte.

1985 hatte man mich aufgrund einer Art journalistischen Versehens mit Mark Carwardine nach Madagaskar geschickt, um dort nach einer so gut wie ausgestorbenen Lemurenart zu su-chen, dem sogenannten Aye-Aye. Wir drei waren uns vorher nie begegnet. Ich kannte Mark nicht, und ein Aye-Aye hatte – kein Wunder – auch seit Jahren niemand zu Gesicht bekommen.

Die Idee, uns alle so überstürzt ins gleiche Boot zu werfen, stammte von der Magazinbeilage des „Observer“. Mark ist ein ungemein erfahrener und bewanderter Zoologe, der damals für den World Wildlife Fund arbeitete und dessen Aufgabe im wesentlichen darin bestand, von allem eine Ah-nung zu haben. Meine Aufgabe – eine, für die ich absolut qualifiziert bin – bestand darin, ein ungemein un-wissender Nicht-Zoologe zu sein, für den alles wie aus heiterem Himmel zu kommen hatte. Das Aye-Aye hingegen mußte nur tun, was die Aye-Ayes seit Millionen von Jahren tun – auf einem Baum sitzen und sich verstecken.

Das Aye-Aye ist ein nachtaktiver Lemur, sieht ausgesprochen merkwürdig aus und scheint aus Teilen anderer Tiere zusammengesetzt zu sein. Es erinnert ein bißchen an eine große Katze mit Fleder mausohren, Biberzähnen, einer straußen-

federähnlichen Taille, einem knorrigen, astähn-lichen Ringfinger und riesigen Augen, die an einem vorbei in eine Welt zu spähen scheinen, die lediglich jenseits der linken Schulter des Be-trachters existiert.

Wie praktisch alle Lebewesen auf Madagaskar kommt das Aye-Aye sonst nirgends auf der Welt vor. Sein Ursprung reicht zurück in jene Zeit der Weltgeschichte, als Madagaskar noch Teil des afrika nischen Kontinents war (der seinerseits noch Teil des gigantischen Superkontinents Gondwa-naland war), eine Zeit, zu der die Vorfahren der madagassischen Lemuren die auf der ganzen Welt dominierende Primatenart waren. Als Madagaskar in den Indischen Ozean ab driftete, wurde es von den evolutionären Entwicklungen der anderen Erdteile abgeschnitten. Es ist ein Rettungsfloß aus einer anderen Zeit. Heutzutage gleicht es einem zierlichen, zerbrechlichen, von allem losgelösten Planeten.

Die entscheidende Entwicklung, die an Mada-gaskar vorbeiging, war das Auftreten der Affen. Sie stammten zwar von den gleichen Vorfahren wie die Lemuren ab, verfügten jedoch über grö-ßere Gehirne und waren aggressive Widersacher im Kampf um denselben Lebensraum. Während die Makis sich damit begnügt hatten, in den Bäu-men herumzuhängen und sich wohl zu fühlen, waren die Affen ehrgeizig und interessierten sich für alles mögliche, vor allem für Zweige. Wie sie

ZweigTechnologie

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Wurden die Türme des World Trade Center in Manhattan durch zwei Flugzeuge zum Einsturz gebracht – was nie zuvor bei einem Wolkenkratzer gelungen ist – oder durch bereits Wochen vorher angebrachte Sprengladungen?

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„Harodim“, ein neuer Doku-Thriller, erzählt die unglaublichen Hinter gründe der Anschläge vom 11. September 2001: Gut ist böse, tot ist lebendig, und wahr ist falsch. Apokalypse Geschichte.Text: Peter Hiess

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I rgendwo in den schier endlosen weiten des internets gibt es Leute, die den anschlag auf das world trade Center am 11. september

2001 mit J. r. r. tolkiens „Die zwei türme“ in Zusammenhang bringen – und versuchen, im „Herr der ringe“-roman Gemeinsamkeiten mit den realen ereignissen zu entdecken. andere

wiederum versuchen sich an numerologischen Deutungen, suchen auf der Dollarnote und in der Offenbarung des Johannes nach sachdien-lichen Hinweisen oder halten die Vernichtung der New Yorker wolkenkratzer überhaupt gleich für ein schwarzmagisches ritual, das die Herrschaft des satans einleiten soll.

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Adieu, Belgique! VAArwel, België!

In Belgien gibt es nur Wallonen und Flamen und eine kleine Minderheit, die sich als Belgier fühlt – die Deutschen. Das Ende eines künstlichen, von manchen als unsinnig bezeichneten Staates naht. Nur eines hält das Land noch zusammen: ein gemeinsames Problem namens Brüssel.Text: Teresa Reiter

Brüssel, Nordbahnhof. Imposante Hochhäuser – Bürogebäude mit Glasfronten – recken sich gen Himmel. Wie hoch hinauf, ist nicht zu sehen. Die oberen Stockwerke sind in einen dichten grauen Wolkenschleier gehüllt. Typisches Brüsseler Re-genwetter. Jemand hat mit knallroter Kreide und in fragwürdiger Orthographie „United as one, divided by zero“ auf die regennass glänzenden Pflastersteine vor dem Bahnhof geschrieben. Ein Slogan, den eigentlich das Netzaktivisten-Kollek-tiv Anonymous bekannt gemacht hat. Hier in der Hauptstadt, eingerahmt von belgischen Flaggen, bekommt der Satz einen neuen Kontext. Wie stark ausgeprägt können separatistische Tenden-

I mmer wieder springt die kleine Schere zurück an den Anfang, um die Karte Belgiens erneut in zwei Teile zu schneiden, einen flämischen

und einen wallonischen. Die Animation ist etwa so groß wie eine Euromünze und geisterte mona-telang durch rechte Internetforen, in denen eine mögliche Spaltung des Staates diskutiert wurde. Seit Jahren kriselt es zwischen den beiden größ-ten Volksgruppen im Land, den Flamen im Nor-den und den frankofonen Wallonen im Süden. Stimmen, die ein unabhängiges Flandern fordern, werden lauter und lauter. Droht ausgerechnet der Staat, der das politische Zentrum der Europäischen Union beherbergt, auseinanderzubrechen?

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Der politische Weltrekord. 540 Tage hatte der belgische Staat keine Regierung. Demons-trierende Bürger sprachen von „Schande“, andere meinten: „Kaum jemand hat einen Unterschied bemerkt.“

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willst du das wirklich

essen?

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Du bist, was du isst, sagt ein Sprichwort. Aber wissen wir eigentlich, was da vor uns auf dem Teller liegt? Heutzutage werden Pflanzen ohne Sonnenlicht gezogen und Fleisch im Reagenzglas produziert. Dem modernen Menschen ist sein Essen fremd geworden. Allein würde er verhungern. Text: Mara Simperler

Fisch oder Fleisch? Vielleicht beides. Hühner in Massen-farmen werden immer noch mit Fischmehl gefüttert.

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Weil es zu viele Asphaltstraßen gibt. Bild: Daniela Leitner/ Salon Alpin

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School in Littleton (Colorado, USA, 1999), von Er-furt (2002) und Winnenden (2009; Deutschland), Utøya (Norwegen, 2011) und bei der Batman-Pre-miere in Aurora (Colorado, 2012) ihre Taten lange geplant, Tötungsszenarien in Ego-Shooter-Spielen am Computer trainiert und dann exekutiert. Sie bringen unendliches Leid, sind vollkommen sinn-los und liefern bloß Futter für die Medien.

Autobahn-Mitte-FahrerDie dreispurige Autobahn ist kein Ponyhof. Auf der linken Spur machen Lichthupen-Raser alle narrisch, auf der rechten zuckeln Fahrschüler, Brummifahrer und Wohnmobile dahin. Und da-zwischen? Da fahren die Schlimmsten: die Auto-bahn-Mitte-Fahrer (AMF). Diese graue Kfz-Mittel-schicht hält stur die Spur und tut so, als sei sie im permanenten Überholvorgang. So zwingen die AMF munter Rechts- und Linksaußenfahrer zu waghalsigen Spurwechseln und entkommen dem Verkehrschaos wie gehabt: ab durch die Mitte.

AAkneDie häufigste menschliche Hauterkrankung ist Akne. Ein schwacher Trost für all jene, die unter den Papeln, Pusteln und Mitessern leiden, vor allem Pubertierende, viele aber lange darüber hinaus. Besonders unangenehm ist es für die Betroffenen, wenn ihre Haut vor romantischen Verabredungen oder geschäftlichen Terminen so richtig „aufblüht“. Verschlimmert wird die Lage noch durch die Ratschläge selbsternannter Derma-tologie-Experten: besser waschen, weniger Scho-kolade essen oder nicht so viel an Sex denken. Allesamt wissenschaftlich haltlos.

AmokläufeDas Wort Amok kommt aus dem Malaiischen und bedeutet eigentlich „blinde Wut“. Tatsächlich aber haben die Mörder von der Columbine High

Warum die Welt es verdient, unter-

zugehenein a bis z der überzeugenden gründeDenken wir ans mögliche Ende der Erde, beklagen wir all das Schöne,

das mit ihr verlorenginge. Aber wenn wir ganz ehrlich sind: Es gibt jede Menge guter Argumente, die das Aus rechtfertigen.

Textkurator: Christian Ankowitsch, Bildkuratorin: Laura KarasinskiAutoren der Beiträge: Julia Harlfinger, Frank Joung, Oliver Junge, Susann Mücke, Nadine Oberhuber, Karin Pollack

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geister stadt am ende

der WeltIm Jahr 1998 wird Pyramiden, die nördlichste Stadt der Welt,

sich selbst überlassen. Eine Reise in die einstige sowjetische Vorzeigesiedlung auf Spitzbergen.

Text: Thomas Brunnsteiner, Bilder: Max Galli

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N aturkatastrophen brechen über Menschen herein, bringen das Gefühl der Ohnmacht und Leid. Doch Naturkatastrophen gehö-

ren ganz offensichtlich mit zur Evolution, und Menschen passen sich zwangsläufig auch an diese Krisen an: Sie entwickeln Frühwarnsysteme und Schutzvorkehrungen, die das Ausmaß des Unheils zu begrenzen versuchen. So schützt gegen Flut-wellen der Bau von Deichen, und vor Erdbeben können dank seismografischer Frühwarnung be-troffene Gebiete rechtzeitig evakuiert werden.

Katastrophen kennen folglich nicht nur Opfer, sondern auch Gewinner. Zwölf Beispiele.

1. Krisen-Architektur Wie man Naturgefahren abwendet, zeigen die Niederländer. Mehr als ein Viertel des Landes liegt unter dem Meeresspiegel, zwei von drei Bewoh-nern leben unter dem Meeresspiegel. Die ständi-ge Bedrohung durch Überschwemmungen gehört ebenso zum Alltag wie die Kreativität. In nieder-ländischen Städten gibt es nicht nur Busse, die schwimmen können – sogenannte Schwimmen-de Holländer, sondern auch schwimmende Häuser, die auf Schwimmkörpern aus einer wasserdichten Betonwanne, an Pfählen befestigt, stehen. Durch die Floating Homes bleiben die Niederländer mit ihrer Amphibien-Architektur im-mer obenauf.

Japan, wo Erdbeben an der Tagesordnung ste-hen, baut Hochhäuser im Stahlskelett-Stil. Die Bau- ten nehmen die Schwingung auf und gleichen sie elektrohydraulisch aus.

2. Unterhaltungsindustrie Nirgendwo wird die Welt so schaurig-schön – und zugleich so standardisiert zerstört wie in Holly-woodfilmen. Katastrophen-Blockbuster wie The Day After Tomorrow oder 2012 sind nicht nur dramaturgisch perfekt ausgeklügelte Inszenie-rungen des Weltuntergangs, sie sind auch wahre Dollarmaschinen. Roland Emmerichs 2012 spielte in nur vier Tagen nach Erscheinen des Films das gesamte Produktionsbudget von 200 Millionen US-Dollar ein. Der Mensch braucht offensicht-lich den Weltuntergang on demand als kathartisches, reinigendes Lebens-mittel. Klar, dass die Naturkatastrophen in die Wertschöpfungskette der Filmindustrie eingezurrt werden. Allein die Umsätze mit Onlinespielen le-gen bis 2015 weltweit auf über 28 Milliarden US-Dollar zu.

3. Tourismus „Besuchen Sie Europa, solange es noch steht“, trällerte die Band Geier Sturzflug in den 1980ern. Katastrophen ziehen Touristen paradoxerweise an. Ob Tsunami in Asien, Lawinen in den Al-pen oder ein rauchender Vulkan auf Island – dem Image der betroffenen Region hat dies nie geschadet – im Gegenteil. Gerade unmittelbar nach einer Katastrophe spült es Voyeure des Schreckens massenweise an den Tatort. Der sogenannte Black Tourism ist längst ein ernst zu nehmender Faktor.

Der Tourismus kennt durch Naturkatastrophen territoriale Gewinner wie Verlierer: Angesichts

wo katastrophen zu

chancenwerdenZukunftsforscher Andreas Reiter über Menschen, Orte und Wirtschaftsbranchen, die durch Krisen Oberwasser bekommen werden. Bild: Birgit Lohmann

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Vorschau auf Heft # 02

Das BöseWie der Mensch aufhört, Mensch zu sein.

Das nächste vielleicht letzte Magazin der Welt erscheint am 12. 11. 2012.

Die Apokalypse des Charakters

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