Date post: | 21-Jun-2015 |
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Referat & Diskussion anlässlich der UBI-Sitzung Donnerstag, 30. August 2012, Rathaus Appenzell
Prof. Dr. Vinzenz Wyss
Zürcher Hochschule für Angewandten Wissenschaften IAM - Institut für Angewandte Medienwissenschaft
Die UBI im Kontext der Medienkritik – Rolle, Wahrnehmung & Vernetzung
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Übersicht
• Zur Relevanz der Medienkritik
• Akteure der Medienkritik
• Empirische Evidenzen:
– Von Selbstbeobachtungsfallen und blinden Flecken
– Medienjournalismus: schwach institutionalisiert
– Medienblogs: Versammlungsöffentlichkeiten
• Zur Rolle der UBI im Kontext der Medienkritik
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Systemtheoretische Perspektive: Selbstbeobachtung und Synchronisation von Gesellschaft
Religion
Politik
Wissenschaft
Erziehung
KunstJournalismus
Demonstration
Film
Report
Verkündigung
Öffentlichkeit
Wirtschaft Recht
Vermittlung
Public Relations
Urteil
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Zur Relevanz der Medienkritik
• Mediale Kommunikationsangebote tragen durch die Herstellung von Öffentlichkeit zur Selbstbeobachtung und Synchronisation der Gesellschaft bei.
• Medien verfügen über eine bedeutsame Definitionsmacht.
• Wirklichkeitsbeschreibungen sind immer nur kontingent.
Notwendig: systematische und reflexive Thematisierung von Routineprozessen aller am ‚Medienprozess‘ Beteiligten; Beobachtung, Beschreibung und Bewertung von Medienleistungen.
Notwendig: Akteure der öffentlichen Wirklichkeitskonstruktion sollen – öffentlich – an deren Verantwortung erinnert, zur Rechenschaft gezogen und kontrolliert werden.
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Akteure der Medienkritik
Es braucht möglichst unabhängige Instanzen, welche die Medien fremdbeobachten und zur öffentlichen Selbstbeobachtung zwingen.
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Branchenexterne
AkteureEbene Branche Ebene Medienorg.
• Parlamentarische
Vorstösse
• Unabhängige
Beschwerdeinstanz UBI
• Forschungsberichte
Medienwissenschaft
• Medienkritische
Organisationen (z.B. Aktion Medienfreiheit;
Arbus; Medienkritik Schweiz)
• Schweizer Presserat
• Standes-
organisationen und
Gewerkschaften
• Unabhängige
Medienpreise
• Fachjournalismus (z.B. Edito/Klartext,
Schweizer Journalist,
Persönlich, Klein Report)
• Medienblogs
(z.B.medienwoche.ch,
medienkritik-schweiz.ch)
• Publikumsräte/
Leserschaftsräte
• Ombudsstelle
SRG /
Ombudsstelle
Private
• Veröffentlichte
Selbst-
thematisierungen
• Medien-
journalismus
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Medienkritische Organisationen
– die „Vereinigung für kritische Mediennutzung Arbus“ (www.arbus.ch),
– die „Stiftung Wahrheit in den Medien“ (www.medienwahrheit.ch),
– die „Aktion Medienfreiheit“ (www.medienfreiheit.ch),
– der „Verein Qualität im Journalismus“(quajou.ch),
– die „Gesellschaft für Medienkritik Schweiz“ (www.gfmks.ch) sowie
– der Verein „Medienkritik Schweiz" (medienkritik-schweiz.ch).
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Medienjournalismus: Erwartungen
• wirksame Medienkritik erfordert die Reflexivität zwischen Beobachtern und Beobachteten
• wirksame Medienkritik ist nur interaktiv möglich, indem die Medien selbst öffentlich auf Beurteilungen reagieren und Fremdbeobachtung zur Selbstbeobachtung machen.
• Erwartung: Journalismus sollte im Sinne der Selbstbeobachtung in der Lage sein sollte, das Mediensystem genau so kritisch zu beobachten wie andere Gesellschaftsbereiche auch.
Thematisierung von Strukturen, Spielregeln und Ambivalenzen als "fünfte Gewalt", Qualitätssicherung, Verantwortungsbewusstsein der Medien demonstrieren
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Wie häufig berichten Journalisten über Medienthemen?*
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sehr oft häufig selten nie
SRG(398)
8% 30% 41% 21%
Privatrundfunk (294)
8% 30% 46% 16%
Printmedien(1140)
5% 15% 43% 37%
Gesamt(2132)
6% 20% 43% 31%
*Die Daten stammen aus einer Journalistenenquête aus dem Jahr 2008 (vgl. Keel 2011).
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Untersuchte Zeitungen (Gesamtausgaben)
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Tageszeitungen Sonntags- & Wochenzeitungen
Auflage in
Tausend*
Auflage in Tausend*
20 Minuten 496 Sonntags Zeitung 182
Blick am Abend 321 Der Sonntag 158
Blick 208 Weltwoche 78
Tages-Anzeiger 196 WoZ 16
Aargauer Zeitung 179
Berner Zeitung 194
NZZ 133
Die Südostschweiz 123
NLZ 121
St. Galler Tagblatt 118
Basler Zeitung 78 *WEMF beglaubigte Auflage 2011
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Ausgewählte Befunde I
• nur 19% der «Medien» thematisierenden Artikel können einem engen Kern medienkritischer Berichterstattung aus der Schweiz zugeordnet werden (106 von 561 Artikeln).
• ein Grossteil der allgemeinen medienjournalistischen Berichterstattung ist eher unbestimmt und nicht kontextspezifisch ausgerichtet.
– Vgl. dazu auch Hickethier (2005: 61) für Deutschland: „der Berichterstattung über Medien droht der kritische Fokus verloren zu gehen und einem allgemeinen Reden über die Medien Platz zu machen“
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Ausgewählte Befunde II
• medienkritische Berichterstattung korreliert mit Auflage und spezifischer struktureller Ausstattung. Die drei Spitzenreiter haben alle für die Medienberichterstattung eine spezifische Ressort-/ bzw. Rubrikenstruktur ausdifferenziert.
– Tageszeitungen; NZZ mit 37%;
– Wochen- und Sonntagszeitungen: „Der Sonntag“ 46%
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Ausgewählte Befunde III
• Medienorganisationen werden in den medienkritischen Artikeln zurückhaltend angesprochen.
– Die SRG SSR wird mit 23 von 106 Artikeln am häufigsten thematisiert - private Rundfunkveranstalter kommen zusammen auf zehn Nennungen.
– Die Kritik steht wenig in einem Zusammenhang mit dem Service Public respektive der gesellschaftlichen Aufgabe der Medien
– NZZ (14), Ringier (13), Tamedia (9), AZ Medien (3) und Edipresse (1), Südostschweiz (0), andere Schweizer Medien (16)
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Ausgewählte Befunde IV
• Medienkritische Berichterstattung
… ist vor allem journalistisch redaktionelle Eigenleistung.
… erweist sich als abhängig von bestimmten journalistisch verwertbaren Ereignissen.
… ist eher am journalistischen Endprodukt interessiert, weniger an der kritischen Darstellung von Entstehungsbedingungen und Randbedingungen
• Strukturelle Aspekte werden eher vernachlässigt dargestellt.
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Ausgewählte Befunde V
• Medienkritische Berichterstattung zeigt sich hinsichtlich der eigenen Redaktion oder des eigenen Medienhauses sehr zurückhaltend: 28 von 106 Artikel
• Institutionen der schweizerischen Medienkritik: 28 von 106 Artikel
• Der Schweizer Presserat: 12 Artikel
• Unabhängige Beschwerdeinstanz UBI: 3 Artikel
• Institutionen der Medienpolitik – Parteien, Parlamente, Exekutiven – werden nur in begrenztem Umfang dargestellt.
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Medienjournalismus:
Blinde Flecken – die Selbstbeobachtungsfalle
• Definitionsproblem
• Kollegenorientierung
• Glashaus-Dilemma
• Institutionalisierungsproblem
• Betriebsblindheit
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Medienblogs
• Z.B. „Blick am Abend Blog“: „BlaABlog hört auf. […] Sie werden vielleicht sagen: Was, schon?! […] Wir sagen: Dankeschön! Und auf Wiedersehen. Die Show muss weitergehen.“
• Bei blattkritik.ch heisst es seit Mai 2011: „Leider ist blattkritik.ch seit etwas mehr als zwei Jahren inaktiv. Alle Versuche, aus blattkritik.ch einen breit abgestützten Medienblog mit mehreren Autorinnen und Autoren zu machen, sind gescheitert.“
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In der Deutschschweiz aktive Medienwatchblogs
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Fehlerli fehler.li
Infamy infam.antville.org
Journalistenschredder blogdessennamenmansichnicht merkenkann.wordpress.com
Medienkritik Schweiz medienkritik-schweiz.ch
medienkritisch medienkritisch.ch
Medienspiegel www.medienspiegel.ch
Medienwoche medienwoche.ch
O-Ton o-ton.ch
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Öffentlichkeitsebenen
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Die Rolle der UBI
• Die Delegation an selbstregulierende Kräfte ist eine naive Haltung.
• Auch die zahllosen, zersplitterten, medienkritischen Organisationen sowie die beliebig agierenden und kaum auf Dauer gestellten Medienblogs vermögen bis heute der Medienkritik nicht die öffentliche Plattform zu geben, die sie gemäss ihrer demokratietheoretischen Bedeutung benötigen würde.
• Medienkritik sollte von Zufälligkeiten der (medien-) journalistischen Berichterstattung ebenso befreit werden als auch von zeit- und befindlichkeitsgebundenen Parolen partikularer (politischer) Interessen.
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Die Rolle der UBI
UBI ist ein wichtiger Knotenpunkt im Netz der Medienkritik, die besser als andere folgenden Prinzipien gerecht werden kann:
• Unabhängigkeit (keine partikulären Interessen)
• Rekursivität (Kritik bezieht sich auf transparente Kriterien)
• Partizipation (möglichst viele Stimmen sich beteiligen sich)
verstärken• Koordination (Aktivitäten nehmen Bezug auf andere)
verstärken
• Resonanz (breite Öffentlichkeit wird erreicht)
verstärken: mediengerechte Medienmitteilung, Einsatz von Social Media nutzen, Anschluss an Thematisierung