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OLYMPIAPARK.DE

EINZIGARTIGE LOCATION –UNVERGESSLICHE MOMENTE

OLYMPIAPARKMUNCHEN

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ie Turbolenzen in diesem vorolympischen Jammertalhätten heftiger nicht sein können. Ein wochen- und

monatelanges Beben an verschiedenen Manipulations-,Aufklärungs- und Politfronten, ein schier endloses Gescha-cher und Gezerre im internationalen Stellungskrieg derFunktionäre, eine Gefühlslage der Ratlosigkeit und des Zwei-fels bei den Sportfreunden weltweit: Steht also der olympi-sche Offenbarungseid bevor? Diese Frage, man mag sie zwarnoch so gerne verdrängen, wird bereits vielfach aus Überzeu-gung bejaht.

Unsere Zeitschrift, liebe Leserinnen und Leser, ist und bleibtnatürlich bemüht, den olympischen Überlebenskampf sach-und fachgerecht zu begleiten, Orientierungs- und Argumen-tationshilfe zu liefern. In diesem Heft also der letzte Standder Dinge, bevor bei den Spielen von Rio das nächste Kapitelim Zeichen der Ringe geschrieben wird. „Letzter Stand“ mussaber heißen, das alle Autorenkompetenz in unserer Quartals-publikation vor aktuellen Entscheidungen zur Veränderungder Lage passen muss. Der Gesamtsituation zum Trotz ... besteolympische Wünsche!

Für den kleinen Sport mit seinen großen Wirkungsfeldern gibtes, wie gewohnt, auch in dieser Ausgabe gute Beispiele.Schließlich bieten wir eine Fortsetzung zum Thema „10 JahreDOSB“ vom letzten Heft an. Das kritische Resümee hat großeund zustimmende Resonanz von der Politik über Verbände biszu den Medien erfahren. Es lässt sich in dem Satz zusammen-fassen: Das musste einmal gesagt oder geschrieben werden!Beim DOSB ist die Bilanzierung verständlicherweise nicht sogut angekommen. Eine Einladung aus dem Presse- undVorstandsbereich der Dachorganisation an Autoren, Heraus-geber und Redaktion zur Klärung strittiger Positionen imkleinen Kreis wurde von unserer Seite abgelehnt. Wir hätteneine kleinteilige Rechthabe-Diskussion unangemessen gefun-den.

Schließlich war der Kern der Kritik ja der gesellschaftspoliti-sche Scheinriese DOSB. Eine schriftliche Stellungnahme, diekeine Gegendarstellung war, erging sich dann auch nur imKlein-Klein der punktuellen Rechtfertigung. Jetzt also - ander Schwelle des 2. DOSB-Jahrzehnts - die Zukunfseinschät-zung der Arbeit des Dachverbandes von der Spitze bis zurBreite. Das Ganze natürlich im Lichte seines notwendigengesamtgesellschaftlichen Wirkungsgrads. Ein Riese ist nochnicht in Sicht.

Ihr Harald Pieper

Freundliche Grüße aus der Redaktion

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Inhalt

OF Mosaik 4OF-Podium: Prof. Dr. Hans Lenk 6Tiefe Schatten über den Rio-Spielen: Das Bach-IOC erweistRussland mit einem Teil-Ausschluss Gnade vor Recht 8Günter DeisterWas nun, Weltsport? Die olympische Königssportart und das Russland-Trauma 12Michael GernandtOF-Interview mit Prof. Dr. Eike Emrich 16Dr. Christoph FischerAuf Medaillenkurs in einem „ethischen Minenfeld“ Komplizierte Fortsetzung im Fall Caster Semenya 18Michael GernandtOF-Kommentare 20Günter Deister, Prof. Dr. Helmut Digel, Dr. Christoph Fischer, Harald Pieper, Walter MirwaldNachwuchsbewegung im Zeichen des Friedens 50 Jahre Internationale Schülerspiele 24Hans-Peter Seubert

Nach 10 Jahren DOSB: Deutschlands Sportambitionen auf dem Prüfstand 26Vor den Rio-Spielen ist nach den Spielen: Alarmsignale in der deutschen Spitzensportförderung 26Prof. Dr. Helmut DigelSpitzensport im Spannungsfeld von Politik und Verbandsinteressen 29Bianka Schreiber-RietigSport findet „vor Ort“ statt – das allein ist der Maßstab 32Prof. Dr. Wolfgang Buss

Geheimwerkstatt für den planbaren Erfolg Das Institut FES versorgt den Spitzensport mit erstklassigem Material und hochmoderner Messtechnik 36Dr. Andreas MüllerProfessionalität: Mehr Schlag- als Zauberwort Viel wichtiger ist eine neue Kooperationskultur zwischenHaupt- und Ehrenamt 42 Prof. Dr. Hans-Jürgen SchulkeWohin laufen sie denn? Zum Verhältnis von Kirche und Sport im 21. Jahrhundert 46Hanns OstermannWas macht eigentlich? ... Klaus Wolfermann 48Steffen HaffnerEin Ort für anschaulichen Geschichtsunterricht: Das Olympia-Museum Garmisch-Partenkirchen 50 Albert MehlOF-Galerie: Feuer, Flamme und Medaillen - Die Olympia-Lounge im Deutschen Sport & Olympia Museum 52 Dr. Andreas Höfer/Gregor BaldrichDeutsche Olympische Gesellschaft KOMPAKT 54Impressum 66

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Der deutsche Skiverband hat zusam-men mit der Gemeinde Oberstdorf denZuschlag für die Ausrichtung derNordischen Skiweltmeisterschaften20121 erhalten.

Er gilt als einer der wichtigsten Ver-treter der deutschen Gegenwartsphi-losophie: Hans Lenk, emeritierterPhilosophieprofessor der UniversitätKarlsruhe. Für langjährige Zusammen-arbeit verlieh ihm die angesehenerumänische Privatuniversi-tät Titu Maiorescu in Buka-rest den Ehrendoktortitel inPsychologie. Die Ehrung istLenks zehnter Doktortitel.1969 übernahm er denLehrstuhl für Philosophiean der Universität Karlsruhe(TH), war später Dekan derFakultät für Geistes- undSozialwissenschaften. DieWeltakademie der Philoso-phen wählte ihn 2005 zumersten deutschen Präsiden-ten.

Auch sportlich feierte Hans Lenkgroße Erfolge, besonders im Rudern.Mehrfach siegte er bei deutschen undEuropameisterschaften und gewann

1960 in Rom Olympiagold im Achter.Als Trainer führte er 1966 Ruderer zurWeltmeisterschaft.

Für seine Doktorarbeit über “Werte undZiele der modernen Olympischen

Spiele“ erhielt Lenkden höchsten Wis-senschaftspreis desDeutschen Sport-bundes. Ausgezeich-net wurde er auchmit dem Noel-Baker-Preis der UNESCO,dem Ethikpreis desDOSB und mit demgroßen Bundesver-dienstkreuz. Habili-tiert in Philosophieund Soziologie gilt

er als „Vater“ der deutschen Sportphi-losophie und als ein Pionier der Wis-senschafts- und Technik-Philosophie.Hans Lenk ist auch ein langjähriger,geschätzter Autor der Zeitschrift„Olympisches Feuer“.

Der Deutsche Golf Verband (DGV) istseit Anfang Juli 2016 Mitglied in derDeutschen Olympischen Gesellschaft(DOG). Der DGV wurde am 26. Mai 1907in Hamburg von acht Golfclubs gegrün-det und hat heute seinen Sitz in Wies-baden. Als olympischer Spitzenverbandund Dachverband für die Golfclubs undGolfanlagen in Deutschland vertritt er848 Mitgliederclubs und -anlagen mitüber 640.181 registrierten Amateur-Golfspielern.

Bei den Olympischen Spielen in Rio2016 wird zum ersten Mal nach 112Jahren wieder Golf gespielt. Der Deut-

sche Olympische Sportbund (DOSB)nominierte 451 Sportlerinnen undSportler für die deutsche Olympiamann-

schaft.Unterihnen mitSandraGal,CarolineMasson,MartinKaymerundAlexander

Cejka auch vier Golfspielerinnen undGolfspieler, die die Qualifikationsnorm –

einen Platz unter den besten 60 desOlympic Golf Ranking (OGR) – erfüllthaben. Damit folgte der DOSB demVorschlag des DGV, den dieser auf Basisdes OGR abgegeben hatte.

„Meinen Glückwunsch an die vier Quali-fizierten. Wir können es kaum erwarten,wenn unsere Spielerinnen und Spielerdes Golf Team Germany in Rio an denAbschlag gehen“, beschreibt DGV-Präsident Claus M. Kobold die Vorfreudeauf die historische Rückkehr der Sport-art Golf ins olympische Programm nachüber 100 Jahren.

Der DGV hat im Zusammenhang mit derAufnahme von Golf in den olympischenSportartenkanon sein Sportkonzeptüberarbeitet. In der „Vision Golf“ sind alleMaßnahmen formuliert, die dazu beitra-

Weiterer Ehrendoktortitel für

Olympiasieger Hans Lenk

Deutscher Golf Verband neues

Mitglied in der DOG

Oberstdorf erhält

Nordische Ski-

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5OF-MOSAIK

gen sollen, auch künftigeine Medaille bei denOlympischen Spielen zuerreichen. Ein besonderesAugenmerk liegt dabei aufder kindgerechten Nach-wuchsarbeit durch Projek-te wie Abschlag Schule,Jugend trainiert für Olym-pia, dem Kindergolfabzei-chen und insbesondere aufdem Qualitätsmanage-ment-Programm für dieNachwuchsförderung. EinAufgabenkatalog, der inder inhaltlichen Arbeit derolympischen Wertege-meinschaft DOG vielerleiEntsprechung findet undzur Zusammenarbeiteinlädt.

IOC-Präsident Thomas Bach verlieh derlangjährigen Vizepräsidentin desDeutschen Leichtathletik-Verbandes(DLV) – auch engagiertes Mitglied inder Deutschen Olympischen Gesell-schaft - im neuen “Haus des Deut-schen Sports“ in Frankfurt/Main den“Olympischen Orden” für ihre besonde-ren Verdienste im Sport. „Ilse Becht-hold hat sich herausragende Verdiensteum die Olympische Bewegung erwor-ben. Dafür möch-te ich ihr auchpersönlich herz-lich danken“,sagte Bach, derOlympiasieger imFechten.

Zeit ihres Lebenshat sich die 88Jahre alte Sym-pathieträgerin des deutschen Sportsnational und international erfolgreichfür die Stärkung der Rolle der Frauenim Sport eingesetzt. Aus dem Amt derFrauenwartin im DLV, das sie 1969 als

Einstieg ins Ehrenamt übernahm,wurde 1975 das der Vizepräsidentinmit dem Schwerpunkt Frauenfragen.Seit 1972 gehörte sie ununterbrochender Frauen-Kommission des Leichtath-letik-Weltverbandes IAAF an und warspäter auch deren Vorsitzende. 2001wurde sie in die Arbeitsgruppe „Frauenund Sport“ des IOC berufen. Sie warPersönliches Mitglied im NOK und imGutachter-Ausschuss der Deutschen

Sporthilfe.

Als frühere Handballe-rin sowie Top-Diskus-werferin und -Kugel-stoßerin hatte sie frühden Weg in den Sporteingeschlagen. IlseBechthold hat für ihreMeriten bereits zahl-reiche bedeutende

Auszeichnungen bekommen, unterdenen die “Woman And Sport Trophy”des IOC für Europa (2007), der AliceProfé Preis (2004) und das Bundesver-dienstkreuz (1988) herausragen.

Olympischer Orden für Ilse Bechthold

Die Allgäuer Marktgemeinde über-zeugte bei der Tagung des Internatio-nalen Skiverbandes im mexikanischenCancun mit einer stimmigen und

sympathischenBewerbung undkonnte sich imfünften Bewerbungs-versuch gegen dieinternationalenMitbewerber ausTrondheim (NOR)und Planica (SLO)durchsetzen. Nach den erfolgrei-chen Weltmeister-schaften von 1987und 2005 wirdOberstdorf damitzum dritten MalGastgeber vonNordischen Ski-Weltmeisterschaftensein.

Zuschlag für

WM 2021

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or fünf Olympiaden warnte ich - zugegeben zugespitzt- vor Tendenzen zur Teledopiokommerziade. Kommerz-und Televisionsbedingungen sowie immer geschickter

verdecktes Doping drohten die olympischen Wettkämpfeimmer mehr zu prägen, umzufunktionieren und ihrer eigent-lichen Werte zu berauben. Ein hoher Funktionär kritisierte, ichsei wohl „auf einer anderen Party gewesen“: Er habe nichtsdergleichen festgestellt in Barcelona oder Los Angeles. - Ob erdas noch heute behaupten würde? - Vor den letzten Spielenmahnte ich in „S.O.S. - Save Olympic Spirit“ (2012) wiederum,die olympischen Werte nachhaltig und institutionell zustützen. Man las die Botschaft doch wohl kaum, obwohl derneue IOC-Präsident mir schrieb, meine Schlussfolgerungen,die auch bei einer Coubertin-Tagung in Lausanne vorgetra-gen wurden, seien wesentlich in die neue Agenda eingegan-gen. (Außerdem wurde das Buch vom IOC online gestellt.)Allein es fehlt doch wohl der Glaube (zumindest mir), dassWertpredigten und Vorschläge eines Außenseiters wirklichetwas bewirken können. „Worte sind schön, doch Hühnerlegen Eier“ (Afrikanisches Sprichwort). Allerdings muss mansagen, dass der neue IOC-Besen dank seines Präsidenten sehrmutig zu kehren begann. Dennoch geriet die Gesamtsituati-on, eigentlich überraschend, umso tiefer in den Korruptions-und Dopingsumpf der Manipulationen von Länderinteressenund nationalen und internationalen Verbänden, eine unsport-liche Variante des russischen Roulettes. So hat die Kernsport-art der Olympischen Spiele die Dopingkröte allenfalls halbgeschluckt, doch noch keineswegs verdaut.

Nach der „Korruptiade“, die man mit „Ethik-Komitees“ (ohneechte Ethiker!) immerhin angeht, prophezeit ein Interna-fachkundiger Sportmediziner die am meisten wissenschaftlichvorbereiteten und geschickt mit verdeckten Dopingmaßnah-men attackierenden Olympiakämpfe(r). Doping nach wie vorim Mittelpunkt? Siegt doch die Dopiade? Raffinierte profes-sionelle Doper sind den Kontrolleuren oft einen Zug voraus.Das darf doch nicht sein! Und das trotz aller nötigen WADA-Aufrüstungen durch unabhängige Labors, von mir übrigensseit zirka 1970 gefordert. Die Kröte Doping schwimmt mittenim Sumpf - auch sie legt Eier und sie ist keine bloß fernöstli-che, wie der Name vor zwei Olympiaden suggerierte. Manbräuchte eine wahrhaft Eier legende Wollmilchsau, um denSumpf trocken zu legen, um den S.O.S.-Ruf zu erhören. BloßeRufe oder Echos reichen nicht. Hoffen wir, dass die Notrufedie dringenden internationalen und nationalen unabhängi-gen Maßnahmen wirklich wirksam verbessern - ebenso wiedie neuen, sehr schnell auszuwertenden Tests, damit wirwieder glaubhaft „reine“ (cleane) Athletinnen und Athletenbewundern können. Der große Aufwand dafür ist nötig, leiderauch die quasi gefängnishafte Anwesenheits- und Aufent-haltskontrolle für die Sportler - bisher besonders mit deut-scher Übergründlichkeit von unserer NADA ausgeübt. Leiderist das alles nötig: Vertrauen ist gut - Kontrollebekanntlich/angeblich „besser“.

"No dope, no hope!" heißt es. In der Tat: in manchen Sportar-ten konnte man ohne Steroiddoping keine olympischenWeltrekorde und Spitzenleistungen mehr erreichen. Leis-tungsnotstand oder inoffiziell gehätschelte Doppelmoral?Dopium ist Opium immer noch fürs Volk - und für vieleAthleten eh. Welcher Funktionär hatte früher schon derDiskus-Liesel gesteckt, sie sei selber schuld, wenn sie nichtdopte? Doppelzüngigkeit? Er war später einer der Dopium-Wächter eines internationalen Verbandes: "freiwillige Selbst-kontrolle“? Wurden z.B. die Spiele von Athen nicht trotzdemwahrlich zur „Teledopiade“?

Meine früheForderung vonüberraschendenDoping-Kontrol-len im Training,wurde damalsleise belächeltoder ich als„Nestbeschmut-zer“ verun-glimpft. Späterschlug ich vor,zwei Athletik-klassen zubilden: einefreiwillig striktständig kontrol-lierte und eine"offene". DieAthletinnen undAthleten hättenihre Klasse zuwählen: Auchdas Publikuminoffiziell, und Offizielle, Medien und andere Möchte-gern-Potentaten des Sport-bigbizz würden so offenbaren, ob undwie scheinheilig man sich geriert. Natürlich kam kein Kom-mentar, Resonanz null. Räsonieren wird nur ernst genommen,wenn's in den ideologischen Mainstream passt. "Hauptsache,das Image stimmt - und der Sponsor zahlt (noch!)" Werdenalso muskulär anabolisierte Hypermonster das globale Telepa-noptikum selbst- und fremdmanipulierter Artistik beleben?Also doch: no hope for no dope? Das gilt jedenfalls, wenn diesystematische unabhängige Dopingkontrolle während undlange vor den Wettkämpfen nicht international gleich/gerechtfunktioniert. Die Trickkiste der „Trickser“ enthält bereits Blut-und neuerdings Gen-Doping und chemisch minimal geänder-te, wirksame aber noch nicht nachweisbare Varianten. DerErfindungsreichtum der intelligenten "Trickser" geht noch demallemal mühsam bürokratischen Kontrollieren und Standard-setzen voraus - wenn auch unter dem Grenznutzen-Gesetzder schwindenden marginalen Nutzenzuwächse. Wird der

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Olympiaanwärter, die Spitzensportlerin also völlig im öffentli-chen Erwartungsdruck zerrieben, verbraucht, überfordert?

Für die Aktiven drängen sich telekratische Ansprüche des Fern-sehens der Organisation auf - auch den Wettkämpfen selber.Das leistungssportliche Spektakel fasziniert weltweit, seitdemdie Massenmedien unmittelbar farbig die olympischen Ereignis-se in alle Länder überspielen, und fordert seinen Tribut: "TV ornot to be?" (frei nach Hamlet). Nur was im Fernsehen erscheint,hat wirklich stattgefunden: Die Probleme der Telekratie werden– nicht nur finanziell – Olympia künftig verstärkt vor schwierige

Probleme stellen, ist doch das IOC selbst von Fernseheinnahmenabhängig und reich geworden - ein nur professionell zu steu-ernder Weltkonzern! - Entsprechende Dynamiken gelten fürjedes olympische Organisationskomitee, falls die Spiele nichtfaktisch zentral gelenkt unter staatlicher Direktive und Garantiestattfinden. Hier eine weise Kompromiss-Strategie zu finden, diedem öffentlichen Informationsbedürfnis wie den Rechten derAthleten gleicherweise dient, dürfte nicht leicht sein.

Statt "Markt oder Tempel?" bei Coubertin scheint "Mammonund Telekratie" ein Schicksalswort künftiger Olympiaden.Jedenfalls ist mein überspitztes Wort von der „Teledopiokom-merziade“ (1992-96) in allen drei Komponenten bestürzendeWirklichkeit geworden…

Eine Höchstleistung ist heutzutage nur zu erreichen, wenndas ganze Leben strikt darauf abgestellt ist und der höchsteErfolg gleichsam als "die wichtigste Sache der Welt" verfolgt

wird. Für eine Höchstleistung muss man nahezu „Alles“ ein-setzen. Ist Sport also keineswegs mehr nur "die wichtigsteNebensache der Welt“? Zumal die Öffentlichkeit erzeugt oderverstärkt diese Motivationsdramatik - mit ihrer absolutenHerausstellung einzig und allein des Siegers. (Verführungenzur Unfainess, zum "Tricksen", zum Unterlaufen der Chancen-gleichheitsregel durch extreme, evtl. Grenznutzen-Vorteileausschöpfenden Technisierung und Technologisierung, wieetwa auch Doping, sind natürlich in dieser Situation ver-ständlich - umso mehr, je stärker sich auch ein sportlicherErfolg in barer Münze auszahlt.)

Durch verschärfte Kontrollen allein werden sich z. B. dasTechnisierungs- und das Doping-Problem nicht lösen lassen.Letztlich verschlägt im Höchstleistungssport nur eine schonvor Jahrzehnten von mir geforderte öffentliche Entdramati-sierung der „Singulärsiegerorientierung“ und eine ernsthafteRückkehr zu einer Humanisierung des Sports. EthischesPredigen allein nützt dabei allerdings nichts, wenn man nichtdas System und zumal das auch der öffentlichen Bewertungund materiellen Förderung oder leistungsabhängigen Prämi-en-Entlohnung humanisiert. Die Humanisierung des Leis-tungsprinzips und auch die der überzogenen Selbstausbeu-tung stehen heute im Sport drastisch verstärkt auf dem Tapetder sportlichen Profi-Existenz, die man nicht mehr zurück-schrauben kann. Verwirklichen wir hier endlich und praxisnah,kontrolliert und regelwirksam auch für Athleten angemessenekonkrete Humanität! Dann kann der Sport seinen faszinieren-den Vorbildcharakter wiedergewinnen. Und dann kann Olym-pia vielleicht überleben.

Mein Glaube an olympische

Werte ist arg ramponiert

Prof. Dr. Hans Lenk,

Philosoph und Olympiasieger

7PODIUM

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m die tiefen Schatten über den Olympischen Spielenin Rio de Janeiro zu beschreiben, muss man zurück-denken an die Olympiaden 1980 in Moskau, 1984 in

Los Angeles - und 2004 in Athen. Zurückgekehrt ist der Zwei-fel an der Befähigung eines Landes, den riesigen Anforderun-gen der globalen Spiele gerecht zu werden und sie zum eige-nen, dauerhaften Vorteil zu nutzen. Zurückgekehrt ist vorallem der Ungeist des Kalten Krieges, den Sport wieder zueiner Kampfarena der Politik zu machen. Damals fand erAusdruck durch wechselseitige Boykotte. Diesmal tritt er inErscheinung als wieder angeheizte politische Auseinanderset-zung zwischen Russland und dem Westen, mit einer anschei-nend klaren Rollenverteilung in der Politik wie im Sport:Wladimir Putins Russland ist der Böse, der nach einer Phaseder Befriedung nach dem Fall der Berliner Mauer aufrüstetund sich mit seinem Staatssport durch Betrug große Wettbe-werbsvorteile verschafft. Der Westen mit den USA als Vor-macht sind die Heimat des Guten. Dort, wo sich russischeSportbetrüger hin flüchten und wo ja alles sauber gewordenist nach der Hoch-Zeit kapitalistischen Dopings mit MarionJones und Lance Armstrong.

Natürlich ist das (auch) ein Zerrbild, zu dem der russischePräsident mit seiner Aussage, die westliche Anklage einesbetrügerischen Sportsystems bedeute „einen gefährlichenRückfall der Einmischung der Politik in den Sport“, besondersbeigetragen hat. Aber es beschreibt Befindlichkeiten in einerveränderten politischen Weltlage, die mit ihren verschärftenKonfrontationen und Unsicherheiten auch auf den Sporteinwirkt. Zur Weltlage gehören neben der neu aufgeflammtenOst-West-Konfrontation 65 Millionen Menschen, die wegenerhöhter Kriegs- und Terrorgefahr gegenwärtig auf der Fluchtsind oder nur dem Hunger entkommen wollen. In Europaentfremden sich Länder, weil Fliehkräfte zu stark gewordensind. Dagegen steht das Gebot des Zusammenführens alsExistenzgrundlage für den Sport. Vor allem deshalb waren dieBoykotte in Moskau und Los Angeles ein großer, und imNachhinein auch allgemein anerkannter Fehler. Und so war eswohl auch für Thomas Bach ein Bedürfnis, nach Wegen zusuchen, wie krassestes russisches Fehlverhalten bestraft, aberBrücken trotzdem nicht abgebrochen werden. Herausgekom-men ist unter größtem Druck kurz vor der Eröffnung der Rio-Spiele am 5. August eine Entscheidung des IOC mit Gnade vorRecht: Russland darf mit einem Rumpfteam starten.

Die Gnade lässt sich aus der Beurteilung des Präsidenten desInternationalen Olympischen Komitees zu den Machenschaf-ten des russischen Staatssports selbst ablesen. So wuchtig fieldie Empfehlung der Welt-Antidoping-Agentur WADA aufAusschluss des gesamten russischen Teams aus, dass Bachnicht umhin kam, von „einem beispiellosen Angriff auf dieIntegrität des Sports und die Olympischen Spiele“ zu sprechen.Und dann wies auch noch der Internationale SportgerichtshofCAS die russische Klage ab, 68 Leichtathleten den Zugang zuden Rio-Spielen zu ermöglichen. Das Recht ist zweifelsfrei inder Olympischen Charta festgehalten. Es verpflichtet dieNationalen Olympischen Komitees, den Welt-Anti-Doping-Code „anzunehmen und umzusetzen“ und politischem Druck„zu widerstehen“. Wenn Recht so eindeutig gebrochen wurde,kann nur Gnade zu einem milderen Urteil führen.

Bachs Beweggründe sind erklärbar. Als Athletensprecher hat ervergeblich gegen den westdeutschen Boykott der Moskau-Spiele angekämpft, er wirkt als Trauma nach. Als immer auchpolitisch denkender Sportpräsident hat er die politischenAuswirkungen eines Totalausschlusses Russlands mitbedacht.Und als Wirtschaftsanwalt kalkulierte er sehr wohl auch diefinanziellen Folgen eines Ausschlusses mit ein. Alles nachseinem Credo: Der Sport muss politisch neutral sein, aberseine Entscheidungen können immer auch politische Auswir-kungen haben - und finanzielle sowieso. So geht es bei ihmum eine Güterabwägung im Dreieck zwischen Sport, Politikund Wirtschaft, in der die Glaubwürdigkeit des Sports anerster Stelle stehen müsste. Nur ein glaubwürdiger Sport istauch geschäftsfähig und kann die Olympischen Spiele aufDauer am Leben erhalten. In der vergangenen Vier-Jahres-Periode erwirtschaftete das IOC mit seinen zwei Spielen einenUmsatz von mehr als acht Milliarden Dollar. 90 Prozent desGewinns fließen weltweit in den olympischen Sport. Bliebensie aus, dann würden sich nur die vermarktbaren Teile desolympischen Sports noch einigermaßen halten können, dergroße Rest würde fast ganz verschwinden und das Monopoldes Fußballs sich noch stärker monopolisieren. Wie groß dieseGefahr ist, hat gerade erst dessen Europameisterschaft gezeigtmit ihrer überhöhten Bedeutung und ihre schier maßlosenAllgegenwart.

Thomas Bach hatte vor drei Jahren bei seiner haushochgewonnenen Wahl zum IOC-Präsidenten viele Unterstützer,

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Tiefe Schatten über Das Bach-IOC erweist Russland mit einem Teil-

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darunter mächtige Großsponsoren der USA und WladimirPutin mit seinem Netzwerk im internationalen Sport. Unter-nehmen wie der TV-Gigant NBC gehören zu den potentestenZahlmeistern des IOC und zu seinen Profiteuren. NBC hat einJahr nach Bachs Wahl seinen Fernsehvertrag verlängert, derRekordpreis von 7,75 Milliarden Dollar für die US-Übertra-gungsrechte von 2021 bis 2032 hilft wesentlich dabei, dieExistenz der olympischen Organisation langfristig abzusichern.Nur ein halbes Jahr nach seiner Amtsübernahme durch die„geerbten“ Winterspiele in Sotschi sah sich Bach gezwungen,mit dem russischen Präsidenten eine Zweckgemeinschaft zubilden. Der eine wollte mit seinem umstrittenen 50-Milliar-den-Dollar-Projekt den Ruhm Russlands mehren, und wie mannun weiß, mit allen Mitteln, der andere einen Kollateralscha-

den verhindern. „Wir haben mit Russland und Herrn Putinsehr gut zusammengearbeitet“, sagt Bach, Auseinandersetzun-gen hinter den Kulissen inbegriffen. Dem dringlichen Wunsch,Bach möge bei der Schlussfeier die Spiele als die „bisherbesten“ ausrufen, widerstand er mit der Aussage, „es warendie Spiele der Athleten“. Seitdem hat Bach versucht, PutinsEinfluss auf den internationalen Sport einzugrenzen. Sichtbargelungen ist es ihm dadurch, dass er die Bedeutung vonSportAccord, den vom russischen Präsidenten ehemals starkgeförderten Zusammenschluss aller internationalen Sportver-bände, als globale Nebenorganisation zum IOC minimierte.

Wie immer der Konflikt mit Russland weitergeht, er wirdAuswirkungen auf die olympische Geopolitik haben. Bach, derden Begriff des „Russenverstehers“ als Kompliment auffasst,hofft auf ein geläutertes Sport-Russland, erreichbar am bestendurch Kontakte innerhalb der Familie und deren Regeln.Olympische Spiele ohne das nach den USA erfolgreichste, undnach Ausdehnung größte Land der Welt sind in gewisserWeise amputierte Spiele, mit Chinas von staatlicher Seite hochgerüsteten, schwer überprüfbaren Sportarmee als größtemNutznießer neben den USA. Ob sich Bachs Politik der Gnadevor dem Recht am Ende auszahlen wird, bleibt die großeFrage. Entscheidend wird sein, ob Russland nach dem höchstumstrittenen Urteil auf Bewährung des IOC bereit ist, seinbetrügerisches Sportsystem tatsächlich zu reformieren. Dieswiederum wird auch davon abhängen, wie sich die politischeWeltlage ändert und Putins Russland zu einer Wiederannähe-rung an den Westen bereit ist.

Bedenklich ist am Kurs des Bach-IOC auch, dass es sein Haus-recht über die Spiele aufgegeben hat und die an den Rio-Spielen beteiligten internationalen Sportverbände nach einemangeblich strengen Selektionsverfahren über die Teilnahmerussischer Sportler selbst entscheiden sollen. Als Agenda-Präsident hat der 62-Jährige aus Tauberbischofsheim das IOCin den Stand eines Führers des Weltsports erhoben. Als Krisen-Präsident macht er sich klein durch das Delegieren einer ganzwesentlichen Verantwortung an die Verbände. Es sind jeneVerbände, deren zum Teil erbärmlicher Zustand dokumentiertist und die nicht über ein Regelwerk verfügen zur verlässli-chen Selbstverwaltung und zu den Athletenrechten. Subven-tioniert werden sie vom IOC nach dem Grad ihrer in die Spieleeingebrachten Attraktivität. Das könnte jene Verbände beein-

den Rio-Spielen Ausschluss Gnade vor Recht Von Günter Deister

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flussen, bei denen besonders russische Sportler für hohesPublikumsinteresse und hohe TV-Einschaltquoten sorgen.

So ist das Krisenmanagement bis zur Eröffnung der Rio-Spieledas Eine, und die grundsätzliche Beschäftigung mit demriesigen Problem, wie man den Sportbetrug und dazu dieWucherungen der Korruption und Manipulation weltweit amglaubwürdigsten und effektivsten bekämpfen kann, das Ande-re. Im Westen tritt er überwiegend in Erscheinung als betrüge-rische Gewinnmaximierung. Um so wichtiger ist der von Bachangekündigte Versuch, aus einer nur in Teilen wirksamen,unterfinanzierten, insgesamt stark überforderten WADA eineschlagkräftige, weitgehend unabhängige Organisation zumachen, als Wächter über die Sauberkeit im Sport mit deralleinigen Entscheidungsgewalt über den Testeinsatz. Dieserfordert auch einen Zuwachs an Autorität. Einer Autorität,die das IOC dadurch beschädigte, dass es der WADA-Empfeh-lung auf Ausschluss des gesamten russischen Teams nichtnachgekommen ist. Agentur-Chef Craig Reedie, zugleichMitglied der IOC-Exekutive, zeigte sich deshalb „sehr ent-täuscht“ und machte damit immerhin deutlich, dass in dem15-köpfigen olympischen Führungsgremium das Russland-Votum keineswegs einstimmig erfolgte.

Bisher wechselte die Führung in der WADA zwischen Sportund Politik, wobei der Sport den stärksten Einfluss ausübt. Beider geplanten Reform würde das IOC auch die Kompetenz desTestens bei seinen Olympischen Spielen ganz an die WADAabgeben. Diese hätte dann auch die ganz wesentliche Aufgabeder intensiveren Zusammenarbeit mit den Nationalen Anti-Doping-Agenturen (NADA) und ihrer Überwachung. Die bishe-

rige Finanzierung der WADA, die in diesem Jahr 26,3 MillionenDollar ausmacht, reicht hinten und vorne nicht. Hälftig wirdsie getragen vom Sport selbst und von den Ländern. Als dierussische Tennis-Diva Maria Scharapowa jüngst des Dopingsüberführt wurde, sagte Reedie: „Das einzig Gute an dem Fallist, dass er sichtbar machte, ihr Jahreseinkommen ist deutlich

höher als unser Budget.“ Dabei ist der bisher errechnetefinanzielle Gesamtaufwand im Kampf gegen Doping mit einerhalben Milliarde Dollar im Jahr gewaltig. Es ist die Summealler Aufwendungen von Ländern, nationalen wie internatio-nalen Verbänden und ihrer nationalen NADA-Ableger. AlleinDeutschland steuert jährlich mehr als 15 Millionen Euro dazubei, davon rund 10 Millionen Euro für die deutsche NADA, den

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ls die Olympischen Spiele noch viel jünger waren, wähltedas IOC die Teilnahme-Länder durch Einladung aus. Somusste Deutschland den Spielen 1920, 1924 und 1948

als Verursacher zweier Weltkriege fern bleiben. Mit bestraftwurden 1920 und 1924 die Allianzländer Österreich, BulgarienUngarn und die Türkei und 1948 Japan. Nicht zuletzt die Boy-kotte der Spiele 1980 in Moskau durch die meisten westlichenLänder und 1984 in Los Angeles durch den Ostblock veranlasstendas IOC zum Umdenken. Durch eine Veränderung in der Olympi-schen Charta ist den Ländern über ihre Nationalen OlympischenKomitees die Teilnahme an den Spielen zur Pflicht geworden.

1964 hat die IOC-Vollversammlung Südafrika wegen seinerPolitik der Rassentrennung suspendiert und dies bis 1992 auf-

rechterhalten. 1972 durfte Rhodesien aus demselben Grundnicht an den Spielen in München teilnehmen. Zugleich war dasIOC bemüht, möglichst allen Ländern den Zugang zu den Spielenüber NOK-Mitgliedschaften zu ermöglichen. Durch einen großenKompromiss bei der IOC-Vollversammlung 1979 gelang es, Chinazurück zu holen in die olympische Familie. Dabei musste dieVolksrepublik die Mitgliedschaften der chinesischen NOK‘s vonTaiwan und Hongkong hinnehmen. Ihren ersten Olympia-Auftritthatte die Volksrepublik 1980 bei den Winterspielen in LakePlacid, die Sommerspiele des Jahres boykottierte sie zusammenmit westlichen Ländern.

In den letzten Jahren hat das IOC über sein Exekutivkomiteeimmer mal wieder und kurzfristig Suspendierungen ausgespro-

Die Regeln für Olympia-Teilnahme

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Unterhalt der beiden Doping-Test-Institute in Köln und Krei-scha und 772.326 Dollar als seinen Anteil in diesem Jahr fürdie WADA. Im Gegensatz zu zahlreichen säumigen Länderngehört die Bundesrepublik zu den pünktlichen Zahlern.

Zur Umsetzung von Bachs grundsätzlicher Reform, alle Kompe-tenzen für einen Anti-Doping-Kampf auf eine zu stärkendeWADA zu übertragen, soll eine für den 21. September 2017einberufene „Außerordentliche Weltkonferenz zu Doping“dienen. Die weiteren Voraussetzungen soll am 8. Oktober dernächste „Welt-Sportgipfel“ schaffen mit der Zustimmung derinternationalen Verbände für die entscheidende Reform: Getes-tet wird nur noch in der Kompetenz und auf Veranlassung einerzu erneuernden WADA und ihrer NADA-Ableger. Dies kann fürdie Verbände Enteignung und Entlastung bedeuten. Enteignungum eine wichtige Kompetenz, die bisher höchst unzureichendwahrgenommen wurde. Entlastung um eine aufwändige Aufga-be voller Verantwortung. Das von den Verbänden eingesparteGeld müsste dann an die Weltagentur gehen, das bisher für denAnti-Dopingkampf eingesetzte Personal der Verbände erhieltemit der Agentur sozusagen einen neuen Arbeitgeber.

Andere tiefe Schatten werden von den Athen-Spielen auf Riode Janeiro geworfen. Die Olympiade von 2004 war für daskleine Griechenland eine einzige Überforderung, finanziell undorganisatorisch auch deshalb, weil es bis zuletzt schien, alskönnten die Spiele überhaupt nicht pünktlich beginnen. Sicht-bar geblieben sind ungenutzte, verkommene Wettkampfstättenals Mahnmale olympischer Überforderung. Die ÜberforderungAthens war absehbar, Rios Überforderung nicht unbedingt, wasdas Dilemma des IOC wieder einmal deutlich macht, die Spiele

sieben Jahre vor ihrer Ausrichtung zu vergeben. Das Schwellen-land Brasilien stand bei seiner Wahl in Blüte und schien draufund dran, fünftstärkste Wirtschaftsmacht zu werden. Der Siegbeim IOC-Kongress 2009 in Kopenhagen unter anderem überdas von US-Präsident Obama repräsentierte Chicago wurde inder Welt auch als olympische Eroberung Südamerikas gefeiert.Nun droht ein Pyrrhus-Sieg daraus zu werden.

Das führt auch zu der olympischen Existenzfrage: Inwieweitsind die Spiele mit ihren Ansprüchen, Anforderungen undAusmaßen noch zeitgemäß? Der große Olympier Willi Daumehat einmal auf die Frage, wie lange es noch Olympische Spielegeben wird, geantwortet: „Solange die Welt sie noch will.“ Willdie Welt noch die Spiele? Und wenn ja: wie und in welchenMaßen? Zu einem gewissen Barometer könnten nach einerReihe von Verweigerungen bei den Winterspielen nun auchdie Bewerbungen um die Sommerspiele 2024 werden.Zunächst zogen Boston und Hamburg zurück nach überwie-gender Ablehnung ihrer Bürger. Nun steht auch Rom auf derKippe. Die aus der Opposition heraus mit großer Mehrheitgewählte neue Bürgermeisterin möchte die bisher mafiösregierte, mit 13 Milliarden Euro Schulden belastete Metropoleam liebsten aus dem Rennen nehmen. Blieben noch Budapest,Hauptstadt eines kleinen Landes als viel zu kleine Einheit fürglobalen olympischen Aufwand und geführt von einem Präsi-denten, dessen totale Abschottungspolitik gegenüber Flücht-lingen unvereinbar ist mit dem olympischen Prinzip desZusammenkommens. Dazu Paris, gegenwärtig eine Stadt imAusnahmezustand, und das monumentale Los Angeles. DieStadt ist ein Symbol. Sie bekam die Spiele des Jahrgangs 1984nur deshalb, weil niemand sonst sie haben wollte.

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chen, als Aufforderung, staatliche Einflussnahme zu beenden.Betroffen waren jeweils kleinere Länder wie gegenwärtig Kuwait.Dort hat der Staat Regeln erlassen, die nach Einschätzung dasIOC unmittelbar in die Belange des Sports eingreifen. Begrün-dungen für Suspendierungen ergeben sich aus der Regel 27 derOlympischen Charta, die sich im Kapitel 4 mit den Rechten undPflichten der NOK‘s beschäftigt. Sie sind einerseits „verpflichtet,an den Spielen der Olympiade durch die Entsendung von Athle-ten teilzunehmen“. Sie müssen andererseits den Welt-Anti-Doping-Code „annehmen und umsetzen“. Vor allem aber habensie „ihre Autonomie zu wahren und jedem Druck einschließlich,aber nicht allein politischer, rechtlicher, religiöser oder wirt-schaftlicher Art, der sie an der Einhaltung der OlympischenCharta hindern könnte, zu widerstehen“.

Konsequent ausgelegt ist diese Autonomie in einem Land nichtgewährleistet, in dem ein Staat wie Russland über sein Sportmi-nisterium die Regeln bestimmt, den Betrug organisiert, mit Hilfeseines Geheimdienstes möglich macht und absichert und denAnti-Doping-Code nachweislich missachtet. Das eigentlichverantwortliche NOK des Landes tritt nur formal in Erscheinung.Nämlich dann, wenn es rechtlich die Interessen Russlands beimIOC oder vor internationalen Rechtsorganen wie dem Internatio-nalen Sportgerichtshof CAS vertritt. Deutlich sichtbar werdenRegelverstöße auch, wenn wie in Weißrussland oder Aserbai-dschan die autoritär regierenden Staatspräsidenten AlexanderLukaschenko und Ilham Alijew in Personalunion auch als NOK-Präsidenten fungieren. Laut Charta kann nur die IOC-Vollver-sammlung einem NOK die „endgültige Anerkennung entziehen“.Vorläufige Suspendierungen obliegen dem Exekutivkomitee, undzwar durch „angemessene Beschlüsse zum Schutz der Olympi-schen Bewegung im Land eines NOK“.

G.D.

und Ausschluss

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ir Russen sind leichtgläubig und beeinflussbar. Esgibt russische Philosophen, die sagen, es fehle unsdie Fähigkeit zum eigenständigen Denken. - Russ-

land leidet unter einem mangelnden Realitätssinn. Es hat nurein schwach ausgeprägtes Rechtsempfinden. - Russen suchenFehler immer bei anderen, nie bei sich selbst.“ (AlexanderZipko, 75, Mitglied der Russischen Akademie der Wissen-schaften, im Interview mit dem „Spiegel“ vom 4. Juni 2016)

Aus gegebenem Anlass zunächst eine Auffrischung der Erin-nerung an sporthistorische Realitäten. Bei einem Drittel derbisherigen Olympischen Sommerspiele war der russischeSport nur Zaungast, genauer: an ihnen aus politischen Grün-den nicht interessiert. Vor der Revolution 1917 ließ er sichnur 1900, 1908 und 1912 blicken, nach dem Umsturz nichtmehr und 1948, zu Beginn des Kalten Kriegs gegen die Alli-ierten des Weltkriegs II, auch nicht. 1984 beantwortete dieUdSSR das Fernbleiben wichtiger Länder des Westens (u.a.USA, Bundesrepublik Deutschland) beim Olympia 1980 inMoskau mit dem Boykott der Spiele in Los Angeles.

Noch rarer machten sich die Leichtathleten des größtenLandes der Erde. Ihr erster olympischer Auftritt fand gar erst1952 statt, als der Sowjetsport die Bühne betrat. Bis 1949gehörten sie nicht zum Weltverband IAAF. Und zu den 2016-Spielen in Rio de Janeiro wurden sie von der IAAF vor die Türgesetzt, bis auf weiteres suspendiert wegen jahrelang syste-matischen, staatlich gelenkten und kriminell vertuschtenDopings. Stufe eins des Banns: eine Entscheidung des IAAF-Councils gegen den Verband der Russen (ARAF) im November2015 auf Grund weltweit empört registrierter und von derWelt-Anti-Doping-Agentur (WADA) bestätigter Enthüllungenin der ARD. Stufe zwei: die im Juni 2016 vom IAAF-Vorstandnach Durchsicht weiterer Manipulationsbelege einstimmiggebilligte Verlängerung der Sperre über die Rio-Spiele hinaus.Stufe drei: Der Internationale Sportgerichtshof (CAS) erklärt15 Tage vor Entzündung des Olympischen Feuers nahe derCopacabana die IAAF-Entscheidung letztinstanzlich für rech-tens. Ein historisches Urteil!

Aus heutiger Sicht sind die Absenzen im vergangenen Jahr-hundert nur noch Randerscheinungen der olympischen

Chronik. In seinen Grundfesten erschüttert haben sie denWeltsport nicht. Ob derart lapidar irgendwann einmal auchüber die Abwesenheit der Russen bei den Leichtathletik-Wettkämpfen in Rio geurteilt werden wird, muss sich erstnoch erweisen. Der Spruch der drei CAS-Sportrichter ausItalien, Großbritannien und USA wird sicher nicht ohneFolgen bleiben, zum Beispiel für den im Sumpf sportpoliti-scher Egoismen feststeckenden Anti-Doping-Kampf. Und imhöchst umstrittenen Urteil der IOC-Vorständler gegen einenKomplettausschluss Russlands (siehe Artikel auf Seiten 8 - 12)ist Zoff im Verbund der Top-Organisationen des Weltsports,IOC, WADA und IAAF, programmiert.

Dass sich die Maßnahmen zur Dopingabwehr in ihrer jetzigenForm erledigt haben, ist traurige Gewissheit angesichts dererschütternden Erkenntnisse, die zwei unabhängige Kommis-sionen der WADA (Gruppe Pound, Gruppe McLaren) bei denUntersuchungen des Betrugs im Sport Russlands im Allge-meinen und seiner Leichtathletik im Speziellen zu Tage för-derten. Was der internationale Sport jetzt braucht, ist inerster Linie ein Anti-Doping-System, das nicht mehr längerein „Publikumsberuhigungssystem“ (SZ) ist und das nieman-dem mehr Anlass gibt, es zu verhöhnen, wie es die Russengetan haben – und es mutmaßlich andere (noch) nicht bloß-gestellte Sportnationen noch immer tun. Dazu bedarf esgünstigster Fügung, an die zu glauben schwer fällt - weil daslatente Misstrauen gegenüber den Verbänden nicht weichenwill.

Bis dato ist es doch so: Vor allem IOC und IAAF tragen ihreausgeleierten Gelübde „null Toleranz“ und „Priorität fürsaubere Sportler“ wie eine Monstranz vor sich her, hinter dersich die wahren Absichten geschickt verbergen lassen: näm-lich Schutz des Kommerzsports vermittels Absicherung derRekordfähigkeit der Athleten, auf dass hoffärtige Wirtschafts-partner ihr Interesse nicht verlieren. Wie das funktioniert?Durch Duldung eines löchrigen Doping-Kontroll-Systems,durch Wegschauen, Heucheln, Verschleiern, Korrumpierenund devot-servilen Umgang mit den Autoritäten „verdreck-ter“, die Verbände jedoch alimentierender Sportnationen. ZumBeispiel Russland.

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Was nun, Weltsport?Die olympische Königssportart und dasRussland-Trauma Von Michael Gernandt

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Im Gegensatz zum IOC, das auf Zeitgewinn spielte, hat sich inder Russen-Causa die IAAF nicht gescheut, gleich energischzuzupacken und Entschlusskraft zu zeigen, was in Anbetrachtdes Bergs von Belegen für eklatante Regelverstöße und derhärteste Sanktionen fordernden internationalen Athleten-schar freilich unumgänglich war. Andernfalls hätte der in derKorruptionsaffäre seines Vorgängers Diack von britischenMedien der Mitwisserschaft bezichtigte IAAF-Chef SebastianCoe schon im ersten Jahr nach seinem Amtsantritt den Hutnehmen müssen. Der Lord war schließlich mit dem riskantenVersprechen angetreten, der gebeutelten Leichtathletik dieabhanden gekommene Glaubwürdigkeit zurückzuerobern: Einambivalentes Unterfangen, wenn er das CAS-Urteil mit denWorten kommentiert, dies sei „kein Tag für triumphierendeStatements, ich bin nicht zu diesem Sport gekommen, umAthleten am Wettkampf zu hindern“.

Scheitern musste der Versuch des Weltverbands der Leicht-athleten, zwischen individueller Gerechtigkeit und kollektiverVerantwortung abzuwägen. Er lief letztlich unter bewussterInkaufnahme von Kollateralschäden – die Möglichkeit, mitdem Urteil auch dopingfreie Sportler zu treffen – auf dieradikale Lösung hinaus. Sie ist die allfällige Warnung an alleLänder, die es noch immer nicht so genau nehmen mit derReinheit der Sportlerleistung. Sollte der Bann auch saubereAthleten treffen, „dann ist das der Preis, der für das Scheiternder russischen Autoritäten gezahlt werden muss“, sagte RuneAndersen, der norwegische Chef der IAAF-Taskforce zur

Untersuchung der Ende 2014 von der ARD losgetretenenAffäre.

Immerhin, einen Ansatz von individueller Gerechtigkeit hattedie IAAF ja im Angebot für russische Sportler mit Rio-Ambi-tionen, die Sauberkeit für sich reklamierten: die Vorlage eines„überzeugenden Belegs“, nicht vom russischen System„beschmutzt“ zu sein; gemeint ist der Nachweis eines „ausrei-chend langen Zeitraums, in dem Sportler unter dem Einflusseines effektiven Anti-Doping-Systems außerhalb des Landesstanden“ (neue IAAF-Richtlinie vom 23.Juni). Tatsächlichkönnen sie wieder um Starterlaubnis bei internationalenWettkämpfen nachsuchen – als „Neutrale“ und nicht fürRussland. Als Tritt vors Schienbein musste die Leichtathletikempfinden, dass Thomas Bach und seine Leute vom IOCNeutrale bei den Spielen für eine bescheuerte Idee halten.Russen, die in zwölf Tagen bis zum Rio-Start den Nachweiserbringen können, nicht ins Anti-Doping-System ihres Landesinvolviert zu sein, müssen, so die IOC-Leute, als Nominiertedes angeblich nicht inkriminierten Russischen OlympischenKomitees (ROC) mit den Insignien ihres Staates (Hymne,Nationaltrikot) auftreten. Inzwischen hat sich die Mär vomporentief reinen ROC als Quatsch erwiesen.

Zunächst mit dem Dekret gegen Neutrale und schließlich miteiner auch auf Whistleblowerin Julia Stepanowa angewende-ten generellen Sperre für (selbst inzwischen wieder freie)russische Ex-Doper hat das IOC den Plan der IAAF durch-

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kreuzt, der in die USA geflohenen Moskauer Mittelstrecklerinund ARD-Kronzeugin den Rio-Start zu ermöglichen. Dass einsolches Startverbot illegal ist, hat der CAS bereits 2011 ent-schieden (Osaka-Urteil), was das IOC freilich nicht davonabhielt, der Läuferin vorzuwerfen, sie habe die „ethischeAnforderung an einen Olympiaathleten nicht erfüllt“. Sowurde es nichts mit der Respektsbezeugung der IAAF gegen-über Stepanowa. Eine solche war überfällig, Coe hatte sichmonatelang vor ihr gedrückt. Ohne Stepanowas Aufklärungwäre die Russen-Causa nicht ans Tageslicht gekommen. InDoping-Kronzeugen sieht der Kommerzsport immer nocheher Nestbeschmutzer denn willkommene Helfer – und Bach(„Wir sind ihr dankbar für ihr Engagement“) Stepanowa lieberals Gast des IOC in Rio denn als Läuferin dort. Geht‘s nichtnoch ein wenig zynischer?

Der Nachweis langjähriger Doping-Abstinenz war für Athle-ten und Athletinnen, die fest ins anrüchige Fördersystem desLandes eingebunden sind (Stepanowa: „Das ganze Systembaut auf Doping auf“), nicht zu erbringen. Mit Attesten ausdem fragwürdigen Moskauer Labor schon gar nicht. SeitMarion Jones und Lance Armstrong weiß man: negativ istnicht immer negativ. War es der Elite überhaupt möglich, sichdem System zu entziehen? „Das System ist verantwortlich,wir folgen den Regeln, die das System vorgibt“, hat die beiRetests der Proben von Peking 2008 als Doperin entlarvteLäuferin Tatjana Firowa gesagt. „Warum sollen wir verboteneSubstanzen nicht nehmen, wie sonst sollen wir Höchstleis-tungen bringen?“

Es war nicht zu erwarten, dass der russische Patient nachachtmonatigen scheinbaren Bemühungen um Rehabilitationschon wieder vollständig genesen seinen Platz in der Zirkus-show würde einnehmen können. Fachleute rechnen mit einerRekonvaleszenz bis 2017/18. Zu hartnäckig sitzt das Virus.Erwischt hat es den russischen Staatssport ja nicht erst ges-tern Nacht, die Infektion übertrugen bereits die kalten Kriegerdes Sowjetsystems. „Viele Trainer bliebenvom Denken her in der Sowjetunionstecken“, gab der von SportministerWitali Mutko im Rahmen der von IAAFund IOC verlangten Reform eingesetzteneue ARAF-Präsident Dimitri Schljachtinzu. Ähnliche Symptome übrigens konn-ten auch bei DDR-Trainern beobachtetwerden, als sie im bundesdeutschenSport Fuß gefasst hatten. Die wütendenReaktionen („westliches Komplott“ – „dieIAAF auflösen„ – „Scheißkerle“) russi-scher Politiker, Sportfunktionäre undAthleten auf das Rio-Startverbot zeigen,wie wenig sie von Sinn und Zweck desAnti-Doping-Kampfs tatsächlich begrif-fen haben.

So gaben dann interne Vorabinformationen des WADA-Ermittlers Richard McLaren aus seinem Report über Doping-machenschaften der Russen bei den Winterspielen 2014(Veröffentlichung am 18. Juli) und Taskforcer AndersensErkenntnis von der unverändert „tief sitzenden Kultur derToleranz gegenüber Doping“ den Ausschlag für die im Junierfolgte Verlängerung der IAAF-Suspendierung. Getroffensind Andersens Leute in Russland: auf „Cheftrainer undAthleten, die unwillig zu sein scheinen, die Natur und dasAusmaß des Dopingproblems anzuerkennen“, die gewillt sind,„die Dopingregeln zu ignorieren“. Nicht begegneten sie dervom Weltverband angeforderten „starken und effektivenInfrastruktur der Anti-Doping-Maßnahmen, der Aufdeckungund der Abschreckung“; ein generelles Unrechtbewusstseinkonnten sie auch nicht entdecken. Stattdessen erlebten sie„russische Autoritäten, die weit davon entfernt sind, Anti-Doping-Bemühungen zu unterstützen, sie haben systemati-sches Doping orchestriert“.

Und was nun, Weltsport? Mit Appellen an Fairness, Gerech-tigkeit und Moral ist Systemdopern nicht beizukommen undder Rat von Thomas Bach, 2017 „einige Mängel“ abzustellen,nicht gerade vielversprechend. Klingt eher nach „weiter so“.Gleichwohl ist von Zäsur die Rede, von „Hoffnung auf eineZeitenwende“ (Alfons Hörmann, DOSB-Präsident) und einemKulturwandel, bis zu dem die WADA „die Russen vom interna-tionalen Wettbewerb ausschließen“ würde. Auch wenn esJahre dauert? Naheliegender: eine Empfehlung von WADA-Ermittler Richard McLaren, weiterhin investigativ vorzugehen,über die Leichtathletik und Russland hinaus. Er und KollegeDick Pound vermuten, dass Putins Sportreich nur die Spitzedes Eisbergs ist. Könnte gelingen, wenn in einem runderneu-erten Anti-Doping-System dem Sport „mit seiner Kultur desWegsehens“ (FAZ) die Kontrolle aus der Hand genommenwird. Schaden kann auch nicht, Sponsoren und Fernsehenreinen Wein einzuschenken. Reduzieren die ihre Millionen,geschieht am Ende doch noch ein Wunder.

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Jugendkader 2010.

Gefördert durch die GlücksSpirale.Nationalmannschaft 2016.

Der Deutsche Olympische Sportbundwurde von der GlücksSpirale bislang mit mehr als 710 Millionen Euro gefördert.

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r gilt als einer der klügsten deutschen Analytiker desolympischen Hochleistungssports. Eike Emrich (Jahrgang1957) ist Soziologe und Ökonom, stellvertretender Leiter

des Instituts für Sportwissenschaft der Universität des Saarlandesin Saarbrücken. Er leitete früher den Olympiastützpunkt Saarlandund war lange Jahre Vizepräsident Leistungssport des DeutschenLeichtathletik-Verbandes (DLV).

OF: Professor Emrich, 31 Dopingpositive bei Nachtests zu denOlympischen Spielen 2008 in Peking, Nachtests für London 2012mit ähnliche Ergebnissen. Die Winterspiele 2014 in Sotschi sindohnehin schon im Dopingsumpf versunken. Was heißt das fürOlympia?

Professor Eike Emrich: Für Olympia war es bisher lohnender, in denAnschein von Ehrlichkeit zu investieren, statt in die Ehrlichkeitselbst. Damit ist das Internationale Olympische Komitee bisher

wirtschaftlich sehr erfolgreich. Dopingkontrollen dienen im Ziel-konflikt zwischen Spitzenleistung und Rekorden sowie Wettbe-werbsintegrität der Produktion des Glaubens an die Ehrlichkeit undstabilisieren damit das System. Wichtig dabei ist die Balancezwischen entdeckten Dopern, nicht entdeckten dopenden Höchst-leistern und ehrlichen Athleten. Wenn gar nicht gedopt würde,würden die Höchstleistungen und damit die Attraktivität desSports sinken. Würden zu viele Doper entdeckt, würde die Glaub-würdigkeit der Wettbewerbsintegrität leiden, nachfolgend dieAttraktivität und damit die Nachfrage nach olympischem Sport.Leiden würde die öffentliche Legitimation.

OF: Bislang funktioniert das System.

Emrich: Ja. Es gibt ein zeitlich überdauerndes, relativ stabilesGleichgewicht in einem System, in dem alle eigene Ziele verfolgen.Athleten wollen möglichst Höchstleistungen zeigen, möglichstnicht dopen, müssen aber dopen, wenn ihre Konkurrenten dopen

und sie vom Sport leben. Wenn sie aber dopen, wollen sie nicht alsDoper überführt werden. Das IOC will Höchstleistungen undRekorde, attraktive Spiele, mehr Medieneinnahmen, gleichzeitigaber den Anschein des mehrheitlich sauberen Sports wahren unddie Olympische Idee als sportliches Alleinstellungsmerkmal beto-nen. Alle wollen Spitzenleistungen und gleichzeitig auch, dassnicht zu viele des Dopings überführt werden. Einige müssen jedochüberführt werden, und zwar so viele, dass man weiter glaubenkann, es ginge ehrlich zu im olympischen Spitzensport.

OF: Ist die Welt-Anti-Doping-Agentur eine sinnvolle Organisation?

Emrich: Sie war aufgrund ihrer mangelnden Unabhängigkeit bisherineffizient, aber wie die Nationalen Anti-Doping-Agenturen einerfolgreiches Geschäftsmodell. Mediale Berichte über Dopingbegründen die Notwendigkeit zu mehr Kontrollen, dazu brauchtman mehr Geld, neue Stellen. Gleichzeitig muss der nachwachsen-

de Rohstoff Doper so bewirtschaftet werden, dass die Relation zuentdeckten Dopern optimiert wird. Entdeckt man zu viele, wachsenkaum Doper nach, entdeckt man kaum Doper, gilt man als ineffi-zient. Aus diesem Grund nützen neue Gefahrenfelder wie Gendo-ping als neue Geschäftszweige. Dass damit der Kampf gegenDoping gewonnen werden kann, glaube ich allerdings kaum. Wirhaben im vergangenen Jahrzehnt immer um die zwei Prozententdeckte Doper unter den Kontrollierten. Der Wert ist ziemlichstabil, unabhängig davon, wie viele Tests durchgeführt werden.Zudem haben die Agenturen weiten Spielraum. Es drängt sich, wieder Fall Russland zeigt, der Verdacht auf, dass zumindest einzelneAgenturen durch gezielte Auswahl der Kontrollierten die Leistungder eigenen Athleten im staatlichen Auftrag subventionieren.

OF: Zwei Prozent Dopingpositive sind letztendlich ökonomisch alsonichts anderes als eine Garantie für die ungebremste Nachfragenach olympischem Spitzensport?

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„Der olympische Sport befindet sich in einer schwerenVertrauenskrise“

Prof. Dr. Eike Emrich, Sportwissenschaftler

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Emrich: Ganz so einfach ist es nicht mehr. Die Nachfrage ist janicht mehr ungebremst. Ich würde sogar so weit gehen, dass sichder olympische Sport in einer schweren Vertrauenskrise befindet.Und die Sportorganisationen scheinen das noch gar nicht vollstän-dig realisiert zu haben. Im Moment ist tatsächlich der Glaube andie Ehrlichkeit nicht mehr einfach produzierbar, weil das Vertrauender Konsumenten in die Ehrlichkeit zu nachhaltig gestört ist. Dabeihat sich das IOC selbst gefesselt. Die Option, künftig auf Doping-kontrollen zu verzichten, würde den besonderen Wert des olympi-schen Sports vernichten, ihn zum Zirkus machen und ihn erstseiner Legitimität, dann seiner Subventionen berauben. Das IOC als»Unternehmen« schöpft seinen Geschäftserfolg bisher aus derFaszinationskraft olympischer Ideale, die am Leben gehaltenwerden müssen. Dass für das IOC kostenfrei weltweit in der Olym-pischen Bewegung von unzähligen Ehrenamtlichen die olympi-schen Werte am Leben gehalten und reanimiert werden, währenddas IOC als Monopolist ziemlich ungehemmt die Rechte an Olym-

pia vermarktet, reicht offensichtlich nicht mehr aus, um denbesonderen Wert Olympias zu kommunizieren.

OF: Und weil die Deutschen ein kluges Volk sind, haben sie daserkannt und verweigern sich der Ausrichtung Olympischer Spiele?

Emrich: Ja. Ich habe das in Hamburg intensiv beobachtet, da kamnatürlich eine Menge zusammen. Die Flüchtlingskrise, der Mangelan Ressourcen, die Furcht vor den immensen Folgekosten. Aber derzentrale Punkt war, dass Organisationen wie das IOC oder auch derWeltfußballverband Fifa ihre Legitimation verloren haben. DieBevölkerung war insofern mehrheitlich nicht gegen die Olympi-sche Idee oder gegen Olympia, aber gegen die mangelnde morali-sche Integrität dieser Organisationen.

OF: Der ehrliche Athlet ist in diesem ganzen Geschäft Sport ohne-hin der Dumme.

Emrich: Der hochleistungsfähige, ehrliche Sportler, und die gibt esdurchaus, ist in der Tat der einzige, der von diesem System nichtprofitieren kann und es deshalb auch oft verlässt. Er steht unterGeneralverdacht, obwohl er seine Leistungen ehrlich erbringt. Alleanderen profitieren ansonsten von diesem System. Doping steigertdie Leistung flächendeckend, das führt zu mehr Nachfrage, dieEinnahmen steigen, die Sensationen nehmen zu, die Medienberichten mehr, der Konsument ist zufrieden und auch die Antido-ping-Agenturen haben ihr Auskommen, da sie immer mehr Kon-trollen durchführen. Alle verdienen.

OF: Sauberer Sport und absolute Höchstleistung, geht das über-haupt noch?

Emrich: Es fällt zunehmend schwerer, den Zielkonflikt zwischensauberem Sport und absoluter Höchstleistung zu bewältigen.

OF: Ist das Ende von Olympia nah?

Emrich: Das glaube ich nicht, solange sich immer noch Diktaturenfinden, die bereit sind, Olympische Spiele auszurichten. Das wirdnoch eine Weile anhalten. 50 Prozent der Menschen interessierensich für Olympia nicht, aber für 50 Prozent sind Olympische Spieleweiter wichtig, allerdings schätzen diese 50 Prozent gewonneneMedaillen nur dann, wenn sie ehrlich gewonnen werden.

OF: Und wenn weltweit alle Diktaturen Veranstalter OlympischerSpiele gewesen sind?

Emrich: Dann wird man wieder den spannenden Wettbewerbzwischen gleichwertigen Gegnern mit offenem Ausgang und diedamit verbundene Dramatik und Spannung stärker gegenüber demAspekt der Rekorde betonen und auch ernsthaft darüber nachden-ken müssen, Olympia privat zu organisieren. Ohne den Einsatzöffentlicher Subventionen. Dann wird das Ganze ein wenig kleiner,übersichtlicher, aber möglicherweise deshalb auch wieder attraktivund vor allem transparenter. 1984 in Los Angeles hat das ja bereitseinmal funktioniert.

OF: Ihre Perspektive?

Emrich: Olympia befindet sich am Scheideweg, was die Glaubwür-digkeit und die Nachfrage betrifft. Die Olympische Bewegung unddas IOC müssen sich in einem Zielkonflikt dafür entscheiden, ob siekünftig ehrlichen, fairen Sport oder weiterhin absolute Höchstleis-tungen wollen, wenn die Produktion des Anscheins von Ehrlichkeitnicht mehr gelingt. Das ist ein Dilemma. Schärfere und häufigereKontrollen führen zu Leistungsrückgängen, das Einkommen des IOCund anderer Akteure würde sinken. Die Freigabe von Doping würdeLeistungen steigern und weiter Rekorde ermöglichen, Olympia unddem Spitzensport aber die öffentliche Legitimation vollends entzie-hen. Zudem würde eine Freigabe des Dopings sensationsgierigeZuschauer anziehen und an fairem Sport interessierte Enthusiastenabstoßen, was wiederum die Neigung begünstigen würde, dieletzten Schranken auch noch fallen zu lassen. Eigentlich ist derolympische Sport eine Art moralischer Lehranstalt.

Das Interview führte CChristoph Fischer

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aster Semenya? Schon verdrängt der gespenstischwirkende 800-m-Sieg dieser Person bei der Leichtath-letik-WM 2009 in Berlin? Nicht mehr erinnerlich die

Verwirrung der Augenzeugen ob der Ungeheuerlichkeit desErlebten, die aufkeimende Sorge um die Unversehrtheit desinternationalen Frauensports? Vergessen die hernach peinlichenDiskussionen unter Sportfunktionären, Politikern, Ärzten undWissenschaftlern auf dem Rücken der hyperandrogenen Läufe-rin aus Südafrika? Vergessen auch die hilflosen Bemühungendes Weltverbands der Leichtathleten (IAAF) um Aufklärung undLösung des Vorfalls, die Semenya entwürdigenden Spekulatio-

nen der Medienum ihre mut-maßlich körper-liche Anomalieund derenRegulierung?

Wem das inAnbetrachttäglich hernie-der gehender,mit Horrormel-dungen aus derWelt des Sports

vollgesogener Lawinen tatsächlich entfallen sein sollte, dem seivorausgesagt: Die Erschütterung von Berlin könnte sich schonbald wiederholen: Bei den anstehenden Sommerspielen in Riode Janeiro. Der Auftritt nämlich von Semenya, einer Frau mitnur bedingt fraulichen Gesichts- und Körperkonturen, in ihremzweiten olympischen Finale, das vermutlich enden wird wie dasder Berliner WM: Mit übernatürlich großem Vorsprung im Zielauf die Konkurrenz, die im Gegensatz zu 2009 dieses Mal aberwissen wird, wer mit ihr was angestellt hat. Und rebelliert?

Sollte es demnächst also ein Deja-vu geben, worauf seriöseHinweise deuten, bedarf es einer Erläuterung dessen, waszwischen Berlin und Rio passiert ist mit Caster S. In Stichwor-ten: Eine Art Schutzsperre für fast ein Jahr nach der WM inDeutschland, hormonelle Behandlungen in dieser Phase;Comeback im Sommer 2010 mit nur noch durchschnittlichenLeistungen; 2011 und 2012 Rückkehr in die Weltklasse, abernicht an die goldene Spitze, von der Russin Sawinowa bei WM(Daegu) und Olympischen Spielen (London) verdrängt jeweils

auf Platz zwei; 2013 bis 2015 sportliche Schmalkost wegendiverser Verletzungen.

Im Frühjahr 2016 indessen reibt man sich in der internationa-len Szene ungläubig die Augen. Die ehemalige Weltmeisterinhat wie aus heiterem Himmel das Rundumprofil des Jahres2009 wieder erlangt und die Fähigkeit, mit der Konkurrenz dasKatz- und Maus-Spiel zu treiben. Dabei vermittelt defensives,die Endzeit drosselndes, nur in der Schlusssequenz offensivesRennverhalten den Eindruck, dass hier jemand ganz bewusstversucht, den Betrachter abzulenken vom Verdacht, wie schonvor sieben Jahren ein nicht der Welt des Frauensports zugehö-riges Wesen in Aktion gesehen zu haben.

Soweit die rein sportliche Chronologie. Die Ursachen für dieAchterbahnfahrt der Läuferin Semenya sind jenseits des Kunst-stoffovals zu finden, bei den Regelhütern der IAAF und denJuristen des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS). Im Früh-jahr 2011 versuchte die in der Angelegenheit erheblich unterDruck geratene IAAF das - vor Semenyas Eintritt in die Weltdes internationalen Spitzen-sports - überwundengeglaubte Thema hyperandro-gene Frauen in den Griff zubekommen (1999 kam dasEnde der Geschlechtstests). Dalegte der Weltverband fürSportlerinnen (Normalwertezwischen 0,1 und 2,8 nano-mol pro Liter Blut) einenGrenzwert fest für Testoste-ron, ein beiden Geschlechterneigenes Sexualhormon. ZurOrientierung wurde derNormalbereich für Männeroberhalb 10,5 nmol/l gewählt:Athletinnen mit mehr als 10nmol/l dürfen erst dannwieder an Frauenwettbewer-ben teilnehmen, wenn sie denWert mit Medikamenten(Testosteron-Blockern) abge-senkt haben. Genau das hatdie Südafrikanerin vermutlich

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Auf Medaillenkurs in einem Komplizierte Fortsetzung im Fall

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von 2010 an getan (über die exakte Therapie herrscht bis heuteStillschweigen). Niedrigere Testo-Werte, so darf angenommenwerden, waren die Ursachen für Semenyas 800-m-Ergebnisseim „fraulichen“ Bereich, 2010 bis 2015.

Dass sie auf dem Weg ist, dort auszubrechen, hat mit einerindischen Sprinterin und dem CAS zu tun. Im Sommer vergan-genen Jahres suspendierte der Gerichtshof die IAAF-Regel,nachdem er den Testosteron-Fall aus dem Jahr 2014 der vorden CAS gezogenen Dutee Chand unter die Lupe genommenund befunden hatte, dass der neue IAAF-Grenzwertparagrafnicht überzeuge und zudem den Einwänden der Chand-Anwäl-te nicht standhalten kann: Ihre Klientin sei wegen ihres geneti-schen Vorteils nicht zu beschuldigen und, überhaupt, die IAAF-Regel diskriminierend. Das entscheidende Argument für denCAS war jedoch die bis dato nicht objektiv geklärte Frage, obein Testo-Wert über 10 nmol/l Frauen tatsächlich so vermänn-licht, dass ihnen die weibliche Konkurrenz nicht mehr folgenkann. Das CAS-Verdikt zu widerlegen respektive die eigeneRegel wissenschaftlich bestätigen zu lassen, dafür hat die IAAF

bis 2017 zu sorgen. Bis dahin, so der CAS, darf eine +10-Athletin ohne Einschränkungen starten. Auch Caster Semenya.

Ist die also zuletzt nur in den rechtsfreien Testo-Raum mitAplomb hinein gesprintet? Und wer hat Schuld an dieserverwirrenden Gemengelage, die IAAF, weil sie unvorbereitetund unter Druck eine juristisch nicht wasserdichte Regelaufstellte, oder der CAS, der diese nicht überzeugende Regelbis zur Deadline in 2017 hätte in Kraft lassen sollen? Um 800-m-Frauen mit natürlichen Testosteronwerten das Gefühl zubelassen, nach 2009 nicht mehr chancenlos zu sein in Rennengegen die Südafrikanerin. Für den Sportwissenschaftler aus derHeimat Semenyas, Ross Tucker, ist die Schlüsselfrage: Wannbeginnt ein „Ausreißer“ zum Problem und außergewöhnlichunfair zu werden? Wenn Du gewinnen willst, brauchst Dueinen Vorteil, aber von einem gewissen Punkt an muss derVorteil und sein Ausmaß gecheckt werden. Der US-GenetikerEric Vilain kommentierte den derzeitigen Zustand mit denWorten, er sei besorgt um die Zukunft des Frauensports, wennjeder, der erklärt eine Frau zu sein, bei Frauen starten darf; das

heißt, dass es keine Frauensieger mehr gibt.

Einen Rückfall in die Steinzeit des Sportswird es nicht geben. Das zweijährigeInterregnum – Motto: „Viele schädigen, umWenigen zu helfen“ - ist jedoch unbefriedi-gend genug. Schließlich lässt man CasterSemenya geradewegs in ein „ethischesMinenfeld“ laufen, wie eine britischeZeitung formulierte. Und der angeschlage-ne, weil von anderen Skandalen schiererdrückte Weltverband der Leichtathletenläuft mit. Zumal noch ein weiteres ähnlichvermintes Terrain vor ihm liegt: Was pas-siert, wenn der über acht Meter sich kata-pultierende deutsche Prothesen-Weitsprin-ger Markus Rehm noch vor den Rio-Spielen der IAAF wie verlangt wissen-schaftlich objektiv belegen kann, dass er imVergleich mit nicht behinderten Konkur-renten keinen Vorteil besitzt?

Semenya und Rehm, Störenfriede undQuälgeister des Weltsports?

„ethischen Minenfeld“ Caster Semenya Von Michael Gernandt

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Dank Bachs Agenda:

Eingang durch die Hintertür

Als Juan Antonio Samaranch 1980 IOC-Präsident wurde, bestan-den die Olympischen Spiel in Moskau aus 203 Entscheidungen in21 Sportarten. Als der Spanier 2001 abtrat, waren die Spiele auf300 Entscheidungen in 28 Sportarten gewachsen. Samaranchnahm so ziemlich alles, was er kriegen konnte. NachfolgerJacques Rogge machte es sich zu einer wesentlichen Aufgaben,das unaufhaltsam scheinende olympische Wachstum zu stoppen.Der Belgier hinterlässt Thomas Bach nun Spiele in Rio de Janeiro,

die mit ebenfalls noch 28 Sportarten und 306 Medaillenwettbe-werben eine zumindest zahlenmäßig stabile Erbschaft darstellen.Rogge vermochte dabei die Teilnehmerzahl bei den letztenSpielen 2012 in London auf 10 520 Athleten abzubremsen, auchdadurch, dass die umstrittenen Baseball und Softball nicht mehrzur Austragung kamen.

Der deutsche IOC-Präsident war sich bei Amtsübernahme 2013der Notwendigkeit der Begrenzung wohl bewusst, vor allem auchdeshalb, um Ausrichter-Städte nicht zu überfordern und Olympi-sche Spiele kostengünstiger zu veranstalten. Festgeschriebenwurde deshalb in seiner Ende 2014 verabschiedeten Agenda 2020eine Sollzahl der Sportler von „etwa 10 500“. Dazu werde dasProgramm „regelmäßig dahingehend überprüft, dass eher dieAnzahl der Wettbewerbe als die der Sportarten im Mittelpunktstehen“, wie es wörtlich heißt. Dahinter verbirgt sich auch derVersuch, möglichst Kämpfe um einen der lukrativen Plätze amolympischen Fleischtopf zu vermeiden und zugleich die Gestal-tungskraft des Exekutivkomitees zu verstärken. 2013 war durchweltweiten Protest der Versuch Rogges gescheitert, das Ringenaus dem Programm zu streichen. Beschlossen hatte das die Sessi-on, die an der Bestimmung der Wettbewerbe nicht beteiligt ist.

Was die Zahl der Sportarten angeht, erweist sich Bachs Agendanun als unerfülltes Versprechen. Der IOC-Präsident lässt es zu,dass bei den Spielen 2020 in Tokio gleich bis zu fünf neue

Sportarten ausgerichtet werden können, und zwar in Karate,Sportklettern, Skateboard, Surfen und Baseball/Softball. Daserhöht die Zahl der Entscheidungen um 18 und die Athleten-Zahl um etwa 500. Als Hintertür erweist sich der Agenda-Artikel,wonach künftig ein Olympia-Ausrichter nach eigener Wahl „eineSportart oder mehrere“ zusätzlich veranstalten kann. Mit unab-sehbaren Konsequenzen. Da es sich um ein Einmal-Recht han-delt, müssten die glücklichen Fünf von Tokio wieder von derolympischen Bühne verschwinden. Es sei denn, die Olympia-Stadt 2024 hätte eine erneute Verwendung. Doch zunächst mussdie IOC-Vollversammlung in Rio über Tokios olympisches Erwei-terungsprojekt als letzte Instanz befinden. Kritische Stimmenlassen vermuten, dass in der Session noch darüber gestrittenwerden wird, ob Bachs Hintertür zum Eingang wird von gleichfünf neuen Sportarten.

Günter Deister

Was den Anti-Dopingkampf

des IOC auszeichnen sollte

Es gibt prinzipielle Gründe warum das Dopingproblem nichtlösbar ist. Auf Grund der Regelstrukturen der Sportarten ist derBetrug eine schon immer existierende Option. Dem Regelbefol-gen stehen das Nichtbefolgen, das Foulspiel, der Regelverstoßund damit auch der Dopingbetrug gegenüber. Auf der Grundla-ge dieser Einsicht muss es deshalb darum gehen, den Kampfgegen den Dopingbetrug möglichst optimal zu führen. Es stelltsich also die Frage, durch welche Qualität sich eine optimaleMeisterung des Dopingproblems auszeichnen sollte. Für das IOCist dies eine Überlebensfrage. Die Krise des modernen Olympis-mus ist offensichtlich. Die kritische Öffentlichkeit, auch diePolitik und die Wirtschaft, erwarten vom IOC die Übernahme dervollen Verantwortung mit dem Ziel, die Olympischen Sommer-und Winterspiele auch für zukünftige Generationen zu erhalten.Mit der Agenda 2020 hat der Präsident des IOC für seine Mit-glieder und für die olympischen Fachverbände eine wichtigeBasis geschaffen. Es gilt nun darauf aufzubauen.

Dazu ist erstens erforderlich, dass die Exekutive des IOC allenseinen olympischen Mitgliedsverbänden klarmacht, welcheDramatik und Reichweite die aktuelle Krise besitzt. Zum Zweitenmuss der Ausschluss aller des Dopingbetrugs überführten Athle-ten in allen olympischen Sportarten sofort gewährleistet werden.Sämtliche Sportverbände und NOK‘s, die auf Grund der Beob-achtung der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) als tatenlos unddopingverseucht eingestuft werden, müssen durch das IOC eineoffene Verwarnung mit dem Hinweis erhalten, dass sie bei dennächsten Olympischen Spielen nicht teilnehmen können, wennsie sich nicht dem WADA-Code voll und ganz unterwerfen.

Darüber hinaus sollte ein sehr viel weitreichenderer Schritterfolgen. Der Präsident des IOC sollte den Beschluss seiner Exeku-tive herbeiführen, dass das IOC für den Zeitraum einer Olympiade

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21KOMMENTARE

(4 Jahre) seine Einnahmen aus dem Verkauf der Fernsehrechteund aus dem Verkauf der Marketingrechte in einen internationa-len Anti-Doping-Fond investiert, mit dem gemeinsam mit derWADA und den neu einzurichtenden Anti-Doping-Institutionender Anti-Doping-Kampf ganz wesentlich optimiert und verbessertwerden kann. Für zukünftige Olympische Spiele sollte das IOCbereits heute ankündigen, dass nur dann die Zahlung aus denEinnahmen des IOC an die NOK‘s und die olympischen Sportver-bände erfolgen wird, wenn sich diese gemeinsam in eineminternational engagierten Anti-Doping-Kampf bewähren. Mitdem neuen Anti-Doping-Fond könnte gemeinsam mit der WHOein internationales Vorwarnsystem in Bezug auf den pharmakolo-gischen Schwarzmarkt geschaffen werden. Die Aufwendungenzur Prävention könnten um ein Vielfaches erhöht werden. Ziel-gruppen der Präventionsmaßnahmen könnten sehr viel genauerdefiniert werden, als dies bislang der Fall war. Sämtliche Anreiz-systeme, die den Dopingbetrug wahrscheinlicher machen, müss-ten beseitigt werden. Dazu gehört die Transparenz aller Antritts-gehälter bei internationalen Wettkämpfen und die völligeZurücknahme aller Sieg- und Weltrekordprämien. Weltweitmüsste eine optimale Kooperation der Sportgerichtsbarkeit mitder staatlichen Gerichtsbarkeit gesucht werden. Dabei könnte dasIOC ein Modell für ein Anti-Doping-Gesetz zu Gunsten seinerNOK-Mitglieder offerieren. Gemeinsam mit Eliteuniversitäten allerKontinente wäre ein globales Anti-Doping-Forschungskonzept zuentwickeln, und der Anti-Doping-Kampf selbst sollte sich durcheinen Wettbewerbscharakter auszeichnen. Neben der WADAmüssten neue Anti-Doping-Einrichtungen gegründet werden, diesich in einem Wettbewerb befinden. Ein freier Markt des Anti-Doping-Kampfes gewährt eine erhöhte Qualität der eingesetztenAnti-Doping-Instrumente. Für das IOC besteht Handlungszwang.Der hier vorgestellte Maßnahmenkatalog könnte eine erste Hilfedabei sein.

Helmut Digel

Wie eine Grande Nation

Am Ende war pure Enttäuschung. Die Equipe Tricolore unterlagim Finale von Saint-Denis mit 0:1 nach Verlängerung gegenPortugal. Und zugleich war es pure Erleichterung nach denTerroranschlägen des 13. November. Niemals zuvor war eineSportveranstaltung strenger bewacht. Und niemals zuvor war dieKritik an den französischen Sicherheitskräften unbegründeter alsbei dieser Fußball-Europameisterschaft. "Ihr habt das Leben derLiebe meines Lebens geraubt. Aber meinen Hass bekommt ihrnicht.“ Der bewegende Brief von Antoine Leiris an die Terroristen,die seine Frau beim Überfall auf den Club Bataclan getötethatten, ging um die Welt als Symbol der Menschlichkeit. DieAnschläge galten damals auch dem Stade de France, von einemTag auf den anderen stand der Fußball im Zentrum terroristi-scher Bedrohung.

Wer die Europameisterschaft 2016 in Frankreich bewerten will,darf sich nicht auf das Geschehen auf dem grünen Rasen

beschränken. Immer müssen die Anschläge des vergangenenNovember mit bedacht werden. Frankreich ist ein Land im Aus-nahmezustand, fast 100.000 Sicherheitskräfte bewachten dasTurnier. Intensive Kontrollen nervten, aber sie waren notwendig.Und wurden als notwendig akzeptiert. Patrouillen schwerbewaff-neter Einheiten gehörten zu diesem Turnier wie der Torjubel.Man kann nach den Tagen von Frankreich nur sagen, dass sichdie Franzosen wahrhaft als Grande Nation erwiesen haben. Mankennt die französische Herzlichkeit, sie auch im Ausnahmezu-stand zu zeigen und zu leben, zeugt von wahrer Größe, dieRespekt abnötigt. Wie sich das durch den Terror schwer verwun-dete Frankreich in den Wochen des Fußballs gezeigt hat, kanndie Bindung zu diesem Land nur nachhaltig intensivieren. Esherrschte eine fantastische Stimmung, und das nicht nur, weildie Auftritte der Mannschaften aus Wales und Island unverges-sen bleiben, sondern weil die Franzosen diese Europameister-schaft spätestens mit Beginn des Achtelfinales zelebrierten wieihr großes Fest.

Aus sportlicher Sicht zeigte die Euro 2016, dass 24 Mannschaf-ten für eine kontinentale Meisterschaft zuviel sind. Trotz derüberragenden Auftritte der Außenseiter. In der Vorrunde produ-zierten die Spiele vorwiegend Langeweile. Dass sogar noch diebesten Gruppendritten für das Achtelfinale qualifiziert waren, istkeine sportliche Entscheidung, sondern eine geschäftliche. Diediejenigen zu vertreten haben, die mittlerweile wegen Korrupti-on aus dem Amt gejagt wurden. Joachim Löw und die deutscheNationalmannschaft erreichten bei einem großen Turnier zumsechsten Male das Halbfinale, für Löw war es das fünfte in Folge.Das als Misserfolg zu werten, verbietet sich selbstverständlich.Trotzdem lieferte das Turnier die Erkenntnis, dass die vermutlichherausragende Generation des deutschen Fußballs zwei Jahrenach der Weltmeisterschaft in Brasilien nicht die Klasse auf denPlatz brachte, spielerische Überlegenheit auch in Tore umzumün-zen. Die im Fußball nun einmal entscheidend sind.

Man mag es bedauern, aber das professionelle Sportgeschäftdefiniert sich allein über Titel. Wahr ist auch, dass der deutschenMannschaft nach dem Titel von Rio de Janeiro Irgendetwasabhanden gekommen sein muss, was am Ende gegen andere denAusschlag hätte geben können. Vielleicht hat es damit zu tun,

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dass Löw, anders als in Brasilien, mehr Wert auf die Defensivegelegt hat. Was nichts Schlimmes ist, aber seine Hoffnung, dassdie wenigen Stürmer, die ihm blieben, es schon richten würden,war alles andere als professionell.

Es war eine Fehleinschätzung. Ohne Wenn und Aber. Dass Löwbis 2018 weitermachen wird, überrascht nicht. Was überraschte,waren seine kokettierenden Aussagen dazu, als das Halbfinalegegen Frankreich mit 0:2 verloren war. Was sollte das eigentlich?Wollte der Mann erneut gebeten werden, seinen geltendenVertrag zu erfüllen? Aber das ist am Ende nur ein unbedeutenderRandaspekt. Wer am Bataclan vorbeigeht und die welkendenBlumen vor den Fotos der Toten auf dem Place de la Republiquesieht, ist schnell zurück im wahren Leben. Immer noch. Undimmer wieder schmerzlich. Die Promenade von Nizza hat inzwi-schen schließlich ein weiteres Kapitel geschrieben. Und trotzdemwaren die frohen Tage von Frankreich, wie ein Kollege zutreffendschrieb, ein wenig Linderung für die blutenden Herzen. Es istkeine geringe Kraft, die man dem Fußball damit nachvollziehbarzuschreibt.

Christoph Fischer

Es geht um sportpolitische

Abrüstung

Das Unwort „Sportdeutschland“ nervt inzwischen gewaltig. Undzwar deshalb, weil es im Sinne von Erfolgsduselei ausnahmslosgroßspurig daherkommt. Als verbales Muskelspiel sozusagen. Dawird es in geradezu inflationärer Weise benutzt und auch alsMarketing-Turbolader betrachtet. Mal ganz abgesehen von derTatsache, dass man zum Beispiel Begriffe wie „Kulturdeutsch-land“, „Wissenschaftsdeutschland“ oder „Naturschutzdeutsch-land“ für völlig unangemessen hielte, hat „Sportdeutschland“ einGlaubwürdigkeitsproblem der ersten Stunde. Der Geburtsfehlerwar die Erfolgsfixierung gepaart mit überzogenem Selbstbe-wusstsein in der öffentlichen Deutung und Wahrnehmung.

Eine neue nationale Gütemarke also im zunehmend fragwürdi-ger werdenden internationalen Hochleistungszirkus. Doch diekann schnell zum Etikettenschwindel werden. Denn was bedeu-tet eigentlich noch ein vorderer Platz in den Medaillenspiegelngroßer Sportereignisse? Eigentlich nichts als das Warten auf diespäteren Manipulationsenthüllungen und Ergebniskorrekturen,die keiner mehr nachvollziehen kann. Mit „Sportdeutschland“unter der Devise „mehr Medaillen“ Staat machen zu wollen, isteigentlich ein eher peinliches Unterfangen, das sich vor demHintergrund des Geschehens auf der sportlichen Weltbühneverbietet. Wenn etwas jetzt Not tut, dann kann es nur sportpoli-tische Abrüstung sein. Und in der Folge für „Sportdeutschland“ein Schrumpfungsprozess.

Harald Pieper

Der sportliche Alltag – ein

gesellschaftlicher Glücksfall

Zuerst Fußball, dann Olympia - wir erleben einen rasanten Sport-sommer. Aber auch der sportliche Alltag geht weiter und schreibtunzählige Geschichten. Beispiel Sulzbach am Taunus. In der 8.000Seelen-Gemeinde vor den Toren Frankfurts trafen sich rund 750Sportlerinnen und Sportler aus elf Landesturnverbänden zu denoffenen Hessischen Mehrkampfmeisterschaften. Da wurden alteTraditionen der Turnbewegung gepflegt. So stand der Friesen-kampf auf dem Programm mit den Disziplinen Fechten, Schwim-men, Laufen, Kugelstoßen und 10 Meter-Luftgewehrschießen.Auch im Jahn-Neunkampf wurden die hessischen Meister ermit-telt. Der Weg zum Titel führte über Geräteturnen, 100 Meter-Lauf,Weitsprung, Schwimmen, Kunstspringen und Streckentauchen.

Fast 150 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer begleiteten daszweitägige Spektakel als Kampfrichter am Schießstand, imSchwimmbad, in der Fechthalle, in der Turnhalle und im Stadionsowie im Berechnungsausschuss, am Grill oder in der Getränke-station. Die Fechtbahnen hatten die Helfer der ausrichtendenTSG Sulzbach von der Offenbacher Fechterschaft geholt undwieder zurück gebracht. Viele helfende Hände waren gefragt.

Beim Aufbau half auch ein gutes Dutzend Asylbewerber ausSyrien und Afghanistan, die in Sulzbach in einem Containerdorfleben und auf ihr Bleiberecht in Deutschland hoffen. Sie turnenin den Vereinen und spielen Fußball, Volleyball und Tischtennis.Sie präsentierten sich beim großen Straßenfest mit einem Standund kochten für die Besucher Spezialitäten aus ihrer Heimat.Probieren durften sie nicht, weil das Fest in den Ramadan fiel.Sie kamen als Fremde und sind jetzt Freunde. Viele sprechen diedeutsche Sprache noch nicht so gut, aber Sport spricht alleSprachen. Sportliche Großereignisse gibt es nur alle paar Jahre.Der Sport in den Vereinen funktioniert aber Tag für Tag. Und erist offen für alle Menschen, die mitmachen wollen. Der sportli-che Alltag – ein Glücksfall für unsere Gesellschaft.

Walter Mirwald

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om 11. bis 16. Juli feierten die Internationalen Schüler-spiele in New Taipei City (Taiwan) 50. Geburtstag. 1968fanden sich erstmals in Celje (Slowenien), im durch

den eisernen Vorhang getrennten Europa, neun Städte aussieben Ländern in der Leichtathletik zusammen. Die Idee war,während des Kalten Krieges friedliche und friedensstiftendeBegegnungen für den Nachwuchs zu schaffen. Das Leitmotivlautet bis heute: Sport verbindet und überwindet Grenzen,unspektakulär, ohne Pomp und politisches Gängelband.

Der slowenische Sportlehrer Metod Klemenc, wollte mit demStädte-Wettbewerb Zeichen der Verständigung setzen unbü-rokratisch und unpathetisch. Aus der bescheidenen Wurzel isteine nachhaltige Nachwuchsbewegung erwachsen. DieInternationalen Schülerspiele sind weltweit auf einem beach-tenswerten Höhepunkt angekommen. Sie leben und beweisenjährlich die positiven Werte des Sports mit der Begegnungvon jungen Athleten in einem einmaligen Event auf höchs-tem Standard, glaubt der Präsident des Komitees, TorstenRasch (Darmstadt). Diesen Erfolg und den erarbeiteten Stan-dard gilt es abzusichern, damit auch zukünftig alljährlichSpiele stattfindenwerden.

Ein knappeshalbes Jahrhun-dert später ersterfand das Inter-nationale Olympi-sche Komitee(IOC) die - wei-terhin umstritte-nen - YouthOlympic Games(Jugend-Olympia-de). Ein Probelauffür die Olympi-sche Bewegung.Das IOC brauchtAnreize, um dasnachlassendeInteresse bei denkonsumfreudigenjüngeren Jahrgän-gen an den Fest-spielen im Zei-

chen der Ringe abzuschwächen sowie Sponsoren und Medienbei Laune zu halten.

Die Schülerspiele werden vom IOC seit den achtziger Jahrenwohlwollend begleitet, ohne sie einzubinden. Erst im Frühjahrwieder nutzte Torsten Rasch eine Einladung des GriechischenOlympischen Komitees nach Olympia. Dort wurde das Olympi-sche Feuer für die Sommerspiele in Rio de Janeiro (Brasilien)entzündet. In einem Gespräch mit IOC-Präsident Thomas Bacherfuhr Rasch einmal mehr Wertschätzung für seine Organisati-on. Bach bekräftigte die Absicht, wie sein Vor-Vorgänger JuanAntonio Samaranch (Spanien), selbst einmal Schülerspiele zubesuchen. Der Städte-Wettbewerb für Sprösslinge zwischenzwölf und 15 Jahren hat inzwischen über 50 000 junge Men-schen bewegt. Jüngst in New Taipeh City waren Delegationenaus 85 Städten aller fünf Kontinente im Wettbewerb.

An der Entwicklung hat die Stadt Darmstadt maßgeblichenAnteil. 1974, 1982, 1993 richtete sie Sommerspiele aus. EinDutzend Persönlichkeiten prägen und prägten die Bewe-gung: Sekretäre, Schatzmeister und Präsidenten im Komitee.

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Nachwuchsbewegung im Zeichen 50 Jahre Internationale Schülerspiele: Städte-Wettbewerb

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In Taiwan war Darmstadt diesmal in der Leichtathletik, imSchwimmen und Tennis vertreten. Seit 1972 in Graz (Öster-reich) dabei, wurden 41 Sommerspiele und fünf von siebenWinterspielen beschickt. Allein Darmstadts Partnerstadt Graz(Österreich/37 Teilnahmen) hat seit 1968 ebenfalls dreimal dieSpiele veranstaltet.

Für den 50. Wettbewerb, in den Sportarten Schwimmen, Tae-kwondo, Fußball, Basketball, Handball, Tennis, Tischtennis undLeichtathletik, bot New Taipei City eine große Bühne. NachAuskunft des Bürgermeisters dort wurden neun Millionen USDollar investiert. Alle Teams bezogen in der Fu-Jen-UniversitätQuartier, die während der Studienzeit 26 000 Studentenbeherbergt. Erstmals wurde ein Betreuungsprojekt aufgelegt:Unter Federführung von fünf Oberschulen der Stadt kümmer-te sich jeweils eine Schule um eine Delegation. Taipeh bewies,Nachwuchspflege und –förderung besitzen in Asien, wie inÜbersee (USA, Kanada) einen hohen Stellenwert. Politik,Kommune, Sponsoren, Eltern und Volonteers arbeiten Hand inHand. Ähnliche Begeisterung herrscht in Asien (China, Korea)für Universiaden, die Studierenden-Weltspiele.

Schulsport erfährt in Asien und Übersee (Nordamerika, Ozea-nien) traditionell große Aufmerksamkeit. In Deutschlandführt Sportunterricht in Schulen dagegen seit Jahrzehntenein stiefmütterliches Dasein. Schul-Wettbewerbe wie dieBundesjugendspiele und Jugend trainiert für Olympia verlie-ren an Bedeutung und Unterstützung, kämpfen um dieExistenz. Bei den Internationalen Schülerspielen wachsenBegeisterung und Etats. Immer größere Ausrichter-Städtesind im Spiel. In Deutschland und in vielen europäischenLändern ist das Interesse sparsam. Hier mangelt es am Geld,um größere Mannschaften zu entsenden und die Organisati-on zu stemmen. Dagegen nutzt Russland diese Nachwuchs-Plattform, um sich zu profilieren. Hier ist politisches Kalkül imSpiel. So wird die Stadt Ufa, die 2013 Winterspiele ausrich-tete, 2018 die Sommer-Wettbewerbe veranstalten.

Natürlich verlief die Bewegung nicht geradlinig. Am Anfangfanden die Spiele nur zweijährig statt, blickt Komitee-Präsi-dent Thorsten Rasch zurück. Immer wieder herrschten undherrschen in der Regie Richtungskämpfe und Widerstreit derInteressen. Falken im Komitee gehen Expansion und Offensiv-geist nicht rasant genug. Torsten Rasch jedoch möchte dasAlleinstellungsmerkmal dieses Wettbewerbs nicht gefährden.Seit 1982 werden jährlich Schülerspiele ausgetragen. Bei den

13. in Genf 1984 war mit Rishon le Zion aus Israel die ersteaußereuropäische Stadt dabei. Die 19. Spiele in Ushgorod,damals UdSSR, heute Ukraine, sah 33 Städte aus 17 Ländernund drei Kontinenten (erstmals aus Asien) im Wettbewerb:1994 folgte die Premiere der Winterspiele in Ravne na Koros-kem (Slowenien) Im gleichen Jahr liefen Sommerspieleerstmals außerhalb von Europa - in Hamilton (Kanada) - mit30 Städten aus 22 Ländern und drei Kontinenten.

Die 25. Spiele 1991 wieder Celje (Slowenien) mit nur fünfStädten aus fünf Ländern spiegelten Querelen im Präsidiumund unterschiedliche Vorstellungen über die Ausrichtung desStädte-Vergleichs wider. Darmstadt erhielt damals keineEinladung. Rasch: „Einen Quantensprung in der Entwicklungbedeuteten die Millenium-Spiele in Hamilton (Kanada). Inneun Sportarten starteten über fünf Tage 70 Städte aus 26Ländern und drei Kontinenten. 2002 erlebte Asien in TaiwansHauptstadt Taipei Wettbewerbe mit sechs Sportarten mit850 Aktiven aus 28 Ländern.“ 2003 wurde Torsten Rasch,Amtsleiter der Stadt Darmstadt (Sportamt/Bäder) in Grazerstmals kommissarisch an die Spitze gewählt.

Cleveland (USA) setzte 2004 die Rekordmarke von 2.500Aktiven in zehn Sportarten. Rasch: „130 Städte aus 53 Län-dern und vier Kontinenten sind bis heute einmalig.“ 2010 inManama (Bahrain) gelang es erstmals, alle fünf Kontinenteeinzubinden. Die 5. Winterspiele, erstmals außerhalb vonEuropa in Kelowna (Kanada), sahen 37 Städte aus 13 Län-dern in acht Disziplinen am Start. Torsten Rasch: „Der abso-lute Höhepunkt bei Winterspielen war dann Ufa (Russland),wo 2013 in acht Sportarten 59 Städte aus 20 Ländern undvier Kontinenten meldeten.“

Die Wettbewerbe waren und sind Sprungbrett für Asse imWeltsport: eines der bekanntesten ist die vielfache slowenischeSki-Weltcupsiegerin, Weltmeisterin und Olympiasiegerin TinaMaze (Slowenien). Aus Darmstadt profilierten sich Marco Koch,Schwimm-Weltmeister über 200 m Brust. Er hamsterte 2004in Cleveland (USA) und danach Coventry (England) Medaillen.Olympia-Schwimmer Thomas Lebherz ist heute erfolgreicherTrainer. Dessen Sohn Yannick, Olympia-Starter 2012 über dieLagen- und Rückenstrecken, schwamm in Cleveland, Taiwanund Patras erfolgreich. Triathlon-Europameisterin Nicole Lederwar als Schwimmerin in Lausanne am Start. Langstrecken-Spezialistin Petra Wassiluk lief später bei zwei OlympischenSpielen (1996 und 2000) über 5000 und 10 000 Meter.

des Friedens Von Hans-Peter Seubert

über Kontinente und Ländergrenzen hinweg

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ie 31. Olympischen Sommerspiele sind für Brasilienund Lateinamerika ein historisches Ereignis. FürDeutschland scheinen diese Spiele auf den ersten

Blick betrachtet eher Routine zu sein. In der Presse werden dasIOC und die Ausrichter der Spiele mit Skepsis begleitet, Sicher-heitsrisiken werden beklagt und die Vergabe der Spiele an einLand wie Brasilien wird in Frage gestellt. Einige aber freuensich auch auf die Spiele, dies gilt vor allem für Athletinnenund Athleten, die nach einem mühsamen Qualifikationspro-zess das wohl wichtigste Ziel in ihrer Sportkarriere erreichthaben – die Teilnahme an den Olympischen Spielen. Bei denVerantwortlichen in Brasilien geht die Angst um, ob die Spielegelingen können angesichts der ökonomischen Unsicherheitenund angesichts einer immer noch andauernden Regierungskri-se. Doch auch in Deutschland ist eine Angst vor diesen Spielenzu beobachten. Einige Sportverbände konnten sich mit ihrenNationalmannschaften nicht für die Spiele qualifizieren,andere werden nur mit einer sehr kleinen Mannschaft antre-ten können, weil nur wenige Athleten die Qualifikationgeschafft haben. Und in immer mehr Verbänden wird dieinternationale Konkurrenz beklagt, der man offensichtlichnicht immer gewachsen ist. Eine besondere Angst geht um,wenn die zukünftige Sportförderung in der BundesrepublikDeutschland auf den Prüfstand gestellt wird. Wird man weni-ger Zuschüsse durch den Staat erhalten? Wie radikal werdendie Mittel gekürzt? Werden ganze Sportarten aus der Förde-rung ausgeschlossen?

Die Angst, dass die deutsche Olympiamannschaft in Rio deJaneiro weniger erfolgreich sein wird, als bei den OlympischenSpielen in London, dass sie an die großen Erfolge bei den

Olympischen Spielen Ende des vergangenen Jahrhundertsnicht mehr anknüpfen kann, ist durchaus berechtigt. Wissen-schaftliche Gutachten, Analysen von Experten und verlässlicheStatistiken über die Leistungsentwicklung in den olympischenSportarten sprechen eine eindeutige Sprache. In der Tendenzerreichen deutsche Athletinnen und Athleten immer wenigerFinalplätze. Die vorrangige Frage, die sich angesichts dieserSituation für den deutschen Hochleistungssport ergibt, richtetsich auf die Ziele, die sich die Verantwortlichen des deutschenHochleistungssports stellen. Stellt man sich gegen denAbwärtstrend und ist es der eigene Anspruch, zu den fünfbesten Nationen des Weltsports zu zählen, oder akzeptiertman die Abwärtsentwicklung und ordnet sich unter denbesten 20 Sportnationen der Welt ein? Folgt man der Logikdes Hochleistungssports und den Prinzipien, die diesen konsti-tutiv prägen, so kann es auf diese Frage nur eine Antwortgeben. Die deutsche Olympiamannschaft hat sich der Konkur-renz zu stellen und sie muss dabei bemüht sein, sie zu über-bieten. So wie es für den einzelnen Athleten in jedem Wett-kampf um Sieg oder Niederlage geht, so muss es auch für dieOlympiamannschaft Deutschlands um die Frage gehen, wie sieihre Gegnerinnen und Gegner besiegen kann. Anzustreben istder höchste Rang, wobei sich dieses Ziel selbstredend relati-vieren kann, angesichts begrenzter Ressourcen, angesichtsbegrenzter aktueller Relevanz des Sports und angesichtsbegrenzter materieller Möglichkeiten. Grundsätzlich mussjedoch anerkannt werden, dass dem zu beobachtenden Leis-tungsrückgang nur durch Leistungssteigerung, durch erhöhteLeistungsmotivation und Leistungsbereitschaft, durch einenbesseren Spitzensport zu begegnen ist. Dies gilt vor allem fürdie Athletinnen und Athleten und für deren Trainer. Dies gilt

Nach 10 Jahren DOSB:Deutschlands

Sportambitionen

auf dem Prüfstand

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Vor den Rio-Spielen ist nach den Spielen: Alarmsignalein der deutschen Spitzensportförderung Von Helmut Digel

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vor allem aber auch für die Sportverbände, die für die Leis-tungsstärke ihrer Nationalmannschaften verantwortlich zeich-nen.

Olympische Spiele sind kein Wettkampfereignis NationalerOlympischer Komitees, sie sind vielmehr eine Ansammlungvon Wettkämpfen, in denen sich Athleten nach den Regelnihrer jeweiligen internationalen Verbände zu messen haben.Jeder nationale Sportverband ist dabei für seine eigenenAthleten verantwortlich. Diese Verantwortung ist nicht teilbar.Auf der Grundlage dieser Erkenntnis wird für nationale Leis-tungssportsysteme ein Dilemma sichtbar, dass sich nahezu alsunlösbar erweist. Die nationalen Verbände sind sowohl für ihreAthleten und Trainer und für deren Erfolge bei OlympischenSpielen verantwortlich. Angesichts ihrer schwachen Struktu-ren, die meist allenfalls semiprofessionell sind, ist die großeMehrheit der nationalenVerbände überfordert, wennsie dieser Verantwortunggerecht werden möchte. Ihreehrenamtlichen Führungs-strukturen sind meist nichtmehr zeitgemäß. Hauptamt-lichkeit kann mit vergleichba-ren Professionen nicht Schritthalten, notwendige Moderni-sierungsprozesse finden nurzögerlich statt, die Weiterbil-dung des Personals ist meistein Fremdwort, demokratischföderale Verbandsstrukturenerschweren außerdem dietägliche Arbeit. Hinzu kommt,dass die Verbände gegendemografische Problemeankämpfen müssen und sichangesichts des negativenTrends die finanziellen Risi-ken erhöhen. Sponsoren sindimmer seltener zu finden, dieFörderung durch den Staatist angesichts der negativenEntwicklung des Sports immer wieder in Frage gestellt. Erfolg-reiche Eigeninitiativen sind immer weniger wahrscheinlich. DieLage, in der sich derzeit die Entwicklung des Sports befindet,ist deshalb durchaus als kritisch zu bezeichnen. Der DOSB hatdies nach langem Zögern endlich erkannt. Nicht wenigerdeutlich war die Diagnose des Bundesministers des Inneren,und so ist es das gemeinsame Ziel, bis zum Ende des Jahreseine neue Leistungssportkonzeption für Deutschland vorzu-stellen.

Innenminister Thomas de Maizière hat dabei deutliche Wortegesprochen. Wie immer sind seine Äußerungen von präzisenAnalysen, klaren Erwartungen und realistischen Zukunftsvor-

stellungen geprägt. Er legt zu Recht Wert darauf, dass dieLeistungssportförderung am Erfolg zu messen ist, und dieserkann im Hochleistungssport nur an den erfolgreichen Leistun-gen der Athleten abgelesen werden. Medaillen und Leistun-gen, die Athleten in olympischen Finals oder bei Weltmeister-schaften erreichen, müssen dabei das Bezugssystem sein. Erdefiniert zu Recht einen Anspruch, an dem man sich zu orien-tieren hat, wenn man Hochleistungssport betreiben möchte,und er macht die Rolle des Steuerzahlers deutlich, der Trans-parenz und Klarheit in diesen Fragen erwartet. Belohnungenund Sanktionen müssen sich in einer sinnvollen Beziehungzueinander befinden. Eine Förderung nach dem Gießkannen-prinzip verbietet sich. Der Minister erkennt sehr deutlichgerade auch im Vergleich zu anderen kulturellen Spitzenleis-tungen, dass es Sinn macht, sehr viel stärker die Förderungauf das Individuum und die Mannschaften auszurichten. Das

heißt, den einzelnen Athleten und weniger die Verbände selbstim Blick zu haben, ohne zu verkennen, dass nach wie vor dieVerbände einen Transmissionsriemen darstellen, will mansportliche Höchstleistungen organisatorisch gewährleisten.

Auffällig ist, dass in diesen Tagen niemand in vergleichbarerKlarheit über die Situation des Sports in der Bundesrepublikspricht. Und auffällig ist auch, dass dem Minister aus demSport heraus nur ganz selten applaudiert wird. In den Feuille-tons einiger Tageszeitungen schlägt dem Minister bittere Kritikentgegen, die allerdings kaum als konstruktiv zu bezeichnenist. Meist wird dabei der konstituierende Sieg-Niederlage-Codedes Hochleistungssports in Frage gestellt, ohne etwas an

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dessen Stelle zu setzen. Dabei muss hervorgehoben werden,dass die immer häufiger zu beobachtende Kritik am interna-tionalen Hochleistungssport in vielerlei Hinsicht ihre Berechti-gung hat und eine Option immer wahrscheinlicher ist, dassder Hochleistungssport aus grundsätzlichen Erwägungenheraus abzulehnen ist, er öffentlich nicht mehr gefördertwerden kann und ihm die öffentliche Legitimation entzogenwerden sollte. Die Nichtteilnahme bei Olympischen Spielen istdeshalb durchaus als politische Option zu diskutieren, undeine offene Auseinandersetzung mit dieser Option wäre drin-gend erwünscht.

Will man hingegen zukünftig an Olympischen Spielen teilneh-men, und dies ist der Wunsch des Innenministers, dies ist derWunsch des Deutschen Olympischen Sportbundes, und dies istauch der Wunsch der Athletinnen und Athleten, der Trainerin-nen und Trainer und der olympischen Spitzenverbände, so istdie jüngst geäußerte Kritik am Hochleistungssport für dieSuche nach praxisnahen Lösungen kaum hilfreich. Kaumhilfreicher ist es jedoch, wenn von den deutschen Sportver-bänden auf die Vorschläge des Ministers in jener Weise rea-giert wird, wie dies in den letzten Wochen und Monaten zubeobachten war. Ohne dass die neue Konzeption des Hochleis-tungssports in ihren Details bekannt wird, gibt es bereits dieGegenwehr der Konferenz der Landessportverbände. AlteErbhöfe werden verteidigt, und die eigene Arbeit wird qualita-tiv überhöht, ohne dass man sich auch nur ein einziges Malmit der längst bestehenden Kritik an dieser Arbeit auseinan-dergesetzt hat. Aus Angst vor finanziellen Einschränkungenkommt auch aus den Spitzenverbänden lauthals Kritik, ohnedass man konstruktive Vorschläge und eigene Ansätze undModelle erkennen würde. Interessante Diskussionspapiere, dieteilweise von Wissenschaftlern initiiert wurden, werden ohneDiskussion zurückgezogen. In aller Aufgeregtheit werdenFragebogenaktionen durchgeführt, deren wissenschaftlicherund praktischer Wert nicht nur von den Befragten in Fragegestellt wird und wo es für die Beteiligten angebracht wäre,die Frage zu stellen, warum so viel Geld für unnütze Agentur-befragungen ausgegeben wird, angesichts der eigentlichenfinanziellen Probleme des Hochleistungssports. Dabei sind dieHerausforderungen, die sich dem deutschen Hochleistungs-sport stellen, keineswegs neu – sie hat es in der Vergangenheitebenso gegeben, wie sie auch in der Zukunft wahrscheinlichsind. Wer im Hochleistungssport erfolgreich sein will, hattalentierte Athletinnen und Athleten, die gewissenhaft trainie-ren, zu fördern, mit der bestmöglichen Qualifikation ausge-stattete Trainerinnern und Trainer, die die Spitzenathletenmehrjährig und ganztägig betreuen, hauptberuflich zubeschäftigen, und er hat auch die Verbände zu unterstützen,in denen diese Athleten zu Hause sind. Man hat aber auchjene Verbände zu fördern, die nicht so erfolgreich sind. Aufkeinen Fall darf man olympische Verbände ganz fallen lassen.Viele Gutachten liegen zu diesem Problem vor, und vielesinnvolle Vorschläge wurden bereits eingebracht. Lösungenliegen auf dem Tisch. Schaut man über den Tellerrand, so

findet man in anderen Ländern teilweise Gesamtlösungen,meist jedoch Teillösungen für spezifische Probleme. EineSynopse der vielen deutschen Untersuchungen würde zeigen,dass die Frage der Förderung eindeutig zu beantworten ist,dass es zum Wissensmanagement im Hochleistungssporttragfähige Vorschläge gibt, dass die Frage Föderalismus-Zentralismus beantwortbar ist und dass zu jeder einzelnenSportart spezifische Sportartenlösungen erforderlich sind, willman zukünftig international konkurrenzfähig sein. Selbstinnerhalb der Sportarten bedarf es der notwendigen Differen-zierung. Ein sich ständig verbesserndes Fachpersonal ist hierzunotwendig. Eine neue Hauptamtlichkeit innerhalb der Spitzen-fachverbände muss herangebildet werden, und neue Athleten-und Trainergenerationen sind zu akquirieren.

Ist jemand voller Sorgen, wenn er die aktuelle Entwicklung desdeutschen Hochleistungssports betrachtet, so sind solcheSorgen angebracht. Bei vielen Experten ist Pessimismus zubeobachten. Dass die Hoffnung auf schnelle Lösungen trüge-risch ist, ist mehr als naheliegend. Dabei wäre der Weg, dergemeinsam zu gehen ist, relativ einfach zu beschreiben. Derdeutsche Hochleistungssport benötigt einen großen offenenRunden Tisch, auf dem die konkurrierenden Lösungsvorschlägeeinsehbar sind und diskutiert werden können. Eine offene,transparente Diskussion in den Verbänden selbst ist notwen-dig, und es müssen alle Betroffenen an diesen Diskussionenbeteiligt werden. Geheimdiplomatie verbietet sich von selbst.Selbst der beste Vorschlag braucht auch vor dem potenziellensportlichen Gegner nicht versteckt werden. Gesucht ist viel-mehr der Mut zur Durchsetzung von Mehrheitsentscheidun-gen. Und haben Mehrheiten entschieden, so sind die Entschei-dungen durchzusetzen. Gesucht sind auch Sanktionen gegen-über jenen, die sich den Entscheidungen nicht fügen. Derdeutsche Hochleistungssport muss sich in ganz neuer Weisezu einer besonderen Professionalität bekennen. Die Leistungs-idee ist die Basis dieser Professionalität, und die Leistungsmo-tivation und der Leistungsanspruch müssen die Arbeit vonSportfunktionären, Athleten und Trainern prägen. Nur so kannin der weiteren Zukunft olympischer Erfolg wahrscheinlichsein.

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nläufe gab es schon einige: 1985, 1987, 1990, 1995,1997, 2000 und 2010/2012 wurden Papiere verfasstund Anstrengungen unternommen, den deutschen

(Spitzen-)Sport rundzuerneuern – und man scheiterte jedesMal grandios mit seinen Reformbemühungen. Derzeit befindetsich der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) zusammenmit dem Bundesinnenministerium (BMI) in einer neuen Ver-suchsanordnung, Strukturen und Inhalte zu kreieren, um dendeutschen Spitzensport wieder international „wettbewerbsfä-hig“ (DOSB-Präsident Alfons Hörmann)zu machen. Was der zuständige Bundes-innenminister Thomas de Maizièregebetsmühlenartig so formuliert: „Kon-zentration auf Erfolg versprechendeDisziplinen oder Sportarten unterBeachtung unserer Sporttradition mitder Breite, die wir haben – das wird derWeg sein, den wir gehen müssen... Dieharte Währung der Förderung sindMedaillen.“ 44 Medaillen von Londonstehen zu Buche, und in Rio erwartetder Minister für die rund 160 Millionen,die für den Spitzensport ausgegebenwerden, eine ähnliche Anzahl.

Der Sport-Philosoph und SoziologeGunter Gebauer sieht die Medaillen-Einforderung als die„primitivste Forderung“. „Medaillen sagen doch nichts über denWert einer Leistung oder einer Persönlichkeit aus. Es istabsurd, wenn jemand meint, dass Deutschland daran gemes-sen wird, wie viele Goldmedaillen gewonnen werden.“ DiePolitik könne andere Ziele formulieren, etwa, „dass Sport fürjunge Leute ein Muster sein könnte für Leistungshandeln,Lebensmanagement oder asketische Lebensführung“.

Gefährlicher Gärungsprozess

Doch es geht auch diesmal allen Verantwortlichen vor allemum Edelmetall. Eine neue Spitzensportreform also, die diesmalals geheime Kommandosache durchgezogen werden sollte.Das hofften jedenfalls die Protagonisten Hörmann und deMaizière. Geheimhaltung, das haben schon andere versucht.Verschiedene Interessen, Animositäten und Machtansprüchelassen die Informations-Lecks mit zunehmender Länge gewis-ser Gärungsprozesse größer und gefährlicher für die Gesamt-gemengelage und das Gelingen werden.

Das war schon 1990 so, als Arbeitsgruppen der Fachkommissi-on „Leistungssport DTSB/DSB“ in Offenbach geheim tagten,und ein „streng vertrauliches“ Papier verfassten – das übrigens

mit der Neustrukturierung heute sehr große Ähnlichkeitenaufweist. Wenige Tage später landete das „Geheimpapier“ aufRedaktionstischen.

Warum? Verbände und ihre Vertreter fühlten sich übergangen,nicht informiert und überrumpelt. Kompetenz- und Postenge-rangel war an der Tagesordnung – und die Politik drohte wieimmer, den Geldhahn zuzudrehen. Oder kündigte an, denSport zu „übernehmen“, wenn der sich nicht auf ein Konzept

einigen könne. Zentrale Steuerung aus Bonn – heute Berlin -war und ist das Schreckgespenst, das in den Sportetagen nachwie vor herumspukt. Man wurschtelte und raufte sich bisherimmer zusammen, nach kleinen Schönheitsreparaturen amGesamtkunstwerk Spitzensport – bis zu den nächsten Olympi-schen Spielen mit noch mal weniger Treppchenplätzen. Undden nächsten Verbesserungs-Vorschlägen, ob nun der deut-sche Spitzensport zentral oder dezentral auf Erfolgskursgebracht werden soll. Déjà-vu-Erlebnisse.

Hörmann und die Klarheit

Klarheit ist ein Lieblingswort von Alfons Hörmann, aber sie istheute wie damals nicht gegeben – auch nicht im VerhältnisSport und Politik. Einmischungsversuche gab es viele. Siewurden bisher immer abgewehrt. Heute scheint es anders. Dadie angekündigte Selbsterneuerung und die Kräftebündelungdurch die Fusion DSB/NOK zum DOSB vor zehn Jahren und derSelbstreinigungsprozess des Sports bisher offensichtlich nichtwirklich im Sinne der Erfinder umgesetzt wurden, fühlt sichdie Politik in ihrer Meinung bestärkt, dass der Sport alleinenichts auf die Reihe kriegt. Aber weder Sport noch Politikhaben aus alten Fehlern gelernt.

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Spitzensport im Spannungsfeld von Politik undVerbandsinteressen Von Bianka Schreiber-Rietig

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Wieder wurde ein Reformvorhaben gestartet, und wiederwurde die Frage nicht gestellt, wo der deutsche Sport in seinerGesamtheit eigentlich hin will. Um diese Frage drücken sichSport und Politik seit Jahrzehnten. Chancen, einen ganzheitli-chen sportpolitischen Perspektivplan umzusetzen, gab eseinige: die Vereinigung, die Fusion oder auch das Scheiternnach den zahlreichen Olympiabewerbungen. Aber im Sport

gab und gibt es zu viele Tabuzonen und Erbhöfe, an denensich weder Funktionäre noch Politiker blutige Schrammenholen wollen – und so wird keine Grundsatzdiskussiongeführt. Die Streitkultur im Sport ist ohnehin seit einemJahrzehnt dahingeschieden.

Anschluss verpasst

Dass der Sport wie viele andere gesellschaftliche Gruppen inden letzten Jahrzehnten an Bedeutung verloren hat, weil er invielen Bereichen Probleme und Entwicklungen verkannt undsomit den Anschluss verpasst hat, ist das eine. Das andere ist,dass Sportverantwortliche und auch Politiker immer nochglauben, Sport wäre ein Selbstläufer. Dass dem nicht so ist,hätten sie spätestens bei den Olympiareferenden erkennenmüssen. „Selbstkritik statt Selbstherrlichkeit und Selbstüber-schätzung wäre von den Entscheidern gefragt“, sagt einlanggedienter Verbandsmensch. Man wolle sich und den Sportja deshalb nicht hinterfragen, weil man dann vielleicht Ant-worten bekommt, die man nicht hören möchte.

Repräsentationsfunktion: Unbedeutend

Nach dem Wegfall des Eisernen Vorhangs ist das sportpoliti-sche Wettrüsten als Argument für hohe Staatssubventionendahin. Vorbild-, Repräsentations- und Identifikationsfunktion?Gebauer sagt dazu: „Die Repräsentationsfunktion des Sportsinsgesamt ist bei uns unbedeutend. Die spielt vielleicht beimFußball noch eine Rolle, weil Fußball eben weltweit Aufmerk-samkeit hat. Und weil von der deutschen Mannschaft einegewisse Repräsentation dessen, was Deutschland heute ist,

erwartet wird. Die Spieler machen das auf eine sehr liebens-werte Weise, haben keine Berührungsängste bei politischenRepräsentationspflichten mit Bundeskanzlerin Merkel oderBundespräsident Gauck. In anderen Sportarten sehe ich dasnicht, was auch daran liegt, dass sie medial nicht so präsentsind.“ Spitzensport als Beleg für eine leistungsstarke Wirt-schaft oder Gesellschaft? Auch da winkt Professor Gebauer ab.

Hinter der Vorbildfunktion von Athleten und Funk-tionären steht mittlerweile auch ein dickes Frage-zeichen. Doping und kriminelle Verstrickungen –wer will Teamplayer in einer Betrüger-Truppe oderkorrupten Führungsgilde sein? Es wäre also span-nend, eine öffentliche Diskussion zu führen, warumwer welchen (Spitzen-)Sport in Deutschland habenwill, und ob der Steuerzahler diesen weiter fördernsoll. Will man einen Staatssport wie in Frankreich?Oder sollte man ähnlich wie in GroßbritannienSpitzensport von Wirtschaft und Sponsorenpoolsfinanzieren lassen? Immerhin: Der Sportausschussim Deutschen Bundestag hat erkannt, wenn auchviel zu spät, dass man einen gesellschaftlichenDiskurs – auch mit dem Blick über den Tellerrand -zum Thema Spitzensportreform führen müsste. Eine

Anhörung war für den 21. September angesetzt und wurdenun auf den 19. Oktober verschoben. An diesem Tag soll dieReform offiziell vorgestellt werden.

Berechnungsmodell

Mehr Transparenz und mehr Objektivität hatte letztes Jahr derBundesrechnungshof bei der Sportförderung verlangt. Manmöge sich vom Beratungsmonopol des DOSB lösen, unabhän-gige Experten hinzuziehen und nachvollziehbare Förderkrite-rien entwickeln. BMI und DOSB bastelten also nun eine Weilean dem neuen Fördermodell. Und nun gibt es weitere Papiereund Entwürfe zur „Neustrukturierung der Leistungssportförde-rung“, die vom Beratergremium mit Hörmann und de Maizièrean der Spitze abgesegnet wurden. Unter Vorbehalt. Hörmannist sich bewusst, dass es weiter Ärger und Unruhe geben wird.„Dass es an der einen oder anderen Stelle Gegenwind gibt, istklar, weil es bei einigen Verbänden ans Eingemachte geht“, ließer sich in „Sport Bild“ zitieren.

Was ist nun geplant? Eine bisherige Grund- und Projektförde-rung wird es nicht mehr geben, an ihre Stelle tritt ein „per-spektivisches Berechnungsmodell“. Das heißt: Eine Kommissionaus Vertretern des DOSB, des Bundesinstituts für Sportwissen-schaft, der Führungsakademie und von externen Experten sollmit Hilfe von 20 Attributen und 60 Unterattributen einzelneDisziplinen bewerten. Finalplätze und Medaillen, Leistungspo-tenzial, Nachwuchsförderung oder die Umsetzung der DualenKarriere sind einige Bewertungskriterien, für die man null biszehn Punkte geben kann. „Potenzialorientierte Förderstruktur“ist der alles entscheidende Begriff, der Erfolg bringen soll.

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Drei Cluster-System

Sportarten/Disziplinen werden mit Hilfe eines Berechnungs-systems in drei Cluster eingeteilt. Im Exzellenzcluster werdendie Disziplinen aufgenommen, die Medaillenpotenzial haben.Sie erhalten eine Optimalförderung. Wer im Potenzialclusterlandet, der kann speziell für einzelne Athleten, für den Nach-wuchs oder Strukturverbesserungen Mittel abrufen. In diedritte Kategorie fallen diejenigen Sportarten, von denen keineMedaillen oder Erfolge zu erwarten sind: Sie laufen Gefahr,ganz aus der Förderung zu fliegen. Die Zeiten des Gießkan-nen-Prinzips sollen endgültig vorbei sein. DieseCluster-Einteilung ist Grundlage für die Fördervor-schläge, über die BMI, DOSB sowie die Länderentscheiden. Das letzte Wort bei der Finanzierunghat aber das BMI. So jedenfalls steht es in demReformpapier.

Unruhe und Unzufriedenheit

Und das heißt konkret: Machtverlust für denDOSB.Vielleicht ahnten die Mitgliedsverbände, indenen es seit Monaten rumort, schon, dass es sokommen könnte. Sie fordern seit geraumer Zeit, dass„der Sport das Heft des Handelns wieder in die Handbekommen müsste“, was der Sprecher der Spitzen-verbände und Ruderpräsident, Siegfried Kaidel,schriftlich und mündlich ebenso wie Bedenken und Ängsteseiner Kolleginnen und Kollegen an den DOSB adressierte. ZurUnruhe und Unzufriedenheit in den Mitgliedsorganisationentrugen aber besonders auch Verhalten und Umgangston desFührungsduos Hörmann und seinem VorstandsvorsitzendenMichael Vesper bei, die im üblichen Gutsherren-Stil agierten:Informationen nur scheibchenweise und nicht an alle, Kommu-nikation gleich null, Transparenz? Fehlanzeige. Alle mitnehmenund Neuanfang vermitteln, das sieht anders aus.

Kleine Rebellion

Nach langer Zurückhaltung rebellierten Anfang Juli dann docheinige vorsichtig gegen Informationspolitik und Umgangsfor-men der DOSB-Oberen. Und handelten sich prompt einenRüffel von Alfons Hörmann ein, der sich über- und hintergan-gen fühlte. Da wollten sich doch glatt einige Verbandsmen-schen mit dem BMI-Abteilungsleiter Sport, Gerhard Böhm,zusammensetzen, um einige Dinge abzuklären. „Kindergarten“,sagen die einen, „übler Stil“ sagen die anderen, als vertraulicheMails in der Öffentlichkeit auftauchten, in denen Hörmannsich über „neue Allianzen“ und „hinterhältige Spielchen“erregte. Und er schaltete gleich noch den Minister ein, derdann seinem Abteilungsleiter das Treffen untersagte. DieseAktion wirft ein besonders Licht auf die Verhältnisse innerhalbdes Sports und des Sports mit der Politik. Und sie sagt vielüber das Zusammenspiel zwischen Minister und DOSB-Präsi-dent aus. Mittlerweile habe man die „Missverständnisse“

ausgeräumt, sprich, die Aufsässigen sind wieder eingefangen.In einer DOSB-Pressemitteilung ist zu lesen, der Sport könnenur Erfolg haben, wenn er „unter Führung des DOSB“geschlossen seine Positionen entwickele und vertrete. Undweiter heißt es da: „Alle Gesprächsteilnehmer bekannten sichin diesem Zusammenhang zum Prinzip von Klarheit undWahrheit.“

Wie lange das Einnorden anhält, wird sich spätestens zeigen,wenn es etwa um das Reduzieren von Olympiastützpunkten(von 19 sollen jetzt sechs geschlossen werden) und Bundes-

stützpunkten (von 205 stehen 50 vor dem Aus) geht. DieLänder, die größten Förderer des Sports, haben zwar eine klarePosition zum Spitzen-/Leistungssport abgegeben, aber wennes um konkrete Schließungen und anderes vor Ort geht, istmit heftigem Widerstand zu rechnen, der Standfestigkeit undBeschlüsse von Politikern ins Wanken bringen wird.

BMI will Geld verteilen

Auch innerhalb des Sports und zwischen Sport und Politikwird es zu Verteilungskämpfen und erneut zum Kräftemessenkommen. Das BMI will selbst ans Ruder, vor allem, wenn esums Geldverteilen geht. Das zugunsten des DOSB zu drehen,da wird Alfons Hörmann vermutlich auch bei seinem Männer-freund, dem Minister, keine Unterstützung finden.

Apropos: Die Allianz Hörmann/de Maizière macht aus mehre-ren Gründen nachdenklich. Nicht nur, weil Hörmann petzendHilfe sucht, wenn Rebellen sich in den eigenen Reihen aufleh-nen und er das nicht selbst gebacken bekommt. Nicht nur,weil der Minister über dieses Stöckchen springt. Auch deshalb,weil Hörmann offensichtlich den Ideen des Ministeriumsnäher steht als den Erwartungen und Vorstellungen der eige-nen Mitgliedsverbände, deren Interessen er eigentlich vertre-ten sollte. Wenn dem nicht so ist, wo bleibt bei den politi-schen Übernahmeversuchen der lautstarke Dauer-Protest desDOSB-Präsidenten? Und wie steht es um die Autonomie desSports – und dessen verhandelndem Führungspersonal?

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Kein Ehrenamtler, sondern Geschäftsmann

Wer Reden von Alfons Hörmann zum Thema Spitzensport hörtoder liest, der stellt fest, dass er nicht wie ein ehrenamtlicherPräsident einer Non-Profit-Organisation spricht. Da erklärt einGeschäftsmann im Wirtschaftsjargon, wie der deutsche Sportzu einem Erfolgsmodell umgemodelt werden soll. KnallharteForderungen, freundlich und verbindlich verpackt, eingewi-ckelt in Phrasen über zu verteidigende Werte des Sports, die eran Sportdeutschland richtet, das es gar nicht gibt – oder nurin der Vorstellungswelt von Alfons Hörmann.

In vielem, was Hörmann sagt, hat er Recht, und Reformensind notwendig. Aber bei seinen Umsetzungsvorstellungenübersieht er, dass man in einem föderalen und demokratisch

angelegten Konstrukt wie dem organisierten deutschen Sportnicht so agieren kann wie in einem Unternehmen, wo vonoben nach unten diktiert wird, was Sache ist. Und wer so despektierlich über Ehrenamtliche redet, derenRepräsentant er ist und die das Lebenselixier der deutschen

Verbands-und Vereinswelt sind, wie Hörmann im April vordem Sportverbändeforum in Köln, der missversteht diesespräsidiale „Ehren“- Amt völlig oder hat gar keinen Bezug dazu– und ist schon aus diesem Grund eine Fehlbesetzung.

Von gelungener und sensibler Personalführung des Präsiden-ten und seines Statthalters Vesper mit den Mitgliedsverbändenkann man auch rund um die Spitzensportreform nicht spre-chen. Wahrheit und Klarheit, Transparenz und Glaubwürdig-keit, Vertrauen fordert Hörmann ein. Und lebt er das vor?

Viel durchgehen lassen

Die Verbände, besonders aber auch das DOSB-Präsidium, dasdem Begriff „Schattenkabinett“ eine neue Interpretationsmög-lichkeit eröffnet, haben ihrem Präsidenten viel durchgehenlassen. Außer dem kleinen Putschversuch, der schon im Keimerstickt wurde, bezieht öffentlich kaum jemand Position. Daslaute Schweigen kann man sich eigentlich nicht erklären.Schließlich sitzen da gestandene und oft langgediente Frauenund Männer, die ihren „DOSB-Laden“ gut genug kennen, umzu wissen, dass abwarten und aussitzen nicht immer die besteTaktik ist. „Manche sind der Meinung, dass sie den DOSB nichtbrauchen. Andere wollen sich keinen Ärger einhandeln, wennsie sich kritisch äußern. Wieder andere haben sich im Sport-system gut eingenistet und fürchten um den Verlust vonPrivilegien, wenn sie quer schießen.“ So der Erklärungsversucheines Verbandsinsiders für das „Schweigen der folgsamenLämmer“.

Mit dem Schweigen wird nach der Rückkehr von den Spielen ausRio sicher Schluss sein. Wenn im Oktober der Reform-Entwurfvorgestellt wird, dann wird sich zeigen, ob der französische Diplo-mat, Politiker und Schriftsteller Alphonse de Lamartine damit Rechthat, dass „man nur das reformiert, was man auch beherrscht“.

owie andere gesellschaftliche Großorganisationenunterliegt auch der DOSB und damit die Gesamtheitdes organisierten Sports in der Bundesrepublik den

Entwicklungsfaktoren des sogenannten „gesellschaftlichenWandels“. Hierauf muss jeweils mit einer Aufgabenüberprüfungund möglicherweise auch mit Strukturveränderungen reagiertwerden. Dies ist ein ganz normaler Vorgang, wenn er dannrechtzeitig erfolgt. Beim hauptverantwortlichen Dachverband,dem DOSB, hat man jedoch die Relevanz solcher gebotenenAktivitäten in den letzten Jahren offensichtlich unterschätzt,womit sich u.a. die bei einer Leistungsbilanz festzustellendenDefizite erklären lassen. Daraus ergibt sich jetzt zwangsläufig

ein Nachholbedarf, der insbesondere die Schwerpunkte deranstehenden Aufgaben, deren Zuordnung im föderalistischenSystem der Sportorganisation sowie die Umsetzung und diedabei zu wählenden Kommunikationsformen betrifft. Konkretheißt das in der jetzigen Situation, folgende Fragen zu beant-worten: A) Welche Funktionen soll und will der DOSB jetzt undin mittelfristiger Zukunft für das gesellschaftliche Systeminsgesamt wahrnehmen? B) Wie soll sich die Realisierung deranstehenden Aufgaben auf die verschiedenen Gliederungsebe-nen des Dachverbandes verteilen? C) Welche Verfahren sollensowohl zur Aufgabenbestimmung als auch zu deren Umsetzungin die Praxis zur Anwendung kommen?

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Sport findet „vor Ort“ statt – das allein ist der MaßstabVon Wolfgang Buss

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Die Sportpraxis an der Basis als Hand-lungsorientierung

Den Rahmen für die notwendigen Neujustierungen der Sport-organisation setzt – wie gesagt – mit hoher Priorität stets derWandel in der Lebenswirklichkeit. In der jetzigen sogenannten„2. Moderne“ gehören hierzu einerseits schon länger andau-ernde gesellschaftliche Entwicklungen wie insbesondere dieungebrochene Individualisierung, die noch zunehmendeEntsolidarisierung und die kontinuierlich sich öffnende Scherezwischen vielen Armen und wenigen Reichen. Andererseitsgibt es aktuellere Erscheinungen wie die inzwischen schonextrem verdichtete kommunikative Vernetzung über dasInternet, die drohende Klimakatastrophe und vor allem diedemografische Entwicklung hin zu einer stetig alterndenGesellschaft. Insgesamt ist es eine in sich verwobene Gemen-gelage mit noch weiteren gesellschaftlichen Veränderungen,die große Unsicherheiten mit sich bringt. Für das Sportsystemergeben sich daraus die diesbezüglichen Fragen: WelcheBereiche des Sports sind davon betroffen, welcher Art sind diekonkreten Auswirkungen und wie und von wem ist darauf zureagieren?

Grundsätzlich sind von solch übergeordneten Entwicklungenalle Bereiche betroffen, insbesondere ist es aber die Praxisebe-ne „vor Ort“, die im organisierten Sport immernoch weitaus überwiegend in den ca. 90.000Vereinen angesiedelt ist. Hier findet der Sportdes Alltags statt, der Breitensport über seineWettkampf-, Fitness- und Kommunikationsele-mente. Hier schlagen sich vor allem die belas-tenden Anforderungen aus den gesamtgesell-schaftlichen Wandlungsprozessen nieder. Eineimmer größere Anzahl vor allem der kleinerenTraditionsvereine auf dem Lande kommtdadurch zunehmend bis an den Rand einerExistenzkrise. Bedingt durch den demografi-schen Wandel fehlt vielfach das den Verein„tragende“ Personal in den Vorständen bzw. beider Gestaltung des Übungs- und Wettkampfbe-triebes; immer häufiger kommen auch Übungs-und Wettkampfgruppen der Kinder und Jugend-lichen „mangels Masse“ nicht mehr zustande.Mehr als 30% der Vereine führen laut aktuellem Sportent-wicklungsbericht den Personalmangel als ihr derzeitig größtesProblem an. Die Digitalisierung hat zwar ganz allgemein dieKommunikation erleichtert, zugleich ist die Internetnutzungaber auch zu einem Konkurrenzelement bei der Freizeitgestal-tung der Kinder und Jugendlichen geworden. Die immergrößere Gruppe der sozial Schwachen benötigt nicht nurbesondere Förderungsaktivitäten durch die Vereine, diebegrenzten Finanzmittel haben auch schon zu einem Schwundan Mitgliedern beigetragen. Besonders gravierend sind jedochdie extrem angewachsenen Tendenzen der Individualisierungund Entsolidarisierung, die eine immer geringere Bereitschaft

zu längerfristigen Bindungen zur Folge hat, erst Recht zurkontinuierlichen, aktiven Mitwirkung. Stattdessen werdenvermehrt kurzfristige, unverbindlichere Kursangebote beikommerziellen Anbietern gesucht. Letztlich kommt noch eineteilweise überbordende Bürokratie sowohl aus der Sportorga-nisation selbst, als auch durch staatliche Vorschriften hinzu.Das hat zur Folge, dass „heute selbst kleinste Dorfvereineprofessionelle Strukturen aufbauen“ müssen, stellte erst vorkurzem der Präsident des DOSB, Alfons Hörmann, fest.

Die Dienstleister und die Interessen der Basis

Zunehmend ist also ein Überforderungsprofil auf der großenPraxisebene des Vereinssports vor Ort zu erkennen, und hie-rauf sollten deshalb die Reaktionen des Überbaus der Verbän-de und Bünde primär orientiert sein. Dabei muss allerdingszunächst ein verändertes Bewusstsein der Organisations- undVerwaltungsapparate auf den übergeordneten Ebenen gegen-über der Basis entwickelt werden. Die dort tätigen Führungs-kräfte und Mitarbeiter sind sicherlich in der großen Massekompetent und fleißig, was in der Position als hauptberuflichBeschäftigte jedoch von ihnen erwartet werden kann. Mitdieser Hauptberuflichkeit ist aber zugleich auch ihre Rolle inder Sportorganisation eindeutig bestimmt: Sie sind Dienstleis-

ter für die Organisation und damit letztlich auch für dieMitglieder in den Vereinen. Konsequenterweise sind deshalbihre Aktivitäten überwiegend primär auf deren Ansprüche undBedürfnisse hin zu fokussieren. Genau unter dieser Vorgabemuss allerdings bezweifelt werden, ob all die auf den verschie-denen Führungsebenen des Sports zur Zeit bearbeitetenThemen wirklich von Relevanz für die Vereine sind, bzw. dortüberhaupt wahrgenommen werden. Vielfach sind diese ledig-lich eine Folge gewollter und ungewollter Ausdifferenzierun-gen der Sportpraxis, auch sportfremder allgemeingesellschaft-licher Anforderungen und vor allem zweifelhafter Anpassun-gen hieran – einmal ganz abgesehen von Großprojekten

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prestigehungriger Funktionäre. Solche Abkoppelungen, Ver-selbständigungen und Abgehobenheiten entsprechen nichtden Interessen der Basis, und schon gar nicht dem ihnenübertragenen Auftrag.

Die Mitglieder in den Vereinen und vor allem deren Vorständedürfen nicht länger das Gefühl haben, dass die „da oben“nicht mehr wissen (wollen), was unten auf der Praxisebene desSports die Alltagsaufgaben, insbesondere aber die Alltagspro-bleme bestimmt. Die kontinuierliche Vergrößerung der „Appa-rate“ auf den Führungsebenen des Sports hat – zumindest inder subjektiven Wahrnehmung der Mitglieder – eine zu große

Distanz zur Vereinsbasis geschaffen, die zunächst Desinteresseund dann Vertrauensverluste produziert. Es muss also alsallererstes ein verändertes, wieder auf den Kern des Sportsorientiertes Denken in den Führungsetagen des DOSB etabliertwerden; der Sport muss dort wieder stärker von „unten“ nach„oben“ verstanden werden. Denn hier an der Basis im Verein,vor Ort, beginnt schließlich alles: Hier startet der Sportinteres-sierte sein Leben im Sport, hier entwickelt sich zunächst dasTalent, und hier verbleiben aber auch die allermeisten Men-schen in ihrer ganz persönlichen Sportpraxis.

Stärkung der Landessportbünde undihrer Untergliederungen

Folgt man dieser Situationsbeschreibung, dann ergeben sichdie weiterführenden Fragen, wer im Organisationsgefüge desSports für die Lösung der jeweiligen Aufgabenstellung ambesten geeignet ist und welche Mittel dafür eingesetzt werdensollten? Dabei muss die Formel gelten: Jede Ebene macht das,was sie am besten kann. Wenn also der Verein wieder stärkerin den Mittelpunkt gerückt werden muss – und damit dieSicherung der Praxisebene des Sports –, dann resultiert darauszugleich ein deutlicher Bedeutungszuwachs für die Ebene derLandessportbünde und ihrer Untergliederungen. Sie stellen dieBezugsebene für die Vereine vor Ort dar, und hier liegt auchihre Kernkompetenz. Über die Kenntnis der regionalen undlokalen Bedingungen kann von hier aus die Sportentwicklungan der Basis am besten befördert und ihr praxisrelevant gehol-

fen werden. Das bedeutet aber auch, dass hier alle für denVereinssport relevanten Zuständigkeiten und Aufgabenberei-che konzentriert werden sollten. Dazu zählt notwendigerwei-se auch eine verbesserte finanzielle Ausstattung, z.B. durcheine vergrößerte Anteilquote aus dem Glücksspielbereich.Hiermit könnten mittels der Schaltstellen in den Regionen, derKreis- und Stadtsportbünde, beispielsweise über zusätzlicheshauptberufliches Personal Kooperationsstellen und kleineDienstleistungszentren aufgebaut werden, die die Vereine vorOrt unterstützen und vor weiteren Überforderungen schützen.

Entsprechend der deutlich zu stärkenden Stellung der Landes-sportbünde im Gefüge der Sportorganisation sollte dann aberauch die Satzung des DOSB dahingehend geändert werden,dass die LSB‘s im „Bundesparlament“ des deutschen Sports,dem Bundestag des DOSB, wieder die Mehrheit der Mandats-träger stellt. Die Stärkung der Landessportbünde darf jedochbei diesen nicht zu Parallelwelten bzw. „Nebenregierungen“abseits vom DOSB führen. Allein die spezielle Aufgabenstel-lung muss die Differenz zwischen den Gliederungsebenen desorganisierten Sports ausmachen.

„Entschlackung“ auf der Führungsebenedes DOSB

Aus der primären Zuständigkeit der Landessportbünde für dieVereinsbasis folgt aber auch, dass der an der Spitze des föde-ralen Systems angesiedelte Dachverband DOSB nur noch eineeingeschränkte Kompetenz für den Vereinssport haben sollte.Über den wichtigsten Teil seiner Kernkompetenz, die Reprä-sentanz des organisierten deutschen Sports als Ganzes aufBundesebene, sollten von ihm zwar die bundesweit gültigenpolitischen Rahmenbedingungen für die Vereine mit demStaat und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationenausgehandelt werden, aber mehr Zuständigkeiten sollten ihmfür diese Ebene nicht zukommen – dazu ist er zu weit von derBasis entfernt. Als weitere Kernkompetenz verblieben ihmdann noch die jeweilig aktuell notwendige Koordination derAufgabenverteilung unter den Föderaten des DOSB, denLandessportbünden und Spitzenverbänden, die Ausgestaltungund jeweilige Fortschreibung der Rahmenbedingungen desHochleistungsports mit dem Kerngeschäft ‚Olympia‘ sowie diebundesweite Organisation von zentralen Aktivitäten vor allemgesellschaftspolitischer Natur wie z.B. die der Wertevermitt-lung durch den Sport in vielen gesamtgesellschaftlichenAusprägungen. All dieses möglichst in Zusammenarbeit mitkompetenten Kooperationspartnern.

Mit dieser Aufgabenbeschreibung wird auch die notwendigeAbkehr von jeglicher Vorstellung des DOSB als einem überge-ordneten, mit vermeintlicher Allkompetenz versehenen Zen-tralverband verdeutlicht. Das Konstrukt des DOSB ist aushistorischer Erfahrung als föderales System geschaffen wor-den, das den Föderaten zwar unterschiedliche Aufgabenzuweist, sie aber prinzipiell gleichstellt. Großorganisationen

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wie z.B. die EU im Politikbereich oder das IOC bzw. die FIFA imSportbereich genießen eine immer geringere Wertschätzung inder Gesellschaft, da sie nicht mehr ausreichend kontrollierbarerscheinen. Schon jetzt wird auch der DOSB-Apparat von somanchem als verselbständigte Herrschaftselite an der Spitzedes selbstproklamierten Königreichs „Sportdeutschland“ ver-standen.

Mehr Autonomie für die Fachverbände

Die Fachverbände sollten neben ihrem originären Kernge-schäft, der Förderung des leistungsbezogenen Breitensportssowie des Spitzensports auf nationaler und internationalerEbene, durch die zentrale Verantwortlichkeitfür die Bereiche Welt- und Europameister-schaften in ihrer Position gestärkt werden.Dazu müssen sie auch eine exponiertereRolle bei dem zur Diskussion stehenden„Nationalen Spitzensport-Konzept“ spielen –vor allem auch durch die Möglichkeit zurdirekten Zusammenarbeit mit den einschlägi-gen staatlichen Institutionen wie dem Bun-desinnenministerium, dem Bundesinstitut fürSportwissenschaft, dem Institut für Ange-wandte Trainingswissenschaften, dem Institutfür Forschung und Entwicklung von Sportge-räten sowie generell der Sportwissenschaft.Die Spitzenverbände sollten auch nachaußen eindeutig das Zentrum des Wett-kampfsportes sein und dabei vor allem auchdie betroffenen Athletinnen und Athleten stärker in dieBestimmung und Bedingungen ihrer Sportart einbindenkönnen.

Kommunikation und Transparenz schafftLegitimation und Vertrauen

Um optimale Leistungsergebnisse in einer Organisation zuerreichen, ist ein kontinuierlicher Abgleich von Zielsetzungund Realität von Nöten. Somit ist das DOSB-Präsidium mitder im Februar 2016 eingeleiteten „Effizienzanalyse“ grund-sätzlich auf dem richtigen Weg. Zu fragen ist allerdings,warum dieser Evaluationsprozess von der Frankfurter Zentralenicht so rechtzeitig eingeleitet wurde, dass seine Ergebnisseschon bei der Feier anlässlich des 10jährigen DOSB-Bestehenseingebracht werden konnten? Weiterhin: Sind vor der Beauf-tragung der Unternehmensberatung „Ernst & Young“ dieMitglieder, d.h. vor allem die Landessportbünde und dieSpitzenverbände, ausreichend zu ihren Interessen kontaktiertworden? Und weshalb wurde ein auf den Wirtschaftbereichspezialisiertes (entsprechend teures) Unternehmen, das bishernicht für sportbezogene Expertisen ausgewiesen ist, mit derEvaluation beauftragt? Solch beispielhafte, offene Fragenlassen unbeantwortet Zweifel an einer ausreichenden Kom-munikationsfähigkeit und Transparenzbereitschaft beim DOSB

aufkommen – hier erscheint ein massiver Nachholbedarfvorzuliegen.

Doch sie betreffen nur die eine Seite von Gesprächsbereitschaftund Offenheit, die des Innenverhältnisses in der Informations-gewinnung und im Austausch mit den Mitgliedern und Gliede-rungen. Von zumindest gleich großer Bedeutung ist die von derSportorganisation kontinuierlich zu führende Diskussion mit dersportinteressierten Öffentlichkeit. Darüber hinaus sollte diesesallerdings immer wieder einmal – z.B. bei der derzeitig erkenn-baren Notwendigkeit größerer Veränderungen – zusätzlich ineiner herausgehobenen Form erfolgen. Hierbei sollte gezieltauch der inzwischen große Teil der sportaktiven Bevölkerung

mit einbezogen werden, der nicht über den DOSB organisiert ist.Allein ca. 30.000 (!) Vereine in Deutschland haben den Sport inihren Satzungszielen, sind aber nicht Mitglied in einem derSportverbände. Durch einen solchen Prozess könnte manzumindest annäherungsweise erfahren, welchen Sport sich dieDeutschen heute und für die überschaubare Zukunft wünschenund unter welchen Bedingungen. Das Forum dafür könnte –ganz nach dem Vorbild des erfolgreichen Berliner DSB-Kongres-ses von 1987 „Menschen im Sport 2000“ – wieder solch einKongress bieten, jetzt unter dem Titel „Menschen im Sport2030“. Nur auf der Basis solch einer breit und öffentlich ange-legten Diskussion über die zukünftige Ausrichtung des deut-schen Sports kann der DOSB letztlich seine Legitimation alsgesellschaftliche Führungskraft im Sport aufrecht erhalten. Nurso kann er seinen diesbezüglichen satzungsmäßigen Vorgabengerecht werden. Wie heißt es doch im §2 der DOSB-Satzung:„…den deutschen Sport in all seinen Erscheinungsformen zufördern, zu koordinieren und ihn in überverbandlichen undüberfachlichen Angelegenheiten gegenüber Gesellschaft, Staatsowie anderen zentralen Sport- und sonstigen Institutionen imIn- und Ausland zu vertreten.“ Eine solchermaßen breit ange-legte Kommunikation in den öffentlichen Raum hinein kannauch dazu beitragen, die in vielen Bereichen (vor allem desSpitzensports) verloren gegangene Glaubwürdigkeit wieder zugewinnen.

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enn die deutschen Springreiter demnächst hof-fentlich fehlerfrei die Hindernisse auf dem olympi-schen Parcours überwinden, wird bestimmt nie-

mand das Institut für Forschung und Entwicklung von Sport-geräten (FES) damit in Verbindung bringen. Und doch wirdman in dem vierstöckigen Bau mit weißgrau-getünchterFassade in Berlin-Schöneweide womöglich bei den Sommer-spielen 2020 in Tokio seinen überraschenden Anteil sogar anerfolgreichen Sprüngen über die Oxer haben. Beim FES wurdejüngst angefragt, ob ein Mess-System zur ausgefeilten Beob-achtung beispielsweise jener Kräfte entwickelt werden könnte,die bei den gewagten Sprüngen am Zügel oder am Sattelwirken. Dieses Projekt für die Reiterliche Vereinigung wirdvergleichsweise niedlich sein in Relation zu den Aufträgenanderer Verbände, für die das FES erster Ansprechpartner istund für deren Asse das Institut mit höchster Ingenieurs- undHandwerker-Kunst arbeitet. Traditionell zählen im Sommer dieKanuten und Ruderer und Radsportler, vornehmlich die SparteBahn, zu den Stammkunden, wie auch die Segler, Triathletenund neuerdings die Behindertensportler. Im Winter sind es dieSpitzenverbände der Bob- und Schlittensportler und Skeleto-nis, der Eisschnellläufer und der Deutsche Ski-Verband (DSV).

Seit kurzem haben die FES-Experten dank einer speziellenSchuh-Bindung auch eine Aktie an den weiten Sprüngen derdeutschen Ski-Adler. In zwei Jahren wird eine Kooperationmit den Biathleten und den Wachs-Experten des DSV offiziellGestalt annehmen, die zwangsläufig folgt. Die „Wachsler“sind mit einer eigenen GmbH in Oberhof zuhause, genaudort, wo das FES eine Außenstelle hat. Außerdem liegt überdas Interesse an schnellen Brettern hinaus die Zusammenar-beit bei den Waffen auf der Hand. Als Partner des Schützen-bundes verfügen die Berliner auch in diesem Metier überreichlich Know-how. Nicht zu vergessen die FES-Unterstüt-

zung für das deutsche Paralympics-Team. Seit 2015 ist dasFES auch verstärkt für die Behindertensportler im Einsatz,dafür stehen jährlich 200.000 Euro bereit. „Wir helfen gerne,wenn das Potenzial da ist“, sagt FES-Chef Harald Schaale.Warum jahrzehntelange Erfahrungen nicht für Paralympics-Teilnehmer nutzen und für deren Bedürfnisse anpassen? Sowurde für Tom Kieray und Edina Müller jeweils ein Para-Kanumit einem Spezialsitz versehen und für den sehbehindertenRadsportler Kai Kruse aus Berlin ein spezielles Alu-Tandemgebaut, mit dem er und sein „Schrittmacher“ Stefan Nimke inRio an den Start gehen werden.

Kurzum: Überall wo über das Material zu Gunsten der deut-schen Starter einige Pünktchen, Hundertstelsekunden oderein minimaler Vorsprung herausgeholt werden kann, dort sinddie insgesamt 81 Mitarbeiter des FES-Instituts energisch undideenreich bei der Sache. Die eine Hälfte von ihnen sindIngenieure und Techniker, die andere Hälfte Spezialisten fürKunststoff- und Metallverarbeitung. Seit dem Jahr 2000konnte das Personal um fast die Hälfte aufgestockt werden.Allein dies illustriert den Wert der „Geheimwerkstatt“, derenStahltüren sich nur jenen öffnen, die den Geheimcode dafürwissen. Vom Bundesministerium des Innern wird das Institut,am Ufer der Spree und in einem großen Gewerbegebietgelegen, aktuell mit 6,6 Millionen Euro jährlich finanziert.

„Können uns nicht in unserem tollen Namen sonnen“

„Für Erfolge im internationalen Leistungssport braucht eslangfristig angelegte, kontinuierliche und kompetente Part-nerschaften. Dafür sind das FES und das IAT absolute Garan-ten, auch wenn nicht immer alles super ist und es sichernoch manche Stellschrauben gibt“, sagt Prof. Dr. MartinEngelhardt, der Vorsitzende des Trägervereins, unter dessen

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Geheimwerkstatt fürden planbaren ErfolgDas Institut FES versorgt den Spitzensport

mit erstklassigem Material und hochmoder-

ner Messtechnik Von Andreas Müller

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Dach sowohl dasFES als auchdessen Zwilling,das Institut fürAngewandteTrainingswissen-schaft in Leipzig,vereint sind.Während die FES-Kollegen überallihre Hände imSpiel haben, wo esum das bestmögli-che Material unddie „Hardware“geht, kümmernsich die Leipzigerfür den deutschenSpitzensport insinniger Ergän-zung und Wech-

selwirkung zum FES wesentlich um die „Software“, also umdie Analyse und Steuerung des alltäglichen Trainings. „Mitdiesem Institut verfügt der deutsche Sport über ein schlag-kräftiges Instrument, das sich direkt und unmittelbar um denAthleten kümmert. Wir müssen immer klaren Praxisbezughaben, um den Athleten Vorteile zu verschaffen. Selbstver-ständlich nur im Rahmen des Erlaubten“, so Schaale, seit1981 im Hause FES und seit 1993 Instituts-Leiter. Soll hei-ßen: „Material-Doping“ wie beispielsweise im Radsport, woim Rahmen winzige Motoren eingebaut und versteckt wer-den, sind nach der FES-Philosophie ausgeschlossen.

Apropos Philosophie. Understatement, Diskretion, die Arbeitim Hintergrund – am liebsten ohne jedwede öffentlicheAufmerksamkeit - gehört ebenfalls zum Credo dieser sehrspeziellen Einrichtung, die ausschließlich zu Gunsten deut-scher Sportler arbeitet. Leistungen für die internationaleKonkurrenz sind ein Tabu, und Lorbeer von gestern zähltwenig. Mitunter gab es auch mal Negativschlagzeilen, etwaals Ex-Bundestrainer Christoph Langen schwache Ergebnisseseiner Bobs regelmäßig den FES-Ingenieuren in die Schuheschob, sie bei Siegen und Medaillen jedoch mit keinem Worterwähnte. Solche Kritik sähe der 63-jährige FES-Chef lieberintern vorgetragen als über die Medien und merkt Grund-sätzliches an: „Wir können uns nicht auf den Erfolgen derVergangenheit ausruhen und in unserem tollen Namensonnen. Müssen immer auf der Höhe der Zeit sein. UnsereMesslatte ist immer das Weltniveau. Wir müssen mit unserenProjekten immer top sein, ansonsten gehen die Kundenwoanders hin.“

Die über Jahre hinweg gepflegten Kooperationen mit denSpitzenverbänden des deutschen Sports sind demzufolgebeileibe keine Selbstläufer oder gar in irgendeiner Weise zuverordnen. Sie müssen stets aufs Neue erarbeitet werden.Wenn die Verbände immer wieder an die Türen in Berlin-Schöneweide klopfen, dann vor allem deshalb, weil sie hieroptimale Lösungen erwarten können. Partner für jedes einzel-ne Projekt am FES ist jeweils der einzelne Fachverband, derdas Problem und den konkreten Auftrag für das Institutformuliert sowie den Zeitraum bis zur „Lieferung“. Aus alldemergeben sich vertragliche Beziehungen. In der Regel sind dieeinzelnen Vereinbarungen an einem Olympia-Zyklus orientiertund laufen über vier Jahre, wobei am „roten Faden“ alljährlich

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Harald Schaale (links)und Sören Lausberg

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nachjustiert wird und mithilfe eines Consulting-Systemsjährlich gemeinsam analysiert wird, wie das Projekt voran-kommt.

Sören Lausberg als Paradebeispiel für „duale Karriere“

Nicht umsonst gelten die drei Buchstaben FES seit ihrerersten Erwähnung im Jahre 1963 bis heute als Qualitätssiegel.Hier begann knapp zwanzig Jahre später die revolutionäreCarbon-Ära im Sport, und Bundestrainern wie dem Österrei-cher Werner Schuster von den Skispringern oder dem Hollän-der Jan van Veen von den Eisschnellläufern gehen bei ihrerFES-Visite regelmäßig die Augen über. Die Zusammenarbeitmit den Verbänden, Trainern und Top-Athleten hat sich imLaufe der Jahre deutlich verändert. War es zunächst die

Suche nach dem bestmöglichen Sportgerät, so geht dieserProzess längst mit der Entwicklung hochmoderner Messtech-nik Hand in Hand. Beide Momente sind mittlerweile untrenn-bar miteinander verwoben. „Zu jedem Sportgerät, das wirentwickeln, gibt es immer ein passgenaues Mess-System. Daskann alle Parameter erfassen, die vorher genau definiertwurden“, betont Sören Lausberg. Wobei eine Mess-Genauig-keit von über 99 Prozent geradezu Pflicht sei, soll die optima-le Leistungsbestimmung garantiert werden. „Fehler könnenwir uns da nicht erlauben.“ Und wo immer mehr Datengesammelt werden, braucht es zugleich modernere Systemefür ihre Aufbereitung. Kein Wunder demzufolge, dass am FESeine neue Generation von innovativer Elektronik und Soft-ware entwickelt werden musste. „Allein das“, weiß Lausberg,„ist eine Riesensache.“

Der 46-Jährige weiß sehr genau, wovon er spricht. SörenLausberg ist das Paradebeispiel eines früheren Weltklasse-Athleten, der nun seinen Nachfolgern das bestmöglicheMaterial für die ganz großen internationalen Wettkämpfe andie Hand geben möchte. „Er hat den Riesenvorteil, dass er dieSprache des Sports wie die der Ingenieure kennt“, lobt HaraldSchaale den sechsmaligen Vize-Weltmeister im Teamsprintund im Zeitfahren über 1.000 Meter, der 2006 seine aktiveKarriere beendete. Unmittelbar danach schnupperte erzunächst über ein Praktikum FES-Luft, nachdem er bereitsvon 1990 bis 1997 parallel zum Leistungssport sein Studiumder technischen Informatik konsequent durchgezogen hatte.Kürzlich wurde er zum Leiter der Abteilung Mess- und Infor-mations-Technik berufen, ist nunmehr Chef von 14 Sensori-kern, Elektronikern und Software-Entwicklern. Ein nahezuoptimaler Karriereverlauf, eher die Ausnahme und viel zuselten im deutschen Leistungssport. Neben Sören Lausbergsind noch ein halbes Dutzend ehemalige Spitzenathleten überdas Karriere-Ende hinaus im FES weiter aktiv, darunter derzweimalige Segel-Olympiasieger Thomas Flach und MichaelKünzel, zehnmaliger deutscher Meister im Eissprint.

Kein Wunder, dass Sören Lausberg von den Neuerungen inseiner Zunft der Bahnradsportler besonders begeistert ist. Beiden Sprintern und Verfolgern auf dem Oval wird inzwischennicht mehr mit Kameras gemessen, die starr an der Pistemontiert sind, sondern mit völlig neuartiger und beweglicherTechnik am Rad selbst. „Das ist das bestmögliche System. Dagibt es kein Rumeiern mehr bei den Kräften, Drehmomentenoder Trittfrequenzen.“ Mithilfe einer neuartigen Mess-Kurbelund Sensoren, die am Rahmen des Rades verbaut sind, werdenaußerdem die jeweils optimalen aerodynamischen Sitzpositio-nen bestimmt. „Material und Messungen bilden so eineuntrennbare Einheit.“ Für den Vierer über 4.000 Meter kann aufdiese Weise genau erkannt werden, welcher Fahrer an welcherPosition am besten aufgehoben oder fehl am Platze ist. DieKonsequenz aus alldem: Mitunter müssen die Akteure auf ihrenschellen Rädern regelrecht umlernen und neue Sitzpositioneneinüben. „Das kann richtig weh tun“, berichtet Lausberg undverrät, dass vorher einige Überzeugungsarbeit vonnöten ist. Dieunbestechlichen Energiebilanz-Daten der FES-Experten helfendabei natürlich sehr. Bestes Beispiel dafür sei der 26-jährigeJoachim Eilers. Der gebürtige Kölner wurde dank FES-Nachhilfein diesem Frühjahr in London Weltmeister im 1000-m-Zeitfah-ren und im Keirin. Noch vier Wochen vor dem Welt-Champio-nat hatte ein Team um Lausberg mit ihm die neue Sitzpositioneinstudiert, sogar mit einigen Überstunden am Wochenende.Umso schöner, dass Eilers anschließend gleich zu zwei WM-Titeln raste. „Das sind die Blumen, die man dann für seineArbeit erntet. Auch wenn sie eigentlich keiner sieht.“

Nächster Arbeitsnachweis folgt in Rio de Janeiro

Erfolgserlebnisse im olympischen Vorfeld, die Kunden wie dieBelegschaft des FES für die Sommerspiele in Rio de Janeiro

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zusätzlich beflügeln. Wie immer wird Olympia zur großenGeneralbilanz, zum großen Kassensturz für all den Aufwand,wobei die Entscheidung über Medaillen und Platzierungen –glücklicherweise – nicht ausschließlich vom jeweiligenSportgerät abhängt. Immerhin kann „Team Germany“ mitdem guten Gefühl an den Zuckerheut reisen, über bestmögli-ches Material zu verfügen. Die Technik bei den Kanus undRuderbooten ist inzwischen soweit optimiert, dass sogar dieäußeren Bedingungen wie Wetter und Wellen mit in dieMess-Ergebnisse eingehen. Apropos äußere Bedingungen:Nach den vorolympischen Tests in Rio stellte sich heraus, dassdie Regattastrecken der Kanuten extrem verkrautet sind. DiePflanzen verhakten sich nicht nur an den Paddeln, sondernsogar am Steuer, so dass unter diesen Umständen nichts zugewinnen ist. Schnell war den FES-Technikern nach diesenErkenntnissen klar, dass für Rio Boote mit Flossen benötigtwerden, an denen sich das Kraut nicht festhängen kann.Problem erkannt, Problem gebannt – sogar mit der sportpoli-tischen Note, diese Neuerung beim Weltverband durchzuset-zen…

Die Bahnradsportlerwerden bei denSpielen komplett mitneuen Rädernstarten. Für dieVerfolger gibt esneue Lenker undanstatt der Vollkar-bon-Scheibenräderjetzt welche ausKarbon-Speichen,die weniger wiegen.„Weil alles, was sichdreht, leicht seinmuss“, schmunzeltLausberg. Für dieKanuten im K1, K2und K4 wurdenBoote neuesterQualität entwickelt,die Ruderer hinge-gen werden in Rio inallen Klassen aufBoote andererHersteller zurück-greifen. Das sei keinMisstrauensvotumgegenüber dem FES,sondern den prakti-schen Gegebenhei-ten geschuldet,berichtet MarioWoldt, der Sport-Direktor des Deut-

schen Ruder-Verbandes (DRV). Für die neuen, hochspeziali-sierten FES-Boote brauche es längere Vorlaufzeiten. „Wirwissen aber so lange im Voraus nicht, welche Sportler dannbei den nächsten Spielen in den einzelnen Booten sitzen. Siemüssen sich wohlfühlen, das ist das entscheidende Kriteri-um.“ Nichtsdestotrotz werde der DRV in Richtung Tokio 2020mit den FES-Spezialisten das Gespräch suchen, sowohl überdas Material als auch über die Messtechnik. „Die Messungenhaben einen extrem hohen Nutzen für uns.“

Bis 2020 soll darum die Messtechnik sukzessive für diegesamte Ruder- und Kanu-Flotte modernisiert werden. Paral-lel dazu wird in Partnerschaft mit der Universität Hamburgsichergestellt, dass die Messdaten des bisherigen und desneuen Systems kompatibel und vergleichbar bleiben. Alleinein Achter weist inzwischen bis zu 128 Messkanäle auf. Esgibt praktisch keine Bewegung bei den Ruder-Recken mehr,sei es am Rollsitz, am Stemmbrett für die Füße oder beimArmzug, die nicht von Sensoren erfasst und gemessen wird.„Das ist ein Modul, den wir vom Zweier bis zum Achter mobil

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Katrin Wagner-Augustin

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einbauen können. Allerdings ist diese Mess-Technik nichtpermanent drin. Wir machen das nur im Training, bei Wett-kämpfen nie“, lobt Trainer Christian Viedt, der Assistent von„Achter-Guru“ Ralf Holtmeyer. Anhand all dieser Parameterkönnen die Trainer genau sehen, wie stark ihre Jungs agierenund wie synchron, ob und welche Disharmonien oder Verän-derungen von Schlag zu Schlag und in den einzelnen Stre-ckenabschnitten entstehen. „Das alles ist sehr hilfreich“, lobtViedt – und wünscht sich trotzdem Verbesserungen. ZumBeispiel sei es sehr aufwändig, den Achter mit diesem Mess-System auszurüsten. „Das dauert acht Stunden, man kann esin sieben Stunden schaffen, aber unmöglich unter sechsStunden.“

Kooperationen mit „draußen“ so unumgänglich wie guteKoordination

Bei aller Konzentration auf das jeweils sehr konkrete Sport-gerät und Mess-System lässt Harald Schaale derzeit etwasweit weniger Gegenständliches nicht außer Acht. Für dieanstehende Spitzensport-Reform und alles, was damit übersein Institut verlautet, scheint er höchst sensibel. Etwa füreinen Zwischenruf aus dem BMI, dass Spitzenverbände sichkünftig mehr in Eigeninitiative an Unternehmen aus derWirtschaft oder wissenschaftliche Einrichtungen wendensollten, um ganz arteigene Probleme schnell und unkompli-ziert zu lösen. Schaale sieht solche Vorschläge mit gemisch-

ten Gefühlen. Sicher sei das FES nicht überall Weltspitze undder alleinige Maßstab, doch das Prinzip „aus einer Hand“habe sich bewährt. „Wir machen ja nicht alles selbst undsind nicht auf jedem Gebiet das Nonplusultra in Deutsch-land. Wir haben aber ein Netzwerk, mit dem wir unter Zeit-druck gute Lösungen hinkriegen. Das ist ja auch in unseremeigenen Interesse, die Aufträge so gut wie möglich zu reali-sieren.“

Zusammengearbeitet werde bereits mit reichlich prominentenPartnern aus dem ingenieurtechnischen und dem naturwis-senschaftlichen Bereich, zum Beispiel mit 18 Universitätenund Hochschulen, mit Industrie- und Handelskammern sowieEinrichtungen wie dem Leibnitz-Institut oder der Max-Planck-Gesellschaft. Jüngstes Beispiel sei ein Uni-Praktikant,der sich besonders um die Optimierung von Bobs verdientgemacht und sich dabei besonders engagiert hatte. DieAufgabenstellung hieß, die Eigenschwingung der Bobs zuverringern, also vor allem die Schwingungen von faserver-stärkten Kunststoffen zu dämpfen und zu reduzieren. LetztenEndes sei daraus für den jungen Werkstoffspezialisten sogarein Diplom-Thema geworden. Und, wer weiß, vielleicht eröff-nete sich für ihn sogar eine berufliche Perspektive. FES-ChefHarald Schaale plädiert jedenfalls dafür, die grundsätzlicheund bewährte Struktur nicht zu verwässern und aufzuwei-chen, vor allem auch die Rolle des FES als Koordinator nichtzu unterschätzen und anzutasten. „Wer bei den Verbänden

soll das denn stem-men, wenn wir anden Prozessen in derZusammenarbeitetwas verändern, diesich bewährt habenund eingespielt sind?Es ist doch auch imInteresse der Verbän-de, wenn wir imZentrum bleiben:Hier entwickeln,natürlich zusammenmit allen unserenPartnern und Spezia-listen von draußen,hier die Prototypenfür die Erprobungbauen. Danachweiterentwickeln,optimieren undvervollkommnen. Soläuft es, und sämtli-che Ergebnissewerden in den Sportzurückgeführt undkommen den Ver-bänden zugute.“

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ine fabelhafte Fee fasziniert mit einem FederstrichVereine und Verbände des organisierten Sports, ver-spricht Lösung der Lasten und Leiden des Alltags durch

ein Zauberwort: „Professionalität“. Journalisten nominieren esals Allheilmittel für jedwede Verwerfung des Sports. DerPräsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)greift es auf und fordert mehr davon für alle 90.000 Vereine,sieht angesichts komplexer juristischer und fiskalischerAnforderungen die Inanspruchnahme von Rechtskundigenund Finanzexperten. Hunderte Hochschulen, Akademien,Berufsschulen und Weiterbildungseinrichtungen bilden u.a.Sportmanager, Fitnesskaufleute, Studioleiter, Sportjuristenund -ärzte aus. Das umfassende Bildungssystem des Sportsträgt dem längst Rechnung, wenngleich es am Anschluss anstaatlich anerkannte Qualifizierungssysteme noch mangelt.Mehr bezahlte Stellen werden geschaffen und mit einschlägigqualifizierten Kräften besetzt. Vielerorts wird es strukturellumgesetzt durch Satzungsänderungen – angestellte Mitar-beiter werden Vorstände. Die Wissenschaft nennt das Verbe-ruflichung, gemeinnützige Freiwilligen- und Non-Profit-Organisationen Hauptamt. Wo bleibt das Ehrenamt?

Als Grund der Verlagerung vom Ehren- zum Hauptamt wirdgenannt, dass Organisationen mit Systemrelevanz, großenMitgliederzahlen, erheblichen Geldumsätzen, Verantwortungfür fest angestellte Mitarbeiter und Konkurrenzauf dem anspruchsvoller werdenden Sportmarktschnell und kompetent handeln müssen. Dasverheißungsvolle Stichwort „Professionalität“ istfür die Frage Haupt- und Ehrenamt schillernd wiemissverständlich.

Professionalität gibt`s nicht nur imBerufsleben

Wenn man Professionalität nicht mit bezahlterBerufstätigkeit, sondern als fachliche, soziale undmotivationale Kompetenz zur Erfüllung anste-hender und Lösung neuer Aufgaben setzt, dannkann auch freiwilliges Ehrenamt durchaus profes-sionell arbeiten. Grundlage allen Organisationser-folgs ist Überzeugung für den Sinn der Aufgabeund Leidenschaft wie Ideenfülle beim Ein-Lösender gemeinsamen Ziele. Permanente Lernbereit-schaft auch.

Im organisierten Sport geschieht das täglich wie tausendfach.Da bringen Steuerberater und Architekten, Lehrer und Ver-waltungsfachleute in ihren Vereinsvorständen Kenntnisse undErfahrungen ein oder werden Projektmanager. Soziale Talenteentwickeln sich – unterstützt vom Laienbildunggssystem desorganisierten Sports – zu begeisternden Trainern. Mütter ausKleinkindergruppen werden zu organisationsstarken Event-managern, Sekretärinnen zu effektiven Schriftwarten undZeitungsmachern - oder zu tatkräftigen Vorsitzenden. Es istgerade die Vielfalt der im Sport Engagierten, verbunden mitder großen Freiheit zur Entfaltung seiner persönlichen Poten-ziale, die dem Sport zu seiner Organisationskraft verholfenhat. Binnen 200 Jahren von ersten Vereinen zur größtenBürgerbewegung in Deutschland mit 90.000 Vereinen und 27Millionen Mitgliedschaften zu kommen, zigtausende vonSportstätten zu bauen, hunderte neuer Sportformen zuerfinden und hochkomplexe Kommunikations- wie Ausbil-dungssysteme zu errichten, schafft man nicht durch unpro-fessionelles Herumwurschteln.

Historisch hat es übrigens nie einen strukturellen Konfliktzwischen Haupt- und Ehrenamt gegeben. Bereits die erstenTurnvereine beschäftigten feste Turnlehrer und noch im 19.Jahrhundert auch erste Geschäftsführer. Ruderer und Leicht-athleten stellten – meist aus England stammende – Trainer

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Professionalität: Mehr Viel wichtiger ist eine neue Kooperationskultur

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ein. Bei den Pferderennen saßen bezahlte Jockeys auf ihrenvierbeinigen Stallgenossen. Immer ging es um das „Wie“ derKooperation, nicht um das Entweder-Oder. Grundlage bildete– Ausnahme die Nazizeit mit ihrem oktroyierten „Führerprin-zip“; es sollte schnell scheitern - die demokratische Vereins-idee. Die Organisation des Sports und seiner Entwicklungvollzog sich nicht in abgegrenzten Kadern, es führte keinBesitzer, Direktor oder General den Verein. Es wird gewählt,Macht wird zeitlich begrenzt. Prinzip war und ist Gleichbe-rechtigung im offenen und öffentlichen Austausch derBetroffenen. Heute auf neudeutsch Partizipation, Complianceund „Good Governance“.

Der organisierte Sport auf dem Weg in dieHauptamtlichkeit?

Ende 2014 wurden im DOSB erweiterte Kompetenzen für dashauptamtliche Direktorium zum ehrenamtlichen Präsidiumbeschlossen. Im Januar 2015 hat das Präsidium bereits aufdieser Basis getagt. Auf den ersten Blick handelt es sich umnotwendiges Nachjustieren der Satzung zur vorauseilendenPraxis. Eine Großorganisation wie der DOSB mit wachsendennationalen und internationalen Aufgaben kann nicht weiterdurch ehrenamtlich tätige Persönlichkeiten organisiert undrepräsentiert werden.

Der DOSB folgt fraglos dem Weg, auf dem Verbände wieGewerkschaften, Kirchen, ADAC, Rotes Kreuz und Arbeiter-wohlfahrt längst unterwegs sind. Führungspositionen sinddort fest in hauptamtlicher Hand. Jetzt wird auch im Sportdie Stärkung des Hauptamts forciert, wie man bei Profiverei-nen, starken Verbänden (so das Präsidentenamt im DFB), inLandessportbünden und neuerdings bei mitgliederstarkenGroßvereinen sieht.

Bei letztgenannten werden zunehmend bisherige Geschäfts-führer als (zuvor von ehrenamtlich gewählten Personenbesetzte) Vorsitzende eingesetzt, gelegentlich auch angestell-te Mitarbeiter als komplette Vorstände. In Hamburg, Stadt mitden meisten Großvereinen, ist das zunächst in Profivereinenwie dem HSV erfolgt, mittlerweile dem der Eimsbütteler TV,die TSG Bergedorf und der Walddörfer SV. Andere großeVereine wie etwa sportspass e.V. (72.000 Mitgliedschaften)haben das faktisch vollzogen, indem die Geschäftsführungden Verein operativ und strategisch führt. Diese Vorstands-

vorsitzenden sind ordentlich wie regelmäßig bezahlte Ange-stellte, die vor einem Aufsichtsrat Leistung und Lohn verant-worten. Bei fünfstelligen Mitgliederzahlen scheint es immerschwieriger, im Sinne der Tradition und des Vereinsgesetzesbreite Mitbestimmung und freiwillige Mitarbeit zu erreichen.Bei Versammlungen von Großvereinen kommen Mitglieder imPromillebereich, Abstimmungen droht Beliebigkeit. Der Groß-verein versteht sich als Dienstleister. Nicht alle machen denWandel mit – die Lebenshilfe etwa als großer Behinderten-verband (übrigens mit zahlreichen Sportgruppen) betont2015 ausdrücklich die aktive Verantwortung der ehrenamtli-chen Führung, ähnlich ist es in den großen Kirchen. Der Sportbleibt gefragt.

Die spezifische Organisationskultur des Sports

Es wäre voreilig, die Satzungsänderung im DOSB und ent-sprechend in Vereinen und Verbänden als organisationsprakti-sche Notwendigkeit abzuhaken und allerorten zu kopieren.Das Thema ist grundsätzlicher. Mit Satzungsänderungenverschieben sich subkutan die Koordinaten zwischen Haupt-und Ehrenamt in der Gesamtorganisation. TraditionelleZuordnungen werden neu geregelt und erprobt. „Ja“ zu mehrFreiheiten für das Hauptamt einerseits, konsequente wiepermanente Zielprüfung im ehrenamtlichen Rat andererseits:Eine solch schlichte Formel reicht nicht in der sportlichenOrganisationskultur.

Es gibt genug Beispiele aus gemeinnützigen Großorganisatio-nen, wo das nicht sofort funktioniert, mindestens Übergangs-probleme provoziert – Hauptamtlichkeit ist ebenso wenig freivon Geld und Gier wie Ehrenamtlichkeit von Eitelkeit undUnzuverlässigkeit. Der ADAC und die Kassenärztliche Vereini-gung sind aktuelle Beispiele, bei DFB, FIFA und einigen inter-nationalen Sportverbänden die Besoldung „ehrenamtlicher“Präsidenten geradezu grotesk – und demoralisierend fürehrenamtliches Engagement. Probleme im Hauptamt gibt esauch in Profi- und breitensportlichen Großvereinen. Schließ-lich weiß man aus der Verbands- wie Bürokratieforschung,dass hauptamtliche Apparate aufgrund zeitlicher Verfügbar-keit und Wissensvorsprüngen zur Verselbständigung, mitunterauch Selbstbeschäftigung neigen, schlimmstenfalls zurSelbstbereicherung. Das kann auch ein aufgeblähter Stellen-kegel sein, dem höhere Gehaltsstufen folgen. Parallel werdenbei nachlassender Verantwortungsbereitschaft Aufgaben an

Schlag- als Zauberwort zwischen Haupt- und Ehrenamt Von Hans-Jürgen Schulke

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teure Agenturen delegiert. Zuletzt drei gescheiterte Olympia-bewerbungen sind auch damit zu erklären. Neuordnung tutnot.

Einfach nur „Mehr Hauptamt“ geht auch nicht, weil derorganisierte Sport über deutlich weniger Einnahmen verfügtals autonome soziale Dienstleister mit staatlicher Alimentie-rung oder mitgliederstarke Automobilclubs mit wenig organi-sationspraktischen Aufgaben vor Ort. Der Sport ist auch keinSpendensammler ohne lokale Bindung wie Greenpeace oderUnicef. Bedenkenswert ist, dass Vereinssport in seinerGesamtheit lokaler und leidenschaftlicher, selbsttätiger undsolidarischer organisiert ist als andere gemeinnützige Ver-bände. 90.000 autonome Vereine im DOSB sind ganz über-wiegend Klein(st)vereine mit weniger als 300 Mitgliedern. Vonhauptamtlicher Organisation sind sie Lichtjahre entfernt.Selbst zahlreiche Fachverbände haben auf Landesebene keinehauptamtlich geführten Geschäftsstellen. Hauptamt findetbei Fachverbänden auf Bundesebene, in den Leistungssport-strukturen, in Landessportbünden, den relativ wenigen Profi-und mitgliederstarken Großvereinen statt. Also überall dort,wo es nennenswerte Geldquellen durch hohe Mitgliederzah-len, staatliche Förderung, Zuschauereinnahmen, TV-Gelderund Vermarktung gibt.

Haupt- statt Ehrenamt ist nicht die Perspektive, schon garnicht für den gesamten organisierten Sport. Es geht um dasVerhältnis zwischen beiden, das produktive Ausbalancierender Kräfte unter jeweils veränderten Bedingungen – unseredigitalisierte Lebenswelt ist nicht mehr die des 19. Jahrhun-derts. Die neuen Herausforderungen sind nicht mit der Formel„Hauptamt“ gelöst. Wesentliche Erfolgsfaktoren bleiben Kom-petenz, Kreativität, Kommunikation, Motivation und Verant-wortungsbereitschaft – das gilt bei Haupt- wie Ehrenamt.

Damit hinkt der Sport keineswegs hinter anderen „professio-nellen“ Organisationskonzepten hinterher. Legendär ist derAusruf des Personalchefs einer großen Versicherung ange-sichts tausender freiwilliger Helfer und Akteure bei der Eröff-nung eines Turnfestes mit der Stadiongala: „Wir geben jähr-lich viele Millionen für die Motivierung unserer Mitarbeiteraus – mit begrenztem Erfolg. Was ist das Geheimnis desVereinssports, zigtausende Freiwilliger zu gewinnen, die ihrEngagement sogar selbst bezahlen?“

Der Schatz der Ehrenamtlichkeit

Soll die Kluft in der auseinanderdriftenden Vereinslandschaftzwischen Land und lokal, zwischen groß und gering, zwischenwohlhabend und wenig, schließlich übermächtig und über-fordert nicht tiefer werden, ist über eine neue Kooperations-kultur zwischen Haupt- und Ehrenamt nachzudenken. Haupt-amt wie auch seine Verantwortlichkeit wird notwendigzunehmen. Folge sollte nicht sein, Ehrenamt abzulösen (wasschon finanziell nicht ginge) oder ihm Resteverwertung zu

überlassen (wofür wenig Motivation zu wecken ist). Haupt-amt sollte zuerst für gemeinsam vereinbarte Ziele und Auf-gaben freiwillige Mitgestalter finden und binden, heißt zuorientieren, zu motivieren, zu qualifizieren und transparent zuinformieren. Wege zu suchen, sie von unproduktiver Büro-kratie zu entlasten. Nicht zuletzt fachliche wie soziale Kom-petenzen ehrenamtlicher Kräfte zu schätzen, sie anzunehmen,sich auszutauschen bei gleicher Augenhöhe. Haupt- undEhrenamt als lernendes System.

Der größte Schatz des organisierten Sports sind und bleibenseine acht Millionen freiwilliger Mitgestalter. Ihre Zahl istinsgesamt nicht rückläufig, das Potenzial noch nichterschöpft. Diesem Schatz durch die neue Kooperationskulturvon Haupt- und Ehrenamt zu mehr Glanz zu verhelfen, bleibtvorzügliche Aufgabe des Hauptamts. Das gilt vor allem fürdie Verbände auf Bundes- und Landesebenen, andernfallsverselbständigen sich Vereine in kleine Nischenversorger oderwertschöpfende Dienstleistungsunternehmen. Immer mehrVerbände und Vereine erkennen das, nominieren in ihrenVorständen und Geschäftsstellen Ehrenamtsbeauftragte,strukturieren ihre Arbeitsroutinen projektorientierter, kommu-nizieren offensiv mit modernen Technologien, kooperierenenger mit anderen Vereinen und kommunalen Akteuren,nehmen das Thema in der Bildungsarbeit auf. Wenn dasgelingt, muss der organisierte Sport nicht mehr Manage-mentempfehlungen irgendwelcher Unternehmen und Lehr-buchautoren ungefragt hinterherlaufen. Er darf selbstbewusstauf seine traditionellen Qualitäten und in die Zukunft sehen.

Worum es geht: Die Freiheit in den Vereinen

Was ist das Geheimnis des Erfolgsmodells „Verein“ seit 200Jahren, seiner Beständigkeit, seiner Anpassungsfähigkeit,seiner Innovationskraft? Und hält den Vereinssport mit90.000 Unikaten noch heute etwas im Verbund als Ganzes,mit einer großen Idee wie vor 200 Jahren zusammen? Eineder Säulen, vielleicht die wichtigste Säule seiner Stärke undKontinuität ist die Weckung und Qualifizierung für ehrenamt-liches Engagement. Wie das?

Im Kern ist es die Freiheit zur Organisation der eigenen Inte-ressen unter gleichberechtigten Mitgliedern mit Blick auf dasGemeinwohl aller Bürger. Das setzt Energien und Ideen frei,gibt Motivation zur gemeinsamen Gestaltung neuer Aufga-ben (historisch demokratische Einheit aller Deutschen, heutezum Beispiel Entwicklung der Spielfähigkeit bei Kindern undJugendlichen, Betreuung der Flüchtlinge, Förderung behin-derter Menschen, Aufbau von Alternativen zu kommerziellenKonkurrenzen). Philosophisch gesehen: Nirgendwo sonstwerden die großen Losungen der amerikanischen und derfranzösischen Revolution so konsequent und praktisch umge-setzt wie in der Vereinsbewegung: Freiheit, Gleichheit, Brü-derlichkeit und Recht auf erfülltes Leben. Das Organisations-konzept dafür ist da.

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s hätte schlimmer kommen können für die kleine Scharder Organisatoren des Berliner Arbeitskreises „Kirche undSport“: Weniger Boote, weniger Besucher, starker Regen,

ein ideenloser Prediger u.a.m. hätten nach monatelangerVorbereitung so etwas wie ein kleines Fiasko bedeutet. Aberdas Gegenteil war der Fall beim mittlerweile 34. Sportschiffer-Gottesdienst an jenem Sonnabend im September letztenJahres: Es blieb trocken, und immerhin etwa 70 Boote anker-ten vor der „Heilandskirche“ in Sacrow, also vor den TorenBerlins und Potsdams. Die vielleicht 200 Besucher des Parksblieben stehen und hörten zu – dem Gesang, dem überschau-baren Posaunenchor und vor allem der Predigt. Für Psalm 23hatte sich der frühere Stadtmissionsdirektor und Pastor Hans-Georg Filker entschieden. Es dürfte ein immer wieder gernausgelegter Text sein („und führet mich zum frischen Wasser“),den er auf seine sehr souveräne Art auslegte: „Räumen Sieauf“, war ihm anfangs wichtig. „Brechen Sie auf“ und „regenSie sich auf“ folgten als nächste Schritte. Denn er, Gott,führe zur Quelle, einer wunderbaren „Tankstelle“.

Aufräumen

Kirche und Sport arbeiten inzwischen seit etwa 50 Jahrenzusammen. In einer kleinen Broschüre ist z.B. dokumentiert,was Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland unddes Deutschen Sportbundes (DSB) Mitte Februar 1965 in derEvangelischen Akademie Bad Boll diskutierten. Prälat Her-mann Rieß, der damalige Bundesvorsitzende des Arbeitskrei-ses in der EKD, sah schon seinerzeit die zentralen Probleme:„Wir begegnen Kräften, die den Sport verabsolutieren, ideolo-gisieren, brutalisieren, fanatisieren und kommerzialisierenwollen.“ (S.27) Vor diesem Hintergrund müsse es imGespräch zwischen Kirche und Sport „um den Dienst amMenschen gehen“. Vereinfacht also um Leib und Seele einesJeden. Konkret gehörte dazu seinerzeit die Akzeptanz desSports in der Schule, seine wissenschaftliche Begleitung undReputation an den Universitäten und nicht zuletzt das Pro-blem der „Sonntagsheiligung und die Respektierung derGottesdienstzeiten“. (S.97) Ein regelmäßiger Austausch wurdeverabredet zwischen dem „Arbeitskreis Kirche und Sport“ derEKD und dem „Arbeitskreis Sport und Kultur“ des DSB. DieKatholische Kirche war ähnlich eingebunden. Welcher Schatzwurde da gehoben!

Und heute? Beide großen Organisationen scheinen ganzüberwiegend mit sich selbst beschäftigt zu sein. Evangelischeund Katholische Kirche suchen nach Wegen, immer kleinereBudgets gerecht zu verteilen; der Sport rangiert „unter fernerliefen“, wenn es darum geht, Viertel-Planstellen oder festeAnsprechpartner in den Landeskirchen zu installieren. Nur ein(historisches) Beispiel aus der Zentrale der EKD in Hannover:Stand vor rund 20 Jahren dem früheren Volleyball-National-spieler, Olympiapfarrer und Geschäftsführer des Arbeitskreises,Klaus Peter Weinhold, eine halbe Planstelle für seine Arbeit zurVerfügung, so wird heute für diesen Bereich über wenigeStunden in der Woche verhandelt. Wie da sinnvoll gearbeitetund kommuniziert werden kann, ist vielen schleierhaft.

Der Spitzensport wiederum konzentriert sich auf die Frage, wieGold, Silber und Bronze zu gewinnen sind. „Medaillen brauchtdas Land“, so das Glaubensbekenntnis von Deutschem Olympi-schem Sportbund (DOSB) und Bundesministerium des Inneren.Einen Beirat, der sich Fragen des Sports und der Kultur widmet,sucht man vergeblich. Sicher, es gibt Olympiapfarrer, hin undwieder Kapellen in Fußballstadien, den wunderbaren ökumeni-schen Gottesdienst vor dem DFB-Pokalfinale in der BerlinerGedächtniskirche. Aber was tut sich sonst … vielleicht auch anden Akademien? Wie intensiv werden Grundsatzerklärungen,die hohe Repräsentanten beiderSeiten unterschrieben haben, ander Realität überprüft? ZumDoping, zur Ethik des Sports undzu vielen anderen entscheiden-den Fragen sind möglicherweiseneue Antworten gefragt.

Zurück in die Region. Der Sport-schiffer-Gottesdienst in Berlinsteht vor dem Aus, was nicht nuran zahlreichen bürokratischenVorschriften der verschiedenenBezirksämter liegt. Nein, erwurde auch von Sportverbändenund den beiden großen Kirchenvernachlässigt oder zu wenigwertgeschätzt. Ein Beispiel vonvielen für eine höchst unbefrie-

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Wohin laufen sie denn?Zum Verhältnis von Kirche und Sport im21. Jahrhundert Von Hanns Ostermann

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digende Situation der ehren-amtlichen Helfer. Die EvangelischeSportarbeit Berlin-Brandenburg pfeift auf dem letzten Loch;rund 1.500 gemeldete Sportlerinnen und Sportler in den Kir-chengemeinden spielen keine Rolle in den Überlegungen derAmtskirche. Und die ehrenamtlichen Funktionsträger, die nichtin der Kirche ihr Rentnersalär verdient haben, finden keineNachfolger. Schlimmer geht es nimmer, könnte man denken.Doch, es geht. Diesen hochmotivierten und sehr christlichgeprägten Männern als gelernter Theologe in Diskussionen zuentgegnen: „Ohne die Kapelle im Olympiastadion hättet ihrnicht einmal euren kleinen Etat“ - der vorne und hinten nichtreicht – ist was? Ausdruck für einen klaren Blick oder selbstge-fälliges Predigen? Was wollen die beiden großen christlichenKirchen? „Glauben Sie nicht den Pastoren“, hatte Theologe Filkeruns Laien gegenüber gemeint. Wohl denn: Wenn Vorzeige-Projekte wie Stadionkapellen das sportliche Kerngeschäft derEvangelischen Theologie ausmachen, wenn „Leuchttürme“ dieRichtung der „Kirche der Freiheit“ (2005) angeben sollen, wasgeschieht dann mit den vielen Menschen und ihren Aktivitätenim Halbdunkel bzw. an der Basis? Entspricht diese Strategiewirklich christlichen Ansprüchen?

Aufbrechen

Wir sind aufgebrochen. Wir reden miteinander an der Basis inBerlin und auf Bundesebene. Und wir beziehen einzelneWürdenträger unseres Vertrauens in die Debatte ein. Dieeinen antworten sehr schnell und verständnisvoll. Andereüberhaupt nicht. Dabei ist allen klar, in welchen Zeiten wir unsbefinden. Ja, die Lage ist schwierig. Und parallel lichten sichdie Reihen in den Kirchen, müssen Gemeinden zusammenge-legt werden. Auch hier gibt es schwerste Entscheidungen.Immerhin lassen zwei Entwicklungen ein wenig hoffen: AnRunden Tischen in den Kommunen versuchen u.a. Gemeindenund Sportvereine gemeinsam, Weichen für die Integration vonFlüchtlingen zu stellen. Und da gehören Sport- und Bewe-

gungsangebote selbstverständlich in den „Instrumentenkoffer“.Und: Für den so genannten Konfi-Cup qualifizierten sich indiesem Jahr immerhin elf Mannschaften. Junge Mädchen undJungen, junge Konfirmanden haben im Umfeld des KölnerPokalfinales der Frauen und mit Unterstützung des DFB zumfünften Mal ihre Besten ausgespielt, haben Sport und christli-ches Miteinander erprobt. Allerdings lauert hier die nächsteGefahr. Wer den Sport als Täter vermutet – liegt diesmalfalsch: Überehrgeizige Pfarrer und Betreuer, vielleicht auchEltern, wollten Erfolg um fast jeden Preis: Da wurden diejungen Schiedsrichter viel zu wenig ernst genommen. „Diepfeifen doch nicht.“ Das Spielfeld wurde ausgereizt und ange-heizt. Ein Viertel etwa hatte den Sinn dieser aufwändigenVeranstaltung nicht verstanden, so die traurige Bilanz.

Aufregen

Ärgern kann man sich über beide Bereiche: Der organisierteSport will vor allem Gold und Erfolg. In den Eliteschulen wirdnicht selten Bildung für junge Menschen als Anhängsel ver-standen. Immerhin hat der DFB für seine Nachwuchs-Auswahl-mannschaften Lehrer und Pädagogen dabei. Und das ist gut so.Gleichwohl gibt es mindestens aus dem Berliner Raum Belegedafür, dass Bildung nicht selten zweitrangig erscheint. Es galtder Grundsatz, wie weit ist das Talent, passt es noch in dieKaderschmiede oder sollte es ausgemustert werden. Wir redenhier von Kindern, die weit entfernt von ihren Eltern wohnten.

Warum liegt das Spitzengespräch zwischen DOSB, EKD undKatholischer Kirche auf Eis? Auch wenn jetzt mit dem Kirchen-präsidenten Hessen-Nassaus, Volker Jung, nach Warumschweigen die beiden großen Kirchen bei diesen und vielenanderen Problemfällen? zweijähriger Vakanz ein neuer Sport-beauftragter für die EKD gefunden wurde: Die Geduld vielerEhrenamtler an der Schnittstelle zwischen Kirche und Sportwird seit geraumer Zeit überstrapaziert.

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o quicklebendig, wie Klaus Wolfermann im Gespräch wirkt,käme niemand auf die Idee, es mit einem Senior zu tun zuhaben. Er schüttelt selbst den Kopf darüber, dass er nun die

Marke von 70 erreicht hat. „Alt waren für mich immer nur dieanderen.“ Und nun das! Den großen Tag am letzten Tag im Märzverbrachte der Franke aus Altdorf bei Nürnberg im kleinen Familien-kreis in Lahm im Bayerischen Wald. Denn großer Rummel ist nichtseine Sache. Doch die Flucht hatte ihren Preis. Als Wolfermann insoberbayerische Städtchen Penzberg zurückkehrte, erreichte ihn einegewaltige Gratulationswoge. „Über 200 SMS waren allein auf demHandy.“ Und ähnlich sah es bei den Emails, auf dem Anrufbeantwor-ter und beim Stapel der schriftlichen Glückwünsche aus. „Das wargigantisch.“

Am Ausmaß des Echos sind vor allem zwei Zentimeter schuld. Umdiese Winzigkeit wurde Wolfermann 1972 in München – als zweiterDeutscher nach Gerhard Stöck 1936 – Olympiasieger im Speerwer-fen. Das war eine unglaubliche Sensation. „Mein Ziel war Bronze.Silber wäre schon Halleluja gewesen. Für mich war Janis Lusis (dersowjetische Olympiasieger von Mexiko 1968), der Weltrekord aufWeltrekord warf, als Favorit außer Reichweite. Sein Sieg war sosicher wie die Bank von England.“ Neben diesem „Brocken in derAthletenzunft“ (Wolfermann) nahm sich der Deutsche mit seinen1,76 Meter geradezu mickrig aus. Gemeinsam mit seinem von ihmauch menschlich hoch geschätzten Trainer Hermann Rieder, der ihmvom weit entfernten Heidelberg Impulse gab, entwickelte er alter-native Methoden. „Ich musste länger anlaufen und mich schnellerreinarbeiten, die Technik so gestalten, dass beim Abwurf mehrEnergie als bei allen anderen frei wurde.“ Das hieß Feintuning, nichtzu viel Krafttraining und nicht zu wenig. Immerhin schaffte derSohn eines Schmieds, der auch selbst schon mal Hufeisen mitHammer und Amboss formte, über 170 Kilo beim Bankdrücken.

Im Wettkampf von München „habe ich gemerkt, dass Lusis nichtganz so gut drauf war“. „Da habe ich beim fünften Versuch aufRisiko gesetzt, habe meinen Anlauf verlängert, habe mit Schnellig-keit und Kraft alles reingelegt in den Wurf.“ Der Erfolg gab ihmRecht: 90,48 Meter: die Führung! „Lusis ist vor Schreck der Apfelaus der Hand gefallen.“ Beim letzten Durchgang musste der deut-sche Außenseiter vom SV Gendorf noch einmal zittern. Der Konterdes Mannes aus Riga war ähnlich weit. Doch am Ende fehlten ihmzwei Zentimeter. „Ich bin froh, dass in München zum ersten Malnicht mehr mit dem Bandmaß, sondern digital gemessen wurde. Sogab es keinen Zweifel an meinem Sieg.“ Die intensive Vorbereitunghatte sich ausgezahlt, nicht zuletzt durch zusätzliche Trainingsein-

heiten im Olympiastadion, auch wenn Wolfermann das Gerücht vonnächtlichem Geheimtraining nicht ausdrücklich bestätigte: „Es warschwer, unter dem Zeltdach zu werfen. Wenn der Wind rein bliesund turbulierte, musstest du den Speer genau in einem Anstellwin-kel von 32 Grad werfen. Ich habe mir die große Stadionuhr auf dergegenüber liegenden Seite als Hilfspunkt genommen. Dann ist derSpeer nach Erreichen des höchsten Punktes noch gut weiter geflo-gen.“ Im Wettkampf hat es auch ein wenig geholfen, das Marathon-tor zu öffnen, und so die Flugbedingungen für den Speer zu verbes-sern. Diesen Trick habe er aus Gründen der Fairness auch seinenKonkurrenten verraten.

„Mein Sieg war erst einmal ein Schock für mich. Ich bin zu meinemIdol gegangen und habe gesagt: ,Tut mir leid!’.“ Das zeigt dieanständige Haltung Wolfermanns, der auch dafür zweimal zum„Sportler des Jahres“ gewählt wurde. Lusis habe ihm fair gratuliertund sich damit getröstet, dass er schon einmal Olympiasiegergeworden war. Es war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.Immer wieder einmal kommt Lusis, der mit Elvira Ozolina, derSpeerwurf-Olympiasiegerin von Rom 1960, verheiratet ist, nachMünchen. Dann treffen die beiden sich im Restaurant des Olympia-Turms und schauen aus 181 Meter Höhe hinunter auf die Stätteihres Duells von einst. Da kommen „dem kleinen Mann mit demgoldenen Arm“, wie ihn eine Boulevardzeitung titulierte, wieder dieBilder der Erinnerung an den goldenen Sonntag vor Augen, alsinnerhalb einer Stunde außer Wolfermann auch Hildegard Falck im800-Meter-Lauf und Bernd Kannenberg im 50-Kilometer-GehenOlympiasieger wurden.

Zusammen mit dem Triumph der sechzehnjährigen Ulrike Meyfarthim Hochsprung am nächsten Tag war dies der Höhepunkt der bisdahin so heiteren Spiele von München. Und dann riss das Geiseldra-ma alle aus ihrem schönen olympischen Traum: „Die wahnsinnigeHochstimmung war mit einem Schlag weg. Sämtliche Feierlichkei-ten, auch der Empfang zu Hause, waren überschattet von demTerroranschlag. Und ich habe mich gefragt: Was wäre gewesen,wenn mein Wettkampf nach dem Attentat gewesen wäre. Hätte iches dann auch geschafft?“ Im Mai 1973 schnappte Klaus Wolfer-mann seinem lettischen Konkurrenten mit 94,08 Meter auch nochden Weltrekord weg: „Ich wollte mir und anderen beweisen, dassmein Olympiasieg kein Zufall war.“

Jahre später neckte der Deutsche Lusis in kumpelhaftem Ton: „Ichbin der bessere Speerwerfer von uns beiden. Ich habe ,ohne’ gewor-fen.“ Das war seine Reaktion auf das Geständnis seines Freundes,

Was macht eigentlich ...?

Klaus WolfermannVon Steffen Haffner

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mit Anabolika nachge-holfen zu haben. „Ichhabe ihm das nicht übelgenommen. Die sowjeti-schen Leichtathletenwurden ja alle gezwun-gen mitzumachen.“ Ihmselbst seien die Muskel-pillen nicht angebotenworden: „Ich war froh,dass ich in Oberbayernweit weg war von BayerLeverkusen und derSzenerie der Groß-Vereine.“ Doch er hatte

schon mitgekriegt, wenn es hieß: „Wir müssen mal wieder zumKlümper nach Freiburg fahren und uns die Gelenke abspritzenlassen.“ Jorma Kinnunen, der finnische Speerwurf-Weltrekordler undOlympia-Zweite von Mexiko 1968, habe ihm einmal ein Glas mitPillen gezeigt und gesagt: „Die musst du nehmen. Dann wirst dunoch stärker.“ Ihm hatten schon sein Trainer und sein Ernährungs-wissenschaftler klar gemacht, dass Anabolika seinen Muskelquer-schnitt vergrößern würden und ihm gar nichts brächten. Auf Anra-ten seiner Berater hat er dafürjede Menge Fleisch verputzt.

Auf die bevorstehenden Olympi-schen Spiele kann Wolfermannsich mit dem Blick auf die aktuel-len Doping-Skandale nicht sorecht freuen: „Der Sport leidetimmer mehr darunter. JedeLeistung in Rio wird mit einemFragezeichen versehen sein. Dasist traurig für die Athleten, diesauber trainieren.“ Der ganzeHochleistungssport sei in Fragegestellt: „Was sagst du den vielenEltern, deren Kinder auf demSprung in die Leistungsspitzesind? Eigentlich ist der Leistungs-sport im Moment kaputt.“

Da hatte es Klaus Wolfermann inseiner Jugend noch besser. Mitdem Vorbild seines Vaters vorAugen, konnte er als Turner seineBeweglichkeit entwickeln und alsHandballspieler „mit einemheftigen Wurf“ den Übergangzum Speerwerfen bereiten. Nachwie vor lebt er im Alltag seineSportbegeisterung aus, schwingtsich aufs Rennrad oder läuft mitInlinern hinüber zum StarnbergerSee. Besonders gern ist der begeisterte Großvater mit seiner 13-jährigen Enkeltochter Katharina sportlich aktiv, ob beim Skilaufenoder beim Golfspielen. Da hat er es auf das beachtliche Handicapvon 12 gebracht. Und nach Möglichkeit gehört täglich eine Stundegezieltes Training in seinem ausgeklügelten Fitness-Studio dazu, das

der frühere Sportlehrer sich in der Einlieger-Wohnung seines Hauseseingerichtet hat. Und wenn es die Zeit erlaubt, befasst sich Wolfer-mann mit seiner Modelleisenbahn. Als sein Lieblingslaster gab er ineinem Interview „Gummibärchen“ an.

Die Idylle in der malerischen Umgebung des Voralpenlandes lässtauf einen behaglichen Ruhestand schließen. Doch weit gefehlt. Dergelernte Werkzeugmacher, Sportlehrer und langjährige Promotion-schef von Puma betreibt gemeinsam mit seiner Frau Friederike, dieer als Leichtathlet bei 1860 München kennengelernt hatte, seitvielen Jahren eine Agentur, die vor allem „Charity-Golfturniere, aberauch Fußball- und Volleyballspiele organisiert. Der Großteil desjährlichen Erlöses von rund 200 000 Euro (ein Teil geht an SpecialOlympics) ist eine wichtige Grundlage für die Arbeit der KinderhilfeOrgantransplantation (KiO), die der frühere Opel-Chef Hans WilhelmGäb, der selbst mit einer Spenderleber lebt, begründet hat undheute noch leitet. Wolfermann kann mittlerweile auf ein stattlichesNetzwerk von Sponsoren und ehrenamtlichen Helfern quer durchdie Sportarten zurückgreifen. Einige Firmen veranstalten Tombolaszu Gunsten der Kinderhilfe. Viele Prominente, nicht zuletzt aus demmit KiO verbundenen Verein „Sportler für Organspende“, engagierensich für die Kinderhilfe. Kürzlich ist Wolfermann gemeinsam mitFranz Beckenbauer, der mit seiner Stiftung KiO unterstützt, nach

Erfurt gefahren. Dort betreutGäbs Stellvertreter HartwigGauder, Geher-Olympiasieger vonMoskau 1980 und selbst Herz-Transplantierter, Veranstaltungenfür KiO.

Auch wenn er als Leichtathlet für1860 gestartet ist und als FrankeSympathien für den „Club“ hegt,ist Wolfermanns Beziehung zumFC Bayern München sehr enggeworden. Denn dessen Vor-standsvorsitzender KarlheinzRummenigge unterstützt dieKinderhilfe besonders stark. Sohat der Großverein und deutscheFußball-Rekordmeister einePatenschaft für KiO übernommen.Und kürzlich sind Philipp Lahmund Thomas Müller KiO-Patengeworden.

Für ihr Engagement hat dieKinderhilfe Organspende imFrühjahr Friederike und KlausWolfermann zu ihren Ehrenmit-gliedern ernannt.

Was treibt den Olympiasieger zudiesem Einsatz an? „Ich habe maleine Prominenten-Mannschaft

betreut. In der hat Theo Waigel mitgespielt. Der hat ein Heim mitBehinderten bei Günzburg betreut. Er hat mich aufgefordert: ,Dumusst mal rüber kommen und Dir die spastisch gelähmten Kinderanschauen.’ Die Folge: Ich war so beeindruckt, dass ich mir sagte: Damusst du helfen.“ Und dabei ist es geblieben.

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ilbern, futuristisch und kühn ragt die Olympia-Ski-sprungschanze am Kochelberg über Garmisch-Parten-kirchen in den Himmel. 2008 wurde sie erneuert und

modernisiert. Kein Vergleich zur ersten filigranen Holzkon-struktion von 1936. Der Neubau wirkt fast wie ein Fremdkör-per im Ski-Olympiastadion der Marktgemeinde mit 26.000Einwohnern am Fuße der Zugspitze.

Die Anlage scheint mit ihrem verwitternden Beton den Geistvon 1936 zu verkörpern, obwohl sie bei den IV. OlympischenWinterspielen im Zeichen der Nazi-Diktatur nur zum Teilfertiggestellt war. Und so richtig stolz kann auch eigentlichniemand sein im Rückblick auf besagtes Sportlertreffen imWerdenfelser Land vor etwas mehr als 80 Jahren, vom 6. bis16. Februar 1936. Das macht „Die Kehrseite der Medaille“deutlich, die Ausstellung am Osttor in den alten Gemäuerndes Stadions.

So richtig froh sind auch nicht alle Garmischer und Partenkir-chener über das, was da präsentiert wird. „Muss das dennsein?“, waren noch harmlose Aussagen an die Adresse vonAlois Schwarzmüller, als die Ausstellung Anfang 2011 erstmalsim Kurhaus des Ortes gezeigt wurde. Als die Besucher schonbeim ersten Blick auf die Kombination eines Holz-Ensembles

mit den fünf Olympischen Ringen mit einem Schild stießen,besser mit dem Blick gestoßen wurden. „Juden unerwünscht“stand da auf der schwarz-gelben Kunststofftafel mit demHakenkreuz im Zentrum. Diese Schilder waren in den Wochenvor den Olympischen Spielen an den Einfahrtstraßen zu Gar-misch-Partenkirchen aufgestellt worden. Eines dieser Original-Exemplare ist auf verschlungenen Pfaden in den Besitz vonSchwarzmüller gelangt. In dessen Archiv hätte es auch besserbleiben sollen. Nach den Wünschen jedenfalls von nichtwenigen Mitbürgern des kleinen streitbaren Historikers undHeimatforschers. Sie wollten sich die schöne Erinnerung an dieglanzvollen Spiele von 1936 nicht verderben lassen.

Dass seinerzeit nicht alles Gold war, was da glänzte undglänzend gemacht wurde, das hat Alois Schwarzmüller miteinigen engagierten Mitstreitern des Arbeitskreises Ortsge-schichte allzu offen dargestellt.

Seit Anfang 2013 residiert die Ausstellung an ihrem jetzigenPlatz im Stadion. In vier Teile ist die Ausstellung gegliedert,zu viert wurde sie maßgeblich erstellt. „Die politische Seiteder Ausstellung war meine Aufgabe“, erzählt der ehemaligeStudiendirektor, der 18 Jahre lang als Gemeinderatsmitgliedin seiner Heimat gewirkt hat. Neben Schwarzmüller zeichnete

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Ein Ort für anschaulichen Das Olympia-Museum Garmisch-

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Marktarchivar Franz Wörndle für die Darstellung der sportli-chen Geschehnisse anno 1936 verantwortlich. Mit JosefOstler beschäftigte sich der Vorsitzende des HistorischenVereins Garmisch-Partenkirchen mit den seinerzeit errichtetenBauten (wie dem Olympischen Eisstadion). Peter Schwarzschließlich, der ehemalige Vorsitzende des Historischen Ver-eins Grainau, war federführend für die Darstellung der Berei-che Presse, Medien, Organisation.

Die Ausstellung zeigt, etwas im Gegensatz zum Titel, beideSeiten der 36er Spiele. Wie es der kleine Flyer beschreibt:Sowohl „die sportliche, organisatorische Faszination derOlympischen Spiele“ als auch „deren Funktion als Deckmantelfür eine brutale Diktatur“. Vorgesehen war eigentlich eineAusstellung über zwei Stockwerke des Skistadions, in derauch die Geschichte des Sports in Garmisch-Partenkirchenbeleuchtet werden sollte. Das scheiterte aber an fehlendenfinanziellen Mitteln.

Dass sich Alois Schwarzmüller mit diversen Anfeindungenauseinandersetzen muss, ist nichts Neues für ihn. Sie hät-ten schon „mit Fingern auf mich gezeigt“, berichtet derHeimatforscher, als er mit Karl Ritter von Halt, dem Präsi-denten des Organisationskomitees der Winterspiele von

1936, einen „Lokalheiligen“ vom Sockel stieß. In den Aktenhatte er eine Aussage des Olympia-Organisators gefunden,mit der dieser 1935 die Eindämmung antisemitischer Pro-paganda in der Region empfahl. Nicht um den Juden zuhelfen, sondern aus Sorge „um die olympischen Spiele,denen ich seit Jahren meine ganze freie Zeit ehrenamtlichwidme“. Worte, die für sich sprechen. Und nicht für denolympischen Geist.

Wenigstens hat die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen,die 1958 noch den ehemaligen Präsidenten des NationalenOlympischen Komitees von Deutschland (1951 bis 59) miteinem „Ritter-von Halt-Stadion“ ehrte, dieses 2006 wiedermit dem alten Namen „Stadion am Gröben“ versehen.

Dass seine Arbeit andernorts geschätzt wird, sieht AloisSchwarzmüller an den bislang über 40.000 Zugriffen aufseine Homepage www.gapgeschichte.de. Rund 300 Zugriffesind es monatlich.

Die Ausstellung ist täglich von 10 Uhr bis 16 Uhr geöffnet(Karl und Martin Neuner Platz 1 in Garmisch-Partenkirchen).Und die Schanzenanlage kann auch bei einem rund einstün-digen Rundgang erkundet werden.

Geschichtsunterricht: Partenkirchen Von Albert Mehl

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er Start ist in Olympia und der Weg ist das Ziel. Seit 1936 wirdmit Hilfe gebündelter Sonnenstrahlen am Schauplatz der

antiken Spiele ein Feuer entzündet und von Hand zu Hand an denjeweils aktuellen Austragungsort gebracht. So ist das OlympischeFeuer seit der Premiere der Fackelstaffel vielfach um den Globusgereist. Dabei wurden alle möglichen Mittel und Wege genutzt: Aufder Straße, in der Luft, im und unter Wasser oder sogar im Weltraum.

Die Symbolkraft des Feuers und die mediale Wirkung der Inszenierunggewährleisten in hohem Maße öffentliche Aufmerksamkeit. Soversteht sich auch die Bedeutung der aufwändig gestalteten Fackelnals leuchtende Sinnbilder der olympischen Geschichte sowie alsbegehrte Sammelobjekte. Dies gilt auch für die Medaillen, denn diesesind das höchste der sportlichen Gefühle - auch und gerade bei denOlympischen Spielen, wo ein Platz auf dem Treppchen jahrelangesTraining und eine herausragende Leistung im Wettkampf dokumen-tiert. Zugleich aber entspricht es der Olympischen Idee, dass nicht derSieg allein, sondern auch und viel mehr die ehrenvolle Teilnahme die

Athletinnen und Athleten adelt. Im Sinne dieses Gedankens werdenseit den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit, 1896 in Athen, alleBeteiligten jeweils mit einer eigens gestalteten Erinnerungsmedailleausgezeichnet. Ein persönliches Andenken von besonderem Wert, aberauch eine kunstvolle Manifestation des olympischen Geistes.

Eine umfängliche, gar komplette Sammlung dieser olympischenMemorabilia ist kaum irgendwo verfügbar und nur ganz selten zusehen. Schon von daher freut sich das Deutsche Sport & OlympiaMuseum über eine signifikante Erweiterung und Bereicherung seinesBestandes durch die Übernahme einer exponierten, ja bedeutendenSammlung. Die herausragenden Dokumente olympischer Geschichtewurden von Karl-Heinz Frenzen, einem ebenso erfolgreichen VelberterUnternehmer wie engagierten Anhänger und Förderer des Sports,über Jahrzehnte gesammelt und dem Museum als Dauerleihgabeüberlassen. Nun bilden eben diese Exponate das Ambiente und denKontext einer neuen Olympia-Lounge, die genau zwölf Wochen vordem Beginn der Spiele in Rio im Foyer des Kölner Hauses feierlicheröffnet wurde.

Eine augenfällige Aufwertung des Hauses, aber auch ein Statement inolympischer Sache. Gerade nach den wenig erfreulichen Erfahrungender letzten Jahre, namentlich dem vergeblichen Bemühen um eine

Feuer, Flamme und MedaillenDie Olympia-Lounge im Deutschen Sport & Olympia Museum

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erfolgreiche Bewerbung um die Ausrichtung der Spiele, zeigt dasMuseum mit seiner neuen Ausstellungsfläche Flagge und definiertdamit auch einen entsprechend dekorierten Raum für hochkarätigeVeranstaltungen und das Erlebnis faszinierender olympischer undparalympischer Wettkämpfe auf Großleinwand.

Zudem laden die Exponate natürlich auch zur geflissentlichenBetrachtung ein. So zum Beispiel die „Premieren-Fackel“ von 1936aus dem Hause Krupp. 27 Zentimeter und 450 Gramm V2a-Nirosta-Stahl boten sicheren Halt für einen 72 Zentimeter langen Brennstab,der seinerseits bei einem Durchmesser von drei Zentimetern 700Gramm auf die Waage brachte, was also alles in allem durchaustragbar war. Die Brenndauer war mit zehn Minuten errechnet, so dassbei einer üblichen Strecke von 1.000 Metern für die Läufer keineübermäßige Eile geboten war. Auf dem Schaft des Griffes war dieWegstrecke eingraviert, so dass auf den 3.075 Kilometern zwischenOlympia und Berlin die ebenso vielen Läufer nicht vom rechten Wegabkommen konnten. Typisch deutsch, könnte man meinen, es war analles gedacht.Das gilt natürlich auch für die Fackeln von 1972, die das OlympischeFeuer unfallfrei nach München brachten. Dies gewährleistete etwaeine Kartusche aus Aluminium im Handrohr des Griffs, die denBrennstoff, ein Gemisch aus Butan und Propan, sicher umhüllte. Der

Fackelteller trägt den dekorativen Strahlenkranz, das Emblem derSpiele, während der Boden der Verschlusskapsel Platz bot für eineErwähnung der Spenderfirma. Rostfreier Chromnickelstahl sowiegeschliffene, glattpolierte und hartglasierte Oberflächen sorgtendafür, dass die Fackeln auch heute noch wie neu aussehen.

Wenn die Gestaltung der Fackeln im Laufe der olympischenGeschichte neben technischen immer mehr auch ästhetischenErwägungen Rechnung trägt, gilt dies umso mehr auch für dieErinnerungsmedaillen, auch wenn diese naturgemäß weniger Flächefür gestalterische Akzente bieten. Gleichwohl fällt jede einzelneMedaille in ihrer je kunstvollen Prägung und der Variation in Größeund Form als schmuckes Kleinod ins Auge, doch wirkt in der Präsen-tation vor allem auch das Ensemble als solches und dies gleichsam alsMetapher für die Ambivalenz von Kontinuität und Wandel derOlympischen Idee.

Eben davon mögen sich der geneigte Besucher und die interessierteBesucherin vor Ort gerne selbst ein Bild machen. Im Blick auf diegroßartigen Exponate und ihre anregende Präsentation im DeutschenSport & Olympia Museum darf man sagen: Das Ziel lohnt den Weg.

Andreas Höfer/Gregor Baldrich

GALERIE

Erinnerungsmedaille 1924

Erinnerungsmedaille 1924

Fackel 1972

Fackel 1936

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Aktuelles aus der Bundesgeschäftsstelle

Deutsche Olympische Gesellschaft

KOMPAKT

Die III. Delegiertenversammlung der Deutschen Olympischen Gesellschaft e.V. findet am 29. Oktober 2016 im südhessischen Darmstadt statt.Mit dem Eintragen in die Anwesenheitsliste ab 10:30 Uhr beginnt die III. Delegiertenversammlung der Deutschen Olympischen Gesellschaft.

Einladung zur III. Delegiertenversammlung

der Deutschen Olympischen Gesellschaft e.V.

Das Präsidium der Deutschen Olympischen Gesellschaft e.V. lädt hiermit ordentlich zur III. Delegiertenversammlung am Samstag, 29. Oktober 2016 um 11:00 Uhr, in die Räumlichkeiten des Alten Schalthauses, Rodensteinweg 2, 64293 Darmstadt ein.

Vorl. Tagesordnung (gemäß § 13, Abs. 3 der Satzung)

Begrüßung; Feststellung Anwesenheit und StimmberechtigungFestlegung der endgültigen TagesordnungGenehmigung des Protokolls der II. Delegiertenversammlung vom 17. Oktober 2015Bericht des Präsidiums über das abgelaufene Geschäftsjahr & AusspracheEhrungenJahresabschluss 2015Bericht der Revisoren und AusspracheGenehmigung der Haushaltsrechnung und des Prüfberichtes 2015; Entlastung des PräsidiumsHaushaltsvoranschlag 2017, Aussprache und Genehmigung des Haushaltsvoranschlages 2017Verschiedenes

Die Teilnahmeberechtigung ist durch §13 Abs. 4 der Satzung der Deutschen Olympischen Gesellschaft e.V. geregelt. Die Delegiertenversammlung setzt sich zusammen aus den Delegierten der Mitglieder. Die Delegierten der einzelnen Mitglieder sind die von den DOG-Zweigstellen und Landesverbänden (§19) entsandten Vertreter/Vertreterinnen. Die DOG-Zweigstellen haben je angefangene 10 Mitglieder eine Stimme. Jeder Landesverband hat fünf Stimmen. Eine Stimmübertragung ist nicht möglich. Jedes Mitglied des Präsidiums hat eine Stimme und darf keine weiteren Stimmen vertreten. Die Delegierten der GDO erhalten gemeinsam fünf Stimmen.

Das Präsidium der Deutschen Olympischen Gesellschaft e.V.Frankfurt/Main, Juli 2016

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Marek Lieberberg ist Fördererder DOGDer Konzertveranstalter Marek Lieberberg(Geschäftsführer Live Nation GmbH) istneues Mitglied und Förderer der DeutschenOlympischen Gesellschaft e.V. Herr Lieber-berg ist seit Anfang der 1970er Jahre als

Konzertveranstalter tätig und organisierteTourneen internationaler Stars wie U2,Madonna, Depeche Mode, Bruce Springs-teen, Coldplay usw. Seit dieser Zeit habenPeter von Löbbecke und Marek Lieberbergeine Vielzahl von Konzertveranstaltungenorganisiert. Peter von Löbbecke, der mitMarek Lieberberg befreundet ist, konnte ihnfür ein Engagement in der DeutschenOlympischen Gesellschaft gewinnen. Nebenseiner Mitgliedschaft als Förderer hat MarekLieberberg die Arbeit der DOG gerade imHinblick auf weitere Kita-Bewegungsveran-staltungen mit einer großzügigen Spendeunterstützt. „Wir freuen uns, mit MarekLieberberg eine international so erfolgreicheund angesehene Person als Förderer für dieDOG gewonnen zu haben. Ich möchte michsehr für seine Unterstützung bedanken“, soDOG-Präsident Peter von Löbbecke.

Deutscher Golf Verbandwird DOG-MitgliedDer Deutsche Golf Verband wird Mitgliedder Deutschen Olympischen Gesellschaft.DOG-Präsident Peter von Löbbecke verein-barte darüber hinaus mit den Führungsgre-

mien des DGV mehrere Aktivitäten, über diewir in Kürze berichten werden. Der Deut-sche Golf Verband e. V. (DGV) ist der Dach-verband für alle Golfclubs und Golfanlagen-betreiber in Deutschland. Im DGV sind 12Landesverbände organsiert. Er hat seinenSitz in Wiesbaden. Mit rund 635.000 Golf-spielern und 840 Golfplätzen gehört derDGV zu den 10 größten Verbänden desdeutschen Sports. Bei den Olympischen undParalympischen Spielen in Rio de Janeiro istdie Sportart Golf nach 112 Jahren Abstinenzwieder vertreten.

Kreativwettbewerb „Sportverbindet“Anlässlich der Olympischen und Paralympi-schen Spiele 2016 in Rio de Janeiro veran-staltet die Deutsche Olympische Gesell-schaft e.V. (DOG) den Kreativwettbewerb„Sport verbindet“. Zu diesem Wettbewerbsind Grundschulen, Förderschulen und alleweiterführenden Schulen der Stufen 1 bis12/13 aufgerufen.

Für die Stufen 11 bis 13 ist das Ziel dieBearbeitung und Diskussion der Olympi-schen Agenda 2020 des InternationalenOlympischen Komitees (IOC) im Rahmeneines Diskussionspapiers, das sich kritischmit den Inhalten der Reformvorschläge undderen Reichweite auseinandersetzt.Für die Stufen 7 bis 10 ist das Ziel diefotografische Auseinandersetzung mit derThematik Olympischer und Paralympischer

Spiele unter besonderer Berücksichtigungder Leitthematik „Sport verbindet“.

Für die Stufen 1 bis 6 ist das Ziel die künst-lerische Auseinandersetzung mit der Thema-

tik Olympischer und Paralympischer Spieleunter besonderer Berücksichtigung derLeitthematik „Sport verbindet“.

Für die Gewinner des Wettbewerbs wirdeine Fördersumme von insgesamt 4.000Euro bereitgestellt. Weitere Informationenund die ausführliche Ausschreibung findenSie unter www.DOG-bewegt.de. Sollten Sieinteressierte Schulen kennen, leiten Sie bittediese Informationen an die zuständigenPersonen weiter.

Moderner FünfkampfNobis sichert sich deutschen Meistertitel2016

Alexander Nobis hat in Berlin seinen erstendeutschen Meistertitel gefeiert. Der 25-Jährige setzte sich bei den Wettkämpfenmit internationaler Beteiligung gegen starkeKonkurrenz durch. Meister bei den Juniorenwurde Steven Jenner aus Potsdam.

39 Athleten aus zehn Nationen, darunterneben der nationalen Elite auch Medaillen-gewinner bei Welt- und Europameister-schaften sowie Weltcups: Bei den offenenDeutschen Meisterschaften der Männer trafin Berlin ein hochkarätiges Starterfeldaufeinander. Den Sieg sicherte sich Lokal-matador Alexander Nobis mit 1479 Punkten.

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Unter dem Motto „Sport verbindet“ findetder DOG-Kreativwettbewerb 2016 statt.

Marek Lieberberg und Peter von Löbbecke

Alexander Nobis mit dem von der Familievon Opel gestifteten Georg-von-Opel-Preis(Quelle DVMF)

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Der Staffel-Weltmeister des vergangenenJahres zeigte mit 32 Siegen aus 38 Kämpfeneine überragende Vorstellung im Fechten.Spannend war die Entscheidung abertrotzdem, da sich Nobis mit 2:07 Minutenüber die 25-Meter-Schwimmbahn zumAuftakt nur im Mittelfeld platziert hatte.Durch 30 Strafpunkte im Reiten schob sichdas Feld schließlich vor dem Combined nocheinmal zusammen. Dort lieferte sich derBerliner einen spannenden Kampf mit demFranzosen Alexandre Henrard und demTschechen Martin Vlach, den er schließlichknapp für sich entscheiden konnte.

Nobis sicherte sich damit auch zum erstenMal den mit 2.000€ dotierten Georg-von-Opel-Preis. Platz zwei und drei in dernationalen Wertung gingen an den Potsda-mer Fabian Liebig (Platz 5, 1462p) und denBonner Matthias Sandten (Platz 9, 1426p).Neuer deutscher Junioren-Meister istSteven Jenner (Potsdam), der Jan Kaufmann(Berlin) und seinen Bruder Timothy Jenner(Potsdam) auf die Plätze verwies.Die Deutschen Meisterschaften bei denFrauen finden im Oktober ebenfalls in Berlinstatt.

Berlin

Jubiläum der DOG BerlinDie Deutsche Olympische GesellschaftLandesverband Berlin e.V. (DOG Berlin) wird65! Gegründet am 29. Mai 1951 ist sie alsgemeinnützige Vereinigung von Freundenund Förderern des Sports bis heute einewichtige Organisation für die OlympischeIdee in Berlin.

65 Jahre Deutsche Olympische Gesellschaftin Berlin – das sind 65 Jahre Feuer undFlamme für die Olympische Idee, für dieVerbreitung der Olympischen Werte in Sportund Gesellschaft, für Kinder- und Jugend-förderung. Dank der vielen ehrenamtlichenUnterstützer, sportbegeisterten Mitgliedersowie Förderer aus Sport, Politik, Wirtschaft,Wissenschaft und Kultur haben wir vieleSteine ins Rollen bringen können. UnserKita-Projekt „Kinder bewegen“, der FairPlay-Lauf, Spitzensport zum Anfassen, unserTalk „Olympia hautnah“ oder die Verleihungdes Amateursportpreises und von Fair Play-Pokalen wären ohne sie nicht möglichgewesen. Unser Ziel ist es, diese erfolgreicheArbeit fortzusetzen, damit die olympischeFaszination in Berlin spürbar wird.

Ein ganz besonderes Augenmerk liegt dabeiauch zukünftig auf unserem Kita-Projekt„Kinder bewegen“. In den Berliner StadteilenMoabit und Wedding unterstützen wir sechsKindertagesstätten, damit rund 400 Kinderder Einrichtungen Emdener Straße, Acker-straße, Omas Garten, Rosa Marzipan,Kinderparadies und Elfenbein regelmäßigSport treiben können. Von uns finanzierte,hervorragend ausgebildete und sehr kompe-tente Trainer sorgen in den Kindergärten fürein sehr ansprechendes Niveau der über1.600 Sportstunden pro Jahr – und für einäußerst positives Ergebnis: Die motorischeLeistungsfähigkeit der Kinder hat sichteilweise um über 30 Prozent verbessert.Nicht zuletzt deshalb stößt unser Angebotsowohl bei denKindern als auch beiden Eltern auf großeBegeisterung.

Auch ohne denImpulsgeber Olym-pia hat sich dieSportstadt BerlinGedanken über dieZukunft zu machenund entsprechendweiterzuentwickeln.Wir wollen uns andiesem Prozess aktivbeteiligen und dasVerständnis für dieOlympischen Wertewie Fair Play, Res-pekt, Teamgeist undVölkerverständigungweiter schärfen. Sie sind eine ganz wesent-liche Grundlage für das Miteinander inSport und Gesellschaft.

Zugleich werden wir auch weiterhin Fehl-entwicklungen im Sport wie Korruption undDoping, die uns immer wieder fassungslosmachen, im Fokus behalten. Beides wider-spricht fundamental den OlympischenWerten, beides schadet dem Sport im hohenMaße! Doping und Korruption müssendeshalb entschieden angegangen undkonsequent bekämpft werden.

Auch mit 65 Jahren gibt es für die DeutscheOlympische Gesellschaft in Berlin noch vielespannende Projekte, Aktionen und Heraus-forderungen, auf die wir uns freuen –getreu unserem Motto: „Leistung machtSpaß!“

Alexander Dorner

Spitzensport zum AnfassenIm Rahmen der Veranstaltungsreihe „Spit-zensport zum Anfassen“ lud die DeutscheOlympische Gesellschaft LandesverbandBerlin (DOG Berlin) ihre Mitglieder am 4.April 2016 zu einem Curling-Schnuppertrai-ning ein.

Immer wieder aufs Neue zieht diese Sport-art bei Olympischen Winterspielen vieleZuschauer in ihren Bann. Erstmals wurdeCurling bei den Spielen 1924 in Chamonixausgetragen, seit 1998 gehört es offiziellzum Olympia-Programm. Dank der Unter-stützung der Curling-Abteilung des Berliner

Eissport- und Schlittschuhclubs 2007konnten die Mitglieder der DOG Berlin dieKunst des Curlings selbst ausprobieren underfahren, was hinter dieser olympischenSportart steckt.

Bevor es auf dem Eis losging, erläuterte JörgManasse vom Eissport- und Schlittschuh-club die Besonderheiten von Eisgestaltung,Curling-Steinen und Besen. Zugleich mach-te er deutlich, dass sich der Sport durcheinen besonders fairen Umgang der Akteureauf und neben dem Eis auszeichne – ganzim Sinne der olympischen Werte.

„Es hat richtig viel Spaß gemacht. Nachdiesem Schnupperkurs werde ich diesefaszinierende Sportart zukünftig mit ganzanderen Augen sehen. Was im Fernseheneigentlich so einfach aussieht, ist in Wahr-heit sehr komplex und anspruchsvoll –richtige Präzisionsarbeit“, so ein Teilnehmer.

Alexander Dorner

Interessante Eindrücke beim Curling-Schnuppertraining

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42. Drumbo CupDas Mädchenteam der Weddinger Möwen-see-Grundschule sowie die Jungenmann-schaft der Grundschule am Traveplatz inFriedrichshain wurden beim Finalturnier umden 42. Commerzbank Drumbo Cup am 16.März 2016 mit dem Hans-Jürgen-Bartsch-Gedächtnispreis für faires Verhalten derDeutschen Olympischen Gesellschaft Lan-desverband Berlin (DOG Berlin) ausgezeich-net.

„Beide Teams haben eindrucksvoll bewiesen,dass sich die Jagd nach Punkten und Toreneinerseits sowie ein fairer, respektvollerUmgang miteinander nicht ausschließen.Beides sind zwei Seiten derselben Medaille“,so Matthias Bartsch, Schatzmeister der DOGBerlin. Er übergab zusammen mit RenateBartsch die Pokale, die an den im November2013 verstorbenen Berliner Ehrenpräsiden-ten Hans-Jürgen Bartsch erinnern.

Den Titel bei Deutschlands größtem Hallen-fußballturnier für Grundschulen sichertensich die Käthe-Kollwitz-Grundschule ausTempelhof-Schöneberg bei den Mädchenund bei den Jungen die Mierendorff-Grundschule aus Charlottenburg-Wilmers-dorf. Der diesjährige Drumbo Cup verzeich-nete mit 401 angemeldeten Mannschafteneinen neuen Anmelderekord.

Alexander Dorner

Dance Deluxe gewinnt Berliner Amateursport-PreisDie Tänzerinnen von Dance Deluxe habenden Amateursport-Preis 2016 gewonnen.Der Deutsche Meister, Europameister undWeltmeister im Cheerdance konnte sich vorden Ü49-Volleyballerinnen des Vereins fürKörperkultur Berlin-Südwest sowie der U23-Staffel der LG Nord Berlin durchsetzen. DieVerleihung des von der Deutschen Olympi-schen Gesellschaft Landesverband Berlin(DOG Berlin) und dem LandessportbundBerlin (LSB Berlin) ausgeschriebenen Preiseswar Höhepunkt der Night of Sports am 12.März 2016 im Maritim-Hotel.

„Im Berliner Amateursport wird hervorra-gende Arbeit geleistet, hier werden Spitzen-leistungen erzielt, hier wird Sport leiden-schaftlich gelebt. Gleichzeitig haben olym-pische Werte wie Höchstleistung, Freund-

schaft und Respekt eine große Bedeutung.Diese Werte wirken nicht nur in den Verei-nen und an den jeweiligen Sportstätten,sondern bis hinein in den Alltag, in unsereGesellschaft“, so Gerhard Janetzky, Präsidentder DOG Berlin. Der Amateursport sei damitein wichtiger Faktor für das Zusammenle-ben in der Stadt. Doch leider würden dieAmateure zu oft im Schatten des Profisportsstehen, der den größten Teil der öffentli-chen Aufmerksamkeit abbekomme. GerhardJanetzky: „Wir wollen mit dem Amateur-sport-Preis dazu beitragen, dass sich genau

das ändert. Unser Ziel ist es, den Amateur-sport noch stärker in den Fokus der Öffent-lichkeit zu rücken und ihm die Ehre zuteil-werden zu lassen, die er verdient. Wirwollen, dass sich noch mehr Menschen fürihn interessieren.“

Der Jubel bei den Siegerinnen war riesen-groß! „Der Berliner Amateursport-Preis 2016war ein krönender Abschluss des bishererfolgreichsten Jahres aus Sicht des deut-schen Cheerleading-Sports“, so das Teamvon Dance Deluxe.

Erstmals wurde in diesem Jahr bei der Nightof Sports auch der „Preis des Kuratoriumsdes Deutschen Behindertensportverbandes“vergeben. Für seine vorbildlichen Leistungenbei der Inklusion – beim gemeinsamenSport treiben von Menschen mit und ohneHandicap – wurde der Berliner VereinPfeffersport ausgezeichnet. Die Abstimmungdazu erfolgte über alle Landesverbände desDeutschen Behindertensportverbandes.

Für den Amateursport-Preis hatten alleMitgliedsverbände des LandessportbundesBerlin ein Vorschlagsrecht und konnten ausihrem Verband ihr persönliches Amateur-sport-Team des Jahres nominieren. Insge-

samt wurden 16 Teams vorgeschlagen. DieAbstimmung über die Gewinner erfolgte zuje 50 Prozent durch ein Voting der Berline-rinnen und Berliner – hier wurden rund7.000 Stimmen abgegeben – sowie durcheine Fachjury mit Vertretern aus Sport,Politik und Wirtschaft.

Neben der Verleihung des Amateursport-Preises bekamen die 1.600 Gäste bei dervom Berliner Turn- und Freizeitsport-Bundpräsentierten Night of Sports auch indiesem Jahr ein sehr hochkarätiges Show-

und Musikprogramm u.a. mit dem Damen-orchester Salomé, der Partyband Right Now,dem Show-Duo Sascha Lien und Axel Herrig(„Falco meets Mercury“) sowie viel Tanz undSpaß geboten. Ein Geburtstagsständchensowie unzählige Gratulationen gab es umMitternacht für den Vizepräsidenten derDOG Berlin, Jens-Uwe Kunze.

Alexander Dorner

Cottbus

8. Kita-Olympiade in CottbusAm 28. Juni 2016 fand bereits die 8. Kita-Olympiade mit Fritzi frei nach dem Motto"Immer in Bewegung" statt. Die CottbuserSportjugend hatte gemeinsam mit der DOGStadtgruppe Cottbus zur beliebten Kita-Olympiade eingeladen. Über den Tag verteiltkamen mehr als 500 Kids aus 18 CottbuserKitas ins Sportzentrum.

An den vier Stationen Seilspringen, Schlän-gel-Lauf, Ballzielwurf und Einbeinspringenwurden Fitness und Koordination derjüngsten Cottbuser getestet und bewertet.Am Ende erhielten alle Kinder aus den

Verleihung des Berliner Amateursportpreises 2016

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Händen von Jutta Wackernagel (Stadtsport-bund), von Günter Jentsch (DOG Stadtgrup-pe Cottbus) und dem Jugendsekretär GünterSägebrecht ihre Medaillen und ein leckeresEis als Anerkennung und Belohnung für ihreTeilnahme.

Tobias Schick

Cottbus verabschiedet seineOlympioniken nach RIODie Stadt Cottbus, der Bereich Cottbus desOlympiastützpunktes Brandenburg und dieStadtgruppe Cottbus der Deutschen Olym-pischen Gesellschaft (DOG) haben amDienstag, 28. Juni 2016, die CottbuserKandidatInnen zu den XXXI. Olympischenund XV. Paralympischen Spielen in Rio deJaneiro verabschiedet.

Der Ort des Treffens, das Cottbuser Stadt-haus, war dabei bewusst gewählt. Dies istnicht nur der Sitz der Stadtverordnetenver-sammlung, sondern gleichzeitig auch diehistorische „Wiege“ aus den 1960er Jahrenund erste Heimstätte des damaligen SCCottbus sowie zahlreicher Olympioniken.

Der Leiter des OSP Brandenburg und Vize-präsident des Landessportbundes Branden-burg, Wilfried Lausch, stellte alle CottbuserKandidatInnen und ihre Trainer im Beiseinvieler Unterstützer und Wegbegleiter vor.Voraussichtlich werden insgesamt 30Brandenburger Sportlerinnen und SportlerDeutschland in Rio de Janeiro vertreten.

Oberbürgermeis-ter Holger Kelchzeigte sichbeeindruckt:„Cottbus ist undbleibt Sportstadt.Wir sind sehrstolz auf unsereCottbuserSpitzensportle-rinnen undSportler. Sie sindwichtige Identifi-kationsfigurenfür uns alle -besonders für dievielen Nach-wuchssportler.Die Bedingun-gen, angefangenvon der Sportbe-tonten Grund-schule über die

Bauhausschule, die Lausitzer Sportschule, dieStützpunkt tragenden Vereine bis hin zumOlympiastützpunkt Brandenburg und unse-rem Sportstättenbetrieb sind ausgezeichnet.Entscheidend sind aber wie immer im Lebendie Menschen. Daher unser großer Respektund Dank an die Sportler, ihre Trainer, Be-treuer, Unterstützer, Sponsoren und ihreverständnisvollen Familien, die alle maßge-bend für die erfolgreiche Qualifikation zu denOlympischen Spielen waren. Jetzt hoffen wirauf Medaillen.“

Ralf Braun, Vorsitzender der DOG Stadtgrup-pe Cottbus und Vorstandsmitglied der Spar-kasse Spree-Neiße, erklärte: „Wir freuen unsfür unsere Sportasse, ihre Trainer, Betreuerund ihr soziales Umfeld über ihre erneutenSpitzenleistungen. Schon mit Ihrer Teilnahme

haben alle Großes vollbracht. Wir alle drückenunseren Cottbuser Sportlern nun natürlichfest die Daumen für ein erfolgreiches Ab-schneiden in Rio, um dann hoffentlich den„Weg des Ruhmes“ gemeinsam zu erweitern.“

Die Stadt Cottbus hat ihren olympischenMedaillengewinnern ein in Deutschlandbisher einzigartiges Denkmal gesetzt. AufInitiative der DOG Stadtgruppe Cottbus undmit Unterstützung der Sparkasse Spree-Neiße wurden bisher 51 Medaillen in denBürgersteig vor dem Cottbuser Rathauseingelassen, die Einwohner und Besucher andie großen Leistungen der Cottbuser Olym-piamedaillengewinner erinnern. Gefertigtwurden die Medaillen vom Künstler Man-fred Vollmert, der Gold, Silber und Bronzemit Messing, Neusilber und Kupfer nach-empfand und jeweils Medaillengewinner,Austragungsort und -jahr sowie die Sportartund Disziplin eingravierte.

Tobias Schick

Darmstadt

Die DOG beim großenSport&SpielfestAuch bei seiner 38. Durchführung hatte dasSport-und Spielfest in Darmstadt einigeNeuigkeiten zu bieten. Die TU Darmstadtzeigte wie man typische Sport- und Spiel-ideen aus 5 Kontinenten zu einem neuenSpiel kreiert, das Flüchtlingen und Asylsu-chende zur besseren Integration verhelfenkann. Als praktisches Gegenstück dazubewies die Wissenschaftsstadt ihren Ideen-reichtum, indem sie eine Gruppe junger

Männer ausSyrien, Äthiopienund Afghanistanauf das Spielfestnicht nuraufmerksammachte, sondernbereits beimAufbau einigerStationen miteinsetzte, bevorsie selbst zumSpielen undLernen imgroßen Herrn-garten-Parkloslegen konn-ten. Aufgrundeiner vom

Dabeisein ist alles!

Die Cottbuser Sportfamilie verabschiedet ihre Olympioniken.

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Deutschen Alpenverein zur Verfügunggestellten Boulderwand konnte erstmalsbeim Spielfest neben rund 80 Spielmöglich-keiten, auch Klettern ohne Klettergurt geübtwerden. Nicht alle Eltern hatten bei denwaghalsigen Versuchen ihrer Kinder Angst.Einige Meter weiter überstand das überdi-mensionale Etagenbett des Kreis- Jugend-herberge Verbandes seine Probe bei einigenKissenschlachten.

Hauptsponsor des größten Spielfestes dieserArt in Hessen ist das Chemie- und Phar-maunternehmen Merck, daneben tragen dieWissenschaftsstadt sowie der SportkreisDarmstadt und Dieburg die Verantwortungals Veranstalter. Alle beteiligten Vereinesorgten bereits in der Stunde vor derEröffnung mit ungezählten Ehrenamtlichenim gleichfarbigen gesponserten Spielfest-T-Shirt für unheimlich viel Bewegung. Ab 11Uhr beginnt das Programm und es „erzit-tert“ die Parkwiese beim Tanzen, Rennen,Fechten, Hüpfen, Ball- und Rückschlagspie-len oder Ponyreiten. Lediglich bei denGeschicklichkeitsübungen, beim Malen undGestalten breitet sich eine ruhige Spannungaus. Kinder scheinen die Mehrheit zu bildenbei den bunten, immer neuen Besucherströ-men.

Die Zweigstelle der DOG hatte in diesem Jahrselbst einen kleinen Spielpark auf demgeräumigen Areal aufgebaut. Mit Pedalo,Purzel- und Turnmatten, Torwandschießen,einen Hindernis-Laufparcours, an dessenEnde das Büchsenwerfen anstand, gab estiefe Atemzüge, aber auch viel Spaß. AlsNeuheit konnte man bei der DOG einen 35m-Sprinttest mit elektronischer Zeitmessungper Lichtschranke absolvieren, was erstaunli-che Faszination auslöste und manchen Papisein Alter vergessen ließ. Für die nicht soMobilen bot ein kleines Sportquiz eineanregende Ruhephase am Rande, währenddie Anderen tobten.

Eine lockere „Siegerehrung“ mit Sachpreisenfür die Ersten rundete das „olympischeErleben“ ab. Erneut kooperierte die DOG mitdem Leichtathletikclub ASC Darmstadt, wasdie Geräteausleihe erleichtert und die Perso-naldecke (auf 12) erweiterte. DOG-ChefNorbert Lamp, Till Lufft und das rührigeHelferteam haben ohne zu übertreiben,geschätzten tausend Personen zwischen 3und 70 Jahren zu ganz starken Erlebnisminu-ten verholfen.

Walter Schwebel

Coubertin-Schulsportpreis2016Bereits zum fünften Mal war die ZweigstelleDarmstadt in der Deutschen OlympischenGesellschaft (DOG) Gastgeber für die süd-hessischen Gewinner des Pierre-de-Couber-tin-Schulsportpreises. Anlässlich der Eh-rungsveranstaltung, die wie in den Vorjahrenim Bildungswerk der hessischen Wirtschaftstattfand, konnten Norbert Lamp undBrigitte Weishäupl im Namen des Darmstäd-ter DOG-Vorstands neben den Preisträgernund ihren Angehörigen auch Vertreter derLehrerschaft sowie als Ehrengast GerhardHennige, olympischer Silbermedaillengewin-ner 1968 über 400m-Hürden, begrüßen.

Seit 2003 verleihen der Landessportbundund die Sportjugend die Pierre-de-Couber-

tin-Medaille. Diese Auszeichnung wird anSchulabgänger vergeben, die nicht nur mitsportlichen Leistungen an ihren Schulenüberzeugten, sondern sich ebenso durch ihrsoziales Engagement und vorbildlichesVerhalten in Schule und Verein hervorgetanhaben. Seit 2012 lädt die Deutsche Olympi-sche Gesellschaft, Zweigstelle Darmstadt,die südhessischen Preisträger zu einergemeinsamen Ehrungsveranstaltung ein.

Im Rahmen einer Vorstellungsrunde gewähr-ten die Preisträger einen Einblick in jeneAktivitäten, mit denen sie sich um denPierre-de-Coubertin-Schulsportpreis bewor-ben hatten. Norbert Lamp zollte den Preis-trägern Anerkennung dafür, dass sie nebendem persönlichen Aufwand, der zum Errei-chen eines Schulabschlusses erforderlich ist,und neben ihren eigenen sportlichen Aktivi-

täten immer wieder Zeit für ein sozialesEngagement finden. Es erfordert in jedemEinzelfall eine starke Persönlichkeit, so Lamp,um sich an der Schule für die Interessenanderer und im Verein als Betreuer, Traineroder Schiedsrichter einzusetzen.

In der anschließenden Talkrunde mit Ger-hard Hennige erinnerte sich der ehemaligeWeltklasseathlet an seine Kindheit, in der erals kleiner Bub versuchte, die eine oderandere Hecke im Sprung zu überqueren.Dass dies der Anfang einer großartigenKarriere als Hürdensprinter sein würde, warzu jenem Zeitpunkt nicht zu erahnen.Hennige, der später unter anderem alsFitnesstrainer des Formel 1-Piloten MichaelSchumacher tätig war, wies auf die Bedeu-tung der Grundauslagendauer hin. Beharr-lichkeit und langer Atem, so Hennige, stellendie Basis für Erfolge in vielen Bereichen desLebens dar. Aus den Reaktionen der Schul-

sportpreisträger war erkenn-bar, dass das Credo desolympischen Medaillenge-winners hier durchaus positivaufgenommen wurde.

Südhessische Preisträger2016: Lisa-Marie Walz(Georg-August-Zinn SchuleReichelsheim), SimonBrandt (BachgauschuleBabenhausen), Sven Dunkel(Edith Stein Schule Darm-stadt), Maurice Rochau(Georg-Büchner-SchuleDarmstadt), Tom Walczuch(Immanuel Kant SchuleRüsselsheim), SebastianRuhm (Main Taunus Schule

Hofheim) Lisa Tertsch (LichtenbergschuleDarmstadt), Nils Wehdemeier (StarkenburgGymnasium Heppenheim), AlessandroScotece (Bertha von Suttner Schule Mör-felden-Waldorf).

Norbert Lamp schloss die Talkrunde miteinem Zitat von Nelson Mandela, der mitseiner Aussage „Sport can change theworld“ auf die positiven Möglichkeiten desSports hinwies. Abschluss der Veranstaltungwar ein gemeinsamer Besuch des CircusWaldoni. Passend zur Ehrungsveranstaltungdrehte sich das Zirkusprogramm um einesportliche Veranstaltung, bei der am Endealle Teilnehmer Sieger sind!

Im kommenden Jahr geht es in eine neueRunde des Pierre-de-Coubertin-Schulsport-preises. Die DOG-Zweigstelle wird dann

Schulsportpreisträger im Mittelpunkt

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neue Preisträgerinnen und Preisträger zurEhrungsveranstaltung begrüßen. Und daGerhard Hennige bereits seine Teilnahmezugesagt hat, wird es auch 2017 wiederheißen: Schulsportpreisträger treffenOlympia-Silber.

Rainer Paepcke

Sportreise nach KölnEs war eine treffliche Idee, den Besuch desDeutschen Sportmuseums mit dem Bundes-liga-Auswärtsspiel der Darmstädter Mann-schaft in Köln zu kombinieren. Unbeein-druckt vom Dauerregen fanden sich diesieben Angemeldeten am Museum amZollhafen ein, wo sie von Frau Gunthoff zueiner Führung begrüßt wurden. Personen-große Abbildungen von Seppl Herbergerund Franz Beckenbauer begrüßen denBesucher bereits im Eingangsbereich desMuseums. Die Dauerausstellung beginnt miteiner Schau der antiken Athletik bei denersten Olympischen Spielen (etwa) 776 v.Chr. in Griechenland.

Die Anfänge der Deutschen Sportgeschichtesind mit den frühesten Turngeräten, demersten Turnplatz und der bekanntestenPersönlichkeit dieser Entwicklung, TurnvaterJahn, anschaulich belegt. Durch die anschlie-ßend besuchte Abteilung Englische Sportge-schichte wird die Erweiterung der sportlichenVielfalt gut verdeutlicht. Faszinierend sindFotos, Filmausschnitte, Trikots und dieWettkampschuhe von Sportlegenden ausdem 20. Jh. wie Begegnungen mit Nurmi,Otto Peltzer, Amin Hary, Max Schmeling, WilliHoldorf. Steffi und Boris stehen den Eindrü-cken im Fußball-Saal mit Endlos-Videoskaum nach und bieten einen haptischenKontrast zu dem Rennfahrrad, das man im

Windkanal besteigen kann odereiner original Ruhe-Koje imSechstage-Karussell. Niemandaus unserer Gruppe machte denVersuch, die in den Bodeneingelassen 8,95 Meter miteinem Sprung zu übertreffen.Eine mit uns gleichzeitig anwe-sende Schülergruppe machtehörbar, wie erregend das Tobenin den leichtathletischen Grund-übungen sein kann.

Die Gelegenheit zum Imbiss imMuseumsbistro direkt amRheinufer, bildete die „Halbzeit“unseres Ausflugs vor demAufbruch zum MüngersdorferStadion mit dem Stadiongeißbock „Hennes“.50.000 Zuschauer im ausverkauften Stadionsorgten dort bei mittlerweile Regenfreiheitfür eine ganz besondere Atmosphäre. DieAnfeuerungsgesänge der Kölner Fansschufen mit Paukenschlägen untermalt,einen dermaßen eingängigen Sound, dassauch Besucher aus Darmstadt sich diesemRhythmus ab und zu hingaben, wenn einTor für Köln gefallen ist. Über das Ergebnis,des überwiegend fair verlaufenen Spiels,wird die Tagespresse berichten.

Walter Schwebel

Frankfurt/Rhein-Main

Zweigstelle beim Regional-park-VolkslaufDie Zweigstelle Frankfurt/Rhein-Mainnutzte den 15. Regionalpark-Volkslauf inFlörsheim a.M., um auf sich und die Zieleder DOG aufmerksam zu machen.

Vor der Veranstaltung wurdendie Schulen in der Regionangeschrieben und so für denLauf und die DOG geworben.Zudem war das DOG-Logo aufzahlreichen Anzeigen, Plakatenund Flyern zu sehen.

Bei der Veranstaltung, diezugunsten der Main-Taunus-Stiftung durchgeführt wurdeund einen neuen Teilnehmerre-kord verzeichnete, präsentiertendie Vorstandsmitglieder dieIdeen und Projekte der DOG.Passend zum Leitmotiv „Leistung

macht Spaß“ konnten die Besucher auch amWerbestand aktiv werden: Zwei Rudergeräteluden zum Wettbewerb ein. Den bestenRuderern überreichte der Zweigstellenvor-sitzende Martin Woitschell im Rahmen deroffiziellen Läuferehrung Sachbücher mitolympischen Themen.

Heilbronn-Unterland-Hohenlohe

Naturkatastrophe Seit über 50 Jahren ist die GemeindeBraunsbach Mitglied bei der DeutschenOlympischen Gesellschaft. Der kleine Ort mitetwas mehr als 900 Einwohnern liegt imidyllischen Kochertal im Kreis SchwäbischHall und nahe an der Grenze zum Hohenlo-hekreis.

Ende Mai wurde dieser Ort von einer Natur-katastrophe unvorstellbaren Ausmaßesheimgesucht. Durch heftige Regenfällewaren nach einem schweren Unwetter zweikleine Bäche über die Ufer getreten undhatten mit einer Flutwelle 50.000 TonnenGeröll in den Ort gespült. Zahlreiche Gebäu-de wurden zerstört oder sind einsturzge-fährdet. Viele Autos wurden von derSchlammlawine einfach mitgerissen. ZumGlück sind keine Menschen zu Schadengekommen. Die Kosten für den Wiederauf-bau werden auf über 100 Millionen Eurogeschätzt. Bürgermeister Frank Harschrechnet mit fünf Jahren bis zur Wiederher-stellung der Ortschaft.

Nachdem über Radio und Fernsehen vonder Katastrophe berichtet wurde, war dieSolidarität und Hilfsbereitschaft unglaublichund grenzenlos. Bereits in der Unglücks-nacht wurde von vielen Seiten Hilfe geleis-

Die Darmstädter DOGler am Olympiamuseum

Das Frankfurter Team bei der Arbeit.

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tet, Wasser und Lebensmittel in den Orttransportiert und den Bewohnern Aus-weichquartiere angeboten. Die Unterstüt-zung in vielerlei Art und Weise war in denTagen danach weiterhin herausragend undkann nicht genug hervor gehoben werden.Auch das Land Baden-Württemberg willalles in seiner Macht stehende tun und beider Schadensbehebung finanzielle Hilfe zuleisten.

Wir wünschen Braunsbach und seinenBewohnern alles erdenklich Gute für diekommende schwierige und harte Zeit.

Kiel

Zweigstelle beim Regionalpark51 Tage vor Eröffnung der OlympischenSommerspiele 2016 in Rio de Janeiro hattedie Stadtgruppe Kiel der Deutschen Olympi-

schen Gesellschaft (DOG) am 15. Juni 2016zu einem Mitgliedertreffen mit bereitsqualifizierten Olympiateilnehmern und derenTrainingspartnern sowie einer noch zunominierenden Erfüllerin der Olympianormeingeladen. Neben zahlreichen DOG-Mitglie-dern fand mit Frau Barbara Ostmeier auchein prominentes Mitglied des schleswig-holsteinischen Landtages den Weg in dasCamp 24/7 direkt am Ufer der Kieler Förde.

Der Vorsitzende der DOG-Stadtgruppe Kiel,Wolfgang Homeyer, konnte den für Rioqualifizierten Segler Thomas Plößel alsVorschoter der erfolgreichen 49er Skiff-Crew Heil/Plößel sowie deren Trainingspart-ner Justus Schmidt/Max Böhme ebenso fürdie Gesprächsrunde gewinnen wie die 3.000m Hindernis-Läuferin Maya Rehberg.

Unter fachkundiger Moderation von DOG-Mitglied und Geschäftsführer des Sportzen-trums der Kieler Christian-Albrechts-Universität, Bernd Lange, entwickelte sichdie Gesprächsrunde zu einem unterhaltsa-men Abend mit ganz persönlichen Informa-tionen der Olympiateilnehmer über dieaktuelle Situation ihrer sportlichen Vorberei-tungen und Hoffnungen.

Nach Ausführungen zur Vereinbarkeit vonStudium und Spitzensport erläuterte SeglerThomas Plößel die enorme Wichtigkeit einerTrainingsgruppe mit Spitzenniveau alszwingende Voraussetzung für seglerischeHöchstleistungen. Mit Blick auf das in derOlympia-Qualifikation äußerst knappunterlegene Team Schmidt/Böhme sagtePlößel: „Beide haben einen großen Verdienstan unserer Leistung. Das ist eine gemeinsa-me Olympia-Kampagne von uns Vieren.“Ebenso interessant waren die Einblicke indas Trainingsverhalten von Hindernis-Läuferin Maya Rehberg, die die geforderteOlympianorm erfüllt hat und auf ihreendgültige Nominierung Anfang Juli wartet.

Nicht nur etliche Laufkilo-meter sind von der ebensowie die 49er-CrewSchmidt/Böhme von derStiftung Kieler Sporthilfeunterstützte Studentin nochzu absolvieren. Auch einHöhentrainingslager mitdreitägigem Akklimatisie-rungswandern steht dersympatischen Läuferin nochbevor.

Besonders neugierig wurdendie Spitzensportler alsWolfgang Homeyer ihnen

ein Bild mit dem Design der olympischenMedaillen zeigte und im Ausblick auf dienächste DOG-Veranstaltung nach denOlympischen Spielen 2016 die Hoffnungäußerte, mindestens einen Gesprächsteil-nehmer als Medaillengewinner wiedereinladen zu können.

Kreis Düren

Kooperation GanztagsschuleDer Sportverein ist die Basis-Keimzelle desBreitensports, des Leistungssports undvermittelt die Grundlagen für diejenigen,die bei Olympischen Spielen an den Startgehen und insoweit Vertreter der globalen

Olympischen Idee sind. Allerdings klagenviele Sportvereine zunehmend über deutli-che Mitgliederrückgänge, die ihre Gründenicht nur im demographischen Wandel(Bevölkerungsrückgang) und einer Indivi-dualisierung des Sports („unabhängig vonden Angeboten eines Vereins treibe ichSport, wenn mir dies Beruf, Familie undInternet erlauben….!) haben.

Diese Bereiche sind durch eine Sportorgani-sation nur in geringem Umfange zu beein-flussen. Als dritter wesentlicher Grund wirddie umfassende zeitliche Inanspruchnahmevon Kindern und Jugendlichen durch denGanztagsschulunterricht angesehen. DieserAspekt kann sehr wohl von Sportvereinenund Sportorganisationen beeinflusst wer-den, weil hier eine intensive Zusammenar-beit möglich ist, die in der Vergangenheit –oft traditionell und aus heute nicht mehrnachvollziehbaren Gründen – versäumt oderverhindert wurde.

Bei vielfältigen Kooperationen zwischenSportvereinen und Ganztagsschulen giltnicht mehr das frühere Motto „MorgensSchule – nachmittags Sportverein“, sonderndie Verknüpfung von Schulangebot undSportangebot im Nachmittagsbereich, dievon vielen Schulen und Vereinen mit Lebenerfüllt werden muss. Dieser Thematik hatsich die DOG – Zweigstelle KREIS DÜREN –in einem Aktionsprogramm seit dem Jahre2013 intensiv gewidmet und durch vielfälti-ge Aktionen und Kooperationsverhandlun-gen insgesamt 32 Kooperationen zwischenGanztagsschulen und Sportvereinen ge-gründet, die von 30 engagierten Vereinenan 29 Schulen umgesetzt werden.

Beteiligt sind Sportvereine mit 15 unter-schiedlichen Sportarten und schulischePartner aller Schulformen. Im Rahmen einesEvaluierungsprozesses im Jahres 2015konnte erfreulicherweise festgestellt wer-den, dass alle begründeten Projekte nachwie vor ein großes Interesse bei Sportverei-nen und Schulen besitzen und es nur inEinzelfällen notwendig war, andere Koope-rationspartner zu finden oder ein Austauschvon Sportarten vorzunehmen.An den Angeboten im schulischen Ganztagnehmen im Flächenkreis Düren mehr als2.500 Schülerinnen und Schüler teil, diedurch diese Angebotspalette nicht nur eineVerbesserung des schulischen Ganztagsan-gebots erfahren, sondern auch Sport,Gesundheit und Bewegung im täglichenAlltag – oft erstmals - erleben. Bei derUmsetzung der sportlichen Aktivitäten

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v.r.n.l.: Justus Schmidt, Thomas Plößel, Maya Rehberg,Max Böhme, DOG-Vorsitzender Wolfgang Homeyer

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werden nicht nur die Werte des Sports unddie olympische Idee, sondern auch sozialeKompetenzen und völkerverbindendeEigenschaften vermittelt.

Zielsetzung der hiesigen DOG-Zweigstelleist es, auch in den kommenden Jahren eineAusdehnung dieses Projektes umfassend zubegleiten mit der Zielsetzung, zumindest 50% der insgesamt etwa 90 Schulen imhiesigen Zuständigkeitsbereich in sportbe-zogene Kooperationen einzubeziehen.

Mittelfranken

Sport trifft Klassik 2016Nach dem Motto „Helden und ihre Ge-schichte“ begrüßte Dr. Harald Schmidt,Schulleiter der Bertold-Brecht-SchuleAnfang Februar auch im Namen der Deut-schen Olympischen Gesellschaft ( DOG )rund 1800 Gäste in der MeistersingerhalleNürnberg, unter ihnen viele Ehrengäste ausSport und Politik, Sportbürgermeister Dr.Klemens Gsell, Vorstandsmitglieder undMitglieder der DOG Mittelfranken, sowieStadträte und den Vizepräsidenten des BLSVin München, Jörg Ammon, zudem zahlreicheGewinner von insgesamt 28 Medaillen beiOlympischen Spielen. Als Ergebnis diesererfolgreichen Zusammenarbeit der Elite-schule des Sports in Nürnberg und der DOGMittelfranken, die die Veranstaltung mit2.000.- Euro finanziell unterstützt hat unddie Verbindung zu den eingeladenen Spit-zensportlern mitorganisierte, genoss dasbegeisterte Publikum einen unterhaltsamenund spannenden Abend. Der Vorsitzende derDOG Frank Knöchel zeigte sich mit dem

Verlauf und den Ideen dieses außergewöhn-lichen Abends in Nürnberg sehr zufriedenund freute sich über die positive Resonanz.Die DOG findet so vor allem im NürnbergerRaum viel Aufmerksamkeit. Für viele istdiese Veranstaltung bereits wichtiger Terminim laufenden Sportjahr.

„Sport trifft Klassik“ – eine Gemeinschafts-veranstaltung der DOG mit der Eliteschuledes Sports in Nürnberg, präsentiert dabei dieVerbindung von Sport und Musik, jedes Jahrin anderem Stil und mit anderen interessan-ten Gästen. Die Brücke zur Musik ging dabeiauch von der Moderatorin der Veranstal-tung, Katrin Müller-Hohenstein aus - vielenbekannt aus dem aktuellen Sportstudio - diedem Publikum die Gitarre aus ihrer Kindheitin Erlangen mitgebracht hatte und damitauch betonte, dass sie fränkischen Ursprungssei. Dass sie den Bayerischen Sportpreis inder Kategorie „Herausragende Präsentationdes Sports“ 2008 zu Recht erhalten hat,bewies sie in lockeren Frage- und Antwort-runden mit heimischen Spitzensportlern,Trainern und Olympiasiegern von ehemals.Oft stellt man dabei fest, dass Spitzensport-

ler zugunsten desSports musikalischesInteresse aufgege-ben haben. Aberauch musikalischeGrößen, wie derChefdirigent derNürnberger Sym-phoniker, AlexanderShelley, der zwi-schen der musikali-schen Leitung auchan der Talkrunde mitteilnahm, bekanntensich umgekehrt zumSport. Irgendwiefand beides im Laufedes Abends immerwieder zu sich.

Olympia-Hockeystar Max Müllerbeschrieb in der Olympia-Talkrunde den „unglaublichenDruck“ bei Olympia und dassman sich während einer derartigbedeutenden Sportveranstaltungaber auch entwickelt. Die Eis-hockey-Ikone Erich Kühnhacklverglich die Entwicklung imSport früher und heute. Körper-größen wie er waren früherselten, heute selbstverständlich.Auch in anderen Sportarten.

Über Ludwig van Beethoven undTschaikowsky bis letztlich zu Super-

man von John Williams genoss man einenabwechslungsreichen Abend im Wechsel vonSport zur Klassik und konnte dabei feststel-len, dass das Sportjahr 2016 bereits fantas-tisch begann und heuer noch viele Höhe-punkte vor sich hat, die Musik in den Ohrenjedes Sportfreundes sein werden.

Uschi FriedmannBLSV Kreis Nürnberg

Odenwaldkreis

Odenwaldkreis vergibt 140 MedaillenMehr als 300 Odenwälderinnen und Oden-wälder hatten sich am 3. Juni 2016 in derSteinbachhalle in Lützelbach-Seckmauernversammelt, um die 51. Sportlerehrung desOdenwaldkreises zu erleben. Gut die Hälftedavon machten die Sportlerinnen undSportler aus, denen für herausragendeErfolge im Jahr 2015 verdiente Anerken-nung zuteilwurde. Als Landrat Frank Matias-ke in seinem Grußwort an das Publikumund insbesondere die zu Ehrenden Wortedes großen Boxers Muhammad Ali zitierte,konnte er nicht ahnen, dass „der Größte“wenig später nicht mehr lebte: „Championswerden nicht in Trainingshallen gemacht,Champions werden durch etwas gemacht,das sie in sich tragen: Ein Verlangen, einenTraum, eine Vision. Sie brauchen außerge-wöhnliche Ausdauer, sie müssen ein wenigschneller sein, sie brauchen die Fähigkeitenund den Willen. Aber der Siegeswille mussstärker sein als die Fähigkeiten.“

Der Landrat übermittelte die Grüße derbeiden Landtagsabgeordneten JudithLannert und Rüdiger Holschuh und hießden Ersten Beigeordneten von LützelbachBernd Fügen als Vertreter der Standortge-

Katrin Müller-Hohenstein (li.), Talkrunde mit OlympiateilnehmernRabia Gülec und Tahir Gülec, Martin Jiranek

Martin Jiranek, Erich Kühnhackl und Max Müller

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meinde sowie an der Spitze etlicher Bürger-meister sowie weiterer Beigeordneter denVorsitzenden der Bürgermeister-Kreisverei-nigung Gottfried Görig willkommen. Mitdem Blick auf die Ehrungen sprach er auchdie Repräsentanten des Sportkreises Oden-wald, der Odenwälder Kreisgruppe der

Deutschen Olympischen Gesellschaft unddes Sportförderkreises Olympia Odenwaldan. Diesen Funktionären, aber vorrangig denVerantwortlichen in den Vereinen, denSpartenleiter, Trainern und Eltern sagteMatiaske Dank für ihren ehrenamtlichenEinsatz: „Ohne sie sind sportliche Erfolgeund Bestleistungen nicht möglich.“

Die Rolle des Gastgebers und die Aufgabender Bewirtung hatte die Abteilung Judo desTSV Seckmauern übernommen. DerenLeiterin Rosi Lege und Vorsitzender UlliRaitz stellten den Gesamtverein und die 45Aktive starke Sparte kurz vor – und ergän-zend dazu zeigte eine Judoka-GruppeAusschnitt aus dem Repertoire des Kampf-sports. Sie rundeten den Reigen der Auftrit-te ab, die den Anfang und die zwischenzeit-liche Auflockerung in der Zeremonie derMedaillen-Übergaben besorgten. Denmusikalischen Auftakt hatte der Spiel-mannszug der Freiwilligen FeuerwehrMümling-Grumbach unter der Leitung vonMarc Liebold beigesteuert, eine beschwingteTanzeinlange die Showgarde des Carneval-Clubs Seckmauern.

Zusammen mit dem SportkreisvorsitzendenRainer Gebauer und dem stellvertretendenKreistagsvorsitzenden Georg Raab nahmFrank Matiaske die Vergabe von 140 Sport-plaketten vor – 37 Mal Gold, 26 Mal Silber,77 Mal Bronze, darin eingeschlossen 22Auszeichnungen für erfolgreiche Mann-

schaften. Der Landrat ließ es auch nicht andem Hinweis fehlen, dass wieder die Fach-klasse für Holz und Elfenbein am Berufli-chen Schulzentrum Odenwaldkreis (BSO) dieedlen Stücke schuf.Zum festen Bestandteil der Kreis-Sportler-ehrung ist längst die Extra-Würdigung fürein Nachwuchstalent geworden, das imvorhergehenden Jahr besonders auf sichaufmerksam gemacht hat. Der Sportförder-kreis Olympia Odenwald in der Kreisgruppeder Deutschen Olympischen Gesellschaft(DOG) ernannte gemeinsam mit demOdenwaldkreis zum 17. Mal den Junior-sportler des Jahres. Diese Ehrung durch denDOG-Kreisgruppen-Vorsitzenden JohannWeyrich und dessen Stellvertreter PeterFalter galt diesmal dem 16-jährigen RingerPeter Schütz aus Michelstadt, der für denSV Fahrenbach im griechisch-römischen Stilauf die Matten geht. Zur Urkunde hinzubekam der junge Mann auch eine finanzielleZuwendung überreicht.

Bastian/Waßner

Odenwald-Tauber

Fairness im Sport fördern!Mit dem Leitmotiv „Leistung macht Spaß“hat die Deutsche Olympische Gesellschaft(DOG) in diesem Jahr zum 15. Mal für die

Region einen Fairness-Preis ausgeschrieben.Sie wirbt mit dieser Aktion für mehr Fair-ness und Toleranz im sportlichen Wettkampfund will zur Nachahmung motivieren. DieVolksbank Main-Tauber in Tauberbischofs-heim bot den geeigneten Rahmen zurdiesjährigen Übergabe der Auszeichnungenfür ein Verhalten, das über das bloßeEinhalten von Regeln hinausgeht. Denn esgeht um Solidarität, Integration und Ver-ständigung im Umgang miteinander. Vor-bildhaftes Verhalten ist darum auch außer-halb von sportlichen Wettkämpfen erstre-benswert.

Elisabeth Krug, Vorsitzende der DeutschenOlympischen-Gesellschaft ZweigstelleOdenwald-Tauber und gleichzeitig Sport-und Sozialdezernentin des Main-Tauber-Kreises, hieß die zu Ehrenden sowie dieMitglieder der DOG und alle Gäste herzlichwillkommen. Ihr herzlicher Willkommens-gruß galt dem Hausherrn und Gastgeber,Herrn Prokurist Wendelin Geiger, und denweiteren Mitarbeitern der Volksbank Main-Tauber.

Elisabeth Krug erläuterte vor der Ehrung dieZielsetzung der DOG, den Breiten- undVereinssport und das sportliche Ehrenamt inbeiden Landkreisen und den drei Sportkrei-sen Buchen, Mosbach und Tauberbischofs-heim zu unterstützen. Mit dem DeutschenOlympischen Sportbund (DOSB) und der

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Michael Geidl, Steffen Bachert, Doris Schäfer, Marcel Drong, Jochen Knühl, Manfred Lauer,Tobias Link, Roswitha Scherer, Wendelin Geiger, Elisabeth Krug, Joachim Braun, Milena Retz-bach und Matthias Götzelmann

Peter Falter, Nachwuchsringer PeterSchütz, Landrat Frank Matiaske undJohann Weyrich

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Deutschen Sportjugend (DSJ) setzt sichauch die Deutsche Olympische Gesellschaft(DOG) vehement für Fair Play ein. Für dieDOG ist Fairness im Sport eines der Kernzie-le neben Völkerverständigung, Integrationund Jugendförderung. Sie verband damitdie Hoffnung, dass die auszuzeichnendenSportler, Ehrenamtlichen und Schulen alsVorbilder gesehen werden und in der Regionviele Nachahmer finden.

Wendelin Geiger von der Volksbank Main-Tauber unterstrich in seinen Worten dieWichtigkeit des Sports und der hiesigenSportvereine. Auch die Volksbank hat diesseit vielen Jahren erkannt und fördertjährlich die Sportvereine mit einem Betragvon insgesamt jährlich 100.000 €. Er lobtedas Engagement aller im Sport tätigenPersonen. Denn sie sind es, die unserenJugendlichen die wichtigen Werte undNormen des Lebens vermitteln. Geigerstellte im Rahmen der Vorstellung seinesInstitutes fest, dass das DOG-Leitmotiv„Leistung macht Spaß!“ auch sehr gut zuden Volks- und Raiffeisenbanken passe.

Zunächst gab dann Elisabeth Krug einenkurzen Rückblick auf die Jahre 2014 und 2015für die DOG im Allgemeinen mit Höhepunk-ten wie Fußball-WM und den bevorstehendenOlympischen Spielen und speziell für dieZweigstelle auf den 3. Integrativen Sporttagin der Sportstadt Lauda-Königshofen, der mitüber 800 teilnehmenden Schülern, knapp 200Volunteers und zahlreichen Ehrengästendurchaus einen Hauch von olympischemGeist und olympischem Flair verspüren ließ.Organisiert von der Sportjugend Tauberbi-schofsheim in Kooperation mit der DOG undunterstützt durch Schulen und weitereOrganisationen verlief er sehr erfolgreichganz im Sinne der Initiatoren, beförderte dasMiteinander von Jugendlichen mit und ohneBehinderung – es ging nicht um das Ichsondern das Wir, nicht um Gewinn oder Siegsondern die Gemeinsamkeit. Ebenso beteiligtesich die DOG 2015 erstmals auch am Hallo-ween Lauf in Buchen. Die Vorsitzende unter-strich auch, dass der Raum Odenwald-Taubereine rege Sportregion sei, geprägt von vielsei-tigen sportlichen Aktivitäten und geführtdurch vorbildlichen Einsatz vieler Ehrenamtli-cher. Dank zollte sie daher den ungezählten„stillen Helfern“. Jetzt nahte der mit Span-nung erwartete Moment, wurde das Geheim-nis um die Vergabe der Auszeichnungengelüftet.

Zu Beginn des Ehrungsabends erhieltJoachim Braun die Plakette der DOG für

besondere Leistungen im Sport und derolympischen Idee. Laudator MatthiasGötzelmann zeigte die außerordentlichenVerdienste von Joachim Braun, besserbekannt als „Jo“ in seinen Tätigkeiten alsTrainer und Botschafter des Sports auf.Hunderte von Kindern und Jugendlichen imMain-Tauber-Kreis wurden durch ihn an denSport herangeführt und tragen seineunverkennbare Handschrift. Auch gingGötzelmann auf die zahlreichen bereitserhaltenen Ehrungen und Auszeichnungenvon Joachim Braun ein.

Mit der Fair Play-Plakette der DeutschenOlympischen Gesellschaft wurde MilenaRetzbach ausgezeichnet. Laudator MichaelGeidl schilderte, wie sie auf einer Kanufahrtin Südfrankreich ein anderes Mädchen invorbildlicher und uneigennütziger Art undWeise rettete. Beim Kentern des Bootes,reagierte Milena blitzschnell und führte allenotwendigen Erste-Hilfe Maßnahmenabsolut routiniert und selbstverständlichdurch und kümmerte sich auch den restli-chen Tag um das Mädchen.

Die Schulpreise erhielten die GrundschuleAssamstadt vertreten durch SchulleiterinRoswitha Scherer sowie dieGemeinschaftsschule Schule am Limes,Osterburken, vertreten durch SchulleiterJochen Knühl. Die Laudatoren ManfredLauer (ehemaliger Schulleiter am Burg-hardt Gymnasium in Buchen) und TobiasLink (Matthias-Grünewald-GymnasiumTauberbischofsheim) gingen auf die beson-deren sportlichen Tätigkeitsfelder derbeiden Schulen ein.

Mit einem Film boten Matthias Götzelmannund Michael Geidl abschließend eine kleineRückblende über den zum dritten Maldurchgeführten inklusiven Sporttag inLauda-Königshofen mit rund 1.100 beteilig-ten Kindern und Jugendlichen und zahlrei-chen wettkampffreien Angeboten ganz imSinne des Slogan "Sport verbindet!". Eben-falls stellten sie dar, dass die Vorbereitungenfür den 4. Inklusiven Sporttag 2016 in derSportstadt Lauda-Königshofen am 06. Juli2016 auf Hochtouren laufen.

Zum Abschluss des Abends standen zweiaußerordentliche Ehrungen auf dem Pro-gramm. Für ihr jahrelanges Engagementzugunsten der Deutschen OlympischenGesellschaft wurden die beiden scheidendenVorstandsmitglieder Frau Herta Speierer undWalter Jaufmann von Frau Elisabeth Krugausgezeichnet.

Schleswig-Holstein

Neuer DOG-Landesver-band Schleswig-HolsteingegründetAuf Initiative der Stadtgruppe Kiel derDeutschen Olympischen Gesellschaft (DOG)wurde am 25. April 2016 ein neuer DOG-Landesverband Schleswig-Holstein gegrün-det.

Die in der Gründungsversammlung anwe-senden Mitglieder votierten einstimmig fürdie Neueinrichtung der regionalen DOG-Vertretung. Als grundsätzliche Ziele wur-den die Verbreitung der olympischen Werteim nördlichsten Bundesland durch Neu-gründungen weiterer Stadtgruppen, eineErhöhung der Wahrnehmung der DOG vorOrt und eine verstärkte Mitgliedergewin-nung festgelegt. In der sich an die Grün-dungsversammlung anschließenden konsti-tuierenden Sitzung des LandesverbandesSchleswig-Holstein wurden WolfgangHomeyer zum 1. Vorsitzenden und NoraAuffarth zur stellvertretenden Vorsitzendengewählt.

Südniedersachsen

Fahrt zum Handball-Länderspiel nach KasselWer hätte das aus der Gruppe der DOG-Handballfans gedacht, dass wir den Siegdes zukünftigen Handball-Europameistersim Länderspiel mit Island sehen würden?Am 09. Januar 2016 hätte sich niemanddas „Wunder von Krakau“ vorstellenkönnen. Aber 20 Mitglieder der GöttingerDOG hatten bei ihrem Besuch in derbenachbarten nordhessischen MetropoleKassel schon erahnen können, was indieser jungen Mannschaft für ein hohesPotential steckt. Mit großer Begeisterungverfolgten die DOGler zusammen mit ca.5.000 weiteren Fans aus ganz Deutschlandden – wenn auch knappen – Sieg über dieAuswahl aus Island, die Generalprobe fürPolen, und hoffen nun auf einen Erfolgauch bei den Olympischen Spielen in Riode Janeiro.

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Deutsche Meisterschaftender LeichtathletikMit einer 24köpfigen Besuchergruppe ausdem Kreis der Mitglieder unterstützte dieDOG-Bezirksgruppe die Aktiven der deut-schen Spitzen-Leichtathletik bei ihrerdiesjährigen „Deutschen Meisterschaft“ inKassel am 19. Und 20. Mai 2016. Wenn wirschon aus den bekannten und bedauerli-chen Gründen einer völlig überzogenenPreispolitik für Unterkünfte in Rio diesesMal die Mannschaft nicht direkt ‚vor Ort‘bei den Sommerspielen in Brasilien unter-stützen können, dann wollen wir wenigstenihre letzten Olympiavorbereitungen beglei-ten. Unter diesem Motto erlebten dieGöttinger DOGler in Kassel einen tollen Tagder Leichtathletik mit spannenden Wett-kämpfen und zum Teil großartigen Leistun-gen.

Wie schon bei unserer Teilnahme im Stadi-on bei den OS in London, so war auchdieses Mal wieder „unser“ Olympiasieger imDiskuswurf Robert Harting der „Liebling derMassen“. Wer hätte ihm nach der schwerenVerletzung diese neuerliche Weltklasseleis-tung zugetraut? So sind wir jetzt guterHoffnung, dass die ganze Mannschaft inRio ihre besten Leistungen präsentierenwird. Die Göttinger DOG wird dieses Mal –nolens volens – über das Fernsehen mitfiebern, die Daumen drücken und hofft,unter dann vom IOC auch für den „norma-len“ Olympiafan wieder realisierbaren undakzeptablen Bedingungen in Tokio 2020neuerlich dabei sein zu können.

Göttinger DOG initiiertSchwimmkurse für Anfän-gerAuf Initiative des für den Bereich „Kinderbewegen“ verantwortlichen DOG-Vorstands-mitgliedes Elke Balleer wurde die allgemeineMisere mangelnder Schwimmfähigkeiten beiKindern aufgegriffen und in Zusammenar-beit mit dem Institut für Sportwissenschaf-ten (IfS) der Universität Göttingen seit demWintersemester 2015/16 ein neues „Service-Learning“-Projekt“ für Sportstudierende aufden Weg gebracht. Einmal in der Wocheunterrichteten die Studierenden unterLeitung ihres Dozenten Dr. Daniel GroßarthKinder der Astrid-Lindgren-Grundschule ausdem Göttinger Stadtteil Grone. So entstandeine echte „Win-Win“-Situation: Die Schüler– vor allem die vielen Schwimmanfänger –erhielten eine sonst nicht verfügbareSchwimmzeit zum Lernen und die Studie-renden konnten praktische Erfahrungen inder Vermittlung sammeln. Das so erfolgrei-che „Service Learning“-Projekt in der Zu-sammenarbeit von DOG und dem IfS derUniversität soll kontinuierlich fortgeführtwerden.

Korruption im Sport Korruption leider auch im Sport – zudieser Thematik hatte die DOG-Bezirks-gruppe „Göttingen/Südniedersachsen“ imRahmen eines „Frühjahrsforums 2016“ dieExpertin und Leiterin der „ArbeitsgruppeSport“ der Antikorruptionsorganisation

„Transparency International“ sowie Top-Leichtathletin (über 800m Olympiateilneh-merin in München 1972) Sylvia Schenkaus Frankfurt zu einem Vortrag eingela-den. Nicht nur reine Sportfans besuchtendiese mit ca. 60 Teilnehmern gut frequen-tierte Veranstaltung im Göttinger Konfe-renz-Hotel „Freizeit In“. Die Juristin skiz-zierte anschaulich das breite Feld der„Versuchungen“, das weit über den „gro-ßen“ internationalen Spitzensport hinausreicht. Auch schon auch im Alltag desVereinssports stecken insbesondere durcheine spezifische „Geschenk- und Einla-dungskultur“ zahlreiche Fallstricke, mahnteSylvia Schenk.

In der „Gemengelage Sport“ sieht Schenkeine Vielzahl von Interessenkonfliktenvereint, sodass sich schnell in der Verflech-tung von Politik, Wirtschaft, Medien undSport das gerade auch für den Sport sonotwendige Gebot der „Compliance“ (Regel-treue) verletzt werden kann. Die von Schenkaus einer breiten Palette ihrer eigenenErfahrungswelt geschilderten Fallbeispieleregten zu einer lebendigen Diskussion mitden Mitgliedern und Gästen der DOG an.Für die Bezirksgruppe „Göttingen/Südnie-dersachsen“ war dieser Abend wieder einschöner Erfolg ihrer kontinuierlichen Arbeitfür und mit dem Sport in der Region, auch -oder gerade – wenn der Gegenstand eineweniger erfreuliche Seite des Sports auf-zeigt.

Göttinger DOG-Gruppe auf der Tribüne im Kasseler Auestadion

Sylvia Schenk und Petra Reußner beimSportforum 2016

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Zwickau

Rio im VisierBevor die Verantwortlichen der ZwickauerStadtgruppe der DOG die OlympischenSpiele von Rio de Janeiro verstärkt in ihrVisier nahmen, sorgten Sie mit der Vergabeihres Sportförderpreises, den Pokal „Olym-pia“, für Aufmerksamkeit. Der Sportlerball2016 des Landkreises Zwickau, durchgeführtin der Sachsenlandhalle Glauchau, bildetedie attraktive Kulisse für die Übergabe vonUrkunden, Warengutscheinen und Pokalen.Die Stadtgruppe vergibt diese Preise jährlichin den Kategorien Einzelsportler,

Trainer/Sportfunktionär und Verein/Mann-schaft/Einrichtung und würdigt damitherausragende Leistungen auf dem Gebietdes Breiten-, Behinderten-, Nachwuchs- undLeistungssportes. Übergeben wurden diePreise von der Moderatorin des AbendsKatrin Huß, dem Zwickauer Bundestagsab-geordneten Carsten Körber und dem Vorsit-zenden sowie Stellvertretenden Vorsitzendender DOG-Stadtgruppe Dr. Werner Beuschelsowie Uwe Findeiß. Als Einzelsportler ent-schied sich die Jury für den 14-jährigentalentierten Radsportler Laurin Drescher vonder ESV Lok Zwickau, der in seiner Alters-klasse bereits den Deutschen Vizemeistertitelerringen konnte. Als Trainer/Sportfunktionärwurde der 69–jährige Hanspeter Chmilecki,ebenfalls vom ESV Lok Zwickau, ausgezeich-net. Er ist in der Sportart Trampolinturnen

seit über 40 Jahren als rühriger Trainer undOrganisator deutschlandweit bekannt. In derKategorie Mannschaft entschieden sich dieJuroren diesmal für das A-Jugendteam imFußball des FSV Zwickau. Die junge Mann-schaft gewann im Vorjahr die Sachsenmeis-terschaft sowie den –Pokal und behauptetesich nach dem Aufstieg in die Regionalligadort im Mittelfeld.

Inzwischen steht der Fokus ganz auf dieOlympischen Spiele. Als Auftakt organisiertedie Stadtgruppe gemeinsam mit der Tages-zeitung „Freie Presse“ und dem Kreissport-bund eine „Olympia-Stafette“. Hierbei melde-ten sich 18 Vereine des Landkreises, die mitAktivitäten „Rund um Olympia“ auf sich

aufmerksam machen konnten. Die Aktionen,vom Mitmach-Angebot bis zur Olympiage-schichte, wurden von der Tageszeitungbegleitet. Ebenfalls in Kooperation mit der„Freien Presse“ startet die Stadtgruppe ein„Olympiaquiz“, wodurch kurz vor den Spielenfür Interessierte die nähere Beschäftigungmit dem Thema Olympia angeregt wird.Während der olympischen Tage von Riofindet das Zwickauer Stadtfest statt. In einer„Olympia-Zone“ auf dem Zwickauer Mulde-paradies können sich Besucher in insgesamt10 olympischen Sportarten bei Mitmach-Angeboten ausprobieren und olympischesFlair schnuppern. Schließlich hat die Stadt-gruppe wieder zur Teilnahme am Mal- undZeichenwettbewerb aufgerufen und hofftauf wiederholt rege Beteiligung.

Radsportler Laurin Drescher, Trainer und Funktionär Hanspeter Chmilecki, Uwe Findeiß,Moderatorin Katrin Huß, Bundestagsabgeordneter Carsten Körber, A-Jugend-Fußballer undTrainer des FSV Zwickau, Dr. Werner Beuschel

Olympisches FeuerDie Zeitschrift der Deutschen Olympischen Gesellschaft e. V.

Herausgeberkollegium:Peter von Löbbecke (DOG)Prof. Dr. Helmut Digel Michael GernandtSteffen Haffner

Chefredakteur:Harald Pieper

Redaktion:Jens Bünger-de Waal

Redaktionsanschrift:Deutsche Olympische Gesellschaft e. V.z. H. Jens Bünger-de WaalOtto-Fleck-Schneise 12, 60528 FrankfurtTelefon: 0 69 / 6 95 01 60, Fax: 0 69 / 6 77 18 26E-Mail: [email protected]: www.DOG-bewegt.de

Harald PieperStieglitzstraße 2, 63263 Neu-IsenburgTelefon: 0 61 02 / 5 22 62E-Mail: [email protected]

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Der Bezugspreis ist durch den Mitgliedsbeitragder Deutschen Olympischen Gesellschaft e. V.abgegolten.

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Titelgrafik: Eberhard StrootFotos, Illustrationen, Karikaturen:picture-alliance/dpaWolfgang BastianDeutscher Verband für Modernen FünfkampfDeutscher Golf-VerbandDeutscher Olympischer SportbundRoland Fengler/Nürnberger ZeitungInstitut für Forschung und Entwicklung vonSportgeräten (FES)Gerhard MesterOlympia-Museum Garmisch-PartenkirchenJuri ReetzEberhard Stroot

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Zugegeben: Der Weg ins Ziel ist lang. Denn vor den Spielen in Rio liegt hartes Training. Gut, dass uns die Sparkasse von Anfang an begleitet hat.

Dabeiseinist einfach.

Rebekka Haase, Olympionikin Johannes Floors, Paralympionik


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