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19th ECCMID Helsinki Zusammenfassung · von Epidemien auf jeden Fall in Frage: Sie SARS-Epidemie...

Date post: 15-Nov-2019
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19th ECCMID Helsinki Zusammenfassung von Sabine Majer und Katia Boggian Der diesjährige Kongress fand im nordischen Helsinki statt. Obwohl schon Mai, sind die Temperaturen noch ein bisschen kühl, doch die Sonne scheint um so fröhlicher vom nordischen Himmel. Und sie bleibt bis spätabends. Die Finnen scheinen einen anderen Tagesrhythmus zu haben, denn morgens wenn wir zum Kongresszentrum gehen ist gar nicht viel los auf den Strassen, aber abends scheinen die Finnen bis in die frühen Morgenstunden durchzufeiern. Andere Länder, andere Sitten, aber wir sind ja nicht hier in Helsinki um über die Finnen zu berichten, sondern eine persönliche Zusammenfassung des Kongresses zu geben. Die Themen am 19. ECCMID Kongress sind wieder sehr breit gestreut und decken praktisch die gesamte klinische Infektiologie, Spitalhygiene, Mikrobiologie und teils auch Tropenmedizin ab. Wir sind uns bewusst, dass wir nur ganz kleine Bruchstücke des Kongresses wiedergeben können, und es ist eine persönliche Selektion der Teilnehmerinnen. Wir massen uns nicht an, eine komplette Zusammenfassung zu geben, aber wir hoffen, doch das eine oder andere weitergeben zu können. Wir werden die Zusammenfassung nach Themen gruppieren, und hoffen Sie finden sich darin zurecht. Pneumococci and the host ............................................................................................. 2 Infections and the Guillain-Barré-Syndrom .................................................................... 4 Multiplex PCR: Ein neues Instrument in der Diagnostik respiratorischer Infektionen? ... 5 Viral infections of the central nervous system ................................................................ 6 C.difficile (Oral Presentations) ........................................................................................ 8 The bacterial pathogen: Listeria monocytogenes ......................................................... 11 Innate Immunity ............................................................................................................ 13 Session der „nicht exotischen“ Würmer ........................................................................ 15
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19th ECCMID Helsinki Zusammenfassung

von Sabine Majer und Katia Boggian

Der diesjährige Kongress fand im nordischen Helsinki statt. Obwohl schon Mai, sind die Temperaturen noch ein bisschen kühl, doch die Sonne scheint um so fröhlicher vom nordischen Himmel. Und sie bleibt bis spätabends. Die Finnen scheinen einen anderen Tagesrhythmus zu haben, denn morgens wenn wir zum Kongresszentrum gehen ist gar nicht viel los auf den Strassen, aber abends scheinen die Finnen bis in die frühen Morgenstunden durchzufeiern.

Andere Länder, andere Sitten, aber wir sind ja nicht hier in Helsinki um über die Finnen zu berichten, sondern eine persönliche Zusammenfassung des Kongresses zu geben.

Die Themen am 19. ECCMID Kongress sind wieder sehr breit gestreut und decken praktisch die gesamte klinische Infektiologie, Spitalhygiene, Mikrobiologie und teils auch Tropenmedizin ab. Wir sind uns bewusst, dass wir nur ganz kleine Bruchstücke des Kongresses wiedergeben können, und es ist eine persönliche Selektion der Teilnehmerinnen. Wir massen uns nicht an, eine komplette Zusammenfassung zu geben, aber wir hoffen, doch das eine oder andere weitergeben zu können.

Wir werden die Zusammenfassung nach Themen gruppieren, und hoffen Sie finden sich darin zurecht.

Pneumococci and the host ............................................................................................. 2

Infections and the Guillain-Barré-Syndrom .................................................................... 4

Multiplex PCR: Ein neues Instrument in der Diagnostik respiratorischer Infektionen? ... 5

Viral infections of the central nervous system ................................................................ 6

C.difficile (Oral Presentations) ........................................................................................ 8

The bacterial pathogen: Listeria monocytogenes ......................................................... 11

Innate Immunity ............................................................................................................ 13

Session der „nicht exotischen“ Würmer ........................................................................ 15

Pneumococci and the host sm Brigitta Henriques-Normark, Karolinska Institutet, Stockholm, Sweden

Brigitta Henriques-Normark gab in einem hervorragenden Vortrag eine Übersicht über die Arbeiten verschiedener Forschergruppen, die sich mit der Pathophysiologie von Pneumokokken befassen. Die Referentin selber ist Autorin vieler Arbeiten auf diesem Gebiet. Schritt für Schritt zeigte sie in ihrem Referat auf, um welche Fragestellungen sich die Grundlagenforschung dreht und welche Erkenntnisse in den letzten Jahren erlangt wurden.

1. Wie interagieren Pneumkokokken mit ihrem Wirt, und wo liegt die Grenze zwischen Kolonisation und Invasion?

Pneumokokken sind nicht harmlos. Sie verursachen weltweit einen grossen Teil de tödlich verlaufenden Infektionen der unteren Luftwege. In den USA werden 5% der Community-acquired-Pneumonien durch Pneumokokken verursacht. Betroffen sind in erster Linie Kleinkinder, Ältere und Menschen mit einer Grunderkrankung.

91 Serotypen, die durch die Lipopolysaccharid-Kapsel (LPS) definiert werden, sind weltweit bekannt, und je nach geografischer Region herrschen andere Typen vor. Ihr Verhaltend gegenüber dem Wirt und ihr Potential, invasive Infektionen zu verursachen, ist sehr unterschiedlich. Sie unterscheiden sich sogar innerhalb einer Serogruppe.

2. Invasives Potential versus Virulenz: ein Pilus als Waffe

Pneumokokken stimmen in rund 60% ihres Genoms überein (core). Die übrigen Gensequenzen (accessory regions) codieren unter anderem die Charakteristika, die zwischen Kolonisation und Invasion unterscheiden. Eine bestimmte Gensequenz (rlrA islet) des Serotyps 19F beispielsweise codiert Proteine, welche für den Aufbau von sogenannten Pili zuständig sind (Barocchi MA et al. J Infect Dis. 2008). In verschiedenen Experimenten konnten diese als Virulenz- und Fitness-Faktoren identifizieren werden. Sie sind wichtige Instrumente für Adhäsion und Invasion, schützen aber auch vor der Phagozytose durch Makrophagen (Aguiar SI et al. BMC Microbiol. 2008). Nicht alle Pneumokokken sind in der Lage, solche Pili zu bilden. Auch andere Bakterien weisen diese Eigenschaft auf, zum Beispiel Neisseria meningitidis. Durch eine Interaktion zwischen den Hauptproteinen des Pneumokken-Pilus (rrgA) und einem Rezeptor auf den Makrophagen (CD11b) wird zudem die Motilität letzterer beeinflusst. Interessanterweise finden sich bei den hoch-invasiven Serotypen 1 und 7F keine Pili. Sie sind zwar invasiv, die Infektion verläuft aber im Gegensatz zu anderen Typen weniger virulent. Rund 70% der 2003 in Schweden isolierten invasiven Keime wiesen dieses Potential aber auf und – noch ein Fitnessfaktor mehr! – sie sind oft gegenüber Penicillin resistent. Wahrscheinlich sind sie es, so Brigitta Henriques, die verantwortlich sind für die globale Ausbreitung Antibiotika-resistenter Pneumokokken. Eine Antwort darauf, ob das «Pilus-Potential» auch die entzündliche Reaktion des Wirtsorganismus triggert (z.B. über Toll-like-Rezeptoren / TLR), konnten die Forscher bisher noch nicht geben. Dass eine Interaktion zwischen dem Keim mit den TLR des Wirtes aber grundsätzliche einen grossen Einfluss hat auf die entzündliche Reaktion,

konnte durch verschiedene Mausmodelle gezeigt werden (z.B. Albiger B et al. Cell Microbiol. 2007).

Nicht nur der Serotyp ist also verantwortlich für die Virulenz eines Pneumococcus, sondern auch der Genotyp (Sandgren A et al. J Infect Dis. 2005).

3. Die gevievten Finten des Pneumococcus

Wie Pneumokokken auf anderen Ebenen in der Lage sind, die Abwehrmechanismen des Wirtes zu umgehen, zeigen Experimente mit den sogenannten NETs / Neutrophil extracellular traps (Brinkmann V et al. Science 2004). Durch die Neutrophilen-Elastase werden Netze gebildet, die eindringende Bakterien regelrecht einfangen. Forscher um Brigitta Henriques konnten zeigen, dass Pneumokokken in der Lage sind, dieses zu degradieren (Beiter K et al. Curr Biol. 2006).

Die Wechselwirkung zwischen Pneumokokken und Wirtsorganismus führt im Weiteren zu einer Apoptose-Induktion verschiedener Zellen durch den Wirt. Diese wird ausgelöst durch eine TLR-4-Aktivierung in Anwesenheit von Pneumolysin oder der Bakterienkapsel selbst (Marriott HM, Dockrell DH. Int J Biochem Cell Biol. 2006 Srivastava A et al. Infect Immun. 2005). Ob dieser Abwehrmechanismus dem Wirt mehr schadet oder nützt ist noch nicht geklärt. Brigitta Henriques fasste in ihrem Vortrag einige wichtige Forschungsergebnisse der letzten Jahre aus «dem Reich der Pneumokokken» zusammen. Ob diese neuen Erkenntnisse Hand bieten können zur Entwicklung neuer Therapeutika und Vakzinen, wird sich erst in Zukunft zeigen…die Bücher sind noch weit offen. Weitere Links: Brigitta Henriques-Normark, research projects

Infections and the Guillain-Barré-Syndrom sm Hubert P. Endtz, International Centre for Diarrhoeal Disease Research, Dhaka, Bangladesh

Bangladesh wird jedes Jahr in der Regenzeit überflutet. Bis zu 50% der gesamten Fläche des Landes versinken im Wasser. Und mit dem Wasser kommt die Cholera. Was es heisst, in einem Land zu arbeiten, in dem Durchfallerkrankungen die grösste Gefahr für Leib und Leben bedeuten, illustrierte Hubert P. Endtz mit eindrücklichen Bildern am Anfang und zum Ende seines Vortages über den Zusammenhang zwischen Durchfallerkrankungen und dem Guillain-Barré-Syndrom. Rund zwei Jahrzehnte Forschungsarbeit auf diesem Gebiet

(vormals Erasmus University Rotterdam), weisen Hubert P. Endtz als ein Experte aus auf dem Gebiet der Diarrhoe-Errreger und möglicher neurologischer Folgen.

Ein Guillan-Barr-Syndrom tritt meist 1–3 Wochen nach einer Durchfall- oder respiratorischen Erkrankung auf. Betroffen sind alle Altersgruppen. Krankheitsfälle treten in der Regel sporadisch auf, selten in Clustern. Die Case-fatality-rate beträgt 3–7%, und bei rund 20% der ehemals Erkrankten finden sich neurologische Defizite unterschiedlicher Ausprägung. Am häufigsten mit einem GBS assoziierte sind Campylobacter jejuni (20–35%), gefolgt von CMV (5–15%), Mycoplasmen (–10%), Haemophilus (–10%) und EBV (–10%).

Was haben Campylobacter, E. coli und die Cholera gemeinsam?

Die neuropathische Wirkung von Campylobacter jejuni entsteht durch ein molekulares Mimikry, das zur Autoreaktion gegen wirtseigenes neuronales Gewebe führt. Bakterielle Lipo-oligosaccharide (LOS) reagieren mit den Gangliosiden der Nervenzellen und führen zur Produktion von Autontikörpern (Godschalk PCG et al. J Clin Invest. 2004 Parker CT et al. J Bacteriol, 2008 Koga M. Neurology. 2005 ). Das Ziel der Antikörper ist im Falle von Campylobacter jejuni das Gangliosid GM1

(Yuki N et al. PNAS 2004). Es kommt zur axonalen Demyelinisierung und zum klinischen Bild des GBS in seinen unterschiedlichen Ausprägungen.

Interessant ist, dass sowohl das Cholera-Toxin, wie auch das hitzelabile Enterotoxin von E. coli GM1 als Bindungsstelle benutzen, um den Darm «lahm zu legen».

Das Ziel weitergehender Forschung muss es sein, ein Molekül zu finden, das die Gangliosid-Antikörper blockieren kann. Ein möglicher Kandidat ist der monoklonale Antiköper Eculizumab; im Mausmodell erwies er sich als sehr wirksam (Halstead et al. 2008). Ob diese Wirkung auch auf den Menschen umgemünzt werden kann, wird sich erst zeigen. Die heutzutage in schweren Fällen eingesetzten Immunglobuline kommen auf jeden Fall einem Schrotschuss gleich, und sie zeigen klinisch nicht immer den gewünschten Effekt.

Multiplex PCR: Ein neues Instrument in der Diagnostik respiratorischer Infektionen? sm

Die neuen Nukleinsäure-Amplifikationsmethoden (Multiplex-PCR) bieten die Möglichkeit, innerhalb von kurzer Zeit eine ganze Batterie von Erregern zu identifizieren (Fox JD, J Clin Virol. 2007 Fox JD, Future Microbiol. 2007). Wo dieses Instrument in der Klinik von Nutzen sein könnte, versuchten Octavio Ramilo, Professor für pädiatrische Infektiologie am Children's Medical Center in Dallas, und andere Referenten in der Reihe «Strategies for broad moleculare detection of

infectious disease – advanced mutiplex solutions» aufzuzeigen. Ramilo ist Koautor des Buches «The Microbe-Host Interface in Respiratory Tract Infections» (Pub. Horizon Bioscience, 2005).

Octavio Ramilo erinnerte an die Schwierigkeit in der Praxis, bei Kleinkindern zwischen einem bakteriellen und einem viralen, febrilen Infekt der Luftwege zu differenzieren. Noch schwieriger wird die Entscheidung bei immunkompromittierten Patienten. Der Kliniker ist in einem Dilemma. Soll das Kind stationär oder ambulant betreut werden? Ist eine Therapie notwendig? Kann ihm die Multiplex-PCR hier vielleicht weiterhelfen?

Die routinemässige Anwendung von Assays zur Diagnostik viraler respiratorischer Infekte kann dazu dienen, schwere bakterielle von viralen Infektionen zu unterscheiden und führte in der zitierten Arbeit zu einer Reduktion des Antibiotikagebrauchs und der Hospitalisationsdauer (Byington CL, Pediatrics 2004). Zur Anwendung kamen bisher Immunfluoreszenz- und Enzyme-Linked Immunosorbent-Assays. Die (spezifische) PCR wurde bisher nur für epidemiologische Fragestellungen angewandt. Realtime-Multiplex-PCR’s vermögen gleichzeitig verschiedene Gensequenzen zu amplifizieren durch die Anwendung verschiedener Primer. Sie sind schneller, spezifischer und sensitiver als die herkömmlichen Tests, aber auch nicht billig.

Die routinemässige Multiplex-PCR bei Kleinkindern mit Bronchiolitis erbrachte in seiner Klinik, so Ramilo, deutlich häufiger einen RVS-Infekt als Ursache im Vergleich zu den herkömmlichen Tests. Infektionen durch RSV wie auch durch Rhinoviren können bei Kindern obstruktive Lungenerkrankungen nach sich ziehen. Durch eine verlässliche Diagnostik und therapeutische Massnahmen könnte dese Entwicklung gestoppt werden. Verschiedene therapeutische Ansätze werden derzeit erforscht. Auch eine Gruppe am Children's Medical Center in Dallas ist in diesem Gebiet aktiv (Mejías A, Ramilo O et al. Antimicrob Agents Chemother. 2005). Steroide, die bisher angewandt wurden, scheinen gemäss der neuesten Cochrane-Anlayse keinen wirklichen Erfolg zu bringen (Cochrane Database Syst Rev. 2008).

Vielversprechend aber noch nicht ausgereift

Zum Einsatz kommen könnte eine Multiplex-PCR gemäss Octavio Ramilo auch bei hämatologischen und immunsupprimierten Patienten, bei denen eine bakterielle Infektion fatale Konsequenzen haben kann. Ob die PCR in Zukunft breiter eingesetzt werden kann, zum Beispiel bei Sepsis, werden weitere klinische Trials zeigen müssen (Abstract multiplex PCR bei Sepsis). Die Datenlage sei noch mager, und wünschenswert wären auch neue therapeutische Möglichkeiten bei viralen Infektionen (s.o.).

Vorbehalte bestehen sicherlich bezüglich der Interpretation von Befunden bei Mischinfektion, bakterieller Superinfektion oder Kolonisation.

Der Autor eines Posters aus Singapur stellt den Einsatz der Multiplex-PCR ausserhalb von Epidemien auf jeden Fall in Frage: Sie SARS-Epidemie hatte die Notwendigkeit einer schnellen Nachweismethode aufgezeigt, die zur Diskriminierung zwischen banalen und potentiell fatalen viralen Infektionen unterscheiden kann. Multiplex-PCR-assays könnten in diesem Setting ein nützliches Instrument sein. Die Assays wurden während einiger Monate bei hospitalisierten, pneumonischen Patienten eingesetzt. Zu dieser Zeit bestand keine epidemische Situation (routine non-outbreak related care). Fazit: Die PCR brachte keinen Zusatznutzen und die Kosten waren zu hoch.

Viral infections of the central nervous system sm Virale Infektionen des ZNS sind oft letal. Die Diagnosestellung ist für den Kliniker oft eine grosse Herausforderung, und die Entscheidung, für oder gegen eine therapeutische Massnahme muss meist empirisch getroffen werden. Das Zeitfenster ist eng. Handelt es sich um eine bakterielle oder virale Infektion, sollen Steroide eingesetzt werden oder nicht? Die Entscheidung hat grosse Konsequenzen, nicht nur auf den Krankheitsverlauf sondern auch indirekt, durch die potentielle Toxizität der Substanzen und die oft sehr hohen Kosten. Das Wissen um die

Bandbreite der klinischen Manifestation viraler Infektionen und die Abgrenzung gegenüber anderen Ursachen – bakterielle Infektion, Neoplasie, metabolische Enzephalopathie, Vaskulitis, Ischämie, toxisch-medikamentöse Nebenwirkungen – ist essentiell. Zudem muss der Arzt diagnostische Methoden kennen und sie zu interpretieren wissen.

1. Wie verlässlich ist die PCR? H. G. M. Niesters, Groningen (NL)

Auf dem Gebiet der Diagnostik hat sich gemäss H. G. M. Niesters aus Groningen in den letzten Jahren einiges getan. Neue molekulare Amplifikationsmethoden haben die Diagnostik viraler ZNS-Erkrankungen deutlich verbessert. Durch spezifischere Methoden und sorgfältigere Qualitätskontrollen könnten die bisher bekannten neurotropen Viren wie HSV, VZV und Echoviren zuverlässiger nachgewiesen werden. Auch haben die neuen Verfahren die Aufmerksamkeit auf bisher wenig bekannte Viren wie das West-Nile-Virus, die Paramyxoviren Nipah- und Hendra-Virus oder das Chikungunya-Virus als Ursache für ZNS-Infektionen gelenkt. Durch die Möglichkeit, Nukleinsäure im Liquor nicht nur zu identifizieren, sondern auch zu quantifizieren,

ergeben sich zudem neue Erkenntnisse hinsichtlich der viralen Pathogenese, und therapeutische Interventionen lassen sich besser monitorisieren.

2. Virale ZNS-Infektionen nach Organtransplantation Patricia Munoz, Madrid

Patienten mit einer Immunschwäche haben ein deutlich höheres Risiko, an einer Enzephalitis zu versterben, insbesondere (frisch) Transplantierte oder Patienten mit HIV (Khetsuriani N et al. Epidemiol Infect. 2007). Über ihre Erfahrung im Umgang mit viralen ZNS-Infektionen bei transplantierten Patienten referierte Patricia Munoz aus Madrid.

Dass Patienten nach einer Organtransplantation zerebral auffällig würden sei nicht selten, und bei rund 16% der Patientenwürde aus diesem Grund ein MRI veranlasst. Der Anteil der Infektionen sei bei dieser Patientengruppe mit 5–10% zwar relativ gering – virale Erreger nur <1% –, aber die Abgrenzung zu anderen Ursache sei nicht immer einfach.

2.1 Klinische Verdachtsmomente

An eine virale Enzephalitis muss gedacht werden, so Munoz, wenn sich die Bewusstseinslage des Patienten unerklärt ändert, bei Desorientierung, auffälligem Verhalten, Fieber und Kopfschmerzen. Symptome einer Meningoenzephalitis seien meist durch Viren verursacht, fokal-neurologische Ausfälle sehr selten. Die häufigsten ursächlichen Viren sind Herpesviren (HHV6, VZV, CMV, EBV) sowie das JC-Virus (PML). Ja nach Zeitpunkt nach Transplantation schliesst die Verdachtsdiagnose anderer Erreger mit ein. Früh nach Transplantation treten bakterielle Infektionen, Candida, aber auch Spender-abhängige virale Infektionen (CMV, EBV, HSV etc.) oder HHV6 auf. Eher später im Verlauf kann es zu einer endogenen Reaktivierung von CMV, EBV oder JC-Virus kommen. In den letzten Jahren wurden zudem neue Fälle von Infektionen durch das Rabies-Virus (infizierter Spender), durch West-Nile- und LCM-Viren beschrieben (Fischer SA, Transplantation 2008). Zeitpunkt nach Transplantation, Art der Immunsuppression, zusätzliche Risikofaktoren, Klink und Bildgebung sind wichtige Aspekte, um die Wahrscheinlichkeit eines Erregers abzuschätzen (Singh N, Husain S. Transpl Infect Dis. 2000).

2.2 Einige Beispiele: Herpesviren & Co

Patricia Munoz gab ein ihrem Vortrag eine kurze Übersicht über die klinischen Aspekte neurotroper Viren bei transplantierten Patienten:

HHV6 wurde1986 entdeckt. In der Regel handelt es sich um eine Reaktivierung, sie führt zur Depletion von CD4+-Zellen und zu opportunistischen Erkrankungen ähnlich HIV, zu disseminierter CMV-Infektion, Progression einer HCV-Hepatopathie oder einer GvHD. Die akute Infektion geht einher mit Fieber, Rash, Desorientierung, KM-Suppression, Hepatitis, Pneumonitis, Myelitis oder Enzephalitis. Zellzahl im Liquor und MRI sind meist unauffällig. Therapeutisch wird Gancyclovir eingesetzt. Die Mortalität ist hoch,

bei Enzephalitis bis 40% und bleibende Gedächtnisstörungen können zurückbleiben: Überlebenden leiden an protrahierter Vergesslichkeit (bis 92%) und Bewusstseinsstörungen.

CMV verursacht selten eine Enzephalitis nach Organtransplantation (solid organ transplantation / SOT) und wenn, dann spät im Verlauf. Eine HSV-Infektion manifestiert

sich in der Regel fokal, nicht enzephalistisch. Die PCR im Liquor ist diagnostisch effektiv. VZV-Rezidive zeigen sich meist spät nach SOT (~9 Monate). Die Häufigkeit beträgt etwa 8.6%. Seltene enzephalitische Verlaufsformen bei VZV sind auf vaskulitische Veränderungen zurück zu führen. EBV kann in 0.8–2% ein sogenanntes PTLD (post-transplant lymphoproliferative disorder) auslösen. Vor allem bei Kindern ist das ZNS betroffen. Das grösste Risiko besteht bei Serokonversion, also einer Neuansteckung, und die Mortalität liegt bei sehr hohen 90–100%. Eine PML (Progressiven Multifokalen Leukenzephalopathie) ausgelöst durch das JC-Virus tritt nach Transplantation meist erst spät auf, einhergehend ist oft ein Visusverlust. Die Prognose ist schlecht.

3. Kann die Bildgebung weiterhelfen? Matthias Maschke , Trier (DE)

Dass Befunde in der MR-Tomografie den Verdacht auf eine virale ZNS-Infektion zwar erhärten können, aber leider nicht spezifisch sind, zeigte der letzte Referent Matthias Maschke aus Trier anhand einiger Beispiele auf. In Zukunft müssten neue Nachweismethoden entwickelt und verfeinert werden. Als Beispiele nannte er die PET mit Verwendung neuer Marker, Perfusions- und Diffusions-gewichtete Aufnahmen oder den transkraniellen Ultraschall.

Eine Buchempfehlung der Referenten zum Thema: Neurotropic Viral Infections, Cambridge University Press 2008

C.difficile (Oral Presentations)

C.difficile scheint fast überall zahlenmässig häufiger zu werden, verschiedene Regionen haben in oral Presentations ihre Zahlen aufgeführt, wo der Anstieg deutlich zu sehen ist. Verschiedene Ribotypes sind in verschiedenen Regionen anders verteilt, und der hypervirulente Ribotype 027 kommt glücklicherweise nicht überall vor.

Aber auch ohne Ribotype 027 steigt die Inzidenz an C.difficile Erkrankungen und auch in Brüssel haben die CDAD (C.diff.assozierte Diarrhoe) deutlich zugenommen, und zeigen im Gegensatz zu früherne Jahren eine erhöhte Mortalität, v.a. bei den über 80 jährigen. Die Belgier postulieren,dass es mit Einführung des Moxifloxacin in ihrem Spital zu der Zunahme der CDAD kam, denn die Einführung des Moxifloxcin war 2002/2003, und ab hier kommt es zu einem Anstieg der Fälle. (Gutierrez et al OP 0145)

Interessant war in dieser Session auch die Hypothese der Finnen, welche annimmt, dass C.difficile auch durch das Leitungswasser übertragen werden kann. Im 2007 kam es in der finnischen Stadt Nokia, durch menschliches Verschulden zu einer Durchmischung des Trinkwassers mit 400'000 Liter Abwasser. 10'000 Menschen waren von diesem verunreinigten Wasser betroffen, und über 8000 Menschen haben gastrointestinale Symptome entwickelt. Am häufigsten waren es Campylobacter, Giardia oder Salmonellen, welche man im Stuhl der Betroffenen fand. Nun wollten die Finnen untersuchen wie es denn mit C.difficile ist, denn eigentlich überlebt der Sporenbildner ja sehr lange in der Natur, und man stellte sich die Frage, ob man sich denn mit Leitungswasser anstecken kann. Man hat mehrere tausend Liter Wasser untersucht, aber leider erst ein paar Monate später und fand nur 22 Proben mit C.difficile, wovon 12 Toxinproduzierend waren und nur 5 Menschen wurden infiziert. Das Fazit der Autoren ist, dass man sich übers Leitungswasser mit C.difficile anstecken kann. (S.Kotila et al, OP 0146)

Diese Erkenntnis der Finnen ist eigentlich nicht neu, denn der CoAutor J.Brazier aus Cardiff, hat dies schon 1996 zeigen können. Er hatte damals alle möglichen Quellen für C.difficile untersucht und auch das Leitungswasser als Quelle identifizieren können. (Med.Microbiol 1996)

Louie et al, OP 0148: Hier wird eine doppelblind randomisierte Studie zur Therapie des C.difficile vorgestellt, und zwar wurde ein neues Antibiotikum: Fidaxomicin vorgestellt. Es handelt sich hier um eine neue Substanzklasse, welche in die Gruppe der Macrocycline gehört. Fidaxomicicn hat ein sehr enges Spektrum, wirkt nicht gegen gramnegative Bakterien, nur auf wenige grampositive Bakterie und hat keine Aktivität gegen Bacteroides. Es wird relativ gut vertragen, und wird praktisch nicht resorbiert, so dass es also nur intestinal wirkt. Diese Studie untersucht das Fidaxomicin in einer Dosierung von 2 x 200 mg gegenüber Vancocin 4 x 125 mg, und die resultate können sich was das Outcome betrifft vergleichen lassen. Das heisst, das Fidaxomicin ist in etwa gleich gut um die Symptomatik einer CDAD zu behandeln, wo hingegen das Fidaxomicicn viel besser abgeschnitten hat, ist die Relapse-Häufigkeit, diese scheint beim Fidaxomicin viel geringer zu sein, als mit Vancocin. ( Auch die neue Cochrane Review von Nelson 2008 kann dies zeigen) Die Frage eines Vergleiches mit Metronidazol stellt sich natürlich, denn in Europa wird im Gegensatz zur USA das Metronidazol immer noch als First-Line bei CDAD eingesetzt. Gemäss dem Autor wird eine solche Studie noch folgen. Dennoch schient das Fidaxomicin vielversprechend, denn wenn es wirklich so ein schmales Wirkspektrum hat, und somit die Darmflora weniger belastet, zumal es offensichtlich auch gegen Bacteroides nicht wirkt, könnten wir hier eine echte Alternative haben, bei welcher ein Relapse von CDAD hoffentlich wirklich weniger auftritt.

Yang et al, OP 0149 zeigt, dass wenn ein Aktionsplan beschlossen wird und man sich daran hält, auch die Inzidenz von CDAD gesenkt werden kann. Nachdem in den UK Ausbrüche von CDAD zu verzeichnen waren, hat das Spital von Kingston im 2007 einen Aktionsplan erstellt, in welchem die Antibiotikarichtlinien überarbeitet wurden, die Umgebung besser desinfiziert wurde, die Isolation strikter gehandhabt wurde, weniger Protonenpumpenblocker verschrieben wurde, die CDAD besser gemanaget wurde und auch das Personal immer wieder geschult wurde. Die veränderte Antibiotikapolitik machte sich bemerkbar, dass der Cefalosporin-Gebrauch von 37% auf 19% gesenkt werden konnte, und Ciprofloxacin wurde gar nicht mehr verschrieben. Dieser Aktionsplan führte dazu, dass die CDAD von 36% auf 26% Inzidenz sank.

Pearson et al, OP 0151 weist die Überwachung in England auf, welche nach dem Aufruf der Regierung 2007 stattfand, da es zu einer markanten Zunahme von C.difficile kam.

Es ist ein feiwilliges Reporting, welches web-basiert erfolgt, d.h. die Daten können übers Web eingegeben werden egal woher. Die Altersverteilung zeigt eine deutlich höhere Inzidenz bei älteren Menschen.

Diese Arbeit zeigt wie wichtig es ist bei einem Reporting auch einfache gut zugängliche Medien zur Verfügung zu stellen, damit es für den meldenden Arzt ganz einfach wird. Die Überwachung wird weitergehen, und wir werden die Entwicklung in den nächsten Jahren sicher verfolgen können.

www.hpa.org.uk

Auch die nächste Präsentation in der C.difficile-Session zeigt eine hohe Inzidenz der CDAD in Irland. (OP 0152) Auch hier wurde 2008 vom Gesundheitsministerium beschlossen, dass CDAD eine meldepflichtige Erkrankung ist, und ein Jahr nach diesem Beschluss zeigte sich eine sehr hohe Inzidenz, von den 5414 gemeldeten Durchfällen, waren 45% auf C.difficile zurückzuführen. Ein kleiner Ausbruch war bedingt durch den Ribotype 078, welcher auch in England gehäuft auftritt, und ebenso wie

Ribotype 027 schwerer verläuft und auch eine höhere Mortalität aufweist. Und auch in Irland betrifft es vor allem die über 65 jährigen.

http://www.irishtimes.com/newspaper/health/2009/0505/1224245938983.html

Bakker aus Holland konnte in der OP 0150 sehr schön zeigen, dass sie C.difficile Ribotype 078 ähnlich verhält wie Ribotype 027.

The bacterial pathogen: Listeria monocytogenes

Pascale Cossart leitet seit 1991 am Institut Pasteur in Paris die Abteilung „Interaktionen zwischen Zellen und Bakterien“ und erhielt 2007 für ihre Arbeiten zu den Listerien den Robert-Koch Preis. Somit ist sie natürlich prädestiniert ddazu die Keynote lecture zu Listerien zu halten.

Listerien werden über Narhungsmittel übertragen, und wurden erstmals 1926 von Murray beschrieben. Cossart interessiert vor allem wie die Listerien die Barrieren überwinden können. Erstens müssen sie die gastrointestinale Barriere überwinden, danach müssen sie entweder die Blut-Hirnschranke passieren, oder die plazentare Schranke überwinden. Die Listerien aktivieren ihre Virulenzfaktoren erst bei 37°! Also erst bei Körpertemperatur.

Gastrointestinale Invasion der Listerien

Es gibt prinzipiell 2 Mechanismen der Invasion, eine durch den „Zipper“ Mechanismus, welcher von den Listerien benutzt wird, und einen „Trigger“ Mechanismus, welcher v.a. von Salmonellen benutzt wird.

Das untenstehende Bild zeigt den Zipper-Mechanismus

Beim Zipper-Mechanismus interagieren die bakteriellen Proteine mit den Oberflächenrezeptoren der Zelle, nämlich mit Internalin und E-Cadherin. Dadurch wird das Bakterium in die Zelle eingeschleust.

Und im Gegensatz dazu den Trigger-Mechanismus von Salmonellen und Shigellen

Beim Trigger-Mechanismus hingegen sind es Bakterielle Effektoren, welche dann die Zelle veranlassen Pseudopoden auszubilden, und so das Bakterium zu internalisieren.

Bei den Listerien, welche durch den Zippermechanismus in die Zelle gelangen, gibt es zunächst nur ein einwandiges Endosom, wobei Listeria diese Wand auflöst, und sich in der Zelle teilt. Dabei kommt es zur Actin Polymerisation, was die Listerien befähigt sich zu bewegen, und mit dem „Antriebsschwanz“ des polymerisierten Actins, bewegen sich die Listerien auf die nächste Zelle zu und haben dann ein Doppelwand-Endosome. Der Mechanismus wird im untenstehenden Bild deutlich gezeigt.

Cossart konnte mittels Tiermodellen zeigen, dass für die Invasion der gastrointestinalen Barriere das Internalin A notwendig ist, und für die Invasion der plazentaren Barriere vermutlich sowohl das Internalin A alsauch das Internalin B. Hingegen ist es noch unklar wie die Listerien die Blut-Hirnschranke überwinden.

Alle Publikationen von Pascale Cossart und ihrem Team finden sich auch auf der Homepage des Institut Pasteur. www.pasteur.fr

Innate Immunity

Ein unerschöpfliches Thema denn hier werden die meisten Fortschritte und Erkenntnisse der Medizin gemacht. So vieles wird nun auf molekularer Ebene erforscht und verstanden. Ein absolut interessantes Thema, das hier nur ansatzweise gestreift werden kann.

Jürg Tschopp, Biochemiker der Universität Lausanne, berichtet über das Inflammasom.

Ein Inflammasom ist ein Komplex, welches Caspase-1 aktiviert. Was heisst das konkret?

Es gibt verschiedene Arten von Inflammasomen, die über verschiedene Sensoren getriggert werden:

1) NOD like Receptor: a. NOD 1-5 b. NALP1 und NALP 2-14 c. IPAF und NAIP

2) HIN-family member (AIM-2, IFIX etc)

Tschopp geht aber vor allem auf das NALP3 Inflammasom ein, denn über Aktivierung des NALP 3 kommt es zur Aktivierung der Caspase 1 und dadurch zur Produktion von

proIL-1, einem hochinflammatorischen Zytokin, welches die T-Zellen stimuliert und als Pyrogen wirkt.

Mit NALP 3 werden mit Autoimmunerkrankungen in Verbindung gebracht so z.b. mit

Muckle wells

Familiar cold autoinflammatory syndrome

CINCA (chronic infantile neurological, cutaneous and articular syndrome)

NOMID (neonatal onset multi-system inflammatory disease)

Im NEJM 2006 konnte die Gruppe um Kastner sehr schön zeigen, dass mit Injection von Anakinra (einem IL-1rezeptor antagonist= IL-1ra) die Symptomatik der Kinder erheblich verbessert werden konnte.

(Am diesjährigen SAFE-ID Symposium in Luzern hat Kastner zu diesem Thema einen Vortrag gehalten, welchen sie ebenfalls als Zusammenfassung auf unserer Homepage finden, oder direkt über diesen Link.)

Tschopp zeigt im weiteren, wie die Aktivierung von Inflammasomen geschieht, hier gibt es in etwa 3 Modelle als Hypothese, ganz klar ist es nicht.

1) über ein Kanalsystem gelangen die PAMP’s (Pathogen Associated Molecular Patterns) oder die DAMP’s (Danger Associated Molecular Patterns) in die Zelle und aktivieren über einen Kaliumverlust die NALP3.

2) PAMP’s und DAMP’s werden endozytiert und aktivieren über das Lysosom das Cathepsin, welches seinerseits die NALP3 aktiviert.

3) Oder als 3. Modell, die endozytierten PAMP’s oder DAMP’s führen zur Bildung von Sauerstoffradikalen und aktivieren dadurch das NALP3.

Nicht nur Erreger assozierte Molecular Patterns stimulieren das Immunsystem, auch die sogenannten DAMP’s, was meist chemische Substanzen sind, so z.b. die Harnsäure bei der Gicht. Die Harnsäure aktiviert ebenfalls das NALP3 und führt somit zur

Produktion von IL-1. So haben die Forscher aus Lausanne, Alexander So und Jürg Tschopp bei 10 Gicht Patienten den IL-1 Inhibitor (IL-1ra= Anakinra) getestet. Es waren alles Patienten, bei welchen die Standardtherapie mit NSAR,Colchizine und Steroiden keinen Effekt gebracht hatte, oder nicht vertragen wurde. Unter Anakinra wurden die Patienten innerhalb von 24 h beschwerdefrei. (So A et al, 2007)

Dann überfliegt Tschopp noch viele andere Krankheiten, welche über das Inflammasom NALP3 gesteuert werden könnten, so z.b. Candida Infektionen oder auch Malaria, hier gibt es sogar ein Tiermodell mit knocked out Mäusen für das NALP3, welche die Malaria besser überleben als der wild typ.

So werden wir in Zukunft vermutlich noch viel über Inflammasome und ihre Hemmung

bei verschiedenen Erkrankungen hören. Momentan ist v.a. das IL-1Ziel verschiedener Forschergruppen.

Indiziert ist die Hemmung des Il-1 bereits bei folgenden Erkrankungen:

Familiäres Mittelmeerfieber

PFAPA (periodisches Fieber, aphthöse Stomatitis, Pharyngitis, zervikale Adenitis)

Juvenile rheumatoide Arthritis

TRAPS (TNF-Receptor associated periodic syndrome)

Untersucht werden muss die Wirkung von Anakinra noch für folgende Erkrankungen:

SWEET syndrom

Morbus Behcet

Typ 2 Diabetes

Rheumatoider Arthritis

Relapsing Polychondritis

....und vermutlich noch bei vielen anderen Pathologien.

Funktioniert Anakinra, dann revolutioniert es ganz vieles in der Medizin. Stellen Sie sich vor Sie sind Typ 2 Diabetiker und müssen nur noch einmal alle 4 Monate das Anakinra spritzen, und nicht mehr täglich ihren BZ kontrollieren und täglich Insulin spritzen.......

Der zweite Redner dieser Session war Nicholas Gay aus der Cambridge University in England.

Er berichtet über die Patterns Recognition Receptors, wie TLR, NOD und RIGS, über die Geschichte der Entdeckung dieser Pattern Recognition Receptors (die erste Entdeckung an Drosophila 1984, welche zum Ausruf „toll“ führte und dann 1998 die Entdeckung, dass es beim Menschen homologe Rezeptoren zu diesen toll Rezeptoren gibt, welche dann Toll-like Rezeptoren genannt werden) und geht dann aber v.a. auf die Toll-like Rezeptoren ein. Er wirft die Frage auf, wie denn so viele verschiedene

Liganden die gleichen Rezeptoren aktivieren können? Hierfür muss die Struktur der Toll-like Rezeptoren erforscht werden, damit die molekularen Mechanismen der Signal Transduktion erkannt werden können. Gay hat mit seinen Kollegen diese molekulare Aufbaustruktur von TLR-4 gefunden und zeigt uns an verschiedenen Modellen, dass sich TLR4 bei der Aktivierung dimerisiert.

Aber vieles bleibt noch offen, die Strukturen der anderen TLR, und die Transduktion der Signale, welche zu Entzündungen, Apoptose etc führen.

Das bessere Verständnis dieser Mechanismen kann zu gezielterem Einsatz immunmodulierender Substanzen führen. So am Beispiel des Imiquimod gezeigt, welches als Imidazoquinolin-Derivat in vitro und auch an Tiermodellen eine antivirale

Aktivität gezeigt hat, und zwar durch Induktion von Interferon-. Seit kurzem ist nun bekannt, dass Imiquimod an TLR-7 und vermutlich auch an TLR-8 bindet und so zur

Freisetzung des Interferon- führt. So wird Imiquimod lokal angewendet um genitale Warzen oder aktinische Keratosen zu behandeln. Eine systemische Awendung von Imiquimod ist nicht möglich, da es zu einer systemischen Ausschüttung von Interferon-a führen würde, was zu grippeähnlicher Symptomatik mit Fieber und Myalgien führt.

Gay zeigte also in seinem Vortrag den Link zwischen Grundlagenforschung, mit besserem Verständnis der auf molekularer Ebene ablaufenden Mechanismen und damit gezielteren Einsatz verschiedener immunmodulierender Substanzen.

Ein Caveat wird in der Diskussion von J.Tschopp noch eingefügt, denn er ist skeptisch was die systemische Aktivierung von TLR 8 und 9 betrifft. Aus seinen eigenen Daten weiss er, dass eine Aktivierung von TLR8 und 9 zu einer Aktivierung der Inflammasome führt, und somit wieder zu vermehrten Krankheitssymptomen führt. (Etwas das ja das Imiquimod bereits gezeigt hat: lokal ist es o.k. aber systemisch macht es durch Aktivierung des Immunsystems nur krank)

Persönliches Fazit: Es gibt noch ganz viel zu verstehen zur Innate Immunity, und es bleibt spannend, denn in der Immunologie liegt die Revolution der Medizin!!!!

Session der „nicht exotischen“ Würmer

Diphylobotrium latum

Als erster spricht S.T.Jokiranta aus Finnland über Diphylobotrium latum. Natürlich wird einem das sofort klar, dass der Fischbandwurd bei den Finnen ein Problem sein könnte, wenn man die Speisegewohnheiten der Finnen studiert. Fisch, Fisch und nochmals Fisch! Das Fazit in des Vortrages in 4 Worten: Essen Sie keinen rohen Fisch! (Dazu lesen sie vielleicht auf infekt.ch auch den Artikel Sushi-Manie und Gesundheitsrisiko, obwohl in diesem Artikel auf dem Infektweb nicht vom Fischbandwurm die Rede ist!)

Das lernen wir ja alle schon im Studium, dass roher Fisch eigentlich ungesund ist. Dennoch war es erstaunlich zu sehen, dass es gar nicht so viele Menschen sind, die vom Fischbandwurm betroffen sind, obwohl in Finnland in den 50iger Jahren eine Kampagne übers Fernsehen, Zeitschriften etc gestartet war um den Konsum von rohem Fisch zu unterbinden.(Am.J.Trop.Med.Hyg. 1961)

Für uns Mediziner ist es wichtig das Krankheitsbild zu kennen, denn der Befall mit Diphylobotrium latum kann zu einer megaloblastären Anämie führen, aber in 80% verläuft es asymptomatisch. Die Diagnostik erstreckt sich auf die Stuhluntersuchung auf Wurmeier, denn der „Eier-Load“ im Stuhl ist sehr hoch. Die Therapie ist einfach mit einmal Praziquantel oder auch Niclosamid, und eventuell kann noch mit Laxantien nachgeholfen werden, damit der Wurm dann auch wirklich ausgestossen wird, denn er kann unter Umständen sehr lang werden. Jokiranta lässt ein grosses Glas zirkulieren mit einem solchen Wurm drin. ( Sieht aus wie eine überaus lange platte Nudel!) Er zeigt auch, dass z.b. in der Schweiz ein grosser Prozentsatz der verkauften Perchfilet aus Finnland und Russland stammen, wo die Durchseuchung der Fische mit Diphilobotrium latum doch sehr hoch ist.

Echinococcus alveolaris

Der nächste Redner, Peter Kern aus Ulm, berichtet dann über den Echinococcus multilocularis, und zeigt wie sich das Endemiegebiet, welches initial v.a. auf Süddeutschland und die Schweiz begrenzt war, sich nun gegen Norden und Osten ausgedehnt hat. Der Endwirt des Echinococcus multilocularis ist der Fuchs, und als Zwischenwirte fungieren kleine Nager und eben fälschlicherweise auch der Mensch. Die Inzidenz hat in den letzten Jahren merklich zugenommen, v.a. wenn man die Publikationen im EID in den letzten 5 Jahren anschaut. Warum dem wohl so ist? Darauf geht er nicht ein. Eine Publikation von Alexander Schweiger et al, zeigt dass die humane alveoläre Echinococcose mit der Zunahme der Fuchspopulation in der Schweiz korreliert. (A.Schweiger et al, EID 2007)

Die alveoläre Echinococcose sollte wie ein Tumorleiden betrachtet werden, denn es hält sich an keine Gewebegrenzen und Kern schlägt deshalb vor, ähnlich wie bei den Tumorleiden wo es eine TNM Stadien Einteilung gibt, bei der Echonococcosis alveolaris eine PNM Stadieneinteilung zu verwenden. Diese PNM Einteilung (P=parasitic mass in the liver, N= involvement of neighbouring organs, M=metastasis) wird vom europäischen Netzwerk zur Überwachung der alveolären Echinoccocose als auch von der WHO und hier speziell der „informal working group on Echonococcosis“ als klinische Stadieneinteilung vorgeschlagen. Diese Einteilung erleichtert auch die Entscheidung bezüglich therapeutischem Vorgehen. (Kadry et al ;Brit J Surg 2005 (92)1110)

Kern weist daraufhin, dass es ganz wichtig ist bei E.alveolaris die Lymphknoten zu entfernen, denn oft finden sich hier bereits erste Zeichen einer Streuung, und in einem solchen Falle muss die medikamentöse Therapie lebenslang erfolgen.

Hohe Aufmerksamkeit der Mediziner ist gefordert und an alveoläre Echinococcose muss man denken, wenn wir einen Patienten haben, der aus einem Endemiegebiet stammt, Bauer oder Hundbesitzer ist, eine verdächtige Sonographie aufweist und in der erweiterten Bildgebung durch einen erfahrenen Radiologen ebenfalls der Verdacht auf alveoläre Echinococcosse geäussert wird. Natürlich ist die Serologie ein zusätzlicher Baustein, vor allem der Em2plus ELISA. Eine Studie zeigt, dass bei Normalisierung der Em2 plus ELISA von einer kurativen Therapie ausgegangen werden kann. (Tappe et al; 2009). In der Erfahrung aus Ulm zeigt sich, dass das PET ein guter Indikator ist für die Aktivität der alveolären Echinokokkose. (Reuter S et al; Nuklearmedizin 2008)

Echinococcus granulosus

Aus der Türkei spricht dann Prof. Akhan, von Haus aus Radiologe, über die cystische Echinococcose, die in der Türkei endemisch vorkommt. Er hat viel Erfahrung mit der perkutanen Therapie der cystischen Echinococcose und zeigt uns mittels vielen Bildern die Erfolge dieser veschiedenen Techniken. In erster Linie brauchen sie die PAIR (Punction, Aspiration, Injection of hypertonine saline solution, Reaspiration) und für gewisse Fälle die MoCat (modified catheter aspiration). Es gibt keine Untersuchung zwischen PAIR und MoCAT, so dass es momentan an der Erfahrung des Interventionisten liegt, was er macht. (Ustünsöz B et al; 1999)

Akhan berichtet, dass sie die MoCat methode v.a. verwenden, wenn es Zysten mit Tochterzysten sind, also gemäss WHO Einteilung Stadium CE 2.

CE1 runde homogene Zyste (lebende, aktive Zysten ohne Tochterzysten)

CE2 runde Zysten mit Septierungen (lebende, aktive Zysten mit Tochterzysten)

CE3 meist entrundete Zysten mit flottierenden Membranen (beginnend degenerierend, aber allenfalls noch lebende Tochterzysten)

CE4 meist degenerativ, kleinere Zyste, hypoechogen oder hyperechogen, keine Tochterzysten, (inaktive Zyste)

CE5 verkalkende Zyste (inaktiv)

Therapeutisches Vorgehen bei CE1 und 2 indiziert, bei CE3 schwierig, je nach Klinik und Möglichkeiten, und bei CE4 und 5 ist die „wait and watch“ Strategie indiziert.

Die PAIR Methode weist gegenüber der operativen Technik weniger Komplikationen auf, die Hopsitalisation ist kürzer und bisher sind keine Disseminierungen nach PAIR beschrieben. Letztendlich ist dies v.a. ein Erfahrungsbericht aus eigener Sicht, und bringt eigentlich nicht viel neue Erkenntnisse.

Dirofilariose

Spannender ist da dann schon der nächste Vortrag über die Dirofilariose von Pierre Marty aus Nizza. Die Dirofilariose ist keine Tropenerkrankung sondern in erster Linie eine Erkrankung der Hunde. Es gibt 2 Spezien der Dirofilarien und zwar:

1) Dirofilaria immitis a. Herzerkrankung bei Hunden (Europa und

Amerika) (Abb rechts:Erwachsener Wurm im Hundeherz auch als Spaghetti im rechten Herzen beschreibbar)

b. Lungenerkrankungen bei Hunden ganz selten und wenn dann nur in Amerika

2) Dirofilaria repens a. Subcutane Laesionen in Hunden, Katzen und

Menschen b. Ganz selten auch Lungenbefall beim Mensch aber nur in Europa

So weit so gut, denkt man sich da, ist wohl nicht so schlimm, betrifft v.a. die Hunde. Aber vielleicht sollten wir doch mal genauer hinhören, denn im südlichen Europa ist die Prävalenz bei Hunden je nach epidemiologischer Datenerhebung mit 2-48% doch nicht so klein, und in den letzten Jahren kam es wohl in der Po-Ebene zu einem markanten Anstieg der Dirofilariose. Den Anstieg der Dirofilariose kann denn mit dem Einzug der Tigermücke (Aedes albopticus) in Italien korreliert werden, denn die Tigermücke fungiert als Vektor für die Dirofilarien. Somit könnte sich mit der weiteren Verbreitung der Tigermücke ( CAVE: Tigermücke ja bereits nördlich des Gotthard entdeckt) auch die Dirofilariose weiter ausbreiten. Die Microfilarien, welche im Blut der Hunde zirkulieren können über verschiedene Moskitos übertragen werden, bisher sind über 70 verschiedene Vektoren bekannt von der Gattung Culex, Anopheles und Aedes……..

Zum Glück ist die Dirofilariose beim Mensch selten. Sie manifestiert sich beim Menschen meist an der Haut oder aber auch am Auge. Es kommt praktisch nie zu einer Eosinophilie, und auch nicht zu einer Microfilarämie beim Menschen. Bisher sind weltweit nur ca 500 Fälle beschrieben, davon aber 200 Fälle in Italien. 2008 wurde ein erster Fall von Dirofilariose beim Menschen in der Slovakei beschrieben. (Babal et al, 2008) Und auch in Ungarn wurden 2008 neue Fälle beschrieben, und es scheint dass die Dirofilariose auch in Zentral- und Osteuropa zunimmt.

Wie gesagt kommt es beim Mensch meistens zu Manifestationen an der Haut, zu subcutanen Knötchen, an verschiedensten Orten und selten auch mal zu einem Augenbefall, oder ganz selten zu Knoten in viszeralen Organen wie z.b. der Lunge. Es gibt Fallbeschreibungen mit multiplen pulmonalen Rundherden. (Vollenweider et al, Chest 2008)

Die Therapie erfolgt durch Excision in toto, danach braucht es keine weitere medikamentöse Therapie,

und durch die Excision respektive die Histologie ist dann auch die Diagnose gestellt. Einzelne Autoren empfehlen noch eine medikamentöse Therapie mit Ivermectin, wobei Marty dies nicht emfpiehlt, für ihn ist die Therapie mit der Exzision abgeschlossen.

Die globale Erwärmung scheint also die Ursache der Zunahme der Dirofilariose gegen Norden und Osten Europas zu sein, denn durch die Erwärmung kommt es zur Verbreitung der Vektoren, und somit auch der Möglichkeit die Dirofilariose zu verbreiten.

Verbreitung der Dirofilarien 2006

Die Karte suggeriert dass es in der Schweiz keine Dirofilariosis gibt, aber bereits 1998 gibt es eine Publikation von Bucklar et al (Schweiz.Arch Tierheilkunde) welche im Tessin doch in 0.6 % der Hunde D.repens und in 1.6% der Hunde D.immitis nachweisen konnte.

Auch hier kann es durch die Einwanderung der Tigermücke zu einer Zunahme der Dirofilariose kommen.

In der Region Veneto, in der Stadt Padova wurden in den Jahren 2000-2002 Untersuchungen zur Durchseuchung der Tigermücke mit Dirofilarien durchgeführt. Im Sommer 2000 waren 27% der Tigermücken mit Dirofilarien infiziert, was eine hohe Übertragungsrate erklärt. Ausserdem ist bekannt, dass die Tigermücke ein sehr anthropophiles Verhalten an den Tag legt, sprich sie kann 30-48 mal pro Stunde stechen und blutsaugen! Ausserdem haben die

Forscher festgestellt, dass über 90% der eingefangenen „Tages-Mücken“ die sogenannte Tigermücke war. Dies bedeutet also: die Ausbreitung der Dirofilariose wird mit der Verbreitung der Tigermücke sehr leicht möglich! (Cancrini et al, Vet Parasitol 2003)


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