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 · 18 GNOSTIKA 49 TRANSFORMATION Auf die Wandlungsfähigkeit unseres Gehirns können wir also...

Date post: 09-Sep-2019
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18 GNOSTIKA 49 TRANSFORMATION Auf die Wandlungsfähigkeit unseres Gehirns können wir also zählen, wenn es gilt, fehlerhafte Wege zu korrigieren. Auch in Hinblick auf große Fehlgriffe ist dies möglich, wie in der folgenden Fragestellung anklingt: Wie lässt sich Wüstenbildung verhindern und rück- gängig machen? Über das griechische Attika berichtete einst Platon: „Als At- tika noch intakt war, gab es auf den Ber- gen große Wälder und endlose Vieh- weiden. Die Menge des jährlichen Nie- derschlages ging nicht wie heute verlo- ren, da man ihn über die kahle Ober- fläche ins Meer fließen lässt, sondern er wurde von der Erde vollständig auf- genommen und so konnte das Wasser von den Höhen in Form von Quellen und Flüssen mit überreichlichen Was- sermassen in die Täler abfließen und von dort das gesamte Tal bewässern“ (30). Heute, 2500 Jahre später, berichtet Sepp Holzer: „Die gesamte fruchtbare Erde ist verschwunden und hat ein Land wie Haut und Knochen hinterlas- sen.“ Er hatte das Land besucht, weil griechische Nonnen ihn um Hilfe baten. Was war geschehen? In den Pinien- monokulturen hatte sich der Pinienpro- zessionsspinner ausgebreitet und von einem hunderte Hektar großen Forst nur Baumgerippe zurückgelassen. Der Erdkörper hatte seine Wasserspei- cherkraft verloren. Ein Jahr danach war dann der ganze Berg abgebrannt. Ähnliche Notrufe gibt es aus aller Welt ··· und überall stehen die Menschen vor demselben Ergebnis: Erosion, begleitet vom Verlust des Wasserhaushaltes, von Bauernarmut und großräumigem Land- schaftssterben. Es gibt natürlich noch eine allerletzte Stufe: Wüstenbildung. Sie gilt es zu vermeiden, da sie sich flächenhaft ausbreitet, wie eine Epide- mie. In all diesen Ländern ist die Dring- lichkeit zum Handeln groß. Der Agrar- Rebell predigt kein „zurück zur Natur“ oder romantische „Einheit mit der Na- tur“, er forscht vor Ort nach den Ursa- chen und veranlasst die Rekultivierung mit der weitestmöglichen Aussicht auf Permanenz. Intelligenz und Einfüh- lungsvermögen sind nötig, um all die Sepp Holzer: Wüste oder Paradies. Von der Renaturierung bedrohter Landschaften über Aqua-Kultur und Biotop-Aufbau bis zum Urban Gardening. Graz: Leopold Stocker Verlag, 2011. ISBN 978-3-7020-1324-0.
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Page 1:  · 18 GNOSTIKA 49 TRANSFORMATION Auf die Wandlungsfähigkeit unseres Gehirns können wir also zählen, wenn es gilt, fehlerhafte Wege zu kor rigieren.

18 GNOSTIKA 49 TRANSFORMATION

Auf die Wandlungsfähigkeit unseresGehirns können wir also zählen, wennes gilt, fehlerhafte Wege zu korrigieren.Auch in Hinblick auf große Fehlgriffeist dies möglich, wie in der folgendenFragestellung anklingt: Wie lässt sichWüstenbildung verhindern und rück-gängig machen? Über das griechischeAttika berichtete einst Platon: „Als At-tika noch intakt war, gab es auf den Ber-gen große Wälder und endlose Vieh-weiden. Die Menge des jährlichen Nie-derschlages ging nicht wie heute verlo-ren, da man ihn über die kahle Ober-fläche ins Meer fließen lässt, sonderner wurde von der Erde vollständig auf-genommen und so konnte das Wasservon den Höhen in Form von Quellenund Flüssen mit überreichlichen Was-sermassen in die Täler abfließen undvon dort das gesamte Tal bewässern“(30). Heute, 2500 Jahre später, berichtetSepp Holzer: „Die gesamte fruchtbareErde ist verschwunden und hat einLand wie Haut und Knochen hinterlas-sen.“ Er hatte das Land besucht, weilgriechische Nonnen ihn um Hilfe baten.Was war geschehen? In den Pinien-monokulturen hatte sich der Pinienpro-zessionsspinner ausgebreitet und voneinem hunderte Hektar großen Forstnur Baumgerippe zurückgelassen. DerErdkörper hatte seine Wasserspei-cherkraft verloren. Ein Jahr danachwar dann der ganze Berg abgebrannt.Ähnliche Notrufe gibt es aus aller Welt

··· und überall stehen die Menschen vordemselben Ergebnis: Erosion, begleitetvom Verlust des Wasserhaushaltes, vonBauernarmut und großräumigem Land-schaftssterben. Es gibt natürlich nocheine allerletzte Stufe: Wüstenbildung.Sie gilt es zu vermeiden, da sie sichflächenhaft ausbreitet, wie eine Epide-mie. In all diesen Ländern ist die Dring-lichkeit zum Handeln groß. Der Agrar-Rebell predigt kein „zurück zur Natur“oder romantische „Einheit mit der Na-tur“, er forscht vor Ort nach den Ursa-chen und veranlasst die Rekultivierungmit der weitestmöglichen Aussicht aufPermanenz. Intelligenz und Einfüh-lungsvermögen sind nötig, um all die

Sepp Holzer:Wüste oder Paradies.

Von der Renaturierung bedrohter Landschaftenüber Aqua-Kultur und Biotop-Aufbau

bis zum Urban Gardening.Graz: Leopold Stocker Verlag, 2011.

ISBN 978-3-7020-1324-0.

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Fehler – entstanden durch Engstirnig-keit, falschen Stolz, lobbyistische Gän-gelei und Behördenbeharrlichkeit –abzuschütteln zu können. Zum Glückgibt es aber überall, wo die Not groß istauch Menschen, die bisherige katastro-phale Fehler in der Land- und Forst-wirtschaft einsehen und Regenerie-rung in Angriff nehmen. Holzer zeigtdort neue Wege der Erdheilung auf, diekünftige Naturkatastrophen vermeidenhelfen. Was hier nur die Besprechungeines Buches sein kann, ändert sich,wenn man das/ein Holzer-Buch liest.Erst ist man gefesselt, dann beschämtob der eigenen Kurzsichtigkeit, gleich-zeitig aber beflügelt und es lässt einen

AKTUELLES TAGUNGEN PROJEKTEGNOSTIKA 49

nicht mehr los. Man spürt instinktiv,dass es sich hier um ein existenziellwichtiges Terrain handelt, aus demman sich als Erdenbürger nicht mehrausklinken kann. Lassen wir den Autorselbst zu Wort kommen: „Alles hat sei-ne Wurzeln, wenn sie auch nicht sicht-bar sind … Der Mensch aber hat seineWurzeln verloren. Er irrt ohne Be-wusstsein seiner Herkunft durch dieWelt. Er ist nicht geerdet, ihm fehlt dieEnergie, die er durch seine Wurzelnbekommen würde. Doch er kann seineWurzeln wiederfinden“ (194).

Ihre GNOSTIKA-Redaktion


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