+ All Categories
Home > Documents > 14 Dienstag, 3. Januar 2017 Großes Engagement für Gedenkstätte · 2017. 1. 3. · der...

14 Dienstag, 3. Januar 2017 Großes Engagement für Gedenkstätte · 2017. 1. 3. · der...

Date post: 10-Mar-2021
Category:
Upload: others
View: 0 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
1
14 LOKALES Dienstag, 3. Januar 2017 nde 2015 erwarb die Stiftung Lager Sandbostel nach län- geren Verhandlungen ein weiteres Teilgrundstück des ehe- maligen Kriegsgefangenenlagers Stalag X B mit mehreren histori- schen Gebäuden. Das Grund- stück und die maroden Gebäude befanden sich damals in einem sehr vernachlässigten Zustand. Mit großem Engagement began- nen viele ehrenamtliche Helfer Mitte Februar 2016 damit, das Gelände aufzuräumen. Unter an- derem wurden ungezählte Con- tainer mit Müll und eingestürzten Bauteilen aus den historischen Unterkunftsbaracken geräumt. Bereits dadurch veränderte sich der Charakter des Geländes grundlegend, der Bezug zu dem restlichen Gedenkstättengelände wurde hergestellt. Unter anderem wurde die noch erhaltene Boden- platte eines großen französischen Sakralraumes freigelegt. Wie schon in den vergangenen Jahren wurde die Gedenkstätte auch 2016 wieder von vielen Be- sucherinnen und Besuchern aus ganz Europa und aus weit ent- fernten Ländern wie Brasilien, Is- rael, Mexiko, Russland und den Vereinig- ten Staaten von Amerika besucht. Be- sonders Ein- drucksvoll wa- ren die Besu- che von mehre- ren Überleben- denverbänden aus Frankreich und den Nie- derlanden. Die Delegationen ha- ben unsere Arbeit erneut sehr po- sitiv beurteilt. Diese Besuche be- stätigen uns stets, dass wir in würdiger Weise die Erinnerung an die Menschen weitertragen, die in Sandbostel gelitten haben und gestorben sind. Insgesamt besuchten im Jahr 2016 etwa 11 800 Personen die Gedenkstätte. Diese teilen sich folgendermaßen auf: Schulen et- wa 2 750 Personen, Konfirman- dengruppen/Kirchenkontext etwa 800, sonstige Gruppen etwa 1 400, Veranstaltungen und öf- fentliche Rundgänge etwa 1 600, Fortbildungen/Seminare/Sitzun- gen etwa 150, Einzelbesucher et- wa 4 600 sowie ausländische Be- sucherinnen und Besucher etwa 500. 2016 wurden insgesamt 57 Schultermine organisiert. Neben 22 Studientagen und allgemeinen Führungen beteiligten sich zwi- schen Ostern und Herbst 40 Klas- sen aus Schulen der Region am Namensziegelprojekt zur Erinne- rung an die sowjetischen Opfer des Stalag XB auf der Kriegsgrä- berstätte Sandbostel. Dank der erfolgreichen Evaluierung des Projektes durch die studentische E Hilfskraft Nele Eilers konnten mit den Gruppen in diesem Jahr fehlerhafte Ziegel aus den Vorjah- ren überarbeitet und das Projekt weiter fortgesetzt werden. Neben dem Namensziegelpro- jekt haben zehn Schulgruppen an dem Modul „Geschichts- und Er- innerungskultur“ teilgenommen, sich mit der Entwicklung der Ge- denkstätte und der Erinnerung an die Opfer des Stalag XB und des KZ-Auffanglagers Sandbostel auseinandergesetzt und Denk- malsentwürfe für den ehemaligen Bereich des KZ-Auffanglagers und für das KZ-Gräberfeld auf der Kriegsgräberstätte Sandbostel entwickelt. Im April fand in Ko- operation mit der KGS Tarmstedt eine trinationale Jugendbegeg- nung mit Schülern aus Deutsch- land, Polen und der Ukraine in der Gedenkstätte statt, bei dem sich die Schüler neben der Erin- nerung an die gemeinsame euro- päische Geschichte auch aktiv bei Aufräumarbeiten im Bereich des neu hinzugewonnenen Areals der Gedenkstätte beteiligt haben. In Zusammenarbeit mit dem Bildungsreferenten des Volksbun- des Deutscher Kriegsgräber- fürsorge, Dr. Henning Pie- per, nahmen fünf Schulen das Angebot des „Stationen- lernens“ auf der Kriegsgrä- berstätte in Sandbostel wahr. Außer- dem wurden in der Gedenkstätte 2016 auch eine deutsch-israelische Jugendbegeg- nungsgruppe, eine deutsch-grie- chische Austauschgruppe der IGS Osterholz-Scharmbeck und eine deutsch-polnische Austausch- gruppe der Oberschule Apensen betreut. Vom 13. bis 26. Juli trafen sich Jugendliche aus sieben Nationen in Sandbostel zum Internationa- les Jugendworkcamp Sandbostel. Es wurde bereits zum achten Mal für Jugendliche und junge Er- wachsene im Alter zwischen 16 und 24 Jahren durchgeführt. Für den kommenden Sommer ist das internationale Jugendprojekt „peace train“ vorgesehen. Dieses Projekt hat im Sommer 2015 das erste Mal stattgefunden. Im nächsten Jahr heißt das Reiseziel vom 15. bis 28. Juli Großbritan- nien. Das Projekt „peace train“ richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene ab 16 Jahre. NS-Zeit in der Grundschule Im September 2015 hat sich ein Arbeitskreis mit Lehrerinnen und Lehrern der umliegenden Grund- schulen gegründet, der das Ziel verfolgt, den Nationalsozialismus als Thema in den Unterricht der vierten Klasse altersgerecht, sen- sibel und mit unterschiedlichen methodischen Zugängen einzu- binden. 2016 hat der Arbeitskreis mehrere Unterrichtseinheiten zu den Themen Nationalsozialismus und der aktuellen Fluchtsituation und deren Hintergründen erarbei- tet und praktisch erprobt. Die er- arbeiteten Unterrichtseinheiten werden im April und Mai 2017 in den Grundschulen in Selsingen, Karlshöfen, Kuhstedt und Brillit durchgeführt. Die Ergebnisse werden am 8. Mai an einem zen- tralen Ort in der Region ausge- stellt. Begonnen hat auch das in Zu- sammenarbeit mit der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten entwickelte Projekt „Bücherkis- te“. Die „Bücherkiste“ ist eine umfangreiche Zusammenstellung von Kinderliteratur über den Na- tionalsozialismus für Schülerin- nen und Schüler im Grundschul- alter. In Niedersachsen gibt es insgesamt drei dieser Bücherkis- ten. Die in der Gedenkstätte La- ger Sandbostel kann von Grund- schulen aus der Region für meh- rere Wochen ausgeliehen werden. Das von dem Friedenspädago- gen Michael Freitag-Parey mitent- wickelte Gottesdienst-Format „gut:jetzt – Zeit für Frieden“ ver- steht sich als offenes, generati- onsübergreifendes Angebot, das sich ausrichtet und festmacht an Tagen, die mit besonderen The- men verbunden sind. Der Gottes- dienst hat einen offenen Charak- ter. Er ist Gottesdienst, Forum und Werkstatt zugleich. Die Gedenkstätte hat 2016 auf mehreren Ebenen einen Profes- sionalisierungsschub und große Schritte beispielsweise bei der Be- arbeitung und Verzeichnung ihres Archivgutes gemacht. Durch den wissenschaftlichen Dokumentar Ronald Sperling konnte die be- reits 2015 begonnene Neuorgani- sation des Archivs der Gedenk- stätte Sandbostel erfolgreich fort- gesetzt werden. Die von der Stif- tung niedersächsische Gedenk- stätten finanzierte Archivstelle wird 2017 fortgeschrieben. Im Rahmen des Archivprojekts konnten in diesem Jahr die Pa- pierbestände (Kopien aus Fremd- archiven) in der Datenbank er- fasst, konservatorisch bearbeitet und in Archivkartons gelagert werden. Findbücher zu den zen- tralen Beständen wurden von Ro- nald Sperling erarbeitet, so dass nun unkompliziert im Archiv re- cherchiert werden kann. In 2016 besuchten erneut viele Schülerinnen und Schüler das Archiv und die Bibliothek und re- cherchierten für Facharbeiten oder Referate in der Gedenkstät- te. Neben den Schülerinnen und Schülern nutzten auch Angehöri- ge von ehemaligen Kriegsgefange- nen oder KZ-Häftlingen das Ar- chiv, um oft erstmals Auskunft über das Schicksal ihrer verstorbenen Verwandten zu erhalten oder um das Wissen über die Zeit in der Gefangen- schaft zu vertie- fen. Die Gedenk- stätte Sandbos- tel bekam im vergangenen Jahr zahlreiche Anfragen aus dem Ausland. Bei einer Anfrage von den Cay- man Islands konnte dem Neffen eines Zivilinternierten ein Foto des Gesuchten aus der Gefangen- schaft übergeben werden. Immer wieder erreichen die Gedenkstät- te in der Folge von meist längeren E-Mail-Wechseln sehr rührende Danksagungen von Angehörigen. Ebenso fragen aber zunehmend auch deutsche Familien nach ih- ren Angehörigen, die entweder als Angehörige der Waffen SS im Civil Internment Camp No. 2 der Britischen Armee interniert oder im Notaufnahmelager für jugend- liche Flüchtlinge aus der DDR untergebracht waren. Weiterhin sind immer wieder auch Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaft- ler sowie Journalistinnen und Journalisten interessiert. Insge- samt sind die Anfragen an das Ar- chiv mit über 210 Anfragen leicht gestiegen. Auch 2016 wurden dem Archiv wieder zahlreiche Dokumente, Fotos, Berichte und Artefakte von Angehörigen ehemaliger Kriegsgefangener übergeben, wie zum Beispiel eine Sammlung von Dokumenten und Auszeichnun- gen eines ehemaligen belgischen Kriegsgefangenen. Zudem wur- den der Gedenkstätte 2016 auch Dokumente aus der Region um Sandbostel übergeben. Im September konnte der on- line-Katalog der Gedenkstättenbi- bliothek der Öffentlichkeit über- geben werden. Christa Steffens hatte unermüdlich die Titel der Bücher der Gedenkstätte ehren- amtlich in eine Datenbank über- tragen und verschlagwortet. Von September bis Dezember wurden die wieder als landwirt- schaftliche Nutzflächen genutz- ten Areale des ehemaligen Kriegs- gefangenenlagers Sandbostel sys- tematisch durch geschulte und von der Kreisarchäologie zugelas- sene Sondengänger mit Metallde- tektoren untersucht. Bei dem so genannten „Sondeln“ konnten die beiden ehrenamtlichen Teams umfangreiche lagerzeitliche Fun- de bergen. Darunter sind Alltags- gegenstände der Kriegsgefange- nen wie Essbestecke, Beschläge der Baracken, Ausrüstungsgegen- stände der Kriegsgefangenen wie Knöpfe, Schnallen und Ausrüs- tungsgegenstände der Wehrmacht sowie der britischen Armee, die zum Zeitpunkt der Befreiung in diesem Areal ein Biwak unter- hielt. Zu den Fundstücken gehö- ren Fragmente von Ferngläsern, Feuerzeugen, Werkzeuge und ei- nige Projektile. Sämtliche Grabungsfunde wur- den der Gedenkstätte Lager Sandbostel übergeben. Dort wur- den die Objekte gereinigt, inven- tarisiert und unter Beachtung konservatorischer und archivari- scher Aspekte eingelagert. Ein herausragender Fund stammt aus dem ehemaligen Ver- waltungsbereich. Hier wurde in der Nähe des Standortes einer Verwaltungsbaracke ein tresor- ähnlicher Metallschrank gebor- gen. Die robuste Tür war ur- sprünglich verschlossen, wurde aber offensichtlich zu einem un- bekannten Zeitpunkt aufgehebelt. Aus dem Inneren konnten zwei datierte „Raucherkarten“ gebor- gen werden. Fundstücke in der Erde Wichtige Funde sind immer wie- der Erkennungsmarken der Kriegsgefangenen, denn aufgrund der darin eingeprägten individuel- len Kriegsgefangenennummern lassen sich die Marken individua- lisieren und teilweise einer kon- kreten Person zuordnen. In der aktuellen Kampagne wurden bis- her 40 Marken oder Markenfrag- mente geborgen, bei denen die Nummern identifizierbar sind. Die zahlreichen Fundstücke und die genauen Fundzusammen- hänge werden jetzt in der Ge- denkstätte sorgsam analysiert. Vorab ist aber schon festzustel- len, dass sich dadurch wichtige Erkenntnisse über die Stalag-Ver- waltung gewinnen lassen werden. Vor allem die regionale Presse hat auch 2016 wieder in weit über 150 Artikeln sehr konstruktiv über die Gedenkstätte Lager Sandbostel berichtet. Die neu strukturierte Homepage hat sich 2016 sehr gut entwickelt. Etwa 15 000 Nutzerinnen und Nutzer haben die Gedenkstätten-Home- page besucht (www.stiftung- lager-sandbos- tel.de). Neben den zweimal im Mo- nat angebote- nen öffentlichen Sonntagsrund- gängen konnten sieben Vorträge zu unterschied- lichen Themen angeboten wer- den. Eindrucks- voll war die trotz regneri- schen Wetters mit über 300 Besu- cherinnen und Besucher gut be- suchte Gedenkfeier anlässlich des 71. Jahrestags der Befreiung der Kriegsgefangenen und KZ-Häft- linge im Stalag X B. Eine weitere wichtige, wenngleich nicht sehr gut besuchte Gedenkveranstal- tung wurde am 75. Jahrestags des Überfalls auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 ausgerichtet. Das hauptamtliche Team der Gedenkstätte Lager Sandbostel bestand 2016 aus vier Personen, dem Leiter Andreas Ehresmann, dem mit zehn Unterrichtsstunden freigestellten Gymnasiallehrer Dr. Lars Hellwinkel, dem vom Kir- chenkreis Bremervörde-Zeven und der Landeskirche Hannovers finanzierten Friedenspädagogen Michael Freitag-Parey und dem von der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten finanzierten wis- senschaftlichen Dokumentar Ro- nald Sperling. Hinzu kommen Ute Kohlmey- er, die stets sehr engagiert für die Sauberkeit in der Gelben Baracke sorgt, und Werner Zeitler, der für die Unterhaltung des Gedenkstät- tengeländes zuständig ist. Beiden ist sehr herzlich zu danken. Ohne die vielen ehrenamtlichen Helfe- rinnen und Helfer wäre die Ge- denkstättenarbeit nicht denkbar: Wie am Ende eines jeden Jahres und nun schon bereits zum zehnten Male blickt Gedenkstättenleiter Andreas Ehresmann in einem Rundbrief auf herausragende Ereignisse und Entwicklungen der Gedenkstätte Lager Sandbostel zurück. Der Gedenkstättenleiter würdigt gleich zu Beginn seiner Rückschau, dass sich das hohe Niveau der Gedenkstättenarbeit auch 2016 gehalten habe, in vielen Bereichen sogar erneut gesteigert und die Arbeit professionalisiert werden konnte. Wir veröffentlichen Ausschnitte aus dem Rundbrief. Großes Engagement für Gedenkstätte Gedenkstättenleiter Andreas Ehresmann vor einem der Gebäude, die 2015 erworben und im zurückliegenden Jahr entrümpelt wurden. Fotos: Archiv Wiktor Listopadzki aus Warschau war bei der Gedenkfeier im vergan- genen Jahr der einzige Lager-Überlebende unter den Besucher. Fundstücke aus der Lagergeschichte. » Roger Cottyn starb am 26. Januar 2016 im Alter von 95 Jahren. Der ehe- malige belgische Kriegs- gefangene, der fünf Jahre in Gefangenschaft im Sta- lag X B war, war ein guter und treuer Freund der Ge- denkstätte. « Andreas Ehresmann Gäste der Gedenkfeier: Landesbi- schof Ralf Meister (links) und Kul- tusministerin Frauke Heiligenstadt. Zum Ablauf jeder Gedenkveranstaltung gehört die Kranzniederlegung vor der Lagerkirche.
Transcript
Page 1: 14 Dienstag, 3. Januar 2017 Großes Engagement für Gedenkstätte · 2017. 1. 3. · der Erkennungsmarken der Kriegsgefangenen, denn aufgrund der darin eingeprägten individuel-len

14 � LOKALES Dienstag, 3. Januar 2017

nde 2015 erwarb die StiftungLager Sandbostel nach län-geren Verhandlungen ein

weiteres Teilgrundstück des ehe-maligen KriegsgefangenenlagersStalag X B mit mehreren histori-schen Gebäuden. Das Grund-stück und die maroden Gebäudebefanden sich damals in einemsehr vernachlässigten Zustand.Mit großem Engagement began-nen viele ehrenamtliche HelferMitte Februar 2016 damit, dasGelände aufzuräumen. Unter an-derem wurden ungezählte Con-tainer mit Müll und eingestürztenBauteilen aus den historischenUnterkunftsbaracken geräumt.Bereits dadurch veränderte sichder Charakter des Geländesgrundlegend, der Bezug zu demrestlichen Gedenkstättengeländewurde hergestellt. Unter anderemwurde die noch erhaltene Boden-platte eines großen französischenSakralraumes freigelegt.Wie schon in den vergangenen

Jahren wurde die Gedenkstätteauch 2016 wieder von vielen Be-sucherinnen und Besuchern ausganz Europa und aus weit ent-fernten Ländern wie Brasilien, Is-rael, Mexiko,Russland undden Vereinig-ten Staatenvon Amerikabesucht. Be-sonders Ein-drucksvoll wa-ren die Besu-che von mehre-ren Überleben-denverbändenaus Frankreichund den Nie-derlanden. Die Delegationen ha-ben unsere Arbeit erneut sehr po-sitiv beurteilt. Diese Besuche be-stätigen uns stets, dass wir inwürdiger Weise die Erinnerungan die Menschen weitertragen,die in Sandbostel gelitten habenund gestorben sind.Insgesamt besuchten im Jahr

2016 etwa 11800 Personen dieGedenkstätte. Diese teilen sichfolgendermaßen auf: Schulen et-wa 2750 Personen, Konfirman-dengruppen/Kirchenkontext etwa800, sonstige Gruppen etwa1400, Veranstaltungen und öf-fentliche Rundgänge etwa 1600,Fortbildungen/Seminare/Sitzun-gen etwa 150, Einzelbesucher et-wa 4600 sowie ausländische Be-sucherinnen und Besucher etwa500.2016 wurden insgesamt 57

Schultermine organisiert. Neben22 Studientagen und allgemeinenFührungen beteiligten sich zwi-schen Ostern und Herbst 40 Klas-sen aus Schulen der Region amNamensziegelprojekt zur Erinne-rung an die sowjetischen Opferdes Stalag XB auf der Kriegsgrä-berstätte Sandbostel. Dank dererfolgreichen Evaluierung desProjektes durch die studentische

E Hilfskraft Nele Eilers konntenmit den Gruppen in diesem Jahrfehlerhafte Ziegel aus den Vorjah-ren überarbeitet und das Projektweiter fortgesetzt werden.Neben dem Namensziegelpro-

jekt haben zehn Schulgruppen andem Modul „Geschichts- und Er-innerungskultur“ teilgenommen,sich mit der Entwicklung der Ge-denkstätte und der Erinnerung andie Opfer des Stalag XB und desKZ-Auffanglagers Sandbostelauseinandergesetzt und Denk-malsentwürfe für den ehemaligenBereich des KZ-Auffanglagersund für das KZ-Gräberfeld aufder Kriegsgräberstätte Sandbostelentwickelt. Im April fand in Ko-operation mit der KGS Tarmstedteine trinationale Jugendbegeg-nung mit Schülern aus Deutsch-land, Polen und der Ukraine inder Gedenkstätte statt, bei demsich die Schüler neben der Erin-nerung an die gemeinsame euro-päische Geschichte auch aktiv beiAufräumarbeiten im Bereich desneu hinzugewonnenen Areals derGedenkstätte beteiligt haben.In Zusammenarbeit mit dem

Bildungsreferenten des Volksbun-des DeutscherKriegsgräber-fürsorge, Dr.Henning Pie-per, nahmenfünf Schulendas Angebotdes „Stationen-lernens“ aufder Kriegsgrä-berstätte inSandbostelwahr. Außer-dem wurden in

der Gedenkstätte 2016 auch einedeutsch-israelische Jugendbegeg-nungsgruppe, eine deutsch-grie-chische Austauschgruppe der IGSOsterholz-Scharmbeck und einedeutsch-polnische Austausch-gruppe der Oberschule Apensenbetreut.Vom 13. bis 26. Juli trafen sich

Jugendliche aus sieben Nationenin Sandbostel zum Internationa-

les Jugendworkcamp Sandbostel.Es wurde bereits zum achten Malfür Jugendliche und junge Er-wachsene im Alter zwischen 16und 24 Jahren durchgeführt. Fürden kommenden Sommer ist dasinternationale Jugendprojekt„peace train“ vorgesehen. DiesesProjekt hat im Sommer 2015 daserste Mal stattgefunden. Imnächsten Jahr heißt das Reisezielvom 15. bis 28. Juli Großbritan-nien. Das Projekt „peace train“richtet sich an Jugendliche undjunge Erwachsene ab 16 Jahre.

NS-Zeit in der GrundschuleIm September 2015 hat sich einArbeitskreis mit Lehrerinnen undLehrern der umliegenden Grund-schulen gegründet, der das Zielverfolgt, den Nationalsozialismusals Thema in den Unterricht dervierten Klasse altersgerecht, sen-sibel und mit unterschiedlichenmethodischen Zugängen einzu-binden. 2016 hat der Arbeitskreismehrere Unterrichtseinheiten zuden Themen Nationalsozialismusund der aktuellen Fluchtsituationund deren Hintergründen erarbei-tet und praktisch erprobt. Die er-arbeiteten Unterrichtseinheitenwerden im April und Mai 2017 inden Grundschulen in Selsingen,Karlshöfen, Kuhstedt und Brillitdurchgeführt. Die Ergebnissewerden am 8. Mai an einem zen-tralen Ort in der Region ausge-stellt.Begonnen hat auch das in Zu-

sammenarbeit mit der Stiftungniedersächsische Gedenkstättenentwickelte Projekt „Bücherkis-te“. Die „Bücherkiste“ ist eineumfangreiche Zusammenstellungvon Kinderliteratur über den Na-tionalsozialismus für Schülerin-nen und Schüler im Grundschul-alter. In Niedersachsen gibt esinsgesamt drei dieser Bücherkis-ten. Die in der Gedenkstätte La-ger Sandbostel kann von Grund-schulen aus der Region für meh-rere Wochen ausgeliehen werden.Das von dem Friedenspädago-

gen Michael Freitag-Parey mitent-wickelte Gottesdienst-Format„gut:jetzt – Zeit für Frieden“ ver-steht sich als offenes, generati-onsübergreifendes Angebot, dassich ausrichtet und festmacht anTagen, die mit besonderen The-men verbunden sind. Der Gottes-dienst hat einen offenen Charak-ter. Er ist Gottesdienst, Forumund Werkstatt zugleich.Die Gedenkstätte hat 2016 auf

mehreren Ebenen einen Profes-sionalisierungsschub und großeSchritte beispielsweise bei der Be-arbeitung und Verzeichnung ihresArchivgutes gemacht. Durch denwissenschaftlichen DokumentarRonald Sperling konnte die be-reits 2015 begonnene Neuorgani-sation des Archivs der Gedenk-stätte Sandbostel erfolgreich fort-gesetzt werden. Die von der Stif-tung niedersächsische Gedenk-stätten finanzierte Archivstellewird 2017 fortgeschrieben.Im Rahmen des Archivprojekts

konnten in diesem Jahr die Pa-pierbestände (Kopien aus Fremd-archiven) in der Datenbank er-fasst, konservatorisch bearbeitetund in Archivkartons gelagert

werden. Findbücher zu den zen-tralen Beständen wurden von Ro-nald Sperling erarbeitet, so dassnun unkompliziert im Archiv re-cherchiert werden kann.In 2016 besuchten erneut viele

Schülerinnen und Schüler dasArchiv und die Bibliothek und re-cherchierten für Facharbeitenoder Referate in der Gedenkstät-te. Neben den Schülerinnen undSchülern nutzten auch Angehöri-ge von ehemaligen Kriegsgefange-nen oder KZ-Häftlingen das Ar-chiv, um oft erstmals Auskunftüber dasSchicksal ihrerverstorbenenVerwandten zuerhalten oderum das Wissenüber die Zeit inder Gefangen-schaft zu vertie-fen.Die Gedenk-

stätte Sandbos-tel bekam imvergangenenJahr zahlreicheAnfragen ausdem Ausland.Bei einer Anfrage von den Cay-man Islands konnte dem Neffeneines Zivilinternierten ein Fotodes Gesuchten aus der Gefangen-schaft übergeben werden. Immerwieder erreichen die Gedenkstät-te in der Folge von meist längerenE-Mail-Wechseln sehr rührendeDanksagungen von Angehörigen.Ebenso fragen aber zunehmend

auch deutsche Familien nach ih-ren Angehörigen, die entwederals Angehörige der Waffen SS imCivil Internment Camp No. 2 derBritischen Armee interniert oderim Notaufnahmelager für jugend-liche Flüchtlinge aus der DDRuntergebracht waren. Weiterhinsind immer wieder auch Wissen-schaftlerinnen und Wissenschaft-ler sowie Journalistinnen undJournalisten interessiert. Insge-samt sind die Anfragen an das Ar-chiv mit über 210 Anfragen leichtgestiegen.Auch 2016 wurden dem Archiv

wieder zahlreiche Dokumente,Fotos, Berichte und Artefaktevon Angehörigen ehemaligerKriegsgefangener übergeben, wiezum Beispiel eine Sammlung vonDokumenten und Auszeichnun-gen eines ehemaligen belgischenKriegsgefangenen. Zudem wur-den der Gedenkstätte 2016 auchDokumente aus der Region umSandbostel übergeben.Im September konnte der on-

line-Katalog der Gedenkstättenbi-bliothek der Öffentlichkeit über-geben werden. Christa Steffenshatte unermüdlich die Titel derBücher der Gedenkstätte ehren-amtlich in eine Datenbank über-tragen und verschlagwortet.Von September bis Dezember

wurden die wieder als landwirt-schaftliche Nutzflächen genutz-ten Areale des ehemaligen Kriegs-gefangenenlagers Sandbostel sys-tematisch durch geschulte undvon der Kreisarchäologie zugelas-sene Sondengänger mit Metallde-tektoren untersucht. Bei dem sogenannten „Sondeln“ konntendie beiden ehrenamtlichen Teams

umfangreiche lagerzeitliche Fun-de bergen. Darunter sind Alltags-gegenstände der Kriegsgefange-nen wie Essbestecke, Beschlägeder Baracken, Ausrüstungsgegen-stände der Kriegsgefangenen wieKnöpfe, Schnallen und Ausrüs-tungsgegenstände der Wehrmachtsowie der britischen Armee, diezum Zeitpunkt der Befreiung indiesem Areal ein Biwak unter-hielt. Zu den Fundstücken gehö-ren Fragmente von Ferngläsern,Feuerzeugen, Werkzeuge und ei-nige Projektile.

Sämtliche Grabungsfunde wur-den der Gedenkstätte LagerSandbostel übergeben. Dort wur-den die Objekte gereinigt, inven-tarisiert und unter Beachtungkonservatorischer und archivari-scher Aspekte eingelagert.Ein herausragender Fund

stammt aus dem ehemaligen Ver-waltungsbereich. Hier wurde inder Nähe des Standortes einerVerwaltungsbaracke ein tresor-ähnlicher Metallschrank gebor-gen. Die robuste Tür war ur-sprünglich verschlossen, wurdeaber offensichtlich zu einem un-bekannten Zeitpunkt aufgehebelt.Aus dem Inneren konnten zweidatierte „Raucherkarten“ gebor-gen werden.

Fundstücke in der ErdeWichtige Funde sind immer wie-der Erkennungsmarken derKriegsgefangenen, denn aufgrundder darin eingeprägten individuel-len Kriegsgefangenennummernlassen sich die Marken individua-lisieren und teilweise einer kon-kreten Person zuordnen. In deraktuellen Kampagne wurden bis-her 40 Marken oder Markenfrag-mente geborgen, bei denen dieNummern identifizierbar sind.Die zahlreichen Fundstücke

und die genauen Fundzusammen-

hänge werden jetzt in der Ge-denkstätte sorgsam analysiert.Vorab ist aber schon festzustel-len, dass sich dadurch wichtigeErkenntnisse über die Stalag-Ver-waltung gewinnen lassen werden.Vor allem die regionale Presse

hat auch 2016 wieder in weit über150 Artikeln sehr konstruktivüber die Gedenkstätte LagerSandbostel berichtet. Die neustrukturierte Homepage hat sich2016 sehr gut entwickelt. Etwa15000 Nutzerinnen und Nutzerhaben die Gedenkstätten-Home-

page besucht(www.stiftung-lager-sandbos-tel.de).Neben denzweimal im Mo-nat angebote-nen öffentlichenSonntagsrund-gängen konntensieben Vorträgezu unterschied-lichen Themenangeboten wer-den. Eindrucks-voll war dietrotz regneri-

schen Wetters mit über 300 Besu-cherinnen und Besucher gut be-suchte Gedenkfeier anlässlich des71. Jahrestags der Befreiung derKriegsgefangenen und KZ-Häft-linge im Stalag X B. Eine weiterewichtige, wenngleich nicht sehrgut besuchte Gedenkveranstal-tung wurde am 75. Jahrestags desÜberfalls auf die Sowjetunion am22. Juni 1941 ausgerichtet.Das hauptamtliche Team der

Gedenkstätte Lager Sandbostelbestand 2016 aus vier Personen,dem Leiter Andreas Ehresmann,dem mit zehn Unterrichtsstundenfreigestellten Gymnasiallehrer Dr.Lars Hellwinkel, dem vom Kir-chenkreis Bremervörde-Zevenund der Landeskirche Hannoversfinanzierten FriedenspädagogenMichael Freitag-Parey und demvon der Stiftung niedersächsischeGedenkstätten finanzierten wis-senschaftlichen Dokumentar Ro-nald Sperling.Hinzu kommen Ute Kohlmey-

er, die stets sehr engagiert für dieSauberkeit in der Gelben Barackesorgt, und Werner Zeitler, der fürdie Unterhaltung des Gedenkstät-tengeländes zuständig ist. Beidenist sehr herzlich zu danken. Ohnedie vielen ehrenamtlichen Helfe-rinnen und Helfer wäre die Ge-denkstättenarbeit nicht denkbar:

Wie am Ende eines jeden Jahres und nun schon bereitszum zehnten Male blickt Gedenkstättenleiter AndreasEhresmann in einem Rundbrief auf herausragendeEreignisse und Entwicklungen der Gedenkstätte LagerSandbostel zurück. Der Gedenkstättenleiter würdigtgleich zu Beginn seiner Rückschau, dass sich das hoheNiveau der Gedenkstättenarbeit auch 2016 gehaltenhabe, in vielen Bereichen sogar erneut gesteigert unddie Arbeit professionalisiert werden konnte. Wirveröffentlichen Ausschnitte aus dem Rundbrief.

Großes Engagement für Gedenkstätte

Gedenkstättenleiter Andreas Ehresmann vor einem der Gebäude, die 2015 erworben und im zurückliegenden Jahr entrümpelt wurden. Fotos: Archiv

Wiktor Listopadzki aus Warschau war bei der Gedenkfeier im vergan-genen Jahr der einzige Lager-Überlebende unter den Besucher.

Fundstücke aus der Lagergeschichte.

»Roger Cottyn starb am26. Januar 2016 im Altervon 95 Jahren. Der ehe-malige belgische Kriegs-gefangene, der fünf Jahrein Gefangenschaft im Sta-lag X B war, war ein guterund treuer Freund der Ge-denkstätte.«Andreas Ehresmann

Gäste der Gedenkfeier: Landesbi-schof Ralf Meister (links) und Kul-tusministerin Frauke Heiligenstadt.

Zum Ablauf jeder Gedenkveranstaltung gehört die Kranzniederlegungvor der Lagerkirche.

Recommended