13. ABBILDUNGEN
in
EUKLIDISCHEN VEKTORRAUMEN
1
Orthogonale Abbildungen im R2 und R3.
Eine orthogonale Abbildung ist eine lineare Abbildung, die Langen
und Orthogonalitat erhalt. Die zugehorige Matrix O nennt man
eine orthogonale Matrix.
Im R2 finden sich zwei Typen von orthogonalen Abbildungen:
Drehungen um den Ursprung, und
Spiegelungen an einer Geraden durch den Ursprung.
2
Eine Drehung um den Winkel ϕ wird durch die Matrix
O =
(cosϕ − sinϕsinϕ cosϕ
)gegeben.
e1
L(e1)
e2L(e2)
ϕ
L(e1) =
(cosϕsinϕ
)
L(e2) =
(− sinϕcosϕ
)
3
Die Umkehrabbildung ist die Drehung um −ϕ, also
O−1 =
(cos(−ϕ) − sin(−ϕ)sin(−ϕ) cos(−ϕ)
)bzw.
O−1 =
(cosϕ sinϕ− sinϕ cosϕ
)
Man beachte, dass O−1 aus O durch Spiegelung an der Diago-
nalen (”
Transposition“) hervorgeht. Wir schreiben O−1 = OT .
4
Die Matrix
O =
(cosϕ sinϕsinϕ − cosϕ
)ergibt eine Spiegelung an der Geraden mit Steigungswinkel ϕ/2
e1
L(e1)e2
L(e2)
L(e1) =
(cosϕsinϕ
)
L(e2) =
(sinϕ− cosϕ
)
5
Eine nochmalige Spiegelung an derselben Geraden ergibt die Um-
kehrabbildung. Hier gilt also
O−1 = O =
(cosϕ sinϕsinϕ − cosϕ
)
Bemerke:
Auch hier entsteht die Umkehrabbildung (in trivialer Weise) durch
Transposition der Matrix (Spiegelung an der Diagonalen):
O−1 = OT
Wir werden sehen, dass sich hier eine allgemeinere Gesetzmaßig-
keit zu erkennen gibt.
6
Die Matrizen
cosϕ sinϕ 0− sinϕ cosϕ 0
0 0 1
,
cosϕ sinϕ 0− sinϕ cosϕ 0
0 0 −1
geben eine Drehung bzw.”
Drehspiegelung“ um die x3-Achse im
R3.
Bemerkenswerterweise sind alle orthogonalen Abbildungen des
R3 von solcher Struktur, wobei die Drehachse beliebig ausge-
richtet sein kann.
7
Definition.
Eine lineare Abbildung L : Rn → Rn des Euklidischen Raumes
Rn auf sich selbst, heißt orthogonal, falls sie Langen unverandert
lasst, d.h.
|L(x)| = |x|
fur alle x ∈ Rn, und falls sie Orthogonalitat erhalt, d.h.
x ⊥ y ⇒ L(x) ⊥ L(y)
und allgemeiner das Skalarprodukt erhalt, d.h.
〈L(x), L(y)〉 = 〈x,y〉
fur alle x,y ∈ Rn.
Die quadratische Matrix O einer orthogonalen Abbildung heißt
orthogonale Matrix.
8
Wie kann man allgemein orthogonale Matrizen erkennen?
Dazu benotigen wir den Begriff der Orthonormalbasis.
9
Definition.
Eine Basis b1, . . . ,bn des Rn heißt Orthonormalbasis, falls dieVektoren normiert sind, d.h.
|b1| = · · · = |bn| = 1
gilt und falls die Basisvektoren orthogonal sind, also
bi ⊥ bj fur i 6= j
gilt.
10
Beispiele:
1. Standardbasis e1, . . . , en
2. b1 = 1√2
(11
), b2 = 1√
2
(1−1
)
3. b1 = 13
−122
, b2 = 13
2−12
, b3 = 13
22−1
11
Orthonormale Basen b1, . . . ,bn sind besonders rechenfreundlich:
Hat x in der Basis die Darstellung
x = λ1b1 + · · ·+ λnbn
so folgt wegen 〈b1,b1〉 = 1 und 〈b2,b1〉 = · · · = 〈bn,b1〉 = 0
〈x,b1〉 =λ1〈b1,b1〉+ · · ·+ λn〈bn,b1〉=λ1 · 1 + · · ·+ λn · 0=λ1
und allgemeiner
λi = 〈x,bi〉
12
Beispiel: Fur
b1 =1
3(−1,2,2)T , b2 =
1
3(2,−1,2)T , b3 =
1
3(2,2,−1)T
und
x = (2,3,4)T = λ1b1 + λ2b2 + λ3b3
gilt
λ1 = 〈x,b1〉 = 2 · (−1
3) + 3 ·
2
3+ 4 ·
2
3= 4
λ2 = 〈x,b2〉 = 2 ·2
3+ 3 · (−
1
3) + 4 ·
2
3= 3
λ3 = 〈x,b3〉 = 2 ·2
3+ 3 ·
2
3+ 4 · (−
1
3) = 2
13
Charakterisierung orthogonaler Abbildungen.
1. Eine lineare Abbildung L : Rn → Rn ist genau dann orthogonal,
falls sie orthonormale Basen ineinander uberfuhrt, falls also fur
irgendeine orthonormale Basis b1, . . . ,bn auch L(b1), . . . , L(bn)
eine orthonormale Basis ist. Angewandt auf die Standardbasis
bedeutet die:
2. Eine lineare Abbildung L : Rn → Rn ist genau dann orthogonal,
falls L(e1), . . . , L(en) eine orthonormale Basis ist. Oder:
3. Eine n×n-Matrix O ist genau dann orthogonal, falls ihre Spal-
ten orthogonale Vektoren der Lange 1 sind.
14
Beispiele. Drehungen und Spiegelungen
O =
(cosϕ − sinϕsinϕ cosϕ
)und
O =
(cosϕ sinϕsinϕ − cosϕ
)
Zur Berechnung der inversen Matrix einer allgemeinen ortho-
gonalen Matrix benotigen wir den Begriff einer transponierten
Matrix.
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Definition.
Die Transponierte einer m×n-Matrix A ist die n×m-Matrix AT ,
die aus A durch Spiegelung an der Diagonalen entsteht, deren
Zeilen (von links nach rechts) also gerade die Spalten von A (von
oben nach unten) sind.
Fur die Eintrage aij und aTij in beiden Matrizen bedeutet dies
aTij = aji
Beispiele.
(2 −3 41 1 5
)T=
2 1−3 14 5
,(1 2 3
)T=
123
16
Wir berechnen das Matrixprodukt ATA. Zum Beispiel:
ATA =
2 1−3 14 5
(2 −3 41 1 5
)
=
(2 1
)(21
) (2 1
)(−31
) (2 1
)(45
)(−3 1
)(21
) (−3 1
)(−31
) (−3 1
)(45
)(4 5
)(21
) (4 5
)(−31
) (4 5
)(45
)
=
5 −5 13−5 10 −713 −7 41
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Allgemein formuliert:
Hat A die Spalten a1, . . . , an, so hat AT die Zeilen aT1 , . . . , aTn ,
A =(a1 . . . an
), AT =
aT1...
aTn
und nach Definition der Matrixmultiplikation
ATA =
aT1a1 . . . aT1an...
..
....
aTna1 . . . aTnan
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Beachten wir noch, dass fur zwei Vektoren x,y ∈ Rn die Glei-
chung
xTy = x1y1 + · · ·+ xnyn = 〈x,y〉
gilt, so folgt insgesamt
ATA =
〈a1, a1〉 . . . 〈a1, an〉
.
.
....
.
.
.〈an, a1〉 . . . 〈an, an〉
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Da fur eine orthogonale Matrix O die Spalten a1, . . . , an eine or-thonormale Basis bilden, folgt
OTO =
11 0
. . .
0 11
= E = Einheitsmatrix
und dies bedeutet, dass eine orthogonale Matrix O auch durchdie Gleichung
O−1 = OT (inverse Matrix = transponierte Matrix)
charakterisiert ist.20
Weitere Charakterisierungen von orthogonalen Abbildungen:
1. L ist eine orthogonale Abbildung, wenn L−1 orthogonal ist.
Oder:
2. O ist eine orthogonale Matrix, wenn OT eine orthogonale Ma-
trix ist. Oder:
3. O ist eine orthogonale Matrix, wenn die Zeilen von O ortho-
gonale Vektoren der Lange 1 sind.
21
Diagonalmatrizen und ihre Verwandten.
22
Wir betrachten lineare Abbildung L des Euklidischen Raumes Rn
auf sich selbst.
Wird L durch eine quadratische Diagonalmatrix
D =
d1d2 0
. . .
0 dn−1dn
:= [d1, . . . , dn]
dargestellt, mit lauter Nullen außerhalb der Diagonalen, dann ist
die geometrische Wirkung der Abbildung L klar:
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Dehnungen mit unterschiedlichen Faktoren in Richtung der Ko-ordinatenachsen:
D =
(1 00 2
), L(e1) = e1 , L(e2) = 2e2
L
24
Algebraisch interessiert uns hier besonders die offensichtliche Ei-
genschaft von quadratischen Diagonalmatrizen
D = DT
Ein anderes Beispiel:
25
Beispiel: Fur
A =
(2 11 2
), also A = AT
gilt L(e1) = 2e1 + e2 , L(e2) = e1 + 2e2, also
L(e1 + e2) = 3(e1 + e2) , L(e2 − e1) = e2 − e1
L
26
Man kann dieses Bild auch noch anders realisieren:
Mit der Diagonalmatrix
D =
(3 00 1
)
und einer Drehung um 45◦ mit der Matrix
O =
(cos 45◦ − sin 45◦
sin 45◦ cos 45◦
)=
(1/√
2 −1/√
21/√
2 1/√
2
)
27
L
OT
D
O
28
Wir haben also die lineare Abbildung L in drei Verkettungsschritte
zerlegt, was sich in den Matrizen ausdruckt als
A =
(2 11 2
)
= ODOT
=
(1/√
2 −1/√
21/√
2 1/√
2
)(3 00 1
)(1/√
2 1/√
2−1/√
2 1/√
2
)
Wer es nicht glaubt, rechne es per Matrixmultiplikation nach!
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Theorem.
Sei A eine symmetrische n× n-Matrix, also
AT = A
Dann gibt es n × n-Matrizen D und O, D eine Diagonalmatrix
und O eine orthogonale Matrix, so dass
A = ODOT
Auf die Berechnung von D aus A kommen wir zuruck.
30
Das Bild der Einheitssphare unter einer linearen Abbildung.
31
Die Einheitssphare im Rn ist die Menge
Sn−1 = {x ∈ Rn | |x| = 1}
Frage: Wie sieht das Bild von Sn−1 unter einer linearen Abbildung
L aus?
32
Zunachst der Fall, dass L durch eine Diagonalmatrix D = [d1, . . . , dn]
gegeben ist. Dann gilt die Streckungsgleichungx1...xn
7→
y1...yn
=
d1x1...
dnxn
und die Bedingung |x|2 = x21 + · · ·+x2
n = 1 geht wegen xi = yi/diin
y21
d21
+ · · ·+y2n
d2n
= 1
uber.
33
Das Bild ist ein Ellipsoid mit Hauptachsen der Lange |d1|, . . . , |dn|.
L
34
Sind einige Diagonalelemente gleich 0, |so entartet das Ellipsoid.
L
35
Allgemein sieht das fur lineare Abbildungen so aus: |
L
36
Es gibt drei Falle. Geometrisch:
L
diagonal
”selbstadjungiert“
allgemein
37
Drei Falle, algebraisch: Ist A die zu L : Rn → Rn gehorige Matrix,
so gilt:
diagonal: A = D
symmetrisch: A = ODOT
allgemein: A = UDV T
mit D Diagonal- und O,U, V Orthogonalmatrix.
Die Zerlegung A = UDV T heißt Singularwertzerlegung von A.
38