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Diabetes mellitus
Inhalte
Notfall
Therapie
Diagnose
Symptome
Typen
Definition
Diabetes mellitus
Definition I - II
n Synonym: Zuckerkrankheit, wörtlich: „honigsüßer Durchfluss“ griechischen: diabainein: „hindurchgehen“, „hindurchfließen“ und lat. mellitus „honigsüß“
n Bezeichnung für eine Gruppe von Stoffwechsel-erkrankungen und beschreibt deren ursprüngliches Hauptsymptom: Ausscheidung von Zucker im Urin
n In der Antike Diagnosestellung durch Geschmacks-probe des Urins (süßlicher Geschmack)
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Definition II - II
n Mechanismen, welche zur Hyperglykämie führen, setzen überwiegend am Hormon Insulin an: n absoluter Insulinmangel
(Insulin ist nicht im Körper vorhanden) n relativer Insulinmangel
(Insulin ist zwar vorhanden, die Wirksamkeit ist aber abgeschwächt ð Insulinresistenz)
n absoluter und relativer Insulinmangel n kann sowohl erbliche als auch erworben sein n Schäden an Blutgefäßen + Nervensystem
treten meist erst nach längerer Krankheitsdauer auf
Menschen mit Diabetes weltweit
in Millionen
Funktion des Hormons: Insulin
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Inhalte
Notfall
Therapie
Diagnose
Typ II
Typ I
Definition
Diabetes mellitus
Diabetes mellitus Typ I
n früher: juveniler DM, IDDM: Insulin-dependent-Diabetes mellitus
n ungefähr 10% aller Diabetiker n absoluter Insulinmangel durch Zerstörung der B-
Zellen der Langerhanschen Inseln durch Autoimmuninsulitis: Nachweis von Auto-Antikörper gegen Bestandteile der B-Zellen
n Genetische Faktoren haben eine prädisponierende Wirkung : positive Familienanamnese oder bestimmte HLA-Antigene
n Selten auch idiopathisch ohne Auto-Antikörper
Inhalte
Notfall
Therapie
Diagnose
Typ II
Typ I
Definition
Diabetes mellitus
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Diabetes mellitus Typ II n früher NIDDM = Non-Insulin-Dependent-Diabetes
mellitus n 90% aller Diabetiker n pathogenetisch sind 2 Störungen zu beobachten:
n Vermutlich gestörte Inselzellsekretion n Wichtiger: Verminderte Insulinwirkung =
Insulinresistenz am Insulinrezeptor, => Insulinrezeptordefekt
Diabetes mellitus Typ II n häufig assoziiert mit dem Metabolischem Syndrom
(Adipositas, arterielle Hypertonie, Hyperlipidämie, DM Typ II, Hyperurikämie)
n Überernährung mit Adipositas sind die entscheidenden Faktoren bei der Entstehung des DM Typ II: n Überernährung => Erhöhte BZ-Werte
=> Vermehrte Insulinausschüttung => Verminderung der Sensibilität und Dichte der Insulinrezeptoren (Down-Regulation) => Erhöhte Insulinwerte notwendig => … Teufelskreis (Circulus vitiosus)
Typ-I-Diabetiker Typ-II-Diabetiker Häufigkeit 10% der Fälle 90% der Fälle Pathogenese Insulinmangel Insulinresistenz Beginn rasch schleichend Manifestation 15.-25. LJ > 40. LJ Ätiologie Autoimmunerkrankung
AK gegen B-Zellen Insulinresistenz
B-Zellen auf < 10 % vermindert kaum vermindert Körperbau asthenisch adipös Plasmainsulin niedrig bis fehlend normal bis erhöht Stoffwechsel labil meist stabil Ketoseneigung hoch gering Insulintherapie erforderlich =
insulinabhängig Insulinunabhängig, nur bei Erschöpfung der Insulinreserve
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Inhalte
Notfall
Therapie
Diagnose
Typ II
Typ I
Definition
Diabetes mellitus
Hauptsymptome des Diabetes
Symptome I - II
n Müdigkeit, Leistungsminderung n Symptome durch Hyperinsulinismus
und passagere Hypoglykämien bei Beginn des Typ-II-Diabetiker
n Heißhunger, Schwitzen n Kopfschmerzen n Symptome der Hyperglykämie: n Polyurie, Durst n Polydipsie n Gewichtsverlust
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Symptome II - II
Symptome durch Störungen im Wasser- / Elektrolythaushalt: n nächtliche Wadenkrämpfe n Sehstörungen Hauterscheinungen: n Pruritus n Bakterielle / Mykotische Hautinfektionen n Necrobiosis lipoidica: meist an der Tibiavorderkante
lokalisierte bräunliche Herde, n Ulcerationen n Nekrosen
Komplikationen
n Makroangiopathie / Mikroangiopathie n KHK n pAVK n Schlaganfall n Diabetische Nephropathie n Diabetische Neuropathie n Diabetische Retinopathie n ……
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Inhalte
Notfall
Therapie
Diagnose
Typ II
Typ I
Definition
Diabetes mellitus
Diagnose
n Anamnese & Klinik n Labor: BZ-Bestimmung n Nüchternblutzucker
n entscheidender Test für die Diagnose DM n Normwert < 110 mg/dl
n Bestimung der Glucose im Urin: n Im Morgenurin, in Tagesportionen, im 24-h-Urin n Bestimmung der sog. Nierenschwelle für jeden
Diabetiker sinnvoll n Normale Nierenschwelle für Glucose = BZ-Wert,
ab dem eine Glucosurie besteht = 150-180 mg/dl
Diagnose
Oraler Glucose-Toleranz-Test ( OGTT) n Durchführung: nach Bestimmung des Nüchtern-BZ
trinkt der Patient eine Lösung mit 75 g Glucose, Bestimmung des BZ nach 60 + 120 min.
n Keine routinemäßige Untersuchung, Durchführung nur bei unklaren Fällen
HbA1c : n Durch Glykosilierung entsteht aus Hb das HbA1
um, dieses besteht aus den Untereinheiten a, b, c n „Blutzuckergedächtnis“: zeigt den BZ-Wert der
letzten 6-8 Wochen an (Normwert: < 6.5%)
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Inhalte
Notfall
Therapie
Diagnose
Typ II
Typ I
Definition
Diabetes mellitus
Medikamentöse Therapie: Insulin Indikationen: n Diabetes mellitus Typ I n Diabetes mellitus Typ II
nach Versagen der oralen Antidiabetika n Diabetes mellitus Typ II in der Schwangerschaft
(Sulfonylharnharnstoffe sind kontraindiziert) n Diabetes mellitus Typ II in Streßsituationen
mit erhöhtem Insulinbedarf: n Schwere Infektionen, Operationen… n Diabetische Ketoazidose
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Nebenwirkungen von Insulin
n Hypoglykämien n Gewichtszunahme n Allergische Reaktionen (v.a. bei tierischem Insulin) n Gewebeschäden des subkutanen Fettgewebes an
der Injektionsstelle n Hypokaliämie
Applikation / Synthese / Dosierung
Applikation: n subkutan (Ausnahme: Normalinsulin kann auch
intravenös verabreicht werden) Herstellung: n tierisch (Rinder, Schweine): nicht ganz identisch mit
humanem Insulin, Gefahr der Allergie n synthetisch hergestelltes humanes Insulin Dosierung (Angabe in internationalen Einheiten (i.E.)) n 1 ml Normalinsulin enthält 100 i.E. n Insulin für die Pen-Injektion enthält 100 i.E./ml n der Tagesbedarf an Insulin beträgt ca. 40 Einheiten
Insuline-Übersicht
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Konventionelle Insulintherapie
n Prinzip: starre Insulingaben => starres Essverhalten (der Patient muss essen)
n Typischerweise Gabe von Kombinationsinsulinen (oder freien Mischungen): n Zumeist 1/3 als Normalinsulin
und 2/3 als Intermediärinsulin n seltener reine Gabe von Intermediärinsulin n Gabe 2x/d: ca. 2/3 des Insulintagesbedarfes
vor dem Frühstück, ca. 1/3 vor dem Abendessen (Spritz-Ess-Abstand 30 min.)
Konventionelle Insulintherapie
n Morgens: n Normalinsulin zur Abdeckung des Frühstücks
n für Basisbedarf und Mittagessen: n Intermediärinsulin
n Abends: n Normalinsulin zur Abdeckung des Abendessen n Intermediärinsulin für den Basisbedarf
konventionelle Insulintherapie
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Intensivierte konventionelle Insulintherapie n Prinzip: variables Spritzen
=> individuelle Lebensweise möglich n Basis-Bolus-Prinzip:
n Basisbedarf: Abdeckung durch Verzögerungsinsuline
n Mahlzeitenbezogener Bedarf: Abdeckung durch Normalinsulin
n Gabe von Normalinsulin vor den Hauptmahlzeiten (Bolus)
Intensivierte konventionelle Insulintherapie
n Gabe von Verzögerungsinsulin spät abends + ggfs. zusätzlich früh morgens zur Deckung des basalen Insulinbedarfs
n Die Dosis der Bolusgaben (Normalinsulin) wird zu den einzelne Mahlzeiten, je nach Appetit, Tageszeit, Blutzuckerspiegel und zu erwartender körperlicher Belastung durch den Patienten selbst angepasst
intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT)
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Insulinpumpen
n Nüchternbedarf: wird gedeckt durch kontinuierliche Gabe von Normalinsulin
n mahlzeitbezogener Bedarf : Normalinsulin als Bolus
orale Antidiabetika
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Inhalte
Notfall
Therapie
Diagnose
Typ II
Typ I
Definition
Diabetes mellitus
Notfall: „Hypoglykämie“ „Hyperglykämie“
Bewusstsein prüfen
Stabile Seitenlage Atemspende
Atmung prüfen
Der Notfallpatient!
nicht vorhanden nicht normal
Situationsgerecht helfen
Im W
echsel
112 AED
30
2 112
vorhanden
vorhanden
Thorax- Kompressionen
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Akute Hypoglykämie
Definition: n Absinken des Blutzuckers unter 50 mg/dl
Ursachen I: n Überdosierung von Insulin
(Verwechslung, Versehen, Suizidabsicht) n zu späte oder geringe Nahrungsaufnahme,
bzw. Erbrechen nach Insulinapplizierung n ...
Akute Hypoglykämie
Ursachen II: n Erniedrigung des Insulinbedarfs:
n starke körperliche Belastung n Erholung von einer Infektion n nach Gewichtsreduktion n nach Entbindung
n Alkoholintoxikation n Hypothyreose und Nebennierenrindeninsuffizienz n bei Nicht-Diabetikern evtl. durch Insulinom (Tumor) n ...
Akute Hypoglykämie
Symptomatik: n Entwicklung plötzlich (Minuten bis Stunden) n Symptome der adrenergen Gegenregulation
(können z.B. bei Betablockereinnahme fehlen): n Unruhe, Zittern, Schwitzen n evtl. akuter Erregungszustand
(z.B. Aggressivität) n Heißhunger, Herzklopfen, Schwächegefühl n Bauch- und Kopfschmerzen n Tachykardie, RR normal bis erhöht
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Akute Hypoglykämie
Symptomatik II: n Symptome auf das Nervensystem:
n Somnolenz bis Bewusstlosigkeit n unkontrolliertes Verhalten
(Sprach- und Sehstörungen; evtl. Krämpfe) Maßnahmen I: n Patient ohne Bewusstsein:
n Seitenlage und O2! n Glukose 40% langsam i.v.; BZ-Messung
Akute Hypoglykämie
Maßnahmen II: n Patient bei Bewusstsein:
n Eigenschutz beachten! n orale (Trauben-)Zuckerzufuhr, Faustregel:
10g Glukose =25ml G.40%, steigern BZ um 100mg/dl
n ggf. alternativ zuckerhaltige Lösungen (z.B. Cola / Limo, etc.)
n Bei Insulinpumpenträgern ggf. s.c.-Nadel herausziehen, Displayinfo notieren, Batterie nicht entfernen!
Hyperglykämie (Coma diabeticum) Definition: n Langsam einsetzende Bewusstseinstrübung
durch starken BZ-Anstieg Symptomatik I: n Somnolenz bis Koma (nicht zwingend) n Durst, vermehrtes Trinken und Wasserlassen n Exsikkose (Dehydrierung):
n Gewichtverlust n herabgesetzter Hautturgor (stehende Hautfalte)
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Hyperglykämie (Coma diabeticum) Symptomatik II: n zusätzlich bei diabetischer Ketoazidose
(meist Typ-1-Diabetes): n langsame Entwicklung (Stunden bis Tage) n häufig Abgeschlagenheit, Übelkeit n Kussmaul-Atmung
(wegen metabolischer Azidose) n Azetongeruch n BZ-Werte meist über 250mg/dl
Hyperglykämie (Coma diabeticum) Symptomatik III: n zusätzlich bei hyperosmolaren hyperglykämischen
Syndrom (meist Typ-1-Diabetes): n sehr langsame Entwicklung (Tage bis Wochen) n häufig neurologische Ausfälle
(Aphasien, Lähmungen) n evtl. Krampfanfälle n BZ-Werte sehr hoch: meist über 600mg/dl
Hyperglykämie (Coma diabeticum) Maßnahmen: n Basismaßnahmen, Standarttherapie n BZ-Test n Seitenlage bei Bewusstlosigkeit n Ausgleich des Flüssigkeitsdefizites!
(Senkung des BZ um 25% möglich) n ca. 1000 - 1500ml in erster Stunde! n bei Schocksymptomatik:
Volumenersatz mit VEL n Beachte: keine unkontrollierte Insulingabe!