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1.1 Mechanismen der Steuerung der Embryonalentwicklung - bilder.buecher.de · Ovar der Urmutter Eva...

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1.1 Mechanismen der Steuerung der Embryonalentwicklung Bodo Christ und Beate Brand-Saberi Wer weiter nichts als die Kreaturen erkennte, der braucht an keine Predigt zu denken, denn jegliche Kreatur ist Gottes voll und ist ein Buch. Meister Eckhart Ganten/Ruckpaul (Hrsg.) gemeinsam mit R.R. Wauer Molekularmedizinische Grundlagen von fetalen und neonatalen Erkrankungen © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2005 1.1.1 Geschichte des Entwicklungsbegriffs ... 3 1.1.2 Grundvorgänge der Entwicklung ..... 7 1.1.2.1 Wachstum ................... 7 1.1.2.1.1 Zellteilung und Zellvermehrung ...... 7 1.1.2.1.2 Zellvergrößerung ............... 9 1.1.2.1.3 Bildung von extrazellulärer Matrix (ECM) 9 1.1.2.2 Gene ....................... 9 1.1.2.3 Transkriptionsfaktoren ............ 10 1.1.2.4 Differenzierung ................ 11 1.1.2.5 Apoptose .................... 14 1.1.2.6 Extrazelluläre Matrix, Zelladhäsions- moleküle und Zell-Matrix-Interaktionen . 15 1.1.2.7 Gemeinschaftseffekt (Community Effect) 16 1.1.2.8 Signalaustausch zwischen Zellen ...... 17 1.1.2.8.1 Transformierender Wachstumsfaktor ... 17 1.1.2.8.2 Fibroblastenwachstumsfaktoren ...... 18 1.1.2.8.3 Epidermale Wachstumsfaktoren ...... 18 1.1.2.8.4 Insulinähnliche Wachstumsfaktoren .... 18 1.1.2.8.5 Hedgehog-Familie ............... 19 1.1.2.8.6 WNT-Familie .................. 19 1.1.2.8.7 Das Delta-Notch-System ........... 20 1.1.2.8.8 Die LIF-Familie ................ 20 1.1.2.8.9 Das Ephrinsystem ............... 20 1.1.2.8.10 Neurotrophine ................. 20 1.1.2.9 Morphogenetische Prozesse ......... 21 1.1.2.9.1 Morphologie und Vorkommen von Epithelien in der Entwicklung .... 21 1.1.2.9.2 Gastrulation ................... 23 1.1.2.9.3 Regeneration .................. 24 1.1.2.9.4 Grenzziehungen ................ 25 1.1.2.9.5 Fusionen ..................... 26 1.1.2.9.6 Rechts-links-Asymmetrie ........... 27 1.1.2.10 Gefäßentwicklung ............... 29 1.1.2.10.1 Angiogenese ................... 29 1.1.2.10.2 Lymphangiogenese ............... 31 1.1.2.11 Entwicklung des Nervensystems ...... 31 1.1.2.11.1 Induktion des Nervensystems ........ 31 1.1.2.11.2 Bildung des Neuralrohrs ........... 32 1.1.2.11.3 Segmentierung des Gehirns ......... 32 1.1.2.11.4 Dorsoventrale Polarisierung der Rückenmarksanlage ........... 33 1.1.2.11.5 Strukturentwicklung des ZNS ........ 33 1.1.2.11.6 Wachstum der Axone ............. 35 1.1.2.12 Entwicklung der Extremitäten ........ 35 1.1.2.12.1 Reziproke Interaktionen zwischen Ektoderm und Mesoderm .......... 36 1.1.2.12.2 Anterior-posteriore und dorsoventrale Polarität ..................... 37 1.1.2.13 Entwicklung der Nieren ............ 38 1.1.2.14 Die Entwicklung einer Drüse am Beispiel des Pankreas ........... 39 1.1.3 Literatur ..................... 41 Inhaltsverzeichnis 1.1.1 Geschichte des Entwicklungsbegriffs Das Fragen nach der Herkunft, dem Sein, dem Werden und Vergehen des Menschen hat bereits antike Philosophen beschäftigt und zu anato- mischen und embryologischen Studien angeregt. Die ersten ausführlichen Abhandlungen über Ent- wicklungsphänomene und deren Ursachen stam- men von Aristoteles (384–322 v. Chr.) insbesonde- re in seinem Werk „Von der Zeugung und Ent- wicklung der Tiere“. Aristoteles beschreibt die Ent- wicklung des Hühnchens im Ei. Inmitten der sich ausbildenden Formen beobachtete er das pulsie- rende Herz und beschrieb es als den „springenden Punkt“. Die Formentwicklung (Morphogenese) wird nach Aristoteles durch ein gestaltendes Prin- zip „entelecheia“ vorangetrieben. Das gesamte Universum befindet sich danach in einer ständigen Bewegung von niederen zu höheren Entwicklungs- stufen. Die Vervollkommnung der Form, welche die Materie prägt, geschieht nach einer Vorstel-
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1.1 Mechanismen der Steuerungder EmbryonalentwicklungBodo Christ und Beate Brand-Saberi

Wer weiter nichts als die Kreaturen erkennte,der braucht an keine Predigt zu denken,denn jegliche Kreatur ist Gottes voll und ist ein Buch.

Meister Eckhart

Ganten/Ruckpaul (Hrsg.)gemeinsam mit R. R. WauerMolekularmedizinische Grundlagenvon fetalen und neonatalen Erkrankungen© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2005

1.1.1 Geschichte des Entwicklungsbegriffs . . . 3

1.1.2 Grundvorgänge der Entwicklung . . . . . 71.1.2.1 Wachstum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71.1.2.1.1 Zellteilung und Zellvermehrung . . . . . . 71.1.2.1.2 Zellvergrößerung . . . . . . . . . . . . . . . 91.1.2.1.3 Bildung von extrazellulärer Matrix (ECM) 91.1.2.2 Gene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91.1.2.3 Transkriptionsfaktoren . . . . . . . . . . . . 101.1.2.4 Differenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . 111.1.2.5 Apoptose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141.1.2.6 Extrazelluläre Matrix, Zelladhäsions-

moleküle und Zell-Matrix-Interaktionen . 151.1.2.7 Gemeinschaftseffekt (Community Effect) 161.1.2.8 Signalaustausch zwischen Zellen . . . . . . 171.1.2.8.1 Transformierender Wachstumsfaktor . . . 171.1.2.8.2 Fibroblastenwachstumsfaktoren . . . . . . 181.1.2.8.3 Epidermale Wachstumsfaktoren . . . . . . 181.1.2.8.4 Insulinähnliche Wachstumsfaktoren . . . . 181.1.2.8.5 Hedgehog-Familie . . . . . . . . . . . . . . . 191.1.2.8.6 WNT-Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191.1.2.8.7 Das Delta-Notch-System . . . . . . . . . . . 201.1.2.8.8 Die LIF-Familie . . . . . . . . . . . . . . . . 201.1.2.8.9 Das Ephrinsystem . . . . . . . . . . . . . . . 201.1.2.8.10 Neurotrophine . . . . . . . . . . . . . . . . . 201.1.2.9 Morphogenetische Prozesse . . . . . . . . . 211.1.2.9.1 Morphologie und Vorkommen

von Epithelien in der Entwicklung . . . . 21

1.1.2.9.2 Gastrulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231.1.2.9.3 Regeneration . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241.1.2.9.4 Grenzziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . 251.1.2.9.5 Fusionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261.1.2.9.6 Rechts-links-Asymmetrie . . . . . . . . . . . 271.1.2.10 Gefäßentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . 291.1.2.10.1 Angiogenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291.1.2.10.2 Lymphangiogenese . . . . . . . . . . . . . . . 311.1.2.11 Entwicklung des Nervensystems . . . . . . 311.1.2.11.1 Induktion des Nervensystems . . . . . . . . 311.1.2.11.2 Bildung des Neuralrohrs . . . . . . . . . . . 321.1.2.11.3 Segmentierung des Gehirns . . . . . . . . . 321.1.2.11.4 Dorsoventrale Polarisierung

der Rückenmarksanlage . . . . . . . . . . . 331.1.2.11.5 Strukturentwicklung des ZNS . . . . . . . . 331.1.2.11.6 Wachstum der Axone . . . . . . . . . . . . . 351.1.2.12 Entwicklung der Extremitäten . . . . . . . . 351.1.2.12.1 Reziproke Interaktionen zwischen

Ektoderm und Mesoderm . . . . . . . . . . 361.1.2.12.2 Anterior-posteriore und dorsoventrale

Polarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371.1.2.13 Entwicklung der Nieren . . . . . . . . . . . . 381.1.2.14 Die Entwicklung einer Drüse

am Beispiel des Pankreas . . . . . . . . . . . 39

1.1.3 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

Inhaltsverzeichnis

1.1.1 Geschichte des Entwicklungsbegriffs

Das Fragen nach der Herkunft, dem Sein, demWerden und Vergehen des Menschen hat bereitsantike Philosophen beschäftigt und zu anato-mischen und embryologischen Studien angeregt.Die ersten ausführlichen Abhandlungen über Ent-wicklungsphänomene und deren Ursachen stam-men von Aristoteles (384–322 v. Chr.) insbesonde-re in seinem Werk „Von der Zeugung und Ent-

wicklung der Tiere“. Aristoteles beschreibt die Ent-wicklung des Hühnchens im Ei. Inmitten der sichausbildenden Formen beobachtete er das pulsie-rende Herz und beschrieb es als den „springendenPunkt“. Die Formentwicklung (Morphogenese)wird nach Aristoteles durch ein gestaltendes Prin-zip „entelecheia“ vorangetrieben. Das gesamteUniversum befindet sich danach in einer ständigenBewegung von niederen zu höheren Entwicklungs-stufen. Die Vervollkommnung der Form, welchedie Materie prägt, geschieht nach einer Vorstel-

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lung, „eidos“, die dem wirksamen Prinzip inne-wohnt.

Für die mittelalterlichen Menschen war diegöttliche Schöpfung der Natur und des Menscheneher Gegenstand kontemplativer Betrachtungen.Mit Beginn der Renaissance im 16. Jahrhundertbegann wiederum eine mehr gegenstandsbezogeneForschung und es wurden Befunde erhoben, dieim Verlauf der folgenden Jahrhunderte in Abhän-gigkeit von den sich ständig verbessernden Unter-suchungsmethoden an Exaktheit zunahmen unddie unser heutiges naturwissenschaftliches Welt-bild, d. h. unsere „Weltanschauung“, geprägt haben.

In der Embryologie stand zunächst die Lehrevon der Präformation ganz im Vordergrund. Diesebesagte, dass der Embryo von Anfang an mit allenTeilen ausgestattet ist. Diese Teile sollten zu Be-ginn der Entwicklung so winzig sein, dass sienicht identifiziert werden könnten. Die vollständigausgestatteten Miniaturtiere oder -menschen (Ho-munculi) sollten entweder in den 1677 von demStudenten Hamm entdeckten Spermienköpfen oderin den von de Graaf 1672 beschriebenen Eiern(Follikeln) enthalten sein. Die beweglichen Sper-mien wurden zunächst als Tierchen (Zoa oderAnimalcula) beschrieben und später von KarlErnst von Baer als Samentiere (Spermatozoa) be-nannt. Diejenigen, die sie als Sitz der Homunculiansahen, wurden als Animalkulisten bezeichnet(Abb. 1.1.1). Demgegenüber hießen diejenigen,welche die voll ausgestatteten menschlichen Winz-linge in den Eiern vermuteten, Ovisten. Die Präfor-mationslehre führte die Ovisten konsequenterweisezur Formulierung der Einschachtelungslehre (Em-boîtement), die auf den Philosophen Malebranche(1688) zurückgeht und besagt, dass bereits imOvar der Urmutter Eva ineinander verschachtelt200 Millionen Miniaturmenschen enthalten gewe-sen seien, die alle von Gott vor 6000 Jahren an ei-nem Tag geschaffen die Erde bis an das Ende allerTage bevölkern würden (nach Hertwig 1906).

Der Streit zwischen Ovisten und Animalkulistenschien zugunsten der Ovisten auszugehen, als derGenfer Gelehrte Charles Bonnet die Jungfernzeu-gung (Parthenogenese) der Blattläuse entdeckte. Erhatte eine Blattlaus sorgfältig isoliert und beobach-tete, dass sie, ohne je mit einem Männchen Kon-takt gehabt zu haben, öfter hintereinander lebendi-ge Junge zur Welt brachte. Nach den Vorstellungender Ovisten und Animalkulisten waren die unend-lich kleinen Miniaturbilder der später ausgewach-senen Geschöpfe in Hüllen eingeschlossen, die imVerlauf ihres Wachstums durchbrochen und abge-worfen würden. Dieser Prozess der Auswickelung

aus den Hüllen, diese „Entkapselung“, wurde alsEntwicklung oder Evolution bezeichnet. So genaueBeobachter der Embryonalentwicklung des Hühn-chens und der Amphibien wie William Harvey, Al-brecht von Haller, Antoni van Leeuwenhoek, Mar-cello Malpighi und Jan Swammerdam, waren vonder Richtigkeit der Präformationstheorie überzeugt(Abb. 1.1.2).

Ein Bedeutungswandel des Entwicklungsbegriffswurde durch die Arbeiten von Caspar FriedrichWolff eingeleitet, der 1759 die Theorie der Epi-genese entwickelte. Er ging dabei davon aus, dassdie Entwicklung ein Fortschreiten vom Einfachenzum Komplizierten darstellt: „Die verschiedenenTeile eines tierischen Körpers entstehen alle einernach dem anderen, ein jeder Teil ist also allemalerstlich ein Effekt eines anderen vorhergehendenTeils und als dann wiederum Ursache anderer fol-

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Abb. 1.1.1. Winziger Mensch in einem Spermium. Darstel-lung nach Nicholas Hartsoeker (1656–1725)

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gender Teile.“ Die späteren Organe sind demnachnicht als solche in kleinem Maßstab zu Beginn derEntwicklung vorhanden, sondern sie bilden sichallmählich aus. So beschreibt Wolff in seinerSchrift „De formatione intestinorum“, die 1768 er-schien, wie sich der Darm des Hühnerembryos auseinem Darmblatt über eine Darmrinne entwickelt,deren Ränder sich einander nähern, um schließ-lich zu einem Rohr zu verschmelzen (nach Hert-wig 1906).

Ein weiterer wesentlicher Anstoß zum besserenVerständnis der Embryonalentwicklung kam vomAbt Lazzaro Spallanzani (1729–1799), der 1780 er-folgreich künstliche Befruchtungen sowohl vonAmphibien mit Samen aus den Samenblasen derMännchen durchführte und dem sogar die künstli-che Befruchtung einer Hündin durch Injektion vonSamen eines Hundes in die Gebärmutter gelang.Dadurch wurde erstmals demonstriert, dass beideGeschlechter einen Beitrag zur Zeugung der Nach-kommen liefern müssen (nach Hertwig 1906).

Die Eizelle selbst wurde von Karl Ernst vonBaer (1792–1876) entdeckt. Er gehörte zu den ganzgroßen Forschern des 19. Jahrhunderts und kannals Schöpfer der modernen Embryologie angese-

hen werden. Von Baer war durch seinen Jugend-freund Pander, der 1817 in den „Beiträgen zurEntwicklung des Hühnchens im Ei“ bereits denÜbergang von der zweiblättrigen zur dreiblättrigenKeimscheibe beschrieben hatte, für die embryolo-gische Forschung begeistert worden. In seinemHauptwerk über die Embryologie der Tiere hatvon Baer 1828 am eingehendsten die Entwicklungdes Hühnchens vom Anfang der Bebrütung biszum Schlüpfen aus dem Ei beschrieben (Abb.1.1.3). Dabei entdeckte er beispielsweise den Pri-mitivstreifen. Er beobachtete, dass die Wirbeltierevorübergehend ein sehr ähnliches Embryonalstadi-um durchlaufen, wobei die Embryonen höhererTiere jedoch nie den bleibenden Formen niedererTiere entsprächen: „Im Grunde ist also nie derEmbryo einer höheren Tierform einer anderenTierform gleich, sondern nur ihrem Embryo.“ Erwidersprach damit der insbesondere von Meckelund später von Haeckel (1834–1919) formuliertenThese, die noch heute kontrovers diskutiert wird,dass nämlich die Individualentwicklung (Ontoge-nese) eine abgekürzte Form der Stammesgeschich-te (Phylogenese) darstelle. Hier zeigte sich beson-

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Abb. 1.1.2. Darstellung der Entwicklung des Hühnerembryosnach Marcello Malpighi (1628–1694)

Abb. 1.1.3. Deckblatt des Buches über die Entwicklung desHühnchens im Ei von Karl Ernst von Baer (1828)

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ders augenfällig, wie die wachsende Erkenntnisvon naturwissenschaftlichen Zusammenhängen ei-nen Wandel der „Weltanschauung“ bewirken kann.

Eine weitere Dimension in der Betrachtung vonEntwicklungsvorgängen wurde durch die Beobach-tungen von Schleiden (1838) und Schwann (1839)eröffnet, dass alle Lebewesen aus Zellen zusam-mengesetzt seien, welche die kleinsten noch selbst-ständig lebensfähigen Bauelemente des Organis-mus darstellen. Hinzu kam die Erkenntnis, dassZellen nur durch Teilung von Zellen entstehenkönnen (Virchow 1855: „omnis cellulae e cellula“).Dadurch wurde klar, dass es im Verlauf der Ent-wicklung zu einer Spezialisierung von ur-sprünglich gleich aussehenden Zellen kommenmuss (Differenzierung).

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts be-gann auf der Basis dieser Erkenntnisse und der Ver-feinerung der mikroskopischen Untersuchungs-methoden, deren Entwicklung insbesondere von Re-mak, Kölliker und Hensen vorangetrieben wordenwaren, die Epoche der Zellbiologie, Genetik undder experimentellen Embryologie. Aufgrund von Er-gebnissen mikrochirurgisch durchgeführter Defekt-und Isolationsexperimente an Embryonen verschie-dener Spezies begann sich die Erkenntnis durch-zusetzen, dass embryonale Zellen bzw. Zellgruppenfür ihre Differenzierung Informationen von außenbenötigen. Driesch erkannte, dass das Schicksal ei-ner Zelle abhängig von ihrer Lage im Ganzen ist.Demnach sind die Zellen im jungen Embryo einer„Positionsinformation“ ausgesetzt, die ihr weiteresSchicksal festlegt (determiniert). Die induktivenWechselwirkungen zwischen verschiedenen Keim-abschnitten wurden am Beispiel des Amphibien-keims von Spemann u. Mangold untersucht undführten zur Entdeckung eines den Embryo „organi-sierenden“ Keimbezirks, der beim Amphibien-embryo in der oberen Urmundlippe und bei Vögelnund Säugern im Hensen-Knoten lokalisiert ist (Spe-mann u. Mangold 1924, Abb. 1.1.4). Diese Fähigkeitmultipotenter Zellen, sich entsprechend äußerer Be-fehle (Signale) zu differenzieren, wird gegenwärtigin der Stammzellenforschung mit dem Ziel der Ge-webszüchtung genutzt.

Aus der Beobachtung, dass sich aus einemHühnerei immer nur ein Huhn und niemals einAdler oder eine Taube entwickelt, kann geschlos-sen werden, dass der Hühnchenbauplan bereits imHühnerei vorhanden sein muss. Das bedeutet, dassauch alle epigenetischen Prozesse während derEmbryonalentwicklung letztendlich durch die Erb-anlagen gesteuert werden. Diese artgemäße Steue-rung der Entwicklungsprozesse führte Weismann

(1885) zur Formulierung der Keimplasmatheorie.Er postulierte eine besondere Substanz, das Keim-plasma, das im Zellkern lokalisiert ist und denTräger der arteigenen Erbinformation darstellt.Dieses Keimplasma ist nach Weismann aus sehrvielen Stoffteilchen, den Determinanten, zusam-mengesetzt, die ihrerseits aus noch kleineren Ein-heiten, den Biophoren, bestehen. Mit zunehmen-den Zellteilungen sollen die Determinanten in derWeise auf die Tochterzellen verteilt werden, dassam Ende in jeder Zelle nur noch eine Art von De-terminanten vorhanden ist, die den betreffendenZelltyp spezifiziert.

Flemming u. Strasburger entdeckten die Chro-mosomen, die nach Boveri für die Steuerung derEntwicklung verantwortlich sind. Boveri stelltedarüber hinaus fest, dass zwischen dem Zytoplas-ma und den Chromosomen Wechselwirkungen be-stehen. Die Voraussetzungen für die biochemischeund molekulare Entwicklungsbiologie wurdenschließlich durch Watson u. Crick geschaffen, die

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Abb. 1.1.4. Originalpräparat von Spemann und Mangold mitexperimentell induzierter Embryonalachse (Pfeil) nachTransplantation der dorsalen Urmundlippe

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1953 die Struktur und Bedeutung der DNA alsTräger der genetischen Information aufklärten.Das Wechselspiel zwischen der DNA und zytoplas-matischen Faktoren, die Funktion einzelner Genesowie die Analyse des Austauschs und Transportsvon Signalmolekülen zwischen den embryonalenZellen sind gegenwärtig Schwerpunkte der ent-wicklungsbiologischen Forschung, deren Ergebnis-se in den folgenden Abschnitten beispielhaft dis-kutiert werden sollen.

Dabei werden Befunde vorgestellt, die größten-teils an Modellorganismen gewonnen wurden undzu einem besseren Verständnis der Entwicklungs-prozesse bei höheren Vertebraten beitragen. Diewichtigsten Modellorganismen für das Studiumder Wirbeltierentwicklung sind der AfrikanischeKrallenfrosch (Xenopus laevis), der Zebrafisch(Brachydanio rerio), das Hühnchen und die Maus.Die Grundvorgänge der Entwicklung laufen beidiesen Organismen grundsätzlich ähnlich ab undsie erlauben darüber hinaus Rückschlüsse auf dieEntwicklung menschlicher Embryonen. Auch diemolekularen Steuerungsmechanismen der Organ-und Embryonalentwicklung dieser Spezies stim-men weitgehend überein.

Der jeweilige Modellorganismus wird in Abhän-gigkeit von der Problemstellung und den anzuwen-denden Untersuchungsmethoden ausgewählt.Wenn im nachfolgenden Beitrag ein großer Teildes Bildmaterials der Hühnchenentwicklung ent-stammt, so werden damit keine hühnchenspezi-fische, sondern allgemeingültige Entwicklungsvor-gänge illustriert. Der Grund für die starke Reprä-sentanz des Hühnchens liegt in dem Umstand be-gründet, dass die Autoren dieses Beitrags vorwie-gend mit Hühnerembryonen gearbeitet haben unddaher auf entsprechendes Bildmaterial zurückgrei-fen können.

1.1.2 Grundvorgänge der Entwicklung

1.1.2.1 Wachstum

Unter Wachstum verstehen wir eine Volumen- undMassenzunahme des Körpers. Sie kommt zustandedurch• Zellvermehrung,• Zellvergrößerung und• Bildung von Interzellularsubstanz.

1.1.2.1.1 Zellteilung und Zellvermehrung

Die Zellvermehrung durch wiederholte Zellteilungwird als Proliferation bezeichnet. Wenn sich dieZelle teilt, durchläuft sie eine Folge von bestimm-ten Ereignissen, die man als Zellzyklus bezeichnet.In der Mitose-Phase (M-Phase) werden die dupli-zierten Chromosomen auf zwei Tochterkerne ver-teilt und es entstehen schließlich zwei Tochterzel-len. Der M-Phase wird die Interphase gegenüber-gestellt, die ihrerseits aus der G1-(Gap-1-)Phase,der S-(Synthese-)Phase und der G2-Phase besteht.Nach der Zellteilung am Ende der M-Phasekönnen die Zellen entweder in die G1-Phase ein-treten und einen weiteren Zellzyklus durchlaufenoder sie ziehen sich vorübergehend oder per-manent aus dem Zellzyklus zurück, z. B. um sichzu differenzieren (Abb. 1.1.5 u. 1.1.6). Dieser post-mitotische Ruhezustand wird als G0-Phase be-zeichnet. In der S-Phase wird die DNA verdoppelt(repliziert). In der G1- und insbesondere in derG2-Phase werden Informationen von den Genenauf mRNA umgeschrieben (transkribiert). In jun-gen Embryonen können die G1- und G2-Phasenextrem verkürzt sein, da eine Transkription nochnicht erforderlich ist. Dadurch wird die Dauer derZyklen deutlich verkürzt.

Die Abfolge der Ereignisse des Zellzyklus wirdvon internen Oszillatoren, den Zyklinen angetrie-ben, die mit einem anderen kontinuierlich her-gestellten Protein (CDC2) interagieren und den„mitosis promoting factor“ (MPF) bilden (Draetta1990, Kumagai u. Dunphry 1991, Murray u. Hunt1993). MPF wird durch Kinasen und Phosphatasenmodifiziert und aktiviert. Die Steuerung der Pro-liferation erfolgt durch Wachstumsfaktoren (z. B.Fibroblastenwachstumsfaktor, FGF), die zum Teilzellartspezifisch wirken, und durch andere Signal-proteine (z. B. Sonic Hedgehog, SHH) oder WNT-Proteine, die in der G1-Phase an die entsprechen-den Rezeptoren der Zelloberfläche binden. DurchTransduktion der Signale in den Zellkern erfolgt

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eine Aktivierung des Zellzyklus. Wachstumshor-mone sind weitere Faktoren, welche die Zellprolife-ration fördern. Die insulinähnlichen Wachstums-faktoren 1 und 2 (IGF-1 und IGF-2) sind dafürBeispiele (Baker et al. 1993, Heyner u. Garside1994). Werden die Gene für IGF-1 oder IGF-2 beider Maus inaktiviert, so ist das Körpergewicht derNeugeborenen stark reduziert (Fournier u. Lewis2000). Andererseits kann das Körpergewicht durchvermehrte Bildung dieser Wachstumsfaktoren be-trächtlich erhöht werden, wobei sowohl die Zell-zahl erhöht ist als auch die einzelnen Zellen ver-größert sind (Coleman et al. 1995). Neben Signal-molekülen, welche die Proliferationsrate der Zellenerhöhen, sind auch solche bekannt, welche dieProliferation hemmen. Als Beispiel sei der „growthand differentiation factor“ 8 (GDF-8) angeführt,

der auch Myostatin genannt wird (Abb. 1.1.7). Die-ser zur TGF-�-Superfamilie (transformierenderWachstumsfaktor �) gehörende Faktor begrenztZahl und Größe der Skelettmuskelfasern (McPher-ron et al. 1997). Mäuse mit inaktiviertem Myosta-tin-Gen sind 30% schwerer als Wildtypmäuse, dadie Einzelmuskeln der Mutanten zwei- bis dreimalsoviel Masse aufweisen wie die entsprechenden

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Abb. 1.1.5. Querschnitt eines 2 Tage alten Hühnerembryosnach Applikation von 5-Brom-2�-deoxyuridin und 20-minüti-ger Wiederbebrütung. Die dunkel gefärbten Kerne haben dieS-Phase durchlaufen. Die Zellen des Myotoms (Pfeile) sindpostmitotisch und haben sich aus dem Zellzyklus zurückge-zogen (G0-Phase)

Abb. 1.1.6. Transversalbruch eines 2-tägigen Hühnerembryosim Bereich des Dermomyotoms. Beachte die hochprismati-schen Epithelzellen und die abgerundeten Zellen, die sich inder Mitose befinden (*). Aufnahme: Dr. H. J. Jacob, Bochum

Abb. 1.1.7. Transversalschnitt eines 2-tägigen Hühnerembry-os. Mittels In situ-Hybridisierung ist die Expression desMyostatin-Gens im Dermomyotom dargestellt

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Muskeln der Normaltiere. Die Blockade derMyostatin-Wirkung durch die Applikation von An-tikörpern führt zu einer Vermehrung der Muskel-masse und einer Verbesserung der Muskelfunktionbei der mdx-Maus, die eine Muskeldystrophie ent-wickelt (Bogdanovich et al. 2002).

1.1.2.1.2 Zellvergrößerung

Einige Gewebe bzw. Organe wachsen insbesonderein der Fetalzeit (Entwicklungsperiode vom Beginndes 3. Monats bis zur Geburt) sowie nach der Ge-burt durch Größenzunahme der Zellen. Als Bei-spiel sei das zentrale Nervensystem angeführt, dasdurch Vermehrung und Wachstum der Zellfortsät-ze, deren Ummantelung mit Myelin sowie durchVolumenzunahme der Perikarya der Nervenzellenan Masse zunimmt. Ein weiteres Beispiel für ex-tensives Zellwachstum stellt die Skelettmuskulaturdar. Durch die Einlagerung von Strukturproteinenin die Muskelfasern, die für die Kontraktilität derFasern von Bedeutung sind, erfolgt deren Volu-menzunahme. IGF-1 und IGF-2 wirken auch aufdas Wachstum von Muskelfasern stimulierend(Coleman et al. 1995). Interessanterweise werdenbeide insulinähnlichen Wachstumsfaktoren auchvon den Muskelzellen selbst gebildet, sodass sienicht nur systemisch, sondern auch auto- oder pa-rakrin wirken dürften. Auf die das Wachstum derMuskelzellen hemmende Wirkung von Myostatinwurde bereits hingewiesen.

1.1.2.1.3 Bildung von extrazellulärer Matrix (ECM)

Die Bildung von Zwischenzellensubstanz, die auchextrazelluläre Matrix genannt und im angloame-rikanischen Schrifttum ECM abgekürzt wird, be-ginnt mit der Transformation von Epithelien inembryonales Bindegewebe (Mesenchym). Die ECMist gewebsspezifisch zusammengesetzt und wirdvon lokalen Mesenchymzellen sezerniert. Das Men-genverhältnis von Zellen zur ECM wechselt in Ab-hängigkeit vom Gewebstyp und verändert sichauch während der Entwicklung (Abb. 1.1.8 u.1.1.9). Besonders deutlich ist das durch starkeECM-Produktion verursachte Wachstum des hyali-nen Knorpels, bei dem der Volumenanteil derECM den der Zellsubstanz weit übertrifft. Die Ver-mehrung der ECM im hyalinen Knorpel ist die Ur-sache seines von innen heraus erfolgenden (inter-stitiellen) Wachstums (Benninghoff u. Drenckhahn2003).

1.1.2.2 Gene

Ein Gen ist ein DNA-Abschnitt, der Funktionen imLeben eines Organismus hat. Die meisten Genevon eukaryonten Zellen sind in den Chromosomender Kerne lokalisiert. Einige Gene lassen sich inder DNA der Mitochondrien nachweisen. Entwick-lungskontrollgene sind solche Gene, die bei derFestlegung und Steuerung des Körperbauplans so-wie bei der Differenzierung der Gewebe wichtigeFunktionen haben. Bei der Expression eines Genswird der dem Gen entsprechende Abschnitt derDNA transkribiert, d. h. in RNA übersetzt. Bei den

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Abb. 1.1.8. Knorpeldifferenzierung in der Extremitätenanla-ge eines Hühnchens. Beachte die rötliche knorpelspezifischeextrazelluläre Matrix zwischen den noch eng beieinanderliegenden Knorpelbildungszellen

Abb. 1.1.9. Kollagenes Fibrillennetz der extrazellulären Ma-trix (ECM) im embryonalen Bindegewebe. * Fibroblast

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meisten Genen wird diese RNA auch in Proteinetranslatiert und nur bei wenigen Klassen von Ge-nen (z. B. rRNA-Genen) erfüllt die transkribierteRNA eine biologische Funktion und wird nicht inein Protein translatiert. In der Entwicklung spieltdie unterschiedliche (differenzielle) Genexpressioneine große Rolle, da in allen Zellen die für die dif-ferenzierten adulten Zellen typischen Expressions-muster irgendwann einmal angeschaltet werdenmüssen. Die Kontrolle der Genexpression ist ab-hängig von regulatorischen Sequenzen der RNA,den Enhancer- und Promotorregionen und vonProteinen, die Transkriptionsfaktoren genannt wer-den, und die mit diesen DNA-Sequenzen interagie-ren und die Transkription der Gene entwederhemmen oder aktivieren.

Zum Nachweis, dass ein bestimmtes Gen zu ei-nem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmtenOrt exprimiert wird, kann man das translatierteProtein z. B. durch spezifische Antikörper nachwei-sen. Häufiger jedoch wird die transkribierte RNAmittels In situ-Hybridisierung nachgewiesen. Umden Effekt eines Gens auf die Entwicklung zu stu-dieren, hat sich die Methode der Ausschaltungspezifischer Gene in sog. Knock out-Mäusen be-währt. Dafür wird ein DNA-Molekül (Vektor) her-gestellt, das mit den Sequenzen in dem aus-zuschaltenden Gen homolog ist. Durch homologeRekombination wird dieser Vektor in das Gen ein-gebaut, das dadurch in seiner Nukleinsäuresequenzso verändert wird, dass es nicht mehr ordnungs-gemäß transkribiert werden kann. Derartige ge-zielte Mutagenesen werden an embryonalenStammzellen der Maus durchgeführt, die in Blasto-zysten implantiert werden.

1.1.2.3 Transkriptionsfaktoren

Transkriptionsfaktoren sind die Proteine, welchedie Transkription regulieren. Den Transkriptions-faktoren ist gemeinsam, dass sie sich an spezi-fische Stellen der DNA anlagern und dadurch dieTranskription bestimmter Gene beeinflussenkönnen. Gene, die in der Entwicklung für Tran-skriptionsfaktoren kodieren, werden als Entwick-lungskontrollgene bezeichnet. Eine besonderswichtige Gruppe von Transkriptionsfaktoren sinddie Produkte der Homöobox-(hox-)Gene. Der Na-me Homöobox bezeichnet einen hochgradig kon-servierten DNA-Abschnitt von 183 Basispaaren.„Konserviert“ heißt in diesem Zusammenhang,dass identische DNA-Sequenzen bei vielen ver-schiedenen Lebewesen zu finden und sie somit

über einen langen Zeitraum der Evolution erhaltengeblieben sind. Die 183 Basenpaare der Homöo-box-Gene kodieren ein aus 61 Aminosäuren beste-hendes Proteinsegment, dass die Eigenschaft be-sitzt, spezifisch an die DNA zu binden und damitdie Expression anderer Gene zu steuern. DiesesProteinsegment wird als Homöodomäne oder He-lix-Turn-Helix-Motiv bezeichnet. Die Expressions-domänen von Homöobox-Genen sind häufigräumlich auf bestimmte Strukturen begrenzt, fürderen Entwicklung sie zuständig sind. Oftmalswirken mehrere Homöobox-Gene einer Steue-rungsebene in kombinatorischer Weise zusammen.So wird die regionale Gliederung der Wirbelsäuleund der Extremitäten durch spezifische Expressi-onsmuster von Homöobox-Genen gesteuert. Ande-re Gruppen von Entwicklungskontrollgenen sinddie pax-Gene oder die Gene, die für die myogenenDeterminationsfaktoren (MYF-5, MyoD, MRF4 undMyogenin) kodieren (Abb. 1.1.10). Letztere gehö-ren zu den basischen Helix-Loop-Helix-(bHLH-)Proteinen. Weitere Transkriptionsfaktoren sind dieZinkfinger-Proteine und die T-Box-Faktoren.

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Abb. 1.1.10. Expression des myod-Gens bei einem Hühner-embryo während des 5. Bebrütungstages. Beachte die seg-mentalen Muskelanlagen in der Rumpfwand und die Vor-muskelmassen in den Extremitätenknospen

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1.1.2.4 Differenzierung

In vielen Geweben geht die Proliferation der Zellenihrer Differenzierung voraus. Die Balance zwischendiesen beiden Prozessen bestimmt die artspezi-fische Menge von Zellen in den sich entwickelndenGeweben und Organen (Raff 1996, Christ et al.2001, Patel et al. 2002). In den meisten Gewebenbleiben in ihrem Schicksal zwar festgelegte (deter-minierte), jedoch noch teilungsfähige Zellen erhal-ten, die als Stammzellenersatz für physiologischer-weise absterbende Zellen oder für Reparaturpro-zesse zur Verfügung stehen, wie z. B. die Satelliten-zellen der Skelettmuskulatur. Die Zelldifferenzie-rung führt zu unterschiedlichen Zelltypen, wieNerven-, Muskel-, Fett-, und Knorpelzellen, diesich in ihrer Morphologie, Proteinausstattung undFunktion unterscheiden. In höheren Vertebratenkönnen mehr als 200 differenzierte Zelltypen ein-deutig voneinander unterschieden werden. DerZelldifferenzierung liegt eine kontinuierlich erfol-gende Veränderung der Genexpression zugrunde,die schließlich zur Bildung der zelltypischen Pro-teine führt. Die gewebsspezifische Programmie-rung (Spezifizierung) der Zellen läuft in der Regelschrittweise ab und erstreckt sich über mehrereZellgenerationen. In den frühen Phasen erfolgenoffenbar Aktivitätsänderungen nur einiger wenigerGene, die Zellen werden jedoch hinsichtlich ihrerDifferenzierungspotenzen immer stärker einge-schränkt (Restriktion der prospektiven Potenz).Wenn sie sich nur noch zu einem einzigen Zelltypentwickeln können, werden sie als „determiniert“bezeichnet. Differenziert ist die Zelle, wenn sieaufgrund der gewebs- oder organtypischen Merk-male identifiziert werden kann. Die noch teilungs-fähige determinierte Zelle vererbt ihr Differenzie-rungsprogramm auf ihre Tochterzellen. Es wird so-mit ein Zellgedächtnis etabliert, das gewebs- bzw.organtypische Regenerationen oder Reparaturenermöglicht. So gehen beispielsweise bei einer Mus-kelschädigung aus den Stammzellen, die mit denMuskelfasern assoziiert sind, den Satellitenzellen,immer Muskelzellen und nie Nervenzellen hervor.Einmal installierte Differenzierungsprogrammewerden normalerweise zeitlebens beibehalten. Än-derungen dieses Programms, die als Transdifferen-zierung bezeichnet werden, stellen normalerweiseselten vorkommende Ereignisse dar, bei derZüchtung und Spezifizierung von Stammzellensind sie dagegen von großer Bedeutung.

Die einzelnen Schritte der Zelldifferenzierungwerden von zahlreichen äußeren Signalen gesteu-

ert. Bei jedem Schritt des Differenzierungsprozes-ses verfügt die Zelle jeweils über nur wenige Op-tionen. Die von außen einwirkende Information istdaher weniger instruktiv als vielmehr permissiv.So kann sich ein Myoblast unter normalen Bedin-gungen nicht zu einer Nervenzelle differenzieren.Welches sind nun die Mechanismen, die zur zell-typspezifischen Expression von Genen führen?Hierbei ist die Regulation der Transkription einesGens von entscheidender Bedeutung. Das soll amBeispiel der Differenzierung der Skelettmuskulatur(Myogenese) dargestellt werden. Zellen, die Ske-lettmuskulatur bilden, entstammen einem einzigenMesodermkompartiment, das neben den Axial-organen, Neuralrohr und Chorda dorsalis, gelegenist, dem paraxialen Mesoderm (Christ et al. 1977,Christ u. Ordahl 1995) (Abb. 1.1.11, 1.1.12, 1.1.13,1.1.14). In ihm entstehen segmental angeordneteSomiten, die in dorsoventraler Richtung in zweiKompartimente untergliedert werden, das dorsalgelegene epitheliale Dermomyotom und das ventralgelegene mesenchymale Sklerotom (Abb. 1.1.15).Die teilungsfähigen Zellen des Dermomyotoms, diez. B. das pax3-Gen exprimieren, das für einenTranskriptionsfaktor kodiert, haben die Option,sich zu Muskel-, Dermis- und Endothelzellen zudifferenzieren (Huang et al. 2003) (Abb. 1.1.16).Unter dem Einfluss von Signalmolekülen, die vonZellen der Axialorgane abgegeben werden, erfolgtdie Determination der medial im Dermomyotomlokalisierten Zellen in Richtung Myogenese. Zuden determinierenden Signalmolekülen gehörendas von der Chorda dorsalis sezernierte SonicHedgehog (SHH) (Abb. 1.1.17 u. 1.1.18) und dievom dorsalen Neuralrohr gebildeten WNT-Prote-ine, WNT-1 und WNT-3a (Münsterberg u. Lassar1995, Fan et al. 1997, Fan u. Tessier-Lavigne 1994).Diese Signalmoleküle binden spezifisch an Rezep-toren, die von den Muskelvorläuferzellen im Der-momyotom exprimiert werden. Über ein komple-xes Signaltransduktionssystem werden myogeneSteuerungsgene, wie myod („myoblast determininggenes“), angeschaltet, die Meistergene der Muskel-differenzierung darstellen und untergeordnete Ef-fektorgene aktivieren (Abb. 1.1.10). Man kennt vierSchlüsselgene der Myogenese, die für Proteine ko-dieren, die auch als MDF („muscle determinationfactors“) bezeichnet werden: myod, myf5, mrf4und Myogenin (Übersicht bei Arnold u. Braun2000). Es handelt sich um Proteine mit einer basi-schen Helix-Loop-Helix-(bHLH-)Domäne, die sichan eine Steuerregion der nachgeschalteten muskel-spezifischen Gene (E-Box des Promoters) heftetund diese aktiviert. Die myogenen Determinati-

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onsfaktoren regulieren demnach die Transkriptionals Transkriptionsfaktoren. Werden Zellen, die nor-malerweise keine Muskulatur bilden, wie z. B. Fi-broblasten, in der Kultur mit dem myod-Gentransfiziert, so ändern sie ihr Programm in Rich-tung Muskeldifferenzierung (Weintraub 1993). DieMDF steuern nicht den gleichen Schritt des Diffe-renzierungsprozesses, vielmehr agieren die MDFMyogenin und mrf4 „downstream“ von myf5 undmyod. Mäuse, bei denen die beiden Gene myf5und myod inaktiviert wurden, bilden überhauptkeine Skelettmuskulatur aus (Rudnicki et al. 1993).Mausmutanten mit fehlender Transkription vonpax3 und myf5 fehlt die Körpermuskulatur, wäh-rend die Kopfmuskulatur normal gebildet wird(Tajbakhsh et al. 1998). pax3 kann myf5, myod

und Myogenin aktivieren und muss demnach „up-stream“ dieser MDF-Gene wirken. Die MDF intera-gieren mit einem zweiten Typ von myogenen Re-gulationsgenen den mef („myocyte enhancingfactors“). mef2 verstärkt und stabilisiert die Ex-pression der MDF-Gene und trägt so zur myoge-nen Determination bei (Molkentin u. Olson 1996).

Die Aufrechterhaltung der zelltypspezifischenGenexpression und damit des Differenzierungs-zustandes der Zellen ist an Wechselwirkungen desZellkerns mit dem Zytoplasma gebunden. Kerneaus adulten Darm-, Haut- oder Nierenzellenkönnen nach ihrer Injektion in entkernte Eizellendie Embryonalentwicklung in Gang bringen. Daswurde sowohl mit Eiern des Krallenfrosches Xeno-pus wie auch mit Eizellen von Säugern experimen-tell gezeigt (Gurdon 1986, Willmut et al. 1997,Wolf et al. 1998). Es hat sich dabei herausgestellt,dass die Erfolgsrate höher war, wenn die Kern-spendenden Zellen in ihrer Entwicklung nochnicht weit fortgeschritten waren. Diese Experimen-te zeigen, dass durch Interaktionen mit dem Zyto-plasma der Eizelle das genetische Programm vondifferenzierten Zellkernen experimentell verändertwerden kann. Wenn die Gene den Einflüssen von

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Abb. 1.1.11. Rasterelektronenmikroskopische Dorsalansichteines 2 Tage alten Hühnerembryos. Auf der rechten Seite istdas Oberflächenektoderm zur Darstellung der darunter gele-genen Somiten entfernt (Aufnahme: Dr. H. J. Jacob, Bo-chum)

Abb. 1.1.12. Zwei Tage alter Hühnerembryo mit Darstellungder Expression des Paraxis-Gens. Paraxis markiert das Kom-partiment des paraxialen Mesoderms

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Abb. 1.1.13. Sagittalschnitt (semidünn) durch einen 2 Tagealten Hühnerembryo im Bereich der Somitenbildung. Ausdem mesenchymalen präsomitischen Mesoderm wird geradeein epithelialer Somit abgegliedert (Pfeilmarkierung). * Nochlocker strukturiertes unsegmentiertes paraxiales Mesoderm.Die Somiten sind mit römischen Zahlen durchnummeriert.Ek Ektoderm, En Entoderm

Abb. 1.1.14. Transversalschnitt durch einen 2 Tage altenHühnerembryo in Höhe des Somiten III. Ek Ektoderm, EnEntoderm, NR Neuralrohr, Ch Chorda dorsalis, Ao Aorta.Aufnahme: Dr. Corina Schmidt, Freiburg

Abb. 1.1.15. Rasterelektronenmikroskopische Aufsicht auf ei-nen Querbruch durch einen 3 Tage alten Hühnerembryo inHöhe eines bereits kompartimentierten Somiten. Ek Ekto-derm, En Entoderm, NR Neuralrohr, Ch Chorda dorsalis,Ao Aorta, Co Coelom, So Somatopleura, Sp Splanchnopleura,Am Amnion

Abb. 1.1.16. Querschnitt eines 3 Tage alten Hühnerembryosund Darstellung der Expressionsdomänen von pax3: dorsalesNeuralrohr, Dermomyotom und in die Extremitätenanlageauswandernde myogene Zellen

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Zytoplasma der Eizelle ausgesetzt werden, verhal-ten sie sich wie die Gene im Kern einer befruchte-ten Eizelle. Wird eine Leberzelle mit einer Muskel-faser fusioniert, so werden im Kern der Leberzelledie lebertypischen Gene herunterreguliert undmuskelspezifische Gene angeschaltet (Blau 1989,Blau u. Baltimore 1991). Das ist ein weiterer Belegdafür, dass die Inaktivierung von nicht zellspezi-fischen Genen in differenzierten Zellen rückgängiggemacht werden kann.

1.1.2.5 Apoptose

Das Absterben von Zellen ist ein wesentliches Er-eignis nicht nur im adulten Organismus, sondernbereits im jungen Embryo (Glücksmann 1951,Saunders 1966, Hurle et al. 1996). Dieses auf phy-siologische Weise erfolgende und für die reguläreEntwicklung außerordentlich wichtige Absterbenvon Zellen wird als „programmierter“ Zelltod oderApoptose bezeichnet. Die Separation der Fingerund Zehen durch Rückbildung der Schwimmhäute(Abb. 1.1.19) sowie die Eliminierung überschüssiggebildeter Nervenzellen oder autoreaktiver Immun-zellen erfolgen durch Apoptose. Untersuchungenan Fadenwürmern (Nematoden) haben gezeigt,dass der programmierte Zelltod durch die Aktivie-rung von zwei Genen ced3 und ced4 eingeleitetwird (Metzstein et al. 1998). Eine Inaktivierungdieser Gene hat das Überleben von Zellen zur Fol-ge, die normalerweise absterben würden. Anderer-seits hat die Inaktivierung eines weiteren Gens,ced9, zur Folge, dass zusätzlich zu den normaler-

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Abb. 1.1.17. Sonic-Hedgehog-Expression in der Chorda dor-salis (Pfeil) eines Hühnerembryos zu Beginn des 2.Bebrütungstages

Abb. 1.1.18. Querschnitt von einem 2 Tage alten Hühner-embryo mit Sonic-Hedgehog-Expression in der Chorda dor-salis und der darüber liegenden Bodenplatte des Neural-rohrs

Abb. 1.1.19. Zehenanlagen eines 15,5 Tage alten Mausembry-os. Im Zusammenhang mit der Separation der Fingeranla-gen werden die „Schwimmhäute“ (Pfeile) durch Apoptoseabgebaut

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weise absterbenden Zellen zahlreiche Zellen, dienormalerweise überleben würden, durch Apoptoseeliminiert werden. Wird dagegen ced9 überexpri-miert, so findet keine Apoptose mehr statt. Dasced9 homologe Gen wird bei Säugern als bcl2 be-zeichnet. bcl2 ist demnach ein Apoptosehemmer(Newton u. Strasser 1998). Die die Apoptose kon-trollierenden Gene regulieren ein kaskadenartigaktivierbares System von speziellen Proteasen, Ca-spasen, welche die Apoptose über eine Fragmentie-rung der DNA auslösen. Morphologisch sind dieZellen, die bei der Apoptose zugrunde gehen,durch pyknotische Zellkerne charakterisiert. Dieabgestorbenen Zellen werden schließlich vonNachbarzellen phagozytiert. Es gibt Hinweise da-rauf, dass die meisten Zellen suizidal vorprogram-miert sind und von der Realisierung des Selbst-mordprogramms durch externe Faktoren abgehal-ten werden müssen. So verhindert beispielsweiseder Nervenwachstumsfaktor (NGF) das Absterbenvon Neuronen des sympathischen Nervensystems(Levi-Montalcini 1958, 1976) und Sonic Hedgehogsichert das Überleben von Somitenzellen (Teillet etal. 1998, Cann et al. 1999). Andererseits könnenauch Signalmoleküle, wie beispielsweise konzentra-tionsabhängig BMP-4 („bone morphogenetic pro-tein 4“), die Apoptose induzieren (Schmidt et al.1998). Die Apoptose lässt sich als besonderes Dif-ferenzierungsprogramm der Zellen ansehen.

1.1.2.6 Extrazelluläre Matrix, Zelladhäsions-moleküle und Zell-Matrix-Interaktionen

Nicht alle von der Zelle gebildeten Proteine undGlykoproteine bleiben innerhalb der Zelle. Ein vonGewebstyp zu Gewebstyp variierender Anteil wirdvon den Zellen sezerniert und füllt den Zwischen-zellraum als extrazelluläre Matrix (ECM) aus. An-dere Proteine sind an der Zelloberfläche lokalisiertund dienen dem Zusammenhalt von Zellen oderderen Verbindung mit Molekülen der ECM.

Eine wichtige Funktion einiger ECM-Kom-ponenten besteht in der vorübergehenden Bin-dung, dem Transport, der Verteilung und der Prä-sentation von Signalmolekülen. Epitheliale Zellver-bände fußen auf einer Basallamina, die aus ge-schichteten speziellen ECM-Bestandteilen bestehtund mit den angrenzenden Zellen über Kontakteinteragiert. Darüber hinaus muss die Basallaminadie Permeation von Signalmolekülen ermöglichen.

Zu den Bestandteilen der ECM gehört Kollagen,dessen verschiedene Typen in gewebsspezifischerWeise verteilt sind (Abb. 1.1.9). Die meisten Kol-

lagentypen bilden Fasern, die ihrerseits wiederumfibrillär strukturiert sind. Ein Prokollagenmolekülwird von drei untereinander gewundenen Polypep-tidketten, den �-Ketten, gebildet, die endständigePolypeptide, Registerpeptide, aufweisen. Nach derSekretion des Prokollagens werden diese endständi-gen Polypeptide im Zwischenzellraum durch Pro-kollagenpeptidasen abgespalten. Es entsteht auf die-se Weise Tropokollagen, das nun zu größeren Ein-heiten, den Fibrillen, polymerisieren kann. Typ-I-Kollagen bildet den Hauptbestandteil der ECM.Typ-II-Kollagen findet sich in der ECM der Chordadorsalis und des hyalinen Knorpels. Typ-III-Kolla-gen ist in der Grenzschicht, welche die Basallaminamit dem darunter gelegenen Mesenchymkompar-timent verbindet, und im retikulären Bindegewebenachweisbar (Kuhn 1987). Typ-IV-Kollagen, das kei-ne Fibrillen bildet, ist ein wesentlicher Bestandteilder Basallamina.

Eine weitere ECM-Komponente stellen die Gly-kosaminglykane (GAG) dar, die größtenteils anProteine gebunden sind und mit diesen Proteogly-kane bilden (Esko 1991). GAG enthalten vor allemAminozucker, Uronsäure, Essigsäure und teilweiseauch noch Schwefelsäure. Zu den GAG gehörenHyaluronsäure, Chondroitin-4-Sulfat, Chondroitin-6-Sulfat, Dermatansulfat, Heparansulfat und Kera-tansulfat. Hyaluronsäure besitzt ein hohes Wasser-bindungsvermögen und ist dadurch in der Lage,die interzellulären Räume zu erweitern und aufdiese Weise Zellwanderungen zu ermöglichen. DasAufrichten der Gaumenfortsätze während der Em-bryonalentwicklung des Menschen kommt dadurchzustande, dass in Folge vermehrter Produktionvon Hyaluronsäure und nachfolgender Hydratationder extrazellulären Matrix der Gewebsturgor an-steigt und die Gaumenfortsätze anhebt.

Das Glykoprotein Fibronektin ist ein weitererBestandteil der ECM, das insbesondere für Zell-Matrix-Interaktionen und die Migration von Zellenwichtig ist, da es Verbindungen der Zellen zur ex-trazellulären Matrix vermittelt (Abb. 1.1.20). Es istein Dimer aus zwei Untereinheiten, die durch Di-sulfidbrücken verbunden sind, und besitzt ver-schiedene Domänen. Weiterhin verfügt Fibronektinüber eine Erkennungssequenz mit dem Motiv RGD(Arg-Gly-Asp), die mit Zelladhäsionsmolekülenvom Integrintyp, die an der Zelloberfläche lokali-siert sind, interagiert (Hynes 1992).

Laminin ist ein großes Glykoprotein, das ins-besondere in der Basallamina vorkommt. Es ist,ähnlich wie Fibronektin, für Zell-Matrix-Inter-aktionen von Bedeutung (von der Mark u. Good-man 1993). Es besitzt Bindungsdomänen für die

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Matrixmoleküle Typ-IV-Kollagen, Heparansulfatund Entactin. Wird beispielsweise die Anheftungvon wandernden Neuralleistenzellen an Lamininund Fibronektin durch die Blockierung der Inte-grin-�1-Untereinheit inhibiert, so resultieren Fehl-bildungen der Neuralleistenderivate im Kopf-bereich. Die Bedeutung von Zell-Matrix-Interaktio-nen konnte auch für andere wandernde Zellpopu-lationen, wie z. B. Muskelvorläuferzellen, nach-gewiesen werden.

Der Zusammenhalt von Zellen wird durch Zell-adhäsionsmoleküle bewirkt. Es werden drei Klas-sen von Zelladhäsionsmolekülen unterschieden.Die Cadherine (kalziumabhängige Adherine) sindTransmembranproteine, die in gewebsspezifischenFormen vorkommen, z. B. als E-Cadherin oderN-Cadherin (Takeichi 1990, 1995) (Abb. 1.1.21).Cadherine binden Zellen in Anwesenheit von Kal-zium. Dabei interagieren identische Moleküle be-nachbarter Zellen (homophile Bindung). Cadherinestellen die wichtigsten Adhäsionsmoleküle em-bryonaler Zellen dar. Der in das Zytoplasma hi-neinragende Schwanz der Cadherine ist über Cate-nin mit intrazellulären Aktinbündeln verankert.E-Cadherin, das auch als Uvomorulin bezeichnetwird, bindet die Furchungszellen (Blastomeren)junger Embryonen.

Ein anderer Typ von Zelladhäsionsmolekülengehört zur Immunglobulin-Superfamilie und ver-mittelt die Zell-Adhäsion kalziumunabhängig. Dasneuronale Zelladhäsionsmolekül N-CAM („neuralcell adhesion molecule“) zählt zu dieser Gruppe.Es wird in der frühen Embryonalentwicklung nichtnur auf Nervenzellen gefunden. Auch bei diesemMolekül ist die Bindung homophil, d. h. dieN-CAM einer Zelle binden an die N-CAM derNachbarzelle (Kreis u. Vale 1999).

Die Integrine sind Glykoproteine der Zellober-fläche, die hauptsächlich mit Komponenten derECM interagieren. Es sind Heterodimere, die aus�- und �-Untereinheiten bestehen. Innerhalb derZelle sind sie mit Aktinfilamenten des Zytoskelettsverbunden. Über die Integrine können Informatio-nen aus der ECM vermittelt werden, die das Zell-verhalten modulieren (Hynes 1992, Howe et al.1998).

Die Wegfindung migrierender Zellen sowie dieZell-Zell-Erkennung dürften ganz wesentlich durcheine zelltypspezifische Adhäsivität vermittelt wer-den (Brand-Saberi et al. 1996 a, b).

1.1.2.7 Gemeinschaftseffekt (Community Effect)

Als Gemeinschafts- oder Community-Effekt be-zeichnet man das Phänomen, dass zelltypischeDifferenzierungen häufig nur dann erfolgen, wenndie Zellen in einer Gruppe von mindestens 50–200Zellen beieinander liegen, wohingegen Einzelzellenoder kleinere Gruppen von Zellen am identischenOrt keine Differenzierung zeigen. Diese Abhängig-keit des Zellverhaltens von der Anzahl der Zellenwurde zuerst von His (1868) für die Knorpeldiffe-renzierung beschrieben: „Die weiche parablasti-sche Gewebsanlage muss, damit sie zu Knorpel

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Abb. 1.1.20. Querschnitt durch einen Hühnerembryo zu Be-ginn des 3. Bebrütungstages mit immunhistochemischemNachweis der Fibronektinverteilung

Abb. 1.1.21. Sagittalschnitt eines 3 Tage alten Hühnerembry-os mit immunhistochemischem Nachweis von N-Cadherinim Dermomyotom und Myotom

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werde, in einer gewissen Reichlichkeit angehäuftsein.“ Diese Auffassung wurde am Beispiel derKnorpelentwicklung durch Isolationen und Trans-plantationen unterschiedlicher Mengen des Anla-gematerials bei jungen Hühnerembryonen bestätigt(Christ 1969). In den letzten beiden Dekaden wur-de dem Problem des Gemeinschaftseffektes vonGurdon und Mitarbeitern besondere Aufmerksam-keit geschenkt (Gurdon et al. 1993). Dabei konnteam Beispiel der Differenzierung von Muskel- undNervengewebe gezeigt werden, dass Einzelzellenoder kleinere Gruppen von Zellen ihren Determi-nationszustand in einer fremden Umgebung nichtbeibehalten, während das bei größeren Zellgrup-pen der Fall ist. Gurdon et al. (1993) diskutierendie Mechanismen, die für den Community-Effektverantwortlich sein könnten. Wenn Zellen ein Sig-nalmolekül abgeben, das für den Ablauf eines Dif-ferenzierungsprozesses oder die Erhaltung einesDifferenzierungsprogramms in einer gewissenKonzentration benötigt wird, so ist leicht vorstell-bar, dass durch eine größere Anzahl beieinanderliegender Zellen eine höhere Konzentration desFaktors erreicht werden kann. Die Kopplung vonZellen durch Kommunikationskontakte („gapjunctions“) könnte die Funktion benachbarter Zel-len synchronisieren und ebenfalls beim Gruppen-effekt eine Rolle spielen. Auch die Kommunikationüber Zelladhäsionsmoleküle könnte daran beteiligtsein.

1.1.2.8 Signalaustausch zwischen Zellen

Wie bereits ausgeführt wurde, können zwei be-nachbarte Zellen Signale über Zelladhäsionsmole-küle austauschen. Auch nicht benachbarte Zelleneines Embryos kommunizieren miteinander undbeeinflussen sich gegenseitig, entweder durch dieAbgabe von Signalmolekülen, die an der Zielzellevon spezifischen Rezeptoren gebunden werden,oder durch das Ausstrecken langer dünner Zell-fortsätze, der Zytonemata, die durch die ECM auchmit weiter entfernt liegenden Zellen vorüberge-hend in Kontakt treten. Signalmoleküle erreichendie Zielzellen entweder durch Diffusion oder mit-hilfe von ECM-Komponenten, die diese Molekülebinden und den Zielzellen präsentieren. Mannennt Signalmoleküle, die das Differenzierungsver-halten der Zielzellen beeinflussen, auch Indukti-onsfaktoren und den Vorgang der ZellinformationInduktion. Bei den Signalmolekülen können ver-schiedene Familien unterschieden werden.

1.1.2.8.1 Transformierender Wachstumsfaktor

Der transformierende Wachstumsfaktor � (TGF-�)bildet eine große Familie interzellulärer Signalsub-stanzen (Assoian et al. 1987, Frolik et al. 1983, Ro-berts u. Sporn 1990). Er wurde ursprünglich alsmitogener Faktor beschrieben, der von transfor-mierten Zellen abgegeben wird. Zu dieser Familiegehören Aktivin, Vg-1, BMP, Nodal und Myostatin(Abb. 1.1.7 u. 1.1.22). TGF-� agieren als Dimere.Zwei Moleküle bilden einen Komplex, der einenebenfalls dimeren Rezeptor aktiviert. Sie wirkenoft inhibitorisch auf die Zellproliferation undfördern die Sekretion von ECM-Komponenten. Ak-tivinähnliche Faktoren wie Vg-1 und Nodal sindim Vertebratenembryo an der Induktion und Ver-teilung von Mesoderm beteiligt (Joubin u. Stern1999). Nodal ist ein Bestandteil des Signalnetz-werks, der die Rechts-links-Asymmetrie determi-niert (Rodriguez-Esteban et al. 2001, Schlange etal. 2002). Die BMP haben vielfältige Funktionen,zu denen die Hemmung der neuralen Differenzie-rung, die Spezifizierung des Körperbauplans, dieInduktion von Skelettgewebe, die Aufrechterhal-tung der Proliferation der Muskelvorläuferzellenund, bei höherer Konzentration, die Auslösung des

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Abb. 1.1.22. Aufsicht auf den kaudalen Abschnitt eines 2-tä-gigen Hühnerembryos mit Darstellung der Expression desbmp4-Gens in der Somatopleura

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Apoptoseprogramms gehören (Amthor et al. 1998,1999).

Die TGF-� binden an den Typ-II-Rezeptor, derdann mit dem benachbarten Typ-I-Rezeptor einenKomplex bildet. Die Aktivierung des Typ-I-Rezep-tors führt zur Phosphorylierung von SMAD-Prote-inen im Zytoplasma, die in den Kern transportiertwerden, wo sie als Transkriptionsfaktoren Zielgeneregulieren (Attisano u. Wrana 1998).

1.1.2.8.2 Fibroblastenwachstumsfaktoren

Eine weitere wichtige Familie von Signalproteinenstellen die FGF dar. Sie wurden in der Zellkulturals Faktoren identifiziert, welche die Proliferationvon Fibroblasten anregen (Armelin 1973, Gospoda-rowicz 1974, 1975). Inzwischen sind für den Säu-ger 17 fgf-Gene (fgf1–fgf17) kloniert worden. Eshandelt sich bei den Genprodukten um Proteinevon 155–268 Aminosäuren, die alle eine konser-vierte Sequenz von 120 Aminosäuren enthalten,die an Heparin bzw. Heparansulfatproteoglykanbinden kann. Diese ECM-Komponenten werdenauch als FGF-Rezeptoren niedriger Affinität („low-affinity FGFR“) bezeichnet. Der FGF-Heparansul-fat-Komplex bindet an Rezeptoren mit hoher Affi-nität („high-affinity FGFR“), welche membranstän-dige Tyrosinkinasen sind, FGFR-1–FGFR-4 (Greenet al. 1996). Diese Bindung führt zur Phosphory-lierung des Rezeptors und zur Aktivierung deskomplexen MAP-(„mitogen-activated protein“-)Ki-nase-Transduktionsweges, an dessen Ende ERK(„extracellular signal regulated kinase“) in denZellkern gelangt und Transkriptionsfaktoren durchPhosphorylierung aktiviert (Fantl et al. 1996). DasWachstum der Extremitäten wird beispielsweiseüber FGF gesteuert, die von Zellen der ektoderma-len Randleiste AER abgegeben werden und dieProliferation der benachbarten mesodermalen Zel-len stimulieren (Abb. 1.1.23).

1.1.2.8.3 Epidermale Wachstumsfaktoren

Die epidermalen Wachstumsfaktoren (EGF) stelleneine weitere Familie wichtiger Signalmoleküle dar(Carpenter u. Cohen 1979). EGF, TGF-� und Neu-roreguline sind Vertreter dieser Familie, die an Re-zeptoren vom Tyrosinkinasetyp (z. B. ErbB2) bin-den und über den MAP-Kinase-Signaltransdukti-onsweg Gene aktivieren (Downward et al. 1984).EGF sind an der Musterbildung bei Drosophila,bei der geordnete räumliche Muster verschiedendifferenzierter Zellen entstehen, und an der Diffe-renzierung des Nervensystems beteiligt.

1.1.2.8.4 Insulinähnliche Wachstumsfaktoren

IGF-1 und IGF-2 sind Polypeptide, die den Effektvon Wachstumshormonen verstärken (Kaye 1993).Sie werden von zahlreichen Zelltypen in engenzeitlichen Fenstern und in spezifischer Weise ex-primiert. Im Blut und im Extrazellularraum bin-den die IGF an IGF-bindende Proteine („IGF-bin-ding proteins“, IGFBP) (Zapf et al. 1975). IGF-1aktiviert den Typ-1-IGF-Rezeptor (IGFR), der aufden meisten Zellen exprimiert wird, und bindet andiesen mit hoher Affinität. IGF-2 bindet mit hoherAffinität an den IGF-Typ-1-Rezeptor (Roth et al.1987). Eine Überexpression der IGF führt bei-spielsweise zu einer Hypertrophie und Hyperplasieder Skelettmuskulatur (Adams u. McCue 1998,Awede et al. 1999). Das embryonale und postnataleWachstum wird ganz wesentlich durch die IGF re-guliert, deren Produktion durch komplexe hormo-nelle Regelkreise gesteuert wird. Es wird nur dasauf dem väterlichen Chromosom lokalisierte IGF-2-Gen transkribiert, während das auf dem mütter-lichen Chromosom gelegenen Gen inaktiv bleibt(genomische Prägung, Imprinting).

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Abb. 1.1.23. Aufsicht auf einen 3-tägigen Hühnerembryo mitdoppelter In situ-Hybridisierung für fgf8 (schwarz) undmyod (rot). Beachte die fgf8-Expression in der ektodermalenRandleiste der Flügelanlage (Pfeil). Aufnahme: Daniel Stolte,Freiburg

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1.1.2.8.5 Hedgehog-Familie

In der Wirbeltierentwicklung sind Sonic Hedge-hog, Indian Hedgehog und Desert Hedgehog vongroßer Bedeutung (Riddle et al. 1993, Echelhard etal. 1993, Ingham 1994) (Abb. 1.1.17 u. 1.1.18). DerHedgehog-Rezeptor heißt Patched (Hooper u. Scott1989, Marigo et al. 1996 a). Er ist normalerweiseaktiviert und wird durch die Bindung des Ligan-den inaktiviert. Der aktive Rezeptor unterdrücktdie Aktivität eines anderen benachbarten Mem-branproteins, Smoothened, das wiederum die Ak-tivität der Transkriptionsfaktoren vom GLI-Typkontrolliert (Acedo et al. 1996, Marigo et al.1996 b, Mo et al. 1997). Bei Abwesenheit von Hed-gehog ist Patched aktiv, Smoothened inaktiv undGLI inaktiv. Nach Bindung von Hedgehog ist Pat-ched inaktiv, Smoothened aktiv und GLI aktiv. So-nic Hedgehog ist beteiligt an der Festlegung derRechts-links-Asymmetrie (Levin et al. 1995, Datheet al. 2002). Es kontrolliert die dorsoventrale Pola-risierung und Differenzierung von Neuralrohr undSomiten sowie die anterior-posteriore Polarisie-rung der Extremitäten (Riddle et al. 1993, Johnsonet al. 1994, Fan u Tessier-Lavigne 1994, Ingham1994). Es wirkt als Überlebensfaktor und Prolifera-tionsstimulus für Somitenzellen (Teillet et al.1998). Indian Hedgehog ist ein wichtiges Signal-molekül für die Skelettentwicklung.

1.1.2.8.6 WNT-Familie

Durch WNT-Proteine vermittelte Signale sind anzahlreichen Zellspezifizierungen im Embryo betei-ligt (Wodarz u. Nusse 1998, Arias et al. 1999). Siewurden bei Drosophila-Mutanten entdeckt und dasfür sie kodierende Gen wurde als wingless bezeich-net. Es handelt sich um Polypeptide, die wasser-unlöslich sind und offenbar nur über kurze Dis-tanzen wirken können (Abb. 1.1.24). Die WNT-Re-zeptoren heißen Frizzleds (Chan et al. 1992). Esgibt unterschiedliche Rezeptoren für verschiedeneKlassen von WNT-Proteinen. Von den Rezeptorenwird das Signal über das intrazytoplasmatischeProtein Dishevelled zu einem Proteinkomplex ge-leitet, zu dem auch �-Catenin gehört (Abb. 1.1.25),das dann phosphoryliert wird und im Kern zu-sammen mit einem Transkriptionsfaktor TCF-1 dieGenexpression reguliert (Willert u. Nusse 1998,Gumbiner 1996). WNT-Signale wirken mit bei derdorsoventralen Polarisierung des Neuralrohrs undder Somiten, (Capdevila et al. 1998, Wagner et al.2001), bei der Spezifizierung von Muskelzellen beider Nieren-, Extremitäten- und Federentwicklung

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Abb. 1.1.24. Aufsicht auf einen 3-tägigen Hühnerembryo mitwnt1-Expression in der Deckplatte des Neuralrohrs (Pfeil).Aufnahme: Dr. Corina Schmidt, Freiburg

Abb. 1.1.25. �-Catenin-Expression in den gerade entstehen-den Federknospen eines 8 Tage alten Hühnerembryos. DieExpression ist der erste Hinweis darauf, dass in der Epider-mis die Induktion von Federplakoden stattgefunden hat

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sowie in anderen Systemen als Kontrollfaktorenfür die Proliferation und das Überleben von Zellenwie auch bei der Zelldetermination (Tajbakhsh etal. 1998).

1.1.2.8.7 Das Delta-Notch-System

Das Delta-Notch-System unterscheidet sich vonden bisher angeführten Signalmechanismen da-durch, dass sowohl der Ligand (Delta) wie auchder Rezeptor (Notch) Transmembranproteine sind(Weinmaster 1998). Delta-Notch-Interaktionenkönnen demnach nur an benachbarten Zellen ab-laufen. Die Aktivierung von Notch durch Delta löstan der Notch tragenden Zelle ein Signal aus, daszu einer Abtrennung der zytoplasmatischen Porti-on von Notch führt, die das CSL-Protein aktiviert,das in den Kern transportiert wird und dort Ziel-gene aktiviert. Das Delta-Notch-System ist an derNeurogenese, Myogenese, Hämatopoese und anGrenzziehungen bei der Somitogenese beteiligt(Hrabé de Angelis 1997, Gossler u. Hrabé de An-gelis 1997).

1.1.2.8.8 Die LIF-Familie

Der LIF („leucemia inhibitory factor“) und ähnli-che Faktoren wie Interleukin 6 und CNTF („ciliaryneurotrophic factor“) binden an einen spezifischenRezeptor, der mit einem Transmembranglykopro-tein GP130, das keine Rezeptorfunktion hat, einenKomplex bildet. GP130 ist intrazellulär mit JAK-Kinasen assoziiert. Nach Phosphorylierungen vonJAK und Transkriptionsfaktoren vom STAT-Typ ge-langen diese in den Kern und aktivieren dort dieZielgene. LIF ist an der Aufrechterhaltung der Plu-ripotenz von Zellen früher Mausembryonen betei-ligt (Slack 2001).

1.1.2.8.9 Das Ephrinsystem

Die Ephrine und ihre Rezeptoren, die Eph, stellenein Signalsystem dar, das Informationen zwischenbenachbarten Zellen überträgt (Davis et al. 1994,Gale et al. 1996) (Abb. 1.1.26). Die Ephrin-A-Un-tergruppe von Liganden ist durch Glycerophospho-rinositol an der Zelle verankert und bindet anEph-A-Rezeptoren. Die Ephrin-B-Untergruppe istein Transmembranprotein und bindet hauptsäch-lich an Eph-B-Rezeptoren. Das Ephrinsystem istan der Kontrolle der segmentalen Gliederung deszentralen und peripheren Nervensystems beteiligt(Orike u. Pini 1996). Die Identität arterieller undvenöser Endothelzellen ist durch eine spezifische

Expression verschiedener Komponenten des Eph-rinsystems gekennzeichnet (Othman-Hassan et al.2001).

1.1.2.8.10 Neurotrophine

Neurotrophine sind Komponenten eines komple-xen Signalnetzwerks, das insbesondere für die Ent-wicklung des Nervensystems von Bedeutung ist(Birling u. Price 1995, Davies 1994, Snider 1994).Neurotrophine werden häufig von den Zielzellender auswachsenden Nervenfortsätze abgegebenund sichern das Überleben der projizierendenNeurone. Auch bei der Wegfindung der Axonesind Neurotrophine beteiligt. Zu dieser Familievon Signalmolekülen gehören z. B. der Nerven-wachstumsfaktor (NGF), Neurotrophin 3 undBDNF („brain-derived neurotrophic factor“). DieSignalwirkung der Neurotrophine ist jedoch nichtauf das Nervensystem beschränkt. Diffusible Fak-toren, wie Netrine und Semaphorine führen aus-

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Abb. 1.1.26. epha4-Expression im kranialen Abschnitt despräsomitischen Mesoderms sowie in den zuletzt gebildetenSomiten

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wachsende Axone zu ihren Zielorten (Kennedy etal. 1994, Serafini et al. 1996).

1.1.2.9 Morphogenetische Prozesse

1.1.2.9.1 Morphologie und Vorkommenvon Epithelien in der Entwicklung

Die Fähigkeit, Epithelien zu bilden, wohnt bereitsdem frühen Wirbeltierembryo inne. Das erste Epi-thel, das entsteht, ist der Trophoblast, aus demspäter der kindliche Teil der Plazenta hervorgeht.Wenig später bildet der Embryoblast zwei weitereEpithelien aus: den Epiblasten und das Amnione-pithel. Der Epiblast stellt das Ausgangsmaterial al-ler drei Keimblätter dar. Vergleicht man das Ent-wicklungspotenzial von Epithelien mit dem vonMesenchym während der Embryonalentwicklung,so sind Epithelien oft die Quelle mehrerer ver-schiedener Derivate. Zum Beispiel bringt das Neu-ralepithel Neuroblasten, Glia- und Ependymzellenhervor. Das Dermomyotom bildet Skelettmuskula-tur, Endothelzellen und Fibroblasten. Aus dem Epi-blasten gehen Ektoderm, Mesoderm und Ento-derm sowie extraembryonale Gewebe hervor. Diezellbiologische Grundlage für die Entstehung die-ser Vielfalt an Derivaten könnten asymmetrischeZellteilungen sein, die durch die polare Organisati-on von Epithelgeweben begünstigt wird.

Die Bezeichnungen Epithel und Mesenchymcharakterisieren histologische Organisationsfor-men von Zellen und kennzeichnen keineswegs eineKeimblattzugehörigkeit. Während eine mesenchy-male Zelle eine unregelmäßige Gestalt mit kurzenZellausläufern (Filopodien, Lamellipodien) besitzt,weist eine Epithelzelle eine deutliche Polarität auf.In einem Epithel unterscheiden wir eine apikalevon einer basalen Seite. Die apikale Seite ist einemLumen zugewandt, die basale ruht auf einer Basal-membran (Abb. 1.1.27). Benachbarte Epithelzellen

sind miteinander durch flächige Zellkontakte ver-bunden, die zum einen die parazelluläre Passagevon Molekülen verhindern („tight junctions“),zum anderen die interzelluläre Passage kleiner Mo-leküle zum Zweck der Kommunikation ermög-lichen („gap junctions“) und schließlich den me-chanischen Zusammenhalt sichern (Maculae u. Zo-nulae adhaerentes). Häufig finden sich Kombina-tionen aller drei Typen von Zellkontakten. Im Ge-gensatz dazu ist für das Mesenchym charakteris-tisch, dass die Zellen von ECM umgeben sind(Abb. 1.1.9 u. 1.1.20). Mesenchymale Zellenkönnen zwar über Filopodien miteinander in Ver-bindung stehen, doch handelt es sich hierbei umsehr begrenzte Kontaktstellen (Foci), dies gilt auchfür die Kontaktstellen zur ECM.

Kontrolle der Transitionen zwischen Epithel undMesenchym. Epithelien entwickeln sich aus Ver-dichtungen mesenchymaler Zellen. Dies geht miteinem qualitativen und quantitativen Umbau derECM und der Ausbildung bzw. Ausweitung derZwischenzellkontakte einher. In der Folge könnenHohlräume entstehen, die von den Epithelzellenbegrenzt werden. Auf diese Weise kommt es zurmesenchymoepithelialen Transition (MET). DieserVorgang spielt sich beispielsweise während der So-mitogenese (Abb. 1.1.13), bei der Nierenentwick-lung und der Angiogenese ab. In der Somitogenesewird die Epithelialisierung durch den Transkripti-onsfaktor Paraxis vom basischen Helix-Loop-He-lix-Typ kontrolliert, der im unsegmentierten para-xialen Mesoderm exprimiert wird (Abb. 1.1.12).Untersuchungen bei der Maus haben gezeigt, dassdie Epithelialisierung des paraxialen Mesodermsunterbleibt, wenn das Paraxis-Gen ausgeschaltetwird.

Wenn Epithelien sich wieder in Einzelzellen zer-streuen, spricht man von epitheliomesenchymalerTransformation oder Transition (EMT). Dies ge-schieht im Embryo höherer Vertebraten währendder Gastrulation (s. 1.1.2.9.2), wenn Zellen desEpiblasten in der Primitivrinne den Epithelver-band verlassen und sich im Spaltraum zwischenEpiblast und Hypoblast verteilen.

In ähnlicher Weise verlassen Zellen der Neural-leiste das dorsale Neuroepithel, Sklerotomzellendas ventrale Somitenepithel, myogene und dermo-gene Vorläuferzellen das Dermomyotom (Abb.1.1.15). Die EMT spielt auch in der Pathogenesevon Tumoren eine entscheidende Rolle. Die Mali-gnität von Karzinomen (d. h. von Epithelien abge-leitete Tumoren) manifestiert sich unter anderemdurch einen Verlust der Polarität und eine Entdif-

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Abb. 1.1.27. Schematische Darstellung von Epithelgewebeund Mesenchym

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ferenzierung der Zellen. Diese Veränderungen stel-len neben dem Verlust der Kontrolle des Zellzykluswichtige Voraussetzungen für die lokale Tumor-progression und für die Metastasierung dar. Dem-zufolge ist es nicht verwunderlich, dass Onkogenesich häufig als Varianten von Entwicklungskon-trollgenen darstellen, die während der Ontogeneseähnliche Prozesse beeinflussen. So spielen bei-spielsweise die Signalproteine der WNT-Familie ei-ne wichtige Rolle bei der Kontrolle von Epithel-Mesenchym-Übergängen in der Entwicklung undwurden erstmals in Tumorgeweben identifiziert(Brown et al. 1986, Peters et al. 1986, McMahon u.Moon 1989, Nusse 1990).

Epitheliomesenchymale Transitionen sind dieFolge einer veränderten Adhäsivität zwischen be-nachbarten Zellen. Dies kann sowohl in der Onto-genese als auch in pathologischen Prozessen aufunterschiedliche Weise geschehen. Zum einenkann der lokale Verlust von Zelladhäsionsmole-külen auf Transkriptionsebene eine Lösung ausdem Epithelverband bewirken. Der Transkriptions-faktor vom Zinkfingertyp Snail hat einen inhibie-renden Einfluss auf die Expression von E-Cadherinin Epithelien in Tumorzellen (Battle et al. 2000,Cano et al. 2000). Auch in der Embryonalentwick-lung gibt es indirekte Hinweise dafür, dass Genedieser Familie EMT über diesen Mechanismus kon-trollieren (del Barrio u. Nieto 2002). Danebenkann aber auch durch intrazelluläre Wechselwir-kung zwischen membranständigen Rezeptoren fürWachstumsfaktoren und ECM-Molekülen die Haft-fähigkeit von Zelladhäsionsmolekülen negativ be-einflusst werden, ohne dass diese vermindert ex-primiert sein müssen. Im ersten Fall haben wir esmit einer echten Deepithelialisierung zu tun, beidem sich die Voraussetzungen zur Epithelbildunggeändert haben, während im zweiten Fall einÜbergang nur auf morphologischer Ebene stattfin-det, der leicht reversibel ist. In der Ontogenesesind beide Typen des Übergangs verwirklicht wor-den. Die Art des Übergangs hat zum Teil wichtigeImplikationen für das nachfolgende Entwicklungs-schicksal der Zellen.

So geht beispielsweise im Somiten die Auflö-sung des Epithels bei der Sklerotombildung mit ei-nem Verlust von N-Cadherin einher (Duband et al.1987) (Abb. 1.1.21), während sie bei der Auswan-derung der myogenen Vorläuferzellen durch eineInteraktion zwischen intrazellulären Signalkaska-den der Tyrosinkinaserezeptoren und der Catenineunter Erhaltung von N-Cadherin zustande kommt(Brand-Saberi et al. 1996 b). Nur N-cadherinpositi-ve Zellen können zu einem späteren Zeitpunkt in

die Muskeldifferenzierung eintreten (Brand-Saberiet al. 1996 a). Neuronal determinierte Zellen derNeuralleiste verlassen das Neuralepithel dagegenunter Verlust von N-Cadherin, um es bei der Ag-gregation zu Ganglien erneut zu exprimieren (Aki-taya u. Bronner-Fraser 1992).

Zellmigration. Die Zellmigration gehört zu denwichtigsten und besonders komplexen morphoge-netischen Prozessen der Entwicklung. Dies zeigtsich darin, dass bei Fehlbildungen häufig Organebetroffen sind, bei deren Entwicklung die Zellwan-derung eine ausschlaggebende Rolle spielt. In derOntogenese wandern viele Zellpopulationen überweite Strecken, um sich am Zielort zu differenzie-ren. Der erste Prozess der Zellwanderung findetwährend der Gastrulation statt, wenn sich die Zel-len aus dem Epithel des Epiblasten lösen und sichzwischen Epiblast und Hypoblast verteilen. Auchdie Bewegung der Zellen innerhalb des Epiblastenist eine spezielle Form der Zellmigration, die manals Konvergenz-Extensionsbewegung bezeichnet.

Im Folgenden werden wir uns ausschließlichmit der gerichteten Wanderung von Einzelzellen inder extrazellulären Matrix des Embryos beschäfti-gen. Eine solche ist außer für gastrulierende Zellenauch für Zellen der Neuralleiste (sie stellt diegrößte migrierende Zellpopulation dar), für An-gioblasten, Myoblasten der Extremitätenanlagen,primordiale Keimzellen, dermale Vorläuferzellen,Endokardkissenzellen und andere charakteristisch.

Migrierende Zellen zeichnen sich durch einePolarisierung ihres lang gestreckten Zellleibes aus.Grundlage dieser Polarität ist der dynamische Auf-und Abbau des Zytoskeletts. In Migrationsrichtung(„leading edge“) werden durch rasche Polymerisie-rung von G-Aktin zu F-Aktin breite Lamellipodienoder fingerförmige Filopodien ausgestreckt, wäh-rend am Hinterende („trailing edge“) Aktinfila-mente abgebaut werden. Die Zellfortsätze ver-ankern sich in Form von fokalen Kontakten an derextrazellulären Matrix mithilfe von Transmem-branproteinen, den Integrinen, die für bestimmteMatrixmoleküle eine Spezifität aufweisen. Aus-gehend vom fokalen Kontaktpunkt entstehen unterVermittlung des Rho-Signalwegs aktinreicheStressfasern, die für die Formgebung der Zelleund ihre Substratadhärenz verantwortlich sind. In-tegrine sind relativ schwach bindende Rezeptoren,deren Effizienz durch die große Zahl der auf einerZelle vorhandenen Moleküle erreicht wird, die sichinsbesondere auf die fokalen Kontakte konzentrie-ren. Die Bindung von Matrixmolekülen an Integri-ne kann über Disintegrine kompetitiv inhibiert

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werden, da diese kleinen Peptide die BindesequenzRGD tragen, die in Integrin bindenden Matrixmo-lekülen vorhanden ist.

Die Fortbewegung der Zelle auf dem Substratwird durch verschiedene Myosine erreicht. Dabeiist Myosin I am Vorderende der Zelle wirksam, woein breiter Zellfortsatz in der Migrationsrichtungausgebildet wird. Myosin II wirkt dagegen bei demVorwärtsziehen des hinteren Endes der Zelle.

Neben einer Präferenz für bestimmte Matrixmo-leküle wie z. B. Laminin und Fibronektin spieltauch die Weite der Interzellularräume eine Rollefür die Zellwanderung, wenn auch eine vorwie-gend permissive. Im Embryo ermöglicht derReichtum an Hyaluronsäure im Mesenchym dieZellwanderung. Hyaluronsäure vermag aufgrundseiner Ladungsverteilung Wassermoleküle zu bin-den und dadurch die ECM aufzulockern.

Für die gerichtete Migration sind Signalmole-küle ausschlaggebend, die von den wanderndenZellen häufig über Membranrezeptoren vom Tyro-sinkinasetyp gebunden werden. Zu den die Migra-tion vermittelnden Wachstumsfaktoren gehört derHepatozyten-Wachstumsfaktor („scatter factor“,SF/HGF), der an seinen Rezeptor Met bindet. Inder Embryonalentwicklung übt SF/HGF eine wich-tige Funktion bei der Migrationskontrolle wan-dernder Muskelvorläuferzellen aus. Dies betrifftvor allem die Extremitätenmuskulatur. Zum Zeit-punkt der Auswanderung aus den Dermomyoto-men der Somiten ist SF/HGF im Extremitätenme-senchym exprimiert, während sein Rezeptor Metin den wandernden Muskelvorläuferzellen expri-miert ist. Bei gezielter Deletion sowohl von SF/HGF oder von Met bleibt die Besiedelung der Ex-tremitätenknospen mit Muskelvorläuferzellen aus.Auch das Zwerchfell bleibt muskelfrei. Im „Gain-of-function-Experiment“ führt eine ektopische Ap-plikation von SF/HGF im Vogelembryo zu einerDeepithelialisierung und nachfolgenden Auswan-derung von Dermomyotomzellen im Bereich au-ßerhalb der Extremitätenknospen (Brand-Saberi etal. 1996 b, Heymann et al. 1996). Innerhalb der Ex-tremitätenknospen ermöglicht SF/HGF die nachdistal gerichtete Wanderung der Myoblasten (Scaalet al. 1999). Die Wirkung von SF/HGF ist durchdie Destabilisierung der N-cadherinvermitteltenZell-Zell-Kontakte zwischen Myoblasten und sta-tionären Zellen zu erklären, die durch Phosphory-lierung von �-Catenin zustande kommen könnte(Birchmeier et al. 1996). Darüber hinaus aktiviertSF/HGF Metalloproteasen (Harvey et al. 2000) undstimuliert den Aufbau von fokalen Kontakten (Tru-solino et al. 2000).

In ähnlicher Weise wirkt der EGF-ähnlicheWachstumsfaktor Neuregulin (NDF, Heregulin,GGF, ARIA, SMDF) über seinen Rezeptor ErbB2und ErbB3 auf die Migration von Schwann-Zellender Neuralleiste (Britsch et al. 1998).

1.1.2.9.2 Gastrulation

Von der Bildung erster Epithelien abgesehen, stelltbei allen Deuterostomiern (Zweitmündern; alleChordaten, Hemichordaten, Chaetognathen undEchinodermata) eine Phase komplexer Umlage-rung von Keimteilen den ersten wichtigen mor-phogenetischen Prozess dar: die Gastrulation (Ur-darmbildung). Die Gastrulation läuft bei den Ver-tretern verschiedener Familien unterschiedlich ab,das Ergebnis ist jedoch identisch, nämlich die Ent-stehung der drei Keimblätter Ektoderm, Mesodermund Entoderm. Aus dem außen befindlichen Ek-toderm gehen Haut und ZNS hervor, die mittlereSchicht ist das Mesoderm als Quelle für Skelett-,Herz- und glatte Muskulatur, einen Teil derStützgewebe, des Bindegewebes und der Urogeni-talorgane. Das innerste Keimblatt, Entoderm, lie-fert das Darmepithel und die Darmdrüsen sowieBronchien und Lungen.

Bei Amphibien stellt sich der Prozess der Gas-trulation als eine relative Verschiebung von Epi-thelzellverbänden zueinander dar, ohne dass es zurAuflösung des Gewebsverbandes kommt. Zellenauf Höhe des Äquators fließen dabei auf eine Öff-nung, den Blastoporus, zu. Der größte Anteil derZellen gleitet über die dorsale Blastoporuslippe (=obere Urmundlippe, Spemann-Organisator; s. Spe-mann u. Mangold 1924, Spemann u. Schotté 1932).Durch die Gastrulation werden Keimteile in eineenge räumliche Beziehung zueinander gebracht,die vorher voneinander entfernt waren. Dadurchwerden induktive Interaktionen ermöglicht, welchedie Voraussetzung für die Entwicklung komplexerStrukturen bilden.

Höhere Vertebraten, wie die Amnioten (Saurop-siden und Mammalia), die sich außerhalb desWassers entwickeln können, besitzen keinen ku-gelförmigen, sondern einen flächig ausgebreitetenEmbryo. Während die Anordnung der beiden Aus-gangsschichten Epiblast und Hypoblast im schei-benförmigen Embryo des Vogels und des Men-schen gut nachvollziehbar ist, wird die Topogra-phie in anderen sog. Modellorganismen wie derMaus durch eine in zwei Achsen gekrümmte Aus-richtung komplizierter („egg cylinder“). Hier gehtdie Gastrulation mit einer lokalen Auflösung desEpithelverbandes der Ursprungsschicht (Epiblast)

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einher. Entlang einer von kranial nach kaudal ver-laufenden Einsenkung, die als Primitivrinne be-zeichnet wird, verlassen Zellen den Epiblasten undverteilen sich im Spaltraum zwischen Epiblast undHypoblast. Auch aus der kranialen Endverdickungder Primitivrinne, dem Primitivknoten, gehen Zel-len von der oberen Schicht in die darunter gelege-ne über. Bereits vor der Einwanderung (Ingressi-on) der Zellen sind die Bezirke des Epiblasten de-terminiert, welche die Quelle für verschiedene me-sodermale und entodermale Derivate darstellen.Zellen der Chorda gehen aus dem Primitivknotenhervor, ebenso Material eines Teils des definitivenEntoderms, das den Hypoblasten ersetzt.

Zellströme, die durch die kraniale Primitivrinnegehen, bilden das Ausgangsmaterial für die Herz-anlage, daran schließen sich Vorläuferzellen fürparaxiales, intermediäres, Seitenplatten- und extra-embryonales Mesoderm an (Psychoyos u. Stern1996, Smith u. Schoenwolf 1998). Eine deutlicheHomologie besteht zwischen den Wirbeltierklassenim Hinblick auf die Expression von Kontrollgenenwährend der Gastrulation. Primitivstreifen undChorda exprimieren brachyury („T“ bei der Maus).Der Primitivknoten exprimiert das Homeoboxgengoosecoid, während die weiter kaudal gelegenenAnteile die cdx-Familie von Homeoboxgenen ex-primieren. Die Signalmoleküle Nodal, BMP-4 undsein Inhibitor Follistatin werden im Bereich desPrimitivknotens exprimiert. BMP-4 kommt dabeieine Rolle bei der Vermittlung früher Lateralitäts-signale zu (Schlange et al. 2002).

1.1.2.9.3 Regeneration

Voraussetzungen für die Regeneration. Während derOntogenese angelegte Organe unterliegen einerGrößenkontrolle, die durch Wachstumsfaktorenwie IGF-1, IGF-2, FGF und TGF-� u. a. ausgeübtwird. Viele der entstandenen Gewebe bestehen zueinem frühen Entwicklungszeitpunkt bereitsgrößtenteils aus postmitotischen Zellen, wie z. B.Neuronen, Skelett- und Herzmuskelzellen. In be-grenztem Umfang bleiben in diesen Geweben un-differenzierte Vorläuferzellen erhalten, die zurNeubildung differenzierter Zellen dienen können.Im Gehirn sind dies vor allem Zellen der subepen-dymalen Zone, der Ventrikelwand und des Hippo-campus, aus denen neue Neurone hervorgehen(Eriksson et al. 1998, Altman u. Das 1965, Altman1969, Kuhn et al. 1996, Kempermann et al. 1998),in der Skelettmuskulatur sind es die Satellitenzel-len, die den Muskelfasern von außen angelagertsind. Bei Läsionen können diese Zellen aktiviert

werden und die Entwicklungsschritte rekapitulie-ren, die auch während der ontogenetischen His-togenese durchlaufen werden. Im Fall der Satelli-tenzellen markieren pax7 und myf5 die ruhendeZellpopulation. Nach Aktivierung, bei der unteranderem SF/HGF und Met beteiligt sind, werdenzunächst Twist, später dann MyoD, Myogenin undschließlich muskelspezifische Strukturproteine ge-bildet (Tatsumi et al. 1998, Leshem et al. 2000).Die Spezifizierung von Satellitenzellen der Skelett-muskulatur erfolgt unter der Kontrolle von pax7,da defiziente Mutanten dieses Gens keine Satelli-tenzellen enthalten (Seale et al. 2000).

Die Regeneration von Gliedmaßen. Die postnatalvorherrschende Regeneration als reaktiver Wieder-eintritt von dedifferenzierten Zellen in den Zell-zyklus spielt in der Ontogenese von Amnioten kei-ne große Rolle. Die „Regenerationsfähigkeit“ vonBlastomeren spiegelt sich allerdings in der Tatsa-che wider, dass die Vertebratenentwicklung all-gemein nach dem sog. Regulationsprinzip abläuft.Dies bedeutet, dass das Vorhandensein zu vieleroder zu weniger Zellen der inneren Zellmasse odereiner Organanlage durch verminderte bzw. ver-stärkte Proliferation ausgeglichen werden kann.

Bei Salamandern und Lurchen (Urodelen) istbekannt, dass diese erheblich länger die Möglich-keit zur Regeneration haben, da sie verloreneGliedmaßen auch im adulten Zustand regenerierenkönnen. Regeneration während der Ontogenesewird auch von höheren Vertebraten berichtet, aberdabei handelt es sich um Organanlagen im Blas-temstadium und nicht um differenzierte Gewebe,wie z. B. die Extremitätenanlagen der Maus (Wa-nek et al. 1989) und des Vogels (Hayamizu et al.1994, Kostakopoulou et al. 1996). Auch bei Urode-len findet die Regeneration nicht aus differenzier-ten Geweben statt, obwohl sie lokaler Herkunftsind (Wallace 1981). Es kommt zur Bildung einesRegenerationsblastems, das sich aus entdifferen-zierten Zellen rekrutiert, die Vorläuferzellen allerdifferenzierten Gewebe der Extremität bildenkönnen. Da die Regeneration wiederholte Malestattfinden kann, müssen diese Zellen sich selbsterneuern können und damit Stammzellcharakterhaben (Flake 2001). Zellmarkierungsstudien habenergeben, dass die Regeneration zum überwiegen-den Teil von dermalen Fibroblasten ihren Ausgangnimmt (Muneoka et al. 1986).

Embryonale und „adulte“ Stammzellen. Die Rege-nerationsfähigkeit von Geweben wird in der Regeldurch eine limitierte Teilungsfähigkeit der undiffe-

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renzierten Reservezellen begrenzt. Diese Beschrän-kung gilt nicht für Stammzellen. Stammzellen sinddurch zwei Eigenschaften charakterisiert: ihre Fä-higkeit zur asymmetrischen Teilung und zur prak-tisch unbegrenzten Aufrechterhaltung der eigenenPopulation in vitro, die sich aus der asymmetri-schen Teilung zu Vorläuferzellen bestimmter Ge-webe und neuen Stammzellen ergibt.

In neuerer Zeit mehren sich Hinweise dafür,dass Gewebe mit großer RegenerationsfähigkeitReparaturen auch mithilfe umschriebener Stamm-zellpopulationen bewerkstelligen. So konnte ge-zeigt werden, dass bei der Leberregeneration Zel-len der Gallengänge ähnlich wie im Pankreas Zel-len der Ausführungsgänge eine höhere Proliferati-onsfähigkeit aufweisen und sich zu mehr Zelltypendifferenzieren als die Zellen des Leber- bzw. Pan-kreasparenchyms (Zimmermann 2002, Wagner u.Adler 2002). Eine besondere Bedeutung kommtdabei einer Gruppe von Zellen zu, die aus demKnochenmark stammt (Sell 2001, Lowes et al.2003). Diese werden nach ihrer Lage in der Leberals periduktale Stammzellen bezeichnet.

Dem Entwicklungspotenzial somatischerStammzellen wird derzeit wegen der therapeuti-schen Möglichkeiten, aus ihnen Ersatz für Gewebs-untergang bzw. -verlust zu erhalten, viel Beachtunggeschenkt. Unter einer Stammzelle versteht maneine Zelle, deren Tochterzellen sowohl Vorläufer-zellen eines bestimmten Gewebes als auch wiede-rum Stammzellen sind. Stammzellen sind dem-nach potenziell unsterblich. Sie sind undifferen-ziert und besitzen ein unterschiedlich großes Ent-wicklungspotenzial (Blau 2002). EmbryonaleStammzellen können sich zu allen Zelltypen desKörpers entwickeln und werden daher als pluri-potent bezeichnet. Als embryonale Stammzellenwerden definitionsgemäß nur solche bezeichnet,die der inneren Zellmasse der Blastozyste von Säu-gerembryonen entnommen wurden. Infolgedessenwerden alle Stammzellen, die zu späteren Zeit-punkten der Entwicklung vorliegen, bereits alsadulte (somatische) Stammzellen bezeichnet. IhrEntwicklungsschicksal ist gegenüber dem der em-bryonalen Stammzellen eingeschränkt, sie sindaber noch in der Lage, mehrere Zelltypen zu lie-fern (multipotent). Der Gebrauch der Begriffe toti-potent, pluripotent und multipotent ist in der Lite-ratur sehr uneinheitlich, was zum einen daraufzurückzuführen ist, dass der experimentelle Nach-weis der Totipotenz (Fähigkeit zur Bildung allerGewebe des Körpers) aus embryonalen Zellennoch aussteht, und zum anderen, dass unter-schiedliche Sichtweisen in der entwicklungsbiolo-

gisch-embryologischen Forschung und anwen-dungsbezogenen Zellbiologie bestehen.

Stammzellen eines einzigen Gewebetyps liegenin Organen mit starker Zellmauserung vor, so z. B.in der Haut oder im Darm. Die Stammzellen derEpidermis sind auf die basale Zellschicht be-schränkt. Durch asymmetrische Teilungen gebensie nach apikal sog. transitorische Zellen ab, die indie Differenzierungsphase eintreten. Man geht da-von aus, dass nicht nur die Epidermis, sondernauch die Dermis Stammzellen enthält. Es gibt Hin-weise darauf, dass letztere insbesondere in dendermalen Haarpapillen vorhanden sind (Jahoda u.Reynolds 2001 a, b). Bei Verletzungen können sieaktiviert werden und an der Wiederherstellung derHaut teilnehmen. Eine besonders gute Heilung istdaher in der behaarten Haut zu beobachten. DieDermis soll darüber hinaus noch multipotenteStammzellen enthalten, aus denen in Zellkultur Fett-zellen, glatte Muskelzellen und sogar Neurone her-vorgehen können (Toma et al. 2001). Dies könnteals Reminiszenz an die Regeneration der Urodelenverstanden werden (Muneoka et al. 1986).

Das bekannteste und älteste Beispiel für dasVorhandensein multipotenter Stammzellen ist dashämatopoetische System des Knochenmarks. Esenthält lebenslang teilungsfähige Stammzellen, ausdenen sowohl Blutzellen als auch Zellen des Im-munsystems, Osteoklasten und Langerhans-Zellender Haut hervorgehen. An der Determination ein-zelner Zelltypen sind Signalmoleküle und Tran-skriptionsfaktoren beteiligt, die auch in der Onto-genese eine Rolle spielen, z. B. die Signalkaskadenvon WNT und Notch (Überblick van de Weteringet al. 2002) und PAX-5 (Maier u. Hagman 2002,Bruno et al. 2002).

1.1.2.9.4 Grenzziehungen

Die Entwicklung verschiedener Organsysteme undGewebe macht es erforderlich, dass innerhalb desAnlagematerials Grenzen gezogen werden. Der So-mit z. B. enthält das Anlagematerial für die Wirbel-säule, die Skelettmuskulatur und das Hautbindege-webe des Rückens (Christ u. Ordahl 1995). Damitaus den pluripotenten Somitenzellen Skelettgewe-be, Muskelgewebe und Hautbindegewebe gebildetwerden können, entwickeln sich unter dem Ein-fluss von außen kommender Signalmoleküle zu-nächst Abteilungen (Kompartimente), nämlich dasdorsal liegende Dermomyotom und das ventral ge-legene Sklerotom. In diesen Kompartimenten wer-den unterschiedliche Gene aktiviert, die für Tran-skriptionsfaktoren kodieren und welche die unter-

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schiedlichen Differenzierungswege vorprogram-mieren (dorsal pax3 und pax7, ventral pax1 undpax9). Es verändert sich auch die Organisations-form der Zellen in den beiden Kompartimenten:Das dorsale Kompartiment ist epithelial struktu-riert, während das ventrale Kompartiment einemesenchymale Strukturierung aufweist (Christ u.Ordahl 1995). Dadurch wird die Grenze zwischenbeiden Abteilungen besonders deutlich. Das Niveauder Grenzziehungen, d. h. die quantitative Zuord-nung von Somitenzellen zu den Kompartimenten,ist abhängig von der Intensität der von den Nach-barstrukturen gegebenen dorsalisierenden und ven-tralisierenden Signale (Wagner et al. 2001).

Ein anderes Beispiel für Grenzziehungen stelltdie Segmentierung des paraxialen Mesoderms dar.Die einzelnen Segmente, die Somiten, werden inregelmäßiger Folge und in kraniokaudaler Rich-tung aus dem paraxialen Mesoderm abgegliedert(Christ et al. 1998). Die Grenzziehungen zwischenden Somiten erfolgt in zwei aufeinander folgendenSchritten. Zunächst werden im noch unsegmen-tierten paraxialen Mesoderm die Grenzlinien fest-gelegt. Voraussetzung dafür ist die oszillierendeExpression von Segmentierungsgenen, wie hairy1und lunatic fringe (Palmeirim et al. 1997, Aulehlau. Johnson 1999, Pourquié 1999). Diese wirkenmodifizierend auf den Delta-Notch-Signalweg mitdem Ergebnis, dass Notch entlang einer Grenzeaktiviert wird, die zwischen solchen Zellen gelegenist, die lunatic fringe exprimieren und solchen, diees nicht exprimieren (Hrabé de Angelis et al. 1997,Irvine 1999). Dabei treten Veränderungen der Adhä-sivität der Zellen auf, die durch Ephrine vermitteltwerden (Bergemann et al. 1995, Schmidt et al. 2001).Der zweite Schritt dieser Grenzziehung besteht da-rin, dass die abgegliederten Segmente epitheliali-siert werden, wodurch erst selbständige und stabileKompartimente, die Somiten, entstehen (Abb. 1.1.12u. 1.1.26). Dieser Schritt wird durch die Expressiondes bHLH-Gens Paraxis bewirkt (Sosic et al. 1997).Die einzelnen Segmente werden darüber hinaus je-weils über den Delta-Notch-Signalweg in eine kra-niale und eine kaudale Hälfte zerlegt, was zu unter-schiedlichen Expressionen des Ephrinsystems führtund die Voraussetzung für eine geordnete Morpho-genese der Wirbelsäule und des peripheren Nerven-systems darstellt. Das Muster der entlang derKörperachse exprimierten hox-Gene wird als hox-Kode bezeichnet und determiniert die Grenzen derKörperregionen (Kessel u. Gruss 1990, 1991).

Auch bei der Verzweigung von Blutgefäßen spie-len Grenzziehungen eine Rolle. So wird das Gefäß-muster der embryonalen Lunge dadurch modifi-

ziert, dass sich Endothel mit angrenzendem Mesen-chym in das Gefäßlumen einwölbt und es schließ-lich unterteilt (Pfostenbildung). Das auf diese Artablaufende Gefäßwachstum wird als intussuszepti-ves Wachstum bezeichnet (Burri u. Tarek 1990).

1.1.2.9.5 Fusionen

Die Verschmelzung getrennter Anlagen spielt inder Entwicklung eine sehr große Rolle. Die häu-figste Fehlbildung beim Menschen, die Gaumen-spalte, kommt durch eine Störung der Fusion derpaarigen Gaumenfortsätze zustande. Die Rücken-marksanlage, das Neuralrohr, entsteht dadurch,dass die sich aufwölbenden Neuralfalten in derMittellinie zu einem Rohr verschmelzen. Rha-chischisis nennt man die Spaltbildung des Rücken-marks, deren Ursache eine Fusionsstörung derNeuralfalten ist. Die unpaare Aorta entsteht auspaarigen Gefäßanlagen, die miteinander ver-schmelzen. Es ist interessant, dass identische Or-gananlagen beider Seiten immer verschmelzen,wenn sie in Kontakt treten. Aus dieser Verschmel-zungstendenz können Fehlbildungen erwachsen,wenn ein derartiger Kontakt dort entsteht, wo ernormalerweise nicht vorkommt. Berühren sich bei-spielsweise die beiden unteren Nierenpole, sokommt es zu einer Fusion und zur Bildung einerHufeisenniere. Berühren sich die Augenanlagen,dann entsteht eine Synophthalmie. Bei der sog. Si-renenbildung sind die Beinanlagen fusioniert.

Da alle Organe wie auch die Körperwand paarigangelegt sind, sind ordnungsgemäß ablaufende Fu-sions- und Verschlussmechanismen die Vorausset-zung für eine normale Entwicklung. Bei den Fusi-onsprozessen lassen sich zwei unterschiedliche Me-chanismen beobachten, die auch kombiniert ablau-fen können:• die Fusion epithelialer Anlagen und• die Fusion mesenchymaler Anlagen.

Ein Beispiel für eine Fusion rein epithelialer Anla-gen ist die Verschmelzung der Neuralfalten zumNeuralrohr (Abb. 1.1.28). Die Kanten dieser Faltennähern sich einander und die führenden Zellensenden Fortsätze (Filopodien) aus, die sich auf-grund der Expression identischer Zelladhäsions-moleküle (z. B. N-Cadherin) erkennen. Die Prozes-se der Fortsatzbildung und Verschmelzung sindabhängig von mikrotubulären Strukturen. BeimOpitz-Syndrom des Menschen, bei dem zahlreicheepitheliale Fusionen gestört sind, ist das mid1-Gendefekt, das für einen Regulator des mikrotubulärenZytoskeletts kodiert.

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Bei der Fusion der Gaumenfortsätze kommt eszunächst ebenfalls zu einem Kontakt der epithelia-len Zellen. Dabei werden unter dem Einfluss vonTGF-� Zellfortsätze ausgebildet. Mäuse mit inakti-viertem TGF-�3-Gen weisen Gaumenspalten auf.Im weiteren Verlauf dieser epithelialen Fusion sindumschriebene Apoptosen der Epithelzellen vonmorphogenetischer Bedeutung. Werden die Apop-tosen durch Modulation der Retinsäure-Expressionoder durch Caspasehemmer verhindert, resultierenGaumenspalten. Nach erfolgter epithelialer Fusionmuss der Gaumen durch den Aufbau einer mesen-chymalen Brücke stabilisiert werden.

Mesenchymale Fusionen im Bereich der Wir-belkörper und der Wirbelanlagen sind Vorausset-zung für die Entwicklung der unpaaren Wirbelsäu-le, die das Rückenmark einschließt. Diese Fusionensind abhängig von der Migrationsfähigkeit dermesenchymalen Zellen (Abb. 1.1.29). Da differen-zierte Zellen ihre Migrationsfähigkeit verlieren,müssen die Zellen in einem undifferenzierten Zu-stand gehalten werden, was im Anlagegebiet derdorsalen Wirbelbogenanteile durch die Expressionvon msx1 bewirkt wird (Monsoro-Burq u. LeDouarin 2000). Die Differenzierung erfolgt nachAbschluss der Zellwanderung durch Signalmolek-üle (z. B. BMP-4), die vom dorsalen Neuralrohrund möglicherweise vom epithelialen Anteil derHautanlage abgegeben werden. Störungen dieserkomplexen Entwicklungsprozesse sind die Ursacheeiner Spina bifida.

Die Segmentierung der Wirbelsäule bleibt da-durch erhalten, dass die Wirbelkörper durch Band-scheiben getrennt bleiben. Die embryonalen Band-scheiben stellen die Zuwachsgebiete für die Wir-

belkörperanlagen dar und exprimieren pax1. DieVerschmelzung von Wirbelkörperanlagen, wie siein den Bereichen des Os basioccipitale, des Os sa-crum und zwischen dem Dens axis und dem Axis-körper vorkommt, dürften mit der Herunterregu-lierung von pax1 in Zusammenhang stehen (Wil-ting et al. 1995) Abb. 1.1.30).

Der richtige Zeitpunkt der Fusion ist ebenfallsvon Bedeutung. So ist eine wichtige Voraussetzungfür die normale Entwicklung des Schädels dienicht zu frühe Fusion der Schädelknochen. Zufrühe Verschlüsse der Schädelnähte (Suturen)führen zur Verformung des Schädels, z. B. zumTurmschädel. Mutationen des fgfr1-Gens liegendem Pfeiffer-Syndrom zugrunde, bei dem eine zufrühe Fusion der Schädelknochen erfolgt. DerFGF-Signalweg ist demnach für die Proliferationder Zellen in den Schädelnähten von Bedeutung.

1.1.2.9.6 Rechts-links-Asymmetrie

Die Brust- und Baucheingeweide weisen eine sehrdeutliche Rechts-links-Asymmetrie auf, die norma-lerweise sehr konstant ist. Es muss daher einen ge-netischen Steuerungsmechanismus geben, der z. B.für die Darmdrehung und die asymmetrische Ent-wicklung des Herzens verantwortlich ist. Die Fest-legung der Rechts-links-Asymmetrie beginnt be-

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Abb. 1.1.28. Querschnitt durch einen menschlichen Embryoin der 3. Entwicklungswoche. Das Neuralepithel (NE) bildetFalten, die sich im weiteren Verlauf einander nähern (Pfeile)und schließlich zum Neuralrohr fusionieren. Ek Ektoderm,En Entoderm, Am Amnion

Abb. 1.1.29. Rasterelektronenmikroskopische Aufsicht aufdie Ventralseite eines 3 Tage alten Hühnerembryos nach Ent-fernung des Entoderms. Die aus den Sklerotomen einwan-dernden Zellen (Pfeile) umgeben die Chorda dorsalis (Ch)und bilden später die Wirbelkörper und Bandscheiben. Auf-nahme: Dr. H.J. Jacob Bochum

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reits während der Gastrulation und kann durchasymmetrische Genexpressionsmuster sowie durcheine asymmetrische Morphologie des Hensen-Kno-tens nachgewiesen werden (Levin et al. 1995, 1997,Dathe et al. 2002). So ist beispielsweise imHühnerembryo nach dem Auswachsen des Kopf-fortsatzes im linken Abschnitt des Hensen-Knotensund daran angrenzend eine Expressionsdomänevon Sonic Hedgehog (shh) nachweisbar, währendauf der rechten Seite Activin-�B und sein Rezeptoractr-IIa exprimiert werden (Abb. 1.1.31). Es folgenauf beiden Seiten Genaktivierungskaskaden, diesich in mediolateraler Richtung auf das Seitenplat-tenmesoderm fortsetzen, aus dem das Herz unddie Darmwand hervorgehen.

Auf der rechten Seite wird shh durch Activinherunter- und fgf8 sowie N-Cadherin werdenhochreguliert (Garcia-Castro et al. 2000, Boettgeret al. 1999). Die Rechtsidentität wird dann durchdie Bildung des Transkriptionsfaktors cSnR1 inden Organanlagen festgelegt. Auf der linken Seiteaktiviert Sonic Hedgehog nodal, ein Mitglied derTGF-�-Superfamilie. Über das paraxiale Mesodermund das darin exprimierte Gen Caronte (car), daszur Cerberus-Genfamilie gehört, wird nodal im

Seitenplattenmesoderm angeschaltet, das wiede-rum pitx2 aktiviert und damit die Entwicklungder Links-Identität in den Organanlagen festlegt(Collignon et al. 1996, Rodriguez-Esteban et al.1999, 2001, Capdevila et al. 2000).

Die Informationen für die Rechts-links-Ver-schiedenheit können nicht primär im Hensen-Knoten lokalisiert sein, da sich nach seitenverkehr-ter Transplantation oder Exstirpation des Hensen-Knotens vor dem Auswachsen des Kopffortsatzeseine normale Rechts-links-Asymmetrie entwickelt(Levin et al. 1997). Wird demgegenüber in eineder seitenspezifischen Genaktivierungskaskadenexperimentell eingegriffen, z. B. durch eine Akti-vierung der shh-Expression auf der rechten Seite,dann entwickeln 50% der Embryonen einen Situsinversus. Für den geordneten Ablauf der seitenspe-zifischen Genaktivierungen ist eine Barriere in derMitte des Embryos erforderlich, durch die Signalevon einer Kreuzung der Mittellinie abgehalten wer-den. Diese Barrierenfunktion wird von lefty-1, daszur TGF-�-Superfamilie gehört und das in derChordaanlage exprimiert wird, wahrgenommen(Schlange et al. 2001). Die frühesten Ereignisse inder Etablierung der Rechts-links-Asymmetrie sindnoch ungeklärt und weisen möglicherweise artspe-zifische Besonderheiten auf, während die späterenGenaktivierungen, wie die von nodal und pitx2,bei allen untersuchten Vertebratenembryonengleich ablaufen. Die frühe Determinierung derRechts-links-Asymmetrie könnte bei der Maus aufeine gerichtete Bewegung von Monozilien zurück-gehen, die auf den entodermalen Zellen des Hen-sen-Knotens nachgewiesen worden sind. Mäuse

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Abb. 1.1.30. Medianer Sagittalschnitt durch einen Maus-embryo mit Nachweis des PAX1-Proteins in der Wirbelsäu-lenanlage insbesondere in Höhe der Bandscheiben (Pfeile).Im Bereich des Os basioccipitale (*) sind die Skelettanlagenzu einem segmentübergreifenden Blastem fusioniert. Auf-nahme: Prof. Dr. J. Wilting, Freiburg

Abb. 1.1.31. Aufsicht auf das äußere Keimblatt eines 24 hlang bebrüteten Hühnerembryos mit Darstellung der Sonic-Hedgehog-Expression. Beachte die asymmetrische, auf derlinken Seite des Hensen-Knotens (Pfeil) lokalisierte Expressi-onsdomäne. Aufnahme: Verena Dathe, Freiburg

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mit Mutationen der Kinesin-Gene haben defekteMonozilien und entwickeln Lateralitätsstörungen(Nonaka et al. 1998). Daher wurde postuliert, dassdie Zilienbewegung eine asymmetrische Verteilungvon Signalmolekülen bewirkt, die der asymmetri-schen Genexpression zugrunde liegt. Dieser Me-chanismen einer gerichteten Zilienbewegung alsUrsache der Lateralitätsentwicklung kann jedochnicht auf alle Vertebraten übertragen werden, dasie im Vogelembryo beispielsweise keine Rollespielt (Dathe et al. 2002).

1.1.2.10 Gefäßentwicklung

Bei den Gefäßen ist zunächst zwischen den Blutge-fäßen und den Lymphgefäßen zu unterscheiden.Die Entwicklung der Blutgefäße müsste eigentlichals Hämangiogenese der Entwicklung der Lymph-gefäße, Lymphangiogenese, gegenübergestellt wer-den. Da man jedoch in der Vergangenheit derLymphgefäßentwicklung keine besondere Auf-merksamkeit entgegengebracht hat, wurde der sehrallgemeine Begriff der Angiogenese zur Beschrei-bung der Blutgefäßentwicklung verwandt. Wir wer-den hier aus diesem Grund den Terminus Angio-genese für die Blutgefäßentwicklung und den Ter-minus Lymphangiogenese für die Lymphgefäßent-wicklung verwenden. Bei der Analyse von Prozes-sen der Gefäßentwicklung ist zu berücksichtigen,dass jedes Gefäß zunächst als Endothelrohr (Kapil-lare) existiert. Die Kapillaren sind häufig durch or-ganspezifische Baueigentümlichkeiten gekennzeich-net. Erst später erfolgt dann die Entwicklung derGefäßwand, die entsprechend der Position des Ge-fäßes im Gefäßbaum in unterschiedlicher Dickeund mit unterschiedlichen Zelltypen ausgestattetwerden muss.

1.1.2.10.1 Angiogenese

Die Bildung von Blut und Blutgefäßen beginnt immenschlichen Embryo bereits in der 3. Woche undin der 4. Woche ist ein funktionstüchtiger Blut-kreislauf vorhanden (Blechschmidt 1961). Es ist in-teressant, dass die Endothelien der arteriellenStrombahn Ephrin-B2 und die der venösen Strom-bahn ephb4 exprimieren und somit eine arterielleoder venöse Identität der Endothelzellen markie-ren (Wang et al. 1998, Adams et al. 1999). DieBlutgefäße reifen von innen nach außen. An diezuerst entstehenden Endothelrohre lagern sichdann außen nach und nach die Tunica media unddie Tunica externa an. Lediglich die Lamina pro-

pria intimae, die als subendotheliales Bindegewebeeinen Teil der Intima darstellt, entwickelt sich erstnach der Geburt aus bisher unbekanntem Anlage-material.

Entwicklung des Endothelrohrs. Bei der embryona-len Entwicklung der Endothelrohre werden in derLiteratur zwei Mechanismen unterschieden (Risau1995, 1997). Vaskulogenese bezeichnet eine Endo-thelrohrbildung, bei der sich mesodermale Mesen-chymzellen in situ zu Angioblasten differenzieren,die sich dann zu Gefäßendothelien zusammen-lagern und ein Lumen begrenzen (Abb. 1.1.32 u.1.1.33). Diese Art der Gefäßbildung wird in ganzjungen Embryonen beobachtet, z. B. bei den Dot-tersackgefäßen, bei der Bildung der paarigen Aor-ten sowie bei der Gefäßbildung in der Splanchno-pleura. Angioblasten differenzieren sich darüberhinaus im paraxialen Mesoderm, den Somiten,und wandern in die primär avaskuläre Somato-pleura ein, wo sie die Gefäße der Körperwand undder Extremitäten bilden. Später wächst das Gefäß-system aus sich selbst heraus (Angiogenese, Gefäß-bildung durch „Sprossung“), wobei vorübergehendnoch Angioblasten in den endothelialen Zellver-band eingegliedert werden. Es gibt sogar Hinweisedarauf, dass selbst im Blut des Erwachsenen nochangioblastische Zellen zirkulieren, die bei Bedarfden endothelialen Zellverband ergänzen können(Asahara et al. 1997). Diese Zellen können anhandder Oberflächenmoleküle CD34 und VEGFR-2identifiziert werden. Das Phänomen der Gefäß-sprossung erfolgt in zelldichten Geweben, z. B. derAnlage des zentralen Nervensystems, mittels langerund feiner Filopodien, über die unterschiedlicheangioblastische Zellen in Kontakt treten und Ge-fäßverbindungen herstellen (Kurz u. Christ 2002).Die Lumenbildung der Angioblasten ist mit einerPolarisierung der Zellen verbunden. Es wird eine

a 1.1 Mechanismen der Steuerung der Embryonalentwicklung 29

Abb. 1.1.32. Immunhistochemische Darstellung der Angio-blasten und Endothelzellen in einem Wachtelembryo zu Be-ginn des 2. Bebrütungstages. Beachte die subentodermaleLokalisation der Gefäßanlagen sowie den lateral-medialenDifferenzierungsgradienten

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luminale von einer abluminalen Seite unterscheid-bar, von der die letztere mit der extrazellulärenMatrix über Integrine interagiert. Die Stabilität derEndothelrohre wird durch endotheliale Adhäsions-moleküle gewährleistet, zu denen VE-Cadherinund PECAM-1/CD31 gehören (Risau 1995).

Angiogene Wachstumsfaktoren. Der vaskuläre en-dotheliale Wachstumsfaktor (VEGF) ist für die Ge-fäßentwicklung essentiell (Oh et al. 1997). DieVEGF-Familie umfasst sechs Mitglieder (Claesson-Welsh 1999). VEGF-A bindet an die VEGF-Rezep-toren VEGFR-1 und VEGFR-2 mit hoher Affinität.Ohne VEGFR-1 (FLT-1) entstehen keine Endothel-rohre und ohne VEGFR-2 (KDR, FLK-1) differen-zieren sich keine Angioblasten (Abb. 1.1.34). Dashumane vegf-Gen ist auf Chromosom 6 P21.3 loka-lisiert. Die Wirkungen von VEGF auf die Endothel-zellen umfassen eine Erhöhung der proteolytischenAktivität, eine Erhöhung der Permeabilität, eineVerstärkung der Expression von VCAM-1 undICAM-1, eine Vasodilatation durch NO-Freiset-zung, eine Stimulierung der Proliferation und eineAnregung zur Migration. Die Expression von vegfwird durch Hypoxie stimuliert (Ferrara 1999). Der„hypoxia-inducible factor-1“ (HIF-1) bindet an

den VEGF-Promotor. Die vegf-Expression kanndarüber hinaus durch Wachstumsfaktoren, wieFGF, EGF, Interleukin 1 und Prostaglandin E2 sti-muliert werden. Die Expression des VEGFR-1-Genswird ebenfalls durch HIF-1 stimuliert. An der Re-gulation des VEGFR-2-Gens sind Transkriptions-faktoren wie c-ETS1, GATA-2, HIF-2� und SCL/TAL-1 beteiligt. Andererseits inhibiert TGF-� dieVEGFR-2-Expression.

Eine weitere Familie von Wachstumsfaktoren,die für das Gefäßsystem von großer Bedeutungsind, werden als Angiopoietine (Ang) bezeichnet.Diese Familie besteht aus vier Mitgliedern, diehochaffin an den Tyrosinkinaserezeptor Tie-2(TEK) binden. Eine Inaktivierung des tie2-Gensbei Mäusen ist letal aufgrund gravierender Störun-gen der Gefäßbildung. Ang-1 aktiviert den Rezep-tor und trägt zur Stabilisierung der Gefäße bei,während Ang-2 den Rezeptor hemmt und destabi-lisierend auf Gefäße wirkt, was bei Anwesenheitvon VEGF zur Stimulation der Angiogenese führt.Das embryonale Gefäßsystem ist in ständigemUmbau begriffen (Remodeling). Die Regressionvon Gefäßen wird in der Regel durch VEGF-Ent-zug oder durch die Produktion antiangiogenerFaktoren bewirkt. So produziert der avaskuläre

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Abb. 1.1.33. Hühnerembryo während des 3. Bebrütungstagesnach Tuscheinjektion zur Gefäßdarstellung. Beachte die Aor-ta (*) sowie die nach dorsal abgehenden Gefäßäste, die ei-nen Plexus speisen, der das zu diesem Zeitpunkt noch avas-kuläre Neuralrohr umgibt

Abb. 1.1.34. Darstellung der vegfr2-Expression in den latera-len Dermomyotomabschnitten eines 2-tägigen Hühnchens

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Knorpel schon in der Frühphase seiner Entstehungden antiangiogenen Faktor Chondromodulin I(Dietz et al. 1999).

Entwicklung der Gefäßwand. Im weiteren Verlaufwerden die Gefäße entsprechend ihrer Position imarteriellen oder venösen Gefäßbaum von periendo-thelialen Zellen umhüllt (Investment). Diese Zellenumfassen Perizyten, Fibrozyten, Myofibroblasten,Myoblasten und Adventitiazellen (Makrophagen).Im Gegensatz zu den Endothelzellen, die nur auseinigen Mesodermkompartimenten hervorgehen,können sich die Wandzellen aus allen Mesoderm-kompartimenten und aus der Neuralleiste ent-wickeln. Im ZNS sind offenbar Neuralepithelzellenin der Lage, Perizyten und glatte Muskelzellen zuliefern (Korn et al. 2002). Der Gefäßwandentwick-lung dürften Interaktionen zwischen dem Endo-thelrohr und den angrenzenden ortsständigenMesenchymzellen zugrunde liegen. Das Angiopoie-tinsystem und der „platelet-derived growth factor“(PDGF) sind an der Regulation der Gefäßwandbil-dung beteiligt (Vikkula et al. 1996 1998). Bei Mäu-sen mit inaktiviertem pdgfb-Gen ist die Gefäß-wandentwicklung gestört.

1.1.2.10.2 Lymphangiogenese

Die Lymphangiogenese tritt während der Embryo-nalentwicklung gegenüber der Angiogenese mitzeitlicher Verzögerung in Erscheinung (Wilting etal. 2003). In unmittelbarer Nähe der Kardinalvenenentstehen Kapillarkonvolute, die zu Lymphsäckenfusionieren. Durch experimentelle Untersuchungenan Vogelchimären konnte gezeigt werden, dass dasLymphgefäßsystem nur zum Teil venösen Ur-sprungs ist und zum anderen Teil aus Lymphan-gioblasten gebildet wird, die in der Splanchnopleu-ra und in den Somiten lokalisiert sind (Wilting etal. 2001). Aus den Somiten wandern Lymphangio-blasten in die Körperwand und in die Extremitätein, wo sie sich an der Bildung der Lymphgefäßebeteiligen. Die Lymphangioblasten für die Lymph-gefäße der inneren Organe entstammen derSplanchnopleura.

Lymphangiogene Wachstumsfaktoren. VEGF-C undVEGF-D sind Wachstumsfaktoren, welche dieLymphangiogenese induzieren können. Sie bindenmit hoher Affinität an VEGFR-2 (KDR, FLK1) undVEGFR-3 (FLT4). VEGFR-3 wird in der Fetalent-wicklung spezifisch von Lymphendothelzellen ex-primiert. PROX-1 ist ein Homeobox-Transkripti-onsfaktor, der von Lymphangioblasten und

Lymphendothelzellen exprimiert wird (Abb.1.1.35). Mäuse mit inaktiviertem prox1-Gen weisenkeine Lymphgefäße auf. PROX-1 und VEGFR-3werden in den Zellen humaner Lymphangiome ex-primiert (Wilting et al. 2002).

1.1.2.11 Entwicklung des Nervensystems

1.1.2.11.1 Induktion des Nervensystems

Die Oberhaut (Epidermis) und das Nervensystementwickeln sich aus dem äußeren Keimblatt, demEktoderm. Im frühen Embryo haben noch alle Ek-todermzellen die Option, sich zu Haut- oder zu Ner-venzellen zu differenzieren. Spemann u. Mangold(1924) war durch Transplantation der dorsalen Ur-mundlippe von einem pigmentierten auf einen nichtpigmentierten Froschembryo der Nachweis gelun-gen, dass das Ektoderm des Wirtsembryos, das nor-malerweise Haut gebildet hätte, nach Unterlagerungmit mesodermalen Zellen des Transplantats ein zu-sätzliches Neuralrohr bildete (Abb. 1.1.4). Diese ex-perimentell herbeigeführte Änderung des Entwick-lungsverhaltens der Ektodermzellen wurde als „In-duktion“ und die gesamte Wirkung der Urmundlip-pe als „Organisatorwirkung“ bezeichnet.

a 1.1 Mechanismen der Steuerung der Embryonalentwicklung 31

Abb. 1.1.35. Gefäßstrang eines Hühnchens mit prox1-Expres-sion in den Lymphendothelien (Pfeile). Die Endothelien derBlutgefäße (*) zeigen demgegenüber keine prox1-Expression.Aufnahme: Dr. M. Rodriguez-Niedenführ, Freiburg

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Nun hat sich herausgestellt, dass das frühe Am-phibienektoderm von vornherein in Richtung Ner-vensystem programmiert ist (Grunz u. Tacke 1989,Hemmati-Brivanlou u. Melton 1994, Sasai et al.1995). Es wird an der Realisation dieses Pro-gramms durch BMP-4 gehindert, das von den Ek-todermzellen gebildet wird und parakrin im Ek-toderm wirkt. Im Verlauf der Gastrulation wirdvon der dorsalen Urmundlippe aus Material nachinnen verlagert, das als axiales Mesoderm einenumschriebenen Bereich des Ektoderms unterlagert.Diese Mesodermzellen sezernieren BMP-Antago-nisten wie Chordin, Noggin, Follistatin und Cerbe-rus, wobei letzteres auch noch als WNT-Antago-nist wirkt. Dadurch wird im darüber liegenden Ek-toderm der BMP-Signalweg blockiert und dieHemmung des Nervenzelldifferenzierungspro-gramms aufgehoben (Thomson 1997). Weitere Ein-zelheiten der Induktion des Nervensystems undseiner Regionalisierung können dem Kapitel 2.1dieses Bandes entnommen werden.

1.1.2.11.2 Bildung des Neuralrohrs

Die Neuralplatte wölbt sich beiderseits der Chordadorsalis zu Neuralfalten auf, die schließlich mit-einander verschmelzen und das Neuralrohr bilden(Abb. 1.1.28). Die Neurulation erfolgt vom Endeder dritten bis zum Ende der vierten Entwick-lungswoche (Christ u. Wachtler 1998). Die Neural-rohrbildung beginnt in Höhe des späteren Hirn-stammes und schreitet von hier aus in anteriorerund besonders in posteriorer Richtung fort. Zu-nächst bleibt dieses Rohr durch den Neuroporusanterior und den Neuroporus posterior vorn undhinten geöffnet. Wenn sich die beiden Öffnungenschließen, wird das spätere Ventrikelsystem desGehirns und der Zentralkanal des Rückenmarksvon der Amnionhöhle abgetrennt.

An den beiden seitlichen Grenzen zwischen derNeuralplatte und dem Oberflächenektoderm befin-den sich Neuralleistenzellen. Im Verlauf der Neu-ralrohrbildung gelangen diese paarigen Ektoderm-streifen in die Kanten der Neuralfalten. Im Kopf-gebiet wandern die Neuralleistenzellen bereits vordem Schluss des Neuralrohrs aus, im Rumpf-abschnitt erst danach. Mit der Verschmelzung derNeuralfalten entsteht eine unpaare Neuralleiste,aus der die Zellen nach beiden Seiten hin auswan-dern (Christ u. Wachtler 1998, Abb. 1.1.36).

1.1.2.11.3 Segmentierung des Gehirns

Besonders augenfällig werden im Rautenhirn(Rhombencephalon) Segmentgrenzen gezogen(Lumsden 1991). Es entstehen in kraniokaudalerRichtung sieben Vorwölbungen des Neuralrohrs,die als Rhombomere bezeichnet und von kranialnach kaudal durchnummeriert werden (r1–r7).Zum Rückenmark hin wird eine achte Rhombome-re (r8) beschrieben, deren Grenzen von außennicht sichtbar sind. Das erste Rhombomer (r1)enthält das Anlagematerial des Kleinhirns. Je zweider folgenden Rhombomere bilden die Wurzel ei-nes Hirnnerven. Der Nervus trigeminus (V)kommt aus r2 und r3, der N. facialis (VII) aus r4und r5 und der N. glossopharyngeus (IX) aus r6und r7. Folgende Rhombomere liefern Neuralleis-tenzellen für die angrenzenden Pharyngealbögen:r2 für den ersten Bogen, r4 für den zweiten und r6und r7 für den dritten Bogen.

Die Rhombomere sind Kompartimente, derenZellen die Grenzen zu Nachbarrhombomeren nichtüberschreiten. Dieser rhombomerspezifischenIdentität der Zellen liegen möglicherweise gemein-same Adhäsionsmerkmale zugrunde, die durch diealternierende Expression von Ephrinen und Eph-Rezeptoren vermittelt werden. Die aus den Rhom-bomeren auswandernden Neuralleistenzellen besit-zen eine Segmentidentität (Keynes u. Lumsden1990). So sind beispielsweise die Neuralleistenzel-len aus r2 programmiert, Kieferknochen zu bilden.

32 B. Christ und B. Brand-Saberi

Abb. 1.1.36. Rasterelektronenmikroskopische Dorsalansichteines 2 Tage alten Hühnerembryos in Höhe der zuletzt gebil-deten Somiten. * Neuralleiste auf dem Neuralrohr, WG Wolff-Gang, So Somatopleura. Aufnahme: Dr. H.J. Jacob, Bochum

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Die positionelle Identität der Rhombomere undder Neuralleistenzellen wird durch hox-Gene fest-gelegt, deren Expressionsmuster durch Transkripti-onsfaktoren induziert werden, die ihrerseits durchGradienten von FGF und Retinsäure aktiviert wer-den. KROX-20, ein Zinkfingerprotein, ist ein der-artiger Transkriptionsfaktor, der in den Rhombo-meren 3 und 5 exprimiert wird. Mäusen mit ei-nem inaktivierten krox20-Gen fehlen die Rhombo-meren 3 und 5. Die vordere Grenze der hoxb-1-Ex-pression liegt beispielsweise an der Grenze zwi-schen r3 und r4, die der hoxb-2-Expression zwi-schen r2 und r3, die der hoxb-3-Expression zwi-schen r4 und r5 und die der hoxb-4-Expressionzwischen r6 und r7. Inaktivierungen dieser hox-Gene führen zu Fehlbildungen der entsprechendenPharyngealbogenderivate.

1.1.2.11.4 Dorsoventrale Polarisierungder Rückenmarksanlage

Die funktionelle Gliederung des Zentralnervensys-tems ist ganz entscheidend an die Ausbildung ven-traler und dorsaler Strukturen knüpft und wirddurch Signale der Chorda dorsalis eingeleitet, dieventral an das Neuralrohr angrenzt (Jessel et al.1989). Dorsale Strukturen sind beispielsweiseKommissurenneurone, welche die beiden Rücken-markshälften miteinander verbinden; ventraleStrukturen sind die Bodenplatte und die Motoneu-rone. Wird eine zusätzliche Chorda dorsalis anden dorsalen Umfang des Neuralrohrs experimen-tell angelagert, so entwickelt sich eine ektopischeBodenplatte mit zusätzlichen Motoneuronen(Placzek u. Furley 1996).

Das ventralisierende Chordasignal konnte alsSonic Hedgehog (SHH) identifiziert werden (Chi-ang et al. 1996). Mäuse mit inaktiviertem shh-Genentwickeln weder eine Bodenplatte noch Motoneu-rone. SHH unterdrückt die Expression der Genepax3 und pax7, die ursprünglich im gesamtenUmfang des Neuralrohrs exprimiert werden. Istdurch die shh-Signale der Chorda dorsalis eine Bo-denplatte induziert, so übernehmen die Bodenplat-tenzellen die Produktion von SHH (Abb. 1.1.18).Unter dem Einfluss des Oberflächenektoderms, dasBMP-4 und BMP-7 abgibt, wird in der dorsalenHälfte des Neuralrohrs die Expression von pax3und pax7 aufrechterhalten und in der Deckplattedie Expression von bmp4, bmp7 und Dorsalin, dasebenfalls zur TGF-Superfamilie gehört, induziert.Diese Signale sind für die Differenzierung dorsalerZelltypen erforderlich. Es wird davon ausgegan-gen, dass die Balance zwischen SHH sowie BMP

und Dorsalin die dorsoventrale Polarisierung desNeuralrohrs kontrolliert. Dabei ist interessant, dassdie Signalmechanismen und Genaktivierungen beider dorsoventralen Polarisierung des Neuralrohrsund der angrenzenden Somiten sehr ähnlich ab-laufen (Abb. 1.1.37).

Bezüglich weiterer Einzelheiten der dorsoventra-len Musterbildung sei auf das Kapitel 2.1 diesesBandes verwiesen.

1.1.2.11.5 Strukturentwicklung des ZNS

Das mehrreihige hochprismatische Epithel desNeuralrohrs liefert Nervenzellen, Gliazellen undglatte Muskelzellen für die Wand der später ein-sprossenden Gefäßanlagen. Es ist durch eine hoheProliferationsaktivität gekennzeichnet und grenztaußen an eine Basalmembran und innen an dasVentrikelsystem. Die Lage der Zellkerne innerhalbdes Epithels ist abhängig vom Zellzyklus. Währendder S-Phase liegen die Kerne außen unterhalb derBasalmembran und sie migrieren lumenwärts, umsich zu teilen (ventrikuläre Mitosen). Die Wan-derung der Kerne wird auch als „interkinetic mi-gration“ bezeichnet. Die neuronale Determinationder Zellen erfolgt über den Mechanismus der Late-

a 1.1 Mechanismen der Steuerung der Embryonalentwicklung 33

Abb. 1.1.37. Querschnitt von einem Hühnerembryo zu Be-ginn des 3. Bebrütungstages. Beachte die ventrikulären Mi-tosen im Neuralrohr. Pfeile Bodenplatte des Neuralrohrs,* differenzierende Motoneurone, Ch Chorda dorsalis, SGSpinalganglion

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ralinhibition, dem das Delta-Notch-Signalsystemzugrunde liegt (Chenn u. McConnell 1995). Deltaist der Ligand, der an den Rezeptor Notch bindet.Durch die Aktivierung von Notch wird die Expres-sion des bHLH-Transkriptionsfaktors Neurogeningehemmt, der über die Aktivierung eines weiterenbHLH-Transkriptionsfaktors NeuroD das neurona-le Schicksal der Zellen festgelegt. Wenn eine ZelleDelta stärker exprimiert als ihre Nachbarzellen,unterdrückt sie deren Delta-Expression. Diese Zel-len können dann keine hemmenden Signale mehraussenden und ermöglichen der Zelle, die als ersteDelta hochreguliert hatte, über eine verstärkte Ex-pression von Neurogenin und neuroD die Differen-zierung zum Neuron.

Die ventrikulären Mitosen des Neuralepithelslaufen zunächst symmetrisch ab, d. h. es entstehenzwei gleichwertige Tochterzellen, deren Fähigkeitenmit denen der Mutterzelle identisch sind (Kim u.Schagat 1996). Bei den symmetrischen Zellteilun-gen, die parallel zur inneren Epitheloberfläche ab-laufen, werden zwei Proteine, nämlich Notch undNumb gleichmäßig auf die Tochterzellen verteilt.Bei den asymmetrischen Zellteilungen, die senk-recht zur inneren Epitheloberfläche ablaufen, be-hält die lumennah gelegene Tochterzelle dasNumb-Protein und die lumenabgewandte Tochter-zelle das Notch-Protein. Das Ergebnis der asym-metrischen Zellteilung ist, dass die lumenwärts ge-legene Zelle als Stammzelle erhalten bleibt und diemehr basal gelegene Zelle zum Neuron wird unddie Proliferationszone verlässt. Das Neuralepithelwird auf diese Weise mehrschichtig und es könnendrei Zonen unterschieden werden: eine innere ven-trikuläre Zone, die zum Ependym wird, die Inter-mediärzone (Mantelzone) sowie die äußere Margi-nalzone, die von Nervenzellfortsätzen gebildet wirdund an die von außen die Pia mater angrenzt(Abb. 1.1.38). Die früh gebildeten Neurone migrie-ren über kürzere, die später geborenen übergrößere Distanzen. Im Ependym verbleiben multi-potente Stammzellen, die aufgrund der Expressiondes Intermediärfilamentproteins Nestin identifi-ziert werden können (McConnell et al. 1996).

Neurone und Makrogliazellen (Astrozyten, Oli-godendrozyten) gehen aus einer einzigen multi-potenten Vorläuferzelle hervor, wobei im Allgemei-nen Neurone früher und die meisten Gliazellenspäter entstehen. Vorläuferzellen können in Kulturdurch den Zusatz verschiedener Wachstumsfak-toren stimuliert werden, sich in die eine oder an-dere Richtung zu differenzieren. Unter dem Ein-fluss von FGF-2 und Neurotrophin 3 (NT3) wirdeine neuronale Differenzierung induziert, wohin-

gegen EGF und CNTF die Differenzierung von As-trozyten begünstigt. Unter bestimmten Bedingun-gen induziert PDGF die Entwicklung von Oligo-dendrogliazellen. Auch BMP haben Einfluss aufdie Entscheidung des Differenzierungsweges. Frühdifferenzierte Gliazellen sind die radialen Gliazel-len, die den auswandernden Neuronen als Kletter-gerüst dienen und die nach neueren Befundenauch Vorläuferzellen von Neuronen darstellen(Heins et al. 2002). Bei der Rindenentwicklung imTelencephalon wandern die in späteren Entwick-lungsstadien gebildeten Neurone in immer höhere,d. h. oberflächlichere Schichten der Rindenanlage.Bei der Mausmutante reeler werden die Rinden-schichten demgegenüber von außen nach innenausgebildet. Diese Mutante weist ein funktions-untüchtiges Reelin-Molekül auf. Das Reelin-Proteinist für die Kontrolle der Auswanderung der Neuro-ne von großer Bedeutung (Rice u. Curran 2001).

In der Rückenmarksanlage beginnt die Spezifi-zierung der Neurone entlang der dorsoventralenAchse durch einen Sonic-Hedgehog-Gradienten,der durch die Chorda dorsalis und die Bodenplattedes Neuralrohrs erzeugt und aufrechterhalten wird(Yamada et al. 1991, 1993, Ericson et al. 1997,Briscoe et al. 2001) (Abb. 1.1.18). Zunächst werdenDomänen von Vorläuferzellen abgegrenzt, diedurch die Expression verschiedener Transkripti-

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Abb. 1.1.38. Neuralrohr eines 4 Tage alten Hühnchens. Loka-lisation der S-Phase-Kerne (Pfeile). Ch Chorda dorsalis, VHVorderhorn mit Motoneuronen

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onsfaktoren (z. B. PAX-3, PAX-3 u. -7, PAX-6) cha-rakterisiert werden können (Mansouri u. Gruss1998, Brisco et al. 2000). Diese Gruppen von Pro-genitorzellen generieren unterschiedliche Zellpopu-lationen, die wiederum durch die Expression wei-terer Transkriptionsfaktoren identifiziert werdenkönnen (Zhou et al. 2000). So lassen sich beispiels-weise die Motoneuronsubtypen durch eine kom-binatorische Expression von Homöobox-Genen derlim-Familie spezifizieren (Tsuchida et al. 1994).Die Musterbildung und Differenzierung des Ge-hirns sind dem Kapitel 2.1 zu entnehmen.

1.1.2.11.6 Wachstum der Axone

Wenn die Neurone ihren definitiven Ort erreichthaben, bilden sie Nervenfortsätze aus: Axone undDendriten, von denen die Axone auf bestimmtenWegen über z. T. beachtliche Entfernungen aus-wachsen, bis sie ihre Zielzellen erreichen (Tessier-Lavigne u. Goodman 1996). Sie werden dabei vonder extrazellulären Matrix (ECM) sowie von anzie-henden und abstoßenden Leitsignalen gelenkt(Abb. 1.1.39). Innerhalb der Rückenmarksanlageentstehen im dorsalen Abschnitt Kommissurenneu-rone, deren Axone in der äußeren Marginalzone inventraler Richtung auswachsen. In Höhe der Moto-

neurone ändern sie ihre Wachstumsrichtung nachventromedial und wachsen an den Motoneuronenvorbei auf die Bodenplatte zu. Die Bodenplatteproduziert einen diffusiblen Faktor, das Netrin-1-Protein, das die Axone anlockt. Nach der Kreu-zung der Axone auf die kontralaterale Seite derRückenmarksanlage, die durch adhäsionsmolekül-vermittelte Interaktionen mit den Bodenplattenzel-len bewirkt wird, wachsen sie nun in dorsalerRichtung weiter, weil sie durch abstoßende Fak-toren, die Semaphorine, die im ventralen Neural-rohrabschnitt in hoher Konzentration vorhandensind, umgelenkt werden.

Die für das Auswachsen des Axons wesentlicheStruktur ist der am Ende des Axons lokalisierteWachstumskegel („growth cone“). Hier ist dasAxon verbreitert und sendet feine Zellfortsätze (Fi-lopodien) aus, welche die Umgebung erkunden.Durch die Reaktionen des Wachstumskegels aufdie lokalen Kontakte wird das Auswachsen desAxons gesteuert. Trifft das Axon beispielsweise aufeine „falsche“ Zielzelle, so zieht es sich zurück,wobei der Wachstumskegel kollabiert und seine Fi-lopodien einzieht (Kapfhammer u. Raper 1987).Die auswachsenden Axone der Spinalganglienneu-rone werden durch abstoßende Faktoren, die vomChorda-Bodenplatten-Komplex auf der einen Seiteund vom Dermomyotom auf der anderen Seite ab-gegeben werden, geführt (Keynes et al. 1997). Zuden anziehenden Faktoren gehören die ECM-Kom-ponenten Laminin und Fibronektin, das Signalmo-lekül Netrin sowie die ZelladhäsionsmoleküleN-CAM, NgCAM und N-Cadherin, zu den absto-ßenden Faktoren das ECM-Molekül Tenascin (Abb.1.1.40), die Semaphorine sowie die Ephrine, dieRezeptoren vom Eph-Typ erkennen (Orike u. Pini1996, Keynes u. Cook 1995). Einige der Semapho-rine werden von den Zellen abgegeben und wirkenüber längere Distanzen, andere sind Transmem-branmoleküle und wirken bei Zellkontakt. Rezep-toren für die Semaphorine sind die Neuropilineund die Plexine. Wenn auch im Allgemeinen dieNetrine als anziehende und die Semaphorine alsabstoßende Faktoren wirken, ist deren Wirkungauch abhängig von der Art der individuellen Zell-population.

1.1.2.12 Entwicklung der Extremitäten

Die Gliedmaßen der Wirbeltiere entwickeln sichaus Material der parietalen Seitenplatten und demEktoderm, das den Seitenplatten, dem intermediä-ren Mesoderm und dem paraxialen Mesoderm auf-

a 1.1 Mechanismen der Steuerung der Embryonalentwicklung 35

Abb. 1.1.39. Darstellung eines sich bildenden Spinalnervenbei einem Hühnchen während des 3. Bebrütungstages. HWHinterwurzel mit Spinalganglien, VW Vorderwurzel, A Axo-ne des Spinalnerven, die in die Peripherie auswachsen

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gelagert ist (Abb. 1.1.41). Das Seitenplattenmeso-derm liefert das Baumaterial für Bindegewebe,Skelett, glatte Muskulatur und möglicherweise ei-nen Teil der Endothelien (Brand-Saberi et al.1995). Die Entwicklung der Gliedmaßen vollziehtsich in einem Dialog zwischen den mesenchymalstrukturierten Zellen des mesodermalen Kerns,dem ektodermalen Epithelüberzug (Saunders 1948)und den angrenzenden Strukturen wie dem inter-mediären und paraxialen Mesoderm. Die Vorgän-ge, die zur Ausbildung der Extremitäten führen,gehören zu den Modellprozessen der Organogene-se und sind Gegenstand zahlreicher klassischerUntersuchungen beim Vogelembryo gewesen, diezur Identifizierung von Signalzentren der Ver-tebratenextremität geführt haben.

1.1.2.12.1 Reziproke Interaktionenzwischen Ektoderm und Mesoderm

Die frühe Spezifizierung der Extremitätenfelder er-folgt höchstwahrscheinlich durch Signale aus dembenachbarten paraxialen Mesoderm. Dabei spieltFGF-10 eine Schlüsselrolle. Aus Knock-out-Studienan der Maus wissen wir, dass FGF-10 für die Ex-tremitätenentstehung notwendig und hinreichendist (Ohuchi et al. 1997). Die Kontur der frühen Ex-tremitätenknospen entsteht durch Proliferations-unterschiede zwischen dem Bereich der Knospenund dem der restlichen Flanke (Hornbruch u.Wolpert 1970).

Die weitere Morphogenese ist gekennzeichnetdurch eine Elongation der Knospe, die hauptsäch-lich auf eine starke Proliferation im distalen Extre-mitätenmesenchym (Progressionszone) zustandekommt. Das Mesenchym induziert und unterhältdie Ausbildung einer distalen Ektodermver-dickung, welche die Extremitätenknospe von ante-rior nach posterior einfasst. Diese als apikale ekto-dermale Randleiste (AER) bezeichnete Struktur(Abb. 1.1.42) markiert die Grenze zwischen derDorsalseite und der Ventralseite, die zur späterenStrecker- bzw. Beugerseite werden (Rubin u. Saun-ders 1972, Abb. 1.1.23). Die AER ist notwendig,um das Auswachsen der Extremitätenknospe auf-rechtzuerhalten. Die experimentelle Entfernungder AER zu unterschiedlichen Entwicklungszeit-punkten beim Vogelembryo hat den Beweis er-bracht, dass weiter distal gelegene Strukturen sichspäter entwickeln als proximale (Summerbell1974). Die Abschnitte der Extremität, Stylopodi-um, Zeugopodium und Autopodium, gehen dem-nach sukzessive in proximodistaler Reihenfolgeaus der Progressionszone hervor (Summerbell et

36 B. Christ und B. Brand-Saberi

Abb. 1.1.40. Sagittalschnitt eines Hühnchens zu Beginn des4. Bebrütungstages mit immunhistochemischer Darstellungvon Tenascin. Beachte die Lokalisation von Tenascin in denkranialen Sklerotomhälften

Abb. 1.1.41. Frühe Extremitätenknospe, sichtbar als Vorwöl-bung der Somatopleura (*). Dm Dermomyotom, My Myo-tom, Sk Sklerotom, mT mesonephrogener Tubulus, NR Neu-ralrohr, Ch Chorda dorsalis. Semidünnschnitt

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al. 1973, Abb. 1.1.43). Die Identität der Abschnittesoll durch die Dauer ihres Verbleibs in der Pro-gressionszone determiniert werden. Dieses Modellist in neuerer Zeit infrage gestellt worden (Dudleyet al. 2002, Sun et al. 2002). Nach Auffassung die-ser Autoren sind bereits alle Extremitätenabschnit-te in der frühen Knospe enthalten, vergrößern sichjedoch erst nach und nach. Nach experimentellerEntfernung der Randleiste sterben die am weites-ten distal gelegenen Zellen ab, sodass sich nurnoch die proximalen weiterentwickeln können.Demnach käme der AER keine Kontrollfunktionfür das Zellschicksal, sondern eine proliferations-erhaltende Funktion zu. Das instruktive Signalwürde damit zu einem lediglich permissiven.

Die Interaktionen zwischen AER und Extremi-tätenmesenchym lassen sich als positive Rückkop-pelungsschleife begreifen. Die Randleiste expri-miert FGF-2, FGF-8 und FGF-4 (Abb. 1.1.23). Dieseaktivieren die mitotische Aktivität in der Progres-sionszone, wie der Ersatz der Randleistenfunktion

durch FGF-4 zeigt (Niswander et al. 1993). DieFGF-Expression wird andererseits aufrechterhaltendurch ein Signalmolekül aus dem Hinterrand derExtremitätenknospe, dem SHH (Niswander et al.1994). An der Aufrechterhaltung dieser Signalin-teraktionen ist Twist beteiligt, ein bHLH-Tran-skriptionsfaktor, der im Extremitätenmesenchymexprimiert ist (Zuniga et al. 2002, Abb. 1.1.44)

1.1.2.12.2 Anterior-posterioreund dorsoventrale Polarität

Die Extremitätenentwicklung lässt sich leichter er-fassen und beschreiben, wenn man die morphoge-netischen Prozesse entlang ihrer drei Hauptachsenbetrachtet. Demnach laufen neben den Vorgängenentlang der proximodistalen Achse auch noch wei-tere entlang der anterior-posterioren und dorso-ventralen Achse ab. In Wirklichkeit sind diese Teil-prozesse jedoch miteinander eng verzahnt, z. B. istSHH außer am Auswachsen nach distal noch ander anterior-posterioren Musterbildung der Extre-mitätenknospe beteiligt (Riddle et al. 1993, Pearseu. Tabin 1998).

a 1.1 Mechanismen der Steuerung der Embryonalentwicklung 37

Abb. 1.1.42. Schnitt durch eine Extremitätenknospe desMenschen. Apikale ektodermale Randleiste (AER) sichtbar(Pfeil). Im distalen Extremitätenmesenchym ist das auffälligeBlutgefäß, der Randsinus, angeschnitten (*). Semidünn-schnitt

Abb. 1.1.43. Skelettelemente des Armes eines 12 Wochen al-ten menschlichen Feten. Lundvall-Färbung

Abb. 1.1.44. Expression des Gens für den basischen Helix-Loop-Helix-Transkriptionsfaktor Twist im Extremitäten-mesenchym. Twist ist außerdem noch in den Somiten undden Branchialbögen exprimiert. In situ-Hybridisierung beim3 Tage alten Hühnerembryo

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Klassische Versuche, Teile der Extremitäten-knospe bei Vogelembryonen zu transplantieren,führten zur Beschreibung eines Signalzentrumsam Hinterrand der Gliedmaßenanlage, der Zonepolarisierender Aktivität (ZPA) (Tickle et al. 1975).Durch Verpflanzung der ZPA nach anterior könnenzusätzliche Fingerstrahlen auswachsen, deren Ori-entierung sich nach der Position des Transplanta-tes richtet. Aus diesen Versuchen wurde auf dasVorhandensein eines Morphogengradienten in derGliedmaßenanlage geschlossen, der von den Zelleninterpretiert werden kann und ihnen eine Positi-onsinformation zuweist. Sowohl SHH als auch diefrüher als mögliches Morphogen diskutierte Retin-säure haben die Fähigkeit, die polarisierende Wir-kung der ZPA nachzuahmen (Eichele et al. 1985).Obwohl erst vor kurzem gezeigt werden konnte,dass SHH weit genug nach anterior diffundierenkann, um einen Gradienten aufzubauen (Gritli-Lin-de et al. 2001, Zeng et al. 2001), wird andererseitsauch die Beteiligung von BMP-2 an der Spezifizie-rung der Fingerstrahlen diskutiert (Drossopoulouet al. 2000, Lewis et al. 2001).

Grundlegende Erkenntnisse zum Verständnisder Determination der dorsoventralen Extremi-tätenachse sind erst in den vergangenen acht Jah-ren durch Studien an Vogel- und Mausembryonenerarbeitet worden. Ihnen zufolge wird die dorsaleIdentität der Extremitätenknospe vom dorsalenEktoderm durch WNT-7a bestimmt, die ventraledagegen durch Engrailed 1 des ventralen Extremi-tätenektoderms. Im dorsalen Extremitätenmesen-chym wird die Expression des LIM-Homöodomä-nen-Transkriptionsfaktors LMX-1 induziert, welchedie dorsale Identität begründet (Riddle et al. 1995,Vogel et al. 1995, Chen et al. 1998). Zwischen dor-salem und ventralem Extremitätenmesenchymkommt es aufgrund der Expression von lmx zurZiehung einer scharfen Grenze. Studien an Maus-mutanten für engrailed-1 haben gezeigt, dass dieventrale Identität verloren geht, wenn Engrailed-1-Protein nicht korrekt gebildet werden kann. Diesgeht mit einer ektopischen Expression von lmx1b(dem entsprechenden Gen der Maus) auf der Ven-tralseite einher (Loomis et al. 1996).

1.1.2.13 Entwicklung der Nieren

Ähnlich wie die Entwicklung der Extremitätenläuft auch die der Nieren in einer Sequenz rezipro-ker induktiver Interaktionen ab. Da es möglich ist,die Nierenanlage über mehrere Tage in Organkul-tur zu halten, sind die meisten Untersuchungen

am Metanephros von Säugerembryonen durch-geführt worden. Eine Besonderheit der Nierenent-wicklung besteht darin, dass sie sich in drei auf-einander folgenden Generationen entwickelt, beidenen die Entwicklung der nächstfolgenden Gene-ration von den vorausgehenden abhängig ist.

Die frühe Nierenentwicklung nimmt ihren Aus-gang von einem eigenen Mesodermkompartiment,dem intermediären Mesoderm, in Nachbarschaftzum paraxialen Mesoderm (Abb. 1.1.36). Es bildetdas Ausgangsmaterial für Niere und Gonaden. BeiAmnioten entwickeln sich alle drei Nierengenera-tionen, Pronephros (Vorniere), Mesonephros (Ur-niere) und Metanephros (Nachniere). Im Gegen-satz zu Fischen und Amphibien ist der Pronephroshier nur in Spuren erhalten und ohne physiologi-sche Funktion. An allen Nierengenerationen unter-scheidet man einen epithelialen Gang von einemmesenchymalen Nierenblastem. Der erste Gang,der entsteht, ist der Vornierengang im Bereich deszervikalen intermediären Mesoderms. Aus ihmgeht kontinuierlich der Urnierengang (Wolff-Gang)hervor, der dem Mesonephros zugeordnet wird.Der zuletzt entstehende Gang entwickelt sich auseiner dorsalen Ausknospung des Urnierengangs,kurz bevor dieser die Kloake erreicht. Die Aus-knospung wird als Ureterknospe bezeichnet. Ausihr entsteht der gesamte harnableitende Apparat,also Ureter, Nierenbecken und Sammelrohre. DieNachniere entwickelt sich durch induktive Wech-selwirkungen zwischen Ureterknospe und meta-nephrogenem Blastem. Zunächst wird die Ureter-knospe vom metanephrogenen Blastem angelocktund zum gerichteten Wachstum angeregt. Als Sig-nal des Blastems konnte GDNF („glial-derived neu-rotrophic factor“) identifiziert werden (Moore etal.1996, Pichel et al. 1996, Sanchez et al. 1996),dessen Rezeptor RET sich auf den Zellen der Ure-terknospe befindet (Pachnis et al. 1993, Srinivas etal. 1999 ).

Die dichotome Verzweigung wird dagegendurch den Transkriptionsfaktor PBX1 kontrolliert,der zum Typ der TALE-Homöodomänen-Tran-skriptionsfaktoren gehört. Er ist auch an dennachfolgenden Entwicklungsschritten beteiligt(Schnabel et al. 2003).

Die weitere Entwicklung ist durch die Induktionvon Zellkondensationen im metanephrogenenBlastem in Nachbarschaft der sich verzweigendenUreterspitzen charakterisiert. Die Zellaggregatedurchlaufen eine mesenchymoepitheliale Transiti-on, bilden sog. S-förmige Körperchen, die nachfol-gend Röhrensysteme entwickeln. Der Prozess derEpithelialisierung des metanephrogenen Blastems

38 B. Christ und B. Brand-Saberi

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steht unter dem Einfluss von WNT-4. In Mäusenmit inaktiviertem wnt4-Gen blieb die Epitheliali-sierung, nicht aber das Wachstum der Ureterknos-pe aus. Die mit der Spezifizierung der späterenNephrone verbundene Rekrutierung aggregieren-der Zellen aus dem metanephrogenen Blastemwird durch Transkriptionsfaktoren der PAX-Fami-lie, insbesondere von PAX-2 kontrolliert (Dressler1995, 1996, Dressler et al. 1990). PAX-2 und einweiterer Transkriptionsfaktor, LIM-1, werden so-wohl im Gangepithel als auch in den entstehendenTubuli von Pro-, Meso- und Metanephros expri-miert (Abb. 1.1.45) und sind für deren Entstehungnotwendig (Barnes et al. 1994, Warady et al. 1994,Keller et al. 1994, Torres et al. 1995).

1.1.2.14 Die Entwicklung einer Drüseam Beispiel des Pankreas

Das Pankreas besitzt einen exokrinen und einenendokrinen Drüsenanteil. Der endokrine Drüsen-anteil, das Inselorgan, weist vier verschiedene Zell-typen auf, die Insulin (�-Zellen), Glukagon (�-Zel-len), Somatostatin (�-Zellen) und pankreatischesPolypeptid (PP-Zellen) bilden. Die azinösen End-

stücke des exokrinen Pankreas sezernieren Enzy-me für die Eiweiß-, Kohlenhydrat- und Fettverdau-ung, die in den Dünndarm abgegeben werden. Dieintralobulären Gangepithelien bilden Bikarbonat,welches das Sekret des exokrinen Pankreas auf ei-nen pH-Wert von etwa 8 einstellt. Wie andereDrüsen auch besteht das Pankreas weiterhin auseinem Gefäß bildenden Bindegewebe, das die ausdem Entoderm stammenden epithelialen Struktu-ren abgrenzt und ernährt.

Das Pankreas geht aus zwei entodermalen Knos-pen hervor: der dorsalen und ventralen Pankreas-anlage. Beide Knospen werden bei menschlichenEmbryonen zu Beginn der 5. Entwicklungswochenachweisbar (Blechschmidt 1961). Sie entstehenzum einen direkt aus dem dorsalen Entoderm desspäteren Duodenums (dorsale Pankreasanlage)und zum anderen im Zusammenhang mit dem Le-berdivertikel aus dem ventralen Entoderm derDuodenalanlage.

Die beiden Pankreas bildenden Entoderm-abschnitte sind unterschiedlichen mesodermalenZellpopulationen benachbart. Das prospektive dor-sale Pankreasentoderm steht mit der Chorda dor-salis, den Aorten sowie dem Pankreasmesenchymin Kontakt; das prospektive ventrale Pankreasen-toderm grenzt an das Septum transversum, an dasMesoderm der Herzplatte sowie an die Venae vitel-linae sowie an prospektives Pankreasmesenchym.Die Spezifizierung der Pankreasendothelien erfolgtdurch Signalaustausch mit diesen angrenzendenStrukturen. Eine komplexe Kaskade von Aktivie-rungen unterschiedlicher Transkriptionsfaktorenführt zur Zelldiversifikation in beiden Pankreas-anlagen. Die Proliferation des Pankreasepithelsund -mesenchyms, die zunehmende Verzweigungdes epithelialen Gangsystems sowie die Fusion bei-der Pankreasanlagen führen zur Bildung eines epi-theliomesenchymalen Drüsenkomplexes, in demalle Vorläuferzellen für die azinösen Endstücke,das Ausführungssystem sowie für das Inselorganvorhanden sind (Schwitzgebel 2001, Abb. 1.1.46).

Während der Gastrulation wird das Entodermentlang der kraniokaudalen Achse durch ektoder-male und mesodermale Signale vorprogrammiert.Das dorsale präpankreatische Entoderm befindetsich in unmittelbarem Kontakt zur Chorda dorsa-lis. Die Chordasignale (FGF-2 und Aktivin �B) un-terdrücken im angrenzenden Entoderm die Ex-pression von SHH (Hebrok et al. 2000). An derSpezifikation der entodermalen Zellen sowohl derdorsalen als auch der ventralen Pankreasanlagesind Signale (z. B. FGF-2) beteiligt, die von denEndothelzellen der angrenzenden Blutgefäße abge-

a 1.1 Mechanismen der Steuerung der Embryonalentwicklung 39

Abb. 1.1.45. pax2-Expression im Pronephros eines Hühner-embryos mit 10 Somiten. In-situ-Hybridisierung. Präparat:Anton Gamel, Freiburg

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geben werden. Als Folge dieser induktiven Prozes-se exprimiert das Entoderm der Pankreasanlagendie Transkriptionsfaktoren HLXB9 und IPF1 („in-sulin promoter factor 1“), die für die Morphogene-se und Differenzierung der Pankreasanlage uner-lässlich sind. Die Konzentration von FGF-2 unddas Vorhandensein von BMP-4, das von Zellen desSeptum transversum abgegeben wird, entscheidenzwischen pankreatischem und hepatischem Diffe-renzierungsschicksal der Entodermzellen. An derFestlegung des pankreatischen Differenzierungs-weges sind weitere Transkriptionsregulatoren wiePBX1 und PTF1-P48 beteiligt. PBX1 ist ein Mit-

glied der TALE-Familie („three amino acid loopextension“), von Transkriptionsfaktoren, die eineHomöodomäne enthalten und für die Aufrecht-erhaltung des Differenzierungszustandes der Zel-len von Bedeutung sind. PBX1 bildet einen Kom-plex mit IPF1 und reguliert so die Aktivität diesesTranskriptionsfaktors (Kim et al. 2002). PTF1-P48ist in den Progenitorzellen der ventralen und dor-salen Pankreasanlagen exprimiert, die sich zu Azi-nus-, Duktus- und Inselzellen differenzieren, undkomplementiert die Funktion von IPF1 (Kim u.MacDonald 2002). IPF1 wird auch im adulten Or-ganismus in den �-Zellen des Inselorgans expri-miert und aktiviert die Insulinsynthese. Vorläuferder Inselzellen sind durch die Expression von ngn3charakterisiert. Sie werden in der Pankreasanlageaus den distalen Abschnitten der Gänge (bzw.Knospen) abgegliedert. An der Spezifizierung derZellen der Inselorgane sind pax-Gene beteiligt.pax4 ist für die Entwicklung der Insulin produzie-renden �-Zellen erforderlich, während pax6 für dieDifferenzierung der Glukagon produzierenden�-Zellen benötigt wird (Sosa-Pineda et al. 1997, St-Onge et al. 1997).

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dassbei der Drüsenentwicklung eine zunehmende Spe-zifizierung der Epithelzellen stattfindet, bei derSignale von umgebenden Strukturen sowie vommesodermalen Stroma der Drüsenanlage eine de-terminierende Rolle spielen. Durch diese Signalewerden Kaskaden von Transkriptionsregulatorenaktiviert, die zur Differenzierung der Drüsenepi-thelzellen führen. Die drüsentypspezifische Ver-zweigung des Drüsengangepithels wird durch In-teraktionen zwischen dem mesodermalen Drüsen-stroma und dem epithelialen Anlagematerial kon-trolliert (Go et al. 1986).

DanksagungWir danken den Mitarbeitern unserer Laboratoriensowie unseren Kollaborationspartnern für ihreBeiträge zu unserer Arbeit. Frau U. Uhl dankenwir für ihre Schreibarbeit bei der Erstellung desManuskriptes. Weiterhin sagen wir der DeutschenForschungsgemeinschaft Dank für ihre langjährigeund großzügige finanzielle Unterstützung unsererArbeit.

40 B. Christ und B. Brand-Saberi

Abb. 1.1.46. Schematische Darstellung der aufeinander fol-genden Schritte bei der Entwicklung der dorsalen Pankreas-anlage. Erläuterung im Text. En Entoderm, Ch Chorda dor-salis, Ao Aorta, Ep Epithel der Drüsenanlage, DM Drüsen-mesenchym, Az Azinus, LI Langerhans-Insel. Zeichnung: Dr.M. Rodriguez-Niedenführ, Freiburg

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