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1April .2007
Abteilung für Kinder- und Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie Jugendpsychiatrie
-psychotherapie und Psychosomatik-psychotherapie und Psychosomatik
Alexander Marcus
NamensgebungHans Asperger *1906 in Wien, + 1980 in Wien
1944 Publikation: Die „autistischen Psychopathen“ im Kindes-
alter. Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten, 117,
76-136.
1981 Bekanntwerden der Störung in der angelsächsischen
Literatur durch Lorna Wing: Asperger‘s syndrome: A
clinical account. Psychological Medicine, 11, 115-129
Namensgebung
1943 Etwa zeitgleich berichtet Leo Kanner über eine Störung, die dann als frühkindlicher Autismus bezeichnet wird
L. Kanner
1894-1981
10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 21 22
Mediziner
15,4
Ingenieure
17,9
Sozialwissen-
schaftler
16,4
Kontrollen
16,4
Biologen
14,9
Naturwissen-
schaftler
19,6
Mathematiker
21,5
Informatiker
21,1
Asperger 35,8
Autismus Quotient in unterschiedlichen Berufsgruppen
Baron-Cohen et al., 2001
Diagnostik und Klassifikation
Eine neuere japanische Studie lässt aber an der Brauchbarkeit des AQ als Screening Verfahren für die Allgemeinbevölkerung zweifeln
Kunihira et al. 2006
Einteilung der Tiefgreifenden Entwicklungsstörungen (Nach ICD-10)
F84.0 Frühkindlicher Autismus (Kanner)
F84.1 Atypischer Autismus
F84.2 Rett-Syndrom
F84.3 Andere desintegrative Störung des Kindesalters
F84.5 Asperger Syndrom
F84.8 Sonstige tiefgreifende Entwicklungsstörung
Diagnostik und Klassifikation
F84.9 Tiefgreifende Entwicklungsstörung nicht näher bezeichnet
A. Rett
1924-1997
Kriterien zur Diagnose des Frühkindlichen Autismus (F84.0 nach ICD-10)
• Erkennbar vor Ende des 3. Lebensjahrs
Obligat:
• Störung der sozialen Interaktion (Blickkontakt, körperliche Zuwendung, Reaktion auf soziale Hinweiszeichen und Umweltreize)
• Störung der Kommunikation (Reziprozität verbaler Interaktion)
• Eingeschränktes, stereotypes repetitives Verhalten, teilweise Autostimulation)
Häufig:
• Phobien (Veränderungsängste)
• Schlafstörungen
• Essstörungen
• automutilative Handlungen
Diagnostik und Klassifikation
Wittgenstein
eindeutig
ein wenig
eher nicht überhaupt nicht
1 Ich mache lieber Sachen mit anderen als alleine.
2 Ich bevorzuge, Dinge immer Wieder auf dieselbe Art und Weise zu machen.
3 Wenn ich versuche mir etwas vorzustellen, fällt es mir sehr leicht, ein Bild im Kopf entstehen zu lassen.
4 Ich verliere mich oft so in Aufgaben, dass ichalle anderen Dinge rundherum vergesse.
5 Ich höre oft leise Geräusche, die andere nicht hören.
6 Ich merke mir oft Autonummern oder Schilder mit ähnlichen Beschriftungen.
7 Andere Menschen sagen mir häufig, dass das, was ich gesagt habe, unhöflich war, obwohl ich denke, es sei höfflich gewesen.
8 Wenn ich eine Geschichte lese, kann ich mir leicht vorstellen, wie die Figuren in der Geschichte aussehen könnten.
stimmtAQ für Erwachsene
Franz Kafka 1883-1924
Häufigkeit des frühkindlichen Autismus:
0,02 - 0,2 Prozent
• die höheren Raten stammen aus den letzten Jahren
tatsächliche Zunahme ? andere diagnostische Kriterien ?
bessere Diagnostik ?
Häufigkeiten
Emotionaler Quotient = EQ
• Selbstbewusstsein – realistische Einschätzung der eigenen Persönlichkeit Erkennen und Verstehen eigener Gefühle, Bedürfnisse und Ziele
• Selbststeuerung – eigene Gefühle und Stimmungen durch Gedanken mittels inneren Dialog steuern
• Motivation – sich selbst motivieren können, auch in schwierigen Phasen
• Empathie – Vermögen, sich in Gefühle und Sichtweisen anderer
Menschen hineinversetzen können• Soziale Kompetenz – Knüpfen dauerhafter Kontakte und
Beziehungen, gutes Konflikt- und Beziehungsmanagement• Kommunikationsfähigkeit – Fähigkeit, sich klar und
verständlich auszudrücken und aktiv und aufmerksam zuhören
können
Daniel Goleman, Emotionale Intelligenz. Hanser: Münschen, 1999Bob Dylan
Kriterien zur Diagnose des Asperger Syndroms (299.80 nach DSM-IV TR)
A. Es liegt eine qualitative Beeinträchtigung in der sozialen Interaktion in wenigstens 2 der folgenden Merkmale vor:
• deutliche Beeinträchtigung bei der Verwendung nonverbaler sozialer Verhaltens weisen wie wechselseitigem Blickkontakt, Gesichtsausdruck,
Körperhaltung und Gesten zur sozialen Interaktion
• keine alters- oder entwicklungsentsprechenden Freundschaften
• Fehlen von spontanem Verlangen, Freude, Interessen oder Tätigkeiten mit an- deren Personen teilen zu wollen (z.B. interessante Objekte werden nicht anderen gezeigt, mitgebracht, oder besonders herausgestellt)• Fehlen wechselseitigen sozialen oder emotionalen Verhaltens (Reziprozität)
Diagnostik und Klassifikation
B. Eingeschränkte, sich wiederholende, stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten, die sich in mindestens einem der folgenden Bereiche zeigen : • Eingeengte Interessensgebiete oder in stereotyper und eingeschränkter Art sich damit beschäftigen• Augenscheinliches Verhaftetsein in spezifische, nicht funktionale Alltags- abläufe und Rituale• Stereotype und sich wiederholende motorische Handlungen (Manierismen) wie Schleudern oder Verdrehen von Händen oder Fingern oder Bewegungen mit dem gesamten Körper• Fortwährendes sich Beschäftigen mit Einzelheiten von Objekten
Kriterien zur Diagnose des Asperger Syndroms (299.80 nach DSM-IV TR)
Diagnostik und Klassifikation
Kriterien zur Diagnose des Asperger Syndroms (299.80 nach DSM-IV TR)
C. Durch die Störung kommt es zu klinisch bedeutsamen Beeinträchtigungen im sozialen Umfeld, in der Schule, bei der Beschäftigung oder anderen wichtigen Funktionsbereichen
D. Es gibt keine bedeutsame Sprachentwicklungsverzögerung
E. Es gibt keine bedeutsamen Rückstände in der kognitiven Entwicklung, den übrigen altersentsprechenden sozialen Fertigkeiten und Anpassung
F. Die Kriterien erfüllen nicht die einer anderen spezifischen Tiefgreifenden Entwicklungsstörung oder einer Schizophrenie
E. Schopler
Vorsicht: Die Ergebnisse sind aber nur zur Orientierung geeignet und bedürfen der Bewertung eines, in der Diagnostik autistischer Störungen erfahrenen Spezialisten
Hilfen bei der Diagnostik:
Eigen- und Fremdbeurteilungsbögen
• High-Functioning Autism Spectrum Screening Questionaire (ASSQ) Ehlers, Gillberg & Wing, 1999
• Australian Rating Scale for Asperger Syndrome (auf deutsch zu finden unter www.aspiana.de/haupt/asphaupt.htm, 1999)
Besondere Merkmale von Kindern mit Asperger Syndrom (nach S. Baron-Cohen 2005)
Das war der Cousin Sascha oder Borat und nicht Simon
das ist Simon Baron-Cohen
Besondere Merkmale von Kindern mit Asperger Syndrom (nach S. Baron-Cohen 2005)
• verbringt mehr Zeit mit Dingen und physikalisch-technischenen Abläufen als Andere (Swettenham et al., 1998)
• Kommuniziert, interagiert weniger als Andere
Das Kind
• neigt dazu mehr eigenen Wünschen und Annahmen zu folgen, als auf Andere zu achten und sich an deren Wünschen zu orientieren (Baron- Cohen, Leslie & Frith, 1985);
• zeigt relativ wenig Interesse am Tun seiner Umwelt und an Teilnahme daran (Bowler, 1992; Lord, 1984)
• hat ausgeprägte und überdauernde Interessen (Sonderinteressen)
• ist ausgesprochen genau in der Wahrnehmung von Details (Plaisted, O'Riordan & Baron-Cohen, 1998a; Plaisted, O'Riordan & Baron-Cohen, 1998b)
• bemerkt und erinnert Dinge, die für andere Menschen unwichtig sind und rasch von ihnen vergessen wurden (Frith, 1989)
Weitere Merkmale von Kindern mit Asperger Syndrom (nach S. Baron-Cohen 2005)
Das Kind
• kann von Mustern fasziniert sein, wie Formen (Fahrplänen), Nummern- schilder, Listen (von Liedern etc.)
• kann von Vorgängen in der Umwelt angezogen sein, die einfach (Lichtschal- ter, Wasserhähnen) oder etwas komplexer (Wolkenformationen) oder abstrakt (Mathematik) sein können
• kann einen starken Sammeltrieb für bestimmte Kategorien von Objekten haben wie Flaschenverschlüsse, Zugfahrpläne oder von Informatio- nen wie Arten von Echsen, Steinen, Fabriken etc
• bevorzugt deutlich kontrollierbare gegenüber unvorhersehbare Erfahrungen, Alltagsroutinen
1. Problem der Abgrenzung
Frühkindlicher Autismus
„High-functioning“ Autismus
Asperger Syndrom
2. Problem der Zuordnung
Im DSM-IV fehlt eine eigene Ziffer für das Asperger Syndrom :
299.80
Rett-Syndrom
Asperger Syndrom
Andere Tiefgreifende Entwicklungsstörungen
? Schizoide Persönlichkeitszüge im ?
Kindesalter
Klassifikation
Häufigkeit des Asperger-Syndroms:
0,7 - 2,0 Prozent
• Gründe für die starke Schwankungsbreite:
andere diagnostische Kriterien
Einschluss anderer Tiefgreifender Entwicklungsstörungen
Ehlers & Gilberg, 1993
Wolff, 1995
Remschmidt & Hebebrand, 2001
Häufigkeiten
Mögliche Ursachen
• Genetische Faktoren
• prä-, peri- und postnatale Schädigungen des Gehirns und Hirnfunktionsstörungen
• Neuropsychologische Defizite
Mögliche Ursachen
Remschmidt & Hebebrand, 2001
Badawi et al. , 2006
Mögliche Ursachen
Genetische Faktoren
• Höhere Prävalenzrate unter Verwandten 1. Und 2. Grades
• genetische Faktoren werden in ihrer Manifestation durch Hirnschädigung und Umweltfaktoren modifiziert
Wolff, 1995
Volkmar et al., 1998 Remschmidt & Hebebrand, 2001
Verdächtige Genloci:
Chromosom 7 langer Arm (7q) starke Hinweise auf Beziehung zu Autismus
Zusätzlich sollen weitere Genorte (auf Chromosomen 4, 9,10) in Beziehung zu Autismus stehen
Nach Schellenberg et al. 2006
Genetische Faktoren
Hirnschäden und Hirnfunktionsstörungen
• bis zu 2/3 der Kinder mit Asperger Syndrom haben prä- und perinatale Risiken
• In der Kernspin-Tomographie findet sich geringere graue Substanz frontal und cerebellar
• PET-Untersuchungen weisen auf Dysfunktionen des Frontal- und Temporallappens hin
Gillberg, 1989, 1998; Rickarby, 1991, McAlonan et al., 2002Schultz et al., 2000
Mögliche Ursachen
Auffällige Laborbefunde
Untersuchungsmethode
Befund
Ereigniskorrellierte Hirnpotentiale
Auffällige Mismatch-Negativity vor allem auf Tonreize weniger auf Silben
Olfaktometer bei unauffälliger Riechschwelle ist die Reiz-Diskrimination gestört
Funktionelle Kernspintomographie
Gesichter führen zur Aktivierung des rechten Gyrus temp. inf., wie sonst nur Objekte
Chemisch klinisches Labor Plasma Glutamat, Phenylalanin, Asparagin, Tyrosin, Alanin und Lysin auch bei Eltern und Geschwistern
Soziale Intelligenz
Orbito-Frontaler Cortex
Gyrus temporalis superiorAmygdala
Soziale Intelligenz
unauffällig Asperger Syndrom
Auffällige Befunde
Stichprobe gesamtes Gesicht nur Augenpartie
Asperger
Kontrolle
ja
ja
nein
ja
Wahrnehmung von Emotionen aufgrund der Mimik
nach Baron-Cohen et al., 1997, 1999
Auffällige Befunde
Häufige Begleitstörungen
Wie häufig sind Begleitstörungen?
Gesamt Keine Komorbidität Mit Komorbidität
N = 35 12 (35 %) 23 (65 %)
Gibt es typische Begleitstörungen?
Jüngere Kinder Hyperkinetische Störungen
Jugendliche Affektive Störungen
Ghaziuddin et al., 1998
Wing, 1981
Konzentrationsstörung
Abdriften in Sonderinteressen
Ablenkung
Unmotiviert
Konflikte
EmpathiemangelDistanzproblem
e
ImpulsivitätZwänge
Rigidität
Asperger Syndrom Hyperkinetische Störung
Asperger Syndrom und HKS
Therapie
Individuell zugeschnittenes Therapieregime mit folgenden Grundsätzen:
• Anregung von Lernprozessen zur eigenen Lebensperspektive• Aufbau einer Beziehung und des Gespürs für Vertrauen
• Anregung zur Analyse und Organisation der eigenen Denkprozesse• Herausarbeiten der Zusammenhänge von Ereignissen• Einübung der Bewältigung der Alltagsprobleme
Individuell bezogen
• Förderung des Interesses an sozialen Interaktionen
• Förderung des Verständnisses sozialer Regeln• Vermittlung sozialer Erfahrungen
Einüben sozialer Fertigkeiten in einer Gruppensituation
Remschmidt & Hebebrand, 2001
Therapie
• Nutzung funktionaler Spezialinteressen zur Ausbildung
Schule, Berufliches Training und Beschäftigung
• Bereitstellung beruflicher Möglichkeiten, die den besonderen Fähigkeiten angemessen sind
• Vermeidung von Beschäftigungen, die intensive Sozialkontakte erfordern
Medikation
• Zielorientierte Anwendung der Arzneistoffe nach Symptomatik
• Sie ist in der Regel nur Teil eines multimodalen Therapiekonzeptes
Therapie
Zielsymptome Medikament
Aufmerksamkeitsstörung
Stimulanzien, Atomoxetin
Rigidität Sulpirid, Risperidon
SSRIZwänge, repetitives Verhalten
Aggressivität Neuroleptika
Prognose
• Bis heute gibt es wenige prospektive Verlaufsstudien• Die Diagnosen zeigen eine hohe Längsschnittstabilität
• Von 32 Patienten hatten später 14 eine Vollzeitbeschäftigung• In der Kontrollgruppe waren es 16
• 2 Patienten entwickelten eine Schizophrenie
• Keine erhöhten Alkohol- oder Drogenabhängigkeiten
Die Nachuntersuchungen von Wolff (1995) zeigten