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energie.tg.ch · Die Kantone haben im Bereich der Elektromobilität ... Für die ökologische...

Date post: 18-Sep-2018
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Thurgau\ Der Regierungsrat des Kantons Thurgau an den Grossen Rat Frauenfeld, 22. Mai 2018 411 Antrag gemäss § 52 der Geschäftsordnung des Grossen Rates von Daniel Eugster vom 23. März 2016 „Elektromobilität im Thurgau" Bericht Sehr geehrte Frau Präsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Am 23. März 2016 stellte Kantonsrat Daniel Eugster einen Antrag gemäss § 52 der Ge- schäftsordnung des Grossen Rates des Kantons Thurgau und verlangte vom Regie- rungsrat, im Umfang eines Berichtes die Chancen der Elektromobilität im Thurgau ab- zuklären und Rahmenbedingungen zu prüfen. Der Regierungsrat unterstützte den An- trag. In seiner Beantwortung vom 23. August 2016 erklärte sich der Regierungsrat be- reit, die bereits eingeleiteten Abklärungen fortzuführen und einen Bericht zu erstellen. An der Sitzung vom 3. Oktober 2016 folgte der Grosse Rat der Empfehlung des Regie- rungsrates und erklärte den Antrag mit 117:3 Stimmen erheblich. Der Regierungsrat erstattet wie folgt Bericht: I. Ausgangslage und Vorgehen Der Regierungsrat beauftragte das Departement für Inneres und Volkswirtschaft (DIV) mit der Erarbeitung des Grundlagenberichts und bildete eine Projektorganisation, wel- che von einem Lenkungsausschuss angeführt wird. Dieser gab die Stossrichtung und den Rahmen der Arbeiten vor. Dem Lenkungsausschuss gehörten der Departements- chef DIV, die Departementschefin DBU sowie der Leiter der Abteilung Energie an. Die Projektleitung oblag der Abteilung Energie. Für den Einbezug von externem fachlichem Know-how wurden Vertreter aus kantonalen Ämtern und externe Experten zur Mitarbeit angefragt. Der Einbezug erfolgte durch die Bildung einer Begleitgruppe, welche neben Fachwissen auch Massnahmen einbrachte und beurteilte. Der Grundlagenbericht „Chancen der Elektromobilität für den Kanton Thurgau" wurde durch die Firma EBP Schweiz AG erarbeitet.
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Thurgau\

Der Regierungsrat des Kantons Thurgau an den Grossen Rat

Frauenfeld, 22. Mai 2018 411

Antrag gemäss § 52 der Geschäftsordnung des Grossen Rates von Daniel Eugster vom 23. März 2016 „Elektromobilität im Thurgau"

Bericht

Sehr geehrte Frau Präsidentin Sehr geehrte Damen und Herren

Am 23. März 2016 stellte Kantonsrat Daniel Eugster einen Antrag gemäss § 52 der Ge-schäftsordnung des Grossen Rates des Kantons Thurgau und verlangte vom Regie-rungsrat, im Umfang eines Berichtes die Chancen der Elektromobilität im Thurgau ab-zuklären und Rahmenbedingungen zu prüfen. Der Regierungsrat unterstützte den An-trag. In seiner Beantwortung vom 23. August 2016 erklärte sich der Regierungsrat be-reit, die bereits eingeleiteten Abklärungen fortzuführen und einen Bericht zu erstellen. An der Sitzung vom 3. Oktober 2016 folgte der Grosse Rat der Empfehlung des Regie-rungsrates und erklärte den Antrag mit 117:3 Stimmen erheblich.

Der Regierungsrat erstattet wie folgt Bericht:

I. Ausgangslage und Vorgehen

Der Regierungsrat beauftragte das Departement für Inneres und Volkswirtschaft (DIV) mit der Erarbeitung des Grundlagenberichts und bildete eine Projektorganisation, wel-che von einem Lenkungsausschuss angeführt wird. Dieser gab die Stossrichtung und den Rahmen der Arbeiten vor. Dem Lenkungsausschuss gehörten der Departements-chef DIV, die Departementschefin DBU sowie der Leiter der Abteilung Energie an. Die Projektleitung oblag der Abteilung Energie. Für den Einbezug von externem fachlichem Know-how wurden Vertreter aus kantonalen Ämtern und externe Experten zur Mitarbeit angefragt. Der Einbezug erfolgte durch die Bildung einer Begleitgruppe, welche neben Fachwissen auch Massnahmen einbrachte und beurteilte. Der Grundlagenbericht „Chancen der Elektromobilität für den Kanton Thurgau" wurde durch die Firma EBP Schweiz AG erarbeitet.

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Thurgau

An fünf halbtätigen Workshops wurden die Inhalte des Grundlagenberichts durch die Begleitgruppe im Detail diskutiert und ergänzt. Die Begleitgruppe wurde insbesondere in die Ausarbeitung und Bewertung der Massnahmen einbezogen. Sämtliche Erkennt-nisse aus dem Erarbeitungsprozess liegen nun in einem umfangreichen Grundlagenbe-richt vor. Der Lenkungsausschuss, die Projektleitung, die Firma EBP und die Begleit-gruppe schlossen damit ihre Arbeit ab.

Mit der Erstellung des Grundlagenberichts wurden folgende Ziele verfolgt: • Aufzeigen der Rahmenbedingungen die nötig sind, um die Chancen der Elektromo-

bilität im Kanton Thurgau zu nutzen. • Einen Überblick schaffen über die Technologien wie Antriebs-, Ladesysteme und

Batterietypen. • Abschätzung des Potenzials der Elektromobilität im Kanton Thurgau, insbesondere

mit folgenden Elementen: Einfluss auf den individuellen und öffentlichen Verkehr, Einfluss auf die Infrastruktur, Planung und Versorgung mit Strom aus einheimischen erneuerbaren Energiequellen und das Potenzial zur Reduktion der CO2-Emissionen aus dem Verkehr.

• Darstellung der Wechselwirkungen mit den erneuerbaren Energien im Kanton Thur-gau, insbesondere nötiger Ausbau, Auswirkungen auf die Netzstabilität, Speicher-kapazität und mögliche Deckung von Lastspitzen.

• Massnahmenvorschläge durch deren Umsetzung die Chancen der Elektromobilität genutzt werden können, inkl. dem Einsatz der Elektromobilität in alternativen Ange-boten wie beispielsweise kombinierte Mobilität, Sharing- und Poolingdienste.

• Berücksichtigung bestehender nationaler und kantonaler Mobilitätskonzepte und Aufzeigen von Handlungsoptionen, mit welchen die mit der Nutzung der Elektromo-bilität einhergehenden Risiken minimiert werden können.

Mit dem vorliegenden Bericht unterbreitet der Regierungsrat nun seine Stossrichtung zur Elektromobilität im Kanton Thurgau, die auf dem Grundlagenbericht basiert, diesen zusammenfasst und die vom Regierungsrat beabsichtigte Umsetzung gestützt auf die Empfehlung der Arbeitsgruppe erläutert.

II. Grundlagenbericht: Erarbeitung und Ergebnisse

Das Vorgehen zur Erarbeitung des Grundlagenberichts und zentrale Ergebnisse wer-den hier in einer Übersicht zusammengefasst. Für eine detaillierte Darstellung der Er-kenntnisse wird auf den beigefügten Grundlagenbericht vom 26. März 2018 verwiesen.

1. Projektvorgehen

Das Projekt wurde in folgenden Arbeitsschritten erarbeitet:

• Ist-Analyse: Überblick zu Elektromobilität, Batterien, Ladetechnik und Ladeverhal-ten. Beschreibung der Rolle der Elektromobilität für die Reduktion der CO2-Emissionen im Strassenverkehr, ökologische Betrachtung der Elektromobilität.

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Thurgau

• Zieldefinition: Einbettung des Projekts in den geltenden kantonalen Richtplan und die bestehenden nationalen und kantonalen Strategien und Konzepte.

• Entwicklung der Elektromobilität im Kanton Thurgau: Drei kantonale Szenarien zur Marktdurchdringung der Elektromobilität bei Personenwagen im Kanton Thurgau. Angaben zu Neuzulassungen, Fahrzeugbestand, Fahrleistung und Elektrizitätsbe-darf von heute bis 2035. Prognose der Anzahl Ladevorgänge, Auswirkungen auf das Stromverteilnetz und die Integration der erneuerbaren Energien.

• Chancen, Potenzial und Risiken für den Kanton Thurgau: Auslegeordnung der Chancen und Risiken der Elektromobilität.

• Selektion der Massnahmen: Identifizierung und Beschreibung von Massnahmen (Long List), welche die Chancen der Elektromobilität im Kanton Thurgau fördern und Risiken minimieren, resp. verhindern. Daraus wurden die wichtigsten Mass-nahmen ausgewählt und eine Short List erstellt.

• Beurteilung der Massnahmen: Bewertung der Massnahmen und Priorisierung des Massnahmenkatalogs (Short List).

• Antragstellung an Regierungsrat: Empfehlung der Begleitgruppe zur priorisierten Umsetzung von Massnahmen.

2. Zielsetzung und Systemgrenze

Die Elektromobilität soll nicht isoliert betrachtet werden. Deshalb wird anhand eines Zielsystems aufgezeigt, welche Synergien mit bestehenden kantonalen Zielsetzungen vorhanden sind und welche Zielkonflikte auftreten können. Das Zielsystem, an welchem sich das Projekt orientiert, besteht aus vier übergeordneten kantonalen Zielsetzungen:

• Verkehr Erreichung eines nachhaltigen Verkehrssystems (Mobilitätssystem) im Kanton Thurgau (Kantonaler Richtplan)

• Energie: Umsetzung der Energiestrategie des Bundes und des Kantons Thurgau (Energiekonzept Kanton TG)

• Umwelt: Verminderung der Umweltbelastung des Verkehrssektors im Kanton Thur-gau (kantonaler Richtplan)

• Wirtschaft: Erhöhung des volkswirtschaftlichen Nutzens im Kanton Thurgau (Ge-samtverkehrskonzept TG)

Der Bund setzt Massnahmen in seinem Kompetenzbereich zur Förderung der Elektro-mobilität um. Eine direkte Förderung von Elektrofahrzeugen oder Ladeinfrastruktur ist auf Bundesebene nicht vorgesehen. Die Kantone haben im Bereich der Elektromobilität demzufolge einen grossen Handlungsspielraum und können mit kantonalen Massnah-men die Entwicklung massgeblich mitgestalten. In einigen Kantonen und Städten, wie beispielsweise Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Graubünden und Genf, wurden Konzep-te zur Elektromobilität erarbeitet. Der Kanton St. Gallen hat kürzlich ein Konzept in Auf-trag gegeben. In den Kantonen Graubünden und Basel-Stadt sind bereits erste Mass-nahmen in der Umsetzung.

Im Mittelpunkt des Projekts steht der motorisierte Individualverkehr (MIV), da dieser für rund 67 % der verkehrsbedingten CO2-Emissionen sowie für einen beachtlichen Teil der

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Stickoxid- und Feinstaub-Emissionen verantwortlich ist. Im Vergleich zum Schweizer Durchschnitt zeigt sich, dass im Thurgau tendenziell schwerere Fahrzeuge zugelassen werden. Ende 2016 hatten rund 0.2 % oder 391 Fahrzeuge des gesamten Thurgauer Personenwagenbestands einen rein batterie-elektrischen Antrieb. 1.1 % oder 1'787 der Personenwagen sind Hybrid-Fahrzeuge (inkl. Plug-in Hybride). Die Zahlen liegen im Schweizer Durchschnitt. 107 Elektrofahrzeuge und 313 Hybrid-Fahrzeuge (inkl. Plug-in Hybride) wurden im Jahr 2016 neu zugelassen.

3. Antriebstechnologien

Fahrzeuge können nach dem Grad der Elektrifizierung unterschieden werden: • Rein batterie-elektrische Fahrzeuge: Diese Fahrzeuge nutzen als Antriebsenergie

Strom, welcher bis zum Verbrauch in einer Batterie zwischengespeichert wird. Rund 76 % der zugeführten Energie in Form von Strom wird in Bewegungsenergie um-gewandelt.

• Hybrid-Fahrzeuge: Hybrid-Fahrzeuge kombinieren einen elektrischen Antrieb mit einem Verbrennungsmotor. Der Elektromotor wird über eine verhältnismässig kleine Batterie betrieben, welche ausschliesslich durch die Zurückgewinnung der Brems-energie geladen wird. Bei Plug-in-Fahrzeugen kann die Batterie zusätzlich auch über eine Ladestation aufgeladen werden. Hybridfahrzeuge ohne die Möglichkeit zur Ladung über eine Ladestation gelten nicht als Elektrofahrzeuge.

• Verbrennungsmotor: Der Verbrennungsmotor wird mit Benzin, Diesel oder Erdgas betrieben. Diese Fahrzeuge weisen einen Wirkungsgrad von 20 % auf. Die restli-chen 80 % gehen grösstenteils in Form von Wärme verloren.

• Brennstoffzellenfahrzeuge: Brennstoffzellenfahrzeuge werden mit Wasserstoff oder Methanol betankt. Der Wasserstoff wird in der Brennstoffzelle in elektrischen Strom umgewandelt. Über einen Elektromotor wird das Fahrzeug angetrieben. Brennstoff-zellenfahrzeuge weisen einen Wirkungsgrad von 28 % auf, bedingt durch die nied-rigen Wirkungsgrade bei der Herstellung von Wasserstoff sowie bei der Brennstoff-zelle. Im Grundlagenbericht werden Brennstoffzellenfahrzeuge nicht als Elektro-fahrzeuge betrachtet, da sie mit Wasserstoff betankt werden.

Für die ökologische Beurteilung der Fahrzeugtechnologien wird ein Fahrzeug über den gesamten Lebenszyklus betrachtet. Dies schliesst die Rohstoffbereitstellung, die Verar-beitung und Herstellung von Materialien, die Fahrzeugherstellung, den Betrieb des Fahrzeugs und den End-of-Life-Prozess (Recycling oder Entsorgung) mit ein. In dieser umfassenden Betrachtung verursachen von allen betrachteten Technologien rein batte-rie-elektrische Fahrzeuge die geringsten CO2- und Feinstaubemissionen, selbst wenn für den Betrieb des Fahrzeugs Kohlestrom benutzt wird. Die Ökobilanz verbessert sich jedoch markant, wenn erneuerbarer Strom für den Betrieb verwendet wird. Zudem fallen bei Elektrofahrzeugen die Feinstaubemissionen ausserhalb der Siedlungsgebiete an, nämlich beim Produktionsstandort des Fahrzeugs und des nicht erneuerbaren Stroms. Dies führt zu einer Entlastung der Feinstaubproblematik. Aufgrund des tiefen Wirkungs-grades bei Brennstoffzellenfahrzeugen ist der CO2-Ausstoss deutlich höher als bei bat-terie-elektrischen Modellen, jedoch besser als bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Die Bewertung von Hybrid-Fahrzeugen und Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen ist vom elektri-schen Fahranteil beziehungsweise vom Fahrprofil und der elektrischen Zusatzladung

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Thurgau\ (Plug-in) abhängig. Diese bestimmen also den Wirkungsgrad und damit die Ökobilanz. Bei Hybrid-Fahrzeugen ohne Plug-in dürfte der Wirkungsgrad marginal besser sein als bei Verbrennungsfahrzeugen.

4. Szenarien der Elektromobilität im Kanton Thurgau

Die zukünftige Entwicklung der Elektromobilität im Kanton Thurgau wurde für drei Sze-narien aufgezeigt. Neben dem Szenario Business As Usual (BAU) sind ein mittleres Szenario Efficiency (EFF) und ein ambitioniertes Szenario Connected Mobility (COM) definiert, welche sich an der Energiestrategie 2050 des Bundes anlehnen. Die Szenari-en zeigen, dass der Anteil Elektrofahrzeuge im Neuwagenmarkt im Jahr 2035 zwischen 28 % und 65 % liegen wird. Das führt im Gesamtbestand zu 43'000 bis 99500 Elektro-fahrzeugen auf den Strassen, was 17% bis 40% des Bestandes ausmacht. Die Prog-nose der Anzahl Ladevorgänge zeigt, dass die Ladung der Elektrofahrzeuge in 65 % der Fälle zu Hause erfolgen wird. Rund 30 % der Ladevorgänge entfallen auf den Ar-beitsplatz und andere wichtige Aufenthaltsorte, während sich die Anzahl Ladevorgänge an Schnellladestationen im Kanton Thurgau auf 5 % beschränken wird.

5. Chancen und Risiken für den Kanton Thurgau

Die Elektromobilität weist für den Thurgau zahlreiche Chancen wie auch bedeutende Risiken auf. Es ist wichtig, durch rechtzeitiges Handeln und frühzeitige gesamtheitliche Koordination die Chancen zu wahren und die Risiken zu minimieren. Nur so wird die Elektromobilität ihren Beitrag zu einer verträglichen Zukunftsmobilität leisten können.

Die wichtigsten Chancen der Elektromobilität im Thurgau sind:

• Reduktion des Endenergieverbrauchs: Die Elektromobilität eröffnet dank ihrer ho-hen Effizienz neue Chancen zur Reduktion des Energieverbrauchs in der Mobilität. Der Elektromotor ist 3 bis 4 Mal effizienter als ein Benzin- oder Dieselmotor. Das heisst, der Strom kann ohne grosse Verluste in Bewegungsenergie umgewandelt werden.

• Beitrag zum Klimaschutz und zur Luftreinhaltung: Die Nutzung von Elektrofahrzeu-gen ist lokal emissionsfrei. Dadurch bestehen grosse Potenziale für die Verbesse-rung der Luftqualität in urbanen Gebieten und für die Verminderung von schad-stoffverursachten Krankheiten. Elektrofahrzeuge weisen, verglichen mit Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor sowie mit Brennstoffzellenfahrzeugen, die tiefsten CO2- und Feinstaub-Emissionen pro gefahrenem Kilometer auf. Verbesserungen der Umwelt-bilanz von Elektrofahrzeugen sind aber weiterhin möglich, z.B. durch den Einsatz erneuerbarer Energien bei der Fahrzeugproduktion oder durch das Verwenden rezyklierter Rohstoffe. Am besten schneiden Elektrofahrzeuge ab, wenn sie mit er-neuerbarem Strom «betankt» werden.

• Reduktion Lärmbelastung im Stadtverkehr: Der durch Fahrzeuge verursachte Lärm setzt sich aus dem Abrollgeräusch der Reifen auf dem Asphalt und den Lärmemis-sionen der Motoren zusammen. Bei Personenwagen mit klassischem Verbren-nungsmotor ist das Antriebsgeräusch bis etwa 25 km/h dominant. Bei höheren Ge-schwindigkeiten bestimmt dagegen zunehmend das Reifen-Fahrbahn-Geräusch

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das Gesamtgeräusch des Fahrzeugs. Elektroautos sind also prinzipiell bei niedrigen Geschwindigkeiten deutlich leiser und bei höheren Geschwindigkeiten vergleichbar laut wie herkömmliche Personenwagen.

• Minderung der Abhängigkeit von fossilen Treibstoffen: Die Elektromobilität bietet die Möglichkeit, die Abhängigkeit von fossilen Treibstoffen aus dem Ausland massiv zu reduzieren.

• Flexibilität und Integration von dezentralen, erneuerbaren Energien: Die Produkti-onsprofile der lokalen Stromproduktion aus erneuerbaren Energien (vor allem Pho-tovoltaik) stimmt gut mit dem Profil des dezentralen Ladebedarfs der Elektromobili-tät überein. Dadurch ermöglicht die Elektromobilität, dezentral produzierten erneu-erbaren Strom besser zu integrieren. Erfolgen die Ladevorgänge kontrolliert, bezie-hungsweise gesteuert, kann die dezentrale Stromproduktion lokal maximal genutzt werden. So können bei hoher erneuerbarer Stromproduktion und gleichzeitig tiefer Nachfrage die Stromnetze durch die Elektromobilität entlastet werden.

• Investitionen in die Infrastruktur schaffen lokale Wertschöpfung. Ob Ladeinfrastruk-tur, Speicher oder Netze: Die Elektromobilität verlangt nach Investitionen in neue und bestehende Infrastrukturen.

• Tiefe Gesamtkosten: Elektrofahrzeuge haben zwar (noch) einen höheren Anschaf-fungspreis als ähnliche Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren. Die Gegenüberstel-lung der Gesamtkosten über 8 Jahre mit einer Fahrleistung von 160'000 km zeigt, dass sich Elektrofahrzeuge im unteren Mittelklasse-Bereich schon heute rechnen. Stromversorger: Die Verbreitung der Elektromobilität und der vermehrte Einsatz von Elektrofahrzeugen öffnen neue Möglichkeiten für die Stromversorger wie beispiels-weise Verkauf von Oko-Ladestrom, Betrieb der Ladeinfrastruktur oder weitere inno-vative Angebote.

Die wichtigsten Risiken der Elektromobilität im Thurgau sind hier aufgelistet:

• Zusätzliche Belastung des Stromnetzes: Die Höhe der Lastspitzen in den Verteil-netzen hängt stark von der Gleichzeitigkeit der Ladevorgänge ab. Das grösste Risi-ko stellen abendliche Ladevorgänge bei der Rückkehr nach Hause dar. Ein weite-res, weniger ausgeprägtes Risiko ergibt sich durch das Laden am Morgen am Ar-beitsplatz. Durch zeit- oder ferngesteuertes Laden oder den Einsatz von dezentra-len Speichern können diese Lastspitzen weitgehend vermieden werden. Längerfris-tig ist deshalb eine Steuerung der Ladevorgänge, vor allem bei der Heimladung, sinnvoll.

• Strommehrverbrauch, Kapazitätszubau und Speicher: Gemäss kantonalem Richt-plan und Energiekonzept soll der Gesamtelektrizitätsverbrauch im Thurgau bis 2030 um 7 % reduziert werden. Die Elektromobilität erschwert dieses Ziel, indem sie eine zusätzliche Stromnachfrage darstellt. Je höher der Elektromobilitätsanteil desto hö-her die Stromnachfrage. Bis im Jahr 2035 fragt die Elektromobilität im Kanton Thur-gau jährlich 80 bis 170 GWh Strom nach. Dies entspricht 5 bis 10% des Gesamt-stromverbrauchs im Kanton Thurgau im Jahr 2015. Zum Vergleich: Im Jahr 2015 betrug die jährliche Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Kanton Thur-gau rund 153 GWh. Soll die Elektromobilität im Thurgau mit lokal produziertem er-neuerbarem Strom versorgt werden, müssen der Ladebedarf und die Stromerzeu-gung aus erneuerbaren Energien zeitgleich vorhanden sein. Ohne weiteren Zubau könnten nur rund 67 % zeitgleich gedeckt werden. Mit einem Zubau gemäss Ener-

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Thurgau giestrategie 2050 (weitere 415 MW Photovoltaik bis 2035) könnten 84 % und mit zusätzlicher Installation von Batteriespeichern (Gesamtkapazität 140 MWh) 90 % abgedeckt werden.

• Kosten der Ladeinfrastruktur: Die Kosten von Ladestationen steigen je nach La-destationstyp bzw. maximaler Ladeleistung. Die geschätzten Kosten für einfachere Ladeboxen von 11 kW Leistung (ohne Verrechnungssystem) betragen rund Fr. 1500.--; für beschleunigtes Laden bis 22 kW Leistung rund Fr. 10'000.-- und für Schnellladestationen mit 50 kW Leistungen zwischen Fr. 30000.-- und Fr. 50000.--. Zusätzlich zur Ladestation kommen die Kosten für allfällige Anpassungen des Netzanschlusses sowie die Installationskosten hinzu.

• Mehrverkehr / Ersatz von ÖV-Fahrten / Ersatz Langsamverkehr (Rebound-Effekte): Werden Fahrzeuge effizienter, besteht die Gefahr, dass sie auch mehr gefahren werden. Einerseits wegen der als geringer wahrgenommenen Umweltbelastung, andererseits können die niedrigen Energiekosten Mehrverkehr generieren.

• Konkurrenzierung des ÖV: Elektrofahrzeuge eignen sich aufgrund der einge-schränkten Reichweite für den kombinierten Einsatz mit dem ÖV. Dabei kann aber eine Konkurrenzierung mit dem öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) entste-hen.

• Energieversorger: Die Elektromobilität macht kurzfristig noch kein grosses Strom-verkaufsvolumen aus. Das bedeutet, dass die neuen Geschäftsmodelle eher mittel-fristig rentabel sein werden und dass erhebliche Vorinvestitionen notwendig sind.

• Einnahmenausfälle bei der Mineralölsteuer, Vergünstigungen bei der Motorfahr-zeugsteuer: Da auf Strom keine Mineralölsteuern bezahlt werden müssen, wird das heutige Finanzierungssystem der nationalen und kantonalen Strasseninfrastruktur langfristig in Frage gestellt. Der Bund plant die Einführung einer pauschalen Abga-be auf Elektrofahrzeuge ab dem Jahr 2020 zur Kompensation der Ausfälle bei der Mineralölsteuer.

Die Chancen zeigen auf, dass die Elektromobilität die Zielsetzungen verschiedener be-stehender kantonaler Konzepte wie Gesamtverkehrskonzept, Konzept Verstärkte Nut-zung erneuerbarer Energie und der Energieeffizienz, Massnahmenplan Luftreinhaltung, Stromnetze Thurgau unterstützen kann. Um einen positiven Beitrag zu gewährleisten, müssen jedoch flankierende Massnahmen umgesetzt werden, die nebst der Förderung der Elektromobilität auch die Risiken beachten und minimieren.

Ill. Massnahmen

Möchte der Kanton eine Entwicklung beeinflussen beziehungsweise anstossen, so hat er die Möglichkeit, gesetzliche Regelungen zu erlassen oder mit finanziellen Anreizen und Informationen zum freiwilligen Handeln anzuregen. Marketingmassnahmen und Anschubfinanzierungen sind marktnahe Instrumente. Marketingmassnahmen reduzie-ren den Informationsaufwand beim Investor und sorgen für Markttransparenz. Anschub-finanzierungen erhöhen die Nachfrage, indem die Investitionskosten reduziert werden. Mittelfristig verhelfen sie einer neuen Technologie zum Durchbruch. Die nachfolgend aufgeführten Massnahmen sind mit Ausnahme von M5 alles Massnahmen, welche das freiwillige Handeln fördern. Alle diese Massnahmen unterstützen die Erreichung beste-

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hender kantonaler Ziele und helfen die Risiken der Elektromobilität zu minimieren. Von der 41 Massnahmen umfassenden Long List hat die Begleitgruppe die insgesamt wich-tigsten 15 ausgewählt und in die Short List aufgenommen. Anhand folgender Kriterien wurden die Massnahmen von der Begleitgruppe und vom Lenkungsausschuss bewer-tet:

• Technische Realisierbarkeit • Kosten Kanton • Anzahl Elektrofahrzeuge • Wirkung CO2 / NOx • Akzeptanz Politik / Bevölkerung

Der Regierungsrat nimmt, gestützt auf die Empfehlung der Begleitgruppe, folgende Pri-orisierung der Massnahmen vor:

1. Massnahmen mit Priorität 1

M2: Zeitlich begrenzte Umstiegsprämie Das bestehende Förderprogramm Energie wird um den Bereich „Elektromobilität" erwei-tert. In diesem Bereich wird der Kauf von elektrisch angetriebenen Personenwagen, leichten Nutzfahrzeugen und allenfalls E-Cargo-Bikes über eine Kaufprämie finanziell gefördert, sofern gleichzeitig beim Energieversorger 100 % erneuerbarer Strom (Ökostrom) bezogen oder selber Solarstrom erzeugt wird. Die Förderung wird zeitlich begrenzt. Für die Umsetzung ist die Zusammenarbeit mit Energieversorgern zentral (Klärung des Nachweises hinsichtlich Ökostrom). Der Neuwagenhöchstpreis ist zu limi-tieren. Weiter wird geprüft, ob die Kopplung des Ersatzes des alten Fahrzeugs mit der Umstiegsprämie möglich ist. Für normale E-Bikes ist keine Kaufprämie vorgesehen.

M4: Förderprogramm Batteriespeicher Aktuell werden im Kanton Thurgau Batteriespeicher für Solarstromanlagen gefördert. Dies erhöht den Verbrauch des selbst produzierten Stroms, steigert die Integrations-möglichkeit dezentraler erneuerbarer Energien und entlastet die Stromnetze. Die Förde-rung von Batteriespeichern ist zurzeit nur in Verbindung mit Solarstromanlagen möglich. Zukünftig soll dies auch im Zusammenhang mit Elektromobilität-Ladeinfrastruktur mög-lich sein. In Verbindung mit Ladestationen für Elektrofahrzeuge ist der Einsatz von stati-onären Batterien sinnvoll, da diese langsam geladen werden (kleine Anschlussleistung), jedoch das Auto aus der Batterie schnell geladen werden kann (hohe Ladeleistung). Dies erhöht die Attraktivität der Elektromobilität und kann den Netzausbaubedarf ver-mindern. Gleichzeitig kann lokal produzierte, erneuerbare Energie besser für die Elek-tromobilität genutzt werden.

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M5: Standards bei Neu- und Umbauten Anpassung des Planungs- und Baugesetzes (PBG). Mögliche Themen sind:

• Verlegen von Leerrohren für Ladeinfrastruktur beispielsweise in Tiefgaragen oder bei Parkplätzen

• Mindestanteile elektrifizierter Parkplätze bei Neubauvorhaben und Bestandsbauten mit grösseren Einstellhallen

• Mindestanforderungen für Ladestationen

Weiter ist eine Unterstützung und Beratung der Bauherren zu prüfen.

M6: Elektromobilität beim Arbeitgeber Eine Ladeinfrastruktur am Arbeitsort motiviert Arbeitnehmer, von Verbrenner- auf Elek-trofahrzeuge umzusteigen. Das Laden während des Tages am Arbeitsplatz ist zudem gut geeignet, um die anfallende Photovoltaik-Stromproduktion zeitgleich zum Aufladen der Elektrofahrzeuge zu nutzen. Künftige Produktionsspitzen können durch gesteuerte Ladevorgänge minimiert und die Stromnetze durch die Elektromobilität entlastet wer-den. Eine Ladeinfrastruktur am Arbeitsplatz kann von mehreren Fahrzeugen und Mitar-beitenden genutzt werden. Der Kanton erstellt in Kooperation mit den grössten Arbeit-gebern einen Leitfaden (Merkblatt) zum Laden am Arbeitsplatz.

M7: Planung der Ladeinfrastruktur Die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge wird zurzeit ohne Koordination von verschie-denen Akteuren (hauptsächlich privat) aufgebaut. Frühzeitige Planung verhindert zu-künftige Kosten zur Nachrüstung, respektive ineffiziente Parallel-Infrastrukturen. Durch die hohen Installationskosten einer Schnellladeinfrastruktur ist es sehr wichtig, die Standorte und den Bedarf sorgfältig zu identifizieren. Die im Schlussbericht modellierten Grundlagen zum künftigen Ladebedarf können als erste Entscheidungsgrundlage für private Anbieter von Ladeinfrastrukturen genutzt werden. Für eine gezielte Bereitstel-lung von Ladestationen ist der Ladebedarf räumlich und zeitlich weiter zu differenzieren. Insbesondere würde eine Eruierung geeigneter Standorte für Schnellladestationen Sinn machen. Es soll ein Bericht erstellt werden, der Investoren von Ladestationen aufzeigt, wo welche Ladestationen Sinn ergeben.

M8: Begleitung Umsetzung Elektromobilitätsbericht Ausarbeitung einer Roadmap für Elektromobilität mit quantifizierten Zielen und einem Aktionsplan für die nächsten 3 Jahre. Der konkrete Aktionsplan ermöglicht die Beglei-tung, Umsetzung und Kommunikation der vorgesehenen Massnahmen im Bereich Elektromobilität und die Bewertung der Zielerreichung. Die Roadmap beinhaltet ein Kommunikationskonzept, Empfehlungen zur Umsetzung der Fördermassnahmen, die Planung von Round Tables für Energieversorger mit Einbezug des Verbands Thurgaui-scher Elektrizitätsversorgungen (VTE) sowie ein jährliches Reporting zum Stand der Umsetzung und Entwicklung des Fahrzeugbestandes und des Neuwagenmarktes.

M12: Elektromobilität in der Verwaltung Die kantonalen Beschaffungsrichtlinien sehen eine Bevorzugung von alternativen An-triebssystemen wie reinen Elektrofahrzeugen und Plug-in-Hybriden vor. Weiter ist eine

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Abklärung zum Aufbau der Ladestationen bei bestehenden Amtsbauten in Arbeit. Der vermehrte Einsatz von Elektromobilen in der kantonalen Verwaltung im Sinne der Vor-bildfunktion führt zur höherer Akzeptanz in der Bevölkerung. Ladestationen des Kantons sollen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie von Dritten für private Zwecke unter Verrechnung der anfallenden Kosten benutzt werden können.

M13: Einsatz Elektrobusse Im Kanton Thurgau sind zurzeit keine batteriebetriebenen Elektrobusse im Einsatz. Bis-her sind auch keine Projekte vorgesehen. Die Busbetreiber des Kantons Thurgau sollen motiviert werden, Testphasen mit Elektrobussen (auch Brennstoffzellenfahrzeuge) zu-sammen mit Anbietern und Herstellern zu vereinbaren und Ziele für die Elektrifizierung der Flotte zu setzen. Zudem soll ein Konzept zu Ladeinfrastruktur und Ladezeiten er-stellt werden. Der Kanton Thurgau kann unterstützend und koordinierend wirken, insbe-sondere bei Ausschreibungen zur Beschaffung von neuen Bussen, beziehungsweise bei der Identifizierung geeigneter Buslinien. Auch kann der Kanton Pilotprojekte finan-zieren und lancieren.

M15: Eigentümerstrategie EKT Mit der Eigentümerstrategie formuliert der Regierungsrat des Kantons Thurgau die stra-tegischen Ziele und organisatorischen Vorgaben für das Elektrizitätswerk des Kantons Thurgau (EKT). Das Thema Elektromobilität ist bisher nicht Teil der Strategie. Es wird geprüft, ein neues Leistungsziel in die Eigentümerstrategie des EKT aufzunehmen, nämlich die Schaffung eines passenden Angebots im Geschäftsfeld der Elektromobili-tät. Als mögliche Geschäftsfelder für das EKT wären insbesondere das Angebot von Ladeinfrastruktur bei Unternehmen oder der Verkauf von Thurgauer Naturstrom denk-bar. Durch den Aufbau von Ladeinfrastruktur bei Unternehmen wird die Kundenbindung (zu teilweise freien Stromkunden) aufgebaut oder erhöht. Das Angebot von Thurgauer Naturstrom könnte auch mit dem Angebot von zeitgleich produziertem Thurgauer Na-turstrom für die Elektromobilität ergänzt werden. Das EKT soll sich bei der Erschlies-sung des neuen Geschäftsfeldes auf seine Kernkompetenzen innerhalb des Themenbe-reichs Elektromobilität konzentrieren. So kann erwartet werden, dass die Erschliessung des neuen Geschäftsfeldes mittelfristig Gewinn abwirft.

2. Massnahmen mit Priorität 2

Ml: Anpassung Motorfahrzeugsteuer Im Kanton Thurgau wird die Verkehrssteuer anhand des Hubraums des Fahrzeugs be-rechnet. Zur Ökologisierung der Verkehrssteuer gibt es zusätzlich ein Bonus-Malus-System auf Basis der Energieetikette für Neuwagen. Energieeffiziente Fahrzeuge kön-nen einen Rabatt von bis zu 50 % für 5 Jahre (inkl. Inverkehrsetzungsjahr) erhalten. Personenwagen mit elektrischem Antrieb haben keinen Hubraum; sie bezahlen im Kan-ton Thurgau pauschal Fr. 48.--. pro Jahr (mit Rabatt), danach Fr. 96.--. Der Kanton überprüft die aktuelle Motorfahrzeugsteuer im Hinblick auf die zunehmende Markt-durchdringung der Elektromobilität und passt diese kostenneutral an. Es soll geklärt werden, mit welcher Minderung der Erträge aus der Verkehrssteuer gerechnet werden muss. Handlungsfelder und Ansätze zur langfristigen Sicherung der Erträge sollen auf-gezeigt werden. Dies können z.B. eine periodische Anpassung des Bonus-Malus-

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Thurgau

Systems, ein Konzept für das Phasing-Out der Steuerrabatte für Elektrofahrzeuge so-wie ein Konzept für die zukünftige Besteuerung der Elektrofahrzeuge sein.

M3: Förderprogramm Smart Charge Bei der jährlichen Überarbeitung des Förderprogramms Energie werden zukünftig die Themen Stromnetze und Elektromobilität mitberücksichtigt. Es werden Ladestationen (vor allem am Arbeitsort und zu Hause) gefördert, welche langsames und gesteuertes Laden (=3.7 kW) anbieten und daher netzschonend sind.

M9: Velo Pendler-Routen Das bestehende Veloroutennetz im Kanton Thurgau ist primär auf Freizeitfahrten aus-gelegt. Die Nutzung der bestehenden Velowege für Velopendler wird zum Beispiel dadurch erschwert, dass die Routen nicht asphaltiert oder generell nicht genügend aus-gebaut sind. Die Massnahme sieht die Realisierung von attraktiven und sicheren Velo-pendlerrouten für den Alltagsverkehr vor, die es Autopendlern ermöglichen, auf Fahrten mit privaten Motorfahrzeugen zu verzichten und diese stattdessen mit dem Velo zu be-wältigen.

M10: Information Garagisten Die Kaufentscheidung für ein Elektrofahrzeug wird zu einem beachtlichen Teil durch den Autoverkäufer beeinflusst. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, die Vorbehalte der Ga-ragisten abzubauen. Potenzielle Käufer von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben soll-ten die Möglichkeit haben, diese im Rahmen z.B. eines Ersatzwagens auf Wunsch tes-ten zu können. Im Rahmen regelmässiger Workshops werden Garagisten zum Thema Elektromobilität geschult.

M11: Kantonale Erlebnistage Durchführung eines kantonalen Erlebnistages mit Anbietern von Ladeinfrastruktur, Elektrofahrzeugen, Informationsständen zur Nutzung von erneuerbaren Energien im Elektrofahrzeug, Angeboten von Energieversorgern, Beratungsfenstern und Probefahr-ten. Die Anbieter haben sich angemessen an den Kosten zu beteiligen.

3. Massnahme mit Priorität 3

M14: Model!region Eine CO2-freie und energieeffiziente Mobilität ist möglich. Dafür müssen intelligente Stromnetze, erneuerbare Energien und Elektromobilität kombiniert und an die Bedürf-nisse von Unternehmen und privaten Haushalten angepasst werden. Der Kanton lan-ciert ein BFE-Pilotprojekt zusammen mit den lokalen Energieversorgern und interessier-ten Unternehmen im Kanton Thurgau sowie Hochschulen, um das zeitversetzte und ge-steuerte Laden im Rahmen von Smart Grids praxisorientiert zu erforschen und zu tes-ten. Der Anschluss an bestehende Projekte ist denkbar und zu prüfen. Diese Mass-nahme könnte in Zusammenarbeit mit einer Energiestadt umgesetzt werden.

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Thurgau\

IV. Umsetzung der Massnahmen Die 15 Massnahmen, welche auf Antrag der Begleitgruppe aus der Long List mit 41 Massnahmen ausgewählt wurden, werden vom Regierungsrat grundsätzlich unterstützt und zur Ausarbeitung frei gegeben. Details und Kosten zur Umsetzung und Ausgestal-tung sind von der Abteilung Energie noch zu erarbeiten.

Das bestehende Förderprogramm Energie wird so ergänzt, dass eine Finanzierung der Fördermassnahmen im Rahmen des aktuellen Energiefonds möglich ist. Teilweise be-nötigt die Umsetzung der Massnahmen gesetzliche Anpassungen im kantonalen Pla-nungs- und Baugesetzes (PBG) oder dem Gesetz über die Strassenverkehrsabgaben. Gesetzesänderungen erfolgen nicht von heute auf morgen. Eine positive Aufnahme des Schlussberichts durch den Grossen Rat vorausgesetzt, ist der Regierungsrat gewillt, die Umsetzung der Massnahmen an die Hand zu nehmen.

Mit einem Monitoring soll der Stand der Umsetzung und deren Wirkung aufgezeigt wer-den. Zeichnet sich ab, dass die umwelt- und energiepolitischen Ziele verfehlt werden, sollen weitere Massnahmen aus der Long List zur Umsetzung geprüft werden.

V. Auswirkungen

Durch die Elektromobilität können fossile Energien im Verkehrssektor deutlich reduziert und die Potenziale zur Erhöhung der Energieeffizienz im MIV ausgeschöpft werden, so wie es der kantonale Richtplan, das Energiekonzept des Kantons und das Gesamtver-kehrskonzept vorsehen. Die Umsetzung der Massnahmen führt dazu, dass die Elektro-mobilität den Thurgauer Markt schneller durchdringt. Damit können die Chancen, wel-che die Elektromobilität bietet, erschlossen und die damit verbundenen Risiken mini-miert werden.

Gemäss einem «Business-as-Usual» Szenario werden die CO2-Emissionen der Perso-nenwagen bis 2035 um rund 20 % reduziert. Durch die Umsetzung aller identifizierten Massnahmen kann der Kanton diese Reduktion auf rund 35 % erhöhen. Dies liegt sehr nahe am Reduktionziel des Thurgauer Energiekonzepts (33 % bis 2030).

Konkret senken die beschriebenen Massnahmen den Verbrauch fossiler Treibstoffe im Jahr 2035 um rund 189 Millionen Liter Benzin-Äquivalente. Die CO2-Emissionen redu-zieren sich kumuliert bis 2035 um zusätzlich 439000 Tonnen. Der Endenergiever-brauch reduziert sich um 1'290 GWh. Die einmaligen Kosten seitens des Kantons be-laufen sich auf insgesamt 290'000 bis 820'000 Franken. Die jährlich wiederkehrenden Kosten für die Massnahmen M8, M10 und M11 ohne das Förderprogramm werden mit 50'000 bis 80'000 Franken veranschlagt und sind auf 5 Jahre beschränkt. Die Kosten für das Förderprogramm sind abhängig von der Ausgestaltung der Förderbedingungen.

Die Umsetzung der Massnahmen mit Priorität 1 reduziert den Verbrauch fossiler Treib-stoffe kumuliert bis 2035 um 138 Millionen Liter Benzin-Äquivalenten (was 73 % der Gesamtreduktion aller vorgesehener Massnahmen entspricht). Die CO2-Emissionen re-duzieren sich kumuliert bis 2035 um 322000 Tonnen. Die Einsparung der Endenergie

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Thurgau \ beläuft sich auf 946 GWh. Die einmaligen Kosten seitens des Kantons belaufen sich auf insgesamt 170'000 bis 270'000 Franken. Die jährlich wiederkehrenden Kosten ohne das Förderprogramm für die Massnahme M8 werden mit 20'000 bis 30'000 Franken veran-schlagt und sind auf fünf Jahre beschränkt. Die Kosten für das Förderprogramm sind abhängig von der Ausgestaltung der Förderbedingungen.

VI. Antrag

Der Regierungsrat hat mit dem vorliegenden Bericht den Auftrag erfüllt, den ihm der Grosse Rat mit dem erheblich erklärten Antrag gemäss § 52 der Geschäftsordnung des Grossen Rates von Kantonsrat Daniel Eugster erteilt hat. Gleichzeitig ist damit auch das in den Regierungsrichtlinien 2016 - 2020 erklärte Ziel, die Grundlagen für einen ener-gieeffizienten motorisierten Individualverkehr zu erarbeiten, erreicht. Wir beantragen Ihnen deshalb, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, vom Bericht Kenntnis zu nehmen.

Die Präsidentin des Regierungsrates

Der

Beilage: Grundlagenbericht «Chancen der Elektromobilität für den Kanton Thurgau» vom 26. März 2018

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