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Zu den Hintergründen des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen
und Vornamen (NamÄndG) vom 5.1.1938
Rechtsreferendarin Bilge Buz-Aras
I. Rechtliche Regelungen vor dem NamÄndG vom 5.1.19381
1. Historischer Aufriss
Die Ursprünge des Namensrechts sind tief in der Rechtsgeschichte verwurzelt. Erstmalig wurde das
Recht auf einen Namen als ein Grundrecht eines Bürgers als Bestandteil des allgemeinen Rechts2 im
Römischen Reich erwähnt. Der gemeinrechtlichen Geltung der damaligen römischen Vorschrift nach
blieb die Wahl des Vornamens und des Familiennamens in das Belieben des Einzelnen gestellt. Diese
Regelung blieb bis zum Spätmittelalter unverändert.
Ab dem 8. Jahrhundert wurden in Deutschland Beinamen zum Rufnamen eingeführt. In der Regel
gaben diese Beinamen (die späteren Nachnamen) die Herkunft, die Wohnstätte, den Beruf, das Amt
oder die Aufgabe, körperliche oder geistige Fähigkeiten an. Ab ungefähr dem 15. Jahrhundert
wurden die Familiennamen dann nur noch vererbt und der Nachname war nun nicht mehr das
individuelle Kennzeichen einer besonderen Eigenschaft3.
Im deutschen Rechtsraum wurde als erstes in der Geschichte des Namensrechts am 12. März 1677
durch Ferdinand Maria, Kurfürst von Bayern, per Mandat in seinem Territorium die allgemeine
Namensfreiheit abgeschafft4. Das Gesetz blieb mangels Strafandrohung wirkungslos und wurde von
der Bevölkerung nicht befolgt.
In Preußen wurde im Zusammenhang mit der großen preußischen Rechtsreform 17945 das Benutzen
von fremden Namen verboten. Nachdem auch diese Verordnung nicht beachtet wurde, folgte eine
weitere Verordnung am 30. Oktober 1816, die nunmehr auch das Führen von fremden oder
erdichteten Namen bei Androhung einer Geldbuße oder eines Arrestes verbot. Hessen-Darmstadt
folgte mit einer ähnlichen Verordnung im Jahr 1810, Hamburg im Jahr 1815 und Sachsen-Meiningen
im Jahr 1876. Diese Regelungen betrafen aber nur Personen, die sich unberechtigter Weise eines
fremden Namens rühmten. In diesem Zusammenhang stellte das preußische Staatsministerium in
einem ausführlichen Bericht vom 27. März 1822 gerichtet an den König fest, dass mit Bezug auf das
bisherige preußische Recht, das Allgemeine Landrecht und der Verordnung von 1816 „weder in der
1 NamÄndG - RGBl. Jahrgang 1938, Teil I, S. 3f.
2 Das so genannte ius civile, dass sich aus verschiedenen Quellen des Gewohnheitsrechts und Rechtsakte
zusammensetzte und zunächst in der antiken Stadt Rom, anschließend im gesamten Römischen Reich Geltung erlang. Die im Corpus Iuris Civilis gesammelten Quellen des antiken römischen Rechts wurden im Mittelalter vornehmlich in Bologna wiederentdeckt und bis ins 19. Jahrhundert in den meisten Staaten Europas als maßgebliche Rechtsquellen betrachtet. 3 Vgl. Geschichte des Namensrechts, Kommentar Henrich/Wagenitz/Bornhofen, 1. Aufl. 1997
4 Vgl. Staatsarchiv München, Findmittel der Staatlichen Archive Bayerns, Sammlung von Mandaten und
Circularverordnungen fahrender Post (Mandatsammlung) 1570 – 1848, http://www.gda.bayern.de/home/ 5 „Das Allgemeine Landrecht“ vom 1. Juni 1974; Adolf Laufs, Rechtsentwicklungen in Deutschland, S. 179f.
ältern noch in der neueren Preußischen Gesetzgebung ein eigentliches Verbot des willkürlichen
Wechselns von Familien- oder Geschlechtsnamen anzutreffen“ sei6.
Mit der Einführung des Personenstandsgesetzes vom 6. Februar 1875 trat dann im Deutschen Reich
die Pflicht zur Eintragung des Familiennamens in das einzurichtende Personenstandsregister in Kraft7,
das damit zur Versteinerung der Familiennamen führte.
2. Namensrechtliche Regelungen von der Weimarer Republik (1918 – 1933) in die NS-
Herrschaft
In der Weimarer Republik wurde am 3. November 1919 erstmals eine umfangreiche rechtliche
Regelung zur Namensänderung durch den Gesetzgeber eingeführt8. Es hieß es in der Begründung zur
Verordnung vom 3. November 1919: „Der Name ist ein äußeres Kennzeichen der Person zur
Unterscheidung von anderen Personen.“ Grundsätzlich wurde die Möglichkeit der Namensänderung
zugelassen, durch Ermächtigung des Justizministers in Vorbereitung durch die Amtsgerichte, an die
der Antrag zu stellen war (§ 1 Abs. 1 VO). Erstmals in der Geschichte des Namensrechts verlangte der
Gesetzgeber einen „kurzen“ Grund für eine Namensänderung. Neben der Verdeutschung eines
ausländischen Namens wegen der Zugehörigkeit zum deutschen Volkstum wurde ein breites
Spektrum an weiteren zulässigen Gründen eröffnet: Vermeidung der Nachteile unehelicher Geburt,
Beseitigung eines anstößigen Namens „oder dergleichen“9.
Am 29. Oktober 1920 wurde die Verordnung vom 3. November 1919 mit der Verordnung zur
Änderung von Vornamen ergänzt. Danach war die Auswahl der Vornamen unbeschränkt und sogar
fremde Schriftzeichen erlaubt.
Am 4. Dezember 1928 folgte eine Verfügung Hermann Schmidts, Justizminister unter dem
Preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun, zur Änderung von Familiennamen. Nach § 1 dieser
Verfügung entschied von nun an bei der Verdeutschung ausländischer Namen der
Landgerichtspräsident. Mit dieser Verfügung wurde zudem § 4 Abs. 2 der VO vom 3. November 1919
(„es ist kurz der Grund für die Namensänderung anzugeben“) ersatzlos gestrichen10.
Dann fand ein Regierungswechsel durch den so genannten „Preußenschlag“ am 20. Juli 1932 statt.
Damit beendete Reichspräsident Paul von Hindenburg die letzte wesentliche Regierungsbeteiligung
der Sozialdemokratie in der Weimarer Republik. Per Notverordnung setzte er die preußische
Regierung unter dem seit 1920 amtierenden preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun von der
SPD ab. Zum Reichskommissar in Preußen ernannte Hindenburg Reichskanzler Franz von Papen. Am
21. November 1932 erließ der Reichskommissar Heinrich Hölscher, der von Franz von Papen
kommissarisch auf den Posten des Justizministers berufen worden war, die Verordnung über die
6 Erstmals formuliert in den Akten des Innenministeriums (GStA PK, I. HA, Rep. 77, tit. 220, Nr. 7, Bd. 1, fol.
13f.), s. Michael Wegner-Kern, Staat und Namensänderung (2002), S. 54 7 Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1875, Nr. 4, Seite 23 – 40; Volltext aufrufbar unter
https://de.wikisource.org/wiki/Gesetz_%C3%BCber_die_Beurkundung_des_Personenstandes_und_die_Eheschlie%C3%9Fung 8 Preußischen Verordnung betr. die Änderung der Familiennamen vom 03.11.1919, GS Seite 177 ff, Nr. 11818
9 Walter Kriege, Die Namensänderung auf Grund der preußischen Verordnung vom 3. November 1919 <GS. S.
177> und der übrigen einschlägigen Bestimmungen (1934) 10
Michael Wegner-Kern, Staat und Namensänderung (2002), S. 157
Zuständigkeit von Familiennamen. Danach wurden Namensänderungsanträge insbesondere von
AusIändern durch eine Verschiebung der Zuständigkeiten wesentlich erschwert. Die Verordnung gab
in § 2 Abs. 5 beispielhaft an, dass schon die bloße Übersetzung eines Namens (z. B. Orlowski in
Adler) einer Verdeutschung gleichzustellen und daher nur durch den Regierungspräsidenten zu
genehmigen war.
Nach der Machtergreifung Hitlers folgte am 25. Juni 1934 eine weitere Verordnung zur Änderung von
Familiennamen. In dieser Verordnung tauchte die Formulierung zu Namensänderungsanträgen von
Ausländern aus der Hölscherschen Verordnung vom 21. November 1932 unverändert wieder auf, nur
wurde die „Verdeutschung“ von Familiennamen nicht mehr unter eine Sonderzuständigkeit gefasst
sondern ausnahmslos verboten. Die VO von 1934 war als Ministerialblatt nur für die Verwaltung
bestimmt und wurde nicht als Gesetz veröffentlicht. Sie nahm in wesentlichen Inhalten das
Namensänderungsgesetz (NÄG) von 5. Januar 1938 bereits vorweg11.
Die Verordnung von 1934 wurde durch einen am gleichen Tag herausgegebenen, nur für die
Verwaltung bestimmten Runderlass des Ministeriums des Innern (Minister Wilhelm Frick) ergänzt.
Dieser enthielt weitere Richtlinien für die Bearbeitung der Anträge auf Änderung des
Familiennamens. Der Runderlass wurde lediglich im Ministerialblatt der Preußischen inneren
Verwaltung herausgegeben12. In den Reichsgesetzblättern wurde sie nicht veröffentlicht. In dem
behördeninternen Runderlass hieß es:
„Jede Namensänderung beeinträchtigt die Erkennbarkeit der Herkunft aus einer Familie, erleichtert
die Verdunkelung des Personenstandes und verschleiert die blutmäßige Abstammung. Eine
Namensänderung kann daher nur dann erfolgen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der die
Namensänderung rechtfertigt.“
Damit wurde in Abkehr von den Regelungen der Weimarer Zeit die ausdrückliche Verordnung
erlassen, dass in der Regel, also grundsätzlich, einer Änderung nicht mehr stattzugeben war.
In den Richtlinien für die Bearbeitung der Anträge ("Anlage für die Verwaltung") hieß es:
"Anträge von Personen nichtarischer Abstammung, ihren Namen zu ändern, wird grundsätzlich
nicht stattgegeben, weil durch die Änderung des Namens die nichtarische Abstammung verschleiert
würde. Ausländische Namen sind als Familiennamen nicht zu gewähren."
II. Motive des nationalsozialistischen Regimes zum Erlass des Gesetzes zur Änderung von
Familiennamen und Vornamen (NamÄndG) vom 05.01.1938
Bereits nach der benannten Verordnung wurde ab 1934 jeder Bürger entsprechend seines Namens
und seiner daraus abgeleiteten vermuteten Abstammung registriert. Die Durchmusterung der
eigenen Bevölkerung nach Rassenkriterien wurde auf Anleitung des Innenministeriums von den
Standesämtern mit größter Akribie betrieben. Der Antisemitismus als zentraler Inhalt der
nationalsozialistischen Politik wirkte auf allen Ebenen. Immer öfter gab es Ausschreitungen gegen
Juden und meist gehörte die Kennzeichnung tatsächlicher oder vermeintlicher jüdischer Geschäfte,
Arztpraxen oder Anwaltskanzleien dazu. Immer öfter forderten Sprecher der NSDAP, Juden müssten
11
Michael Wegner-Kern, Staat und Namensänderung (2002), S. 162f. 12
Michael Wegner-Kern, Staat und Namensänderung (2002), S. 163
in irgendeiner Weise „gekennzeichnet“ werden. Dieses Ziel verfolgte vorrangig das
Namensänderungsgesetz von 1938.
Das Gesetz formulierte in § 3, identisch mit der Verordnung vom 25. Juni 1934 und unverändert bis
heute, ein grundsätzliches Verbot von Namensänderungen mit Erlaubnisvorbehalt. Eine Änderung
des Namens konnte demnach nur erfolgen, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt.
Außerdem regelte § 7 Abs. 1 NamÄndG, dass eine Namensänderung, die vor dem 30. Januar 1933
genehmigt wurde, bis zum 31. Dezember 1940 widerrufen werden könne13, wenn diese
Namensänderung als „nicht erwünscht anzusehen ist“. Auf dieser Ermächtigungsgrundlage wurden
insbesondere die Namensänderungen jüdischer Mitbürger rückgängig gemacht, die angesichts der
immer stärker werdenden Ausgrenzungspolitik durch Namensänderungen ihre religiöse
Zugehörigkeit zu verschleiern versucht hatten.
Der Veröffentlichung des NamÄndG folgte die Erste Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über
die Änderung von Familiennamen und Vornamen vom 7. Januar 193814, die die
Entscheidungszuständigkeiten und einschlägige Gebühren für Namensänderungsanträge formulierte.
Am 17. August 1938 folgte schließlich die Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die
Änderung von Familiennamen und Vornamen, die in § 1 folgendes festlegte:
„Juden dürfen nur solche Vornamen beigelegt werden, die in den vom Reichsminister des Innern
herausgegebenen Richtlinien über die Führung von Vornamen vorgesehen sind.“
Die Listen als typisch jüdisch eingestufter Vornamen wurden tags darauf mit 185 männlichen und 91
weiblichen Vornamen veröffentlicht. Wer als Jude keinen dieser Vornamen trug, war aufgrund des
§ 2 der zweiten Verordnung zur Annahme eines Zwangsvornamens verpflichtet. Durch die
entsprechende Richtlinie des Innenministers wurden je nach Geschlecht die Vornamen "Israel" oder
"Sara" vorgeschrieben. Dadurch konnte eine systematische Erfassung der jüdischen Bürger über das
Personenstandsregister erfolgen.
Das amtliche Organ der NSDAP in Bielefeld, die Westfälischen Neuesten Nachrichten, veröffentlichte
am 25. August 1938 die vollständige Namensliste und ergänzte auf dem Titelblatt unter „Keine
Tarnung mehr” eine gehässige Interpretation des neuen Gesetzes. Mit Blick auf die Emanzipation des
19. Jahrhunderts urteilte das Propagandablatt: „In ihrer beispiellosen und typisch jüdischen Frechheit
gingen sie sogar soweit, mit Vorliebe Namen aus der deutschen Vergangenheit und germanischen
Heldenzeit zu wählen, die zu dem Träger in jedem Falle wie die Faust auf das Auge paßten. In der
Folge sind Namen wie Siegfried für die deutsche Bevölkerung geradezu verdächtig geworden, daß sich
dahinter ein Isidor verbirgt. Mit diesem Spuk ist nun endgültig aufgeräumt worden und die
schwarzhaarigen, krummnasigen und plattfüßigen ´Heldenfiguren´ haben ihre Rolle ausgespielt. […]
Dem Judentum ist damit auch die letzte Möglichkeit der Tarnung genommen worden.”
Die das NamÄndG ergänzende Zweite Verordnung formulierte in § 3 die Pflicht zur Selbstdeklaration,
am 18. Oktober 1938 ging der erste Antrag beim Bielefelder Standesamt ein. Bis 1943 liefen
insgesamt 455 Anträge für 612 Personen ein, weitere 29 wurden vom Amtsgericht bearbeitet15. Ab
13
Die Frist wurde durch die Dritte Verordnung zur Durchführung des NamÄndG vom 24.12.1940 verlängert bis zum 31.12.1942 14
RGBL., Jahrgang 1938, Teil I, S. 12 15
https://www.bielefeld.de/de/biju/stadtar/rc/rar/01102013.html
sofort mussten deutsche Juden auch ihre Briefe mit Israel oder Sara unterzeichnen, Briefköpfe
ändern, Praxisschilder ergänzen. Verstöße wurden mit Gefängnishaft bestraft16.
III. Entwicklungen des Namensrechts von 1945 bis heute
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde nach der Kapitulation noch am ersten Arbeitstag des
Rechtsdirektorates der Alliierten am 20. September 1945 die Zweite Verordnung des NamÄndG von
1938 außer Kraft gesetzt, das NamÄndG selbst blieb hingegen unberührt. Die Zuständigkeit für
Namensänderungsanträge verblieb bis 1948 beim Alliierten Kontrollrat, dann wurde sie in die (west-)
deutsche Verwaltung zurückgeführt. Am 7. Mai 1954 erklärte das Bundesverwaltungsgericht das
NamÄndG nach Art. 125 Grundgesetz zum Bundesrecht17. Zu der Frage, ob das Gesetz mit den
Grundsätzen eines demokratischen Rechtsstaates vereinbar ist, hat das BVerwG in einer
Entscheidung vom 7. März 1958 (DVBl. 1958, 544) festgestellt, dass das Gesetz weder im Ganzen
noch in einzelnen Teilen als nationalsozialistisches Gedankengut angesehen werden kann. Das Gesetz
habe hauptsächlich die bis dahin geltenden Regelungen einzelner deutscher Länder aus der Zeit der
Weimarer Republik zusammengefasst und vereinheitlicht. Soweit im NamÄndG Begriffe wie
„Deutsches Reich“ und „Reichsminister des Innern“ genannt sind, seien diese Vorschriften heute
gegenstandslos. So führte das Gericht wörtlich aus:
„[…]das Bundesverwaltungsgericht [hat] schon in seinem Urteil vom 7. 5. 1954 (BVerwGE 1, 138)
ausgesprochen, daß das NÄG nach den Art. 74 Ziff. 2, 125 GG Bundesrecht geworden ist. Diese
Ausführungen schließen die Feststellung in sich, daß das Gesetz in seinem gesamten Umfange
gültiges Recht geblieben ist und daß es weder im ganzen noch in Teilen als nationalsozialistisches
Gedankengut angesehen werden kann. Von dieser Rechtsauffassung abzugehen, besteht kein Anlaß.
Insbesondere sind hinsichtlich der Vorschrift des § 8 NÄG keine Anhaltspunkte für die Annahme
ersichtlich, ihr Inhalt sei ganz oder teilweise durch nationalsozialistische Gedankengänge geformt.
Zwar findet sich die Bestimmung, daß die Verwaltungsbehörde unter bestimmten Voraussetzungen
ein Verfahren zur Feststellung des richtigen Familiennamens einleiten kann, erstmals in dem am 1. 1.
1938 in Kraft getretenen Gesetz, während in den vor diesem Zeitpunkt anzuwendenden einschlägigen
Vorschriften, z. B. der Preuß. VO betr. die Änderung von Familiennamen vom 3. 11. 1919 (GS S. 177) in
der Fassung der VO vom 30. 1. 1923 (GS S. 21) und vom 25. 7. 1928 (GS S. 190), nur über die
Änderung von Familiennamen und das dabei einzuhaltende Verfahren Bestimmung getroffen wurde.
[…] [Die Vorschriften sind] vielmehr aus der Entwicklung des Namensrechts zu erklären, dessen
Überwachung und Lenkung ursprünglich Sache der einzelnen Länder war und das insoweit erst durch
das NÄG in die Gesetzgebung des Reichs einbezogen wurde. Im Laufe der staatlichen und
wirtschaftlichen Entwicklung in den Jahrzehnten vor dem Inkrafttreten des Gesetzes hatte sich
nämlich gezeigt, daß bei der immer lebhafter werdenden Bevölkerungsbewegung aus staats- und
sicherheitspolizeilichen Gründen ein Bedürfnis bestand, durch das grundsätzliche Verbot der
Namensänderung nicht bloß die unveränderte Führung des überkommenen Familiennamens für den
16
https://www.bundesarchiv.de/oeffentlichkeitsarbeit/historische_ereignisse/03798/index.html.de 17
BVerwG Urteil vom 07.05.1954, BVerwGE 1, 138; „Das NamensÄndG auf dem die Entsch. beruht, ist nach Art. 125 GG Bundesrecht geworden, denn die Normen des NamensÄndG gehören dem allgemeinen Namensrecht, insbes. dem Recht des Personenstandswesens (Art. 74 Ziff. 2 GG) an; so auch die h.M., vgl. den Änderungsvorbehalt zugunsten des BMdI in dem von den Innenmin. der Länder vereinbarten Entw. eines RdErl. über die Änderung und Feststellung von Familiennamen und der Richtl. für die Bearbeitung der Anträge auf Änderung des Familiennamens (vgl. Ficker, Das Recht des bürgerlichen Namens, Kleine Fachbibl. f. Verwaltung u. R, Bd. IV S. 238, 247); ferner die Zustimmung des Bundesrates zu den enspr. allgemeinen Verwaltungsvorschriften der Bundesreg. nebst Richtl. v. 18. 12. 1951 (GemBl.M S. 267/270)“
einzelnen zu sichern, sondern auch die Möglichkeit der Nachprüfung des Familiennamens durch
behördliches Tätigwerden zu schaffen. Diese staatspolitische Maßnahme ist aber nicht
nationalsozialistischem Denken entsprungen, sondern im Laufe von Jahren auf Grund der
behördlichen Erfahrungen als notwendig erkannt worden. Sie ist in der gleichen Weise in jedem
rechtsstaatlichen Staatswesen denkbar.“
Zusammenfassend kann man feststellen, dass die wesentlichen Regelungen des NamÄndG bis heute
unverändert geblieben sind. Der Gesetzgeber hat in den Jahren 1957 – 1997 insgesamt fünf
Gesetzesänderung daran vorgenommen, die vor allem Anpassungen und redaktionelle
Abstimmungen enthielten18, so wurde z.B. § 7, die Widerrufskompetenz für unerwünschte
Namensänderungen, aus dem Gesetz gestrichen.
Insbesondere durch die Änderung am 29. August 1961, durch die die Ergänzungsvorschrift § 3a in das
Gesetz eingefügt wurde, sollte es früheren deutschen Adeligen, die in Osteuropa ihre Titel verloren
hatten, die Wiederannahme des Adelstitels erleichtert werden. Im Übrigen reagierte der
Gesetzgeber oftmals durch Änderungen bzw. Ergänzungen der Verwaltungsvorschriften zum
NamÄndG auf neue Fragestellungen.
Zuletzt wurde im Jahr 2012 durch eine Petition der Grünen Fraktion19 angeregt, das NamÄndG durch
ein neues, modernes Gesetz zu ersetzen.
18
Michael Wegner-Kern, Staat und Namensänderung (2002), S. 373f. 19
Im Bundestag abschließend beraten und die Überweisung an das Innenministerium beschlossen am 13.12.2012, bis heute ohne Ergebnis.