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Wirkmechanismen tiergestützter Therapie

Rainer Wohlfarth

Pädagogische Hochschule Freiburg

Freiburger Institut für tiergestützte Therapie

Themen

• Mythen tiergestützter Interventionen

• Wirksamkeit tiergestützter Interventionen

• Unterschied Mensch-Tier-Beziehung und Klient - Therapeut – Tier Beziehung

• Mögliche Wirkmechanismen

Mythen in der tiergestützten Therapie

• Tiere wirken immer.

• Tiere sind die besseren Therapeuten.

• Tiere tun allen Menschen gut.

• Alle Tiere helfen gerne.

• ……

Ist tiergestützte Therapie wirksam?

• 165 Arbeiten gefunden

• 105 waren Zusammenfassungen oder Review, theoretische Beiträge, methodische Beiträge oder anekdotische Berichte

• 60 keine Erfassung von Depression

• 5 stimmten mit den Selektionskriterien für die Meta-Analyse überein:

– Randomisierte Zuteilung

– Kontrollgruppe

– Tiergestützte Aktivitäten oder Therapie

– Erfassung depressiver Symptome mittels Selbstbeurteilungsskalen

– detaillierte statistische Angaben um Effektgrößen zu berechnen

Do AAA effectively treat depression?

6

Tiergestützte Therapie wirkt….

Antwort:

• Ja, aber…..

• Was habe ich für einen Klienten?

• Was ist das Ziel?

• Welche Methode setze ich ein?

• Wie viele Therapieeinheiten habe ich zur Verfügung?

• Passt mein Tier zur Intervention?

• ……..

Sind allgemeine Modelle der Mensch-Tier-Beziehung auf

Therapie/Fördersituation übertragbar?

Allgemeine Modelle der Mensch-Tier-Beziehung

• Biophilie

• Social Brain Hypothese

• Bindung

• Spiegelneurone

• Du-Evidenz

Besonderheiten der Klient – Therapeut Beziehung

• Form der Interaktion

• Qualität der Kommunikation

• Form, Dauer, Häufigkeit

• Macht, Kontrolle

• Zielorientierung

• Klientenorientierung

Sind Modelle übertragbar?

• Ja,

– da sie die Grundlage sind, damit Tiere überhaupt wirksam sind

• Nein,

– sie sind nicht direkt übertragbar

– da die Therapie- oder Fördersituation anders ist als unsere alltägliche Mensch-Tier-Situation

Was sind Wirkmechanismen tiergestützter Therapie / Förderung?

Die Frage nach der Wirkung

• Was? Frage nach dem „Wirkstoff“ – Welche Tierart? – Welche Größe, Farbe ?

• Wie viel? Frage nach der Menge des Wirkstoffes – Wie lange muss der Kontakt sein, damit das Tier wirkt?

• Wie oft? Frage nach der Häufigkeit des Wirkstoffes – Wie häufig muss der Kontakt sein, damit eine Wirkung entsteht?

• Wie lange? Frage nach der Dauer des Wirkstoffes – Wie nachhaltig ist die Wirkung?

• Warum?/Wieso? Frage nach dem Wirkmechanismus – Welches ist die Ursache, dass das Tier wirkt?

Wirkmechanismen tiergestützter Therapie

Tiere als…..

… Angst- und Spannungsminderer

… Bindungs- / Bezugsobjekte

… Motivatoren

… soziale Katalysatoren

… Förderer der Kommunikation

... Förderer der Selbstwirksamkeit

Angst- und Stressminderung

Kortisol bei unsicher gebundenen Kinder in einer Stresssituation

Beetz et al., 2012

Bindungs- / Fürsorgesystem

Sicher gebundene Person Unsicher gebundene Person

Tier Tier Mensch Mensch

Aktivierung sicherer

Strategien

Weniger Angst, Stress, Depression Mehr soziale Interaktion, Vertrauen

Aktivierung vermeidender / ambivalenter

Strategien

Mehr soziale Angst, Stress, Weniger soziale Interaktion, Vertrauen

Oxytocin

(Vereinfacht nach Julius et al., 2012)

Nicht ganz so einfach…..

• Helfen auch Fische oder Pflanzen

Poster Buttelmann & Römpke

• Wirken Hunde auch stressreduzierend bei unsicher gebundenen Männer?

Vortrag Bettina Mutschler

Tiere als Eisbrecher?

Tiere als Eisbrecher

+

Psychotherapeuten mit Hund wurden als sympathischer und vertrauenswürdiger eingeschätzt. – Aber nur von denjenigen Klienten, welche wenig Vertrauen besaßen

• Nur bei Psychotherapeutinnen mit Hund gaben die Probanden an auch offener zu sein.

Motivationsförderung?

Motivation

ein Motiv erfüllt drei Funktionen:

• es energetisiert

• es orientiert

• es selektiert Verhalten

Zwei Motivsysteme

• Verbal symbolisches System

– Explizite Motive

• Erfahrungssystem

– Implizite Motive

Explizite Motive

• Beruhen auf – Selbstbild

– Bewertungen und Ansprüchen anderer

• Werden aktiviert, wenn – Entscheidungen rechtfertigen

– sozialen Anforderungen genügen müssen

• Gerichtet auf – Anreize von Handlungsergebnissen

– weniger auf Anreize des Tätigkeitsvollzugs

• Sagen voraus – Verhalten in strukturierten Situationen

– sozial kontrollierten Situationen

– respondentes Verhalten

Verbal Symbolisches System

Implizite Motive

• Beruhen auf – Emotionalen Erfahrungen aufgrund von Handlungen

• Freude/Stolz bei Steigerung der eigenen Kompetenz • Befriedigung darüber, andere beeinflussen und kontrollieren zu können • Positive Affekte beim Aufbau sozialer Beziehungen

• Werden aktiviert durch – angeborene Hinweisreize – durch im Laufe des Lebens gelernte Hinweisreize

• Gerichtet auf – Handlung - Tätigkeitsvollzug – Positive Emotionen

• Sagen voraus – Verhalten eher in offenen Situationen – Verhalten über längere Zeiträume hinweg – operantes Verhalten

Erfahrungssystem

Motivationssystem

• Explizite Motive

– Das Ziel ist das Ziel

• Implizite Motive

– Der Weg ist das Ziel

Steigert ein Hund die Motivation zur Bewegung?

• 12 übergewichtige Kinder zwischen 9-12 Jahre

• Zwei Bedingungen

– Aktivitäten für oder mit Hund • Implizite Motivation durch Anwesenheit Hund

– Aktivitäten mit Menschen • Explizite Motivation durch Anfeuerung

• Abhängige Variablen

– Bewegung erfasst durch dreidimensionalen Accelerometer

– Einschätzung der jeweiligen Stunde

Non-Deklarative Messung Accelerometer

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

time passive motionwithout steps

walking fast walking sportive

Human

Dog

Wohlfarth et al (2013)

Deklarative Messung Fragebogen

,000

,500

1,000

1,500

2,000

2,500

3,000

3,500

4,000

4,500

5,000

Zufriedenheit Motivation

ohne Hund

mit Hund

Wohlfarth et al (2013)

Wirkmechanismen im Verlauf

• Beginn: – Eisbrecher – Stress- und Angstminderung – Förderung der Kommunikation

→ angenehme offene Atmosphäre

• Prozess: – Motivation – Stress- und Angstminderung – Übertragungs- / Projektionsprozesse – Selbstwirksamkeit

→ reflexive, motivierte Arbeitsbeziehung

Alle Tiere wirken bei allen Menschen gleich…

Persönlichkeitsmerkmal des Klienten

Blender, 2009

Beziehung zum eigenen Hund

Blender, 2009

Temperament / Aussehen des Tieres

-6000

-5000

-4000

-3000

-2000

-1000

0

Ida Reika Tiffany Paula Nikan Lennox

Herzfrequenzvariabilität von Männern bei Interaktion mit unterschiedlichen Hunden

Take home message…

• Tiere wirken!

Aber

…. nicht immer

…. nicht bei jedem

…. Tiere wirken unterschiedlich

…. nicht alle Tiere wirken

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!