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Auszug aus der 7. Ausgabe, der Milleniumsausgabe

Wenn ein Kind sich seltsam entwickelt,dann machen sich Eltern darüberGedanken: Woran liegt es? Sie sucheneine Antwort und finden vielleicht einplausible Erklärung. Sie versuchen, dieSituation zu ändern, doch das Kindentwickelt sich nach wie vor seltsamweiter. Sie sind irgendwann ratlos undfragen den Kinderarzt. Vielleicht hat derschon eine Ahnung, woran es liegenkönnte oder er rät, einfach noch etwasabzuwarten. Doch irgendwann wird dieBefürchtung bestätigt: Unser Kind istbehindert. - Und die Eltern sind schockiert!

Dem ersten Schock folgen viele Fragenohne rechte Antworten: "Was ist das füreine Behinderung? Wie schwer ist sie?Was kann man dagegen tun? Ist sieheilbar?" Ein recht starkes Indiz dafür,dass im Falle von Menschen mit Autismusauch die Fachfrau oder der Fachmann dieFragen nur mit Mutmaßungenbeantworten kann, ist allein schon dieTatsache, dass es für diese Behinderungviele Namen gibt: Asperger und KannerAutismus, Frühkindlicher Autismus undAutistisches Syndrom oder ganz einfachnur Geistige Behinderung mit autistischenZügen. Egal, welche der Diagnosen das

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Auszug aus der 7. Ausgabe, der MilleniumsausgabeSeite 2

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Kind erhält: Im Grunde sagen sie für dieEltern wenig oder gar nichts aus. Man hatzunächst lediglich eine Bezeichnung fürein bis dato unbekanntes Phänomen, dasnach wie vor unbegreiflich bleibt.

Für Eltern bleibt nach wie vor die Fragebestehen: Wie kann ich meinem Kindhelfen? Lassen wir zunächst einmal dentherapeutischen Aspekt ganz beiseite, woes gerade beim Autismus sehrverschiedene Ansätze und Streit darübergibt, welcher Ansatz wohl der beste sei.Eltern bleibt nach wie vor die Aufgabe, ihrKind zu erziehen. (Es sei denn, siebringen es frühzeitig in einem Heim unter.)

Sicherlich kann auch hier der Therapeutmit Ratschlägen behilflich sein, doch gibtes so viele verschiedene Alltags-situationen, dass Eltern selbst entscheidenmüssen, wie sie ihr behindertes Kinderziehen.

Jedes Kind braucht Erziehung, auch dasKind mit Autismus. Ganz egal, wie starkdieser bei dem Kind ausgeprägt ist. Nungibt es zwei verschiedene Extreme:

Man versucht entweder, das Kind so zuerziehen, als sei es gesund. Das scheitertmeist recht früh, denn traditionelleErziehungsmethoden scheinen beiKindern mit Autismus total zu versagen.

Das andere Extrem wäre dies, dass dasautistische Kind alles tun und lassen kann,wozu es Lust hat (also Narrenfreiheitgenießt). Schließlich ist es ja stark

behindert und unsere christlicheEinstellung gebietet Nachsicht gegenüberBehinderten.Wir alle wissen, dass bei vielen Dingendes Lebens die Wahrheit immer in derMitte liegt. Doch wo befindet sichzwischen der Notwendigkeit einerelterlichen Erziehung und der Rücksichtauf eine starke Behinderung diese beiunserem autistischen Kind?

Die Antwort darauf muss jedes Elternpaarselbst finden, indem es sein Kind undseine Probleme näher erforscht. Eineallgemein gültige Antwort kann niemandgeben, weil nicht nur jeder Menschindividuell verschieden ist, sondern sichauch die Behinderung Autismus bei jedemBetroffenen individuell verschiedendarstellt.

Die offizielle Definition von Autismus istdabei wenig hilfreich. Da ist zum Beispielvon Beziehungs- und Kommunikations-störungen die Rede, aber kein Wortdavon, warum dies so ist.

Im Gegensatz zu früher, wo namhafteWissenschaftler noch die Gefühlskälte derMütter für die autistische Störungverantwortlich machen durften, so wissenwir heute immerhin schon, dass dieVerarbeitung der Sinnesreize im Gehirnbestört ist. Im Grunde wäre es längst ander Zeit, die Bezeichnung Autismus mitZentraler Wahrnehmungsstörung zuersetzen. Doch auch dies würde nicht vielhelfen, weil man sich auch darunter allesund nichts vorstellen kann. Und weil sich

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Auszug aus der 7. Ausgabe, der MilleniumsausgabeSeite 3

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die zentrale Wahrnehmungsstörung beijedem Betroffenen ganz individuelldarstellt.

Damit Eltern ihr autistisches Kind erziehenkönnen, müssen sie möglichst viel vonseinen Störungen wissen. Ein kleinesBeispiel soll dies verdeutlichen:

Viele autistische Kinder reagieren aufAnsprache nicht oder nur selten. Als Elternstellt man sich dann die Frage: Will dasKind nicht oder versteht es mich nicht?Man wiederholt die Aufforderung, woraufdas Kind vielleicht mit einem kleinenWutausbruch reagiert. Das kann einerseitsbedeuten, dass das Kind sehr wohlverstanden hat, was die Eltern von ihmwollen, aber ganz einfach jetzt andereWünsche oder Vorstellungen hat. Indiesem Fall wäre Erziehung angebracht.Es kann aber auch sein, dass sich dasKind nur ärgert, weil es zwar bemüht ist,aber ganz einfach nicht versteht.

Viele Kinder mit Autismus sind massivgeräuschüberempfindlich, sodass sie dieAufforderung der Mutter oder des Vatersnur deshalb nicht verstehen, weil einfachzu laut gesprochen wurde. Wäre dies derFall, dann würde eine erzieherischeMaßnahme gerade das Gegenteilbewirken. Es wäre in diesem Fall eherangebracht, mit dem Kind zu flüstern unddie Aufforderung nochmals zuwiederholen.

Doch wie wissen Eltern, wo die Problemeihres Kindes liegen, was es leisten kann

und was nicht? Wen kann man fragen?Wie kann man das feststellen?

Es gibt bisher sehr wenig verlässlicheDiagnoseverfahren, um die Störungen imEinzelnen festzustellen bzw. zu definieren.Eine Antwort darauf erhält man nur, wennman das Kind immer wieder beobachtet.

Dabei sind die Eltern diejenigen, die ihrKind am besten kennen und es wohl diemeiste Zeit beobachten können. ImGegensatz zum Therapeuten, der dasKind nur ein oder zwei Stunden in derWoche sieht oder dem Erzieher oder demLehrer, der zwar mehr Zeit mit dem Kindverbringt, dabei jedoch noch andereKinder betreuen muss, sind die Elterndiejenigen, die sich vornehmlich mit ihremKind beschäftigen können. Die Ärztin oderder Arzt, die Therapeutin oder derTherapeut, die Lehrerin oder der Lehrersowie die Erzieherin oder der Erzieherwerden selbstverständlich mit ihremFachwissen für die Eltern eine große Hilfesein, wenn es darum geht, dieBeobachtungen richtig zu interpretieren.Doch es ist vornehmlich Sache der Eltern,ihr Kind, seine Handlungen und seineReaktionen immer wieder zu beobachten

Lernen wir von den wichtigstenHinweisgeber in Sachen Autismus,nämlich den Betroffenen selbst.