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„Wasser ist keine übliche Handelsware, sondern
ein ererbtes Gut, das geschützt,verteidigt und
entsprechend behandelt werden muss“
Umweltschonendere Entwässerung von
landwirtschaftlichen Böden mittels kontrollierter Dränung
BUND
Be- und Entwässerung in der Landwirtschaft: Probleme und Lösungsansätze
Vortrag von PD Dr. habil. Frank Riesbeck
Humboldt-Universität zu Berlin Berlin, den 19.11.2015
Gliederung
Ökologischer Gewässerzustand und
Belastung durch Stoffeinträge
1.
2.
3. Bewertung und Fazit
Kontrollierte Dränung
- Forschungsstand, Funktionsweise
2
• Nichterreichen des „guten ökologischen Zustandes“
(WRRL)
• Verbauung, Begradigung und Unterhaltung sowie
unzureichende Durchgängigkeit der Fließgewässer
• zu hohe, meist aus der Landwirtschaft stammende
Nährstoffbelastungen (Stickstoff, Phosphor)
• Herangehensweise:
- Richtlinien, Verordnungen (DÜV, TrinkV..)
- Von wasserwirtschaftlicher Seite: Verbesserung der
Dränung
Problem: Gewässerzustand
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Ökologischer Zustand der Fließgewässer (2009)
Quelle: BerichtsportalBLIck/BfG 2010 4
Stickstoffgehalt der Böden nach Landnutzung
Quelle: Umweltbundesamt 2013
Quelle: Umweltbundesamt 2010
Stoffeinträge
• In der Periode 1983-1987 trugen
Urbane Systeme in Deutschland zu
40 % (Stickstoff) und 85 %
(Phosphor) zu den Gesamteinträgen
bei.
• Im Zeitraum 2003-2005 reduzierten
sich die Anteile auf 20 % (N) und
50 % (P). Dementsprechend haben
sich die Anteile der Einträge über
die landwirtschaftliche Fläche
erhöht
Reduktion der Gesamteinträge insgesamt. Zum Anderen zeigt sich,
dass die Einträge über Urbane Systeme deutlich reduziert wurden:
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Stickstoffbilanz landwirtschaftlicher Flächen
Quelle: LUNG 2012
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Nitratauswaschung
abhängig von den Bodeneigenschaften und Witterungsbedingungen sowie von
der Bodennutzung und Düngung höchste Auswaschung im hydrologischen
Winterhalbjahr (November – April).
auch bei standortangapasster Düngung und Maßnahmen (z.B.
Zwischenfrucht): mittlere Nitratkonzentrationen im Grundwasser unter 50 mg
NO3/l sind nicht überall zu erreichen
Grund:
1. im Spätsommer/Herbst finden unter feuchter Witterung
Mineralisationsschübe statt, die nicht vollständig von
Zwischenfurcht/Wintergetreide aufgenommen werden können
2. Trockene Frühsommer: Ertragsdepression führt zu vermehrtem übrigbleiben
von Stickstoff im Boden
3. Auch auf biologisch bewirtschafteten Standorten können Stickstoffmengen
freigesetzt werden
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Beispiel: Mecklenburg Vorpommern
Anteil der Nährstoffeinträge (diffus, punktuell) in Oberflächengewässer
(Warnow/Peene)
Quelle: Umweltbundesamt 2009
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N-Eintragspfade 1983-2005
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P-Eintragspfade 1983-2005
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Urbane Nährstoffeinträge sinken; Landwirtschaftliche
Einträge bleiben
Rückgang der Phosphor- und Stickstofffrachten im Zeitraum von 1985 bis 2011 lag vor
allem an stark gesunken Einleitungen aus kommunalen und industriellen Kläranlagen.
Die Stickstoffeinträge aus der Landwirtschaft verringerten sich in der gleichen
Zeitspanne deutlich geringer um etwa 18 %. Bei Phosphor ist kein Rückgang zu
verzeichnen.
Landwirte düngen heute zwar sparsamer mit Stickstoff, was sich aber noch nicht in
einer verbesserten Qualität der Fließgewässer widerspiegelt.
Ein Grund dafür ist die hohe Aufenthaltszeit des Stickstoffs in Grundwasserleitern: Die
durchschnittliche Aufenthaltszeit des Stickstoffs in den Grundwasserleitern der Donau
beträgt zum Beispiel 5-15 Jahre, in denen des Rheins 10-20 Jahre und in denen der
Elbe sogar 30 Jahre.
Quelle: Umweltbundesamt 2014, Nitratbericht 2012 12
Maßnahmen/ Richtlinien
die landesweite Umsetzung der EG-Nitrat-Richtlinie durch die Dünge-
Verordnung
die Umsetzung der EG-Klärschlammrichtlinie durch die Klärschlamm-
Verordnung und die Dünge-Verordnung
die Umsetzung der EG-Trinkwasserschutzrichtlinie durch die Trinkwasser-VO
die Umsetzung der EG-Grundwasserrichtlinie durch die Grundwasser-VO
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Handlungsbedarf
EG-WRRL sowie auch die des Meeresumweltschutzes lassen sich nicht allein
durch die Umsetzung der grundlegenden Maßnahmen erreichen. Dies belegen
die bisherigen Kenntnisse zur Belastungssituation der Gewässer.
Weitere Maßnahmen aus landwirtschaftlichem Handlungsspielraum notwendig
Während die grundlegenden Maßnahmen verpflichtend umzusetzen sind, ist es
z.B. in M-V vorgesehen, ergänzende Maßnahmen zur Minderung der Stoff-
eintrage aus der Landwirtschaft in die Gewässer nach dem Freiwilligkeitsprinzip
umzusetzen.
Quelle: Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz 2012
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Kontrollierte Dränung oder Controlled Drainage
(CD)
= Regulierung (Steuerung) des Durchflusses am Dränauslauf
Ziel: gesteuerte Wasserhaltung in der Fläche für eine ausreichende -
Wasserversorgung der Pflanzenbestände bei längeren Trockenperioden.
Kann eine zu tiefe Entwässerung verhindern.
Zugleich können sich unterhalb des Wurzelbereiches zumindest zeitweilig
höhere Bodenwassergehalte und somit reduktive Verhältnisse einstellen.
Durch Denitrifikation wird der Abbau von überschüssigem Nitrat gefördert
eignet sich vor allem für gedränte Standorte mit relativ geringen
Gefälleverhältnissen und Reliefunebenheiten
Ergebnis:
1. verbesserte Wasserqualität
2. verbesserte Effizienz der Düngung und Bewässerung
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Forschungsstand
USA Seit den 70ern: Bedeutung von Wasserstandregulierung für die Verminderung
von Nährstoffaustrag durch Dränwasser bekannt (Gilliam et al. 1977)
Ducrh Eutrophierungd es Golfs von Mexiko durch landwirtschaftliche
Dränung gewinnt das Thema Aufmerksamkeit (Goolssby et al. 2001;. David
and Gentry 2000; Sands et al. 2008;. Woli et al. 2010)
Vermehrt Forschungen zu Controlled Drainage (Skaggs and Chescheir 2003;
Skaggs et al. 2005)
Heute: Best Management Practice in einigen US-amerikanischen Staaten
Die Reduzierung von Stickstoff- und Phosphorausträgen um 30%-50% wurde
in unterschiedlichen Studien festgestellt
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Einsetzen einer Regeleinheit in Illinois (USA)
Quelle: Purdue University (2007) 17
Europa
Wichtig: zu viel Wasser während Wintermonaten und Knappheit im Sommer
Ziel: nicht zu viel Wasser ableiten und während Trockenperioden im Boden
halten
Studien zu kontrollierter Dränung in Italien, Niederlande und Deutschland
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Quelle: Feick/Siebert/Döll 2005
Drainierte Fläche/ Europa
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Italien:
Mehrjährige Studie zu Nitrat-Auswaschung
Quelle: Bonaiti/ Borin 2010
O: offene Gräben ohne Beregnung
O-Cl: offen Gäben mit kontrollierter Dränung u. unterirdische Bewässerung
S: unterirdische Entwässerung ohne Beregnung
S-Cl: unterirdische Entwässerung mit kontrollierter Dränung und unterirdischer
Bewässerung
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Tägliche Stickstoffausträge [kg/ha]
Quelle: Bonaiti/ Borin 2010
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Deutschland
In Deutschland: vor allem in Bundesländenr mit intensiver Landwirtschaft
Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern ist Dränagung ein
wichtiger Eintragspfad
Ungenügender Wissenstand zu Nutzen und Effizienz von kontrollierter
Dränung ( Behrendt & Bachor 1998; Kahle et al. ; 2007)
kaum Forschungsergebnisse zu Stoffausträgen und Möglichkeiten der
Reduzierung durch kontrollierte Dränung
in 2010: Universität Rostock und das Unternehmen Fränkische Rohrwerke
erproben einen Prototyp (Pilottestphase 2010/11)
(http://klimzug-radost.de/sites/default/files/JBfinal_AP_Kontrollierte%20Draenung_0.pdf)
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Pilotprojekt-Testphase Regelungseinheit Typ „Rostock“
Ergebnisse:
1. Abfluss von kontrollierter Fläche
geringer
2. Geringerer N-Austrag (ca.5kg/ha)
3. Stichproben: bisher keine
Benachteiligung des pflanzlichen
Aufwuchs feststellbar
Weitere Untersuchungsfelder in MV
werden gesucht
Quelle: Koch 2012
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Funktionsweise der Regelungseinheit zur Anpassung
des Wasserstandes
(
Quelle: Frankenberger et. al. 2006
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A: Nach der Ernte bzw. im Winter: Hohe
Wasserstände schaffen günstige Bedingungen
für Denitrifikationsprozesse.
B: Im Frühjahr: Der Oberboden ist entwässert
und kann maschinell bearbeitet werden.
Während der
C: Vegetationsperiode: Niederschlagswasser
wird teilweise in der Fläche zurückgehalten, um
die Pflanzenversorgung sicherzustellen
Quelle: DWA 25
Regelungseinheit
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Innovative Entwässerungssysteme im Mississippi
Delta
27 Quelle: Kröger et al. 2015
Vergleich: Wasserseitige Maßnahmen im
Einflussbereich des Landwirts
Kontrollierte Dränung Gewässerrandstreifen
Dränteiche
• Kontrollierte Dränung bewirkt
Abflussreduktion.
• Nitratkonzentration bei
kontrollierter Dränung
verbreitet geringer als bei
• Dränabfluss im Freigefälle
• Keine gerichtete Beeinflussung
der Verteilungsmuster von
Chlorid und Sulfat
• Reduzierte Stofffrachten durch
reduzierten Dränwasseranfall
• Für den Betrieb einer
Regelungseinheit wurden Kosten
in Höhe von 400 €/ Winter
veranschlagt.
• Die Einsparung an N-Dünge-
mitteln vergleichsweise gering (5
kg/ha)
• Wirksam gegenüber
oberirdischen
Einträgen
(erosiver Pfad)
• Die stoffliche Belastung des
Unterlieger-Gewässers wird
gemindert.
• Die landwirtschaftliche Nutzung
muss nicht beeinträchtigt
werden.
• Die Anordnung und Gestaltung
ist landschafts-adäquat möglich.
• Ein Feuchtbiotop entsteht.
Nachteile:
• Flächenbedarf
• Fläche ist für bisherige
Nutzungen oft verloren
• Investitionsbedarf
• Unterhaltungsaufwand (laufende
Aufwendungen)
Quelle: LUNG 2012 28
Fazit
kontrollierte Dränung ist eine sinnvolle Ergänzung zu den
landwirtschaftlichen Maßnahmen zur Erreichung von Reduktionszielen,
wie sie z. B. die EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) vorsieht (Standpunkt
DWA)
Reduzierung der Nährstoffeinträge und Wassereinsparnisse sind möglich
Notwendigkeit weitergehender Studien in Deutschland/Europa
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Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Literatur
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Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern (2012): Konzept zur Minderung der diffusen
Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft in die Oberflächengewässer und in das Grundwasser, Schwerin
Landesamt für Umwelt Naturschutz und Geologie (LUNG) Minderung diffuser Nährstoffeinträge aus landwirtschaftlichen Flächen in die
Gewässer durch landwirtschaftliches Wassermanagement Demonstrationsvorhaben „Controlled Drainage – Kontrollierte Dränung“
RADOST-Projekt
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Zugriff: http://klimzug- radost.de/sites/default/files/ JBfinal_AP_Kontrollierte%20Draenung_ 0.pdf
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Jahresbericht, Bericht Nr. 27
Zugriff: http://www.ecologic.eu/sites/files/publication/2014/jb_final_web.pdf
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http://www.wrrl-mv-landwirtschaft.de/sites/default/files/downloads/WRRL-LUNG-Allgemein-110414.pdf
http://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Franka_Koch_Intensiv-Tierhaltung_am_Beispiel_M.-V..pdf
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Zugriff:http://www.ruhrverband.de/fileadmin/pdf/wissen/Fachveranstaltungen/Erfurter_Gespraeche/2015/08_Kahle_DWA-Erfurt_final.pdf