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SIAK-Journal ndash Zeitschrift fuumlr Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis
Jakubowicz Linda (2011)
Transnationalismus ndash Migration
ndash Integration Migration und
Nationalstaat in der modernen
Weltordnung am Beispiel des
Konzeptes des
Transnationalismus
SIAK-Journal minus Zeitschrift fuumlr
Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (4)
4-19
doi 1073962011_4_A
Um auf diesen Artikel als Quelle zu verweisen verwenden Sie bitte folgende Angaben
Jakubowicz Linda (2011) Transnationalismus ndash Migration ndash Integration Migration und
Nationalstaat in der modernen Weltordnung am Beispiel des Konzeptes des
Transnationalismus SIAK-Journal minus Zeitschrift fuumlr Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis
(4) 4-19 Online httpdxdoiorg1073962011_4_A
copy Bundesministerium fuumlr Inneres ndash Sicherheitsakademie Verlag NWV 2011
Hinweis Die gedruckte Ausgabe des Artikels ist in der Print-Version des SIAK-Journals im
Verlag NWV (httpnwvat) erschienen
Online publiziert 32013
SIAK-JOURNAL 42011
LINDA JAKUBOWICZ wissenschaftliche Mitarbeiterin am
Institut fuumlr Wissenschaft und Forschung Sicherheitsakademie im
Bundesministerium fuumlr Inneres
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Transnationalismus ndash Migration ndash Integration Migration und Nationalstaat in der modernen Weltordnung am Beispiel des Konzeptes des Transnationalismus
Vor dem Hintergrund der oumlkonomischen sozialen kulturellen und politischen Intershynationalisierung ist die Zunahme der unterschiedlichen Erscheinungsformen grenzshyuumlberschreitender Migration ein aktueller und bedeutsamer Aspekt Neben der mehrheitshylich uumlblichen Aufteilung der Forschungsinteressen in Herkunfts- bzw Aufnahmelaumlnder hat sich in den letzen Jahren bzw Jahrzehnten1 eine wissenschaftliche Auseinandershysetzung mit der transnationalen Komponente von Migration herausgebildet2 Die vorshyliegende Arbeit widmet sich der Theorie des Transnationalismus als Teilbereich der Migrationstheorie welche sich wiederum als Bereich der Internationalen Beziehungen heraus entwickelt hat Beschaumlftigt man sich mit dem Transnationalismus als Forschungsshygegenstand und Teil der migration studies trifft man unweigerlich auf Themenfelder wie bdquoNationldquo bdquoNationalstaatldquo und bdquoCitizenshipldquo sowie seit Anfang des Jahrtausends vermehrt auch auf den bdquoSicherheitsaspektldquo von Migrationsbewegungen der im Zuge eines (immer) umfassend(er)en Sicherheitsbegriffs3 verstaumlrkt ins Zentrum des Interesses ruumlckt Aus diesen Zusammenhaumlngen ergeben sich Fragen nach unterschiedlichen und sich wandelnden Identitaumltskonzepten diaspora politics und hybrid cultures und nicht zuletzt Implikationen fuumlr Integrations- und Assimilationsmuster Dies alles inhaltlich zu erfassen uumlbersteigt die Kapazitaumlten der vorliegenden Arbeit Nichtsdestotrotz wird auf bestimmte Zusammenhaumlnge hingewiesen ohne alle die oben angefuumlhrten Konzepte naumlher zu erlaumlutern Zunaumlchst wird ein Einblick in den Forschungsstand geboten und das theoretische Konzept des Transnationalismus erlaumlutert werden Basierend auf diesem Unterbau werden in Folge Beruumlhrungspunkte und notwendige Implikationen fuumlr das Verstaumlndnis des Nationalstaats und der Bedeutung von Identitaumlt fuumlr dessen Bevoumllkerung herausgearbeitet Hier steht ua die EU als groumlszligter transnationaler Raum im Zentrum des Interesses und die Frage welche Auswirkungen diese Entwicklungen auf die Transshyformation von Staatlichkeit haben4 In Folge fuumlhrt der Gedankengang unweigerlich dazu das Konzept des methodologischen Nationalismus ndash also der Annahme dass der Nationalstaat den logischen und natuumlrlichen Rahmen darstellt in dem soziales Leben stattfindet und der Identitaumlten stiftet ndash kritisch zu hinterfragen und zu reflektieren5 In einem weiteren Schritt wird der Versuch unternommen von diesem generellen Blick auf die Frage der Identitaumlt auf einen individuelleren zu gelangen indem die Schnittstelle der Konzepte Transnationalismus circular migration Diaspora bzw hybrid culture einer genaueren Betrachtung zugefuumlhrt wird
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1 TRANSNATIONALISMUS ALS FORSCHUNGSGEGENSTAND DER MIGRATIONSFORSCHUNG Der Begriff des Transnationalismus wurde erstmals 1916 von Randolph Bourne in seinem Aufsatz bdquoTrans-National Americaldquo6
verwendet Er beschreibt in dem Essay bdquo(hellip) die Utopie eines pluralistischen Amerikas das kulturelleethnische Diffeshyrenzen nicht als Hindernisse sondern als Chance fuumlr eine Zukunft begreift die durch einen sbquokosmopolitischen Internatioshynalismuslsquo gepraumlgt istldquo7
Ab den 1960er Jahren wurde der Begriff in erster Linie von den Politikwissenschafshyten aufgegriffen wobei damit alle Prozesse beschrieben wurden bei welchen eine nashytionalstaatliche Zuordnung nicht moumlglich oder sinnvoll erschien Die Verwendung des Begriffes seit den 1990er Jahren ndash auch in der Politikwissenschaft ndash geht allerdings eher auf die urspruumlngliche Semantik von Bourne zuruumlck8
Der von der Ideologie des Nationalstaashytes ausgehende Blick auf Migration wandte sich im Laufe der 1990er Jahre vermehrt in Richtung einer bdquotransnationalenldquo Pershyspektive Die klassische Migrationsforshyschung hat(te) das Hauptaugenmerk auf den unterschiedlichen Gruumlnden fuumlr Wanshyderbewegungen das theoretische Konzept des Transnationalismus beschaumlftigt sich hingegen mit dem bdquoWieldquo wobei hier nicht die Migration an sich im Zentrum des Interesses steht sondern die laumlnderuumlbershygreifenden Handlungen von Migranten und deren Nachkommen hier verschwimshymen die Definitionsgrenzen zwischen Transnationalismus hybriden Kulturen oder Diaspora und kommen je nach Autor unterschiedlich zum Einsatz
Die hinter diesem Konzept stehende Grundannahme ist dass Migration nicht mehr als eindimensionaler Weg ndash als simpshyler Wechsel des Wohnortes ndash betrachtet werden kann Vielmehr bleiben viele Mishy
granten auch in ihrem neuen Lebensumshyfeld stark mit dem Herkunftsland vernetzt sei es in oumlkonomischer politischer oder kultureller Hinsicht Ein weiterer Aspekt ist die Rolle der Entsendestaaten Auch diese koumlnnen sich zunehmend in der bdquomishygrant communityldquo der jeweiligen Aufnahshymestaaten betaumltigen hier Akzente setzen und eigene Interessen verfolgen
Die Anthropologen Nina Glick-Schiller et al9 haben als eine der ersten diesen Begriff gepraumlgt und das Phaumlnomen des Transnationalismus untersucht Sie haben bdquotransnationale Migration als grenzuumlbershyschreitende Prozesse von MigrantInnenshygruppen beschrieben deren soziale Bezieshyhungen und Praktiken mindestens zwei oder mehrere Staaten verbindenldquo10 Die wesentliche Errungenschaft ist der neue Blickwinkel auf Migrationsbewegungen weg vom binaumlren Modell der bdquopushldquo- und bdquopullldquo-Faktoren oder einfachen Differenshyzierungen nach EmigrationImmigration hin zu einer holistischeren Betrachtungsshyweise laumlnderuumlbergreifender Handlungen von MigrantInnen11
Eine wesentliche Frage die man in dieshysem Zusammenhang aufwerfen kann ist jene nach der Neuartigkeit des Phaumlnoshymens Hat es laumlnderuumlbergreifende Kontakte der Auswanderer nicht bereits im Rahmen fruumlherer Migrationsbewegungen gegeben Um die Frage auf den Punkt zu bringen
Ist Transnationalismus ein neues Phaumlshynomen oder handelt es sich dabei um ein altes Konzept das durch moderne Komshymunikationstechnologien wie Internet Skype Satellitenfernsehen und veraumlnderte Moumlglichkeiten hinsichtlich Mobilitaumlt (zB durch Billig-Airlines) gefoumlrdert wird
Als sich die Beschaumlftigung mit der Thematik Anfang der 1990er Jahre zu etablieren begann hatten viele ndash nicht zuletzt Vertreter der wissenschaftlichen community ndash die Vorstellung Transnationashy
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lismus sei eine Art Antwort des bdquokleinen Mannesldquo auf die Globalisierung bei der in der oumlffentlichen Wahrnehmung in erster Linie oumlkonomische bdquobig playerldquo eine Rolle spielen Entsprechend euphorisch wurde das Konzept aufgenommen und hat ndash trotz (oder gerade auf Grund) eindeutiger Abgrenzungsschwierigkeiten und konzepshytuelle Unschaumlrfen auf welche spaumlter im Text eingegangen werden soll ndash einen fixen Platz in der Migrationsforschung eingeshynommen Heute vertritt das Gros der Forshyscher die Ansicht es handle sich beim Transnationalismus weniger um ein neues Phaumlnomen als um eine neue Perspektive auf ein soziales Phaumlnomen das die Sozialshywissenschaften selbst auf Grund ihres quasi natuumlrlichen Denkens in national-staatlichen Kategorien nicht in der Lage waren fruumlher zu erkennen12 bdquoThe resulshyting analysis (hellip) are building toward a new paradigm that rejects the long-held notion that society and the nation-state are one and the sameldquo13
Portes14 hat nicht zuletzt zur Beantworshytung der Frage nach der Neuartigkeit des Phaumlnomens ndash eine wesentliche Motivation war auch der Forschung in diesem Feld einen konzeptuellen theoretischen Rahmen zu geben (1999) ndash eine Typologie hierzu entwickelt und Charakteristika des Transshynationalismus herausgearbeitet welche eine Differenzierung zu anderen (und fruumlheren) Formen grenzuumlberschreitender Handlunshygen ermoumlglichen sollen und Transnatioshynalismus als eigenstaumlndiges Phaumlnomen erscheinen lassen Diese waumlren 1 Die Involvierung einer signifikanten
Anzahl von Personen ndash in diesem Fall Immigranten und ihr bdquoGegenuumlberldquo in den Heimatlaumlndern
2 Die Interessen und Aktivitaumlten sind in ihrem Charakter stabil und dauerhaft ndash also keine Ausnahmeerscheinungen
3 Die Inhalte dieser Aktivitaumlten wurden noch von keinen bereits existierenden
Konzepten beruumlcksichtigt was die Ershyfindung eines neuen Terminus redunshydant erscheinen lieszlige
Im Hinblick auf den letzten dieser drei Punkte scheint es wesentlich diesem unshydefinierten Spektrum an unterschiedlichen Aktivitaumlten einen Rahmen zu geben Auch hier liefert uns Portes Vorschlaumlge
bdquoFor purposes of establishing a novel area of investigation it is preferable to delimit the concept of transnationalism to occushypations and activities that require regular and sustained social contacts over time across national borders for their impleshymentationldquo15
Obwohl gelegentliche Kontakte Geldshysendungen usw von Mitgliedern der bdquoexshypatriate communityldquo in deren Ursprungsshylaumlnder zwar auch dazu beitragen das bdquotransnationale Feldldquo16 zu staumlrken entspreshychen diese Formen des Kontaktes nicht den oben genannten Charakteristika wesshyhalb diese Aktivitaumlten nicht unter dem Beshygriff bdquoTransnationalismusldquo zu verstehen sind
Ausgehend vom Individuum als Element jeder weiteren wissenschaftlichen Auseishynandersetzung unterscheiden Portes et al weiter drei Typologien des Transnationashylismus (siehe Abbildung 1 ndash Seite 7) 1 Oumlkonomische Initiativen von transnashy
tionalen Unternehmern die ihre Konshytakte uumlber nationalstaatliche Grenzen hinweg ausweiten auf der Suche nach Kapital neuen Maumlrkten oder Lieferanshyten Gerade die Ursprungslaumlnder von Migranten und deren Nachkommen (abhaumlngig davon wie sehr diese von Sozialkapital17 ndash die Zugehoumlrigkeit zu einer Gruppe laumlsst sich als Ressource auffassen die es einem Akteur ermoumlgshylicht sowohl fuumlr sich selbst als auch fuumlr die Gruppenmitglieder positive Auswirshykungen zu erzielen [Bourdieu 198318] ndash wie Kontakten Sprache Kultur der Eltern profitieren koumlnnen) bieten fuumlr
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Quelle Portes et al 1999
derartige Aktivitaumlten privilegierte Voshyraussetzungen
2 Politische Aktivitaumlten von offiziellen Repraumlsentanten unterschiedlicher Parshyteien Regierungsfunktionaumlren oder politisch aktiven Personen aus der Zivilgesellschaft deren Ziel es ist den politischen Einflussbereich auszushyweiten bzw zu erhoumlhen ndash entweder in den sending oder receiving countries19
(das Konzept funktioniert in beide Richtungen)
3 Weiters werden davon alle sozio-kultu-
Le
vel
of
in
sti
tuti
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ali
zati
on
Sector Economic Political Socio-cultural
Low Informal cross-country
traders
Home town civic committ
created by immigrants
ees Amateur cross-country sport
matches
Small business created
by returned immigrants
in home country
Alliances of immigrant
committee with home
country political association
Folk music groups making
presentations in immigrant
centres
Long-distance circular
labor migration
Fund raisers for home
country electoral candidates
Priests from home town visit
and organize their
parishioners abroad
High Multinational
investments in
Third World countries
Consular officials
representatives of nationa
political parties abroad
l
International expositions of
national arts
Development for
tourist market of
locations abroad
Dual nationality granted b
home country governmen
y
ts
Home country major artists
perform abroad
Agencies of home
country banks in
immigrant centres
Immigrants elected to
home country legislatures
Regular cultural events
organized by foreign
embassies
Positionen und Positionierungen ist als auch die alltagsweltliche Lebenspraxis (erwerbs-)biographische Projekte und Identitaumlten der Menschen bestimmt und zugleich uumlber den Sozialzusammenhang von Nationalgesellschaften hinausweistldquo22
Der Begriff des sozialen Feldes geht auf Bourdieu zuruumlck Er beschreibt damit das gesamte Spektrum gesellschaftlicher Inshyteraktion welches sich wiederum in einshyzelne Subfelder untergliedert wobei das politische oumlkonomische und kulturelle Feld die bedeutendsten Felder sind Er lenkt damit die Aufmerksamkeit auf die unterschiedlichen Arten in denen Macht soziale Beziehungen strukturiert23 Angeshywandt auf die Migrationsforschung wurde der Begriff erstmals von Glick-Schiller und Levitt indem sie diesen eben explizit von nationalstaatlichen Grenzen losloumlsen sie verstehen in dieser kontextuellen Ausshylegung das soziale Feld als bdquo(hellip) a set of multiple interlocking networks of social relationships through which ideas practices and resources are unequally exchanged organized and transformedldquo24
Im Zuge der Anwendung des Ansatzes des sozialen Feldes als alternative Erklaumlshyrungshilfe fuumlr moderne Gesellschaftsshyformen und die Zugehoumlrigkeit zu einer solshychen unterscheiden die Autorinnen weiter
rellen Vorhaben erfasst die darauf ausgeshyrichtet sind eine Form einer nationalen Identitaumlt im Ausland (zB durch gemeinshysame kulturelle Aktivitaumlten Musik aus dem Heimatland etc) zu verfestigen
Ein weiterer wesentlicher Punkt den es bei der Auseinandersetzung mit der Themashytik zu beachten gilt ist die Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen transnatioshynalen Aktivitaumlten bdquovon obenldquo (Initiativen von maumlchtigen institutionellen Akteuren) bzw bdquovon untenldquo (Initiativen von Immishygranten und deren Gegenuumlber im Hershykunftsland)20
11 SOZIALKAPITAL UND DAS KONZEPT DES SOZIALEN FELDES IM KONTEXT DER MIGRATIONSshyUND INTEGRATIONSFORSCHUNG bdquoMigrantinnen und Migranten fuumlhren geoshygraphisch getrennte Raumlume zu einer einshyzigen Arena sozialer Aktion zusammen indem sie sich vorwaumlrts und ruumlckwaumlrts zwischen unterschiedlichen kulturellen sozialen politischen und oumlkonomischen Systemen bewegenldquo21
Nach Pries sind transnationale soziale Raumlume bdquoneuesbquo soziale Verflechtungszushysammenhaumlngelsquo die geographisch-raumlumshylich diffus bzw multi-lokal sind und gleichzeitig einen nicht nur transitorischen sozialen Raum konstituieren der sowohl eine wichtige Referenzstruktur sozialer
Abb 1 Typisierung Transnationalismus nach Portes et al
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zwischen den bdquoways of beingldquo und bdquoways of belongingldquo bdquoWays of being refers to the actual social relations and practices that individuals engage in rather than to the identities associated with their actions (hellip) In contrast ways of belonging refers to practices that signal or enact an identity which demonstrates a conscious connectishyon to a particular groupldquo25
Hinsichtlich der Schwerpunktsetzung lassen sich hier durchaus Parallelen erkenshynen ndash vor allem auch im Hinblick auf die oben beschriebene Typologie von Portes et al Wichtig aber dies hier nur angemerkt ist dass mit dem Begriff des sozialen Felshydes auch eine Definitionsmacht einhershygeht Macht der Personen Institutionen Mechanismen die festlegen was Inhalt des spezifischen Feldes ist
Eine weitere Ebene der Auseinandersetshyzung bietet der Begriff bdquoSozialkapitalldquo26 ndash auch erstmals von Bordieu gepraumlgt ndash in Folge aber zu einem Lieblingsbegriff der Soziologie avanciert Das Konzept des Sozialkapitals findet seit einiger Zeit in der (neueren) Migrationsforschung ebenshyfalls Beachtung wobei bislang vor allem auf Phaumlnomene wie Kettenmigration cirshycular migration oder return migration ndash alshyso die Rolle sozialer Netzwerke als Ausloumlshyser von Wanderungsbewegungen bzw die Auswahl des Ziellandes ndash eingegangen wurde27 Eine weitere Komponente die bislang eher nur vereinzelt Beachtung fand ist die Bedeutung von Sozialkapital und sozialen Netzwerken fuumlr die bdquoInteshygrationldquo28 von Zuwanderern Bei dieser Analyseperspektive wird also der Fokus auf das bdquoDanachldquo gelegt ndash nachdem der Wanderungsprozess (der eigene oder der der Eltern) bereits abgeschlossen ist
Sonja Haug und Sonja Pointner weisen sehr treffend auf verschiedenste analytische Problematiken hin die entstehen wenn man die (durchaus noch heterogene) Theorie des Sozialkapitals direkt auf das
Feld der Migrations- bzw Integrationsforshyschung anwendet Kurzum es ist wesentshylich bdquo(hellip) fuumlr eine differenzierte Analyse der Wirkungsweise des Sozialkapitals (hellip) zwischen herkunftsortspezifischen und zielshyortspezifischen Sozialkapital zu unterscheishydenldquo29 Grundsaumltzlich laumlsst sich festhalten dass Sozialkapital einen wesentlichen Einshyflussfaktor fuumlr Migrationsentscheidungen darstellt30
Die Bedeutung und Relevanz sozialer Netzwerke und Sozialkapitals auf den Mishygrations- va aber den Integrationsproshyzess ist weitestgehend bdquowissenschaftliches Brachlandldquo in der naumlheren Betrachtung entsprechender Wirkungszusammenhaumlnge laumlge bedeutsames gesellschaftliches Poshytential
12 FORMEN DER AKTIVITAumlT ndash NEUE FORMEN DES POLITIshySCHEN HANDLUNGSRAHMENS bdquoSome transnational networks are based on local initiatives some come from the country of origin and some are encouraged by supranational institutions (hellip) Initiashytives at all levels help activists develop political strategies and mobilization beyond statesldquo31
An dieser Stelle soll auf unterschiedliche politische Komponenten des Transnationashylismus hingewiesen werden Hier lassen sich unterschiedliche Akteure und Handshylungsmuster sowie Aktionsfelder beobachshyten die Politik der Einwanderer bezogen auf deren Herkunftsland32 die Politik der Einwanderer in Hinblick auf deren Aufshynahmeland die Politik des Herkunftslanshydes durch die migrant community oder einzelner Politiker des Herkunftslandes in einem jeweiligen anderen Land33 und die Politik eines Staates durch den Umgang mit einer bestimmten Gruppe in Hinblick auf deren Herkunftsland (zum Beispiel der Umgang der USA mit den Exilkubanern in Florida im Hinblick auf die Wirkung ndash
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symbolisch oder tatsaumlchlich ndash welche diese auf Kuba haben koumlnnte)
Auch rechtlich nicht legitimierte Pershysonen haben Moumlglichkeiten politisch zu mobilisieren und Druck auszuuumlben indem sie Mittel der politischen Artikulation nutshyzen allerdings besteht hier eine gewisse Huumlrde da eine houmlhere Gefaumlhrdung (durch die unsichere persoumlnliche Lebenssituation) mit politischer Betaumltigung einhergeht Als Beispiele waumlren die Sans-Papier-Proteste in Westeuropa oder Proteste von Personen mit illegalem Aufenthaltsstatus in den USA zu nennen die immerhin immer wieder Legalisierungswellen ausgeloumlst haben Als eine Auspraumlgung des politischen Handshylungsrahmens aus dem Blickwinkel mit Transnationalitaumlt sei weiters auf die vielshybeachtete Aktion eines Plattenlabels in den USA verwiesen die mit bdquoNuestro Himnoldquo eine spanischsprachige Version der amerikanischen Nationalhymne ins Radio brachte und damit fuumlr groszlige Aufshymerksamkeit sorgte Daran laumlsst sich ershykennen wie sensibel die Frage der Idenshytitaumlt ist und daruumlber hinaus wie eng diese an bestimmte Symboliken gebunden ist
Bei diesen Betrachtungen ist trotz allem der Nationalstaat die Referenz- und Beshyzugsgroumlszlige Sich davon zu loumlsen scheint in Anbetracht der hier dargestellten Beishyspiele welche die wesentlichen Moumlglichshykeiten und Richtungen politischen Hanshydelns in einem transnationalen Kontext darstellen nur schwer moumlglich
Generell stellt sich die Frage wo genau die Grenzziehung zwischen transnational community und Diaspora verlaumluft
Migration als Einbahnstraszlige
Migrationsbewegungen auf der Basis von Netzwerken und Kreislaumlufen
In diesem Zusammenhang hat Pries eine (grobe) Einteilung unterschiedlicher Mishygrantengruppen versucht wobei Variationen in den unterschiedlichsten Graubereichen anzutreffen sind (siehe Abbildung 2)34
13 DIASPORADIASPORA POLITICS35
bdquoDiasporas are imagined transnational communities which are unique segments of people that live in territorially separated locationsldquo36
Soumlkefeld weist darauf hin dass nicht alle Migranten automatisch zu Mitgliedern einer Diaspora werden und nicht alle Gruppen von Migranten zu Diaspora- oder transnationalen Gemeinschaften Vielmehr ist ein solches Bewusstsein abhaumlngig von einer entsprechenden Selbstsicht bezieshyhungsweise Mobilisierung Er geht in Folshyge explizit auf den Punkt der imaginaumlren Gemeinschaft ein und weist nachdruumlcklich auf deren Bedeutung hin da schlussendshylich auch Staaten bdquoimagined communitiesldquo und trotzdem oder gerade deshalb real sind37
bdquoThe fact that nations are imagined communities does not mean that they are fictitious or unreal Imagined communishyties ndash nations ethnic groups or others ndash are real because they are imagined as real because they are taken as real and because they therefore have very real effects on social lifeldquo38
Verwendet man den zuvor beschriebenen Terminus des transnationalen sozialen Felshydes wird diese Differenzierung zumindest vereinfacht da damit ein Raum geschaffen
Quelle Pries 2001b
Emigranten Ruumlckkehr-Migranten
Immigranten (bdquoreturn migrantsldquo)
Transmigranten Diaspora-Migranten
Abb 2 Idealtypen von MigrantInnen im Zeitalter der Globalisierung gemaumlszlig Pries
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wird in dem Vernetzungen von MigranshytInnenNicht-MigrantInnen beziehungsshyweise Personen aus unterschiedlichen Herkunftslaumlndern bestehen Ein Raum alshyso der sich uumlber nationalstaatliche Grenshyzen und geografische Gegebenheiten hinshywegsetzt Das bindende Element ist ein selbst definiertes sich aus dem Feld ergeshybendes und von den Akteuren des Feldes beeinflusstes
Barber loumlst sich von der rein geografishyschen Verwendung des Begriffes bdquoRaumldquo (im deutschen Sprachraum) und fordert vielmehr den Begriff als Metapher fuumlr Zivilgesellschaft39
Die Trennlinie zum Terminus der Diasshypora ist keine scharf zu ziehende Diaspora beschreibt vielmehr eine homogenere Gruppe und es muss zumindest in den Raum gestellt werden ob Diaspora-Identishytaumlt nicht forced migration (das kann sich durchaus auch auf nachkommende Geneshyrationen bdquovererbenldquo) oder zumindest die ersehnte Ruumlckkehr in ein selbst erlebtes oder bdquofiktivesidealisiertesldquo (weil heute in der Form nicht mehr existierendes) Heishymatland voraussetzt40 oder aber zumindest eine wesentliche Treibkraft fuumlr diese Form der kollektiven Identitaumlt darstellt
So begreifen sich zB viele Juden in aller Welt als Diaspora Die Ruumlckkehr nach Israel obwohl die meisten sowie deren Vorfahren nie dort gelebt haben wird kolshylektiv idealisiert und wird zumindest theoshyretisch in die Lebensplanung miteinbezoshygen (paradigmatisch hierfuumlr steht zum Beispiel der bekannte Ausdruck bdquoNaumlchsshytes Jahr in Jerusalemldquo)
Folgerichtig sind also wie erwaumlhnt nicht alle MigrantInnen Teil einer Diaspora nicht alle fuumlhlen sich transnational bzw einer diaspora community zugehoumlrig
William Safran41 versuchte bereits 1991 eine entsprechende Charakterisierung vorshyzunehmen Derzufolge zeichnen sich Mitshyglieder einer Diaspora vornehmlich dashy
durch aus dass sie Erinnerung und starken Bezug zu ihrem bdquooriginal homelandldquo beshyhalten dieses idealisierend erhoumlhen um dessen Erhalt und Restaurierung bemuumlht sind und weiterhin Kontakte in ihr Heishymatland pflegen42 Den Strategien von Diasporas sind zwei Positionen immanent die Entwicklung von Strategien im Umshygang mit dem jeweiligen Aufnahmeland (also Fragen der Integration und Assimishylierung) in Balance mit der Beziehung zum Ursprungsland
Oft sind transnationale Handlungen von MigrantInnen(gruppen) oumlkonomisch orishyentiert Dies aumluszligert sich einerseits in einer Vielzahl von kleineren Geschaumlftsbezieshyhungen (wie zB der typische Import-Exshyport-Handel) oder auch uumlber remittances an Angehoumlrige ins alte Heimatland In vieshylen Faumlllen geht die Betaumltigung aber uumlber diese oumlkonomische Ebene hinaus und ershystreckt sich auf eine politische In diesem Fall begibt man sich in den Bereich der diaspora politics
Der Wirkungshorizont von diaspora poshylitics umfasst
Die Organisation im Aufnahmeland um dort den politischen Einfluss zu vergroumlshyszligern Druck auf das Heimatland auszuuumlben insbesondere bei Politikfeldern in deshynen Interessen der Diaspora angesproshychen werden Weiters kann die transnationale diaspora community mit anderen (Dritt-)staaten Internationalen Organisationen uauml in Interaktion treten Sie bilden dadurch Lobbys auszligerhalb nationalstaatlicher Strukturen43
Das Konzept des transnationalen Raushymes44 umfasst unterschiedliche Realitaumlten Sieht man sich hier Faists Definition an laumlsst sich ein Blick auf die Trennlinie nach Diaspora und transnationaler Gemeinshyschaft werfen bdquoTransnationale Gemeinden
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oder Familien etwa stellen nur eine Art von transnationalen Netzwerken dar In transnationalen Raumlumen koumlnnen sich etwa MigrantInnenenfamilien bewegen koumlnnen Diasporas bestehen bzw sich neue herausshybilden und koumlnnen auch ethnisch def ishynierte Netzwerke wirken in denen ein intensiver oumlkonomischer und kultureller Austausch stattfindet Diesen verschiedeshynen Erscheinungsformen gemeinsam sind (hellip) eigene basale Eingliederungsmechashynismen (Solidaritaumlt zur kleinen Gruppe oder zu einer Bezugsgemeinde Bildung eishynes spezifischen Netzwerkes) waumlhrend viele andere Faktoren wie etwa der Chashyrakter und die Intensitaumlt der Verbindungen die Charakteristika der mitwirkenden Pershysonen die Art der Austauschprozesse usw sehr unterschiedlich sein koumlnnenldquo45
Diese Definition zeigt dass ein bdquosowohl als auchldquo der Begriffe moumlglich ist entbinshydet aber nicht von der Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung der beiden als eigenstaumlndige soziale Phaumlnomene
2 NATIONALSTAAT NATION UND GESELLSCHAFT VOR DEM HINshyTERGRUND TRANSNATIONALER SOZIALER NETZWERKE Wie bereits erwaumlhnt macht die Transnashytionalismusdebatte deutlich dass das Konshyzept des Nationalstaates worin dieser mit Gesellschaft gleichgesetzt wird auf Grund sich veraumlndernder Rahmenbedingungen zunehmend als obsolet erachtet wird
Unbedingt Erwaumlhnung finden muss an dieser Stelle die Arbeit von Benedict Anderson der in seinem 1983 erschienenen Werk bdquoimagined communitiesldquo46 ein Konshyzept formulierte um die Phaumlnomene des Nationalismus und der Nationalstaatsbilshydung ndash und damit verbundener Konnotatioshynen und Deutungen ndash zu analysieren Der Zugang ist ein konstruktivistischer Natioshynen sind demnach keine Realitaumlten an sich sondern historisch und kulturell spezifische
Projektionen allerdings mit sehr realen Konsequenzen und Implikationen47
Zentrales Element der transnational mishygration studies ist der Anspruch das Konshyzept der Gesellschaft neu zu formulieren da es demzufolge nur mehr begrenzt sinnshyvoll erscheint vor allem nationale Grenzen ins Zentrum des Interesses und der wisshysenschaftlichen Analyse zu setzen Familie Staatsbuumlrgerschaft und Nationalstaat muumlsshysen neu uumlberdacht werden Noch wird Nashytionalstaat als Norm und werden soziale Identitaumlten und Handlungen die nationalshystaatliche Grenzen uumlberschreiten als aushyszligerhalb der Norm angesehen Diese Denkshymuster aufzubrechen ist Ziel der Arbeit ua von Glick-Schiller et al48
Aber die Autoren gehen noch weiter und fordern vor diesem gedanklichen Hintershygrund das gesamte Gesellschaftssystem welches sich an nationalstaatlichen Grenshyzen orientiert neu zu uumlberdenken da es ihnen zufolge nicht mehr zeitgemaumlszlig sei und den Lebensrealitaumlten einer zunehmenshyden Anzahl von Menschen nicht entspreshyche bdquoBut if we remove the blinders of meshythodological nationalism we see that while nation-states are still extremely imshyportant social live is not confined by nation state boundaries Social and religious movements criminal and professional netshyworks and governance regimes as well as flows of capital also operate across borshyders (hellip) we locate our approach to migrashytion research within a larger intellectual project (hellip) to rethink and reformulate the concept of society such that it is no longer automatically equated with the boundaries of a single nation-stateldquo49
Der Ansatz der Autoren ist durchaus vishysionaumlr und findet in weiten Teilen auch Zustimmung Allerdings darf zB auf den Aspekt hingewiesen werden dass trotz steigender Mobilitaumlt und einer zunehmenshyden Anzahl von Personen die im Laufe ihres Lebens ihren Lebensmittelpunkt
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uumlber nationalstaatliche Grenzen hinweg verlagert der uumlberwiegende Teil der Menshyschen aus unterschiedlichsten Gruumlnden doch sesshaft bleibt und sich ndash wenn uumlbershyhaupt ndash nur in einem relativ regionalen Umkreis50 bewegt
Insgesamt steht die Forderung nach einer Neukonzeption des Gesellschaftskonzepshytes welches Erscheinungen der Zeit wie Globalisierung und Kosmopolitisierung des Individuums entsprechend Rechnung traumlgt im Zentrum des Interesses einer zushynehmenden Gruppe von Forschern51
Geht man noch einen Schritt weiter zushyruumlck in der ndash wenngleich durchaus philoshysophischen ndash Betrachtung kommt man im Zuge der theoretischen Beschaumlftigung mit Transnationalismus Globalisierung bzw der Zunahme bzw Erweiterung suprashynationaler Organisationen oder Verbaumlnde unweigerlich zu dem Punkt an dem der Nationalstaat in seiner momentanen Ausshypraumlgung in Frage gestellt wird52
bdquoIf we define nation-states as political structures sbquoinventedlsquo in eighteenth-century Europe based on the coincidence of terrishytorial cultural linguistic and even to some extent religious unity then new global structures such as supranational institushytions and transnational networks challenge themldquo53
Insbesondere die wissenschaftliche Ausshyeinandersetzung mit und um den euroshypaumlischen Integrationsprozess von einer oumlkonomischen hin zu einer politischen Gemeinschaft ist gepraumlgt von der Grundshysatzfrage nach der Aufrechterhaltung des Nationalstaatsmodells bzw den Schwieshyrigkeiten die damit verbunden waumlren mit diesem Modell zu brechen Schlieszliglich sind Konzepte wie postnationale kosmoshypolitische oder transnationale Zugehoumlrigshykeiten Identitaumlten und Netzwerke nichts anderes als ein Ausdruck dieses wissenshyschaftlichen Diskurses54 welcher durch
zunehmende Migrationsbewegungen und allgemeine Mobilitaumlt weltweit noch vershystaumlrkt wird bdquoThe nation-state is seen as weakenedsbquo sbquofrom abovelsquo by transnational capital global media and emergent suprashynational political institutions sbquoFrom beshylowlsquo it faces the decentering sbquolocallsquo resishystances of the informal economy ethnic nationalism and grassroots activismldquo55
Oder um es mit Soysal zu sagen bdquoAt the beginning of the twentyfirst century the nation stateacutes capacity for social integrashytion is losing ground We move towards postnational membershipldquo56
Auf die Frage nach der Definition von Staatsbuumlrgerschaft antwortete zB der anerkannte Migrationsforscher Rainer Bauboumlck 2007 Staatsbuumlrgerschaft bdquo(hellip) ist zunaumlchst ein formaler Status Aber Staatsbuumlrger muumlssen sich auch zugehoumlrig fuumlhlen Nur wozu Nicht zur Nation nicht zur Kultur schon gar nicht zur Religion Das sollte so etwas sein wie ein minimashyles Grundverstaumlndnis von demokratischer Gemeinschaft in der wir alle demselben Staat unterworfen sind und deshalb die gleichen Rechte habenldquo57
Zudem lieszlige sich zumindest die Frage in den Raum stellen ob Zugehoumlrigkeit zur bzw Abstammung von derselben ethshynischen Gruppe oder ein gemeinsames Herkunftsland eine zwingende Grundvoshyraussetzung oder Bezugsgroumlszlige fuumlr ein transnationales Netzwerk darstellen oder ob nicht vielmehr gesellschaftspolitische oder religioumlse Stroumlmungen ndash man denke in diesem Zusammenhang zB an die bdquoqueer communityldquo welche beispielsweise auch eine eigene Flagge als Symbol (die Regenshybogenflagge welche sich auch internashytional durchgesetzt hat) verwendet oder an die umma im Islam (als Gegenentwurf zum weltlichen Konzept des Nationalshystaates) ndash nicht auch begrifflich davon zu erfassen waumlren Dieser Gedanke allerdings nur am Rande
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3 INTEGRATION(SPOLITIK) ASSIMILIERUNG UND IDENTIshyTAumlT ndash AUS DEM BLICKWINKEL DES TRANSNATIONALISMUS Im Zuge der Transnationalismusdebatte ist neben der Frage ob es sich hierbei um ein neues Phaumlnomen handelt oder aber ein altes in einer neuen Auspraumlgung eine andere Frage wesentlich Hindert die zushynehmende Bildung transnationaler Netzshywerke die Integration von Zuwanderern oder befoumlrdert sie diese Die Relevanz dieser Frage wird auch in der wissenshyschaftlichen Auseinandersetzung deutlich Klar ist dass gaumlngige Integrationskonzepshyte an die Grenzen dessen stoszligen was sie zu erklaumlren im Stande sind
Diesen (moumlglichen) Zusammenhang beshytreffend gaumlbe es in der sozialwissenschaftshylichen Forschung durchaus noch Handshylungsbedarf Geht man einmal grundsaumltzlich von der Praumlmisse aus die Konzepte von Integration bzw Transnationalismus seien mit Kategorien wie bdquoniedrigldquo und bdquohochldquo zu bewerten so lieszligen sich daraus drei Varianten des Wirkungszusammenhangs schlussfolgern
Erstens ein negativer Zusammenhang wobei ein hoher Grad an Integration mit einem niedrigen Grad an transnationaler Verankerung (bzw auch transnationalem Sozialkapital) einher ginge und vice versa zweitens die Moumlglichkeit des positiven Zusammenhangs vielleicht verfuumlgen zB gut integrierte MigrantInnen eher uumlber die notwendigen Ressourcen wie etwa regelshymaumlszligig zu reisen zwei Wohnsitze zu erhalshyten usw Und als letzte Variante die Moumlgshylichkeit dass beide Konzepte vollkommen ohne Wirkungszusammenhang zueinander bestehen Dies sei nur kurz erwaumlhnt um auf den Forschungsbedarf und moumlgliche Untersuchungsansaumltze hinzuweisen
Trotz der gesteigerten Mobilitaumlt von Menschen die sich nicht zuletzt auf eine einfachere Uumlberbruumlckbarkeit weiterer
Distanzen zuruumlckfuumlhren laumlsst verlieren lokale Lebensraumlume als Referenzen fuumlr psycho-soziale Identifizierungsprozesse von Menschen aber nicht zwingend an Reshylevanz bdquoDie Menschen bewegen sich heushyte vielmehr im Spannungsfeld zwischen Kosmopolitismus und Lokalismus Dies wirft die Frage nach dem Zusammenhang zwischen raumlumlicher Mobilitaumlt einerseits und Zugehoumlrigkeit und Integration von Menschen andererseits aufldquo58
Im Zuge der Betrachtung des Phaumlnoshymens der transnationalen Mobilitaumlt wird deutlich dass die bislang geltenden Inteshygrationsansaumltze ndash in all ihrer Unterschiedshylichkeit ndash hier an Guumlltigkeit verlieren und neu uumlberdacht werden muumlssten Nicht dass die herkoumlmmlichen Formen von Migration nicht mehr existierten natuumlrlich wandern auch heute noch Menschen dauerhaft aus ohne einen fixen Bezugs- und Kontaktshypunkt in Form eines Netzwerkes oauml in der alten Heimat zu behalten Die Form der transnationalen Migration59 ergaumlnzt das Spektrum allerdings Es zeigt sich zunehshymend dass die bisherigen Integrationsshyansaumltze die von einer eindeutigen und dauerhaften Orientierung der Zuwanderer auf die Aufnahmegesellschaft ausgehen der Lebensrealitaumlt einer zunehmenden Anshyzahl von Menschen nicht entsprechend Rechung tragen Diese Erkenntnis ist allershydings nichts fundamental Neues vielmehr lassen sich dadurch zum Teil bereits vershymeintliche bdquoIntegrationsdefiziteldquo bei Vershytretern der Gastarbeitergeneration festmashychen Die Grundannahmen und (politische wie gesellschaftliche) Erwartungshaltunshygen gingen lange von wenig umfassenden und dadurch oberflaumlchlichen Grundvoshyraussetzungen aus
Fassmann weist ua auf das diesbezuumlgshyliche Unvermoumlgen der unterschiedlichsten Integrations- (bzw Assimilations-)ansaumltze hin bdquoMit der neuen transnationalen Mobilishy
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taumlt werden all jene Integrationskonzepte obsolet die von einer eindeutigen Orienshytierung der MigrantInnen auf die sbquoZielgeshysellschaftlsquo ausgehen (hellip) Doch gehen selbst jene Konzepte die keine perfekte Assimilation annehmen sondern kulturelle (sbquomultikulturellelsquo) Freiraumlume offerieren von einer dauerhaften Aufnahme ausldquo60
Auf Grund der Qualitaumlt der einzelnen Faktoren ist anzunehmen dass sich diese Entwicklung eher im Steigen befindet
Als die vier elementarsten Voraussetshyzungen oder Faktoren fuumlr transnationale Mobilitaumlt benennt Fassmann erstens durchshylaumlssige Grenzen wodurch zirkulaumlre Wanshyderungsbewegungen erst ermoumlglicht wershyden zweitens bdquoschrumpfendeldquo Distanzen (siehe oben) drittens ein bestehendes ethshynisches Netz am Zuwanderungsort und schlieszliglich als weiteres und viertes Merkshymal welches die handelnden Akteure selbst betrifft die globale Verwertbarkeit von deren Qualifikationen61 Unter Beruumlckshysichtigung dessen waumlre es sinnvoll alte wissenschaftliche Theorien62 zu reformushylieren den sich wandelnden gesellschaftshylichen Prozessen anzupassen und ndash als logische und notwendige Konsequenz ndash entsprechende politische Maszlignahmen zu setzen
Hier waumlre und ist die Sozialwissenschaft gefordert ihre Erkenntnisse lauter und geshyzielter in Richtung Zivilgesellschaft und politischer Entscheidungstraumlger zu artikushylieren und somit ihre Verantwortung63 als erster bdquoBeobachterldquo gesellschaftlicher Vershyaumlnderungsprozesse wahrzunehmen Es ist allerdings ein durchaus positiver Trend zu erkennen auch seitens der politischen Entscheidungstraumlger verstaumlrkt auf die aktive Miteinbeziehung wissenschaftlicher Exshypertise zu setzen Seitens des oumlsterreichishyschen Innenressorts spiegelt sich diese Entwicklung zB in der Formulierung des Nationalen Aktionsplans fuumlr Integration samt angeschlossenem Expertenrat wider64
Nicht zuletzt sehen wir uns heute in Europa (speziell in ehemaligen Gastarshybeiterlaumlndern aber auch zB in den Nieshyderlanden oder Frankreich) mit dem Vorshywurf einer weitgehend bdquogescheitertenldquo Integrationspolitik konfrontiert wie im Herbst 2010 im Zuge der Debatte durch Sarrazin65 und Co und nicht zuletzt von der deutschen Bundeskanzerlin Angela Merkel demonstriert wird wenn Sie meint der bdquoMulitikulti-Ansatzldquo sei gescheitert66 Dies nicht zuletzt deshalb weil die bisshyherigen Modelle der Heterogenitaumlt und den Lebensrealitaumlten der betroffenen Menshyschen zu wenig Rechnung getragen haben
31 EXKURS HYBRID CULTURE UND HYBRIDE IDENTITAumlT Im 19 Jahrhundert als der Begriff bdquohybrishyde Identitaumltenldquo gepraumlgt wurde war dessen Praumlgung eindeutig negativer Natur67 Trotzshydem der Begriff Hybriditaumlt in den Geistesshyund Sozialwissenschaften beginnend mit den ersten Ansaumltzen der postcolonial stushydies68 gaumlngig wurde haftet ihm dieser Beishygeschmack ndash zumindest fragmentarisch ndash immer noch an Zu oft wurden und werden Zuwanderern eine Art bdquodoppelteldquo Loyalishytaumlt und versteckte Absichten unterstellt69 Wissenschaftlich bezeichnet der Begriff ein weites Spektrum welches sich mit Formen kultureller Zugehoumlrigkeiten ausshyeinandersetzt
Im Rahmen eines Forschungsprojektes an der FU Berlin welches sich mit dieser Frage beschaumlftigt wurde folgende Defishynition aufgestellt bdquoHybriditaumlt tritt auf in Situationen kultureller Uumlberschneidung dh teilweise gegensaumltzliche Sinngehalte und Handlungslogiken die getrennten Handlungssphaumlren entstammen fuumlgen sich zu neuen Mustern zusammen Es kommt zu einer Infragestellung traditioneller Zushygehoumlrigkeitskriterien und einer Delokalishysierung von Identitaumltldquo70
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Auch hier wird deutlich dass eine strikte Trennung und Gegenuumlberstellung der Beshygrifflichkeiten (Hybriditaumlt Transnationashylismus Diaspora etc) wenig Sinn macht dass vielmehr die Herausbildung hybrider Identitaumlten welche entsprechende struktushyrelle Rahmenbedingungen voraussetzt die Bildung eines eigenen sozialoumlkonomishyschen wie kulturellen Raumes bedingen ein Merkmal der zunehmenden transnatioshynalen Ausrichtung von Menschen sind
Grundsaumltzlich bezeichnen hybride Kulshyturen meistens Gruppen ehemaliger Zushywanderer bei welchen sich eine eigene Identitaumlt mit Merkmalen aus der Urshysprungskultur und der Kultur des Aufnahshymelandes herausgebildet hat die sich jeshyweils von beiden unterscheidet ndash also etwas fuumlr sich Autonomes darstellt Nicht alle Mitglieder der ethnischen community des (ehemaligen) Ursprungslandes sind automatisch Teil der hybriden Kultur Im Gegenteil Als Beispiel waumlren hier zB die Amerikaner mexikanischen Ursprungs die sich selbst stolz als bdquoChicanosldquo beshyzeichnen zu nennen die sich ganz bewusst von den neu zugezogenen oft illegalen Zushywanderern aus Mexiko abgrenzen wollen
Weiters bezieht sich der Begriff bdquoHybrishyditaumltldquo im Gegensatz zu Diaspora (bdquodiasshypora politicsldquo) der stark politisch besetzt ist in der Literatur oft eher auf den kultushyrellen Raum
Bei der Beschaumlftigung mit hybrid identishyties wenn man also das Merkmal der Identitaumlt in den Vordergrund stellt kann man eine Frage als elementar und der Theshymatik wesenseigen formulieren Stellt der Migrationshintergrund einen Vorteil dar da es sich leichter zwischen zwei Kulturen bewegen laumlsst Ermoumlglicht er den betrofshyfenen Personen als bdquoVermittlerldquo zwischen den Kulturen aufzutreten oder stellt die Herkunft eine Buumlrde dar mit welcher in vielen Faumlllen Diskriminierung Marginalishysierung und Benachteiligung einhergehen
die mit zunehmender Assimilierung abshynimmt
Diese Frage zu beantworten ist allershydings nicht Inhalt der vorliegenden Arbeit Als Hypothese kann aber angenommen werden dass die Frage nach Vor- und Nachteilen stark von der jeweiligen Hershykunft der betreffenden Person sowie der beobachteten Herkunftsgesellschaft abshyhaumlngt ndash ohne an dieser Stelle auf den Aspekt der starken Heterogenitaumlt der Indishyviduen zu vergessen und somit den Fehler der klassischen Integrationsforschung zu wiederholen von einem bdquoIdealtypusldquo des Migranten auszugehen
Nicht zuletzt ist hinsichtlich der Frage der Identitaumlt Zeit ein maszliggeblicher Faktor Der oft vorgenommene Vergleich der Zushywanderer bzw Personen mit Migrationsshyhintergrund in Europa mit (klassischen Einwanderungs-)Laumlndern wie Kanada USA oder Australien ndash wo transnationale Netzwerke und communities um einiges laumlnger bestehen und nicht zuletzt die Geshyschichte von Migrationsbewegungen eine anderere ist ndash muss serioumlserweise entspreshychend beruumlcksichtigt werden
4 SCHLUSSBETRACHTUNG Je eingehender man sich mit der Thematik auseinandersetzt desto staumlrker ruumlckt deren Komplexitaumlt ins Zentrum Das Themenshyfeld der Transnationalitaumlt umfasst untershyschiedlichste Beruumlhrungspunkte mit andeshyren Konzepten die es zu beruumlcksichtigen gilt beginnend bei der Frage der Identishytaumlt(en) und Moumlglichkeiten der politischen Partizipation uumlber die Frage der Guumlltigkeit des Konzeptes des Nationalstaates als Reshyferenzobjekt in einer globalisierten Welt ndash insbesondere vor dem Hintergrund des Integrationsprozesses der Europaumlischen Union ndash die Frage der Ursachen und Katalysatoren der Transnationalitaumlt und der Differenzierung zu anderen Konzepten wie Diaspora und hybride Kulturen und
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nicht zuletzt des Aufzeigens der Grenzen und Missverstaumlndnisse der bisherigen Inshytegrationskonzepte
Im Rahmen des vorliegenden Beitrags wurden mehrere Punkte angeschnitten und der Versuch unternommen einen Einblick in das komplexe Feld des Transnationalisshymus zu bieten im Bewusstsein viele andere wichtige Aspekte unberuumlhrt gelassen zu haben
Insgesamt liefert das ndash trotz allem relativ junge ndash Konzept des Transnationalismus einen notwendigen theoretischen Rahmen fuumlr die Auseinandersetzung mit Migrashy
tionsbewegungen und deren Auswirkunshygen auf Entsende- und Aufnahmegesellshyschaften und -staaten und gleichsam der bdquoglobal communityldquo in der postwestfaumllishyschen Weltordnung an sich obwohl an der einen oder anderen Stelle auch Unschaumlrfen des Modells zum Ausdruck kommen
So stellt sich schlussendlich zB unweishygerlich die Frage ob Transnationalismus eine Lebensform (mit allen ideologischen Dimensionen) umschreibt oder lediglich eine De-Territorialisierung des Nationalshystaates darstellt71
1 Anm Die intensivere wissenschaftliche
Beschaumlftigung mit dem Phaumlnomen des
Transnationalismus geht auf die fruumlhen
1990er Jahre zuruumlck 2 Vgl httpwwwsowirubdeforschung
profiltrmigrhtmlde am 12042011 3 Zum Beispiel dem Konzept von Human
Security 4 LevittGlick-Schiller 2004 1 5 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
forum2005-04-003 6 Bourne 1916 86ndash97 7 Mayer 2005 11 8 Vgl ebd 9 Glick-Schiller et al 1995 48ndash63 10 Ebd 11 Luumlthi 2005 12 Dahinden 2009 2 13 Glick-Schiller et al 1995 1 14 Portes et al 1999 219 15 Ebd 219 16 LevittGlick-Schiller (LevittGlick-
Schiller 2004) schlagen den Ansatz des
Konzeptes des bdquosozialen Feldesldquo fuumlr mishy
gration studies vor Eine naumlhere Erlaumluteshy
rung folgt spaumlter im vorliegenden Text 17 Vgl Gehmacher oA 18 Bourdieu 1993 183ndash198 19 Siehe dazu weiter unten im Text 20 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 21 Dahinden 2009 22 Pries 2001a 34 23 Bourdieu 1982 171ndash210 24 LevittGlick-Schiller 2004 9 25 Ebd 11 26 Vgl hierzu Punkt 3 dieses Beitrags 27 Auch das Konzept des Transnationalisshy
mustransnationale Migration ndash also die
Etablierung und aller damit verbundenen
Effekte globaler sozialer Netzwerke ndash ist
in diesem Zusammenhang analytisch inteshy
ressant 28 Bei aller Problematik des Begriffes vgl
zB dazu HansenSpetsmann-Kunkel
2008 30 29 Haug 2000 113 ff 30 Vgl zB Massey et al 1993 699ndash749 31 Kastoryano 2003 67
32 Bspw Iran Kurden etc 33 Hier kann zB auf die Rede vom tuumlrkishy
schen Premier Recep Tayyip Erdogan in
Berlin im Februar 2008 verwiesen wershy
den 34 Pries 2001b 35 Zur politischen Partizipation und Diasshy
pora Politics vgl Soumlkefeld 2006 265ndash
284 36 Nach Soumlkefeld 2006 275 37 Vgl hierzu auch Anderson 1991 38 Soumlkefeld 2006 265ndash284 39 Barber 1998 3 40 Vgl Safran 1991 41 Ebd 42 Anm womit wieder der Konnex zum
Transnationalismus hergestellt ist 43 Anm Der Einfluss darf aber einerseits
nicht uumlberschaumltzt werden andererseits ist
auch Vorsicht in der Auseinandersetzung
mit diesem Bereich geboten zu schnell
gelangt man zu den gaumlngigen Mustern
zB der bdquointernationalen juumldischen Weltshy
verschwoumlrungldquo oauml
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42011 SIAK-JOURNAL
44 Anm siehe oben im Deutschen etwas
problematisch da dieser Begriff meist
raumlumlich verwendet wird 45 Faist 1999 189ndash222 46 Anderson 1991 47 Vgl httpwwwtranscript-verlagde
ts311ts311_1pdf 48 Anm sowie nach ihnen andere Wissenshy
schaftler die sich der Thematik im Zuge
der letzten zehn Jahre annahmen 49 LevittGlick-Schiller 2004 7 50 Anm Binnenmigration macht den groumlszligshy
ten Anteil an Migrationsbewegungen weltshy
weit aus 51 Vgl zB Beck 2000 Faist 2000 52 Vgl zB Oberndoumlrfer D (2009) Das
Ende des Nationalstaates als Chance
fuumlr die offene europaumlische Republik in
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wanderung im Zeichen der Globalisieshy
rung Wiesbaden 237ndash252 53 Kastoryano 2003 65 54 Ebd 75 55 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 56 Nach Soysal 1994 1 57 Bauboumlck 2007 58 Vgl Pollini 2002 Angelli 2002 13ndash70 59 Fassmann plaumldiert zB fuumlr die Verwenshy
dung des Begriffes bdquoMobilitaumltldquo anstelle
von bdquoMigration in diesem Zusammenshy
hangldquo vgl Fassmann 2003 435 60 Ebd 61 Vgl Fassmann 2003 429ndash449 insb ab
436 62 Anm wobei die Wissenschaft sich beshy
reits seit Anfang der 1990er Jahre damit
auseinandersetzt 63 Anm Uumlber diese Rolle der Sozialwissenshy
schaften geht die Meinung auseinander 64 Anm Der NAP wurde von renommiershy
ten oumlsterreichischen Wissenschaftlern und
Experten unter der Schirmherrenschaft
des BMI konzipiert Ein eigens etabliershy
ter Expertenrat befasst sich wissenschaftshy
lich mit den einzelnen Themenfeldern vgl
httpwwwintegrationsfondsatfileadmin
IntegrationsfondNAPnap_berichtpdf 65 Sarrazin 2010 66 httpdiepressecomhomepolitik
aussenpolitik602605Merkel_Multikultishy
in-Deutschland-absolut-gescheitert
29112010 67 Vgl Young 1995 68 Vgl zB Bhabha 1994 69 Anm dies stellt eigentlich ein gaumlngiges
Argument des Antisemitismus dar
Zuletzt zB im Zuge der Schulungen der
FPOuml Parteiakademie deren Inhalte von
der Zeitschrift News aufgedeckt wurden
News Ausgabe 482009 70 httppolsozfu-berlindepolwiss
forschunginternationalvorderer-orient
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LINDA JAKUBOWICZ wissenschaftliche Mitarbeiterin am
Institut fuumlr Wissenschaft und Forschung Sicherheitsakademie im
Bundesministerium fuumlr Inneres
4
Transnationalismus ndash Migration ndash Integration Migration und Nationalstaat in der modernen Weltordnung am Beispiel des Konzeptes des Transnationalismus
Vor dem Hintergrund der oumlkonomischen sozialen kulturellen und politischen Intershynationalisierung ist die Zunahme der unterschiedlichen Erscheinungsformen grenzshyuumlberschreitender Migration ein aktueller und bedeutsamer Aspekt Neben der mehrheitshylich uumlblichen Aufteilung der Forschungsinteressen in Herkunfts- bzw Aufnahmelaumlnder hat sich in den letzen Jahren bzw Jahrzehnten1 eine wissenschaftliche Auseinandershysetzung mit der transnationalen Komponente von Migration herausgebildet2 Die vorshyliegende Arbeit widmet sich der Theorie des Transnationalismus als Teilbereich der Migrationstheorie welche sich wiederum als Bereich der Internationalen Beziehungen heraus entwickelt hat Beschaumlftigt man sich mit dem Transnationalismus als Forschungsshygegenstand und Teil der migration studies trifft man unweigerlich auf Themenfelder wie bdquoNationldquo bdquoNationalstaatldquo und bdquoCitizenshipldquo sowie seit Anfang des Jahrtausends vermehrt auch auf den bdquoSicherheitsaspektldquo von Migrationsbewegungen der im Zuge eines (immer) umfassend(er)en Sicherheitsbegriffs3 verstaumlrkt ins Zentrum des Interesses ruumlckt Aus diesen Zusammenhaumlngen ergeben sich Fragen nach unterschiedlichen und sich wandelnden Identitaumltskonzepten diaspora politics und hybrid cultures und nicht zuletzt Implikationen fuumlr Integrations- und Assimilationsmuster Dies alles inhaltlich zu erfassen uumlbersteigt die Kapazitaumlten der vorliegenden Arbeit Nichtsdestotrotz wird auf bestimmte Zusammenhaumlnge hingewiesen ohne alle die oben angefuumlhrten Konzepte naumlher zu erlaumlutern Zunaumlchst wird ein Einblick in den Forschungsstand geboten und das theoretische Konzept des Transnationalismus erlaumlutert werden Basierend auf diesem Unterbau werden in Folge Beruumlhrungspunkte und notwendige Implikationen fuumlr das Verstaumlndnis des Nationalstaats und der Bedeutung von Identitaumlt fuumlr dessen Bevoumllkerung herausgearbeitet Hier steht ua die EU als groumlszligter transnationaler Raum im Zentrum des Interesses und die Frage welche Auswirkungen diese Entwicklungen auf die Transshyformation von Staatlichkeit haben4 In Folge fuumlhrt der Gedankengang unweigerlich dazu das Konzept des methodologischen Nationalismus ndash also der Annahme dass der Nationalstaat den logischen und natuumlrlichen Rahmen darstellt in dem soziales Leben stattfindet und der Identitaumlten stiftet ndash kritisch zu hinterfragen und zu reflektieren5 In einem weiteren Schritt wird der Versuch unternommen von diesem generellen Blick auf die Frage der Identitaumlt auf einen individuelleren zu gelangen indem die Schnittstelle der Konzepte Transnationalismus circular migration Diaspora bzw hybrid culture einer genaueren Betrachtung zugefuumlhrt wird
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1 TRANSNATIONALISMUS ALS FORSCHUNGSGEGENSTAND DER MIGRATIONSFORSCHUNG Der Begriff des Transnationalismus wurde erstmals 1916 von Randolph Bourne in seinem Aufsatz bdquoTrans-National Americaldquo6
verwendet Er beschreibt in dem Essay bdquo(hellip) die Utopie eines pluralistischen Amerikas das kulturelleethnische Diffeshyrenzen nicht als Hindernisse sondern als Chance fuumlr eine Zukunft begreift die durch einen sbquokosmopolitischen Internatioshynalismuslsquo gepraumlgt istldquo7
Ab den 1960er Jahren wurde der Begriff in erster Linie von den Politikwissenschafshyten aufgegriffen wobei damit alle Prozesse beschrieben wurden bei welchen eine nashytionalstaatliche Zuordnung nicht moumlglich oder sinnvoll erschien Die Verwendung des Begriffes seit den 1990er Jahren ndash auch in der Politikwissenschaft ndash geht allerdings eher auf die urspruumlngliche Semantik von Bourne zuruumlck8
Der von der Ideologie des Nationalstaashytes ausgehende Blick auf Migration wandte sich im Laufe der 1990er Jahre vermehrt in Richtung einer bdquotransnationalenldquo Pershyspektive Die klassische Migrationsforshyschung hat(te) das Hauptaugenmerk auf den unterschiedlichen Gruumlnden fuumlr Wanshyderbewegungen das theoretische Konzept des Transnationalismus beschaumlftigt sich hingegen mit dem bdquoWieldquo wobei hier nicht die Migration an sich im Zentrum des Interesses steht sondern die laumlnderuumlbershygreifenden Handlungen von Migranten und deren Nachkommen hier verschwimshymen die Definitionsgrenzen zwischen Transnationalismus hybriden Kulturen oder Diaspora und kommen je nach Autor unterschiedlich zum Einsatz
Die hinter diesem Konzept stehende Grundannahme ist dass Migration nicht mehr als eindimensionaler Weg ndash als simpshyler Wechsel des Wohnortes ndash betrachtet werden kann Vielmehr bleiben viele Mishy
granten auch in ihrem neuen Lebensumshyfeld stark mit dem Herkunftsland vernetzt sei es in oumlkonomischer politischer oder kultureller Hinsicht Ein weiterer Aspekt ist die Rolle der Entsendestaaten Auch diese koumlnnen sich zunehmend in der bdquomishygrant communityldquo der jeweiligen Aufnahshymestaaten betaumltigen hier Akzente setzen und eigene Interessen verfolgen
Die Anthropologen Nina Glick-Schiller et al9 haben als eine der ersten diesen Begriff gepraumlgt und das Phaumlnomen des Transnationalismus untersucht Sie haben bdquotransnationale Migration als grenzuumlbershyschreitende Prozesse von MigrantInnenshygruppen beschrieben deren soziale Bezieshyhungen und Praktiken mindestens zwei oder mehrere Staaten verbindenldquo10 Die wesentliche Errungenschaft ist der neue Blickwinkel auf Migrationsbewegungen weg vom binaumlren Modell der bdquopushldquo- und bdquopullldquo-Faktoren oder einfachen Differenshyzierungen nach EmigrationImmigration hin zu einer holistischeren Betrachtungsshyweise laumlnderuumlbergreifender Handlungen von MigrantInnen11
Eine wesentliche Frage die man in dieshysem Zusammenhang aufwerfen kann ist jene nach der Neuartigkeit des Phaumlnoshymens Hat es laumlnderuumlbergreifende Kontakte der Auswanderer nicht bereits im Rahmen fruumlherer Migrationsbewegungen gegeben Um die Frage auf den Punkt zu bringen
Ist Transnationalismus ein neues Phaumlshynomen oder handelt es sich dabei um ein altes Konzept das durch moderne Komshymunikationstechnologien wie Internet Skype Satellitenfernsehen und veraumlnderte Moumlglichkeiten hinsichtlich Mobilitaumlt (zB durch Billig-Airlines) gefoumlrdert wird
Als sich die Beschaumlftigung mit der Thematik Anfang der 1990er Jahre zu etablieren begann hatten viele ndash nicht zuletzt Vertreter der wissenschaftlichen community ndash die Vorstellung Transnationashy
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lismus sei eine Art Antwort des bdquokleinen Mannesldquo auf die Globalisierung bei der in der oumlffentlichen Wahrnehmung in erster Linie oumlkonomische bdquobig playerldquo eine Rolle spielen Entsprechend euphorisch wurde das Konzept aufgenommen und hat ndash trotz (oder gerade auf Grund) eindeutiger Abgrenzungsschwierigkeiten und konzepshytuelle Unschaumlrfen auf welche spaumlter im Text eingegangen werden soll ndash einen fixen Platz in der Migrationsforschung eingeshynommen Heute vertritt das Gros der Forshyscher die Ansicht es handle sich beim Transnationalismus weniger um ein neues Phaumlnomen als um eine neue Perspektive auf ein soziales Phaumlnomen das die Sozialshywissenschaften selbst auf Grund ihres quasi natuumlrlichen Denkens in national-staatlichen Kategorien nicht in der Lage waren fruumlher zu erkennen12 bdquoThe resulshyting analysis (hellip) are building toward a new paradigm that rejects the long-held notion that society and the nation-state are one and the sameldquo13
Portes14 hat nicht zuletzt zur Beantworshytung der Frage nach der Neuartigkeit des Phaumlnomens ndash eine wesentliche Motivation war auch der Forschung in diesem Feld einen konzeptuellen theoretischen Rahmen zu geben (1999) ndash eine Typologie hierzu entwickelt und Charakteristika des Transshynationalismus herausgearbeitet welche eine Differenzierung zu anderen (und fruumlheren) Formen grenzuumlberschreitender Handlunshygen ermoumlglichen sollen und Transnatioshynalismus als eigenstaumlndiges Phaumlnomen erscheinen lassen Diese waumlren 1 Die Involvierung einer signifikanten
Anzahl von Personen ndash in diesem Fall Immigranten und ihr bdquoGegenuumlberldquo in den Heimatlaumlndern
2 Die Interessen und Aktivitaumlten sind in ihrem Charakter stabil und dauerhaft ndash also keine Ausnahmeerscheinungen
3 Die Inhalte dieser Aktivitaumlten wurden noch von keinen bereits existierenden
Konzepten beruumlcksichtigt was die Ershyfindung eines neuen Terminus redunshydant erscheinen lieszlige
Im Hinblick auf den letzten dieser drei Punkte scheint es wesentlich diesem unshydefinierten Spektrum an unterschiedlichen Aktivitaumlten einen Rahmen zu geben Auch hier liefert uns Portes Vorschlaumlge
bdquoFor purposes of establishing a novel area of investigation it is preferable to delimit the concept of transnationalism to occushypations and activities that require regular and sustained social contacts over time across national borders for their impleshymentationldquo15
Obwohl gelegentliche Kontakte Geldshysendungen usw von Mitgliedern der bdquoexshypatriate communityldquo in deren Ursprungsshylaumlnder zwar auch dazu beitragen das bdquotransnationale Feldldquo16 zu staumlrken entspreshychen diese Formen des Kontaktes nicht den oben genannten Charakteristika wesshyhalb diese Aktivitaumlten nicht unter dem Beshygriff bdquoTransnationalismusldquo zu verstehen sind
Ausgehend vom Individuum als Element jeder weiteren wissenschaftlichen Auseishynandersetzung unterscheiden Portes et al weiter drei Typologien des Transnationashylismus (siehe Abbildung 1 ndash Seite 7) 1 Oumlkonomische Initiativen von transnashy
tionalen Unternehmern die ihre Konshytakte uumlber nationalstaatliche Grenzen hinweg ausweiten auf der Suche nach Kapital neuen Maumlrkten oder Lieferanshyten Gerade die Ursprungslaumlnder von Migranten und deren Nachkommen (abhaumlngig davon wie sehr diese von Sozialkapital17 ndash die Zugehoumlrigkeit zu einer Gruppe laumlsst sich als Ressource auffassen die es einem Akteur ermoumlgshylicht sowohl fuumlr sich selbst als auch fuumlr die Gruppenmitglieder positive Auswirshykungen zu erzielen [Bourdieu 198318] ndash wie Kontakten Sprache Kultur der Eltern profitieren koumlnnen) bieten fuumlr
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Quelle Portes et al 1999
derartige Aktivitaumlten privilegierte Voshyraussetzungen
2 Politische Aktivitaumlten von offiziellen Repraumlsentanten unterschiedlicher Parshyteien Regierungsfunktionaumlren oder politisch aktiven Personen aus der Zivilgesellschaft deren Ziel es ist den politischen Einflussbereich auszushyweiten bzw zu erhoumlhen ndash entweder in den sending oder receiving countries19
(das Konzept funktioniert in beide Richtungen)
3 Weiters werden davon alle sozio-kultu-
Le
vel
of
in
sti
tuti
on
ali
zati
on
Sector Economic Political Socio-cultural
Low Informal cross-country
traders
Home town civic committ
created by immigrants
ees Amateur cross-country sport
matches
Small business created
by returned immigrants
in home country
Alliances of immigrant
committee with home
country political association
Folk music groups making
presentations in immigrant
centres
Long-distance circular
labor migration
Fund raisers for home
country electoral candidates
Priests from home town visit
and organize their
parishioners abroad
High Multinational
investments in
Third World countries
Consular officials
representatives of nationa
political parties abroad
l
International expositions of
national arts
Development for
tourist market of
locations abroad
Dual nationality granted b
home country governmen
y
ts
Home country major artists
perform abroad
Agencies of home
country banks in
immigrant centres
Immigrants elected to
home country legislatures
Regular cultural events
organized by foreign
embassies
Positionen und Positionierungen ist als auch die alltagsweltliche Lebenspraxis (erwerbs-)biographische Projekte und Identitaumlten der Menschen bestimmt und zugleich uumlber den Sozialzusammenhang von Nationalgesellschaften hinausweistldquo22
Der Begriff des sozialen Feldes geht auf Bourdieu zuruumlck Er beschreibt damit das gesamte Spektrum gesellschaftlicher Inshyteraktion welches sich wiederum in einshyzelne Subfelder untergliedert wobei das politische oumlkonomische und kulturelle Feld die bedeutendsten Felder sind Er lenkt damit die Aufmerksamkeit auf die unterschiedlichen Arten in denen Macht soziale Beziehungen strukturiert23 Angeshywandt auf die Migrationsforschung wurde der Begriff erstmals von Glick-Schiller und Levitt indem sie diesen eben explizit von nationalstaatlichen Grenzen losloumlsen sie verstehen in dieser kontextuellen Ausshylegung das soziale Feld als bdquo(hellip) a set of multiple interlocking networks of social relationships through which ideas practices and resources are unequally exchanged organized and transformedldquo24
Im Zuge der Anwendung des Ansatzes des sozialen Feldes als alternative Erklaumlshyrungshilfe fuumlr moderne Gesellschaftsshyformen und die Zugehoumlrigkeit zu einer solshychen unterscheiden die Autorinnen weiter
rellen Vorhaben erfasst die darauf ausgeshyrichtet sind eine Form einer nationalen Identitaumlt im Ausland (zB durch gemeinshysame kulturelle Aktivitaumlten Musik aus dem Heimatland etc) zu verfestigen
Ein weiterer wesentlicher Punkt den es bei der Auseinandersetzung mit der Themashytik zu beachten gilt ist die Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen transnatioshynalen Aktivitaumlten bdquovon obenldquo (Initiativen von maumlchtigen institutionellen Akteuren) bzw bdquovon untenldquo (Initiativen von Immishygranten und deren Gegenuumlber im Hershykunftsland)20
11 SOZIALKAPITAL UND DAS KONZEPT DES SOZIALEN FELDES IM KONTEXT DER MIGRATIONSshyUND INTEGRATIONSFORSCHUNG bdquoMigrantinnen und Migranten fuumlhren geoshygraphisch getrennte Raumlume zu einer einshyzigen Arena sozialer Aktion zusammen indem sie sich vorwaumlrts und ruumlckwaumlrts zwischen unterschiedlichen kulturellen sozialen politischen und oumlkonomischen Systemen bewegenldquo21
Nach Pries sind transnationale soziale Raumlume bdquoneuesbquo soziale Verflechtungszushysammenhaumlngelsquo die geographisch-raumlumshylich diffus bzw multi-lokal sind und gleichzeitig einen nicht nur transitorischen sozialen Raum konstituieren der sowohl eine wichtige Referenzstruktur sozialer
Abb 1 Typisierung Transnationalismus nach Portes et al
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zwischen den bdquoways of beingldquo und bdquoways of belongingldquo bdquoWays of being refers to the actual social relations and practices that individuals engage in rather than to the identities associated with their actions (hellip) In contrast ways of belonging refers to practices that signal or enact an identity which demonstrates a conscious connectishyon to a particular groupldquo25
Hinsichtlich der Schwerpunktsetzung lassen sich hier durchaus Parallelen erkenshynen ndash vor allem auch im Hinblick auf die oben beschriebene Typologie von Portes et al Wichtig aber dies hier nur angemerkt ist dass mit dem Begriff des sozialen Felshydes auch eine Definitionsmacht einhershygeht Macht der Personen Institutionen Mechanismen die festlegen was Inhalt des spezifischen Feldes ist
Eine weitere Ebene der Auseinandersetshyzung bietet der Begriff bdquoSozialkapitalldquo26 ndash auch erstmals von Bordieu gepraumlgt ndash in Folge aber zu einem Lieblingsbegriff der Soziologie avanciert Das Konzept des Sozialkapitals findet seit einiger Zeit in der (neueren) Migrationsforschung ebenshyfalls Beachtung wobei bislang vor allem auf Phaumlnomene wie Kettenmigration cirshycular migration oder return migration ndash alshyso die Rolle sozialer Netzwerke als Ausloumlshyser von Wanderungsbewegungen bzw die Auswahl des Ziellandes ndash eingegangen wurde27 Eine weitere Komponente die bislang eher nur vereinzelt Beachtung fand ist die Bedeutung von Sozialkapital und sozialen Netzwerken fuumlr die bdquoInteshygrationldquo28 von Zuwanderern Bei dieser Analyseperspektive wird also der Fokus auf das bdquoDanachldquo gelegt ndash nachdem der Wanderungsprozess (der eigene oder der der Eltern) bereits abgeschlossen ist
Sonja Haug und Sonja Pointner weisen sehr treffend auf verschiedenste analytische Problematiken hin die entstehen wenn man die (durchaus noch heterogene) Theorie des Sozialkapitals direkt auf das
Feld der Migrations- bzw Integrationsforshyschung anwendet Kurzum es ist wesentshylich bdquo(hellip) fuumlr eine differenzierte Analyse der Wirkungsweise des Sozialkapitals (hellip) zwischen herkunftsortspezifischen und zielshyortspezifischen Sozialkapital zu unterscheishydenldquo29 Grundsaumltzlich laumlsst sich festhalten dass Sozialkapital einen wesentlichen Einshyflussfaktor fuumlr Migrationsentscheidungen darstellt30
Die Bedeutung und Relevanz sozialer Netzwerke und Sozialkapitals auf den Mishygrations- va aber den Integrationsproshyzess ist weitestgehend bdquowissenschaftliches Brachlandldquo in der naumlheren Betrachtung entsprechender Wirkungszusammenhaumlnge laumlge bedeutsames gesellschaftliches Poshytential
12 FORMEN DER AKTIVITAumlT ndash NEUE FORMEN DES POLITIshySCHEN HANDLUNGSRAHMENS bdquoSome transnational networks are based on local initiatives some come from the country of origin and some are encouraged by supranational institutions (hellip) Initiashytives at all levels help activists develop political strategies and mobilization beyond statesldquo31
An dieser Stelle soll auf unterschiedliche politische Komponenten des Transnationashylismus hingewiesen werden Hier lassen sich unterschiedliche Akteure und Handshylungsmuster sowie Aktionsfelder beobachshyten die Politik der Einwanderer bezogen auf deren Herkunftsland32 die Politik der Einwanderer in Hinblick auf deren Aufshynahmeland die Politik des Herkunftslanshydes durch die migrant community oder einzelner Politiker des Herkunftslandes in einem jeweiligen anderen Land33 und die Politik eines Staates durch den Umgang mit einer bestimmten Gruppe in Hinblick auf deren Herkunftsland (zum Beispiel der Umgang der USA mit den Exilkubanern in Florida im Hinblick auf die Wirkung ndash
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symbolisch oder tatsaumlchlich ndash welche diese auf Kuba haben koumlnnte)
Auch rechtlich nicht legitimierte Pershysonen haben Moumlglichkeiten politisch zu mobilisieren und Druck auszuuumlben indem sie Mittel der politischen Artikulation nutshyzen allerdings besteht hier eine gewisse Huumlrde da eine houmlhere Gefaumlhrdung (durch die unsichere persoumlnliche Lebenssituation) mit politischer Betaumltigung einhergeht Als Beispiele waumlren die Sans-Papier-Proteste in Westeuropa oder Proteste von Personen mit illegalem Aufenthaltsstatus in den USA zu nennen die immerhin immer wieder Legalisierungswellen ausgeloumlst haben Als eine Auspraumlgung des politischen Handshylungsrahmens aus dem Blickwinkel mit Transnationalitaumlt sei weiters auf die vielshybeachtete Aktion eines Plattenlabels in den USA verwiesen die mit bdquoNuestro Himnoldquo eine spanischsprachige Version der amerikanischen Nationalhymne ins Radio brachte und damit fuumlr groszlige Aufshymerksamkeit sorgte Daran laumlsst sich ershykennen wie sensibel die Frage der Idenshytitaumlt ist und daruumlber hinaus wie eng diese an bestimmte Symboliken gebunden ist
Bei diesen Betrachtungen ist trotz allem der Nationalstaat die Referenz- und Beshyzugsgroumlszlige Sich davon zu loumlsen scheint in Anbetracht der hier dargestellten Beishyspiele welche die wesentlichen Moumlglichshykeiten und Richtungen politischen Hanshydelns in einem transnationalen Kontext darstellen nur schwer moumlglich
Generell stellt sich die Frage wo genau die Grenzziehung zwischen transnational community und Diaspora verlaumluft
Migration als Einbahnstraszlige
Migrationsbewegungen auf der Basis von Netzwerken und Kreislaumlufen
In diesem Zusammenhang hat Pries eine (grobe) Einteilung unterschiedlicher Mishygrantengruppen versucht wobei Variationen in den unterschiedlichsten Graubereichen anzutreffen sind (siehe Abbildung 2)34
13 DIASPORADIASPORA POLITICS35
bdquoDiasporas are imagined transnational communities which are unique segments of people that live in territorially separated locationsldquo36
Soumlkefeld weist darauf hin dass nicht alle Migranten automatisch zu Mitgliedern einer Diaspora werden und nicht alle Gruppen von Migranten zu Diaspora- oder transnationalen Gemeinschaften Vielmehr ist ein solches Bewusstsein abhaumlngig von einer entsprechenden Selbstsicht bezieshyhungsweise Mobilisierung Er geht in Folshyge explizit auf den Punkt der imaginaumlren Gemeinschaft ein und weist nachdruumlcklich auf deren Bedeutung hin da schlussendshylich auch Staaten bdquoimagined communitiesldquo und trotzdem oder gerade deshalb real sind37
bdquoThe fact that nations are imagined communities does not mean that they are fictitious or unreal Imagined communishyties ndash nations ethnic groups or others ndash are real because they are imagined as real because they are taken as real and because they therefore have very real effects on social lifeldquo38
Verwendet man den zuvor beschriebenen Terminus des transnationalen sozialen Felshydes wird diese Differenzierung zumindest vereinfacht da damit ein Raum geschaffen
Quelle Pries 2001b
Emigranten Ruumlckkehr-Migranten
Immigranten (bdquoreturn migrantsldquo)
Transmigranten Diaspora-Migranten
Abb 2 Idealtypen von MigrantInnen im Zeitalter der Globalisierung gemaumlszlig Pries
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wird in dem Vernetzungen von MigranshytInnenNicht-MigrantInnen beziehungsshyweise Personen aus unterschiedlichen Herkunftslaumlndern bestehen Ein Raum alshyso der sich uumlber nationalstaatliche Grenshyzen und geografische Gegebenheiten hinshywegsetzt Das bindende Element ist ein selbst definiertes sich aus dem Feld ergeshybendes und von den Akteuren des Feldes beeinflusstes
Barber loumlst sich von der rein geografishyschen Verwendung des Begriffes bdquoRaumldquo (im deutschen Sprachraum) und fordert vielmehr den Begriff als Metapher fuumlr Zivilgesellschaft39
Die Trennlinie zum Terminus der Diasshypora ist keine scharf zu ziehende Diaspora beschreibt vielmehr eine homogenere Gruppe und es muss zumindest in den Raum gestellt werden ob Diaspora-Identishytaumlt nicht forced migration (das kann sich durchaus auch auf nachkommende Geneshyrationen bdquovererbenldquo) oder zumindest die ersehnte Ruumlckkehr in ein selbst erlebtes oder bdquofiktivesidealisiertesldquo (weil heute in der Form nicht mehr existierendes) Heishymatland voraussetzt40 oder aber zumindest eine wesentliche Treibkraft fuumlr diese Form der kollektiven Identitaumlt darstellt
So begreifen sich zB viele Juden in aller Welt als Diaspora Die Ruumlckkehr nach Israel obwohl die meisten sowie deren Vorfahren nie dort gelebt haben wird kolshylektiv idealisiert und wird zumindest theoshyretisch in die Lebensplanung miteinbezoshygen (paradigmatisch hierfuumlr steht zum Beispiel der bekannte Ausdruck bdquoNaumlchsshytes Jahr in Jerusalemldquo)
Folgerichtig sind also wie erwaumlhnt nicht alle MigrantInnen Teil einer Diaspora nicht alle fuumlhlen sich transnational bzw einer diaspora community zugehoumlrig
William Safran41 versuchte bereits 1991 eine entsprechende Charakterisierung vorshyzunehmen Derzufolge zeichnen sich Mitshyglieder einer Diaspora vornehmlich dashy
durch aus dass sie Erinnerung und starken Bezug zu ihrem bdquooriginal homelandldquo beshyhalten dieses idealisierend erhoumlhen um dessen Erhalt und Restaurierung bemuumlht sind und weiterhin Kontakte in ihr Heishymatland pflegen42 Den Strategien von Diasporas sind zwei Positionen immanent die Entwicklung von Strategien im Umshygang mit dem jeweiligen Aufnahmeland (also Fragen der Integration und Assimishylierung) in Balance mit der Beziehung zum Ursprungsland
Oft sind transnationale Handlungen von MigrantInnen(gruppen) oumlkonomisch orishyentiert Dies aumluszligert sich einerseits in einer Vielzahl von kleineren Geschaumlftsbezieshyhungen (wie zB der typische Import-Exshyport-Handel) oder auch uumlber remittances an Angehoumlrige ins alte Heimatland In vieshylen Faumlllen geht die Betaumltigung aber uumlber diese oumlkonomische Ebene hinaus und ershystreckt sich auf eine politische In diesem Fall begibt man sich in den Bereich der diaspora politics
Der Wirkungshorizont von diaspora poshylitics umfasst
Die Organisation im Aufnahmeland um dort den politischen Einfluss zu vergroumlshyszligern Druck auf das Heimatland auszuuumlben insbesondere bei Politikfeldern in deshynen Interessen der Diaspora angesproshychen werden Weiters kann die transnationale diaspora community mit anderen (Dritt-)staaten Internationalen Organisationen uauml in Interaktion treten Sie bilden dadurch Lobbys auszligerhalb nationalstaatlicher Strukturen43
Das Konzept des transnationalen Raushymes44 umfasst unterschiedliche Realitaumlten Sieht man sich hier Faists Definition an laumlsst sich ein Blick auf die Trennlinie nach Diaspora und transnationaler Gemeinshyschaft werfen bdquoTransnationale Gemeinden
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oder Familien etwa stellen nur eine Art von transnationalen Netzwerken dar In transnationalen Raumlumen koumlnnen sich etwa MigrantInnenenfamilien bewegen koumlnnen Diasporas bestehen bzw sich neue herausshybilden und koumlnnen auch ethnisch def ishynierte Netzwerke wirken in denen ein intensiver oumlkonomischer und kultureller Austausch stattfindet Diesen verschiedeshynen Erscheinungsformen gemeinsam sind (hellip) eigene basale Eingliederungsmechashynismen (Solidaritaumlt zur kleinen Gruppe oder zu einer Bezugsgemeinde Bildung eishynes spezifischen Netzwerkes) waumlhrend viele andere Faktoren wie etwa der Chashyrakter und die Intensitaumlt der Verbindungen die Charakteristika der mitwirkenden Pershysonen die Art der Austauschprozesse usw sehr unterschiedlich sein koumlnnenldquo45
Diese Definition zeigt dass ein bdquosowohl als auchldquo der Begriffe moumlglich ist entbinshydet aber nicht von der Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung der beiden als eigenstaumlndige soziale Phaumlnomene
2 NATIONALSTAAT NATION UND GESELLSCHAFT VOR DEM HINshyTERGRUND TRANSNATIONALER SOZIALER NETZWERKE Wie bereits erwaumlhnt macht die Transnashytionalismusdebatte deutlich dass das Konshyzept des Nationalstaates worin dieser mit Gesellschaft gleichgesetzt wird auf Grund sich veraumlndernder Rahmenbedingungen zunehmend als obsolet erachtet wird
Unbedingt Erwaumlhnung finden muss an dieser Stelle die Arbeit von Benedict Anderson der in seinem 1983 erschienenen Werk bdquoimagined communitiesldquo46 ein Konshyzept formulierte um die Phaumlnomene des Nationalismus und der Nationalstaatsbilshydung ndash und damit verbundener Konnotatioshynen und Deutungen ndash zu analysieren Der Zugang ist ein konstruktivistischer Natioshynen sind demnach keine Realitaumlten an sich sondern historisch und kulturell spezifische
Projektionen allerdings mit sehr realen Konsequenzen und Implikationen47
Zentrales Element der transnational mishygration studies ist der Anspruch das Konshyzept der Gesellschaft neu zu formulieren da es demzufolge nur mehr begrenzt sinnshyvoll erscheint vor allem nationale Grenzen ins Zentrum des Interesses und der wisshysenschaftlichen Analyse zu setzen Familie Staatsbuumlrgerschaft und Nationalstaat muumlsshysen neu uumlberdacht werden Noch wird Nashytionalstaat als Norm und werden soziale Identitaumlten und Handlungen die nationalshystaatliche Grenzen uumlberschreiten als aushyszligerhalb der Norm angesehen Diese Denkshymuster aufzubrechen ist Ziel der Arbeit ua von Glick-Schiller et al48
Aber die Autoren gehen noch weiter und fordern vor diesem gedanklichen Hintershygrund das gesamte Gesellschaftssystem welches sich an nationalstaatlichen Grenshyzen orientiert neu zu uumlberdenken da es ihnen zufolge nicht mehr zeitgemaumlszlig sei und den Lebensrealitaumlten einer zunehmenshyden Anzahl von Menschen nicht entspreshyche bdquoBut if we remove the blinders of meshythodological nationalism we see that while nation-states are still extremely imshyportant social live is not confined by nation state boundaries Social and religious movements criminal and professional netshyworks and governance regimes as well as flows of capital also operate across borshyders (hellip) we locate our approach to migrashytion research within a larger intellectual project (hellip) to rethink and reformulate the concept of society such that it is no longer automatically equated with the boundaries of a single nation-stateldquo49
Der Ansatz der Autoren ist durchaus vishysionaumlr und findet in weiten Teilen auch Zustimmung Allerdings darf zB auf den Aspekt hingewiesen werden dass trotz steigender Mobilitaumlt und einer zunehmenshyden Anzahl von Personen die im Laufe ihres Lebens ihren Lebensmittelpunkt
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uumlber nationalstaatliche Grenzen hinweg verlagert der uumlberwiegende Teil der Menshyschen aus unterschiedlichsten Gruumlnden doch sesshaft bleibt und sich ndash wenn uumlbershyhaupt ndash nur in einem relativ regionalen Umkreis50 bewegt
Insgesamt steht die Forderung nach einer Neukonzeption des Gesellschaftskonzepshytes welches Erscheinungen der Zeit wie Globalisierung und Kosmopolitisierung des Individuums entsprechend Rechnung traumlgt im Zentrum des Interesses einer zushynehmenden Gruppe von Forschern51
Geht man noch einen Schritt weiter zushyruumlck in der ndash wenngleich durchaus philoshysophischen ndash Betrachtung kommt man im Zuge der theoretischen Beschaumlftigung mit Transnationalismus Globalisierung bzw der Zunahme bzw Erweiterung suprashynationaler Organisationen oder Verbaumlnde unweigerlich zu dem Punkt an dem der Nationalstaat in seiner momentanen Ausshypraumlgung in Frage gestellt wird52
bdquoIf we define nation-states as political structures sbquoinventedlsquo in eighteenth-century Europe based on the coincidence of terrishytorial cultural linguistic and even to some extent religious unity then new global structures such as supranational institushytions and transnational networks challenge themldquo53
Insbesondere die wissenschaftliche Ausshyeinandersetzung mit und um den euroshypaumlischen Integrationsprozess von einer oumlkonomischen hin zu einer politischen Gemeinschaft ist gepraumlgt von der Grundshysatzfrage nach der Aufrechterhaltung des Nationalstaatsmodells bzw den Schwieshyrigkeiten die damit verbunden waumlren mit diesem Modell zu brechen Schlieszliglich sind Konzepte wie postnationale kosmoshypolitische oder transnationale Zugehoumlrigshykeiten Identitaumlten und Netzwerke nichts anderes als ein Ausdruck dieses wissenshyschaftlichen Diskurses54 welcher durch
zunehmende Migrationsbewegungen und allgemeine Mobilitaumlt weltweit noch vershystaumlrkt wird bdquoThe nation-state is seen as weakenedsbquo sbquofrom abovelsquo by transnational capital global media and emergent suprashynational political institutions sbquoFrom beshylowlsquo it faces the decentering sbquolocallsquo resishystances of the informal economy ethnic nationalism and grassroots activismldquo55
Oder um es mit Soysal zu sagen bdquoAt the beginning of the twentyfirst century the nation stateacutes capacity for social integrashytion is losing ground We move towards postnational membershipldquo56
Auf die Frage nach der Definition von Staatsbuumlrgerschaft antwortete zB der anerkannte Migrationsforscher Rainer Bauboumlck 2007 Staatsbuumlrgerschaft bdquo(hellip) ist zunaumlchst ein formaler Status Aber Staatsbuumlrger muumlssen sich auch zugehoumlrig fuumlhlen Nur wozu Nicht zur Nation nicht zur Kultur schon gar nicht zur Religion Das sollte so etwas sein wie ein minimashyles Grundverstaumlndnis von demokratischer Gemeinschaft in der wir alle demselben Staat unterworfen sind und deshalb die gleichen Rechte habenldquo57
Zudem lieszlige sich zumindest die Frage in den Raum stellen ob Zugehoumlrigkeit zur bzw Abstammung von derselben ethshynischen Gruppe oder ein gemeinsames Herkunftsland eine zwingende Grundvoshyraussetzung oder Bezugsgroumlszlige fuumlr ein transnationales Netzwerk darstellen oder ob nicht vielmehr gesellschaftspolitische oder religioumlse Stroumlmungen ndash man denke in diesem Zusammenhang zB an die bdquoqueer communityldquo welche beispielsweise auch eine eigene Flagge als Symbol (die Regenshybogenflagge welche sich auch internashytional durchgesetzt hat) verwendet oder an die umma im Islam (als Gegenentwurf zum weltlichen Konzept des Nationalshystaates) ndash nicht auch begrifflich davon zu erfassen waumlren Dieser Gedanke allerdings nur am Rande
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3 INTEGRATION(SPOLITIK) ASSIMILIERUNG UND IDENTIshyTAumlT ndash AUS DEM BLICKWINKEL DES TRANSNATIONALISMUS Im Zuge der Transnationalismusdebatte ist neben der Frage ob es sich hierbei um ein neues Phaumlnomen handelt oder aber ein altes in einer neuen Auspraumlgung eine andere Frage wesentlich Hindert die zushynehmende Bildung transnationaler Netzshywerke die Integration von Zuwanderern oder befoumlrdert sie diese Die Relevanz dieser Frage wird auch in der wissenshyschaftlichen Auseinandersetzung deutlich Klar ist dass gaumlngige Integrationskonzepshyte an die Grenzen dessen stoszligen was sie zu erklaumlren im Stande sind
Diesen (moumlglichen) Zusammenhang beshytreffend gaumlbe es in der sozialwissenschaftshylichen Forschung durchaus noch Handshylungsbedarf Geht man einmal grundsaumltzlich von der Praumlmisse aus die Konzepte von Integration bzw Transnationalismus seien mit Kategorien wie bdquoniedrigldquo und bdquohochldquo zu bewerten so lieszligen sich daraus drei Varianten des Wirkungszusammenhangs schlussfolgern
Erstens ein negativer Zusammenhang wobei ein hoher Grad an Integration mit einem niedrigen Grad an transnationaler Verankerung (bzw auch transnationalem Sozialkapital) einher ginge und vice versa zweitens die Moumlglichkeit des positiven Zusammenhangs vielleicht verfuumlgen zB gut integrierte MigrantInnen eher uumlber die notwendigen Ressourcen wie etwa regelshymaumlszligig zu reisen zwei Wohnsitze zu erhalshyten usw Und als letzte Variante die Moumlgshylichkeit dass beide Konzepte vollkommen ohne Wirkungszusammenhang zueinander bestehen Dies sei nur kurz erwaumlhnt um auf den Forschungsbedarf und moumlgliche Untersuchungsansaumltze hinzuweisen
Trotz der gesteigerten Mobilitaumlt von Menschen die sich nicht zuletzt auf eine einfachere Uumlberbruumlckbarkeit weiterer
Distanzen zuruumlckfuumlhren laumlsst verlieren lokale Lebensraumlume als Referenzen fuumlr psycho-soziale Identifizierungsprozesse von Menschen aber nicht zwingend an Reshylevanz bdquoDie Menschen bewegen sich heushyte vielmehr im Spannungsfeld zwischen Kosmopolitismus und Lokalismus Dies wirft die Frage nach dem Zusammenhang zwischen raumlumlicher Mobilitaumlt einerseits und Zugehoumlrigkeit und Integration von Menschen andererseits aufldquo58
Im Zuge der Betrachtung des Phaumlnoshymens der transnationalen Mobilitaumlt wird deutlich dass die bislang geltenden Inteshygrationsansaumltze ndash in all ihrer Unterschiedshylichkeit ndash hier an Guumlltigkeit verlieren und neu uumlberdacht werden muumlssten Nicht dass die herkoumlmmlichen Formen von Migration nicht mehr existierten natuumlrlich wandern auch heute noch Menschen dauerhaft aus ohne einen fixen Bezugs- und Kontaktshypunkt in Form eines Netzwerkes oauml in der alten Heimat zu behalten Die Form der transnationalen Migration59 ergaumlnzt das Spektrum allerdings Es zeigt sich zunehshymend dass die bisherigen Integrationsshyansaumltze die von einer eindeutigen und dauerhaften Orientierung der Zuwanderer auf die Aufnahmegesellschaft ausgehen der Lebensrealitaumlt einer zunehmenden Anshyzahl von Menschen nicht entsprechend Rechung tragen Diese Erkenntnis ist allershydings nichts fundamental Neues vielmehr lassen sich dadurch zum Teil bereits vershymeintliche bdquoIntegrationsdefiziteldquo bei Vershytretern der Gastarbeitergeneration festmashychen Die Grundannahmen und (politische wie gesellschaftliche) Erwartungshaltunshygen gingen lange von wenig umfassenden und dadurch oberflaumlchlichen Grundvoshyraussetzungen aus
Fassmann weist ua auf das diesbezuumlgshyliche Unvermoumlgen der unterschiedlichsten Integrations- (bzw Assimilations-)ansaumltze hin bdquoMit der neuen transnationalen Mobilishy
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taumlt werden all jene Integrationskonzepte obsolet die von einer eindeutigen Orienshytierung der MigrantInnen auf die sbquoZielgeshysellschaftlsquo ausgehen (hellip) Doch gehen selbst jene Konzepte die keine perfekte Assimilation annehmen sondern kulturelle (sbquomultikulturellelsquo) Freiraumlume offerieren von einer dauerhaften Aufnahme ausldquo60
Auf Grund der Qualitaumlt der einzelnen Faktoren ist anzunehmen dass sich diese Entwicklung eher im Steigen befindet
Als die vier elementarsten Voraussetshyzungen oder Faktoren fuumlr transnationale Mobilitaumlt benennt Fassmann erstens durchshylaumlssige Grenzen wodurch zirkulaumlre Wanshyderungsbewegungen erst ermoumlglicht wershyden zweitens bdquoschrumpfendeldquo Distanzen (siehe oben) drittens ein bestehendes ethshynisches Netz am Zuwanderungsort und schlieszliglich als weiteres und viertes Merkshymal welches die handelnden Akteure selbst betrifft die globale Verwertbarkeit von deren Qualifikationen61 Unter Beruumlckshysichtigung dessen waumlre es sinnvoll alte wissenschaftliche Theorien62 zu reformushylieren den sich wandelnden gesellschaftshylichen Prozessen anzupassen und ndash als logische und notwendige Konsequenz ndash entsprechende politische Maszlignahmen zu setzen
Hier waumlre und ist die Sozialwissenschaft gefordert ihre Erkenntnisse lauter und geshyzielter in Richtung Zivilgesellschaft und politischer Entscheidungstraumlger zu artikushylieren und somit ihre Verantwortung63 als erster bdquoBeobachterldquo gesellschaftlicher Vershyaumlnderungsprozesse wahrzunehmen Es ist allerdings ein durchaus positiver Trend zu erkennen auch seitens der politischen Entscheidungstraumlger verstaumlrkt auf die aktive Miteinbeziehung wissenschaftlicher Exshypertise zu setzen Seitens des oumlsterreichishyschen Innenressorts spiegelt sich diese Entwicklung zB in der Formulierung des Nationalen Aktionsplans fuumlr Integration samt angeschlossenem Expertenrat wider64
Nicht zuletzt sehen wir uns heute in Europa (speziell in ehemaligen Gastarshybeiterlaumlndern aber auch zB in den Nieshyderlanden oder Frankreich) mit dem Vorshywurf einer weitgehend bdquogescheitertenldquo Integrationspolitik konfrontiert wie im Herbst 2010 im Zuge der Debatte durch Sarrazin65 und Co und nicht zuletzt von der deutschen Bundeskanzerlin Angela Merkel demonstriert wird wenn Sie meint der bdquoMulitikulti-Ansatzldquo sei gescheitert66 Dies nicht zuletzt deshalb weil die bisshyherigen Modelle der Heterogenitaumlt und den Lebensrealitaumlten der betroffenen Menshyschen zu wenig Rechnung getragen haben
31 EXKURS HYBRID CULTURE UND HYBRIDE IDENTITAumlT Im 19 Jahrhundert als der Begriff bdquohybrishyde Identitaumltenldquo gepraumlgt wurde war dessen Praumlgung eindeutig negativer Natur67 Trotzshydem der Begriff Hybriditaumlt in den Geistesshyund Sozialwissenschaften beginnend mit den ersten Ansaumltzen der postcolonial stushydies68 gaumlngig wurde haftet ihm dieser Beishygeschmack ndash zumindest fragmentarisch ndash immer noch an Zu oft wurden und werden Zuwanderern eine Art bdquodoppelteldquo Loyalishytaumlt und versteckte Absichten unterstellt69 Wissenschaftlich bezeichnet der Begriff ein weites Spektrum welches sich mit Formen kultureller Zugehoumlrigkeiten ausshyeinandersetzt
Im Rahmen eines Forschungsprojektes an der FU Berlin welches sich mit dieser Frage beschaumlftigt wurde folgende Defishynition aufgestellt bdquoHybriditaumlt tritt auf in Situationen kultureller Uumlberschneidung dh teilweise gegensaumltzliche Sinngehalte und Handlungslogiken die getrennten Handlungssphaumlren entstammen fuumlgen sich zu neuen Mustern zusammen Es kommt zu einer Infragestellung traditioneller Zushygehoumlrigkeitskriterien und einer Delokalishysierung von Identitaumltldquo70
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Auch hier wird deutlich dass eine strikte Trennung und Gegenuumlberstellung der Beshygrifflichkeiten (Hybriditaumlt Transnationashylismus Diaspora etc) wenig Sinn macht dass vielmehr die Herausbildung hybrider Identitaumlten welche entsprechende struktushyrelle Rahmenbedingungen voraussetzt die Bildung eines eigenen sozialoumlkonomishyschen wie kulturellen Raumes bedingen ein Merkmal der zunehmenden transnatioshynalen Ausrichtung von Menschen sind
Grundsaumltzlich bezeichnen hybride Kulshyturen meistens Gruppen ehemaliger Zushywanderer bei welchen sich eine eigene Identitaumlt mit Merkmalen aus der Urshysprungskultur und der Kultur des Aufnahshymelandes herausgebildet hat die sich jeshyweils von beiden unterscheidet ndash also etwas fuumlr sich Autonomes darstellt Nicht alle Mitglieder der ethnischen community des (ehemaligen) Ursprungslandes sind automatisch Teil der hybriden Kultur Im Gegenteil Als Beispiel waumlren hier zB die Amerikaner mexikanischen Ursprungs die sich selbst stolz als bdquoChicanosldquo beshyzeichnen zu nennen die sich ganz bewusst von den neu zugezogenen oft illegalen Zushywanderern aus Mexiko abgrenzen wollen
Weiters bezieht sich der Begriff bdquoHybrishyditaumltldquo im Gegensatz zu Diaspora (bdquodiasshypora politicsldquo) der stark politisch besetzt ist in der Literatur oft eher auf den kultushyrellen Raum
Bei der Beschaumlftigung mit hybrid identishyties wenn man also das Merkmal der Identitaumlt in den Vordergrund stellt kann man eine Frage als elementar und der Theshymatik wesenseigen formulieren Stellt der Migrationshintergrund einen Vorteil dar da es sich leichter zwischen zwei Kulturen bewegen laumlsst Ermoumlglicht er den betrofshyfenen Personen als bdquoVermittlerldquo zwischen den Kulturen aufzutreten oder stellt die Herkunft eine Buumlrde dar mit welcher in vielen Faumlllen Diskriminierung Marginalishysierung und Benachteiligung einhergehen
die mit zunehmender Assimilierung abshynimmt
Diese Frage zu beantworten ist allershydings nicht Inhalt der vorliegenden Arbeit Als Hypothese kann aber angenommen werden dass die Frage nach Vor- und Nachteilen stark von der jeweiligen Hershykunft der betreffenden Person sowie der beobachteten Herkunftsgesellschaft abshyhaumlngt ndash ohne an dieser Stelle auf den Aspekt der starken Heterogenitaumlt der Indishyviduen zu vergessen und somit den Fehler der klassischen Integrationsforschung zu wiederholen von einem bdquoIdealtypusldquo des Migranten auszugehen
Nicht zuletzt ist hinsichtlich der Frage der Identitaumlt Zeit ein maszliggeblicher Faktor Der oft vorgenommene Vergleich der Zushywanderer bzw Personen mit Migrationsshyhintergrund in Europa mit (klassischen Einwanderungs-)Laumlndern wie Kanada USA oder Australien ndash wo transnationale Netzwerke und communities um einiges laumlnger bestehen und nicht zuletzt die Geshyschichte von Migrationsbewegungen eine anderere ist ndash muss serioumlserweise entspreshychend beruumlcksichtigt werden
4 SCHLUSSBETRACHTUNG Je eingehender man sich mit der Thematik auseinandersetzt desto staumlrker ruumlckt deren Komplexitaumlt ins Zentrum Das Themenshyfeld der Transnationalitaumlt umfasst untershyschiedlichste Beruumlhrungspunkte mit andeshyren Konzepten die es zu beruumlcksichtigen gilt beginnend bei der Frage der Identishytaumlt(en) und Moumlglichkeiten der politischen Partizipation uumlber die Frage der Guumlltigkeit des Konzeptes des Nationalstaates als Reshyferenzobjekt in einer globalisierten Welt ndash insbesondere vor dem Hintergrund des Integrationsprozesses der Europaumlischen Union ndash die Frage der Ursachen und Katalysatoren der Transnationalitaumlt und der Differenzierung zu anderen Konzepten wie Diaspora und hybride Kulturen und
15
SIAK-JOURNAL 42011
nicht zuletzt des Aufzeigens der Grenzen und Missverstaumlndnisse der bisherigen Inshytegrationskonzepte
Im Rahmen des vorliegenden Beitrags wurden mehrere Punkte angeschnitten und der Versuch unternommen einen Einblick in das komplexe Feld des Transnationalisshymus zu bieten im Bewusstsein viele andere wichtige Aspekte unberuumlhrt gelassen zu haben
Insgesamt liefert das ndash trotz allem relativ junge ndash Konzept des Transnationalismus einen notwendigen theoretischen Rahmen fuumlr die Auseinandersetzung mit Migrashy
tionsbewegungen und deren Auswirkunshygen auf Entsende- und Aufnahmegesellshyschaften und -staaten und gleichsam der bdquoglobal communityldquo in der postwestfaumllishyschen Weltordnung an sich obwohl an der einen oder anderen Stelle auch Unschaumlrfen des Modells zum Ausdruck kommen
So stellt sich schlussendlich zB unweishygerlich die Frage ob Transnationalismus eine Lebensform (mit allen ideologischen Dimensionen) umschreibt oder lediglich eine De-Territorialisierung des Nationalshystaates darstellt71
1 Anm Die intensivere wissenschaftliche
Beschaumlftigung mit dem Phaumlnomen des
Transnationalismus geht auf die fruumlhen
1990er Jahre zuruumlck 2 Vgl httpwwwsowirubdeforschung
profiltrmigrhtmlde am 12042011 3 Zum Beispiel dem Konzept von Human
Security 4 LevittGlick-Schiller 2004 1 5 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
forum2005-04-003 6 Bourne 1916 86ndash97 7 Mayer 2005 11 8 Vgl ebd 9 Glick-Schiller et al 1995 48ndash63 10 Ebd 11 Luumlthi 2005 12 Dahinden 2009 2 13 Glick-Schiller et al 1995 1 14 Portes et al 1999 219 15 Ebd 219 16 LevittGlick-Schiller (LevittGlick-
Schiller 2004) schlagen den Ansatz des
Konzeptes des bdquosozialen Feldesldquo fuumlr mishy
gration studies vor Eine naumlhere Erlaumluteshy
rung folgt spaumlter im vorliegenden Text 17 Vgl Gehmacher oA 18 Bourdieu 1993 183ndash198 19 Siehe dazu weiter unten im Text 20 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 21 Dahinden 2009 22 Pries 2001a 34 23 Bourdieu 1982 171ndash210 24 LevittGlick-Schiller 2004 9 25 Ebd 11 26 Vgl hierzu Punkt 3 dieses Beitrags 27 Auch das Konzept des Transnationalisshy
mustransnationale Migration ndash also die
Etablierung und aller damit verbundenen
Effekte globaler sozialer Netzwerke ndash ist
in diesem Zusammenhang analytisch inteshy
ressant 28 Bei aller Problematik des Begriffes vgl
zB dazu HansenSpetsmann-Kunkel
2008 30 29 Haug 2000 113 ff 30 Vgl zB Massey et al 1993 699ndash749 31 Kastoryano 2003 67
32 Bspw Iran Kurden etc 33 Hier kann zB auf die Rede vom tuumlrkishy
schen Premier Recep Tayyip Erdogan in
Berlin im Februar 2008 verwiesen wershy
den 34 Pries 2001b 35 Zur politischen Partizipation und Diasshy
pora Politics vgl Soumlkefeld 2006 265ndash
284 36 Nach Soumlkefeld 2006 275 37 Vgl hierzu auch Anderson 1991 38 Soumlkefeld 2006 265ndash284 39 Barber 1998 3 40 Vgl Safran 1991 41 Ebd 42 Anm womit wieder der Konnex zum
Transnationalismus hergestellt ist 43 Anm Der Einfluss darf aber einerseits
nicht uumlberschaumltzt werden andererseits ist
auch Vorsicht in der Auseinandersetzung
mit diesem Bereich geboten zu schnell
gelangt man zu den gaumlngigen Mustern
zB der bdquointernationalen juumldischen Weltshy
verschwoumlrungldquo oauml
16
42011 SIAK-JOURNAL
44 Anm siehe oben im Deutschen etwas
problematisch da dieser Begriff meist
raumlumlich verwendet wird 45 Faist 1999 189ndash222 46 Anderson 1991 47 Vgl httpwwwtranscript-verlagde
ts311ts311_1pdf 48 Anm sowie nach ihnen andere Wissenshy
schaftler die sich der Thematik im Zuge
der letzten zehn Jahre annahmen 49 LevittGlick-Schiller 2004 7 50 Anm Binnenmigration macht den groumlszligshy
ten Anteil an Migrationsbewegungen weltshy
weit aus 51 Vgl zB Beck 2000 Faist 2000 52 Vgl zB Oberndoumlrfer D (2009) Das
Ende des Nationalstaates als Chance
fuumlr die offene europaumlische Republik in
Butterwegge CHentges G (Hg) Zushy
wanderung im Zeichen der Globalisieshy
rung Wiesbaden 237ndash252 53 Kastoryano 2003 65 54 Ebd 75 55 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 56 Nach Soysal 1994 1 57 Bauboumlck 2007 58 Vgl Pollini 2002 Angelli 2002 13ndash70 59 Fassmann plaumldiert zB fuumlr die Verwenshy
dung des Begriffes bdquoMobilitaumltldquo anstelle
von bdquoMigration in diesem Zusammenshy
hangldquo vgl Fassmann 2003 435 60 Ebd 61 Vgl Fassmann 2003 429ndash449 insb ab
436 62 Anm wobei die Wissenschaft sich beshy
reits seit Anfang der 1990er Jahre damit
auseinandersetzt 63 Anm Uumlber diese Rolle der Sozialwissenshy
schaften geht die Meinung auseinander 64 Anm Der NAP wurde von renommiershy
ten oumlsterreichischen Wissenschaftlern und
Experten unter der Schirmherrenschaft
des BMI konzipiert Ein eigens etabliershy
ter Expertenrat befasst sich wissenschaftshy
lich mit den einzelnen Themenfeldern vgl
httpwwwintegrationsfondsatfileadmin
IntegrationsfondNAPnap_berichtpdf 65 Sarrazin 2010 66 httpdiepressecomhomepolitik
aussenpolitik602605Merkel_Multikultishy
in-Deutschland-absolut-gescheitert
29112010 67 Vgl Young 1995 68 Vgl zB Bhabha 1994 69 Anm dies stellt eigentlich ein gaumlngiges
Argument des Antisemitismus dar
Zuletzt zB im Zuge der Schulungen der
FPOuml Parteiakademie deren Inhalte von
der Zeitschrift News aufgedeckt wurden
News Ausgabe 482009 70 httppolsozfu-berlindepolwiss
forschunginternationalvorderer-orient
forschungprojektindexhtml 71 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
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SIAK-JOURNAL 42011
1 TRANSNATIONALISMUS ALS FORSCHUNGSGEGENSTAND DER MIGRATIONSFORSCHUNG Der Begriff des Transnationalismus wurde erstmals 1916 von Randolph Bourne in seinem Aufsatz bdquoTrans-National Americaldquo6
verwendet Er beschreibt in dem Essay bdquo(hellip) die Utopie eines pluralistischen Amerikas das kulturelleethnische Diffeshyrenzen nicht als Hindernisse sondern als Chance fuumlr eine Zukunft begreift die durch einen sbquokosmopolitischen Internatioshynalismuslsquo gepraumlgt istldquo7
Ab den 1960er Jahren wurde der Begriff in erster Linie von den Politikwissenschafshyten aufgegriffen wobei damit alle Prozesse beschrieben wurden bei welchen eine nashytionalstaatliche Zuordnung nicht moumlglich oder sinnvoll erschien Die Verwendung des Begriffes seit den 1990er Jahren ndash auch in der Politikwissenschaft ndash geht allerdings eher auf die urspruumlngliche Semantik von Bourne zuruumlck8
Der von der Ideologie des Nationalstaashytes ausgehende Blick auf Migration wandte sich im Laufe der 1990er Jahre vermehrt in Richtung einer bdquotransnationalenldquo Pershyspektive Die klassische Migrationsforshyschung hat(te) das Hauptaugenmerk auf den unterschiedlichen Gruumlnden fuumlr Wanshyderbewegungen das theoretische Konzept des Transnationalismus beschaumlftigt sich hingegen mit dem bdquoWieldquo wobei hier nicht die Migration an sich im Zentrum des Interesses steht sondern die laumlnderuumlbershygreifenden Handlungen von Migranten und deren Nachkommen hier verschwimshymen die Definitionsgrenzen zwischen Transnationalismus hybriden Kulturen oder Diaspora und kommen je nach Autor unterschiedlich zum Einsatz
Die hinter diesem Konzept stehende Grundannahme ist dass Migration nicht mehr als eindimensionaler Weg ndash als simpshyler Wechsel des Wohnortes ndash betrachtet werden kann Vielmehr bleiben viele Mishy
granten auch in ihrem neuen Lebensumshyfeld stark mit dem Herkunftsland vernetzt sei es in oumlkonomischer politischer oder kultureller Hinsicht Ein weiterer Aspekt ist die Rolle der Entsendestaaten Auch diese koumlnnen sich zunehmend in der bdquomishygrant communityldquo der jeweiligen Aufnahshymestaaten betaumltigen hier Akzente setzen und eigene Interessen verfolgen
Die Anthropologen Nina Glick-Schiller et al9 haben als eine der ersten diesen Begriff gepraumlgt und das Phaumlnomen des Transnationalismus untersucht Sie haben bdquotransnationale Migration als grenzuumlbershyschreitende Prozesse von MigrantInnenshygruppen beschrieben deren soziale Bezieshyhungen und Praktiken mindestens zwei oder mehrere Staaten verbindenldquo10 Die wesentliche Errungenschaft ist der neue Blickwinkel auf Migrationsbewegungen weg vom binaumlren Modell der bdquopushldquo- und bdquopullldquo-Faktoren oder einfachen Differenshyzierungen nach EmigrationImmigration hin zu einer holistischeren Betrachtungsshyweise laumlnderuumlbergreifender Handlungen von MigrantInnen11
Eine wesentliche Frage die man in dieshysem Zusammenhang aufwerfen kann ist jene nach der Neuartigkeit des Phaumlnoshymens Hat es laumlnderuumlbergreifende Kontakte der Auswanderer nicht bereits im Rahmen fruumlherer Migrationsbewegungen gegeben Um die Frage auf den Punkt zu bringen
Ist Transnationalismus ein neues Phaumlshynomen oder handelt es sich dabei um ein altes Konzept das durch moderne Komshymunikationstechnologien wie Internet Skype Satellitenfernsehen und veraumlnderte Moumlglichkeiten hinsichtlich Mobilitaumlt (zB durch Billig-Airlines) gefoumlrdert wird
Als sich die Beschaumlftigung mit der Thematik Anfang der 1990er Jahre zu etablieren begann hatten viele ndash nicht zuletzt Vertreter der wissenschaftlichen community ndash die Vorstellung Transnationashy
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lismus sei eine Art Antwort des bdquokleinen Mannesldquo auf die Globalisierung bei der in der oumlffentlichen Wahrnehmung in erster Linie oumlkonomische bdquobig playerldquo eine Rolle spielen Entsprechend euphorisch wurde das Konzept aufgenommen und hat ndash trotz (oder gerade auf Grund) eindeutiger Abgrenzungsschwierigkeiten und konzepshytuelle Unschaumlrfen auf welche spaumlter im Text eingegangen werden soll ndash einen fixen Platz in der Migrationsforschung eingeshynommen Heute vertritt das Gros der Forshyscher die Ansicht es handle sich beim Transnationalismus weniger um ein neues Phaumlnomen als um eine neue Perspektive auf ein soziales Phaumlnomen das die Sozialshywissenschaften selbst auf Grund ihres quasi natuumlrlichen Denkens in national-staatlichen Kategorien nicht in der Lage waren fruumlher zu erkennen12 bdquoThe resulshyting analysis (hellip) are building toward a new paradigm that rejects the long-held notion that society and the nation-state are one and the sameldquo13
Portes14 hat nicht zuletzt zur Beantworshytung der Frage nach der Neuartigkeit des Phaumlnomens ndash eine wesentliche Motivation war auch der Forschung in diesem Feld einen konzeptuellen theoretischen Rahmen zu geben (1999) ndash eine Typologie hierzu entwickelt und Charakteristika des Transshynationalismus herausgearbeitet welche eine Differenzierung zu anderen (und fruumlheren) Formen grenzuumlberschreitender Handlunshygen ermoumlglichen sollen und Transnatioshynalismus als eigenstaumlndiges Phaumlnomen erscheinen lassen Diese waumlren 1 Die Involvierung einer signifikanten
Anzahl von Personen ndash in diesem Fall Immigranten und ihr bdquoGegenuumlberldquo in den Heimatlaumlndern
2 Die Interessen und Aktivitaumlten sind in ihrem Charakter stabil und dauerhaft ndash also keine Ausnahmeerscheinungen
3 Die Inhalte dieser Aktivitaumlten wurden noch von keinen bereits existierenden
Konzepten beruumlcksichtigt was die Ershyfindung eines neuen Terminus redunshydant erscheinen lieszlige
Im Hinblick auf den letzten dieser drei Punkte scheint es wesentlich diesem unshydefinierten Spektrum an unterschiedlichen Aktivitaumlten einen Rahmen zu geben Auch hier liefert uns Portes Vorschlaumlge
bdquoFor purposes of establishing a novel area of investigation it is preferable to delimit the concept of transnationalism to occushypations and activities that require regular and sustained social contacts over time across national borders for their impleshymentationldquo15
Obwohl gelegentliche Kontakte Geldshysendungen usw von Mitgliedern der bdquoexshypatriate communityldquo in deren Ursprungsshylaumlnder zwar auch dazu beitragen das bdquotransnationale Feldldquo16 zu staumlrken entspreshychen diese Formen des Kontaktes nicht den oben genannten Charakteristika wesshyhalb diese Aktivitaumlten nicht unter dem Beshygriff bdquoTransnationalismusldquo zu verstehen sind
Ausgehend vom Individuum als Element jeder weiteren wissenschaftlichen Auseishynandersetzung unterscheiden Portes et al weiter drei Typologien des Transnationashylismus (siehe Abbildung 1 ndash Seite 7) 1 Oumlkonomische Initiativen von transnashy
tionalen Unternehmern die ihre Konshytakte uumlber nationalstaatliche Grenzen hinweg ausweiten auf der Suche nach Kapital neuen Maumlrkten oder Lieferanshyten Gerade die Ursprungslaumlnder von Migranten und deren Nachkommen (abhaumlngig davon wie sehr diese von Sozialkapital17 ndash die Zugehoumlrigkeit zu einer Gruppe laumlsst sich als Ressource auffassen die es einem Akteur ermoumlgshylicht sowohl fuumlr sich selbst als auch fuumlr die Gruppenmitglieder positive Auswirshykungen zu erzielen [Bourdieu 198318] ndash wie Kontakten Sprache Kultur der Eltern profitieren koumlnnen) bieten fuumlr
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Quelle Portes et al 1999
derartige Aktivitaumlten privilegierte Voshyraussetzungen
2 Politische Aktivitaumlten von offiziellen Repraumlsentanten unterschiedlicher Parshyteien Regierungsfunktionaumlren oder politisch aktiven Personen aus der Zivilgesellschaft deren Ziel es ist den politischen Einflussbereich auszushyweiten bzw zu erhoumlhen ndash entweder in den sending oder receiving countries19
(das Konzept funktioniert in beide Richtungen)
3 Weiters werden davon alle sozio-kultu-
Le
vel
of
in
sti
tuti
on
ali
zati
on
Sector Economic Political Socio-cultural
Low Informal cross-country
traders
Home town civic committ
created by immigrants
ees Amateur cross-country sport
matches
Small business created
by returned immigrants
in home country
Alliances of immigrant
committee with home
country political association
Folk music groups making
presentations in immigrant
centres
Long-distance circular
labor migration
Fund raisers for home
country electoral candidates
Priests from home town visit
and organize their
parishioners abroad
High Multinational
investments in
Third World countries
Consular officials
representatives of nationa
political parties abroad
l
International expositions of
national arts
Development for
tourist market of
locations abroad
Dual nationality granted b
home country governmen
y
ts
Home country major artists
perform abroad
Agencies of home
country banks in
immigrant centres
Immigrants elected to
home country legislatures
Regular cultural events
organized by foreign
embassies
Positionen und Positionierungen ist als auch die alltagsweltliche Lebenspraxis (erwerbs-)biographische Projekte und Identitaumlten der Menschen bestimmt und zugleich uumlber den Sozialzusammenhang von Nationalgesellschaften hinausweistldquo22
Der Begriff des sozialen Feldes geht auf Bourdieu zuruumlck Er beschreibt damit das gesamte Spektrum gesellschaftlicher Inshyteraktion welches sich wiederum in einshyzelne Subfelder untergliedert wobei das politische oumlkonomische und kulturelle Feld die bedeutendsten Felder sind Er lenkt damit die Aufmerksamkeit auf die unterschiedlichen Arten in denen Macht soziale Beziehungen strukturiert23 Angeshywandt auf die Migrationsforschung wurde der Begriff erstmals von Glick-Schiller und Levitt indem sie diesen eben explizit von nationalstaatlichen Grenzen losloumlsen sie verstehen in dieser kontextuellen Ausshylegung das soziale Feld als bdquo(hellip) a set of multiple interlocking networks of social relationships through which ideas practices and resources are unequally exchanged organized and transformedldquo24
Im Zuge der Anwendung des Ansatzes des sozialen Feldes als alternative Erklaumlshyrungshilfe fuumlr moderne Gesellschaftsshyformen und die Zugehoumlrigkeit zu einer solshychen unterscheiden die Autorinnen weiter
rellen Vorhaben erfasst die darauf ausgeshyrichtet sind eine Form einer nationalen Identitaumlt im Ausland (zB durch gemeinshysame kulturelle Aktivitaumlten Musik aus dem Heimatland etc) zu verfestigen
Ein weiterer wesentlicher Punkt den es bei der Auseinandersetzung mit der Themashytik zu beachten gilt ist die Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen transnatioshynalen Aktivitaumlten bdquovon obenldquo (Initiativen von maumlchtigen institutionellen Akteuren) bzw bdquovon untenldquo (Initiativen von Immishygranten und deren Gegenuumlber im Hershykunftsland)20
11 SOZIALKAPITAL UND DAS KONZEPT DES SOZIALEN FELDES IM KONTEXT DER MIGRATIONSshyUND INTEGRATIONSFORSCHUNG bdquoMigrantinnen und Migranten fuumlhren geoshygraphisch getrennte Raumlume zu einer einshyzigen Arena sozialer Aktion zusammen indem sie sich vorwaumlrts und ruumlckwaumlrts zwischen unterschiedlichen kulturellen sozialen politischen und oumlkonomischen Systemen bewegenldquo21
Nach Pries sind transnationale soziale Raumlume bdquoneuesbquo soziale Verflechtungszushysammenhaumlngelsquo die geographisch-raumlumshylich diffus bzw multi-lokal sind und gleichzeitig einen nicht nur transitorischen sozialen Raum konstituieren der sowohl eine wichtige Referenzstruktur sozialer
Abb 1 Typisierung Transnationalismus nach Portes et al
7
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8
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zwischen den bdquoways of beingldquo und bdquoways of belongingldquo bdquoWays of being refers to the actual social relations and practices that individuals engage in rather than to the identities associated with their actions (hellip) In contrast ways of belonging refers to practices that signal or enact an identity which demonstrates a conscious connectishyon to a particular groupldquo25
Hinsichtlich der Schwerpunktsetzung lassen sich hier durchaus Parallelen erkenshynen ndash vor allem auch im Hinblick auf die oben beschriebene Typologie von Portes et al Wichtig aber dies hier nur angemerkt ist dass mit dem Begriff des sozialen Felshydes auch eine Definitionsmacht einhershygeht Macht der Personen Institutionen Mechanismen die festlegen was Inhalt des spezifischen Feldes ist
Eine weitere Ebene der Auseinandersetshyzung bietet der Begriff bdquoSozialkapitalldquo26 ndash auch erstmals von Bordieu gepraumlgt ndash in Folge aber zu einem Lieblingsbegriff der Soziologie avanciert Das Konzept des Sozialkapitals findet seit einiger Zeit in der (neueren) Migrationsforschung ebenshyfalls Beachtung wobei bislang vor allem auf Phaumlnomene wie Kettenmigration cirshycular migration oder return migration ndash alshyso die Rolle sozialer Netzwerke als Ausloumlshyser von Wanderungsbewegungen bzw die Auswahl des Ziellandes ndash eingegangen wurde27 Eine weitere Komponente die bislang eher nur vereinzelt Beachtung fand ist die Bedeutung von Sozialkapital und sozialen Netzwerken fuumlr die bdquoInteshygrationldquo28 von Zuwanderern Bei dieser Analyseperspektive wird also der Fokus auf das bdquoDanachldquo gelegt ndash nachdem der Wanderungsprozess (der eigene oder der der Eltern) bereits abgeschlossen ist
Sonja Haug und Sonja Pointner weisen sehr treffend auf verschiedenste analytische Problematiken hin die entstehen wenn man die (durchaus noch heterogene) Theorie des Sozialkapitals direkt auf das
Feld der Migrations- bzw Integrationsforshyschung anwendet Kurzum es ist wesentshylich bdquo(hellip) fuumlr eine differenzierte Analyse der Wirkungsweise des Sozialkapitals (hellip) zwischen herkunftsortspezifischen und zielshyortspezifischen Sozialkapital zu unterscheishydenldquo29 Grundsaumltzlich laumlsst sich festhalten dass Sozialkapital einen wesentlichen Einshyflussfaktor fuumlr Migrationsentscheidungen darstellt30
Die Bedeutung und Relevanz sozialer Netzwerke und Sozialkapitals auf den Mishygrations- va aber den Integrationsproshyzess ist weitestgehend bdquowissenschaftliches Brachlandldquo in der naumlheren Betrachtung entsprechender Wirkungszusammenhaumlnge laumlge bedeutsames gesellschaftliches Poshytential
12 FORMEN DER AKTIVITAumlT ndash NEUE FORMEN DES POLITIshySCHEN HANDLUNGSRAHMENS bdquoSome transnational networks are based on local initiatives some come from the country of origin and some are encouraged by supranational institutions (hellip) Initiashytives at all levels help activists develop political strategies and mobilization beyond statesldquo31
An dieser Stelle soll auf unterschiedliche politische Komponenten des Transnationashylismus hingewiesen werden Hier lassen sich unterschiedliche Akteure und Handshylungsmuster sowie Aktionsfelder beobachshyten die Politik der Einwanderer bezogen auf deren Herkunftsland32 die Politik der Einwanderer in Hinblick auf deren Aufshynahmeland die Politik des Herkunftslanshydes durch die migrant community oder einzelner Politiker des Herkunftslandes in einem jeweiligen anderen Land33 und die Politik eines Staates durch den Umgang mit einer bestimmten Gruppe in Hinblick auf deren Herkunftsland (zum Beispiel der Umgang der USA mit den Exilkubanern in Florida im Hinblick auf die Wirkung ndash
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symbolisch oder tatsaumlchlich ndash welche diese auf Kuba haben koumlnnte)
Auch rechtlich nicht legitimierte Pershysonen haben Moumlglichkeiten politisch zu mobilisieren und Druck auszuuumlben indem sie Mittel der politischen Artikulation nutshyzen allerdings besteht hier eine gewisse Huumlrde da eine houmlhere Gefaumlhrdung (durch die unsichere persoumlnliche Lebenssituation) mit politischer Betaumltigung einhergeht Als Beispiele waumlren die Sans-Papier-Proteste in Westeuropa oder Proteste von Personen mit illegalem Aufenthaltsstatus in den USA zu nennen die immerhin immer wieder Legalisierungswellen ausgeloumlst haben Als eine Auspraumlgung des politischen Handshylungsrahmens aus dem Blickwinkel mit Transnationalitaumlt sei weiters auf die vielshybeachtete Aktion eines Plattenlabels in den USA verwiesen die mit bdquoNuestro Himnoldquo eine spanischsprachige Version der amerikanischen Nationalhymne ins Radio brachte und damit fuumlr groszlige Aufshymerksamkeit sorgte Daran laumlsst sich ershykennen wie sensibel die Frage der Idenshytitaumlt ist und daruumlber hinaus wie eng diese an bestimmte Symboliken gebunden ist
Bei diesen Betrachtungen ist trotz allem der Nationalstaat die Referenz- und Beshyzugsgroumlszlige Sich davon zu loumlsen scheint in Anbetracht der hier dargestellten Beishyspiele welche die wesentlichen Moumlglichshykeiten und Richtungen politischen Hanshydelns in einem transnationalen Kontext darstellen nur schwer moumlglich
Generell stellt sich die Frage wo genau die Grenzziehung zwischen transnational community und Diaspora verlaumluft
Migration als Einbahnstraszlige
Migrationsbewegungen auf der Basis von Netzwerken und Kreislaumlufen
In diesem Zusammenhang hat Pries eine (grobe) Einteilung unterschiedlicher Mishygrantengruppen versucht wobei Variationen in den unterschiedlichsten Graubereichen anzutreffen sind (siehe Abbildung 2)34
13 DIASPORADIASPORA POLITICS35
bdquoDiasporas are imagined transnational communities which are unique segments of people that live in territorially separated locationsldquo36
Soumlkefeld weist darauf hin dass nicht alle Migranten automatisch zu Mitgliedern einer Diaspora werden und nicht alle Gruppen von Migranten zu Diaspora- oder transnationalen Gemeinschaften Vielmehr ist ein solches Bewusstsein abhaumlngig von einer entsprechenden Selbstsicht bezieshyhungsweise Mobilisierung Er geht in Folshyge explizit auf den Punkt der imaginaumlren Gemeinschaft ein und weist nachdruumlcklich auf deren Bedeutung hin da schlussendshylich auch Staaten bdquoimagined communitiesldquo und trotzdem oder gerade deshalb real sind37
bdquoThe fact that nations are imagined communities does not mean that they are fictitious or unreal Imagined communishyties ndash nations ethnic groups or others ndash are real because they are imagined as real because they are taken as real and because they therefore have very real effects on social lifeldquo38
Verwendet man den zuvor beschriebenen Terminus des transnationalen sozialen Felshydes wird diese Differenzierung zumindest vereinfacht da damit ein Raum geschaffen
Quelle Pries 2001b
Emigranten Ruumlckkehr-Migranten
Immigranten (bdquoreturn migrantsldquo)
Transmigranten Diaspora-Migranten
Abb 2 Idealtypen von MigrantInnen im Zeitalter der Globalisierung gemaumlszlig Pries
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wird in dem Vernetzungen von MigranshytInnenNicht-MigrantInnen beziehungsshyweise Personen aus unterschiedlichen Herkunftslaumlndern bestehen Ein Raum alshyso der sich uumlber nationalstaatliche Grenshyzen und geografische Gegebenheiten hinshywegsetzt Das bindende Element ist ein selbst definiertes sich aus dem Feld ergeshybendes und von den Akteuren des Feldes beeinflusstes
Barber loumlst sich von der rein geografishyschen Verwendung des Begriffes bdquoRaumldquo (im deutschen Sprachraum) und fordert vielmehr den Begriff als Metapher fuumlr Zivilgesellschaft39
Die Trennlinie zum Terminus der Diasshypora ist keine scharf zu ziehende Diaspora beschreibt vielmehr eine homogenere Gruppe und es muss zumindest in den Raum gestellt werden ob Diaspora-Identishytaumlt nicht forced migration (das kann sich durchaus auch auf nachkommende Geneshyrationen bdquovererbenldquo) oder zumindest die ersehnte Ruumlckkehr in ein selbst erlebtes oder bdquofiktivesidealisiertesldquo (weil heute in der Form nicht mehr existierendes) Heishymatland voraussetzt40 oder aber zumindest eine wesentliche Treibkraft fuumlr diese Form der kollektiven Identitaumlt darstellt
So begreifen sich zB viele Juden in aller Welt als Diaspora Die Ruumlckkehr nach Israel obwohl die meisten sowie deren Vorfahren nie dort gelebt haben wird kolshylektiv idealisiert und wird zumindest theoshyretisch in die Lebensplanung miteinbezoshygen (paradigmatisch hierfuumlr steht zum Beispiel der bekannte Ausdruck bdquoNaumlchsshytes Jahr in Jerusalemldquo)
Folgerichtig sind also wie erwaumlhnt nicht alle MigrantInnen Teil einer Diaspora nicht alle fuumlhlen sich transnational bzw einer diaspora community zugehoumlrig
William Safran41 versuchte bereits 1991 eine entsprechende Charakterisierung vorshyzunehmen Derzufolge zeichnen sich Mitshyglieder einer Diaspora vornehmlich dashy
durch aus dass sie Erinnerung und starken Bezug zu ihrem bdquooriginal homelandldquo beshyhalten dieses idealisierend erhoumlhen um dessen Erhalt und Restaurierung bemuumlht sind und weiterhin Kontakte in ihr Heishymatland pflegen42 Den Strategien von Diasporas sind zwei Positionen immanent die Entwicklung von Strategien im Umshygang mit dem jeweiligen Aufnahmeland (also Fragen der Integration und Assimishylierung) in Balance mit der Beziehung zum Ursprungsland
Oft sind transnationale Handlungen von MigrantInnen(gruppen) oumlkonomisch orishyentiert Dies aumluszligert sich einerseits in einer Vielzahl von kleineren Geschaumlftsbezieshyhungen (wie zB der typische Import-Exshyport-Handel) oder auch uumlber remittances an Angehoumlrige ins alte Heimatland In vieshylen Faumlllen geht die Betaumltigung aber uumlber diese oumlkonomische Ebene hinaus und ershystreckt sich auf eine politische In diesem Fall begibt man sich in den Bereich der diaspora politics
Der Wirkungshorizont von diaspora poshylitics umfasst
Die Organisation im Aufnahmeland um dort den politischen Einfluss zu vergroumlshyszligern Druck auf das Heimatland auszuuumlben insbesondere bei Politikfeldern in deshynen Interessen der Diaspora angesproshychen werden Weiters kann die transnationale diaspora community mit anderen (Dritt-)staaten Internationalen Organisationen uauml in Interaktion treten Sie bilden dadurch Lobbys auszligerhalb nationalstaatlicher Strukturen43
Das Konzept des transnationalen Raushymes44 umfasst unterschiedliche Realitaumlten Sieht man sich hier Faists Definition an laumlsst sich ein Blick auf die Trennlinie nach Diaspora und transnationaler Gemeinshyschaft werfen bdquoTransnationale Gemeinden
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oder Familien etwa stellen nur eine Art von transnationalen Netzwerken dar In transnationalen Raumlumen koumlnnen sich etwa MigrantInnenenfamilien bewegen koumlnnen Diasporas bestehen bzw sich neue herausshybilden und koumlnnen auch ethnisch def ishynierte Netzwerke wirken in denen ein intensiver oumlkonomischer und kultureller Austausch stattfindet Diesen verschiedeshynen Erscheinungsformen gemeinsam sind (hellip) eigene basale Eingliederungsmechashynismen (Solidaritaumlt zur kleinen Gruppe oder zu einer Bezugsgemeinde Bildung eishynes spezifischen Netzwerkes) waumlhrend viele andere Faktoren wie etwa der Chashyrakter und die Intensitaumlt der Verbindungen die Charakteristika der mitwirkenden Pershysonen die Art der Austauschprozesse usw sehr unterschiedlich sein koumlnnenldquo45
Diese Definition zeigt dass ein bdquosowohl als auchldquo der Begriffe moumlglich ist entbinshydet aber nicht von der Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung der beiden als eigenstaumlndige soziale Phaumlnomene
2 NATIONALSTAAT NATION UND GESELLSCHAFT VOR DEM HINshyTERGRUND TRANSNATIONALER SOZIALER NETZWERKE Wie bereits erwaumlhnt macht die Transnashytionalismusdebatte deutlich dass das Konshyzept des Nationalstaates worin dieser mit Gesellschaft gleichgesetzt wird auf Grund sich veraumlndernder Rahmenbedingungen zunehmend als obsolet erachtet wird
Unbedingt Erwaumlhnung finden muss an dieser Stelle die Arbeit von Benedict Anderson der in seinem 1983 erschienenen Werk bdquoimagined communitiesldquo46 ein Konshyzept formulierte um die Phaumlnomene des Nationalismus und der Nationalstaatsbilshydung ndash und damit verbundener Konnotatioshynen und Deutungen ndash zu analysieren Der Zugang ist ein konstruktivistischer Natioshynen sind demnach keine Realitaumlten an sich sondern historisch und kulturell spezifische
Projektionen allerdings mit sehr realen Konsequenzen und Implikationen47
Zentrales Element der transnational mishygration studies ist der Anspruch das Konshyzept der Gesellschaft neu zu formulieren da es demzufolge nur mehr begrenzt sinnshyvoll erscheint vor allem nationale Grenzen ins Zentrum des Interesses und der wisshysenschaftlichen Analyse zu setzen Familie Staatsbuumlrgerschaft und Nationalstaat muumlsshysen neu uumlberdacht werden Noch wird Nashytionalstaat als Norm und werden soziale Identitaumlten und Handlungen die nationalshystaatliche Grenzen uumlberschreiten als aushyszligerhalb der Norm angesehen Diese Denkshymuster aufzubrechen ist Ziel der Arbeit ua von Glick-Schiller et al48
Aber die Autoren gehen noch weiter und fordern vor diesem gedanklichen Hintershygrund das gesamte Gesellschaftssystem welches sich an nationalstaatlichen Grenshyzen orientiert neu zu uumlberdenken da es ihnen zufolge nicht mehr zeitgemaumlszlig sei und den Lebensrealitaumlten einer zunehmenshyden Anzahl von Menschen nicht entspreshyche bdquoBut if we remove the blinders of meshythodological nationalism we see that while nation-states are still extremely imshyportant social live is not confined by nation state boundaries Social and religious movements criminal and professional netshyworks and governance regimes as well as flows of capital also operate across borshyders (hellip) we locate our approach to migrashytion research within a larger intellectual project (hellip) to rethink and reformulate the concept of society such that it is no longer automatically equated with the boundaries of a single nation-stateldquo49
Der Ansatz der Autoren ist durchaus vishysionaumlr und findet in weiten Teilen auch Zustimmung Allerdings darf zB auf den Aspekt hingewiesen werden dass trotz steigender Mobilitaumlt und einer zunehmenshyden Anzahl von Personen die im Laufe ihres Lebens ihren Lebensmittelpunkt
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uumlber nationalstaatliche Grenzen hinweg verlagert der uumlberwiegende Teil der Menshyschen aus unterschiedlichsten Gruumlnden doch sesshaft bleibt und sich ndash wenn uumlbershyhaupt ndash nur in einem relativ regionalen Umkreis50 bewegt
Insgesamt steht die Forderung nach einer Neukonzeption des Gesellschaftskonzepshytes welches Erscheinungen der Zeit wie Globalisierung und Kosmopolitisierung des Individuums entsprechend Rechnung traumlgt im Zentrum des Interesses einer zushynehmenden Gruppe von Forschern51
Geht man noch einen Schritt weiter zushyruumlck in der ndash wenngleich durchaus philoshysophischen ndash Betrachtung kommt man im Zuge der theoretischen Beschaumlftigung mit Transnationalismus Globalisierung bzw der Zunahme bzw Erweiterung suprashynationaler Organisationen oder Verbaumlnde unweigerlich zu dem Punkt an dem der Nationalstaat in seiner momentanen Ausshypraumlgung in Frage gestellt wird52
bdquoIf we define nation-states as political structures sbquoinventedlsquo in eighteenth-century Europe based on the coincidence of terrishytorial cultural linguistic and even to some extent religious unity then new global structures such as supranational institushytions and transnational networks challenge themldquo53
Insbesondere die wissenschaftliche Ausshyeinandersetzung mit und um den euroshypaumlischen Integrationsprozess von einer oumlkonomischen hin zu einer politischen Gemeinschaft ist gepraumlgt von der Grundshysatzfrage nach der Aufrechterhaltung des Nationalstaatsmodells bzw den Schwieshyrigkeiten die damit verbunden waumlren mit diesem Modell zu brechen Schlieszliglich sind Konzepte wie postnationale kosmoshypolitische oder transnationale Zugehoumlrigshykeiten Identitaumlten und Netzwerke nichts anderes als ein Ausdruck dieses wissenshyschaftlichen Diskurses54 welcher durch
zunehmende Migrationsbewegungen und allgemeine Mobilitaumlt weltweit noch vershystaumlrkt wird bdquoThe nation-state is seen as weakenedsbquo sbquofrom abovelsquo by transnational capital global media and emergent suprashynational political institutions sbquoFrom beshylowlsquo it faces the decentering sbquolocallsquo resishystances of the informal economy ethnic nationalism and grassroots activismldquo55
Oder um es mit Soysal zu sagen bdquoAt the beginning of the twentyfirst century the nation stateacutes capacity for social integrashytion is losing ground We move towards postnational membershipldquo56
Auf die Frage nach der Definition von Staatsbuumlrgerschaft antwortete zB der anerkannte Migrationsforscher Rainer Bauboumlck 2007 Staatsbuumlrgerschaft bdquo(hellip) ist zunaumlchst ein formaler Status Aber Staatsbuumlrger muumlssen sich auch zugehoumlrig fuumlhlen Nur wozu Nicht zur Nation nicht zur Kultur schon gar nicht zur Religion Das sollte so etwas sein wie ein minimashyles Grundverstaumlndnis von demokratischer Gemeinschaft in der wir alle demselben Staat unterworfen sind und deshalb die gleichen Rechte habenldquo57
Zudem lieszlige sich zumindest die Frage in den Raum stellen ob Zugehoumlrigkeit zur bzw Abstammung von derselben ethshynischen Gruppe oder ein gemeinsames Herkunftsland eine zwingende Grundvoshyraussetzung oder Bezugsgroumlszlige fuumlr ein transnationales Netzwerk darstellen oder ob nicht vielmehr gesellschaftspolitische oder religioumlse Stroumlmungen ndash man denke in diesem Zusammenhang zB an die bdquoqueer communityldquo welche beispielsweise auch eine eigene Flagge als Symbol (die Regenshybogenflagge welche sich auch internashytional durchgesetzt hat) verwendet oder an die umma im Islam (als Gegenentwurf zum weltlichen Konzept des Nationalshystaates) ndash nicht auch begrifflich davon zu erfassen waumlren Dieser Gedanke allerdings nur am Rande
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3 INTEGRATION(SPOLITIK) ASSIMILIERUNG UND IDENTIshyTAumlT ndash AUS DEM BLICKWINKEL DES TRANSNATIONALISMUS Im Zuge der Transnationalismusdebatte ist neben der Frage ob es sich hierbei um ein neues Phaumlnomen handelt oder aber ein altes in einer neuen Auspraumlgung eine andere Frage wesentlich Hindert die zushynehmende Bildung transnationaler Netzshywerke die Integration von Zuwanderern oder befoumlrdert sie diese Die Relevanz dieser Frage wird auch in der wissenshyschaftlichen Auseinandersetzung deutlich Klar ist dass gaumlngige Integrationskonzepshyte an die Grenzen dessen stoszligen was sie zu erklaumlren im Stande sind
Diesen (moumlglichen) Zusammenhang beshytreffend gaumlbe es in der sozialwissenschaftshylichen Forschung durchaus noch Handshylungsbedarf Geht man einmal grundsaumltzlich von der Praumlmisse aus die Konzepte von Integration bzw Transnationalismus seien mit Kategorien wie bdquoniedrigldquo und bdquohochldquo zu bewerten so lieszligen sich daraus drei Varianten des Wirkungszusammenhangs schlussfolgern
Erstens ein negativer Zusammenhang wobei ein hoher Grad an Integration mit einem niedrigen Grad an transnationaler Verankerung (bzw auch transnationalem Sozialkapital) einher ginge und vice versa zweitens die Moumlglichkeit des positiven Zusammenhangs vielleicht verfuumlgen zB gut integrierte MigrantInnen eher uumlber die notwendigen Ressourcen wie etwa regelshymaumlszligig zu reisen zwei Wohnsitze zu erhalshyten usw Und als letzte Variante die Moumlgshylichkeit dass beide Konzepte vollkommen ohne Wirkungszusammenhang zueinander bestehen Dies sei nur kurz erwaumlhnt um auf den Forschungsbedarf und moumlgliche Untersuchungsansaumltze hinzuweisen
Trotz der gesteigerten Mobilitaumlt von Menschen die sich nicht zuletzt auf eine einfachere Uumlberbruumlckbarkeit weiterer
Distanzen zuruumlckfuumlhren laumlsst verlieren lokale Lebensraumlume als Referenzen fuumlr psycho-soziale Identifizierungsprozesse von Menschen aber nicht zwingend an Reshylevanz bdquoDie Menschen bewegen sich heushyte vielmehr im Spannungsfeld zwischen Kosmopolitismus und Lokalismus Dies wirft die Frage nach dem Zusammenhang zwischen raumlumlicher Mobilitaumlt einerseits und Zugehoumlrigkeit und Integration von Menschen andererseits aufldquo58
Im Zuge der Betrachtung des Phaumlnoshymens der transnationalen Mobilitaumlt wird deutlich dass die bislang geltenden Inteshygrationsansaumltze ndash in all ihrer Unterschiedshylichkeit ndash hier an Guumlltigkeit verlieren und neu uumlberdacht werden muumlssten Nicht dass die herkoumlmmlichen Formen von Migration nicht mehr existierten natuumlrlich wandern auch heute noch Menschen dauerhaft aus ohne einen fixen Bezugs- und Kontaktshypunkt in Form eines Netzwerkes oauml in der alten Heimat zu behalten Die Form der transnationalen Migration59 ergaumlnzt das Spektrum allerdings Es zeigt sich zunehshymend dass die bisherigen Integrationsshyansaumltze die von einer eindeutigen und dauerhaften Orientierung der Zuwanderer auf die Aufnahmegesellschaft ausgehen der Lebensrealitaumlt einer zunehmenden Anshyzahl von Menschen nicht entsprechend Rechung tragen Diese Erkenntnis ist allershydings nichts fundamental Neues vielmehr lassen sich dadurch zum Teil bereits vershymeintliche bdquoIntegrationsdefiziteldquo bei Vershytretern der Gastarbeitergeneration festmashychen Die Grundannahmen und (politische wie gesellschaftliche) Erwartungshaltunshygen gingen lange von wenig umfassenden und dadurch oberflaumlchlichen Grundvoshyraussetzungen aus
Fassmann weist ua auf das diesbezuumlgshyliche Unvermoumlgen der unterschiedlichsten Integrations- (bzw Assimilations-)ansaumltze hin bdquoMit der neuen transnationalen Mobilishy
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taumlt werden all jene Integrationskonzepte obsolet die von einer eindeutigen Orienshytierung der MigrantInnen auf die sbquoZielgeshysellschaftlsquo ausgehen (hellip) Doch gehen selbst jene Konzepte die keine perfekte Assimilation annehmen sondern kulturelle (sbquomultikulturellelsquo) Freiraumlume offerieren von einer dauerhaften Aufnahme ausldquo60
Auf Grund der Qualitaumlt der einzelnen Faktoren ist anzunehmen dass sich diese Entwicklung eher im Steigen befindet
Als die vier elementarsten Voraussetshyzungen oder Faktoren fuumlr transnationale Mobilitaumlt benennt Fassmann erstens durchshylaumlssige Grenzen wodurch zirkulaumlre Wanshyderungsbewegungen erst ermoumlglicht wershyden zweitens bdquoschrumpfendeldquo Distanzen (siehe oben) drittens ein bestehendes ethshynisches Netz am Zuwanderungsort und schlieszliglich als weiteres und viertes Merkshymal welches die handelnden Akteure selbst betrifft die globale Verwertbarkeit von deren Qualifikationen61 Unter Beruumlckshysichtigung dessen waumlre es sinnvoll alte wissenschaftliche Theorien62 zu reformushylieren den sich wandelnden gesellschaftshylichen Prozessen anzupassen und ndash als logische und notwendige Konsequenz ndash entsprechende politische Maszlignahmen zu setzen
Hier waumlre und ist die Sozialwissenschaft gefordert ihre Erkenntnisse lauter und geshyzielter in Richtung Zivilgesellschaft und politischer Entscheidungstraumlger zu artikushylieren und somit ihre Verantwortung63 als erster bdquoBeobachterldquo gesellschaftlicher Vershyaumlnderungsprozesse wahrzunehmen Es ist allerdings ein durchaus positiver Trend zu erkennen auch seitens der politischen Entscheidungstraumlger verstaumlrkt auf die aktive Miteinbeziehung wissenschaftlicher Exshypertise zu setzen Seitens des oumlsterreichishyschen Innenressorts spiegelt sich diese Entwicklung zB in der Formulierung des Nationalen Aktionsplans fuumlr Integration samt angeschlossenem Expertenrat wider64
Nicht zuletzt sehen wir uns heute in Europa (speziell in ehemaligen Gastarshybeiterlaumlndern aber auch zB in den Nieshyderlanden oder Frankreich) mit dem Vorshywurf einer weitgehend bdquogescheitertenldquo Integrationspolitik konfrontiert wie im Herbst 2010 im Zuge der Debatte durch Sarrazin65 und Co und nicht zuletzt von der deutschen Bundeskanzerlin Angela Merkel demonstriert wird wenn Sie meint der bdquoMulitikulti-Ansatzldquo sei gescheitert66 Dies nicht zuletzt deshalb weil die bisshyherigen Modelle der Heterogenitaumlt und den Lebensrealitaumlten der betroffenen Menshyschen zu wenig Rechnung getragen haben
31 EXKURS HYBRID CULTURE UND HYBRIDE IDENTITAumlT Im 19 Jahrhundert als der Begriff bdquohybrishyde Identitaumltenldquo gepraumlgt wurde war dessen Praumlgung eindeutig negativer Natur67 Trotzshydem der Begriff Hybriditaumlt in den Geistesshyund Sozialwissenschaften beginnend mit den ersten Ansaumltzen der postcolonial stushydies68 gaumlngig wurde haftet ihm dieser Beishygeschmack ndash zumindest fragmentarisch ndash immer noch an Zu oft wurden und werden Zuwanderern eine Art bdquodoppelteldquo Loyalishytaumlt und versteckte Absichten unterstellt69 Wissenschaftlich bezeichnet der Begriff ein weites Spektrum welches sich mit Formen kultureller Zugehoumlrigkeiten ausshyeinandersetzt
Im Rahmen eines Forschungsprojektes an der FU Berlin welches sich mit dieser Frage beschaumlftigt wurde folgende Defishynition aufgestellt bdquoHybriditaumlt tritt auf in Situationen kultureller Uumlberschneidung dh teilweise gegensaumltzliche Sinngehalte und Handlungslogiken die getrennten Handlungssphaumlren entstammen fuumlgen sich zu neuen Mustern zusammen Es kommt zu einer Infragestellung traditioneller Zushygehoumlrigkeitskriterien und einer Delokalishysierung von Identitaumltldquo70
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Auch hier wird deutlich dass eine strikte Trennung und Gegenuumlberstellung der Beshygrifflichkeiten (Hybriditaumlt Transnationashylismus Diaspora etc) wenig Sinn macht dass vielmehr die Herausbildung hybrider Identitaumlten welche entsprechende struktushyrelle Rahmenbedingungen voraussetzt die Bildung eines eigenen sozialoumlkonomishyschen wie kulturellen Raumes bedingen ein Merkmal der zunehmenden transnatioshynalen Ausrichtung von Menschen sind
Grundsaumltzlich bezeichnen hybride Kulshyturen meistens Gruppen ehemaliger Zushywanderer bei welchen sich eine eigene Identitaumlt mit Merkmalen aus der Urshysprungskultur und der Kultur des Aufnahshymelandes herausgebildet hat die sich jeshyweils von beiden unterscheidet ndash also etwas fuumlr sich Autonomes darstellt Nicht alle Mitglieder der ethnischen community des (ehemaligen) Ursprungslandes sind automatisch Teil der hybriden Kultur Im Gegenteil Als Beispiel waumlren hier zB die Amerikaner mexikanischen Ursprungs die sich selbst stolz als bdquoChicanosldquo beshyzeichnen zu nennen die sich ganz bewusst von den neu zugezogenen oft illegalen Zushywanderern aus Mexiko abgrenzen wollen
Weiters bezieht sich der Begriff bdquoHybrishyditaumltldquo im Gegensatz zu Diaspora (bdquodiasshypora politicsldquo) der stark politisch besetzt ist in der Literatur oft eher auf den kultushyrellen Raum
Bei der Beschaumlftigung mit hybrid identishyties wenn man also das Merkmal der Identitaumlt in den Vordergrund stellt kann man eine Frage als elementar und der Theshymatik wesenseigen formulieren Stellt der Migrationshintergrund einen Vorteil dar da es sich leichter zwischen zwei Kulturen bewegen laumlsst Ermoumlglicht er den betrofshyfenen Personen als bdquoVermittlerldquo zwischen den Kulturen aufzutreten oder stellt die Herkunft eine Buumlrde dar mit welcher in vielen Faumlllen Diskriminierung Marginalishysierung und Benachteiligung einhergehen
die mit zunehmender Assimilierung abshynimmt
Diese Frage zu beantworten ist allershydings nicht Inhalt der vorliegenden Arbeit Als Hypothese kann aber angenommen werden dass die Frage nach Vor- und Nachteilen stark von der jeweiligen Hershykunft der betreffenden Person sowie der beobachteten Herkunftsgesellschaft abshyhaumlngt ndash ohne an dieser Stelle auf den Aspekt der starken Heterogenitaumlt der Indishyviduen zu vergessen und somit den Fehler der klassischen Integrationsforschung zu wiederholen von einem bdquoIdealtypusldquo des Migranten auszugehen
Nicht zuletzt ist hinsichtlich der Frage der Identitaumlt Zeit ein maszliggeblicher Faktor Der oft vorgenommene Vergleich der Zushywanderer bzw Personen mit Migrationsshyhintergrund in Europa mit (klassischen Einwanderungs-)Laumlndern wie Kanada USA oder Australien ndash wo transnationale Netzwerke und communities um einiges laumlnger bestehen und nicht zuletzt die Geshyschichte von Migrationsbewegungen eine anderere ist ndash muss serioumlserweise entspreshychend beruumlcksichtigt werden
4 SCHLUSSBETRACHTUNG Je eingehender man sich mit der Thematik auseinandersetzt desto staumlrker ruumlckt deren Komplexitaumlt ins Zentrum Das Themenshyfeld der Transnationalitaumlt umfasst untershyschiedlichste Beruumlhrungspunkte mit andeshyren Konzepten die es zu beruumlcksichtigen gilt beginnend bei der Frage der Identishytaumlt(en) und Moumlglichkeiten der politischen Partizipation uumlber die Frage der Guumlltigkeit des Konzeptes des Nationalstaates als Reshyferenzobjekt in einer globalisierten Welt ndash insbesondere vor dem Hintergrund des Integrationsprozesses der Europaumlischen Union ndash die Frage der Ursachen und Katalysatoren der Transnationalitaumlt und der Differenzierung zu anderen Konzepten wie Diaspora und hybride Kulturen und
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nicht zuletzt des Aufzeigens der Grenzen und Missverstaumlndnisse der bisherigen Inshytegrationskonzepte
Im Rahmen des vorliegenden Beitrags wurden mehrere Punkte angeschnitten und der Versuch unternommen einen Einblick in das komplexe Feld des Transnationalisshymus zu bieten im Bewusstsein viele andere wichtige Aspekte unberuumlhrt gelassen zu haben
Insgesamt liefert das ndash trotz allem relativ junge ndash Konzept des Transnationalismus einen notwendigen theoretischen Rahmen fuumlr die Auseinandersetzung mit Migrashy
tionsbewegungen und deren Auswirkunshygen auf Entsende- und Aufnahmegesellshyschaften und -staaten und gleichsam der bdquoglobal communityldquo in der postwestfaumllishyschen Weltordnung an sich obwohl an der einen oder anderen Stelle auch Unschaumlrfen des Modells zum Ausdruck kommen
So stellt sich schlussendlich zB unweishygerlich die Frage ob Transnationalismus eine Lebensform (mit allen ideologischen Dimensionen) umschreibt oder lediglich eine De-Territorialisierung des Nationalshystaates darstellt71
1 Anm Die intensivere wissenschaftliche
Beschaumlftigung mit dem Phaumlnomen des
Transnationalismus geht auf die fruumlhen
1990er Jahre zuruumlck 2 Vgl httpwwwsowirubdeforschung
profiltrmigrhtmlde am 12042011 3 Zum Beispiel dem Konzept von Human
Security 4 LevittGlick-Schiller 2004 1 5 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
forum2005-04-003 6 Bourne 1916 86ndash97 7 Mayer 2005 11 8 Vgl ebd 9 Glick-Schiller et al 1995 48ndash63 10 Ebd 11 Luumlthi 2005 12 Dahinden 2009 2 13 Glick-Schiller et al 1995 1 14 Portes et al 1999 219 15 Ebd 219 16 LevittGlick-Schiller (LevittGlick-
Schiller 2004) schlagen den Ansatz des
Konzeptes des bdquosozialen Feldesldquo fuumlr mishy
gration studies vor Eine naumlhere Erlaumluteshy
rung folgt spaumlter im vorliegenden Text 17 Vgl Gehmacher oA 18 Bourdieu 1993 183ndash198 19 Siehe dazu weiter unten im Text 20 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 21 Dahinden 2009 22 Pries 2001a 34 23 Bourdieu 1982 171ndash210 24 LevittGlick-Schiller 2004 9 25 Ebd 11 26 Vgl hierzu Punkt 3 dieses Beitrags 27 Auch das Konzept des Transnationalisshy
mustransnationale Migration ndash also die
Etablierung und aller damit verbundenen
Effekte globaler sozialer Netzwerke ndash ist
in diesem Zusammenhang analytisch inteshy
ressant 28 Bei aller Problematik des Begriffes vgl
zB dazu HansenSpetsmann-Kunkel
2008 30 29 Haug 2000 113 ff 30 Vgl zB Massey et al 1993 699ndash749 31 Kastoryano 2003 67
32 Bspw Iran Kurden etc 33 Hier kann zB auf die Rede vom tuumlrkishy
schen Premier Recep Tayyip Erdogan in
Berlin im Februar 2008 verwiesen wershy
den 34 Pries 2001b 35 Zur politischen Partizipation und Diasshy
pora Politics vgl Soumlkefeld 2006 265ndash
284 36 Nach Soumlkefeld 2006 275 37 Vgl hierzu auch Anderson 1991 38 Soumlkefeld 2006 265ndash284 39 Barber 1998 3 40 Vgl Safran 1991 41 Ebd 42 Anm womit wieder der Konnex zum
Transnationalismus hergestellt ist 43 Anm Der Einfluss darf aber einerseits
nicht uumlberschaumltzt werden andererseits ist
auch Vorsicht in der Auseinandersetzung
mit diesem Bereich geboten zu schnell
gelangt man zu den gaumlngigen Mustern
zB der bdquointernationalen juumldischen Weltshy
verschwoumlrungldquo oauml
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44 Anm siehe oben im Deutschen etwas
problematisch da dieser Begriff meist
raumlumlich verwendet wird 45 Faist 1999 189ndash222 46 Anderson 1991 47 Vgl httpwwwtranscript-verlagde
ts311ts311_1pdf 48 Anm sowie nach ihnen andere Wissenshy
schaftler die sich der Thematik im Zuge
der letzten zehn Jahre annahmen 49 LevittGlick-Schiller 2004 7 50 Anm Binnenmigration macht den groumlszligshy
ten Anteil an Migrationsbewegungen weltshy
weit aus 51 Vgl zB Beck 2000 Faist 2000 52 Vgl zB Oberndoumlrfer D (2009) Das
Ende des Nationalstaates als Chance
fuumlr die offene europaumlische Republik in
Butterwegge CHentges G (Hg) Zushy
wanderung im Zeichen der Globalisieshy
rung Wiesbaden 237ndash252 53 Kastoryano 2003 65 54 Ebd 75 55 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 56 Nach Soysal 1994 1 57 Bauboumlck 2007 58 Vgl Pollini 2002 Angelli 2002 13ndash70 59 Fassmann plaumldiert zB fuumlr die Verwenshy
dung des Begriffes bdquoMobilitaumltldquo anstelle
von bdquoMigration in diesem Zusammenshy
hangldquo vgl Fassmann 2003 435 60 Ebd 61 Vgl Fassmann 2003 429ndash449 insb ab
436 62 Anm wobei die Wissenschaft sich beshy
reits seit Anfang der 1990er Jahre damit
auseinandersetzt 63 Anm Uumlber diese Rolle der Sozialwissenshy
schaften geht die Meinung auseinander 64 Anm Der NAP wurde von renommiershy
ten oumlsterreichischen Wissenschaftlern und
Experten unter der Schirmherrenschaft
des BMI konzipiert Ein eigens etabliershy
ter Expertenrat befasst sich wissenschaftshy
lich mit den einzelnen Themenfeldern vgl
httpwwwintegrationsfondsatfileadmin
IntegrationsfondNAPnap_berichtpdf 65 Sarrazin 2010 66 httpdiepressecomhomepolitik
aussenpolitik602605Merkel_Multikultishy
in-Deutschland-absolut-gescheitert
29112010 67 Vgl Young 1995 68 Vgl zB Bhabha 1994 69 Anm dies stellt eigentlich ein gaumlngiges
Argument des Antisemitismus dar
Zuletzt zB im Zuge der Schulungen der
FPOuml Parteiakademie deren Inhalte von
der Zeitschrift News aufgedeckt wurden
News Ausgabe 482009 70 httppolsozfu-berlindepolwiss
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SIAK-JOURNAL
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lismus sei eine Art Antwort des bdquokleinen Mannesldquo auf die Globalisierung bei der in der oumlffentlichen Wahrnehmung in erster Linie oumlkonomische bdquobig playerldquo eine Rolle spielen Entsprechend euphorisch wurde das Konzept aufgenommen und hat ndash trotz (oder gerade auf Grund) eindeutiger Abgrenzungsschwierigkeiten und konzepshytuelle Unschaumlrfen auf welche spaumlter im Text eingegangen werden soll ndash einen fixen Platz in der Migrationsforschung eingeshynommen Heute vertritt das Gros der Forshyscher die Ansicht es handle sich beim Transnationalismus weniger um ein neues Phaumlnomen als um eine neue Perspektive auf ein soziales Phaumlnomen das die Sozialshywissenschaften selbst auf Grund ihres quasi natuumlrlichen Denkens in national-staatlichen Kategorien nicht in der Lage waren fruumlher zu erkennen12 bdquoThe resulshyting analysis (hellip) are building toward a new paradigm that rejects the long-held notion that society and the nation-state are one and the sameldquo13
Portes14 hat nicht zuletzt zur Beantworshytung der Frage nach der Neuartigkeit des Phaumlnomens ndash eine wesentliche Motivation war auch der Forschung in diesem Feld einen konzeptuellen theoretischen Rahmen zu geben (1999) ndash eine Typologie hierzu entwickelt und Charakteristika des Transshynationalismus herausgearbeitet welche eine Differenzierung zu anderen (und fruumlheren) Formen grenzuumlberschreitender Handlunshygen ermoumlglichen sollen und Transnatioshynalismus als eigenstaumlndiges Phaumlnomen erscheinen lassen Diese waumlren 1 Die Involvierung einer signifikanten
Anzahl von Personen ndash in diesem Fall Immigranten und ihr bdquoGegenuumlberldquo in den Heimatlaumlndern
2 Die Interessen und Aktivitaumlten sind in ihrem Charakter stabil und dauerhaft ndash also keine Ausnahmeerscheinungen
3 Die Inhalte dieser Aktivitaumlten wurden noch von keinen bereits existierenden
Konzepten beruumlcksichtigt was die Ershyfindung eines neuen Terminus redunshydant erscheinen lieszlige
Im Hinblick auf den letzten dieser drei Punkte scheint es wesentlich diesem unshydefinierten Spektrum an unterschiedlichen Aktivitaumlten einen Rahmen zu geben Auch hier liefert uns Portes Vorschlaumlge
bdquoFor purposes of establishing a novel area of investigation it is preferable to delimit the concept of transnationalism to occushypations and activities that require regular and sustained social contacts over time across national borders for their impleshymentationldquo15
Obwohl gelegentliche Kontakte Geldshysendungen usw von Mitgliedern der bdquoexshypatriate communityldquo in deren Ursprungsshylaumlnder zwar auch dazu beitragen das bdquotransnationale Feldldquo16 zu staumlrken entspreshychen diese Formen des Kontaktes nicht den oben genannten Charakteristika wesshyhalb diese Aktivitaumlten nicht unter dem Beshygriff bdquoTransnationalismusldquo zu verstehen sind
Ausgehend vom Individuum als Element jeder weiteren wissenschaftlichen Auseishynandersetzung unterscheiden Portes et al weiter drei Typologien des Transnationashylismus (siehe Abbildung 1 ndash Seite 7) 1 Oumlkonomische Initiativen von transnashy
tionalen Unternehmern die ihre Konshytakte uumlber nationalstaatliche Grenzen hinweg ausweiten auf der Suche nach Kapital neuen Maumlrkten oder Lieferanshyten Gerade die Ursprungslaumlnder von Migranten und deren Nachkommen (abhaumlngig davon wie sehr diese von Sozialkapital17 ndash die Zugehoumlrigkeit zu einer Gruppe laumlsst sich als Ressource auffassen die es einem Akteur ermoumlgshylicht sowohl fuumlr sich selbst als auch fuumlr die Gruppenmitglieder positive Auswirshykungen zu erzielen [Bourdieu 198318] ndash wie Kontakten Sprache Kultur der Eltern profitieren koumlnnen) bieten fuumlr
42011 SIAK-JOURNAL
Quelle Portes et al 1999
derartige Aktivitaumlten privilegierte Voshyraussetzungen
2 Politische Aktivitaumlten von offiziellen Repraumlsentanten unterschiedlicher Parshyteien Regierungsfunktionaumlren oder politisch aktiven Personen aus der Zivilgesellschaft deren Ziel es ist den politischen Einflussbereich auszushyweiten bzw zu erhoumlhen ndash entweder in den sending oder receiving countries19
(das Konzept funktioniert in beide Richtungen)
3 Weiters werden davon alle sozio-kultu-
Le
vel
of
in
sti
tuti
on
ali
zati
on
Sector Economic Political Socio-cultural
Low Informal cross-country
traders
Home town civic committ
created by immigrants
ees Amateur cross-country sport
matches
Small business created
by returned immigrants
in home country
Alliances of immigrant
committee with home
country political association
Folk music groups making
presentations in immigrant
centres
Long-distance circular
labor migration
Fund raisers for home
country electoral candidates
Priests from home town visit
and organize their
parishioners abroad
High Multinational
investments in
Third World countries
Consular officials
representatives of nationa
political parties abroad
l
International expositions of
national arts
Development for
tourist market of
locations abroad
Dual nationality granted b
home country governmen
y
ts
Home country major artists
perform abroad
Agencies of home
country banks in
immigrant centres
Immigrants elected to
home country legislatures
Regular cultural events
organized by foreign
embassies
Positionen und Positionierungen ist als auch die alltagsweltliche Lebenspraxis (erwerbs-)biographische Projekte und Identitaumlten der Menschen bestimmt und zugleich uumlber den Sozialzusammenhang von Nationalgesellschaften hinausweistldquo22
Der Begriff des sozialen Feldes geht auf Bourdieu zuruumlck Er beschreibt damit das gesamte Spektrum gesellschaftlicher Inshyteraktion welches sich wiederum in einshyzelne Subfelder untergliedert wobei das politische oumlkonomische und kulturelle Feld die bedeutendsten Felder sind Er lenkt damit die Aufmerksamkeit auf die unterschiedlichen Arten in denen Macht soziale Beziehungen strukturiert23 Angeshywandt auf die Migrationsforschung wurde der Begriff erstmals von Glick-Schiller und Levitt indem sie diesen eben explizit von nationalstaatlichen Grenzen losloumlsen sie verstehen in dieser kontextuellen Ausshylegung das soziale Feld als bdquo(hellip) a set of multiple interlocking networks of social relationships through which ideas practices and resources are unequally exchanged organized and transformedldquo24
Im Zuge der Anwendung des Ansatzes des sozialen Feldes als alternative Erklaumlshyrungshilfe fuumlr moderne Gesellschaftsshyformen und die Zugehoumlrigkeit zu einer solshychen unterscheiden die Autorinnen weiter
rellen Vorhaben erfasst die darauf ausgeshyrichtet sind eine Form einer nationalen Identitaumlt im Ausland (zB durch gemeinshysame kulturelle Aktivitaumlten Musik aus dem Heimatland etc) zu verfestigen
Ein weiterer wesentlicher Punkt den es bei der Auseinandersetzung mit der Themashytik zu beachten gilt ist die Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen transnatioshynalen Aktivitaumlten bdquovon obenldquo (Initiativen von maumlchtigen institutionellen Akteuren) bzw bdquovon untenldquo (Initiativen von Immishygranten und deren Gegenuumlber im Hershykunftsland)20
11 SOZIALKAPITAL UND DAS KONZEPT DES SOZIALEN FELDES IM KONTEXT DER MIGRATIONSshyUND INTEGRATIONSFORSCHUNG bdquoMigrantinnen und Migranten fuumlhren geoshygraphisch getrennte Raumlume zu einer einshyzigen Arena sozialer Aktion zusammen indem sie sich vorwaumlrts und ruumlckwaumlrts zwischen unterschiedlichen kulturellen sozialen politischen und oumlkonomischen Systemen bewegenldquo21
Nach Pries sind transnationale soziale Raumlume bdquoneuesbquo soziale Verflechtungszushysammenhaumlngelsquo die geographisch-raumlumshylich diffus bzw multi-lokal sind und gleichzeitig einen nicht nur transitorischen sozialen Raum konstituieren der sowohl eine wichtige Referenzstruktur sozialer
Abb 1 Typisierung Transnationalismus nach Portes et al
7
SIAK-JOURNAL
8
42011
zwischen den bdquoways of beingldquo und bdquoways of belongingldquo bdquoWays of being refers to the actual social relations and practices that individuals engage in rather than to the identities associated with their actions (hellip) In contrast ways of belonging refers to practices that signal or enact an identity which demonstrates a conscious connectishyon to a particular groupldquo25
Hinsichtlich der Schwerpunktsetzung lassen sich hier durchaus Parallelen erkenshynen ndash vor allem auch im Hinblick auf die oben beschriebene Typologie von Portes et al Wichtig aber dies hier nur angemerkt ist dass mit dem Begriff des sozialen Felshydes auch eine Definitionsmacht einhershygeht Macht der Personen Institutionen Mechanismen die festlegen was Inhalt des spezifischen Feldes ist
Eine weitere Ebene der Auseinandersetshyzung bietet der Begriff bdquoSozialkapitalldquo26 ndash auch erstmals von Bordieu gepraumlgt ndash in Folge aber zu einem Lieblingsbegriff der Soziologie avanciert Das Konzept des Sozialkapitals findet seit einiger Zeit in der (neueren) Migrationsforschung ebenshyfalls Beachtung wobei bislang vor allem auf Phaumlnomene wie Kettenmigration cirshycular migration oder return migration ndash alshyso die Rolle sozialer Netzwerke als Ausloumlshyser von Wanderungsbewegungen bzw die Auswahl des Ziellandes ndash eingegangen wurde27 Eine weitere Komponente die bislang eher nur vereinzelt Beachtung fand ist die Bedeutung von Sozialkapital und sozialen Netzwerken fuumlr die bdquoInteshygrationldquo28 von Zuwanderern Bei dieser Analyseperspektive wird also der Fokus auf das bdquoDanachldquo gelegt ndash nachdem der Wanderungsprozess (der eigene oder der der Eltern) bereits abgeschlossen ist
Sonja Haug und Sonja Pointner weisen sehr treffend auf verschiedenste analytische Problematiken hin die entstehen wenn man die (durchaus noch heterogene) Theorie des Sozialkapitals direkt auf das
Feld der Migrations- bzw Integrationsforshyschung anwendet Kurzum es ist wesentshylich bdquo(hellip) fuumlr eine differenzierte Analyse der Wirkungsweise des Sozialkapitals (hellip) zwischen herkunftsortspezifischen und zielshyortspezifischen Sozialkapital zu unterscheishydenldquo29 Grundsaumltzlich laumlsst sich festhalten dass Sozialkapital einen wesentlichen Einshyflussfaktor fuumlr Migrationsentscheidungen darstellt30
Die Bedeutung und Relevanz sozialer Netzwerke und Sozialkapitals auf den Mishygrations- va aber den Integrationsproshyzess ist weitestgehend bdquowissenschaftliches Brachlandldquo in der naumlheren Betrachtung entsprechender Wirkungszusammenhaumlnge laumlge bedeutsames gesellschaftliches Poshytential
12 FORMEN DER AKTIVITAumlT ndash NEUE FORMEN DES POLITIshySCHEN HANDLUNGSRAHMENS bdquoSome transnational networks are based on local initiatives some come from the country of origin and some are encouraged by supranational institutions (hellip) Initiashytives at all levels help activists develop political strategies and mobilization beyond statesldquo31
An dieser Stelle soll auf unterschiedliche politische Komponenten des Transnationashylismus hingewiesen werden Hier lassen sich unterschiedliche Akteure und Handshylungsmuster sowie Aktionsfelder beobachshyten die Politik der Einwanderer bezogen auf deren Herkunftsland32 die Politik der Einwanderer in Hinblick auf deren Aufshynahmeland die Politik des Herkunftslanshydes durch die migrant community oder einzelner Politiker des Herkunftslandes in einem jeweiligen anderen Land33 und die Politik eines Staates durch den Umgang mit einer bestimmten Gruppe in Hinblick auf deren Herkunftsland (zum Beispiel der Umgang der USA mit den Exilkubanern in Florida im Hinblick auf die Wirkung ndash
42011 SIAK-JOURNAL
symbolisch oder tatsaumlchlich ndash welche diese auf Kuba haben koumlnnte)
Auch rechtlich nicht legitimierte Pershysonen haben Moumlglichkeiten politisch zu mobilisieren und Druck auszuuumlben indem sie Mittel der politischen Artikulation nutshyzen allerdings besteht hier eine gewisse Huumlrde da eine houmlhere Gefaumlhrdung (durch die unsichere persoumlnliche Lebenssituation) mit politischer Betaumltigung einhergeht Als Beispiele waumlren die Sans-Papier-Proteste in Westeuropa oder Proteste von Personen mit illegalem Aufenthaltsstatus in den USA zu nennen die immerhin immer wieder Legalisierungswellen ausgeloumlst haben Als eine Auspraumlgung des politischen Handshylungsrahmens aus dem Blickwinkel mit Transnationalitaumlt sei weiters auf die vielshybeachtete Aktion eines Plattenlabels in den USA verwiesen die mit bdquoNuestro Himnoldquo eine spanischsprachige Version der amerikanischen Nationalhymne ins Radio brachte und damit fuumlr groszlige Aufshymerksamkeit sorgte Daran laumlsst sich ershykennen wie sensibel die Frage der Idenshytitaumlt ist und daruumlber hinaus wie eng diese an bestimmte Symboliken gebunden ist
Bei diesen Betrachtungen ist trotz allem der Nationalstaat die Referenz- und Beshyzugsgroumlszlige Sich davon zu loumlsen scheint in Anbetracht der hier dargestellten Beishyspiele welche die wesentlichen Moumlglichshykeiten und Richtungen politischen Hanshydelns in einem transnationalen Kontext darstellen nur schwer moumlglich
Generell stellt sich die Frage wo genau die Grenzziehung zwischen transnational community und Diaspora verlaumluft
Migration als Einbahnstraszlige
Migrationsbewegungen auf der Basis von Netzwerken und Kreislaumlufen
In diesem Zusammenhang hat Pries eine (grobe) Einteilung unterschiedlicher Mishygrantengruppen versucht wobei Variationen in den unterschiedlichsten Graubereichen anzutreffen sind (siehe Abbildung 2)34
13 DIASPORADIASPORA POLITICS35
bdquoDiasporas are imagined transnational communities which are unique segments of people that live in territorially separated locationsldquo36
Soumlkefeld weist darauf hin dass nicht alle Migranten automatisch zu Mitgliedern einer Diaspora werden und nicht alle Gruppen von Migranten zu Diaspora- oder transnationalen Gemeinschaften Vielmehr ist ein solches Bewusstsein abhaumlngig von einer entsprechenden Selbstsicht bezieshyhungsweise Mobilisierung Er geht in Folshyge explizit auf den Punkt der imaginaumlren Gemeinschaft ein und weist nachdruumlcklich auf deren Bedeutung hin da schlussendshylich auch Staaten bdquoimagined communitiesldquo und trotzdem oder gerade deshalb real sind37
bdquoThe fact that nations are imagined communities does not mean that they are fictitious or unreal Imagined communishyties ndash nations ethnic groups or others ndash are real because they are imagined as real because they are taken as real and because they therefore have very real effects on social lifeldquo38
Verwendet man den zuvor beschriebenen Terminus des transnationalen sozialen Felshydes wird diese Differenzierung zumindest vereinfacht da damit ein Raum geschaffen
Quelle Pries 2001b
Emigranten Ruumlckkehr-Migranten
Immigranten (bdquoreturn migrantsldquo)
Transmigranten Diaspora-Migranten
Abb 2 Idealtypen von MigrantInnen im Zeitalter der Globalisierung gemaumlszlig Pries
9
SIAK-JOURNAL
10
42011
wird in dem Vernetzungen von MigranshytInnenNicht-MigrantInnen beziehungsshyweise Personen aus unterschiedlichen Herkunftslaumlndern bestehen Ein Raum alshyso der sich uumlber nationalstaatliche Grenshyzen und geografische Gegebenheiten hinshywegsetzt Das bindende Element ist ein selbst definiertes sich aus dem Feld ergeshybendes und von den Akteuren des Feldes beeinflusstes
Barber loumlst sich von der rein geografishyschen Verwendung des Begriffes bdquoRaumldquo (im deutschen Sprachraum) und fordert vielmehr den Begriff als Metapher fuumlr Zivilgesellschaft39
Die Trennlinie zum Terminus der Diasshypora ist keine scharf zu ziehende Diaspora beschreibt vielmehr eine homogenere Gruppe und es muss zumindest in den Raum gestellt werden ob Diaspora-Identishytaumlt nicht forced migration (das kann sich durchaus auch auf nachkommende Geneshyrationen bdquovererbenldquo) oder zumindest die ersehnte Ruumlckkehr in ein selbst erlebtes oder bdquofiktivesidealisiertesldquo (weil heute in der Form nicht mehr existierendes) Heishymatland voraussetzt40 oder aber zumindest eine wesentliche Treibkraft fuumlr diese Form der kollektiven Identitaumlt darstellt
So begreifen sich zB viele Juden in aller Welt als Diaspora Die Ruumlckkehr nach Israel obwohl die meisten sowie deren Vorfahren nie dort gelebt haben wird kolshylektiv idealisiert und wird zumindest theoshyretisch in die Lebensplanung miteinbezoshygen (paradigmatisch hierfuumlr steht zum Beispiel der bekannte Ausdruck bdquoNaumlchsshytes Jahr in Jerusalemldquo)
Folgerichtig sind also wie erwaumlhnt nicht alle MigrantInnen Teil einer Diaspora nicht alle fuumlhlen sich transnational bzw einer diaspora community zugehoumlrig
William Safran41 versuchte bereits 1991 eine entsprechende Charakterisierung vorshyzunehmen Derzufolge zeichnen sich Mitshyglieder einer Diaspora vornehmlich dashy
durch aus dass sie Erinnerung und starken Bezug zu ihrem bdquooriginal homelandldquo beshyhalten dieses idealisierend erhoumlhen um dessen Erhalt und Restaurierung bemuumlht sind und weiterhin Kontakte in ihr Heishymatland pflegen42 Den Strategien von Diasporas sind zwei Positionen immanent die Entwicklung von Strategien im Umshygang mit dem jeweiligen Aufnahmeland (also Fragen der Integration und Assimishylierung) in Balance mit der Beziehung zum Ursprungsland
Oft sind transnationale Handlungen von MigrantInnen(gruppen) oumlkonomisch orishyentiert Dies aumluszligert sich einerseits in einer Vielzahl von kleineren Geschaumlftsbezieshyhungen (wie zB der typische Import-Exshyport-Handel) oder auch uumlber remittances an Angehoumlrige ins alte Heimatland In vieshylen Faumlllen geht die Betaumltigung aber uumlber diese oumlkonomische Ebene hinaus und ershystreckt sich auf eine politische In diesem Fall begibt man sich in den Bereich der diaspora politics
Der Wirkungshorizont von diaspora poshylitics umfasst
Die Organisation im Aufnahmeland um dort den politischen Einfluss zu vergroumlshyszligern Druck auf das Heimatland auszuuumlben insbesondere bei Politikfeldern in deshynen Interessen der Diaspora angesproshychen werden Weiters kann die transnationale diaspora community mit anderen (Dritt-)staaten Internationalen Organisationen uauml in Interaktion treten Sie bilden dadurch Lobbys auszligerhalb nationalstaatlicher Strukturen43
Das Konzept des transnationalen Raushymes44 umfasst unterschiedliche Realitaumlten Sieht man sich hier Faists Definition an laumlsst sich ein Blick auf die Trennlinie nach Diaspora und transnationaler Gemeinshyschaft werfen bdquoTransnationale Gemeinden
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oder Familien etwa stellen nur eine Art von transnationalen Netzwerken dar In transnationalen Raumlumen koumlnnen sich etwa MigrantInnenenfamilien bewegen koumlnnen Diasporas bestehen bzw sich neue herausshybilden und koumlnnen auch ethnisch def ishynierte Netzwerke wirken in denen ein intensiver oumlkonomischer und kultureller Austausch stattfindet Diesen verschiedeshynen Erscheinungsformen gemeinsam sind (hellip) eigene basale Eingliederungsmechashynismen (Solidaritaumlt zur kleinen Gruppe oder zu einer Bezugsgemeinde Bildung eishynes spezifischen Netzwerkes) waumlhrend viele andere Faktoren wie etwa der Chashyrakter und die Intensitaumlt der Verbindungen die Charakteristika der mitwirkenden Pershysonen die Art der Austauschprozesse usw sehr unterschiedlich sein koumlnnenldquo45
Diese Definition zeigt dass ein bdquosowohl als auchldquo der Begriffe moumlglich ist entbinshydet aber nicht von der Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung der beiden als eigenstaumlndige soziale Phaumlnomene
2 NATIONALSTAAT NATION UND GESELLSCHAFT VOR DEM HINshyTERGRUND TRANSNATIONALER SOZIALER NETZWERKE Wie bereits erwaumlhnt macht die Transnashytionalismusdebatte deutlich dass das Konshyzept des Nationalstaates worin dieser mit Gesellschaft gleichgesetzt wird auf Grund sich veraumlndernder Rahmenbedingungen zunehmend als obsolet erachtet wird
Unbedingt Erwaumlhnung finden muss an dieser Stelle die Arbeit von Benedict Anderson der in seinem 1983 erschienenen Werk bdquoimagined communitiesldquo46 ein Konshyzept formulierte um die Phaumlnomene des Nationalismus und der Nationalstaatsbilshydung ndash und damit verbundener Konnotatioshynen und Deutungen ndash zu analysieren Der Zugang ist ein konstruktivistischer Natioshynen sind demnach keine Realitaumlten an sich sondern historisch und kulturell spezifische
Projektionen allerdings mit sehr realen Konsequenzen und Implikationen47
Zentrales Element der transnational mishygration studies ist der Anspruch das Konshyzept der Gesellschaft neu zu formulieren da es demzufolge nur mehr begrenzt sinnshyvoll erscheint vor allem nationale Grenzen ins Zentrum des Interesses und der wisshysenschaftlichen Analyse zu setzen Familie Staatsbuumlrgerschaft und Nationalstaat muumlsshysen neu uumlberdacht werden Noch wird Nashytionalstaat als Norm und werden soziale Identitaumlten und Handlungen die nationalshystaatliche Grenzen uumlberschreiten als aushyszligerhalb der Norm angesehen Diese Denkshymuster aufzubrechen ist Ziel der Arbeit ua von Glick-Schiller et al48
Aber die Autoren gehen noch weiter und fordern vor diesem gedanklichen Hintershygrund das gesamte Gesellschaftssystem welches sich an nationalstaatlichen Grenshyzen orientiert neu zu uumlberdenken da es ihnen zufolge nicht mehr zeitgemaumlszlig sei und den Lebensrealitaumlten einer zunehmenshyden Anzahl von Menschen nicht entspreshyche bdquoBut if we remove the blinders of meshythodological nationalism we see that while nation-states are still extremely imshyportant social live is not confined by nation state boundaries Social and religious movements criminal and professional netshyworks and governance regimes as well as flows of capital also operate across borshyders (hellip) we locate our approach to migrashytion research within a larger intellectual project (hellip) to rethink and reformulate the concept of society such that it is no longer automatically equated with the boundaries of a single nation-stateldquo49
Der Ansatz der Autoren ist durchaus vishysionaumlr und findet in weiten Teilen auch Zustimmung Allerdings darf zB auf den Aspekt hingewiesen werden dass trotz steigender Mobilitaumlt und einer zunehmenshyden Anzahl von Personen die im Laufe ihres Lebens ihren Lebensmittelpunkt
11
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12
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uumlber nationalstaatliche Grenzen hinweg verlagert der uumlberwiegende Teil der Menshyschen aus unterschiedlichsten Gruumlnden doch sesshaft bleibt und sich ndash wenn uumlbershyhaupt ndash nur in einem relativ regionalen Umkreis50 bewegt
Insgesamt steht die Forderung nach einer Neukonzeption des Gesellschaftskonzepshytes welches Erscheinungen der Zeit wie Globalisierung und Kosmopolitisierung des Individuums entsprechend Rechnung traumlgt im Zentrum des Interesses einer zushynehmenden Gruppe von Forschern51
Geht man noch einen Schritt weiter zushyruumlck in der ndash wenngleich durchaus philoshysophischen ndash Betrachtung kommt man im Zuge der theoretischen Beschaumlftigung mit Transnationalismus Globalisierung bzw der Zunahme bzw Erweiterung suprashynationaler Organisationen oder Verbaumlnde unweigerlich zu dem Punkt an dem der Nationalstaat in seiner momentanen Ausshypraumlgung in Frage gestellt wird52
bdquoIf we define nation-states as political structures sbquoinventedlsquo in eighteenth-century Europe based on the coincidence of terrishytorial cultural linguistic and even to some extent religious unity then new global structures such as supranational institushytions and transnational networks challenge themldquo53
Insbesondere die wissenschaftliche Ausshyeinandersetzung mit und um den euroshypaumlischen Integrationsprozess von einer oumlkonomischen hin zu einer politischen Gemeinschaft ist gepraumlgt von der Grundshysatzfrage nach der Aufrechterhaltung des Nationalstaatsmodells bzw den Schwieshyrigkeiten die damit verbunden waumlren mit diesem Modell zu brechen Schlieszliglich sind Konzepte wie postnationale kosmoshypolitische oder transnationale Zugehoumlrigshykeiten Identitaumlten und Netzwerke nichts anderes als ein Ausdruck dieses wissenshyschaftlichen Diskurses54 welcher durch
zunehmende Migrationsbewegungen und allgemeine Mobilitaumlt weltweit noch vershystaumlrkt wird bdquoThe nation-state is seen as weakenedsbquo sbquofrom abovelsquo by transnational capital global media and emergent suprashynational political institutions sbquoFrom beshylowlsquo it faces the decentering sbquolocallsquo resishystances of the informal economy ethnic nationalism and grassroots activismldquo55
Oder um es mit Soysal zu sagen bdquoAt the beginning of the twentyfirst century the nation stateacutes capacity for social integrashytion is losing ground We move towards postnational membershipldquo56
Auf die Frage nach der Definition von Staatsbuumlrgerschaft antwortete zB der anerkannte Migrationsforscher Rainer Bauboumlck 2007 Staatsbuumlrgerschaft bdquo(hellip) ist zunaumlchst ein formaler Status Aber Staatsbuumlrger muumlssen sich auch zugehoumlrig fuumlhlen Nur wozu Nicht zur Nation nicht zur Kultur schon gar nicht zur Religion Das sollte so etwas sein wie ein minimashyles Grundverstaumlndnis von demokratischer Gemeinschaft in der wir alle demselben Staat unterworfen sind und deshalb die gleichen Rechte habenldquo57
Zudem lieszlige sich zumindest die Frage in den Raum stellen ob Zugehoumlrigkeit zur bzw Abstammung von derselben ethshynischen Gruppe oder ein gemeinsames Herkunftsland eine zwingende Grundvoshyraussetzung oder Bezugsgroumlszlige fuumlr ein transnationales Netzwerk darstellen oder ob nicht vielmehr gesellschaftspolitische oder religioumlse Stroumlmungen ndash man denke in diesem Zusammenhang zB an die bdquoqueer communityldquo welche beispielsweise auch eine eigene Flagge als Symbol (die Regenshybogenflagge welche sich auch internashytional durchgesetzt hat) verwendet oder an die umma im Islam (als Gegenentwurf zum weltlichen Konzept des Nationalshystaates) ndash nicht auch begrifflich davon zu erfassen waumlren Dieser Gedanke allerdings nur am Rande
SIAK-JOURNAL 42011
3 INTEGRATION(SPOLITIK) ASSIMILIERUNG UND IDENTIshyTAumlT ndash AUS DEM BLICKWINKEL DES TRANSNATIONALISMUS Im Zuge der Transnationalismusdebatte ist neben der Frage ob es sich hierbei um ein neues Phaumlnomen handelt oder aber ein altes in einer neuen Auspraumlgung eine andere Frage wesentlich Hindert die zushynehmende Bildung transnationaler Netzshywerke die Integration von Zuwanderern oder befoumlrdert sie diese Die Relevanz dieser Frage wird auch in der wissenshyschaftlichen Auseinandersetzung deutlich Klar ist dass gaumlngige Integrationskonzepshyte an die Grenzen dessen stoszligen was sie zu erklaumlren im Stande sind
Diesen (moumlglichen) Zusammenhang beshytreffend gaumlbe es in der sozialwissenschaftshylichen Forschung durchaus noch Handshylungsbedarf Geht man einmal grundsaumltzlich von der Praumlmisse aus die Konzepte von Integration bzw Transnationalismus seien mit Kategorien wie bdquoniedrigldquo und bdquohochldquo zu bewerten so lieszligen sich daraus drei Varianten des Wirkungszusammenhangs schlussfolgern
Erstens ein negativer Zusammenhang wobei ein hoher Grad an Integration mit einem niedrigen Grad an transnationaler Verankerung (bzw auch transnationalem Sozialkapital) einher ginge und vice versa zweitens die Moumlglichkeit des positiven Zusammenhangs vielleicht verfuumlgen zB gut integrierte MigrantInnen eher uumlber die notwendigen Ressourcen wie etwa regelshymaumlszligig zu reisen zwei Wohnsitze zu erhalshyten usw Und als letzte Variante die Moumlgshylichkeit dass beide Konzepte vollkommen ohne Wirkungszusammenhang zueinander bestehen Dies sei nur kurz erwaumlhnt um auf den Forschungsbedarf und moumlgliche Untersuchungsansaumltze hinzuweisen
Trotz der gesteigerten Mobilitaumlt von Menschen die sich nicht zuletzt auf eine einfachere Uumlberbruumlckbarkeit weiterer
Distanzen zuruumlckfuumlhren laumlsst verlieren lokale Lebensraumlume als Referenzen fuumlr psycho-soziale Identifizierungsprozesse von Menschen aber nicht zwingend an Reshylevanz bdquoDie Menschen bewegen sich heushyte vielmehr im Spannungsfeld zwischen Kosmopolitismus und Lokalismus Dies wirft die Frage nach dem Zusammenhang zwischen raumlumlicher Mobilitaumlt einerseits und Zugehoumlrigkeit und Integration von Menschen andererseits aufldquo58
Im Zuge der Betrachtung des Phaumlnoshymens der transnationalen Mobilitaumlt wird deutlich dass die bislang geltenden Inteshygrationsansaumltze ndash in all ihrer Unterschiedshylichkeit ndash hier an Guumlltigkeit verlieren und neu uumlberdacht werden muumlssten Nicht dass die herkoumlmmlichen Formen von Migration nicht mehr existierten natuumlrlich wandern auch heute noch Menschen dauerhaft aus ohne einen fixen Bezugs- und Kontaktshypunkt in Form eines Netzwerkes oauml in der alten Heimat zu behalten Die Form der transnationalen Migration59 ergaumlnzt das Spektrum allerdings Es zeigt sich zunehshymend dass die bisherigen Integrationsshyansaumltze die von einer eindeutigen und dauerhaften Orientierung der Zuwanderer auf die Aufnahmegesellschaft ausgehen der Lebensrealitaumlt einer zunehmenden Anshyzahl von Menschen nicht entsprechend Rechung tragen Diese Erkenntnis ist allershydings nichts fundamental Neues vielmehr lassen sich dadurch zum Teil bereits vershymeintliche bdquoIntegrationsdefiziteldquo bei Vershytretern der Gastarbeitergeneration festmashychen Die Grundannahmen und (politische wie gesellschaftliche) Erwartungshaltunshygen gingen lange von wenig umfassenden und dadurch oberflaumlchlichen Grundvoshyraussetzungen aus
Fassmann weist ua auf das diesbezuumlgshyliche Unvermoumlgen der unterschiedlichsten Integrations- (bzw Assimilations-)ansaumltze hin bdquoMit der neuen transnationalen Mobilishy
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taumlt werden all jene Integrationskonzepte obsolet die von einer eindeutigen Orienshytierung der MigrantInnen auf die sbquoZielgeshysellschaftlsquo ausgehen (hellip) Doch gehen selbst jene Konzepte die keine perfekte Assimilation annehmen sondern kulturelle (sbquomultikulturellelsquo) Freiraumlume offerieren von einer dauerhaften Aufnahme ausldquo60
Auf Grund der Qualitaumlt der einzelnen Faktoren ist anzunehmen dass sich diese Entwicklung eher im Steigen befindet
Als die vier elementarsten Voraussetshyzungen oder Faktoren fuumlr transnationale Mobilitaumlt benennt Fassmann erstens durchshylaumlssige Grenzen wodurch zirkulaumlre Wanshyderungsbewegungen erst ermoumlglicht wershyden zweitens bdquoschrumpfendeldquo Distanzen (siehe oben) drittens ein bestehendes ethshynisches Netz am Zuwanderungsort und schlieszliglich als weiteres und viertes Merkshymal welches die handelnden Akteure selbst betrifft die globale Verwertbarkeit von deren Qualifikationen61 Unter Beruumlckshysichtigung dessen waumlre es sinnvoll alte wissenschaftliche Theorien62 zu reformushylieren den sich wandelnden gesellschaftshylichen Prozessen anzupassen und ndash als logische und notwendige Konsequenz ndash entsprechende politische Maszlignahmen zu setzen
Hier waumlre und ist die Sozialwissenschaft gefordert ihre Erkenntnisse lauter und geshyzielter in Richtung Zivilgesellschaft und politischer Entscheidungstraumlger zu artikushylieren und somit ihre Verantwortung63 als erster bdquoBeobachterldquo gesellschaftlicher Vershyaumlnderungsprozesse wahrzunehmen Es ist allerdings ein durchaus positiver Trend zu erkennen auch seitens der politischen Entscheidungstraumlger verstaumlrkt auf die aktive Miteinbeziehung wissenschaftlicher Exshypertise zu setzen Seitens des oumlsterreichishyschen Innenressorts spiegelt sich diese Entwicklung zB in der Formulierung des Nationalen Aktionsplans fuumlr Integration samt angeschlossenem Expertenrat wider64
Nicht zuletzt sehen wir uns heute in Europa (speziell in ehemaligen Gastarshybeiterlaumlndern aber auch zB in den Nieshyderlanden oder Frankreich) mit dem Vorshywurf einer weitgehend bdquogescheitertenldquo Integrationspolitik konfrontiert wie im Herbst 2010 im Zuge der Debatte durch Sarrazin65 und Co und nicht zuletzt von der deutschen Bundeskanzerlin Angela Merkel demonstriert wird wenn Sie meint der bdquoMulitikulti-Ansatzldquo sei gescheitert66 Dies nicht zuletzt deshalb weil die bisshyherigen Modelle der Heterogenitaumlt und den Lebensrealitaumlten der betroffenen Menshyschen zu wenig Rechnung getragen haben
31 EXKURS HYBRID CULTURE UND HYBRIDE IDENTITAumlT Im 19 Jahrhundert als der Begriff bdquohybrishyde Identitaumltenldquo gepraumlgt wurde war dessen Praumlgung eindeutig negativer Natur67 Trotzshydem der Begriff Hybriditaumlt in den Geistesshyund Sozialwissenschaften beginnend mit den ersten Ansaumltzen der postcolonial stushydies68 gaumlngig wurde haftet ihm dieser Beishygeschmack ndash zumindest fragmentarisch ndash immer noch an Zu oft wurden und werden Zuwanderern eine Art bdquodoppelteldquo Loyalishytaumlt und versteckte Absichten unterstellt69 Wissenschaftlich bezeichnet der Begriff ein weites Spektrum welches sich mit Formen kultureller Zugehoumlrigkeiten ausshyeinandersetzt
Im Rahmen eines Forschungsprojektes an der FU Berlin welches sich mit dieser Frage beschaumlftigt wurde folgende Defishynition aufgestellt bdquoHybriditaumlt tritt auf in Situationen kultureller Uumlberschneidung dh teilweise gegensaumltzliche Sinngehalte und Handlungslogiken die getrennten Handlungssphaumlren entstammen fuumlgen sich zu neuen Mustern zusammen Es kommt zu einer Infragestellung traditioneller Zushygehoumlrigkeitskriterien und einer Delokalishysierung von Identitaumltldquo70
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Auch hier wird deutlich dass eine strikte Trennung und Gegenuumlberstellung der Beshygrifflichkeiten (Hybriditaumlt Transnationashylismus Diaspora etc) wenig Sinn macht dass vielmehr die Herausbildung hybrider Identitaumlten welche entsprechende struktushyrelle Rahmenbedingungen voraussetzt die Bildung eines eigenen sozialoumlkonomishyschen wie kulturellen Raumes bedingen ein Merkmal der zunehmenden transnatioshynalen Ausrichtung von Menschen sind
Grundsaumltzlich bezeichnen hybride Kulshyturen meistens Gruppen ehemaliger Zushywanderer bei welchen sich eine eigene Identitaumlt mit Merkmalen aus der Urshysprungskultur und der Kultur des Aufnahshymelandes herausgebildet hat die sich jeshyweils von beiden unterscheidet ndash also etwas fuumlr sich Autonomes darstellt Nicht alle Mitglieder der ethnischen community des (ehemaligen) Ursprungslandes sind automatisch Teil der hybriden Kultur Im Gegenteil Als Beispiel waumlren hier zB die Amerikaner mexikanischen Ursprungs die sich selbst stolz als bdquoChicanosldquo beshyzeichnen zu nennen die sich ganz bewusst von den neu zugezogenen oft illegalen Zushywanderern aus Mexiko abgrenzen wollen
Weiters bezieht sich der Begriff bdquoHybrishyditaumltldquo im Gegensatz zu Diaspora (bdquodiasshypora politicsldquo) der stark politisch besetzt ist in der Literatur oft eher auf den kultushyrellen Raum
Bei der Beschaumlftigung mit hybrid identishyties wenn man also das Merkmal der Identitaumlt in den Vordergrund stellt kann man eine Frage als elementar und der Theshymatik wesenseigen formulieren Stellt der Migrationshintergrund einen Vorteil dar da es sich leichter zwischen zwei Kulturen bewegen laumlsst Ermoumlglicht er den betrofshyfenen Personen als bdquoVermittlerldquo zwischen den Kulturen aufzutreten oder stellt die Herkunft eine Buumlrde dar mit welcher in vielen Faumlllen Diskriminierung Marginalishysierung und Benachteiligung einhergehen
die mit zunehmender Assimilierung abshynimmt
Diese Frage zu beantworten ist allershydings nicht Inhalt der vorliegenden Arbeit Als Hypothese kann aber angenommen werden dass die Frage nach Vor- und Nachteilen stark von der jeweiligen Hershykunft der betreffenden Person sowie der beobachteten Herkunftsgesellschaft abshyhaumlngt ndash ohne an dieser Stelle auf den Aspekt der starken Heterogenitaumlt der Indishyviduen zu vergessen und somit den Fehler der klassischen Integrationsforschung zu wiederholen von einem bdquoIdealtypusldquo des Migranten auszugehen
Nicht zuletzt ist hinsichtlich der Frage der Identitaumlt Zeit ein maszliggeblicher Faktor Der oft vorgenommene Vergleich der Zushywanderer bzw Personen mit Migrationsshyhintergrund in Europa mit (klassischen Einwanderungs-)Laumlndern wie Kanada USA oder Australien ndash wo transnationale Netzwerke und communities um einiges laumlnger bestehen und nicht zuletzt die Geshyschichte von Migrationsbewegungen eine anderere ist ndash muss serioumlserweise entspreshychend beruumlcksichtigt werden
4 SCHLUSSBETRACHTUNG Je eingehender man sich mit der Thematik auseinandersetzt desto staumlrker ruumlckt deren Komplexitaumlt ins Zentrum Das Themenshyfeld der Transnationalitaumlt umfasst untershyschiedlichste Beruumlhrungspunkte mit andeshyren Konzepten die es zu beruumlcksichtigen gilt beginnend bei der Frage der Identishytaumlt(en) und Moumlglichkeiten der politischen Partizipation uumlber die Frage der Guumlltigkeit des Konzeptes des Nationalstaates als Reshyferenzobjekt in einer globalisierten Welt ndash insbesondere vor dem Hintergrund des Integrationsprozesses der Europaumlischen Union ndash die Frage der Ursachen und Katalysatoren der Transnationalitaumlt und der Differenzierung zu anderen Konzepten wie Diaspora und hybride Kulturen und
15
SIAK-JOURNAL 42011
nicht zuletzt des Aufzeigens der Grenzen und Missverstaumlndnisse der bisherigen Inshytegrationskonzepte
Im Rahmen des vorliegenden Beitrags wurden mehrere Punkte angeschnitten und der Versuch unternommen einen Einblick in das komplexe Feld des Transnationalisshymus zu bieten im Bewusstsein viele andere wichtige Aspekte unberuumlhrt gelassen zu haben
Insgesamt liefert das ndash trotz allem relativ junge ndash Konzept des Transnationalismus einen notwendigen theoretischen Rahmen fuumlr die Auseinandersetzung mit Migrashy
tionsbewegungen und deren Auswirkunshygen auf Entsende- und Aufnahmegesellshyschaften und -staaten und gleichsam der bdquoglobal communityldquo in der postwestfaumllishyschen Weltordnung an sich obwohl an der einen oder anderen Stelle auch Unschaumlrfen des Modells zum Ausdruck kommen
So stellt sich schlussendlich zB unweishygerlich die Frage ob Transnationalismus eine Lebensform (mit allen ideologischen Dimensionen) umschreibt oder lediglich eine De-Territorialisierung des Nationalshystaates darstellt71
1 Anm Die intensivere wissenschaftliche
Beschaumlftigung mit dem Phaumlnomen des
Transnationalismus geht auf die fruumlhen
1990er Jahre zuruumlck 2 Vgl httpwwwsowirubdeforschung
profiltrmigrhtmlde am 12042011 3 Zum Beispiel dem Konzept von Human
Security 4 LevittGlick-Schiller 2004 1 5 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
forum2005-04-003 6 Bourne 1916 86ndash97 7 Mayer 2005 11 8 Vgl ebd 9 Glick-Schiller et al 1995 48ndash63 10 Ebd 11 Luumlthi 2005 12 Dahinden 2009 2 13 Glick-Schiller et al 1995 1 14 Portes et al 1999 219 15 Ebd 219 16 LevittGlick-Schiller (LevittGlick-
Schiller 2004) schlagen den Ansatz des
Konzeptes des bdquosozialen Feldesldquo fuumlr mishy
gration studies vor Eine naumlhere Erlaumluteshy
rung folgt spaumlter im vorliegenden Text 17 Vgl Gehmacher oA 18 Bourdieu 1993 183ndash198 19 Siehe dazu weiter unten im Text 20 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 21 Dahinden 2009 22 Pries 2001a 34 23 Bourdieu 1982 171ndash210 24 LevittGlick-Schiller 2004 9 25 Ebd 11 26 Vgl hierzu Punkt 3 dieses Beitrags 27 Auch das Konzept des Transnationalisshy
mustransnationale Migration ndash also die
Etablierung und aller damit verbundenen
Effekte globaler sozialer Netzwerke ndash ist
in diesem Zusammenhang analytisch inteshy
ressant 28 Bei aller Problematik des Begriffes vgl
zB dazu HansenSpetsmann-Kunkel
2008 30 29 Haug 2000 113 ff 30 Vgl zB Massey et al 1993 699ndash749 31 Kastoryano 2003 67
32 Bspw Iran Kurden etc 33 Hier kann zB auf die Rede vom tuumlrkishy
schen Premier Recep Tayyip Erdogan in
Berlin im Februar 2008 verwiesen wershy
den 34 Pries 2001b 35 Zur politischen Partizipation und Diasshy
pora Politics vgl Soumlkefeld 2006 265ndash
284 36 Nach Soumlkefeld 2006 275 37 Vgl hierzu auch Anderson 1991 38 Soumlkefeld 2006 265ndash284 39 Barber 1998 3 40 Vgl Safran 1991 41 Ebd 42 Anm womit wieder der Konnex zum
Transnationalismus hergestellt ist 43 Anm Der Einfluss darf aber einerseits
nicht uumlberschaumltzt werden andererseits ist
auch Vorsicht in der Auseinandersetzung
mit diesem Bereich geboten zu schnell
gelangt man zu den gaumlngigen Mustern
zB der bdquointernationalen juumldischen Weltshy
verschwoumlrungldquo oauml
16
42011 SIAK-JOURNAL
44 Anm siehe oben im Deutschen etwas
problematisch da dieser Begriff meist
raumlumlich verwendet wird 45 Faist 1999 189ndash222 46 Anderson 1991 47 Vgl httpwwwtranscript-verlagde
ts311ts311_1pdf 48 Anm sowie nach ihnen andere Wissenshy
schaftler die sich der Thematik im Zuge
der letzten zehn Jahre annahmen 49 LevittGlick-Schiller 2004 7 50 Anm Binnenmigration macht den groumlszligshy
ten Anteil an Migrationsbewegungen weltshy
weit aus 51 Vgl zB Beck 2000 Faist 2000 52 Vgl zB Oberndoumlrfer D (2009) Das
Ende des Nationalstaates als Chance
fuumlr die offene europaumlische Republik in
Butterwegge CHentges G (Hg) Zushy
wanderung im Zeichen der Globalisieshy
rung Wiesbaden 237ndash252 53 Kastoryano 2003 65 54 Ebd 75 55 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 56 Nach Soysal 1994 1 57 Bauboumlck 2007 58 Vgl Pollini 2002 Angelli 2002 13ndash70 59 Fassmann plaumldiert zB fuumlr die Verwenshy
dung des Begriffes bdquoMobilitaumltldquo anstelle
von bdquoMigration in diesem Zusammenshy
hangldquo vgl Fassmann 2003 435 60 Ebd 61 Vgl Fassmann 2003 429ndash449 insb ab
436 62 Anm wobei die Wissenschaft sich beshy
reits seit Anfang der 1990er Jahre damit
auseinandersetzt 63 Anm Uumlber diese Rolle der Sozialwissenshy
schaften geht die Meinung auseinander 64 Anm Der NAP wurde von renommiershy
ten oumlsterreichischen Wissenschaftlern und
Experten unter der Schirmherrenschaft
des BMI konzipiert Ein eigens etabliershy
ter Expertenrat befasst sich wissenschaftshy
lich mit den einzelnen Themenfeldern vgl
httpwwwintegrationsfondsatfileadmin
IntegrationsfondNAPnap_berichtpdf 65 Sarrazin 2010 66 httpdiepressecomhomepolitik
aussenpolitik602605Merkel_Multikultishy
in-Deutschland-absolut-gescheitert
29112010 67 Vgl Young 1995 68 Vgl zB Bhabha 1994 69 Anm dies stellt eigentlich ein gaumlngiges
Argument des Antisemitismus dar
Zuletzt zB im Zuge der Schulungen der
FPOuml Parteiakademie deren Inhalte von
der Zeitschrift News aufgedeckt wurden
News Ausgabe 482009 70 httppolsozfu-berlindepolwiss
forschunginternationalvorderer-orient
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derartige Aktivitaumlten privilegierte Voshyraussetzungen
2 Politische Aktivitaumlten von offiziellen Repraumlsentanten unterschiedlicher Parshyteien Regierungsfunktionaumlren oder politisch aktiven Personen aus der Zivilgesellschaft deren Ziel es ist den politischen Einflussbereich auszushyweiten bzw zu erhoumlhen ndash entweder in den sending oder receiving countries19
(das Konzept funktioniert in beide Richtungen)
3 Weiters werden davon alle sozio-kultu-
Le
vel
of
in
sti
tuti
on
ali
zati
on
Sector Economic Political Socio-cultural
Low Informal cross-country
traders
Home town civic committ
created by immigrants
ees Amateur cross-country sport
matches
Small business created
by returned immigrants
in home country
Alliances of immigrant
committee with home
country political association
Folk music groups making
presentations in immigrant
centres
Long-distance circular
labor migration
Fund raisers for home
country electoral candidates
Priests from home town visit
and organize their
parishioners abroad
High Multinational
investments in
Third World countries
Consular officials
representatives of nationa
political parties abroad
l
International expositions of
national arts
Development for
tourist market of
locations abroad
Dual nationality granted b
home country governmen
y
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Home country major artists
perform abroad
Agencies of home
country banks in
immigrant centres
Immigrants elected to
home country legislatures
Regular cultural events
organized by foreign
embassies
Positionen und Positionierungen ist als auch die alltagsweltliche Lebenspraxis (erwerbs-)biographische Projekte und Identitaumlten der Menschen bestimmt und zugleich uumlber den Sozialzusammenhang von Nationalgesellschaften hinausweistldquo22
Der Begriff des sozialen Feldes geht auf Bourdieu zuruumlck Er beschreibt damit das gesamte Spektrum gesellschaftlicher Inshyteraktion welches sich wiederum in einshyzelne Subfelder untergliedert wobei das politische oumlkonomische und kulturelle Feld die bedeutendsten Felder sind Er lenkt damit die Aufmerksamkeit auf die unterschiedlichen Arten in denen Macht soziale Beziehungen strukturiert23 Angeshywandt auf die Migrationsforschung wurde der Begriff erstmals von Glick-Schiller und Levitt indem sie diesen eben explizit von nationalstaatlichen Grenzen losloumlsen sie verstehen in dieser kontextuellen Ausshylegung das soziale Feld als bdquo(hellip) a set of multiple interlocking networks of social relationships through which ideas practices and resources are unequally exchanged organized and transformedldquo24
Im Zuge der Anwendung des Ansatzes des sozialen Feldes als alternative Erklaumlshyrungshilfe fuumlr moderne Gesellschaftsshyformen und die Zugehoumlrigkeit zu einer solshychen unterscheiden die Autorinnen weiter
rellen Vorhaben erfasst die darauf ausgeshyrichtet sind eine Form einer nationalen Identitaumlt im Ausland (zB durch gemeinshysame kulturelle Aktivitaumlten Musik aus dem Heimatland etc) zu verfestigen
Ein weiterer wesentlicher Punkt den es bei der Auseinandersetzung mit der Themashytik zu beachten gilt ist die Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen transnatioshynalen Aktivitaumlten bdquovon obenldquo (Initiativen von maumlchtigen institutionellen Akteuren) bzw bdquovon untenldquo (Initiativen von Immishygranten und deren Gegenuumlber im Hershykunftsland)20
11 SOZIALKAPITAL UND DAS KONZEPT DES SOZIALEN FELDES IM KONTEXT DER MIGRATIONSshyUND INTEGRATIONSFORSCHUNG bdquoMigrantinnen und Migranten fuumlhren geoshygraphisch getrennte Raumlume zu einer einshyzigen Arena sozialer Aktion zusammen indem sie sich vorwaumlrts und ruumlckwaumlrts zwischen unterschiedlichen kulturellen sozialen politischen und oumlkonomischen Systemen bewegenldquo21
Nach Pries sind transnationale soziale Raumlume bdquoneuesbquo soziale Verflechtungszushysammenhaumlngelsquo die geographisch-raumlumshylich diffus bzw multi-lokal sind und gleichzeitig einen nicht nur transitorischen sozialen Raum konstituieren der sowohl eine wichtige Referenzstruktur sozialer
Abb 1 Typisierung Transnationalismus nach Portes et al
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zwischen den bdquoways of beingldquo und bdquoways of belongingldquo bdquoWays of being refers to the actual social relations and practices that individuals engage in rather than to the identities associated with their actions (hellip) In contrast ways of belonging refers to practices that signal or enact an identity which demonstrates a conscious connectishyon to a particular groupldquo25
Hinsichtlich der Schwerpunktsetzung lassen sich hier durchaus Parallelen erkenshynen ndash vor allem auch im Hinblick auf die oben beschriebene Typologie von Portes et al Wichtig aber dies hier nur angemerkt ist dass mit dem Begriff des sozialen Felshydes auch eine Definitionsmacht einhershygeht Macht der Personen Institutionen Mechanismen die festlegen was Inhalt des spezifischen Feldes ist
Eine weitere Ebene der Auseinandersetshyzung bietet der Begriff bdquoSozialkapitalldquo26 ndash auch erstmals von Bordieu gepraumlgt ndash in Folge aber zu einem Lieblingsbegriff der Soziologie avanciert Das Konzept des Sozialkapitals findet seit einiger Zeit in der (neueren) Migrationsforschung ebenshyfalls Beachtung wobei bislang vor allem auf Phaumlnomene wie Kettenmigration cirshycular migration oder return migration ndash alshyso die Rolle sozialer Netzwerke als Ausloumlshyser von Wanderungsbewegungen bzw die Auswahl des Ziellandes ndash eingegangen wurde27 Eine weitere Komponente die bislang eher nur vereinzelt Beachtung fand ist die Bedeutung von Sozialkapital und sozialen Netzwerken fuumlr die bdquoInteshygrationldquo28 von Zuwanderern Bei dieser Analyseperspektive wird also der Fokus auf das bdquoDanachldquo gelegt ndash nachdem der Wanderungsprozess (der eigene oder der der Eltern) bereits abgeschlossen ist
Sonja Haug und Sonja Pointner weisen sehr treffend auf verschiedenste analytische Problematiken hin die entstehen wenn man die (durchaus noch heterogene) Theorie des Sozialkapitals direkt auf das
Feld der Migrations- bzw Integrationsforshyschung anwendet Kurzum es ist wesentshylich bdquo(hellip) fuumlr eine differenzierte Analyse der Wirkungsweise des Sozialkapitals (hellip) zwischen herkunftsortspezifischen und zielshyortspezifischen Sozialkapital zu unterscheishydenldquo29 Grundsaumltzlich laumlsst sich festhalten dass Sozialkapital einen wesentlichen Einshyflussfaktor fuumlr Migrationsentscheidungen darstellt30
Die Bedeutung und Relevanz sozialer Netzwerke und Sozialkapitals auf den Mishygrations- va aber den Integrationsproshyzess ist weitestgehend bdquowissenschaftliches Brachlandldquo in der naumlheren Betrachtung entsprechender Wirkungszusammenhaumlnge laumlge bedeutsames gesellschaftliches Poshytential
12 FORMEN DER AKTIVITAumlT ndash NEUE FORMEN DES POLITIshySCHEN HANDLUNGSRAHMENS bdquoSome transnational networks are based on local initiatives some come from the country of origin and some are encouraged by supranational institutions (hellip) Initiashytives at all levels help activists develop political strategies and mobilization beyond statesldquo31
An dieser Stelle soll auf unterschiedliche politische Komponenten des Transnationashylismus hingewiesen werden Hier lassen sich unterschiedliche Akteure und Handshylungsmuster sowie Aktionsfelder beobachshyten die Politik der Einwanderer bezogen auf deren Herkunftsland32 die Politik der Einwanderer in Hinblick auf deren Aufshynahmeland die Politik des Herkunftslanshydes durch die migrant community oder einzelner Politiker des Herkunftslandes in einem jeweiligen anderen Land33 und die Politik eines Staates durch den Umgang mit einer bestimmten Gruppe in Hinblick auf deren Herkunftsland (zum Beispiel der Umgang der USA mit den Exilkubanern in Florida im Hinblick auf die Wirkung ndash
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symbolisch oder tatsaumlchlich ndash welche diese auf Kuba haben koumlnnte)
Auch rechtlich nicht legitimierte Pershysonen haben Moumlglichkeiten politisch zu mobilisieren und Druck auszuuumlben indem sie Mittel der politischen Artikulation nutshyzen allerdings besteht hier eine gewisse Huumlrde da eine houmlhere Gefaumlhrdung (durch die unsichere persoumlnliche Lebenssituation) mit politischer Betaumltigung einhergeht Als Beispiele waumlren die Sans-Papier-Proteste in Westeuropa oder Proteste von Personen mit illegalem Aufenthaltsstatus in den USA zu nennen die immerhin immer wieder Legalisierungswellen ausgeloumlst haben Als eine Auspraumlgung des politischen Handshylungsrahmens aus dem Blickwinkel mit Transnationalitaumlt sei weiters auf die vielshybeachtete Aktion eines Plattenlabels in den USA verwiesen die mit bdquoNuestro Himnoldquo eine spanischsprachige Version der amerikanischen Nationalhymne ins Radio brachte und damit fuumlr groszlige Aufshymerksamkeit sorgte Daran laumlsst sich ershykennen wie sensibel die Frage der Idenshytitaumlt ist und daruumlber hinaus wie eng diese an bestimmte Symboliken gebunden ist
Bei diesen Betrachtungen ist trotz allem der Nationalstaat die Referenz- und Beshyzugsgroumlszlige Sich davon zu loumlsen scheint in Anbetracht der hier dargestellten Beishyspiele welche die wesentlichen Moumlglichshykeiten und Richtungen politischen Hanshydelns in einem transnationalen Kontext darstellen nur schwer moumlglich
Generell stellt sich die Frage wo genau die Grenzziehung zwischen transnational community und Diaspora verlaumluft
Migration als Einbahnstraszlige
Migrationsbewegungen auf der Basis von Netzwerken und Kreislaumlufen
In diesem Zusammenhang hat Pries eine (grobe) Einteilung unterschiedlicher Mishygrantengruppen versucht wobei Variationen in den unterschiedlichsten Graubereichen anzutreffen sind (siehe Abbildung 2)34
13 DIASPORADIASPORA POLITICS35
bdquoDiasporas are imagined transnational communities which are unique segments of people that live in territorially separated locationsldquo36
Soumlkefeld weist darauf hin dass nicht alle Migranten automatisch zu Mitgliedern einer Diaspora werden und nicht alle Gruppen von Migranten zu Diaspora- oder transnationalen Gemeinschaften Vielmehr ist ein solches Bewusstsein abhaumlngig von einer entsprechenden Selbstsicht bezieshyhungsweise Mobilisierung Er geht in Folshyge explizit auf den Punkt der imaginaumlren Gemeinschaft ein und weist nachdruumlcklich auf deren Bedeutung hin da schlussendshylich auch Staaten bdquoimagined communitiesldquo und trotzdem oder gerade deshalb real sind37
bdquoThe fact that nations are imagined communities does not mean that they are fictitious or unreal Imagined communishyties ndash nations ethnic groups or others ndash are real because they are imagined as real because they are taken as real and because they therefore have very real effects on social lifeldquo38
Verwendet man den zuvor beschriebenen Terminus des transnationalen sozialen Felshydes wird diese Differenzierung zumindest vereinfacht da damit ein Raum geschaffen
Quelle Pries 2001b
Emigranten Ruumlckkehr-Migranten
Immigranten (bdquoreturn migrantsldquo)
Transmigranten Diaspora-Migranten
Abb 2 Idealtypen von MigrantInnen im Zeitalter der Globalisierung gemaumlszlig Pries
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wird in dem Vernetzungen von MigranshytInnenNicht-MigrantInnen beziehungsshyweise Personen aus unterschiedlichen Herkunftslaumlndern bestehen Ein Raum alshyso der sich uumlber nationalstaatliche Grenshyzen und geografische Gegebenheiten hinshywegsetzt Das bindende Element ist ein selbst definiertes sich aus dem Feld ergeshybendes und von den Akteuren des Feldes beeinflusstes
Barber loumlst sich von der rein geografishyschen Verwendung des Begriffes bdquoRaumldquo (im deutschen Sprachraum) und fordert vielmehr den Begriff als Metapher fuumlr Zivilgesellschaft39
Die Trennlinie zum Terminus der Diasshypora ist keine scharf zu ziehende Diaspora beschreibt vielmehr eine homogenere Gruppe und es muss zumindest in den Raum gestellt werden ob Diaspora-Identishytaumlt nicht forced migration (das kann sich durchaus auch auf nachkommende Geneshyrationen bdquovererbenldquo) oder zumindest die ersehnte Ruumlckkehr in ein selbst erlebtes oder bdquofiktivesidealisiertesldquo (weil heute in der Form nicht mehr existierendes) Heishymatland voraussetzt40 oder aber zumindest eine wesentliche Treibkraft fuumlr diese Form der kollektiven Identitaumlt darstellt
So begreifen sich zB viele Juden in aller Welt als Diaspora Die Ruumlckkehr nach Israel obwohl die meisten sowie deren Vorfahren nie dort gelebt haben wird kolshylektiv idealisiert und wird zumindest theoshyretisch in die Lebensplanung miteinbezoshygen (paradigmatisch hierfuumlr steht zum Beispiel der bekannte Ausdruck bdquoNaumlchsshytes Jahr in Jerusalemldquo)
Folgerichtig sind also wie erwaumlhnt nicht alle MigrantInnen Teil einer Diaspora nicht alle fuumlhlen sich transnational bzw einer diaspora community zugehoumlrig
William Safran41 versuchte bereits 1991 eine entsprechende Charakterisierung vorshyzunehmen Derzufolge zeichnen sich Mitshyglieder einer Diaspora vornehmlich dashy
durch aus dass sie Erinnerung und starken Bezug zu ihrem bdquooriginal homelandldquo beshyhalten dieses idealisierend erhoumlhen um dessen Erhalt und Restaurierung bemuumlht sind und weiterhin Kontakte in ihr Heishymatland pflegen42 Den Strategien von Diasporas sind zwei Positionen immanent die Entwicklung von Strategien im Umshygang mit dem jeweiligen Aufnahmeland (also Fragen der Integration und Assimishylierung) in Balance mit der Beziehung zum Ursprungsland
Oft sind transnationale Handlungen von MigrantInnen(gruppen) oumlkonomisch orishyentiert Dies aumluszligert sich einerseits in einer Vielzahl von kleineren Geschaumlftsbezieshyhungen (wie zB der typische Import-Exshyport-Handel) oder auch uumlber remittances an Angehoumlrige ins alte Heimatland In vieshylen Faumlllen geht die Betaumltigung aber uumlber diese oumlkonomische Ebene hinaus und ershystreckt sich auf eine politische In diesem Fall begibt man sich in den Bereich der diaspora politics
Der Wirkungshorizont von diaspora poshylitics umfasst
Die Organisation im Aufnahmeland um dort den politischen Einfluss zu vergroumlshyszligern Druck auf das Heimatland auszuuumlben insbesondere bei Politikfeldern in deshynen Interessen der Diaspora angesproshychen werden Weiters kann die transnationale diaspora community mit anderen (Dritt-)staaten Internationalen Organisationen uauml in Interaktion treten Sie bilden dadurch Lobbys auszligerhalb nationalstaatlicher Strukturen43
Das Konzept des transnationalen Raushymes44 umfasst unterschiedliche Realitaumlten Sieht man sich hier Faists Definition an laumlsst sich ein Blick auf die Trennlinie nach Diaspora und transnationaler Gemeinshyschaft werfen bdquoTransnationale Gemeinden
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oder Familien etwa stellen nur eine Art von transnationalen Netzwerken dar In transnationalen Raumlumen koumlnnen sich etwa MigrantInnenenfamilien bewegen koumlnnen Diasporas bestehen bzw sich neue herausshybilden und koumlnnen auch ethnisch def ishynierte Netzwerke wirken in denen ein intensiver oumlkonomischer und kultureller Austausch stattfindet Diesen verschiedeshynen Erscheinungsformen gemeinsam sind (hellip) eigene basale Eingliederungsmechashynismen (Solidaritaumlt zur kleinen Gruppe oder zu einer Bezugsgemeinde Bildung eishynes spezifischen Netzwerkes) waumlhrend viele andere Faktoren wie etwa der Chashyrakter und die Intensitaumlt der Verbindungen die Charakteristika der mitwirkenden Pershysonen die Art der Austauschprozesse usw sehr unterschiedlich sein koumlnnenldquo45
Diese Definition zeigt dass ein bdquosowohl als auchldquo der Begriffe moumlglich ist entbinshydet aber nicht von der Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung der beiden als eigenstaumlndige soziale Phaumlnomene
2 NATIONALSTAAT NATION UND GESELLSCHAFT VOR DEM HINshyTERGRUND TRANSNATIONALER SOZIALER NETZWERKE Wie bereits erwaumlhnt macht die Transnashytionalismusdebatte deutlich dass das Konshyzept des Nationalstaates worin dieser mit Gesellschaft gleichgesetzt wird auf Grund sich veraumlndernder Rahmenbedingungen zunehmend als obsolet erachtet wird
Unbedingt Erwaumlhnung finden muss an dieser Stelle die Arbeit von Benedict Anderson der in seinem 1983 erschienenen Werk bdquoimagined communitiesldquo46 ein Konshyzept formulierte um die Phaumlnomene des Nationalismus und der Nationalstaatsbilshydung ndash und damit verbundener Konnotatioshynen und Deutungen ndash zu analysieren Der Zugang ist ein konstruktivistischer Natioshynen sind demnach keine Realitaumlten an sich sondern historisch und kulturell spezifische
Projektionen allerdings mit sehr realen Konsequenzen und Implikationen47
Zentrales Element der transnational mishygration studies ist der Anspruch das Konshyzept der Gesellschaft neu zu formulieren da es demzufolge nur mehr begrenzt sinnshyvoll erscheint vor allem nationale Grenzen ins Zentrum des Interesses und der wisshysenschaftlichen Analyse zu setzen Familie Staatsbuumlrgerschaft und Nationalstaat muumlsshysen neu uumlberdacht werden Noch wird Nashytionalstaat als Norm und werden soziale Identitaumlten und Handlungen die nationalshystaatliche Grenzen uumlberschreiten als aushyszligerhalb der Norm angesehen Diese Denkshymuster aufzubrechen ist Ziel der Arbeit ua von Glick-Schiller et al48
Aber die Autoren gehen noch weiter und fordern vor diesem gedanklichen Hintershygrund das gesamte Gesellschaftssystem welches sich an nationalstaatlichen Grenshyzen orientiert neu zu uumlberdenken da es ihnen zufolge nicht mehr zeitgemaumlszlig sei und den Lebensrealitaumlten einer zunehmenshyden Anzahl von Menschen nicht entspreshyche bdquoBut if we remove the blinders of meshythodological nationalism we see that while nation-states are still extremely imshyportant social live is not confined by nation state boundaries Social and religious movements criminal and professional netshyworks and governance regimes as well as flows of capital also operate across borshyders (hellip) we locate our approach to migrashytion research within a larger intellectual project (hellip) to rethink and reformulate the concept of society such that it is no longer automatically equated with the boundaries of a single nation-stateldquo49
Der Ansatz der Autoren ist durchaus vishysionaumlr und findet in weiten Teilen auch Zustimmung Allerdings darf zB auf den Aspekt hingewiesen werden dass trotz steigender Mobilitaumlt und einer zunehmenshyden Anzahl von Personen die im Laufe ihres Lebens ihren Lebensmittelpunkt
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uumlber nationalstaatliche Grenzen hinweg verlagert der uumlberwiegende Teil der Menshyschen aus unterschiedlichsten Gruumlnden doch sesshaft bleibt und sich ndash wenn uumlbershyhaupt ndash nur in einem relativ regionalen Umkreis50 bewegt
Insgesamt steht die Forderung nach einer Neukonzeption des Gesellschaftskonzepshytes welches Erscheinungen der Zeit wie Globalisierung und Kosmopolitisierung des Individuums entsprechend Rechnung traumlgt im Zentrum des Interesses einer zushynehmenden Gruppe von Forschern51
Geht man noch einen Schritt weiter zushyruumlck in der ndash wenngleich durchaus philoshysophischen ndash Betrachtung kommt man im Zuge der theoretischen Beschaumlftigung mit Transnationalismus Globalisierung bzw der Zunahme bzw Erweiterung suprashynationaler Organisationen oder Verbaumlnde unweigerlich zu dem Punkt an dem der Nationalstaat in seiner momentanen Ausshypraumlgung in Frage gestellt wird52
bdquoIf we define nation-states as political structures sbquoinventedlsquo in eighteenth-century Europe based on the coincidence of terrishytorial cultural linguistic and even to some extent religious unity then new global structures such as supranational institushytions and transnational networks challenge themldquo53
Insbesondere die wissenschaftliche Ausshyeinandersetzung mit und um den euroshypaumlischen Integrationsprozess von einer oumlkonomischen hin zu einer politischen Gemeinschaft ist gepraumlgt von der Grundshysatzfrage nach der Aufrechterhaltung des Nationalstaatsmodells bzw den Schwieshyrigkeiten die damit verbunden waumlren mit diesem Modell zu brechen Schlieszliglich sind Konzepte wie postnationale kosmoshypolitische oder transnationale Zugehoumlrigshykeiten Identitaumlten und Netzwerke nichts anderes als ein Ausdruck dieses wissenshyschaftlichen Diskurses54 welcher durch
zunehmende Migrationsbewegungen und allgemeine Mobilitaumlt weltweit noch vershystaumlrkt wird bdquoThe nation-state is seen as weakenedsbquo sbquofrom abovelsquo by transnational capital global media and emergent suprashynational political institutions sbquoFrom beshylowlsquo it faces the decentering sbquolocallsquo resishystances of the informal economy ethnic nationalism and grassroots activismldquo55
Oder um es mit Soysal zu sagen bdquoAt the beginning of the twentyfirst century the nation stateacutes capacity for social integrashytion is losing ground We move towards postnational membershipldquo56
Auf die Frage nach der Definition von Staatsbuumlrgerschaft antwortete zB der anerkannte Migrationsforscher Rainer Bauboumlck 2007 Staatsbuumlrgerschaft bdquo(hellip) ist zunaumlchst ein formaler Status Aber Staatsbuumlrger muumlssen sich auch zugehoumlrig fuumlhlen Nur wozu Nicht zur Nation nicht zur Kultur schon gar nicht zur Religion Das sollte so etwas sein wie ein minimashyles Grundverstaumlndnis von demokratischer Gemeinschaft in der wir alle demselben Staat unterworfen sind und deshalb die gleichen Rechte habenldquo57
Zudem lieszlige sich zumindest die Frage in den Raum stellen ob Zugehoumlrigkeit zur bzw Abstammung von derselben ethshynischen Gruppe oder ein gemeinsames Herkunftsland eine zwingende Grundvoshyraussetzung oder Bezugsgroumlszlige fuumlr ein transnationales Netzwerk darstellen oder ob nicht vielmehr gesellschaftspolitische oder religioumlse Stroumlmungen ndash man denke in diesem Zusammenhang zB an die bdquoqueer communityldquo welche beispielsweise auch eine eigene Flagge als Symbol (die Regenshybogenflagge welche sich auch internashytional durchgesetzt hat) verwendet oder an die umma im Islam (als Gegenentwurf zum weltlichen Konzept des Nationalshystaates) ndash nicht auch begrifflich davon zu erfassen waumlren Dieser Gedanke allerdings nur am Rande
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3 INTEGRATION(SPOLITIK) ASSIMILIERUNG UND IDENTIshyTAumlT ndash AUS DEM BLICKWINKEL DES TRANSNATIONALISMUS Im Zuge der Transnationalismusdebatte ist neben der Frage ob es sich hierbei um ein neues Phaumlnomen handelt oder aber ein altes in einer neuen Auspraumlgung eine andere Frage wesentlich Hindert die zushynehmende Bildung transnationaler Netzshywerke die Integration von Zuwanderern oder befoumlrdert sie diese Die Relevanz dieser Frage wird auch in der wissenshyschaftlichen Auseinandersetzung deutlich Klar ist dass gaumlngige Integrationskonzepshyte an die Grenzen dessen stoszligen was sie zu erklaumlren im Stande sind
Diesen (moumlglichen) Zusammenhang beshytreffend gaumlbe es in der sozialwissenschaftshylichen Forschung durchaus noch Handshylungsbedarf Geht man einmal grundsaumltzlich von der Praumlmisse aus die Konzepte von Integration bzw Transnationalismus seien mit Kategorien wie bdquoniedrigldquo und bdquohochldquo zu bewerten so lieszligen sich daraus drei Varianten des Wirkungszusammenhangs schlussfolgern
Erstens ein negativer Zusammenhang wobei ein hoher Grad an Integration mit einem niedrigen Grad an transnationaler Verankerung (bzw auch transnationalem Sozialkapital) einher ginge und vice versa zweitens die Moumlglichkeit des positiven Zusammenhangs vielleicht verfuumlgen zB gut integrierte MigrantInnen eher uumlber die notwendigen Ressourcen wie etwa regelshymaumlszligig zu reisen zwei Wohnsitze zu erhalshyten usw Und als letzte Variante die Moumlgshylichkeit dass beide Konzepte vollkommen ohne Wirkungszusammenhang zueinander bestehen Dies sei nur kurz erwaumlhnt um auf den Forschungsbedarf und moumlgliche Untersuchungsansaumltze hinzuweisen
Trotz der gesteigerten Mobilitaumlt von Menschen die sich nicht zuletzt auf eine einfachere Uumlberbruumlckbarkeit weiterer
Distanzen zuruumlckfuumlhren laumlsst verlieren lokale Lebensraumlume als Referenzen fuumlr psycho-soziale Identifizierungsprozesse von Menschen aber nicht zwingend an Reshylevanz bdquoDie Menschen bewegen sich heushyte vielmehr im Spannungsfeld zwischen Kosmopolitismus und Lokalismus Dies wirft die Frage nach dem Zusammenhang zwischen raumlumlicher Mobilitaumlt einerseits und Zugehoumlrigkeit und Integration von Menschen andererseits aufldquo58
Im Zuge der Betrachtung des Phaumlnoshymens der transnationalen Mobilitaumlt wird deutlich dass die bislang geltenden Inteshygrationsansaumltze ndash in all ihrer Unterschiedshylichkeit ndash hier an Guumlltigkeit verlieren und neu uumlberdacht werden muumlssten Nicht dass die herkoumlmmlichen Formen von Migration nicht mehr existierten natuumlrlich wandern auch heute noch Menschen dauerhaft aus ohne einen fixen Bezugs- und Kontaktshypunkt in Form eines Netzwerkes oauml in der alten Heimat zu behalten Die Form der transnationalen Migration59 ergaumlnzt das Spektrum allerdings Es zeigt sich zunehshymend dass die bisherigen Integrationsshyansaumltze die von einer eindeutigen und dauerhaften Orientierung der Zuwanderer auf die Aufnahmegesellschaft ausgehen der Lebensrealitaumlt einer zunehmenden Anshyzahl von Menschen nicht entsprechend Rechung tragen Diese Erkenntnis ist allershydings nichts fundamental Neues vielmehr lassen sich dadurch zum Teil bereits vershymeintliche bdquoIntegrationsdefiziteldquo bei Vershytretern der Gastarbeitergeneration festmashychen Die Grundannahmen und (politische wie gesellschaftliche) Erwartungshaltunshygen gingen lange von wenig umfassenden und dadurch oberflaumlchlichen Grundvoshyraussetzungen aus
Fassmann weist ua auf das diesbezuumlgshyliche Unvermoumlgen der unterschiedlichsten Integrations- (bzw Assimilations-)ansaumltze hin bdquoMit der neuen transnationalen Mobilishy
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taumlt werden all jene Integrationskonzepte obsolet die von einer eindeutigen Orienshytierung der MigrantInnen auf die sbquoZielgeshysellschaftlsquo ausgehen (hellip) Doch gehen selbst jene Konzepte die keine perfekte Assimilation annehmen sondern kulturelle (sbquomultikulturellelsquo) Freiraumlume offerieren von einer dauerhaften Aufnahme ausldquo60
Auf Grund der Qualitaumlt der einzelnen Faktoren ist anzunehmen dass sich diese Entwicklung eher im Steigen befindet
Als die vier elementarsten Voraussetshyzungen oder Faktoren fuumlr transnationale Mobilitaumlt benennt Fassmann erstens durchshylaumlssige Grenzen wodurch zirkulaumlre Wanshyderungsbewegungen erst ermoumlglicht wershyden zweitens bdquoschrumpfendeldquo Distanzen (siehe oben) drittens ein bestehendes ethshynisches Netz am Zuwanderungsort und schlieszliglich als weiteres und viertes Merkshymal welches die handelnden Akteure selbst betrifft die globale Verwertbarkeit von deren Qualifikationen61 Unter Beruumlckshysichtigung dessen waumlre es sinnvoll alte wissenschaftliche Theorien62 zu reformushylieren den sich wandelnden gesellschaftshylichen Prozessen anzupassen und ndash als logische und notwendige Konsequenz ndash entsprechende politische Maszlignahmen zu setzen
Hier waumlre und ist die Sozialwissenschaft gefordert ihre Erkenntnisse lauter und geshyzielter in Richtung Zivilgesellschaft und politischer Entscheidungstraumlger zu artikushylieren und somit ihre Verantwortung63 als erster bdquoBeobachterldquo gesellschaftlicher Vershyaumlnderungsprozesse wahrzunehmen Es ist allerdings ein durchaus positiver Trend zu erkennen auch seitens der politischen Entscheidungstraumlger verstaumlrkt auf die aktive Miteinbeziehung wissenschaftlicher Exshypertise zu setzen Seitens des oumlsterreichishyschen Innenressorts spiegelt sich diese Entwicklung zB in der Formulierung des Nationalen Aktionsplans fuumlr Integration samt angeschlossenem Expertenrat wider64
Nicht zuletzt sehen wir uns heute in Europa (speziell in ehemaligen Gastarshybeiterlaumlndern aber auch zB in den Nieshyderlanden oder Frankreich) mit dem Vorshywurf einer weitgehend bdquogescheitertenldquo Integrationspolitik konfrontiert wie im Herbst 2010 im Zuge der Debatte durch Sarrazin65 und Co und nicht zuletzt von der deutschen Bundeskanzerlin Angela Merkel demonstriert wird wenn Sie meint der bdquoMulitikulti-Ansatzldquo sei gescheitert66 Dies nicht zuletzt deshalb weil die bisshyherigen Modelle der Heterogenitaumlt und den Lebensrealitaumlten der betroffenen Menshyschen zu wenig Rechnung getragen haben
31 EXKURS HYBRID CULTURE UND HYBRIDE IDENTITAumlT Im 19 Jahrhundert als der Begriff bdquohybrishyde Identitaumltenldquo gepraumlgt wurde war dessen Praumlgung eindeutig negativer Natur67 Trotzshydem der Begriff Hybriditaumlt in den Geistesshyund Sozialwissenschaften beginnend mit den ersten Ansaumltzen der postcolonial stushydies68 gaumlngig wurde haftet ihm dieser Beishygeschmack ndash zumindest fragmentarisch ndash immer noch an Zu oft wurden und werden Zuwanderern eine Art bdquodoppelteldquo Loyalishytaumlt und versteckte Absichten unterstellt69 Wissenschaftlich bezeichnet der Begriff ein weites Spektrum welches sich mit Formen kultureller Zugehoumlrigkeiten ausshyeinandersetzt
Im Rahmen eines Forschungsprojektes an der FU Berlin welches sich mit dieser Frage beschaumlftigt wurde folgende Defishynition aufgestellt bdquoHybriditaumlt tritt auf in Situationen kultureller Uumlberschneidung dh teilweise gegensaumltzliche Sinngehalte und Handlungslogiken die getrennten Handlungssphaumlren entstammen fuumlgen sich zu neuen Mustern zusammen Es kommt zu einer Infragestellung traditioneller Zushygehoumlrigkeitskriterien und einer Delokalishysierung von Identitaumltldquo70
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Auch hier wird deutlich dass eine strikte Trennung und Gegenuumlberstellung der Beshygrifflichkeiten (Hybriditaumlt Transnationashylismus Diaspora etc) wenig Sinn macht dass vielmehr die Herausbildung hybrider Identitaumlten welche entsprechende struktushyrelle Rahmenbedingungen voraussetzt die Bildung eines eigenen sozialoumlkonomishyschen wie kulturellen Raumes bedingen ein Merkmal der zunehmenden transnatioshynalen Ausrichtung von Menschen sind
Grundsaumltzlich bezeichnen hybride Kulshyturen meistens Gruppen ehemaliger Zushywanderer bei welchen sich eine eigene Identitaumlt mit Merkmalen aus der Urshysprungskultur und der Kultur des Aufnahshymelandes herausgebildet hat die sich jeshyweils von beiden unterscheidet ndash also etwas fuumlr sich Autonomes darstellt Nicht alle Mitglieder der ethnischen community des (ehemaligen) Ursprungslandes sind automatisch Teil der hybriden Kultur Im Gegenteil Als Beispiel waumlren hier zB die Amerikaner mexikanischen Ursprungs die sich selbst stolz als bdquoChicanosldquo beshyzeichnen zu nennen die sich ganz bewusst von den neu zugezogenen oft illegalen Zushywanderern aus Mexiko abgrenzen wollen
Weiters bezieht sich der Begriff bdquoHybrishyditaumltldquo im Gegensatz zu Diaspora (bdquodiasshypora politicsldquo) der stark politisch besetzt ist in der Literatur oft eher auf den kultushyrellen Raum
Bei der Beschaumlftigung mit hybrid identishyties wenn man also das Merkmal der Identitaumlt in den Vordergrund stellt kann man eine Frage als elementar und der Theshymatik wesenseigen formulieren Stellt der Migrationshintergrund einen Vorteil dar da es sich leichter zwischen zwei Kulturen bewegen laumlsst Ermoumlglicht er den betrofshyfenen Personen als bdquoVermittlerldquo zwischen den Kulturen aufzutreten oder stellt die Herkunft eine Buumlrde dar mit welcher in vielen Faumlllen Diskriminierung Marginalishysierung und Benachteiligung einhergehen
die mit zunehmender Assimilierung abshynimmt
Diese Frage zu beantworten ist allershydings nicht Inhalt der vorliegenden Arbeit Als Hypothese kann aber angenommen werden dass die Frage nach Vor- und Nachteilen stark von der jeweiligen Hershykunft der betreffenden Person sowie der beobachteten Herkunftsgesellschaft abshyhaumlngt ndash ohne an dieser Stelle auf den Aspekt der starken Heterogenitaumlt der Indishyviduen zu vergessen und somit den Fehler der klassischen Integrationsforschung zu wiederholen von einem bdquoIdealtypusldquo des Migranten auszugehen
Nicht zuletzt ist hinsichtlich der Frage der Identitaumlt Zeit ein maszliggeblicher Faktor Der oft vorgenommene Vergleich der Zushywanderer bzw Personen mit Migrationsshyhintergrund in Europa mit (klassischen Einwanderungs-)Laumlndern wie Kanada USA oder Australien ndash wo transnationale Netzwerke und communities um einiges laumlnger bestehen und nicht zuletzt die Geshyschichte von Migrationsbewegungen eine anderere ist ndash muss serioumlserweise entspreshychend beruumlcksichtigt werden
4 SCHLUSSBETRACHTUNG Je eingehender man sich mit der Thematik auseinandersetzt desto staumlrker ruumlckt deren Komplexitaumlt ins Zentrum Das Themenshyfeld der Transnationalitaumlt umfasst untershyschiedlichste Beruumlhrungspunkte mit andeshyren Konzepten die es zu beruumlcksichtigen gilt beginnend bei der Frage der Identishytaumlt(en) und Moumlglichkeiten der politischen Partizipation uumlber die Frage der Guumlltigkeit des Konzeptes des Nationalstaates als Reshyferenzobjekt in einer globalisierten Welt ndash insbesondere vor dem Hintergrund des Integrationsprozesses der Europaumlischen Union ndash die Frage der Ursachen und Katalysatoren der Transnationalitaumlt und der Differenzierung zu anderen Konzepten wie Diaspora und hybride Kulturen und
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nicht zuletzt des Aufzeigens der Grenzen und Missverstaumlndnisse der bisherigen Inshytegrationskonzepte
Im Rahmen des vorliegenden Beitrags wurden mehrere Punkte angeschnitten und der Versuch unternommen einen Einblick in das komplexe Feld des Transnationalisshymus zu bieten im Bewusstsein viele andere wichtige Aspekte unberuumlhrt gelassen zu haben
Insgesamt liefert das ndash trotz allem relativ junge ndash Konzept des Transnationalismus einen notwendigen theoretischen Rahmen fuumlr die Auseinandersetzung mit Migrashy
tionsbewegungen und deren Auswirkunshygen auf Entsende- und Aufnahmegesellshyschaften und -staaten und gleichsam der bdquoglobal communityldquo in der postwestfaumllishyschen Weltordnung an sich obwohl an der einen oder anderen Stelle auch Unschaumlrfen des Modells zum Ausdruck kommen
So stellt sich schlussendlich zB unweishygerlich die Frage ob Transnationalismus eine Lebensform (mit allen ideologischen Dimensionen) umschreibt oder lediglich eine De-Territorialisierung des Nationalshystaates darstellt71
1 Anm Die intensivere wissenschaftliche
Beschaumlftigung mit dem Phaumlnomen des
Transnationalismus geht auf die fruumlhen
1990er Jahre zuruumlck 2 Vgl httpwwwsowirubdeforschung
profiltrmigrhtmlde am 12042011 3 Zum Beispiel dem Konzept von Human
Security 4 LevittGlick-Schiller 2004 1 5 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
forum2005-04-003 6 Bourne 1916 86ndash97 7 Mayer 2005 11 8 Vgl ebd 9 Glick-Schiller et al 1995 48ndash63 10 Ebd 11 Luumlthi 2005 12 Dahinden 2009 2 13 Glick-Schiller et al 1995 1 14 Portes et al 1999 219 15 Ebd 219 16 LevittGlick-Schiller (LevittGlick-
Schiller 2004) schlagen den Ansatz des
Konzeptes des bdquosozialen Feldesldquo fuumlr mishy
gration studies vor Eine naumlhere Erlaumluteshy
rung folgt spaumlter im vorliegenden Text 17 Vgl Gehmacher oA 18 Bourdieu 1993 183ndash198 19 Siehe dazu weiter unten im Text 20 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 21 Dahinden 2009 22 Pries 2001a 34 23 Bourdieu 1982 171ndash210 24 LevittGlick-Schiller 2004 9 25 Ebd 11 26 Vgl hierzu Punkt 3 dieses Beitrags 27 Auch das Konzept des Transnationalisshy
mustransnationale Migration ndash also die
Etablierung und aller damit verbundenen
Effekte globaler sozialer Netzwerke ndash ist
in diesem Zusammenhang analytisch inteshy
ressant 28 Bei aller Problematik des Begriffes vgl
zB dazu HansenSpetsmann-Kunkel
2008 30 29 Haug 2000 113 ff 30 Vgl zB Massey et al 1993 699ndash749 31 Kastoryano 2003 67
32 Bspw Iran Kurden etc 33 Hier kann zB auf die Rede vom tuumlrkishy
schen Premier Recep Tayyip Erdogan in
Berlin im Februar 2008 verwiesen wershy
den 34 Pries 2001b 35 Zur politischen Partizipation und Diasshy
pora Politics vgl Soumlkefeld 2006 265ndash
284 36 Nach Soumlkefeld 2006 275 37 Vgl hierzu auch Anderson 1991 38 Soumlkefeld 2006 265ndash284 39 Barber 1998 3 40 Vgl Safran 1991 41 Ebd 42 Anm womit wieder der Konnex zum
Transnationalismus hergestellt ist 43 Anm Der Einfluss darf aber einerseits
nicht uumlberschaumltzt werden andererseits ist
auch Vorsicht in der Auseinandersetzung
mit diesem Bereich geboten zu schnell
gelangt man zu den gaumlngigen Mustern
zB der bdquointernationalen juumldischen Weltshy
verschwoumlrungldquo oauml
16
42011 SIAK-JOURNAL
44 Anm siehe oben im Deutschen etwas
problematisch da dieser Begriff meist
raumlumlich verwendet wird 45 Faist 1999 189ndash222 46 Anderson 1991 47 Vgl httpwwwtranscript-verlagde
ts311ts311_1pdf 48 Anm sowie nach ihnen andere Wissenshy
schaftler die sich der Thematik im Zuge
der letzten zehn Jahre annahmen 49 LevittGlick-Schiller 2004 7 50 Anm Binnenmigration macht den groumlszligshy
ten Anteil an Migrationsbewegungen weltshy
weit aus 51 Vgl zB Beck 2000 Faist 2000 52 Vgl zB Oberndoumlrfer D (2009) Das
Ende des Nationalstaates als Chance
fuumlr die offene europaumlische Republik in
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wanderung im Zeichen der Globalisieshy
rung Wiesbaden 237ndash252 53 Kastoryano 2003 65 54 Ebd 75 55 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 56 Nach Soysal 1994 1 57 Bauboumlck 2007 58 Vgl Pollini 2002 Angelli 2002 13ndash70 59 Fassmann plaumldiert zB fuumlr die Verwenshy
dung des Begriffes bdquoMobilitaumltldquo anstelle
von bdquoMigration in diesem Zusammenshy
hangldquo vgl Fassmann 2003 435 60 Ebd 61 Vgl Fassmann 2003 429ndash449 insb ab
436 62 Anm wobei die Wissenschaft sich beshy
reits seit Anfang der 1990er Jahre damit
auseinandersetzt 63 Anm Uumlber diese Rolle der Sozialwissenshy
schaften geht die Meinung auseinander 64 Anm Der NAP wurde von renommiershy
ten oumlsterreichischen Wissenschaftlern und
Experten unter der Schirmherrenschaft
des BMI konzipiert Ein eigens etabliershy
ter Expertenrat befasst sich wissenschaftshy
lich mit den einzelnen Themenfeldern vgl
httpwwwintegrationsfondsatfileadmin
IntegrationsfondNAPnap_berichtpdf 65 Sarrazin 2010 66 httpdiepressecomhomepolitik
aussenpolitik602605Merkel_Multikultishy
in-Deutschland-absolut-gescheitert
29112010 67 Vgl Young 1995 68 Vgl zB Bhabha 1994 69 Anm dies stellt eigentlich ein gaumlngiges
Argument des Antisemitismus dar
Zuletzt zB im Zuge der Schulungen der
FPOuml Parteiakademie deren Inhalte von
der Zeitschrift News aufgedeckt wurden
News Ausgabe 482009 70 httppolsozfu-berlindepolwiss
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zwischen den bdquoways of beingldquo und bdquoways of belongingldquo bdquoWays of being refers to the actual social relations and practices that individuals engage in rather than to the identities associated with their actions (hellip) In contrast ways of belonging refers to practices that signal or enact an identity which demonstrates a conscious connectishyon to a particular groupldquo25
Hinsichtlich der Schwerpunktsetzung lassen sich hier durchaus Parallelen erkenshynen ndash vor allem auch im Hinblick auf die oben beschriebene Typologie von Portes et al Wichtig aber dies hier nur angemerkt ist dass mit dem Begriff des sozialen Felshydes auch eine Definitionsmacht einhershygeht Macht der Personen Institutionen Mechanismen die festlegen was Inhalt des spezifischen Feldes ist
Eine weitere Ebene der Auseinandersetshyzung bietet der Begriff bdquoSozialkapitalldquo26 ndash auch erstmals von Bordieu gepraumlgt ndash in Folge aber zu einem Lieblingsbegriff der Soziologie avanciert Das Konzept des Sozialkapitals findet seit einiger Zeit in der (neueren) Migrationsforschung ebenshyfalls Beachtung wobei bislang vor allem auf Phaumlnomene wie Kettenmigration cirshycular migration oder return migration ndash alshyso die Rolle sozialer Netzwerke als Ausloumlshyser von Wanderungsbewegungen bzw die Auswahl des Ziellandes ndash eingegangen wurde27 Eine weitere Komponente die bislang eher nur vereinzelt Beachtung fand ist die Bedeutung von Sozialkapital und sozialen Netzwerken fuumlr die bdquoInteshygrationldquo28 von Zuwanderern Bei dieser Analyseperspektive wird also der Fokus auf das bdquoDanachldquo gelegt ndash nachdem der Wanderungsprozess (der eigene oder der der Eltern) bereits abgeschlossen ist
Sonja Haug und Sonja Pointner weisen sehr treffend auf verschiedenste analytische Problematiken hin die entstehen wenn man die (durchaus noch heterogene) Theorie des Sozialkapitals direkt auf das
Feld der Migrations- bzw Integrationsforshyschung anwendet Kurzum es ist wesentshylich bdquo(hellip) fuumlr eine differenzierte Analyse der Wirkungsweise des Sozialkapitals (hellip) zwischen herkunftsortspezifischen und zielshyortspezifischen Sozialkapital zu unterscheishydenldquo29 Grundsaumltzlich laumlsst sich festhalten dass Sozialkapital einen wesentlichen Einshyflussfaktor fuumlr Migrationsentscheidungen darstellt30
Die Bedeutung und Relevanz sozialer Netzwerke und Sozialkapitals auf den Mishygrations- va aber den Integrationsproshyzess ist weitestgehend bdquowissenschaftliches Brachlandldquo in der naumlheren Betrachtung entsprechender Wirkungszusammenhaumlnge laumlge bedeutsames gesellschaftliches Poshytential
12 FORMEN DER AKTIVITAumlT ndash NEUE FORMEN DES POLITIshySCHEN HANDLUNGSRAHMENS bdquoSome transnational networks are based on local initiatives some come from the country of origin and some are encouraged by supranational institutions (hellip) Initiashytives at all levels help activists develop political strategies and mobilization beyond statesldquo31
An dieser Stelle soll auf unterschiedliche politische Komponenten des Transnationashylismus hingewiesen werden Hier lassen sich unterschiedliche Akteure und Handshylungsmuster sowie Aktionsfelder beobachshyten die Politik der Einwanderer bezogen auf deren Herkunftsland32 die Politik der Einwanderer in Hinblick auf deren Aufshynahmeland die Politik des Herkunftslanshydes durch die migrant community oder einzelner Politiker des Herkunftslandes in einem jeweiligen anderen Land33 und die Politik eines Staates durch den Umgang mit einer bestimmten Gruppe in Hinblick auf deren Herkunftsland (zum Beispiel der Umgang der USA mit den Exilkubanern in Florida im Hinblick auf die Wirkung ndash
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symbolisch oder tatsaumlchlich ndash welche diese auf Kuba haben koumlnnte)
Auch rechtlich nicht legitimierte Pershysonen haben Moumlglichkeiten politisch zu mobilisieren und Druck auszuuumlben indem sie Mittel der politischen Artikulation nutshyzen allerdings besteht hier eine gewisse Huumlrde da eine houmlhere Gefaumlhrdung (durch die unsichere persoumlnliche Lebenssituation) mit politischer Betaumltigung einhergeht Als Beispiele waumlren die Sans-Papier-Proteste in Westeuropa oder Proteste von Personen mit illegalem Aufenthaltsstatus in den USA zu nennen die immerhin immer wieder Legalisierungswellen ausgeloumlst haben Als eine Auspraumlgung des politischen Handshylungsrahmens aus dem Blickwinkel mit Transnationalitaumlt sei weiters auf die vielshybeachtete Aktion eines Plattenlabels in den USA verwiesen die mit bdquoNuestro Himnoldquo eine spanischsprachige Version der amerikanischen Nationalhymne ins Radio brachte und damit fuumlr groszlige Aufshymerksamkeit sorgte Daran laumlsst sich ershykennen wie sensibel die Frage der Idenshytitaumlt ist und daruumlber hinaus wie eng diese an bestimmte Symboliken gebunden ist
Bei diesen Betrachtungen ist trotz allem der Nationalstaat die Referenz- und Beshyzugsgroumlszlige Sich davon zu loumlsen scheint in Anbetracht der hier dargestellten Beishyspiele welche die wesentlichen Moumlglichshykeiten und Richtungen politischen Hanshydelns in einem transnationalen Kontext darstellen nur schwer moumlglich
Generell stellt sich die Frage wo genau die Grenzziehung zwischen transnational community und Diaspora verlaumluft
Migration als Einbahnstraszlige
Migrationsbewegungen auf der Basis von Netzwerken und Kreislaumlufen
In diesem Zusammenhang hat Pries eine (grobe) Einteilung unterschiedlicher Mishygrantengruppen versucht wobei Variationen in den unterschiedlichsten Graubereichen anzutreffen sind (siehe Abbildung 2)34
13 DIASPORADIASPORA POLITICS35
bdquoDiasporas are imagined transnational communities which are unique segments of people that live in territorially separated locationsldquo36
Soumlkefeld weist darauf hin dass nicht alle Migranten automatisch zu Mitgliedern einer Diaspora werden und nicht alle Gruppen von Migranten zu Diaspora- oder transnationalen Gemeinschaften Vielmehr ist ein solches Bewusstsein abhaumlngig von einer entsprechenden Selbstsicht bezieshyhungsweise Mobilisierung Er geht in Folshyge explizit auf den Punkt der imaginaumlren Gemeinschaft ein und weist nachdruumlcklich auf deren Bedeutung hin da schlussendshylich auch Staaten bdquoimagined communitiesldquo und trotzdem oder gerade deshalb real sind37
bdquoThe fact that nations are imagined communities does not mean that they are fictitious or unreal Imagined communishyties ndash nations ethnic groups or others ndash are real because they are imagined as real because they are taken as real and because they therefore have very real effects on social lifeldquo38
Verwendet man den zuvor beschriebenen Terminus des transnationalen sozialen Felshydes wird diese Differenzierung zumindest vereinfacht da damit ein Raum geschaffen
Quelle Pries 2001b
Emigranten Ruumlckkehr-Migranten
Immigranten (bdquoreturn migrantsldquo)
Transmigranten Diaspora-Migranten
Abb 2 Idealtypen von MigrantInnen im Zeitalter der Globalisierung gemaumlszlig Pries
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SIAK-JOURNAL
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wird in dem Vernetzungen von MigranshytInnenNicht-MigrantInnen beziehungsshyweise Personen aus unterschiedlichen Herkunftslaumlndern bestehen Ein Raum alshyso der sich uumlber nationalstaatliche Grenshyzen und geografische Gegebenheiten hinshywegsetzt Das bindende Element ist ein selbst definiertes sich aus dem Feld ergeshybendes und von den Akteuren des Feldes beeinflusstes
Barber loumlst sich von der rein geografishyschen Verwendung des Begriffes bdquoRaumldquo (im deutschen Sprachraum) und fordert vielmehr den Begriff als Metapher fuumlr Zivilgesellschaft39
Die Trennlinie zum Terminus der Diasshypora ist keine scharf zu ziehende Diaspora beschreibt vielmehr eine homogenere Gruppe und es muss zumindest in den Raum gestellt werden ob Diaspora-Identishytaumlt nicht forced migration (das kann sich durchaus auch auf nachkommende Geneshyrationen bdquovererbenldquo) oder zumindest die ersehnte Ruumlckkehr in ein selbst erlebtes oder bdquofiktivesidealisiertesldquo (weil heute in der Form nicht mehr existierendes) Heishymatland voraussetzt40 oder aber zumindest eine wesentliche Treibkraft fuumlr diese Form der kollektiven Identitaumlt darstellt
So begreifen sich zB viele Juden in aller Welt als Diaspora Die Ruumlckkehr nach Israel obwohl die meisten sowie deren Vorfahren nie dort gelebt haben wird kolshylektiv idealisiert und wird zumindest theoshyretisch in die Lebensplanung miteinbezoshygen (paradigmatisch hierfuumlr steht zum Beispiel der bekannte Ausdruck bdquoNaumlchsshytes Jahr in Jerusalemldquo)
Folgerichtig sind also wie erwaumlhnt nicht alle MigrantInnen Teil einer Diaspora nicht alle fuumlhlen sich transnational bzw einer diaspora community zugehoumlrig
William Safran41 versuchte bereits 1991 eine entsprechende Charakterisierung vorshyzunehmen Derzufolge zeichnen sich Mitshyglieder einer Diaspora vornehmlich dashy
durch aus dass sie Erinnerung und starken Bezug zu ihrem bdquooriginal homelandldquo beshyhalten dieses idealisierend erhoumlhen um dessen Erhalt und Restaurierung bemuumlht sind und weiterhin Kontakte in ihr Heishymatland pflegen42 Den Strategien von Diasporas sind zwei Positionen immanent die Entwicklung von Strategien im Umshygang mit dem jeweiligen Aufnahmeland (also Fragen der Integration und Assimishylierung) in Balance mit der Beziehung zum Ursprungsland
Oft sind transnationale Handlungen von MigrantInnen(gruppen) oumlkonomisch orishyentiert Dies aumluszligert sich einerseits in einer Vielzahl von kleineren Geschaumlftsbezieshyhungen (wie zB der typische Import-Exshyport-Handel) oder auch uumlber remittances an Angehoumlrige ins alte Heimatland In vieshylen Faumlllen geht die Betaumltigung aber uumlber diese oumlkonomische Ebene hinaus und ershystreckt sich auf eine politische In diesem Fall begibt man sich in den Bereich der diaspora politics
Der Wirkungshorizont von diaspora poshylitics umfasst
Die Organisation im Aufnahmeland um dort den politischen Einfluss zu vergroumlshyszligern Druck auf das Heimatland auszuuumlben insbesondere bei Politikfeldern in deshynen Interessen der Diaspora angesproshychen werden Weiters kann die transnationale diaspora community mit anderen (Dritt-)staaten Internationalen Organisationen uauml in Interaktion treten Sie bilden dadurch Lobbys auszligerhalb nationalstaatlicher Strukturen43
Das Konzept des transnationalen Raushymes44 umfasst unterschiedliche Realitaumlten Sieht man sich hier Faists Definition an laumlsst sich ein Blick auf die Trennlinie nach Diaspora und transnationaler Gemeinshyschaft werfen bdquoTransnationale Gemeinden
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oder Familien etwa stellen nur eine Art von transnationalen Netzwerken dar In transnationalen Raumlumen koumlnnen sich etwa MigrantInnenenfamilien bewegen koumlnnen Diasporas bestehen bzw sich neue herausshybilden und koumlnnen auch ethnisch def ishynierte Netzwerke wirken in denen ein intensiver oumlkonomischer und kultureller Austausch stattfindet Diesen verschiedeshynen Erscheinungsformen gemeinsam sind (hellip) eigene basale Eingliederungsmechashynismen (Solidaritaumlt zur kleinen Gruppe oder zu einer Bezugsgemeinde Bildung eishynes spezifischen Netzwerkes) waumlhrend viele andere Faktoren wie etwa der Chashyrakter und die Intensitaumlt der Verbindungen die Charakteristika der mitwirkenden Pershysonen die Art der Austauschprozesse usw sehr unterschiedlich sein koumlnnenldquo45
Diese Definition zeigt dass ein bdquosowohl als auchldquo der Begriffe moumlglich ist entbinshydet aber nicht von der Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung der beiden als eigenstaumlndige soziale Phaumlnomene
2 NATIONALSTAAT NATION UND GESELLSCHAFT VOR DEM HINshyTERGRUND TRANSNATIONALER SOZIALER NETZWERKE Wie bereits erwaumlhnt macht die Transnashytionalismusdebatte deutlich dass das Konshyzept des Nationalstaates worin dieser mit Gesellschaft gleichgesetzt wird auf Grund sich veraumlndernder Rahmenbedingungen zunehmend als obsolet erachtet wird
Unbedingt Erwaumlhnung finden muss an dieser Stelle die Arbeit von Benedict Anderson der in seinem 1983 erschienenen Werk bdquoimagined communitiesldquo46 ein Konshyzept formulierte um die Phaumlnomene des Nationalismus und der Nationalstaatsbilshydung ndash und damit verbundener Konnotatioshynen und Deutungen ndash zu analysieren Der Zugang ist ein konstruktivistischer Natioshynen sind demnach keine Realitaumlten an sich sondern historisch und kulturell spezifische
Projektionen allerdings mit sehr realen Konsequenzen und Implikationen47
Zentrales Element der transnational mishygration studies ist der Anspruch das Konshyzept der Gesellschaft neu zu formulieren da es demzufolge nur mehr begrenzt sinnshyvoll erscheint vor allem nationale Grenzen ins Zentrum des Interesses und der wisshysenschaftlichen Analyse zu setzen Familie Staatsbuumlrgerschaft und Nationalstaat muumlsshysen neu uumlberdacht werden Noch wird Nashytionalstaat als Norm und werden soziale Identitaumlten und Handlungen die nationalshystaatliche Grenzen uumlberschreiten als aushyszligerhalb der Norm angesehen Diese Denkshymuster aufzubrechen ist Ziel der Arbeit ua von Glick-Schiller et al48
Aber die Autoren gehen noch weiter und fordern vor diesem gedanklichen Hintershygrund das gesamte Gesellschaftssystem welches sich an nationalstaatlichen Grenshyzen orientiert neu zu uumlberdenken da es ihnen zufolge nicht mehr zeitgemaumlszlig sei und den Lebensrealitaumlten einer zunehmenshyden Anzahl von Menschen nicht entspreshyche bdquoBut if we remove the blinders of meshythodological nationalism we see that while nation-states are still extremely imshyportant social live is not confined by nation state boundaries Social and religious movements criminal and professional netshyworks and governance regimes as well as flows of capital also operate across borshyders (hellip) we locate our approach to migrashytion research within a larger intellectual project (hellip) to rethink and reformulate the concept of society such that it is no longer automatically equated with the boundaries of a single nation-stateldquo49
Der Ansatz der Autoren ist durchaus vishysionaumlr und findet in weiten Teilen auch Zustimmung Allerdings darf zB auf den Aspekt hingewiesen werden dass trotz steigender Mobilitaumlt und einer zunehmenshyden Anzahl von Personen die im Laufe ihres Lebens ihren Lebensmittelpunkt
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uumlber nationalstaatliche Grenzen hinweg verlagert der uumlberwiegende Teil der Menshyschen aus unterschiedlichsten Gruumlnden doch sesshaft bleibt und sich ndash wenn uumlbershyhaupt ndash nur in einem relativ regionalen Umkreis50 bewegt
Insgesamt steht die Forderung nach einer Neukonzeption des Gesellschaftskonzepshytes welches Erscheinungen der Zeit wie Globalisierung und Kosmopolitisierung des Individuums entsprechend Rechnung traumlgt im Zentrum des Interesses einer zushynehmenden Gruppe von Forschern51
Geht man noch einen Schritt weiter zushyruumlck in der ndash wenngleich durchaus philoshysophischen ndash Betrachtung kommt man im Zuge der theoretischen Beschaumlftigung mit Transnationalismus Globalisierung bzw der Zunahme bzw Erweiterung suprashynationaler Organisationen oder Verbaumlnde unweigerlich zu dem Punkt an dem der Nationalstaat in seiner momentanen Ausshypraumlgung in Frage gestellt wird52
bdquoIf we define nation-states as political structures sbquoinventedlsquo in eighteenth-century Europe based on the coincidence of terrishytorial cultural linguistic and even to some extent religious unity then new global structures such as supranational institushytions and transnational networks challenge themldquo53
Insbesondere die wissenschaftliche Ausshyeinandersetzung mit und um den euroshypaumlischen Integrationsprozess von einer oumlkonomischen hin zu einer politischen Gemeinschaft ist gepraumlgt von der Grundshysatzfrage nach der Aufrechterhaltung des Nationalstaatsmodells bzw den Schwieshyrigkeiten die damit verbunden waumlren mit diesem Modell zu brechen Schlieszliglich sind Konzepte wie postnationale kosmoshypolitische oder transnationale Zugehoumlrigshykeiten Identitaumlten und Netzwerke nichts anderes als ein Ausdruck dieses wissenshyschaftlichen Diskurses54 welcher durch
zunehmende Migrationsbewegungen und allgemeine Mobilitaumlt weltweit noch vershystaumlrkt wird bdquoThe nation-state is seen as weakenedsbquo sbquofrom abovelsquo by transnational capital global media and emergent suprashynational political institutions sbquoFrom beshylowlsquo it faces the decentering sbquolocallsquo resishystances of the informal economy ethnic nationalism and grassroots activismldquo55
Oder um es mit Soysal zu sagen bdquoAt the beginning of the twentyfirst century the nation stateacutes capacity for social integrashytion is losing ground We move towards postnational membershipldquo56
Auf die Frage nach der Definition von Staatsbuumlrgerschaft antwortete zB der anerkannte Migrationsforscher Rainer Bauboumlck 2007 Staatsbuumlrgerschaft bdquo(hellip) ist zunaumlchst ein formaler Status Aber Staatsbuumlrger muumlssen sich auch zugehoumlrig fuumlhlen Nur wozu Nicht zur Nation nicht zur Kultur schon gar nicht zur Religion Das sollte so etwas sein wie ein minimashyles Grundverstaumlndnis von demokratischer Gemeinschaft in der wir alle demselben Staat unterworfen sind und deshalb die gleichen Rechte habenldquo57
Zudem lieszlige sich zumindest die Frage in den Raum stellen ob Zugehoumlrigkeit zur bzw Abstammung von derselben ethshynischen Gruppe oder ein gemeinsames Herkunftsland eine zwingende Grundvoshyraussetzung oder Bezugsgroumlszlige fuumlr ein transnationales Netzwerk darstellen oder ob nicht vielmehr gesellschaftspolitische oder religioumlse Stroumlmungen ndash man denke in diesem Zusammenhang zB an die bdquoqueer communityldquo welche beispielsweise auch eine eigene Flagge als Symbol (die Regenshybogenflagge welche sich auch internashytional durchgesetzt hat) verwendet oder an die umma im Islam (als Gegenentwurf zum weltlichen Konzept des Nationalshystaates) ndash nicht auch begrifflich davon zu erfassen waumlren Dieser Gedanke allerdings nur am Rande
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3 INTEGRATION(SPOLITIK) ASSIMILIERUNG UND IDENTIshyTAumlT ndash AUS DEM BLICKWINKEL DES TRANSNATIONALISMUS Im Zuge der Transnationalismusdebatte ist neben der Frage ob es sich hierbei um ein neues Phaumlnomen handelt oder aber ein altes in einer neuen Auspraumlgung eine andere Frage wesentlich Hindert die zushynehmende Bildung transnationaler Netzshywerke die Integration von Zuwanderern oder befoumlrdert sie diese Die Relevanz dieser Frage wird auch in der wissenshyschaftlichen Auseinandersetzung deutlich Klar ist dass gaumlngige Integrationskonzepshyte an die Grenzen dessen stoszligen was sie zu erklaumlren im Stande sind
Diesen (moumlglichen) Zusammenhang beshytreffend gaumlbe es in der sozialwissenschaftshylichen Forschung durchaus noch Handshylungsbedarf Geht man einmal grundsaumltzlich von der Praumlmisse aus die Konzepte von Integration bzw Transnationalismus seien mit Kategorien wie bdquoniedrigldquo und bdquohochldquo zu bewerten so lieszligen sich daraus drei Varianten des Wirkungszusammenhangs schlussfolgern
Erstens ein negativer Zusammenhang wobei ein hoher Grad an Integration mit einem niedrigen Grad an transnationaler Verankerung (bzw auch transnationalem Sozialkapital) einher ginge und vice versa zweitens die Moumlglichkeit des positiven Zusammenhangs vielleicht verfuumlgen zB gut integrierte MigrantInnen eher uumlber die notwendigen Ressourcen wie etwa regelshymaumlszligig zu reisen zwei Wohnsitze zu erhalshyten usw Und als letzte Variante die Moumlgshylichkeit dass beide Konzepte vollkommen ohne Wirkungszusammenhang zueinander bestehen Dies sei nur kurz erwaumlhnt um auf den Forschungsbedarf und moumlgliche Untersuchungsansaumltze hinzuweisen
Trotz der gesteigerten Mobilitaumlt von Menschen die sich nicht zuletzt auf eine einfachere Uumlberbruumlckbarkeit weiterer
Distanzen zuruumlckfuumlhren laumlsst verlieren lokale Lebensraumlume als Referenzen fuumlr psycho-soziale Identifizierungsprozesse von Menschen aber nicht zwingend an Reshylevanz bdquoDie Menschen bewegen sich heushyte vielmehr im Spannungsfeld zwischen Kosmopolitismus und Lokalismus Dies wirft die Frage nach dem Zusammenhang zwischen raumlumlicher Mobilitaumlt einerseits und Zugehoumlrigkeit und Integration von Menschen andererseits aufldquo58
Im Zuge der Betrachtung des Phaumlnoshymens der transnationalen Mobilitaumlt wird deutlich dass die bislang geltenden Inteshygrationsansaumltze ndash in all ihrer Unterschiedshylichkeit ndash hier an Guumlltigkeit verlieren und neu uumlberdacht werden muumlssten Nicht dass die herkoumlmmlichen Formen von Migration nicht mehr existierten natuumlrlich wandern auch heute noch Menschen dauerhaft aus ohne einen fixen Bezugs- und Kontaktshypunkt in Form eines Netzwerkes oauml in der alten Heimat zu behalten Die Form der transnationalen Migration59 ergaumlnzt das Spektrum allerdings Es zeigt sich zunehshymend dass die bisherigen Integrationsshyansaumltze die von einer eindeutigen und dauerhaften Orientierung der Zuwanderer auf die Aufnahmegesellschaft ausgehen der Lebensrealitaumlt einer zunehmenden Anshyzahl von Menschen nicht entsprechend Rechung tragen Diese Erkenntnis ist allershydings nichts fundamental Neues vielmehr lassen sich dadurch zum Teil bereits vershymeintliche bdquoIntegrationsdefiziteldquo bei Vershytretern der Gastarbeitergeneration festmashychen Die Grundannahmen und (politische wie gesellschaftliche) Erwartungshaltunshygen gingen lange von wenig umfassenden und dadurch oberflaumlchlichen Grundvoshyraussetzungen aus
Fassmann weist ua auf das diesbezuumlgshyliche Unvermoumlgen der unterschiedlichsten Integrations- (bzw Assimilations-)ansaumltze hin bdquoMit der neuen transnationalen Mobilishy
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taumlt werden all jene Integrationskonzepte obsolet die von einer eindeutigen Orienshytierung der MigrantInnen auf die sbquoZielgeshysellschaftlsquo ausgehen (hellip) Doch gehen selbst jene Konzepte die keine perfekte Assimilation annehmen sondern kulturelle (sbquomultikulturellelsquo) Freiraumlume offerieren von einer dauerhaften Aufnahme ausldquo60
Auf Grund der Qualitaumlt der einzelnen Faktoren ist anzunehmen dass sich diese Entwicklung eher im Steigen befindet
Als die vier elementarsten Voraussetshyzungen oder Faktoren fuumlr transnationale Mobilitaumlt benennt Fassmann erstens durchshylaumlssige Grenzen wodurch zirkulaumlre Wanshyderungsbewegungen erst ermoumlglicht wershyden zweitens bdquoschrumpfendeldquo Distanzen (siehe oben) drittens ein bestehendes ethshynisches Netz am Zuwanderungsort und schlieszliglich als weiteres und viertes Merkshymal welches die handelnden Akteure selbst betrifft die globale Verwertbarkeit von deren Qualifikationen61 Unter Beruumlckshysichtigung dessen waumlre es sinnvoll alte wissenschaftliche Theorien62 zu reformushylieren den sich wandelnden gesellschaftshylichen Prozessen anzupassen und ndash als logische und notwendige Konsequenz ndash entsprechende politische Maszlignahmen zu setzen
Hier waumlre und ist die Sozialwissenschaft gefordert ihre Erkenntnisse lauter und geshyzielter in Richtung Zivilgesellschaft und politischer Entscheidungstraumlger zu artikushylieren und somit ihre Verantwortung63 als erster bdquoBeobachterldquo gesellschaftlicher Vershyaumlnderungsprozesse wahrzunehmen Es ist allerdings ein durchaus positiver Trend zu erkennen auch seitens der politischen Entscheidungstraumlger verstaumlrkt auf die aktive Miteinbeziehung wissenschaftlicher Exshypertise zu setzen Seitens des oumlsterreichishyschen Innenressorts spiegelt sich diese Entwicklung zB in der Formulierung des Nationalen Aktionsplans fuumlr Integration samt angeschlossenem Expertenrat wider64
Nicht zuletzt sehen wir uns heute in Europa (speziell in ehemaligen Gastarshybeiterlaumlndern aber auch zB in den Nieshyderlanden oder Frankreich) mit dem Vorshywurf einer weitgehend bdquogescheitertenldquo Integrationspolitik konfrontiert wie im Herbst 2010 im Zuge der Debatte durch Sarrazin65 und Co und nicht zuletzt von der deutschen Bundeskanzerlin Angela Merkel demonstriert wird wenn Sie meint der bdquoMulitikulti-Ansatzldquo sei gescheitert66 Dies nicht zuletzt deshalb weil die bisshyherigen Modelle der Heterogenitaumlt und den Lebensrealitaumlten der betroffenen Menshyschen zu wenig Rechnung getragen haben
31 EXKURS HYBRID CULTURE UND HYBRIDE IDENTITAumlT Im 19 Jahrhundert als der Begriff bdquohybrishyde Identitaumltenldquo gepraumlgt wurde war dessen Praumlgung eindeutig negativer Natur67 Trotzshydem der Begriff Hybriditaumlt in den Geistesshyund Sozialwissenschaften beginnend mit den ersten Ansaumltzen der postcolonial stushydies68 gaumlngig wurde haftet ihm dieser Beishygeschmack ndash zumindest fragmentarisch ndash immer noch an Zu oft wurden und werden Zuwanderern eine Art bdquodoppelteldquo Loyalishytaumlt und versteckte Absichten unterstellt69 Wissenschaftlich bezeichnet der Begriff ein weites Spektrum welches sich mit Formen kultureller Zugehoumlrigkeiten ausshyeinandersetzt
Im Rahmen eines Forschungsprojektes an der FU Berlin welches sich mit dieser Frage beschaumlftigt wurde folgende Defishynition aufgestellt bdquoHybriditaumlt tritt auf in Situationen kultureller Uumlberschneidung dh teilweise gegensaumltzliche Sinngehalte und Handlungslogiken die getrennten Handlungssphaumlren entstammen fuumlgen sich zu neuen Mustern zusammen Es kommt zu einer Infragestellung traditioneller Zushygehoumlrigkeitskriterien und einer Delokalishysierung von Identitaumltldquo70
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Auch hier wird deutlich dass eine strikte Trennung und Gegenuumlberstellung der Beshygrifflichkeiten (Hybriditaumlt Transnationashylismus Diaspora etc) wenig Sinn macht dass vielmehr die Herausbildung hybrider Identitaumlten welche entsprechende struktushyrelle Rahmenbedingungen voraussetzt die Bildung eines eigenen sozialoumlkonomishyschen wie kulturellen Raumes bedingen ein Merkmal der zunehmenden transnatioshynalen Ausrichtung von Menschen sind
Grundsaumltzlich bezeichnen hybride Kulshyturen meistens Gruppen ehemaliger Zushywanderer bei welchen sich eine eigene Identitaumlt mit Merkmalen aus der Urshysprungskultur und der Kultur des Aufnahshymelandes herausgebildet hat die sich jeshyweils von beiden unterscheidet ndash also etwas fuumlr sich Autonomes darstellt Nicht alle Mitglieder der ethnischen community des (ehemaligen) Ursprungslandes sind automatisch Teil der hybriden Kultur Im Gegenteil Als Beispiel waumlren hier zB die Amerikaner mexikanischen Ursprungs die sich selbst stolz als bdquoChicanosldquo beshyzeichnen zu nennen die sich ganz bewusst von den neu zugezogenen oft illegalen Zushywanderern aus Mexiko abgrenzen wollen
Weiters bezieht sich der Begriff bdquoHybrishyditaumltldquo im Gegensatz zu Diaspora (bdquodiasshypora politicsldquo) der stark politisch besetzt ist in der Literatur oft eher auf den kultushyrellen Raum
Bei der Beschaumlftigung mit hybrid identishyties wenn man also das Merkmal der Identitaumlt in den Vordergrund stellt kann man eine Frage als elementar und der Theshymatik wesenseigen formulieren Stellt der Migrationshintergrund einen Vorteil dar da es sich leichter zwischen zwei Kulturen bewegen laumlsst Ermoumlglicht er den betrofshyfenen Personen als bdquoVermittlerldquo zwischen den Kulturen aufzutreten oder stellt die Herkunft eine Buumlrde dar mit welcher in vielen Faumlllen Diskriminierung Marginalishysierung und Benachteiligung einhergehen
die mit zunehmender Assimilierung abshynimmt
Diese Frage zu beantworten ist allershydings nicht Inhalt der vorliegenden Arbeit Als Hypothese kann aber angenommen werden dass die Frage nach Vor- und Nachteilen stark von der jeweiligen Hershykunft der betreffenden Person sowie der beobachteten Herkunftsgesellschaft abshyhaumlngt ndash ohne an dieser Stelle auf den Aspekt der starken Heterogenitaumlt der Indishyviduen zu vergessen und somit den Fehler der klassischen Integrationsforschung zu wiederholen von einem bdquoIdealtypusldquo des Migranten auszugehen
Nicht zuletzt ist hinsichtlich der Frage der Identitaumlt Zeit ein maszliggeblicher Faktor Der oft vorgenommene Vergleich der Zushywanderer bzw Personen mit Migrationsshyhintergrund in Europa mit (klassischen Einwanderungs-)Laumlndern wie Kanada USA oder Australien ndash wo transnationale Netzwerke und communities um einiges laumlnger bestehen und nicht zuletzt die Geshyschichte von Migrationsbewegungen eine anderere ist ndash muss serioumlserweise entspreshychend beruumlcksichtigt werden
4 SCHLUSSBETRACHTUNG Je eingehender man sich mit der Thematik auseinandersetzt desto staumlrker ruumlckt deren Komplexitaumlt ins Zentrum Das Themenshyfeld der Transnationalitaumlt umfasst untershyschiedlichste Beruumlhrungspunkte mit andeshyren Konzepten die es zu beruumlcksichtigen gilt beginnend bei der Frage der Identishytaumlt(en) und Moumlglichkeiten der politischen Partizipation uumlber die Frage der Guumlltigkeit des Konzeptes des Nationalstaates als Reshyferenzobjekt in einer globalisierten Welt ndash insbesondere vor dem Hintergrund des Integrationsprozesses der Europaumlischen Union ndash die Frage der Ursachen und Katalysatoren der Transnationalitaumlt und der Differenzierung zu anderen Konzepten wie Diaspora und hybride Kulturen und
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nicht zuletzt des Aufzeigens der Grenzen und Missverstaumlndnisse der bisherigen Inshytegrationskonzepte
Im Rahmen des vorliegenden Beitrags wurden mehrere Punkte angeschnitten und der Versuch unternommen einen Einblick in das komplexe Feld des Transnationalisshymus zu bieten im Bewusstsein viele andere wichtige Aspekte unberuumlhrt gelassen zu haben
Insgesamt liefert das ndash trotz allem relativ junge ndash Konzept des Transnationalismus einen notwendigen theoretischen Rahmen fuumlr die Auseinandersetzung mit Migrashy
tionsbewegungen und deren Auswirkunshygen auf Entsende- und Aufnahmegesellshyschaften und -staaten und gleichsam der bdquoglobal communityldquo in der postwestfaumllishyschen Weltordnung an sich obwohl an der einen oder anderen Stelle auch Unschaumlrfen des Modells zum Ausdruck kommen
So stellt sich schlussendlich zB unweishygerlich die Frage ob Transnationalismus eine Lebensform (mit allen ideologischen Dimensionen) umschreibt oder lediglich eine De-Territorialisierung des Nationalshystaates darstellt71
1 Anm Die intensivere wissenschaftliche
Beschaumlftigung mit dem Phaumlnomen des
Transnationalismus geht auf die fruumlhen
1990er Jahre zuruumlck 2 Vgl httpwwwsowirubdeforschung
profiltrmigrhtmlde am 12042011 3 Zum Beispiel dem Konzept von Human
Security 4 LevittGlick-Schiller 2004 1 5 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
forum2005-04-003 6 Bourne 1916 86ndash97 7 Mayer 2005 11 8 Vgl ebd 9 Glick-Schiller et al 1995 48ndash63 10 Ebd 11 Luumlthi 2005 12 Dahinden 2009 2 13 Glick-Schiller et al 1995 1 14 Portes et al 1999 219 15 Ebd 219 16 LevittGlick-Schiller (LevittGlick-
Schiller 2004) schlagen den Ansatz des
Konzeptes des bdquosozialen Feldesldquo fuumlr mishy
gration studies vor Eine naumlhere Erlaumluteshy
rung folgt spaumlter im vorliegenden Text 17 Vgl Gehmacher oA 18 Bourdieu 1993 183ndash198 19 Siehe dazu weiter unten im Text 20 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 21 Dahinden 2009 22 Pries 2001a 34 23 Bourdieu 1982 171ndash210 24 LevittGlick-Schiller 2004 9 25 Ebd 11 26 Vgl hierzu Punkt 3 dieses Beitrags 27 Auch das Konzept des Transnationalisshy
mustransnationale Migration ndash also die
Etablierung und aller damit verbundenen
Effekte globaler sozialer Netzwerke ndash ist
in diesem Zusammenhang analytisch inteshy
ressant 28 Bei aller Problematik des Begriffes vgl
zB dazu HansenSpetsmann-Kunkel
2008 30 29 Haug 2000 113 ff 30 Vgl zB Massey et al 1993 699ndash749 31 Kastoryano 2003 67
32 Bspw Iran Kurden etc 33 Hier kann zB auf die Rede vom tuumlrkishy
schen Premier Recep Tayyip Erdogan in
Berlin im Februar 2008 verwiesen wershy
den 34 Pries 2001b 35 Zur politischen Partizipation und Diasshy
pora Politics vgl Soumlkefeld 2006 265ndash
284 36 Nach Soumlkefeld 2006 275 37 Vgl hierzu auch Anderson 1991 38 Soumlkefeld 2006 265ndash284 39 Barber 1998 3 40 Vgl Safran 1991 41 Ebd 42 Anm womit wieder der Konnex zum
Transnationalismus hergestellt ist 43 Anm Der Einfluss darf aber einerseits
nicht uumlberschaumltzt werden andererseits ist
auch Vorsicht in der Auseinandersetzung
mit diesem Bereich geboten zu schnell
gelangt man zu den gaumlngigen Mustern
zB der bdquointernationalen juumldischen Weltshy
verschwoumlrungldquo oauml
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42011 SIAK-JOURNAL
44 Anm siehe oben im Deutschen etwas
problematisch da dieser Begriff meist
raumlumlich verwendet wird 45 Faist 1999 189ndash222 46 Anderson 1991 47 Vgl httpwwwtranscript-verlagde
ts311ts311_1pdf 48 Anm sowie nach ihnen andere Wissenshy
schaftler die sich der Thematik im Zuge
der letzten zehn Jahre annahmen 49 LevittGlick-Schiller 2004 7 50 Anm Binnenmigration macht den groumlszligshy
ten Anteil an Migrationsbewegungen weltshy
weit aus 51 Vgl zB Beck 2000 Faist 2000 52 Vgl zB Oberndoumlrfer D (2009) Das
Ende des Nationalstaates als Chance
fuumlr die offene europaumlische Republik in
Butterwegge CHentges G (Hg) Zushy
wanderung im Zeichen der Globalisieshy
rung Wiesbaden 237ndash252 53 Kastoryano 2003 65 54 Ebd 75 55 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 56 Nach Soysal 1994 1 57 Bauboumlck 2007 58 Vgl Pollini 2002 Angelli 2002 13ndash70 59 Fassmann plaumldiert zB fuumlr die Verwenshy
dung des Begriffes bdquoMobilitaumltldquo anstelle
von bdquoMigration in diesem Zusammenshy
hangldquo vgl Fassmann 2003 435 60 Ebd 61 Vgl Fassmann 2003 429ndash449 insb ab
436 62 Anm wobei die Wissenschaft sich beshy
reits seit Anfang der 1990er Jahre damit
auseinandersetzt 63 Anm Uumlber diese Rolle der Sozialwissenshy
schaften geht die Meinung auseinander 64 Anm Der NAP wurde von renommiershy
ten oumlsterreichischen Wissenschaftlern und
Experten unter der Schirmherrenschaft
des BMI konzipiert Ein eigens etabliershy
ter Expertenrat befasst sich wissenschaftshy
lich mit den einzelnen Themenfeldern vgl
httpwwwintegrationsfondsatfileadmin
IntegrationsfondNAPnap_berichtpdf 65 Sarrazin 2010 66 httpdiepressecomhomepolitik
aussenpolitik602605Merkel_Multikultishy
in-Deutschland-absolut-gescheitert
29112010 67 Vgl Young 1995 68 Vgl zB Bhabha 1994 69 Anm dies stellt eigentlich ein gaumlngiges
Argument des Antisemitismus dar
Zuletzt zB im Zuge der Schulungen der
FPOuml Parteiakademie deren Inhalte von
der Zeitschrift News aufgedeckt wurden
News Ausgabe 482009 70 httppolsozfu-berlindepolwiss
forschunginternationalvorderer-orient
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symbolisch oder tatsaumlchlich ndash welche diese auf Kuba haben koumlnnte)
Auch rechtlich nicht legitimierte Pershysonen haben Moumlglichkeiten politisch zu mobilisieren und Druck auszuuumlben indem sie Mittel der politischen Artikulation nutshyzen allerdings besteht hier eine gewisse Huumlrde da eine houmlhere Gefaumlhrdung (durch die unsichere persoumlnliche Lebenssituation) mit politischer Betaumltigung einhergeht Als Beispiele waumlren die Sans-Papier-Proteste in Westeuropa oder Proteste von Personen mit illegalem Aufenthaltsstatus in den USA zu nennen die immerhin immer wieder Legalisierungswellen ausgeloumlst haben Als eine Auspraumlgung des politischen Handshylungsrahmens aus dem Blickwinkel mit Transnationalitaumlt sei weiters auf die vielshybeachtete Aktion eines Plattenlabels in den USA verwiesen die mit bdquoNuestro Himnoldquo eine spanischsprachige Version der amerikanischen Nationalhymne ins Radio brachte und damit fuumlr groszlige Aufshymerksamkeit sorgte Daran laumlsst sich ershykennen wie sensibel die Frage der Idenshytitaumlt ist und daruumlber hinaus wie eng diese an bestimmte Symboliken gebunden ist
Bei diesen Betrachtungen ist trotz allem der Nationalstaat die Referenz- und Beshyzugsgroumlszlige Sich davon zu loumlsen scheint in Anbetracht der hier dargestellten Beishyspiele welche die wesentlichen Moumlglichshykeiten und Richtungen politischen Hanshydelns in einem transnationalen Kontext darstellen nur schwer moumlglich
Generell stellt sich die Frage wo genau die Grenzziehung zwischen transnational community und Diaspora verlaumluft
Migration als Einbahnstraszlige
Migrationsbewegungen auf der Basis von Netzwerken und Kreislaumlufen
In diesem Zusammenhang hat Pries eine (grobe) Einteilung unterschiedlicher Mishygrantengruppen versucht wobei Variationen in den unterschiedlichsten Graubereichen anzutreffen sind (siehe Abbildung 2)34
13 DIASPORADIASPORA POLITICS35
bdquoDiasporas are imagined transnational communities which are unique segments of people that live in territorially separated locationsldquo36
Soumlkefeld weist darauf hin dass nicht alle Migranten automatisch zu Mitgliedern einer Diaspora werden und nicht alle Gruppen von Migranten zu Diaspora- oder transnationalen Gemeinschaften Vielmehr ist ein solches Bewusstsein abhaumlngig von einer entsprechenden Selbstsicht bezieshyhungsweise Mobilisierung Er geht in Folshyge explizit auf den Punkt der imaginaumlren Gemeinschaft ein und weist nachdruumlcklich auf deren Bedeutung hin da schlussendshylich auch Staaten bdquoimagined communitiesldquo und trotzdem oder gerade deshalb real sind37
bdquoThe fact that nations are imagined communities does not mean that they are fictitious or unreal Imagined communishyties ndash nations ethnic groups or others ndash are real because they are imagined as real because they are taken as real and because they therefore have very real effects on social lifeldquo38
Verwendet man den zuvor beschriebenen Terminus des transnationalen sozialen Felshydes wird diese Differenzierung zumindest vereinfacht da damit ein Raum geschaffen
Quelle Pries 2001b
Emigranten Ruumlckkehr-Migranten
Immigranten (bdquoreturn migrantsldquo)
Transmigranten Diaspora-Migranten
Abb 2 Idealtypen von MigrantInnen im Zeitalter der Globalisierung gemaumlszlig Pries
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wird in dem Vernetzungen von MigranshytInnenNicht-MigrantInnen beziehungsshyweise Personen aus unterschiedlichen Herkunftslaumlndern bestehen Ein Raum alshyso der sich uumlber nationalstaatliche Grenshyzen und geografische Gegebenheiten hinshywegsetzt Das bindende Element ist ein selbst definiertes sich aus dem Feld ergeshybendes und von den Akteuren des Feldes beeinflusstes
Barber loumlst sich von der rein geografishyschen Verwendung des Begriffes bdquoRaumldquo (im deutschen Sprachraum) und fordert vielmehr den Begriff als Metapher fuumlr Zivilgesellschaft39
Die Trennlinie zum Terminus der Diasshypora ist keine scharf zu ziehende Diaspora beschreibt vielmehr eine homogenere Gruppe und es muss zumindest in den Raum gestellt werden ob Diaspora-Identishytaumlt nicht forced migration (das kann sich durchaus auch auf nachkommende Geneshyrationen bdquovererbenldquo) oder zumindest die ersehnte Ruumlckkehr in ein selbst erlebtes oder bdquofiktivesidealisiertesldquo (weil heute in der Form nicht mehr existierendes) Heishymatland voraussetzt40 oder aber zumindest eine wesentliche Treibkraft fuumlr diese Form der kollektiven Identitaumlt darstellt
So begreifen sich zB viele Juden in aller Welt als Diaspora Die Ruumlckkehr nach Israel obwohl die meisten sowie deren Vorfahren nie dort gelebt haben wird kolshylektiv idealisiert und wird zumindest theoshyretisch in die Lebensplanung miteinbezoshygen (paradigmatisch hierfuumlr steht zum Beispiel der bekannte Ausdruck bdquoNaumlchsshytes Jahr in Jerusalemldquo)
Folgerichtig sind also wie erwaumlhnt nicht alle MigrantInnen Teil einer Diaspora nicht alle fuumlhlen sich transnational bzw einer diaspora community zugehoumlrig
William Safran41 versuchte bereits 1991 eine entsprechende Charakterisierung vorshyzunehmen Derzufolge zeichnen sich Mitshyglieder einer Diaspora vornehmlich dashy
durch aus dass sie Erinnerung und starken Bezug zu ihrem bdquooriginal homelandldquo beshyhalten dieses idealisierend erhoumlhen um dessen Erhalt und Restaurierung bemuumlht sind und weiterhin Kontakte in ihr Heishymatland pflegen42 Den Strategien von Diasporas sind zwei Positionen immanent die Entwicklung von Strategien im Umshygang mit dem jeweiligen Aufnahmeland (also Fragen der Integration und Assimishylierung) in Balance mit der Beziehung zum Ursprungsland
Oft sind transnationale Handlungen von MigrantInnen(gruppen) oumlkonomisch orishyentiert Dies aumluszligert sich einerseits in einer Vielzahl von kleineren Geschaumlftsbezieshyhungen (wie zB der typische Import-Exshyport-Handel) oder auch uumlber remittances an Angehoumlrige ins alte Heimatland In vieshylen Faumlllen geht die Betaumltigung aber uumlber diese oumlkonomische Ebene hinaus und ershystreckt sich auf eine politische In diesem Fall begibt man sich in den Bereich der diaspora politics
Der Wirkungshorizont von diaspora poshylitics umfasst
Die Organisation im Aufnahmeland um dort den politischen Einfluss zu vergroumlshyszligern Druck auf das Heimatland auszuuumlben insbesondere bei Politikfeldern in deshynen Interessen der Diaspora angesproshychen werden Weiters kann die transnationale diaspora community mit anderen (Dritt-)staaten Internationalen Organisationen uauml in Interaktion treten Sie bilden dadurch Lobbys auszligerhalb nationalstaatlicher Strukturen43
Das Konzept des transnationalen Raushymes44 umfasst unterschiedliche Realitaumlten Sieht man sich hier Faists Definition an laumlsst sich ein Blick auf die Trennlinie nach Diaspora und transnationaler Gemeinshyschaft werfen bdquoTransnationale Gemeinden
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oder Familien etwa stellen nur eine Art von transnationalen Netzwerken dar In transnationalen Raumlumen koumlnnen sich etwa MigrantInnenenfamilien bewegen koumlnnen Diasporas bestehen bzw sich neue herausshybilden und koumlnnen auch ethnisch def ishynierte Netzwerke wirken in denen ein intensiver oumlkonomischer und kultureller Austausch stattfindet Diesen verschiedeshynen Erscheinungsformen gemeinsam sind (hellip) eigene basale Eingliederungsmechashynismen (Solidaritaumlt zur kleinen Gruppe oder zu einer Bezugsgemeinde Bildung eishynes spezifischen Netzwerkes) waumlhrend viele andere Faktoren wie etwa der Chashyrakter und die Intensitaumlt der Verbindungen die Charakteristika der mitwirkenden Pershysonen die Art der Austauschprozesse usw sehr unterschiedlich sein koumlnnenldquo45
Diese Definition zeigt dass ein bdquosowohl als auchldquo der Begriffe moumlglich ist entbinshydet aber nicht von der Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung der beiden als eigenstaumlndige soziale Phaumlnomene
2 NATIONALSTAAT NATION UND GESELLSCHAFT VOR DEM HINshyTERGRUND TRANSNATIONALER SOZIALER NETZWERKE Wie bereits erwaumlhnt macht die Transnashytionalismusdebatte deutlich dass das Konshyzept des Nationalstaates worin dieser mit Gesellschaft gleichgesetzt wird auf Grund sich veraumlndernder Rahmenbedingungen zunehmend als obsolet erachtet wird
Unbedingt Erwaumlhnung finden muss an dieser Stelle die Arbeit von Benedict Anderson der in seinem 1983 erschienenen Werk bdquoimagined communitiesldquo46 ein Konshyzept formulierte um die Phaumlnomene des Nationalismus und der Nationalstaatsbilshydung ndash und damit verbundener Konnotatioshynen und Deutungen ndash zu analysieren Der Zugang ist ein konstruktivistischer Natioshynen sind demnach keine Realitaumlten an sich sondern historisch und kulturell spezifische
Projektionen allerdings mit sehr realen Konsequenzen und Implikationen47
Zentrales Element der transnational mishygration studies ist der Anspruch das Konshyzept der Gesellschaft neu zu formulieren da es demzufolge nur mehr begrenzt sinnshyvoll erscheint vor allem nationale Grenzen ins Zentrum des Interesses und der wisshysenschaftlichen Analyse zu setzen Familie Staatsbuumlrgerschaft und Nationalstaat muumlsshysen neu uumlberdacht werden Noch wird Nashytionalstaat als Norm und werden soziale Identitaumlten und Handlungen die nationalshystaatliche Grenzen uumlberschreiten als aushyszligerhalb der Norm angesehen Diese Denkshymuster aufzubrechen ist Ziel der Arbeit ua von Glick-Schiller et al48
Aber die Autoren gehen noch weiter und fordern vor diesem gedanklichen Hintershygrund das gesamte Gesellschaftssystem welches sich an nationalstaatlichen Grenshyzen orientiert neu zu uumlberdenken da es ihnen zufolge nicht mehr zeitgemaumlszlig sei und den Lebensrealitaumlten einer zunehmenshyden Anzahl von Menschen nicht entspreshyche bdquoBut if we remove the blinders of meshythodological nationalism we see that while nation-states are still extremely imshyportant social live is not confined by nation state boundaries Social and religious movements criminal and professional netshyworks and governance regimes as well as flows of capital also operate across borshyders (hellip) we locate our approach to migrashytion research within a larger intellectual project (hellip) to rethink and reformulate the concept of society such that it is no longer automatically equated with the boundaries of a single nation-stateldquo49
Der Ansatz der Autoren ist durchaus vishysionaumlr und findet in weiten Teilen auch Zustimmung Allerdings darf zB auf den Aspekt hingewiesen werden dass trotz steigender Mobilitaumlt und einer zunehmenshyden Anzahl von Personen die im Laufe ihres Lebens ihren Lebensmittelpunkt
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uumlber nationalstaatliche Grenzen hinweg verlagert der uumlberwiegende Teil der Menshyschen aus unterschiedlichsten Gruumlnden doch sesshaft bleibt und sich ndash wenn uumlbershyhaupt ndash nur in einem relativ regionalen Umkreis50 bewegt
Insgesamt steht die Forderung nach einer Neukonzeption des Gesellschaftskonzepshytes welches Erscheinungen der Zeit wie Globalisierung und Kosmopolitisierung des Individuums entsprechend Rechnung traumlgt im Zentrum des Interesses einer zushynehmenden Gruppe von Forschern51
Geht man noch einen Schritt weiter zushyruumlck in der ndash wenngleich durchaus philoshysophischen ndash Betrachtung kommt man im Zuge der theoretischen Beschaumlftigung mit Transnationalismus Globalisierung bzw der Zunahme bzw Erweiterung suprashynationaler Organisationen oder Verbaumlnde unweigerlich zu dem Punkt an dem der Nationalstaat in seiner momentanen Ausshypraumlgung in Frage gestellt wird52
bdquoIf we define nation-states as political structures sbquoinventedlsquo in eighteenth-century Europe based on the coincidence of terrishytorial cultural linguistic and even to some extent religious unity then new global structures such as supranational institushytions and transnational networks challenge themldquo53
Insbesondere die wissenschaftliche Ausshyeinandersetzung mit und um den euroshypaumlischen Integrationsprozess von einer oumlkonomischen hin zu einer politischen Gemeinschaft ist gepraumlgt von der Grundshysatzfrage nach der Aufrechterhaltung des Nationalstaatsmodells bzw den Schwieshyrigkeiten die damit verbunden waumlren mit diesem Modell zu brechen Schlieszliglich sind Konzepte wie postnationale kosmoshypolitische oder transnationale Zugehoumlrigshykeiten Identitaumlten und Netzwerke nichts anderes als ein Ausdruck dieses wissenshyschaftlichen Diskurses54 welcher durch
zunehmende Migrationsbewegungen und allgemeine Mobilitaumlt weltweit noch vershystaumlrkt wird bdquoThe nation-state is seen as weakenedsbquo sbquofrom abovelsquo by transnational capital global media and emergent suprashynational political institutions sbquoFrom beshylowlsquo it faces the decentering sbquolocallsquo resishystances of the informal economy ethnic nationalism and grassroots activismldquo55
Oder um es mit Soysal zu sagen bdquoAt the beginning of the twentyfirst century the nation stateacutes capacity for social integrashytion is losing ground We move towards postnational membershipldquo56
Auf die Frage nach der Definition von Staatsbuumlrgerschaft antwortete zB der anerkannte Migrationsforscher Rainer Bauboumlck 2007 Staatsbuumlrgerschaft bdquo(hellip) ist zunaumlchst ein formaler Status Aber Staatsbuumlrger muumlssen sich auch zugehoumlrig fuumlhlen Nur wozu Nicht zur Nation nicht zur Kultur schon gar nicht zur Religion Das sollte so etwas sein wie ein minimashyles Grundverstaumlndnis von demokratischer Gemeinschaft in der wir alle demselben Staat unterworfen sind und deshalb die gleichen Rechte habenldquo57
Zudem lieszlige sich zumindest die Frage in den Raum stellen ob Zugehoumlrigkeit zur bzw Abstammung von derselben ethshynischen Gruppe oder ein gemeinsames Herkunftsland eine zwingende Grundvoshyraussetzung oder Bezugsgroumlszlige fuumlr ein transnationales Netzwerk darstellen oder ob nicht vielmehr gesellschaftspolitische oder religioumlse Stroumlmungen ndash man denke in diesem Zusammenhang zB an die bdquoqueer communityldquo welche beispielsweise auch eine eigene Flagge als Symbol (die Regenshybogenflagge welche sich auch internashytional durchgesetzt hat) verwendet oder an die umma im Islam (als Gegenentwurf zum weltlichen Konzept des Nationalshystaates) ndash nicht auch begrifflich davon zu erfassen waumlren Dieser Gedanke allerdings nur am Rande
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3 INTEGRATION(SPOLITIK) ASSIMILIERUNG UND IDENTIshyTAumlT ndash AUS DEM BLICKWINKEL DES TRANSNATIONALISMUS Im Zuge der Transnationalismusdebatte ist neben der Frage ob es sich hierbei um ein neues Phaumlnomen handelt oder aber ein altes in einer neuen Auspraumlgung eine andere Frage wesentlich Hindert die zushynehmende Bildung transnationaler Netzshywerke die Integration von Zuwanderern oder befoumlrdert sie diese Die Relevanz dieser Frage wird auch in der wissenshyschaftlichen Auseinandersetzung deutlich Klar ist dass gaumlngige Integrationskonzepshyte an die Grenzen dessen stoszligen was sie zu erklaumlren im Stande sind
Diesen (moumlglichen) Zusammenhang beshytreffend gaumlbe es in der sozialwissenschaftshylichen Forschung durchaus noch Handshylungsbedarf Geht man einmal grundsaumltzlich von der Praumlmisse aus die Konzepte von Integration bzw Transnationalismus seien mit Kategorien wie bdquoniedrigldquo und bdquohochldquo zu bewerten so lieszligen sich daraus drei Varianten des Wirkungszusammenhangs schlussfolgern
Erstens ein negativer Zusammenhang wobei ein hoher Grad an Integration mit einem niedrigen Grad an transnationaler Verankerung (bzw auch transnationalem Sozialkapital) einher ginge und vice versa zweitens die Moumlglichkeit des positiven Zusammenhangs vielleicht verfuumlgen zB gut integrierte MigrantInnen eher uumlber die notwendigen Ressourcen wie etwa regelshymaumlszligig zu reisen zwei Wohnsitze zu erhalshyten usw Und als letzte Variante die Moumlgshylichkeit dass beide Konzepte vollkommen ohne Wirkungszusammenhang zueinander bestehen Dies sei nur kurz erwaumlhnt um auf den Forschungsbedarf und moumlgliche Untersuchungsansaumltze hinzuweisen
Trotz der gesteigerten Mobilitaumlt von Menschen die sich nicht zuletzt auf eine einfachere Uumlberbruumlckbarkeit weiterer
Distanzen zuruumlckfuumlhren laumlsst verlieren lokale Lebensraumlume als Referenzen fuumlr psycho-soziale Identifizierungsprozesse von Menschen aber nicht zwingend an Reshylevanz bdquoDie Menschen bewegen sich heushyte vielmehr im Spannungsfeld zwischen Kosmopolitismus und Lokalismus Dies wirft die Frage nach dem Zusammenhang zwischen raumlumlicher Mobilitaumlt einerseits und Zugehoumlrigkeit und Integration von Menschen andererseits aufldquo58
Im Zuge der Betrachtung des Phaumlnoshymens der transnationalen Mobilitaumlt wird deutlich dass die bislang geltenden Inteshygrationsansaumltze ndash in all ihrer Unterschiedshylichkeit ndash hier an Guumlltigkeit verlieren und neu uumlberdacht werden muumlssten Nicht dass die herkoumlmmlichen Formen von Migration nicht mehr existierten natuumlrlich wandern auch heute noch Menschen dauerhaft aus ohne einen fixen Bezugs- und Kontaktshypunkt in Form eines Netzwerkes oauml in der alten Heimat zu behalten Die Form der transnationalen Migration59 ergaumlnzt das Spektrum allerdings Es zeigt sich zunehshymend dass die bisherigen Integrationsshyansaumltze die von einer eindeutigen und dauerhaften Orientierung der Zuwanderer auf die Aufnahmegesellschaft ausgehen der Lebensrealitaumlt einer zunehmenden Anshyzahl von Menschen nicht entsprechend Rechung tragen Diese Erkenntnis ist allershydings nichts fundamental Neues vielmehr lassen sich dadurch zum Teil bereits vershymeintliche bdquoIntegrationsdefiziteldquo bei Vershytretern der Gastarbeitergeneration festmashychen Die Grundannahmen und (politische wie gesellschaftliche) Erwartungshaltunshygen gingen lange von wenig umfassenden und dadurch oberflaumlchlichen Grundvoshyraussetzungen aus
Fassmann weist ua auf das diesbezuumlgshyliche Unvermoumlgen der unterschiedlichsten Integrations- (bzw Assimilations-)ansaumltze hin bdquoMit der neuen transnationalen Mobilishy
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taumlt werden all jene Integrationskonzepte obsolet die von einer eindeutigen Orienshytierung der MigrantInnen auf die sbquoZielgeshysellschaftlsquo ausgehen (hellip) Doch gehen selbst jene Konzepte die keine perfekte Assimilation annehmen sondern kulturelle (sbquomultikulturellelsquo) Freiraumlume offerieren von einer dauerhaften Aufnahme ausldquo60
Auf Grund der Qualitaumlt der einzelnen Faktoren ist anzunehmen dass sich diese Entwicklung eher im Steigen befindet
Als die vier elementarsten Voraussetshyzungen oder Faktoren fuumlr transnationale Mobilitaumlt benennt Fassmann erstens durchshylaumlssige Grenzen wodurch zirkulaumlre Wanshyderungsbewegungen erst ermoumlglicht wershyden zweitens bdquoschrumpfendeldquo Distanzen (siehe oben) drittens ein bestehendes ethshynisches Netz am Zuwanderungsort und schlieszliglich als weiteres und viertes Merkshymal welches die handelnden Akteure selbst betrifft die globale Verwertbarkeit von deren Qualifikationen61 Unter Beruumlckshysichtigung dessen waumlre es sinnvoll alte wissenschaftliche Theorien62 zu reformushylieren den sich wandelnden gesellschaftshylichen Prozessen anzupassen und ndash als logische und notwendige Konsequenz ndash entsprechende politische Maszlignahmen zu setzen
Hier waumlre und ist die Sozialwissenschaft gefordert ihre Erkenntnisse lauter und geshyzielter in Richtung Zivilgesellschaft und politischer Entscheidungstraumlger zu artikushylieren und somit ihre Verantwortung63 als erster bdquoBeobachterldquo gesellschaftlicher Vershyaumlnderungsprozesse wahrzunehmen Es ist allerdings ein durchaus positiver Trend zu erkennen auch seitens der politischen Entscheidungstraumlger verstaumlrkt auf die aktive Miteinbeziehung wissenschaftlicher Exshypertise zu setzen Seitens des oumlsterreichishyschen Innenressorts spiegelt sich diese Entwicklung zB in der Formulierung des Nationalen Aktionsplans fuumlr Integration samt angeschlossenem Expertenrat wider64
Nicht zuletzt sehen wir uns heute in Europa (speziell in ehemaligen Gastarshybeiterlaumlndern aber auch zB in den Nieshyderlanden oder Frankreich) mit dem Vorshywurf einer weitgehend bdquogescheitertenldquo Integrationspolitik konfrontiert wie im Herbst 2010 im Zuge der Debatte durch Sarrazin65 und Co und nicht zuletzt von der deutschen Bundeskanzerlin Angela Merkel demonstriert wird wenn Sie meint der bdquoMulitikulti-Ansatzldquo sei gescheitert66 Dies nicht zuletzt deshalb weil die bisshyherigen Modelle der Heterogenitaumlt und den Lebensrealitaumlten der betroffenen Menshyschen zu wenig Rechnung getragen haben
31 EXKURS HYBRID CULTURE UND HYBRIDE IDENTITAumlT Im 19 Jahrhundert als der Begriff bdquohybrishyde Identitaumltenldquo gepraumlgt wurde war dessen Praumlgung eindeutig negativer Natur67 Trotzshydem der Begriff Hybriditaumlt in den Geistesshyund Sozialwissenschaften beginnend mit den ersten Ansaumltzen der postcolonial stushydies68 gaumlngig wurde haftet ihm dieser Beishygeschmack ndash zumindest fragmentarisch ndash immer noch an Zu oft wurden und werden Zuwanderern eine Art bdquodoppelteldquo Loyalishytaumlt und versteckte Absichten unterstellt69 Wissenschaftlich bezeichnet der Begriff ein weites Spektrum welches sich mit Formen kultureller Zugehoumlrigkeiten ausshyeinandersetzt
Im Rahmen eines Forschungsprojektes an der FU Berlin welches sich mit dieser Frage beschaumlftigt wurde folgende Defishynition aufgestellt bdquoHybriditaumlt tritt auf in Situationen kultureller Uumlberschneidung dh teilweise gegensaumltzliche Sinngehalte und Handlungslogiken die getrennten Handlungssphaumlren entstammen fuumlgen sich zu neuen Mustern zusammen Es kommt zu einer Infragestellung traditioneller Zushygehoumlrigkeitskriterien und einer Delokalishysierung von Identitaumltldquo70
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Auch hier wird deutlich dass eine strikte Trennung und Gegenuumlberstellung der Beshygrifflichkeiten (Hybriditaumlt Transnationashylismus Diaspora etc) wenig Sinn macht dass vielmehr die Herausbildung hybrider Identitaumlten welche entsprechende struktushyrelle Rahmenbedingungen voraussetzt die Bildung eines eigenen sozialoumlkonomishyschen wie kulturellen Raumes bedingen ein Merkmal der zunehmenden transnatioshynalen Ausrichtung von Menschen sind
Grundsaumltzlich bezeichnen hybride Kulshyturen meistens Gruppen ehemaliger Zushywanderer bei welchen sich eine eigene Identitaumlt mit Merkmalen aus der Urshysprungskultur und der Kultur des Aufnahshymelandes herausgebildet hat die sich jeshyweils von beiden unterscheidet ndash also etwas fuumlr sich Autonomes darstellt Nicht alle Mitglieder der ethnischen community des (ehemaligen) Ursprungslandes sind automatisch Teil der hybriden Kultur Im Gegenteil Als Beispiel waumlren hier zB die Amerikaner mexikanischen Ursprungs die sich selbst stolz als bdquoChicanosldquo beshyzeichnen zu nennen die sich ganz bewusst von den neu zugezogenen oft illegalen Zushywanderern aus Mexiko abgrenzen wollen
Weiters bezieht sich der Begriff bdquoHybrishyditaumltldquo im Gegensatz zu Diaspora (bdquodiasshypora politicsldquo) der stark politisch besetzt ist in der Literatur oft eher auf den kultushyrellen Raum
Bei der Beschaumlftigung mit hybrid identishyties wenn man also das Merkmal der Identitaumlt in den Vordergrund stellt kann man eine Frage als elementar und der Theshymatik wesenseigen formulieren Stellt der Migrationshintergrund einen Vorteil dar da es sich leichter zwischen zwei Kulturen bewegen laumlsst Ermoumlglicht er den betrofshyfenen Personen als bdquoVermittlerldquo zwischen den Kulturen aufzutreten oder stellt die Herkunft eine Buumlrde dar mit welcher in vielen Faumlllen Diskriminierung Marginalishysierung und Benachteiligung einhergehen
die mit zunehmender Assimilierung abshynimmt
Diese Frage zu beantworten ist allershydings nicht Inhalt der vorliegenden Arbeit Als Hypothese kann aber angenommen werden dass die Frage nach Vor- und Nachteilen stark von der jeweiligen Hershykunft der betreffenden Person sowie der beobachteten Herkunftsgesellschaft abshyhaumlngt ndash ohne an dieser Stelle auf den Aspekt der starken Heterogenitaumlt der Indishyviduen zu vergessen und somit den Fehler der klassischen Integrationsforschung zu wiederholen von einem bdquoIdealtypusldquo des Migranten auszugehen
Nicht zuletzt ist hinsichtlich der Frage der Identitaumlt Zeit ein maszliggeblicher Faktor Der oft vorgenommene Vergleich der Zushywanderer bzw Personen mit Migrationsshyhintergrund in Europa mit (klassischen Einwanderungs-)Laumlndern wie Kanada USA oder Australien ndash wo transnationale Netzwerke und communities um einiges laumlnger bestehen und nicht zuletzt die Geshyschichte von Migrationsbewegungen eine anderere ist ndash muss serioumlserweise entspreshychend beruumlcksichtigt werden
4 SCHLUSSBETRACHTUNG Je eingehender man sich mit der Thematik auseinandersetzt desto staumlrker ruumlckt deren Komplexitaumlt ins Zentrum Das Themenshyfeld der Transnationalitaumlt umfasst untershyschiedlichste Beruumlhrungspunkte mit andeshyren Konzepten die es zu beruumlcksichtigen gilt beginnend bei der Frage der Identishytaumlt(en) und Moumlglichkeiten der politischen Partizipation uumlber die Frage der Guumlltigkeit des Konzeptes des Nationalstaates als Reshyferenzobjekt in einer globalisierten Welt ndash insbesondere vor dem Hintergrund des Integrationsprozesses der Europaumlischen Union ndash die Frage der Ursachen und Katalysatoren der Transnationalitaumlt und der Differenzierung zu anderen Konzepten wie Diaspora und hybride Kulturen und
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nicht zuletzt des Aufzeigens der Grenzen und Missverstaumlndnisse der bisherigen Inshytegrationskonzepte
Im Rahmen des vorliegenden Beitrags wurden mehrere Punkte angeschnitten und der Versuch unternommen einen Einblick in das komplexe Feld des Transnationalisshymus zu bieten im Bewusstsein viele andere wichtige Aspekte unberuumlhrt gelassen zu haben
Insgesamt liefert das ndash trotz allem relativ junge ndash Konzept des Transnationalismus einen notwendigen theoretischen Rahmen fuumlr die Auseinandersetzung mit Migrashy
tionsbewegungen und deren Auswirkunshygen auf Entsende- und Aufnahmegesellshyschaften und -staaten und gleichsam der bdquoglobal communityldquo in der postwestfaumllishyschen Weltordnung an sich obwohl an der einen oder anderen Stelle auch Unschaumlrfen des Modells zum Ausdruck kommen
So stellt sich schlussendlich zB unweishygerlich die Frage ob Transnationalismus eine Lebensform (mit allen ideologischen Dimensionen) umschreibt oder lediglich eine De-Territorialisierung des Nationalshystaates darstellt71
1 Anm Die intensivere wissenschaftliche
Beschaumlftigung mit dem Phaumlnomen des
Transnationalismus geht auf die fruumlhen
1990er Jahre zuruumlck 2 Vgl httpwwwsowirubdeforschung
profiltrmigrhtmlde am 12042011 3 Zum Beispiel dem Konzept von Human
Security 4 LevittGlick-Schiller 2004 1 5 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
forum2005-04-003 6 Bourne 1916 86ndash97 7 Mayer 2005 11 8 Vgl ebd 9 Glick-Schiller et al 1995 48ndash63 10 Ebd 11 Luumlthi 2005 12 Dahinden 2009 2 13 Glick-Schiller et al 1995 1 14 Portes et al 1999 219 15 Ebd 219 16 LevittGlick-Schiller (LevittGlick-
Schiller 2004) schlagen den Ansatz des
Konzeptes des bdquosozialen Feldesldquo fuumlr mishy
gration studies vor Eine naumlhere Erlaumluteshy
rung folgt spaumlter im vorliegenden Text 17 Vgl Gehmacher oA 18 Bourdieu 1993 183ndash198 19 Siehe dazu weiter unten im Text 20 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 21 Dahinden 2009 22 Pries 2001a 34 23 Bourdieu 1982 171ndash210 24 LevittGlick-Schiller 2004 9 25 Ebd 11 26 Vgl hierzu Punkt 3 dieses Beitrags 27 Auch das Konzept des Transnationalisshy
mustransnationale Migration ndash also die
Etablierung und aller damit verbundenen
Effekte globaler sozialer Netzwerke ndash ist
in diesem Zusammenhang analytisch inteshy
ressant 28 Bei aller Problematik des Begriffes vgl
zB dazu HansenSpetsmann-Kunkel
2008 30 29 Haug 2000 113 ff 30 Vgl zB Massey et al 1993 699ndash749 31 Kastoryano 2003 67
32 Bspw Iran Kurden etc 33 Hier kann zB auf die Rede vom tuumlrkishy
schen Premier Recep Tayyip Erdogan in
Berlin im Februar 2008 verwiesen wershy
den 34 Pries 2001b 35 Zur politischen Partizipation und Diasshy
pora Politics vgl Soumlkefeld 2006 265ndash
284 36 Nach Soumlkefeld 2006 275 37 Vgl hierzu auch Anderson 1991 38 Soumlkefeld 2006 265ndash284 39 Barber 1998 3 40 Vgl Safran 1991 41 Ebd 42 Anm womit wieder der Konnex zum
Transnationalismus hergestellt ist 43 Anm Der Einfluss darf aber einerseits
nicht uumlberschaumltzt werden andererseits ist
auch Vorsicht in der Auseinandersetzung
mit diesem Bereich geboten zu schnell
gelangt man zu den gaumlngigen Mustern
zB der bdquointernationalen juumldischen Weltshy
verschwoumlrungldquo oauml
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44 Anm siehe oben im Deutschen etwas
problematisch da dieser Begriff meist
raumlumlich verwendet wird 45 Faist 1999 189ndash222 46 Anderson 1991 47 Vgl httpwwwtranscript-verlagde
ts311ts311_1pdf 48 Anm sowie nach ihnen andere Wissenshy
schaftler die sich der Thematik im Zuge
der letzten zehn Jahre annahmen 49 LevittGlick-Schiller 2004 7 50 Anm Binnenmigration macht den groumlszligshy
ten Anteil an Migrationsbewegungen weltshy
weit aus 51 Vgl zB Beck 2000 Faist 2000 52 Vgl zB Oberndoumlrfer D (2009) Das
Ende des Nationalstaates als Chance
fuumlr die offene europaumlische Republik in
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wanderung im Zeichen der Globalisieshy
rung Wiesbaden 237ndash252 53 Kastoryano 2003 65 54 Ebd 75 55 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 56 Nach Soysal 1994 1 57 Bauboumlck 2007 58 Vgl Pollini 2002 Angelli 2002 13ndash70 59 Fassmann plaumldiert zB fuumlr die Verwenshy
dung des Begriffes bdquoMobilitaumltldquo anstelle
von bdquoMigration in diesem Zusammenshy
hangldquo vgl Fassmann 2003 435 60 Ebd 61 Vgl Fassmann 2003 429ndash449 insb ab
436 62 Anm wobei die Wissenschaft sich beshy
reits seit Anfang der 1990er Jahre damit
auseinandersetzt 63 Anm Uumlber diese Rolle der Sozialwissenshy
schaften geht die Meinung auseinander 64 Anm Der NAP wurde von renommiershy
ten oumlsterreichischen Wissenschaftlern und
Experten unter der Schirmherrenschaft
des BMI konzipiert Ein eigens etabliershy
ter Expertenrat befasst sich wissenschaftshy
lich mit den einzelnen Themenfeldern vgl
httpwwwintegrationsfondsatfileadmin
IntegrationsfondNAPnap_berichtpdf 65 Sarrazin 2010 66 httpdiepressecomhomepolitik
aussenpolitik602605Merkel_Multikultishy
in-Deutschland-absolut-gescheitert
29112010 67 Vgl Young 1995 68 Vgl zB Bhabha 1994 69 Anm dies stellt eigentlich ein gaumlngiges
Argument des Antisemitismus dar
Zuletzt zB im Zuge der Schulungen der
FPOuml Parteiakademie deren Inhalte von
der Zeitschrift News aufgedeckt wurden
News Ausgabe 482009 70 httppolsozfu-berlindepolwiss
forschunginternationalvorderer-orient
forschungprojektindexhtml 71 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
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wird in dem Vernetzungen von MigranshytInnenNicht-MigrantInnen beziehungsshyweise Personen aus unterschiedlichen Herkunftslaumlndern bestehen Ein Raum alshyso der sich uumlber nationalstaatliche Grenshyzen und geografische Gegebenheiten hinshywegsetzt Das bindende Element ist ein selbst definiertes sich aus dem Feld ergeshybendes und von den Akteuren des Feldes beeinflusstes
Barber loumlst sich von der rein geografishyschen Verwendung des Begriffes bdquoRaumldquo (im deutschen Sprachraum) und fordert vielmehr den Begriff als Metapher fuumlr Zivilgesellschaft39
Die Trennlinie zum Terminus der Diasshypora ist keine scharf zu ziehende Diaspora beschreibt vielmehr eine homogenere Gruppe und es muss zumindest in den Raum gestellt werden ob Diaspora-Identishytaumlt nicht forced migration (das kann sich durchaus auch auf nachkommende Geneshyrationen bdquovererbenldquo) oder zumindest die ersehnte Ruumlckkehr in ein selbst erlebtes oder bdquofiktivesidealisiertesldquo (weil heute in der Form nicht mehr existierendes) Heishymatland voraussetzt40 oder aber zumindest eine wesentliche Treibkraft fuumlr diese Form der kollektiven Identitaumlt darstellt
So begreifen sich zB viele Juden in aller Welt als Diaspora Die Ruumlckkehr nach Israel obwohl die meisten sowie deren Vorfahren nie dort gelebt haben wird kolshylektiv idealisiert und wird zumindest theoshyretisch in die Lebensplanung miteinbezoshygen (paradigmatisch hierfuumlr steht zum Beispiel der bekannte Ausdruck bdquoNaumlchsshytes Jahr in Jerusalemldquo)
Folgerichtig sind also wie erwaumlhnt nicht alle MigrantInnen Teil einer Diaspora nicht alle fuumlhlen sich transnational bzw einer diaspora community zugehoumlrig
William Safran41 versuchte bereits 1991 eine entsprechende Charakterisierung vorshyzunehmen Derzufolge zeichnen sich Mitshyglieder einer Diaspora vornehmlich dashy
durch aus dass sie Erinnerung und starken Bezug zu ihrem bdquooriginal homelandldquo beshyhalten dieses idealisierend erhoumlhen um dessen Erhalt und Restaurierung bemuumlht sind und weiterhin Kontakte in ihr Heishymatland pflegen42 Den Strategien von Diasporas sind zwei Positionen immanent die Entwicklung von Strategien im Umshygang mit dem jeweiligen Aufnahmeland (also Fragen der Integration und Assimishylierung) in Balance mit der Beziehung zum Ursprungsland
Oft sind transnationale Handlungen von MigrantInnen(gruppen) oumlkonomisch orishyentiert Dies aumluszligert sich einerseits in einer Vielzahl von kleineren Geschaumlftsbezieshyhungen (wie zB der typische Import-Exshyport-Handel) oder auch uumlber remittances an Angehoumlrige ins alte Heimatland In vieshylen Faumlllen geht die Betaumltigung aber uumlber diese oumlkonomische Ebene hinaus und ershystreckt sich auf eine politische In diesem Fall begibt man sich in den Bereich der diaspora politics
Der Wirkungshorizont von diaspora poshylitics umfasst
Die Organisation im Aufnahmeland um dort den politischen Einfluss zu vergroumlshyszligern Druck auf das Heimatland auszuuumlben insbesondere bei Politikfeldern in deshynen Interessen der Diaspora angesproshychen werden Weiters kann die transnationale diaspora community mit anderen (Dritt-)staaten Internationalen Organisationen uauml in Interaktion treten Sie bilden dadurch Lobbys auszligerhalb nationalstaatlicher Strukturen43
Das Konzept des transnationalen Raushymes44 umfasst unterschiedliche Realitaumlten Sieht man sich hier Faists Definition an laumlsst sich ein Blick auf die Trennlinie nach Diaspora und transnationaler Gemeinshyschaft werfen bdquoTransnationale Gemeinden
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oder Familien etwa stellen nur eine Art von transnationalen Netzwerken dar In transnationalen Raumlumen koumlnnen sich etwa MigrantInnenenfamilien bewegen koumlnnen Diasporas bestehen bzw sich neue herausshybilden und koumlnnen auch ethnisch def ishynierte Netzwerke wirken in denen ein intensiver oumlkonomischer und kultureller Austausch stattfindet Diesen verschiedeshynen Erscheinungsformen gemeinsam sind (hellip) eigene basale Eingliederungsmechashynismen (Solidaritaumlt zur kleinen Gruppe oder zu einer Bezugsgemeinde Bildung eishynes spezifischen Netzwerkes) waumlhrend viele andere Faktoren wie etwa der Chashyrakter und die Intensitaumlt der Verbindungen die Charakteristika der mitwirkenden Pershysonen die Art der Austauschprozesse usw sehr unterschiedlich sein koumlnnenldquo45
Diese Definition zeigt dass ein bdquosowohl als auchldquo der Begriffe moumlglich ist entbinshydet aber nicht von der Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung der beiden als eigenstaumlndige soziale Phaumlnomene
2 NATIONALSTAAT NATION UND GESELLSCHAFT VOR DEM HINshyTERGRUND TRANSNATIONALER SOZIALER NETZWERKE Wie bereits erwaumlhnt macht die Transnashytionalismusdebatte deutlich dass das Konshyzept des Nationalstaates worin dieser mit Gesellschaft gleichgesetzt wird auf Grund sich veraumlndernder Rahmenbedingungen zunehmend als obsolet erachtet wird
Unbedingt Erwaumlhnung finden muss an dieser Stelle die Arbeit von Benedict Anderson der in seinem 1983 erschienenen Werk bdquoimagined communitiesldquo46 ein Konshyzept formulierte um die Phaumlnomene des Nationalismus und der Nationalstaatsbilshydung ndash und damit verbundener Konnotatioshynen und Deutungen ndash zu analysieren Der Zugang ist ein konstruktivistischer Natioshynen sind demnach keine Realitaumlten an sich sondern historisch und kulturell spezifische
Projektionen allerdings mit sehr realen Konsequenzen und Implikationen47
Zentrales Element der transnational mishygration studies ist der Anspruch das Konshyzept der Gesellschaft neu zu formulieren da es demzufolge nur mehr begrenzt sinnshyvoll erscheint vor allem nationale Grenzen ins Zentrum des Interesses und der wisshysenschaftlichen Analyse zu setzen Familie Staatsbuumlrgerschaft und Nationalstaat muumlsshysen neu uumlberdacht werden Noch wird Nashytionalstaat als Norm und werden soziale Identitaumlten und Handlungen die nationalshystaatliche Grenzen uumlberschreiten als aushyszligerhalb der Norm angesehen Diese Denkshymuster aufzubrechen ist Ziel der Arbeit ua von Glick-Schiller et al48
Aber die Autoren gehen noch weiter und fordern vor diesem gedanklichen Hintershygrund das gesamte Gesellschaftssystem welches sich an nationalstaatlichen Grenshyzen orientiert neu zu uumlberdenken da es ihnen zufolge nicht mehr zeitgemaumlszlig sei und den Lebensrealitaumlten einer zunehmenshyden Anzahl von Menschen nicht entspreshyche bdquoBut if we remove the blinders of meshythodological nationalism we see that while nation-states are still extremely imshyportant social live is not confined by nation state boundaries Social and religious movements criminal and professional netshyworks and governance regimes as well as flows of capital also operate across borshyders (hellip) we locate our approach to migrashytion research within a larger intellectual project (hellip) to rethink and reformulate the concept of society such that it is no longer automatically equated with the boundaries of a single nation-stateldquo49
Der Ansatz der Autoren ist durchaus vishysionaumlr und findet in weiten Teilen auch Zustimmung Allerdings darf zB auf den Aspekt hingewiesen werden dass trotz steigender Mobilitaumlt und einer zunehmenshyden Anzahl von Personen die im Laufe ihres Lebens ihren Lebensmittelpunkt
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uumlber nationalstaatliche Grenzen hinweg verlagert der uumlberwiegende Teil der Menshyschen aus unterschiedlichsten Gruumlnden doch sesshaft bleibt und sich ndash wenn uumlbershyhaupt ndash nur in einem relativ regionalen Umkreis50 bewegt
Insgesamt steht die Forderung nach einer Neukonzeption des Gesellschaftskonzepshytes welches Erscheinungen der Zeit wie Globalisierung und Kosmopolitisierung des Individuums entsprechend Rechnung traumlgt im Zentrum des Interesses einer zushynehmenden Gruppe von Forschern51
Geht man noch einen Schritt weiter zushyruumlck in der ndash wenngleich durchaus philoshysophischen ndash Betrachtung kommt man im Zuge der theoretischen Beschaumlftigung mit Transnationalismus Globalisierung bzw der Zunahme bzw Erweiterung suprashynationaler Organisationen oder Verbaumlnde unweigerlich zu dem Punkt an dem der Nationalstaat in seiner momentanen Ausshypraumlgung in Frage gestellt wird52
bdquoIf we define nation-states as political structures sbquoinventedlsquo in eighteenth-century Europe based on the coincidence of terrishytorial cultural linguistic and even to some extent religious unity then new global structures such as supranational institushytions and transnational networks challenge themldquo53
Insbesondere die wissenschaftliche Ausshyeinandersetzung mit und um den euroshypaumlischen Integrationsprozess von einer oumlkonomischen hin zu einer politischen Gemeinschaft ist gepraumlgt von der Grundshysatzfrage nach der Aufrechterhaltung des Nationalstaatsmodells bzw den Schwieshyrigkeiten die damit verbunden waumlren mit diesem Modell zu brechen Schlieszliglich sind Konzepte wie postnationale kosmoshypolitische oder transnationale Zugehoumlrigshykeiten Identitaumlten und Netzwerke nichts anderes als ein Ausdruck dieses wissenshyschaftlichen Diskurses54 welcher durch
zunehmende Migrationsbewegungen und allgemeine Mobilitaumlt weltweit noch vershystaumlrkt wird bdquoThe nation-state is seen as weakenedsbquo sbquofrom abovelsquo by transnational capital global media and emergent suprashynational political institutions sbquoFrom beshylowlsquo it faces the decentering sbquolocallsquo resishystances of the informal economy ethnic nationalism and grassroots activismldquo55
Oder um es mit Soysal zu sagen bdquoAt the beginning of the twentyfirst century the nation stateacutes capacity for social integrashytion is losing ground We move towards postnational membershipldquo56
Auf die Frage nach der Definition von Staatsbuumlrgerschaft antwortete zB der anerkannte Migrationsforscher Rainer Bauboumlck 2007 Staatsbuumlrgerschaft bdquo(hellip) ist zunaumlchst ein formaler Status Aber Staatsbuumlrger muumlssen sich auch zugehoumlrig fuumlhlen Nur wozu Nicht zur Nation nicht zur Kultur schon gar nicht zur Religion Das sollte so etwas sein wie ein minimashyles Grundverstaumlndnis von demokratischer Gemeinschaft in der wir alle demselben Staat unterworfen sind und deshalb die gleichen Rechte habenldquo57
Zudem lieszlige sich zumindest die Frage in den Raum stellen ob Zugehoumlrigkeit zur bzw Abstammung von derselben ethshynischen Gruppe oder ein gemeinsames Herkunftsland eine zwingende Grundvoshyraussetzung oder Bezugsgroumlszlige fuumlr ein transnationales Netzwerk darstellen oder ob nicht vielmehr gesellschaftspolitische oder religioumlse Stroumlmungen ndash man denke in diesem Zusammenhang zB an die bdquoqueer communityldquo welche beispielsweise auch eine eigene Flagge als Symbol (die Regenshybogenflagge welche sich auch internashytional durchgesetzt hat) verwendet oder an die umma im Islam (als Gegenentwurf zum weltlichen Konzept des Nationalshystaates) ndash nicht auch begrifflich davon zu erfassen waumlren Dieser Gedanke allerdings nur am Rande
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3 INTEGRATION(SPOLITIK) ASSIMILIERUNG UND IDENTIshyTAumlT ndash AUS DEM BLICKWINKEL DES TRANSNATIONALISMUS Im Zuge der Transnationalismusdebatte ist neben der Frage ob es sich hierbei um ein neues Phaumlnomen handelt oder aber ein altes in einer neuen Auspraumlgung eine andere Frage wesentlich Hindert die zushynehmende Bildung transnationaler Netzshywerke die Integration von Zuwanderern oder befoumlrdert sie diese Die Relevanz dieser Frage wird auch in der wissenshyschaftlichen Auseinandersetzung deutlich Klar ist dass gaumlngige Integrationskonzepshyte an die Grenzen dessen stoszligen was sie zu erklaumlren im Stande sind
Diesen (moumlglichen) Zusammenhang beshytreffend gaumlbe es in der sozialwissenschaftshylichen Forschung durchaus noch Handshylungsbedarf Geht man einmal grundsaumltzlich von der Praumlmisse aus die Konzepte von Integration bzw Transnationalismus seien mit Kategorien wie bdquoniedrigldquo und bdquohochldquo zu bewerten so lieszligen sich daraus drei Varianten des Wirkungszusammenhangs schlussfolgern
Erstens ein negativer Zusammenhang wobei ein hoher Grad an Integration mit einem niedrigen Grad an transnationaler Verankerung (bzw auch transnationalem Sozialkapital) einher ginge und vice versa zweitens die Moumlglichkeit des positiven Zusammenhangs vielleicht verfuumlgen zB gut integrierte MigrantInnen eher uumlber die notwendigen Ressourcen wie etwa regelshymaumlszligig zu reisen zwei Wohnsitze zu erhalshyten usw Und als letzte Variante die Moumlgshylichkeit dass beide Konzepte vollkommen ohne Wirkungszusammenhang zueinander bestehen Dies sei nur kurz erwaumlhnt um auf den Forschungsbedarf und moumlgliche Untersuchungsansaumltze hinzuweisen
Trotz der gesteigerten Mobilitaumlt von Menschen die sich nicht zuletzt auf eine einfachere Uumlberbruumlckbarkeit weiterer
Distanzen zuruumlckfuumlhren laumlsst verlieren lokale Lebensraumlume als Referenzen fuumlr psycho-soziale Identifizierungsprozesse von Menschen aber nicht zwingend an Reshylevanz bdquoDie Menschen bewegen sich heushyte vielmehr im Spannungsfeld zwischen Kosmopolitismus und Lokalismus Dies wirft die Frage nach dem Zusammenhang zwischen raumlumlicher Mobilitaumlt einerseits und Zugehoumlrigkeit und Integration von Menschen andererseits aufldquo58
Im Zuge der Betrachtung des Phaumlnoshymens der transnationalen Mobilitaumlt wird deutlich dass die bislang geltenden Inteshygrationsansaumltze ndash in all ihrer Unterschiedshylichkeit ndash hier an Guumlltigkeit verlieren und neu uumlberdacht werden muumlssten Nicht dass die herkoumlmmlichen Formen von Migration nicht mehr existierten natuumlrlich wandern auch heute noch Menschen dauerhaft aus ohne einen fixen Bezugs- und Kontaktshypunkt in Form eines Netzwerkes oauml in der alten Heimat zu behalten Die Form der transnationalen Migration59 ergaumlnzt das Spektrum allerdings Es zeigt sich zunehshymend dass die bisherigen Integrationsshyansaumltze die von einer eindeutigen und dauerhaften Orientierung der Zuwanderer auf die Aufnahmegesellschaft ausgehen der Lebensrealitaumlt einer zunehmenden Anshyzahl von Menschen nicht entsprechend Rechung tragen Diese Erkenntnis ist allershydings nichts fundamental Neues vielmehr lassen sich dadurch zum Teil bereits vershymeintliche bdquoIntegrationsdefiziteldquo bei Vershytretern der Gastarbeitergeneration festmashychen Die Grundannahmen und (politische wie gesellschaftliche) Erwartungshaltunshygen gingen lange von wenig umfassenden und dadurch oberflaumlchlichen Grundvoshyraussetzungen aus
Fassmann weist ua auf das diesbezuumlgshyliche Unvermoumlgen der unterschiedlichsten Integrations- (bzw Assimilations-)ansaumltze hin bdquoMit der neuen transnationalen Mobilishy
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taumlt werden all jene Integrationskonzepte obsolet die von einer eindeutigen Orienshytierung der MigrantInnen auf die sbquoZielgeshysellschaftlsquo ausgehen (hellip) Doch gehen selbst jene Konzepte die keine perfekte Assimilation annehmen sondern kulturelle (sbquomultikulturellelsquo) Freiraumlume offerieren von einer dauerhaften Aufnahme ausldquo60
Auf Grund der Qualitaumlt der einzelnen Faktoren ist anzunehmen dass sich diese Entwicklung eher im Steigen befindet
Als die vier elementarsten Voraussetshyzungen oder Faktoren fuumlr transnationale Mobilitaumlt benennt Fassmann erstens durchshylaumlssige Grenzen wodurch zirkulaumlre Wanshyderungsbewegungen erst ermoumlglicht wershyden zweitens bdquoschrumpfendeldquo Distanzen (siehe oben) drittens ein bestehendes ethshynisches Netz am Zuwanderungsort und schlieszliglich als weiteres und viertes Merkshymal welches die handelnden Akteure selbst betrifft die globale Verwertbarkeit von deren Qualifikationen61 Unter Beruumlckshysichtigung dessen waumlre es sinnvoll alte wissenschaftliche Theorien62 zu reformushylieren den sich wandelnden gesellschaftshylichen Prozessen anzupassen und ndash als logische und notwendige Konsequenz ndash entsprechende politische Maszlignahmen zu setzen
Hier waumlre und ist die Sozialwissenschaft gefordert ihre Erkenntnisse lauter und geshyzielter in Richtung Zivilgesellschaft und politischer Entscheidungstraumlger zu artikushylieren und somit ihre Verantwortung63 als erster bdquoBeobachterldquo gesellschaftlicher Vershyaumlnderungsprozesse wahrzunehmen Es ist allerdings ein durchaus positiver Trend zu erkennen auch seitens der politischen Entscheidungstraumlger verstaumlrkt auf die aktive Miteinbeziehung wissenschaftlicher Exshypertise zu setzen Seitens des oumlsterreichishyschen Innenressorts spiegelt sich diese Entwicklung zB in der Formulierung des Nationalen Aktionsplans fuumlr Integration samt angeschlossenem Expertenrat wider64
Nicht zuletzt sehen wir uns heute in Europa (speziell in ehemaligen Gastarshybeiterlaumlndern aber auch zB in den Nieshyderlanden oder Frankreich) mit dem Vorshywurf einer weitgehend bdquogescheitertenldquo Integrationspolitik konfrontiert wie im Herbst 2010 im Zuge der Debatte durch Sarrazin65 und Co und nicht zuletzt von der deutschen Bundeskanzerlin Angela Merkel demonstriert wird wenn Sie meint der bdquoMulitikulti-Ansatzldquo sei gescheitert66 Dies nicht zuletzt deshalb weil die bisshyherigen Modelle der Heterogenitaumlt und den Lebensrealitaumlten der betroffenen Menshyschen zu wenig Rechnung getragen haben
31 EXKURS HYBRID CULTURE UND HYBRIDE IDENTITAumlT Im 19 Jahrhundert als der Begriff bdquohybrishyde Identitaumltenldquo gepraumlgt wurde war dessen Praumlgung eindeutig negativer Natur67 Trotzshydem der Begriff Hybriditaumlt in den Geistesshyund Sozialwissenschaften beginnend mit den ersten Ansaumltzen der postcolonial stushydies68 gaumlngig wurde haftet ihm dieser Beishygeschmack ndash zumindest fragmentarisch ndash immer noch an Zu oft wurden und werden Zuwanderern eine Art bdquodoppelteldquo Loyalishytaumlt und versteckte Absichten unterstellt69 Wissenschaftlich bezeichnet der Begriff ein weites Spektrum welches sich mit Formen kultureller Zugehoumlrigkeiten ausshyeinandersetzt
Im Rahmen eines Forschungsprojektes an der FU Berlin welches sich mit dieser Frage beschaumlftigt wurde folgende Defishynition aufgestellt bdquoHybriditaumlt tritt auf in Situationen kultureller Uumlberschneidung dh teilweise gegensaumltzliche Sinngehalte und Handlungslogiken die getrennten Handlungssphaumlren entstammen fuumlgen sich zu neuen Mustern zusammen Es kommt zu einer Infragestellung traditioneller Zushygehoumlrigkeitskriterien und einer Delokalishysierung von Identitaumltldquo70
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Auch hier wird deutlich dass eine strikte Trennung und Gegenuumlberstellung der Beshygrifflichkeiten (Hybriditaumlt Transnationashylismus Diaspora etc) wenig Sinn macht dass vielmehr die Herausbildung hybrider Identitaumlten welche entsprechende struktushyrelle Rahmenbedingungen voraussetzt die Bildung eines eigenen sozialoumlkonomishyschen wie kulturellen Raumes bedingen ein Merkmal der zunehmenden transnatioshynalen Ausrichtung von Menschen sind
Grundsaumltzlich bezeichnen hybride Kulshyturen meistens Gruppen ehemaliger Zushywanderer bei welchen sich eine eigene Identitaumlt mit Merkmalen aus der Urshysprungskultur und der Kultur des Aufnahshymelandes herausgebildet hat die sich jeshyweils von beiden unterscheidet ndash also etwas fuumlr sich Autonomes darstellt Nicht alle Mitglieder der ethnischen community des (ehemaligen) Ursprungslandes sind automatisch Teil der hybriden Kultur Im Gegenteil Als Beispiel waumlren hier zB die Amerikaner mexikanischen Ursprungs die sich selbst stolz als bdquoChicanosldquo beshyzeichnen zu nennen die sich ganz bewusst von den neu zugezogenen oft illegalen Zushywanderern aus Mexiko abgrenzen wollen
Weiters bezieht sich der Begriff bdquoHybrishyditaumltldquo im Gegensatz zu Diaspora (bdquodiasshypora politicsldquo) der stark politisch besetzt ist in der Literatur oft eher auf den kultushyrellen Raum
Bei der Beschaumlftigung mit hybrid identishyties wenn man also das Merkmal der Identitaumlt in den Vordergrund stellt kann man eine Frage als elementar und der Theshymatik wesenseigen formulieren Stellt der Migrationshintergrund einen Vorteil dar da es sich leichter zwischen zwei Kulturen bewegen laumlsst Ermoumlglicht er den betrofshyfenen Personen als bdquoVermittlerldquo zwischen den Kulturen aufzutreten oder stellt die Herkunft eine Buumlrde dar mit welcher in vielen Faumlllen Diskriminierung Marginalishysierung und Benachteiligung einhergehen
die mit zunehmender Assimilierung abshynimmt
Diese Frage zu beantworten ist allershydings nicht Inhalt der vorliegenden Arbeit Als Hypothese kann aber angenommen werden dass die Frage nach Vor- und Nachteilen stark von der jeweiligen Hershykunft der betreffenden Person sowie der beobachteten Herkunftsgesellschaft abshyhaumlngt ndash ohne an dieser Stelle auf den Aspekt der starken Heterogenitaumlt der Indishyviduen zu vergessen und somit den Fehler der klassischen Integrationsforschung zu wiederholen von einem bdquoIdealtypusldquo des Migranten auszugehen
Nicht zuletzt ist hinsichtlich der Frage der Identitaumlt Zeit ein maszliggeblicher Faktor Der oft vorgenommene Vergleich der Zushywanderer bzw Personen mit Migrationsshyhintergrund in Europa mit (klassischen Einwanderungs-)Laumlndern wie Kanada USA oder Australien ndash wo transnationale Netzwerke und communities um einiges laumlnger bestehen und nicht zuletzt die Geshyschichte von Migrationsbewegungen eine anderere ist ndash muss serioumlserweise entspreshychend beruumlcksichtigt werden
4 SCHLUSSBETRACHTUNG Je eingehender man sich mit der Thematik auseinandersetzt desto staumlrker ruumlckt deren Komplexitaumlt ins Zentrum Das Themenshyfeld der Transnationalitaumlt umfasst untershyschiedlichste Beruumlhrungspunkte mit andeshyren Konzepten die es zu beruumlcksichtigen gilt beginnend bei der Frage der Identishytaumlt(en) und Moumlglichkeiten der politischen Partizipation uumlber die Frage der Guumlltigkeit des Konzeptes des Nationalstaates als Reshyferenzobjekt in einer globalisierten Welt ndash insbesondere vor dem Hintergrund des Integrationsprozesses der Europaumlischen Union ndash die Frage der Ursachen und Katalysatoren der Transnationalitaumlt und der Differenzierung zu anderen Konzepten wie Diaspora und hybride Kulturen und
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nicht zuletzt des Aufzeigens der Grenzen und Missverstaumlndnisse der bisherigen Inshytegrationskonzepte
Im Rahmen des vorliegenden Beitrags wurden mehrere Punkte angeschnitten und der Versuch unternommen einen Einblick in das komplexe Feld des Transnationalisshymus zu bieten im Bewusstsein viele andere wichtige Aspekte unberuumlhrt gelassen zu haben
Insgesamt liefert das ndash trotz allem relativ junge ndash Konzept des Transnationalismus einen notwendigen theoretischen Rahmen fuumlr die Auseinandersetzung mit Migrashy
tionsbewegungen und deren Auswirkunshygen auf Entsende- und Aufnahmegesellshyschaften und -staaten und gleichsam der bdquoglobal communityldquo in der postwestfaumllishyschen Weltordnung an sich obwohl an der einen oder anderen Stelle auch Unschaumlrfen des Modells zum Ausdruck kommen
So stellt sich schlussendlich zB unweishygerlich die Frage ob Transnationalismus eine Lebensform (mit allen ideologischen Dimensionen) umschreibt oder lediglich eine De-Territorialisierung des Nationalshystaates darstellt71
1 Anm Die intensivere wissenschaftliche
Beschaumlftigung mit dem Phaumlnomen des
Transnationalismus geht auf die fruumlhen
1990er Jahre zuruumlck 2 Vgl httpwwwsowirubdeforschung
profiltrmigrhtmlde am 12042011 3 Zum Beispiel dem Konzept von Human
Security 4 LevittGlick-Schiller 2004 1 5 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
forum2005-04-003 6 Bourne 1916 86ndash97 7 Mayer 2005 11 8 Vgl ebd 9 Glick-Schiller et al 1995 48ndash63 10 Ebd 11 Luumlthi 2005 12 Dahinden 2009 2 13 Glick-Schiller et al 1995 1 14 Portes et al 1999 219 15 Ebd 219 16 LevittGlick-Schiller (LevittGlick-
Schiller 2004) schlagen den Ansatz des
Konzeptes des bdquosozialen Feldesldquo fuumlr mishy
gration studies vor Eine naumlhere Erlaumluteshy
rung folgt spaumlter im vorliegenden Text 17 Vgl Gehmacher oA 18 Bourdieu 1993 183ndash198 19 Siehe dazu weiter unten im Text 20 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 21 Dahinden 2009 22 Pries 2001a 34 23 Bourdieu 1982 171ndash210 24 LevittGlick-Schiller 2004 9 25 Ebd 11 26 Vgl hierzu Punkt 3 dieses Beitrags 27 Auch das Konzept des Transnationalisshy
mustransnationale Migration ndash also die
Etablierung und aller damit verbundenen
Effekte globaler sozialer Netzwerke ndash ist
in diesem Zusammenhang analytisch inteshy
ressant 28 Bei aller Problematik des Begriffes vgl
zB dazu HansenSpetsmann-Kunkel
2008 30 29 Haug 2000 113 ff 30 Vgl zB Massey et al 1993 699ndash749 31 Kastoryano 2003 67
32 Bspw Iran Kurden etc 33 Hier kann zB auf die Rede vom tuumlrkishy
schen Premier Recep Tayyip Erdogan in
Berlin im Februar 2008 verwiesen wershy
den 34 Pries 2001b 35 Zur politischen Partizipation und Diasshy
pora Politics vgl Soumlkefeld 2006 265ndash
284 36 Nach Soumlkefeld 2006 275 37 Vgl hierzu auch Anderson 1991 38 Soumlkefeld 2006 265ndash284 39 Barber 1998 3 40 Vgl Safran 1991 41 Ebd 42 Anm womit wieder der Konnex zum
Transnationalismus hergestellt ist 43 Anm Der Einfluss darf aber einerseits
nicht uumlberschaumltzt werden andererseits ist
auch Vorsicht in der Auseinandersetzung
mit diesem Bereich geboten zu schnell
gelangt man zu den gaumlngigen Mustern
zB der bdquointernationalen juumldischen Weltshy
verschwoumlrungldquo oauml
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44 Anm siehe oben im Deutschen etwas
problematisch da dieser Begriff meist
raumlumlich verwendet wird 45 Faist 1999 189ndash222 46 Anderson 1991 47 Vgl httpwwwtranscript-verlagde
ts311ts311_1pdf 48 Anm sowie nach ihnen andere Wissenshy
schaftler die sich der Thematik im Zuge
der letzten zehn Jahre annahmen 49 LevittGlick-Schiller 2004 7 50 Anm Binnenmigration macht den groumlszligshy
ten Anteil an Migrationsbewegungen weltshy
weit aus 51 Vgl zB Beck 2000 Faist 2000 52 Vgl zB Oberndoumlrfer D (2009) Das
Ende des Nationalstaates als Chance
fuumlr die offene europaumlische Republik in
Butterwegge CHentges G (Hg) Zushy
wanderung im Zeichen der Globalisieshy
rung Wiesbaden 237ndash252 53 Kastoryano 2003 65 54 Ebd 75 55 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 56 Nach Soysal 1994 1 57 Bauboumlck 2007 58 Vgl Pollini 2002 Angelli 2002 13ndash70 59 Fassmann plaumldiert zB fuumlr die Verwenshy
dung des Begriffes bdquoMobilitaumltldquo anstelle
von bdquoMigration in diesem Zusammenshy
hangldquo vgl Fassmann 2003 435 60 Ebd 61 Vgl Fassmann 2003 429ndash449 insb ab
436 62 Anm wobei die Wissenschaft sich beshy
reits seit Anfang der 1990er Jahre damit
auseinandersetzt 63 Anm Uumlber diese Rolle der Sozialwissenshy
schaften geht die Meinung auseinander 64 Anm Der NAP wurde von renommiershy
ten oumlsterreichischen Wissenschaftlern und
Experten unter der Schirmherrenschaft
des BMI konzipiert Ein eigens etabliershy
ter Expertenrat befasst sich wissenschaftshy
lich mit den einzelnen Themenfeldern vgl
httpwwwintegrationsfondsatfileadmin
IntegrationsfondNAPnap_berichtpdf 65 Sarrazin 2010 66 httpdiepressecomhomepolitik
aussenpolitik602605Merkel_Multikultishy
in-Deutschland-absolut-gescheitert
29112010 67 Vgl Young 1995 68 Vgl zB Bhabha 1994 69 Anm dies stellt eigentlich ein gaumlngiges
Argument des Antisemitismus dar
Zuletzt zB im Zuge der Schulungen der
FPOuml Parteiakademie deren Inhalte von
der Zeitschrift News aufgedeckt wurden
News Ausgabe 482009 70 httppolsozfu-berlindepolwiss
forschunginternationalvorderer-orient
forschungprojektindexhtml 71 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
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oder Familien etwa stellen nur eine Art von transnationalen Netzwerken dar In transnationalen Raumlumen koumlnnen sich etwa MigrantInnenenfamilien bewegen koumlnnen Diasporas bestehen bzw sich neue herausshybilden und koumlnnen auch ethnisch def ishynierte Netzwerke wirken in denen ein intensiver oumlkonomischer und kultureller Austausch stattfindet Diesen verschiedeshynen Erscheinungsformen gemeinsam sind (hellip) eigene basale Eingliederungsmechashynismen (Solidaritaumlt zur kleinen Gruppe oder zu einer Bezugsgemeinde Bildung eishynes spezifischen Netzwerkes) waumlhrend viele andere Faktoren wie etwa der Chashyrakter und die Intensitaumlt der Verbindungen die Charakteristika der mitwirkenden Pershysonen die Art der Austauschprozesse usw sehr unterschiedlich sein koumlnnenldquo45
Diese Definition zeigt dass ein bdquosowohl als auchldquo der Begriffe moumlglich ist entbinshydet aber nicht von der Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung der beiden als eigenstaumlndige soziale Phaumlnomene
2 NATIONALSTAAT NATION UND GESELLSCHAFT VOR DEM HINshyTERGRUND TRANSNATIONALER SOZIALER NETZWERKE Wie bereits erwaumlhnt macht die Transnashytionalismusdebatte deutlich dass das Konshyzept des Nationalstaates worin dieser mit Gesellschaft gleichgesetzt wird auf Grund sich veraumlndernder Rahmenbedingungen zunehmend als obsolet erachtet wird
Unbedingt Erwaumlhnung finden muss an dieser Stelle die Arbeit von Benedict Anderson der in seinem 1983 erschienenen Werk bdquoimagined communitiesldquo46 ein Konshyzept formulierte um die Phaumlnomene des Nationalismus und der Nationalstaatsbilshydung ndash und damit verbundener Konnotatioshynen und Deutungen ndash zu analysieren Der Zugang ist ein konstruktivistischer Natioshynen sind demnach keine Realitaumlten an sich sondern historisch und kulturell spezifische
Projektionen allerdings mit sehr realen Konsequenzen und Implikationen47
Zentrales Element der transnational mishygration studies ist der Anspruch das Konshyzept der Gesellschaft neu zu formulieren da es demzufolge nur mehr begrenzt sinnshyvoll erscheint vor allem nationale Grenzen ins Zentrum des Interesses und der wisshysenschaftlichen Analyse zu setzen Familie Staatsbuumlrgerschaft und Nationalstaat muumlsshysen neu uumlberdacht werden Noch wird Nashytionalstaat als Norm und werden soziale Identitaumlten und Handlungen die nationalshystaatliche Grenzen uumlberschreiten als aushyszligerhalb der Norm angesehen Diese Denkshymuster aufzubrechen ist Ziel der Arbeit ua von Glick-Schiller et al48
Aber die Autoren gehen noch weiter und fordern vor diesem gedanklichen Hintershygrund das gesamte Gesellschaftssystem welches sich an nationalstaatlichen Grenshyzen orientiert neu zu uumlberdenken da es ihnen zufolge nicht mehr zeitgemaumlszlig sei und den Lebensrealitaumlten einer zunehmenshyden Anzahl von Menschen nicht entspreshyche bdquoBut if we remove the blinders of meshythodological nationalism we see that while nation-states are still extremely imshyportant social live is not confined by nation state boundaries Social and religious movements criminal and professional netshyworks and governance regimes as well as flows of capital also operate across borshyders (hellip) we locate our approach to migrashytion research within a larger intellectual project (hellip) to rethink and reformulate the concept of society such that it is no longer automatically equated with the boundaries of a single nation-stateldquo49
Der Ansatz der Autoren ist durchaus vishysionaumlr und findet in weiten Teilen auch Zustimmung Allerdings darf zB auf den Aspekt hingewiesen werden dass trotz steigender Mobilitaumlt und einer zunehmenshyden Anzahl von Personen die im Laufe ihres Lebens ihren Lebensmittelpunkt
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uumlber nationalstaatliche Grenzen hinweg verlagert der uumlberwiegende Teil der Menshyschen aus unterschiedlichsten Gruumlnden doch sesshaft bleibt und sich ndash wenn uumlbershyhaupt ndash nur in einem relativ regionalen Umkreis50 bewegt
Insgesamt steht die Forderung nach einer Neukonzeption des Gesellschaftskonzepshytes welches Erscheinungen der Zeit wie Globalisierung und Kosmopolitisierung des Individuums entsprechend Rechnung traumlgt im Zentrum des Interesses einer zushynehmenden Gruppe von Forschern51
Geht man noch einen Schritt weiter zushyruumlck in der ndash wenngleich durchaus philoshysophischen ndash Betrachtung kommt man im Zuge der theoretischen Beschaumlftigung mit Transnationalismus Globalisierung bzw der Zunahme bzw Erweiterung suprashynationaler Organisationen oder Verbaumlnde unweigerlich zu dem Punkt an dem der Nationalstaat in seiner momentanen Ausshypraumlgung in Frage gestellt wird52
bdquoIf we define nation-states as political structures sbquoinventedlsquo in eighteenth-century Europe based on the coincidence of terrishytorial cultural linguistic and even to some extent religious unity then new global structures such as supranational institushytions and transnational networks challenge themldquo53
Insbesondere die wissenschaftliche Ausshyeinandersetzung mit und um den euroshypaumlischen Integrationsprozess von einer oumlkonomischen hin zu einer politischen Gemeinschaft ist gepraumlgt von der Grundshysatzfrage nach der Aufrechterhaltung des Nationalstaatsmodells bzw den Schwieshyrigkeiten die damit verbunden waumlren mit diesem Modell zu brechen Schlieszliglich sind Konzepte wie postnationale kosmoshypolitische oder transnationale Zugehoumlrigshykeiten Identitaumlten und Netzwerke nichts anderes als ein Ausdruck dieses wissenshyschaftlichen Diskurses54 welcher durch
zunehmende Migrationsbewegungen und allgemeine Mobilitaumlt weltweit noch vershystaumlrkt wird bdquoThe nation-state is seen as weakenedsbquo sbquofrom abovelsquo by transnational capital global media and emergent suprashynational political institutions sbquoFrom beshylowlsquo it faces the decentering sbquolocallsquo resishystances of the informal economy ethnic nationalism and grassroots activismldquo55
Oder um es mit Soysal zu sagen bdquoAt the beginning of the twentyfirst century the nation stateacutes capacity for social integrashytion is losing ground We move towards postnational membershipldquo56
Auf die Frage nach der Definition von Staatsbuumlrgerschaft antwortete zB der anerkannte Migrationsforscher Rainer Bauboumlck 2007 Staatsbuumlrgerschaft bdquo(hellip) ist zunaumlchst ein formaler Status Aber Staatsbuumlrger muumlssen sich auch zugehoumlrig fuumlhlen Nur wozu Nicht zur Nation nicht zur Kultur schon gar nicht zur Religion Das sollte so etwas sein wie ein minimashyles Grundverstaumlndnis von demokratischer Gemeinschaft in der wir alle demselben Staat unterworfen sind und deshalb die gleichen Rechte habenldquo57
Zudem lieszlige sich zumindest die Frage in den Raum stellen ob Zugehoumlrigkeit zur bzw Abstammung von derselben ethshynischen Gruppe oder ein gemeinsames Herkunftsland eine zwingende Grundvoshyraussetzung oder Bezugsgroumlszlige fuumlr ein transnationales Netzwerk darstellen oder ob nicht vielmehr gesellschaftspolitische oder religioumlse Stroumlmungen ndash man denke in diesem Zusammenhang zB an die bdquoqueer communityldquo welche beispielsweise auch eine eigene Flagge als Symbol (die Regenshybogenflagge welche sich auch internashytional durchgesetzt hat) verwendet oder an die umma im Islam (als Gegenentwurf zum weltlichen Konzept des Nationalshystaates) ndash nicht auch begrifflich davon zu erfassen waumlren Dieser Gedanke allerdings nur am Rande
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3 INTEGRATION(SPOLITIK) ASSIMILIERUNG UND IDENTIshyTAumlT ndash AUS DEM BLICKWINKEL DES TRANSNATIONALISMUS Im Zuge der Transnationalismusdebatte ist neben der Frage ob es sich hierbei um ein neues Phaumlnomen handelt oder aber ein altes in einer neuen Auspraumlgung eine andere Frage wesentlich Hindert die zushynehmende Bildung transnationaler Netzshywerke die Integration von Zuwanderern oder befoumlrdert sie diese Die Relevanz dieser Frage wird auch in der wissenshyschaftlichen Auseinandersetzung deutlich Klar ist dass gaumlngige Integrationskonzepshyte an die Grenzen dessen stoszligen was sie zu erklaumlren im Stande sind
Diesen (moumlglichen) Zusammenhang beshytreffend gaumlbe es in der sozialwissenschaftshylichen Forschung durchaus noch Handshylungsbedarf Geht man einmal grundsaumltzlich von der Praumlmisse aus die Konzepte von Integration bzw Transnationalismus seien mit Kategorien wie bdquoniedrigldquo und bdquohochldquo zu bewerten so lieszligen sich daraus drei Varianten des Wirkungszusammenhangs schlussfolgern
Erstens ein negativer Zusammenhang wobei ein hoher Grad an Integration mit einem niedrigen Grad an transnationaler Verankerung (bzw auch transnationalem Sozialkapital) einher ginge und vice versa zweitens die Moumlglichkeit des positiven Zusammenhangs vielleicht verfuumlgen zB gut integrierte MigrantInnen eher uumlber die notwendigen Ressourcen wie etwa regelshymaumlszligig zu reisen zwei Wohnsitze zu erhalshyten usw Und als letzte Variante die Moumlgshylichkeit dass beide Konzepte vollkommen ohne Wirkungszusammenhang zueinander bestehen Dies sei nur kurz erwaumlhnt um auf den Forschungsbedarf und moumlgliche Untersuchungsansaumltze hinzuweisen
Trotz der gesteigerten Mobilitaumlt von Menschen die sich nicht zuletzt auf eine einfachere Uumlberbruumlckbarkeit weiterer
Distanzen zuruumlckfuumlhren laumlsst verlieren lokale Lebensraumlume als Referenzen fuumlr psycho-soziale Identifizierungsprozesse von Menschen aber nicht zwingend an Reshylevanz bdquoDie Menschen bewegen sich heushyte vielmehr im Spannungsfeld zwischen Kosmopolitismus und Lokalismus Dies wirft die Frage nach dem Zusammenhang zwischen raumlumlicher Mobilitaumlt einerseits und Zugehoumlrigkeit und Integration von Menschen andererseits aufldquo58
Im Zuge der Betrachtung des Phaumlnoshymens der transnationalen Mobilitaumlt wird deutlich dass die bislang geltenden Inteshygrationsansaumltze ndash in all ihrer Unterschiedshylichkeit ndash hier an Guumlltigkeit verlieren und neu uumlberdacht werden muumlssten Nicht dass die herkoumlmmlichen Formen von Migration nicht mehr existierten natuumlrlich wandern auch heute noch Menschen dauerhaft aus ohne einen fixen Bezugs- und Kontaktshypunkt in Form eines Netzwerkes oauml in der alten Heimat zu behalten Die Form der transnationalen Migration59 ergaumlnzt das Spektrum allerdings Es zeigt sich zunehshymend dass die bisherigen Integrationsshyansaumltze die von einer eindeutigen und dauerhaften Orientierung der Zuwanderer auf die Aufnahmegesellschaft ausgehen der Lebensrealitaumlt einer zunehmenden Anshyzahl von Menschen nicht entsprechend Rechung tragen Diese Erkenntnis ist allershydings nichts fundamental Neues vielmehr lassen sich dadurch zum Teil bereits vershymeintliche bdquoIntegrationsdefiziteldquo bei Vershytretern der Gastarbeitergeneration festmashychen Die Grundannahmen und (politische wie gesellschaftliche) Erwartungshaltunshygen gingen lange von wenig umfassenden und dadurch oberflaumlchlichen Grundvoshyraussetzungen aus
Fassmann weist ua auf das diesbezuumlgshyliche Unvermoumlgen der unterschiedlichsten Integrations- (bzw Assimilations-)ansaumltze hin bdquoMit der neuen transnationalen Mobilishy
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taumlt werden all jene Integrationskonzepte obsolet die von einer eindeutigen Orienshytierung der MigrantInnen auf die sbquoZielgeshysellschaftlsquo ausgehen (hellip) Doch gehen selbst jene Konzepte die keine perfekte Assimilation annehmen sondern kulturelle (sbquomultikulturellelsquo) Freiraumlume offerieren von einer dauerhaften Aufnahme ausldquo60
Auf Grund der Qualitaumlt der einzelnen Faktoren ist anzunehmen dass sich diese Entwicklung eher im Steigen befindet
Als die vier elementarsten Voraussetshyzungen oder Faktoren fuumlr transnationale Mobilitaumlt benennt Fassmann erstens durchshylaumlssige Grenzen wodurch zirkulaumlre Wanshyderungsbewegungen erst ermoumlglicht wershyden zweitens bdquoschrumpfendeldquo Distanzen (siehe oben) drittens ein bestehendes ethshynisches Netz am Zuwanderungsort und schlieszliglich als weiteres und viertes Merkshymal welches die handelnden Akteure selbst betrifft die globale Verwertbarkeit von deren Qualifikationen61 Unter Beruumlckshysichtigung dessen waumlre es sinnvoll alte wissenschaftliche Theorien62 zu reformushylieren den sich wandelnden gesellschaftshylichen Prozessen anzupassen und ndash als logische und notwendige Konsequenz ndash entsprechende politische Maszlignahmen zu setzen
Hier waumlre und ist die Sozialwissenschaft gefordert ihre Erkenntnisse lauter und geshyzielter in Richtung Zivilgesellschaft und politischer Entscheidungstraumlger zu artikushylieren und somit ihre Verantwortung63 als erster bdquoBeobachterldquo gesellschaftlicher Vershyaumlnderungsprozesse wahrzunehmen Es ist allerdings ein durchaus positiver Trend zu erkennen auch seitens der politischen Entscheidungstraumlger verstaumlrkt auf die aktive Miteinbeziehung wissenschaftlicher Exshypertise zu setzen Seitens des oumlsterreichishyschen Innenressorts spiegelt sich diese Entwicklung zB in der Formulierung des Nationalen Aktionsplans fuumlr Integration samt angeschlossenem Expertenrat wider64
Nicht zuletzt sehen wir uns heute in Europa (speziell in ehemaligen Gastarshybeiterlaumlndern aber auch zB in den Nieshyderlanden oder Frankreich) mit dem Vorshywurf einer weitgehend bdquogescheitertenldquo Integrationspolitik konfrontiert wie im Herbst 2010 im Zuge der Debatte durch Sarrazin65 und Co und nicht zuletzt von der deutschen Bundeskanzerlin Angela Merkel demonstriert wird wenn Sie meint der bdquoMulitikulti-Ansatzldquo sei gescheitert66 Dies nicht zuletzt deshalb weil die bisshyherigen Modelle der Heterogenitaumlt und den Lebensrealitaumlten der betroffenen Menshyschen zu wenig Rechnung getragen haben
31 EXKURS HYBRID CULTURE UND HYBRIDE IDENTITAumlT Im 19 Jahrhundert als der Begriff bdquohybrishyde Identitaumltenldquo gepraumlgt wurde war dessen Praumlgung eindeutig negativer Natur67 Trotzshydem der Begriff Hybriditaumlt in den Geistesshyund Sozialwissenschaften beginnend mit den ersten Ansaumltzen der postcolonial stushydies68 gaumlngig wurde haftet ihm dieser Beishygeschmack ndash zumindest fragmentarisch ndash immer noch an Zu oft wurden und werden Zuwanderern eine Art bdquodoppelteldquo Loyalishytaumlt und versteckte Absichten unterstellt69 Wissenschaftlich bezeichnet der Begriff ein weites Spektrum welches sich mit Formen kultureller Zugehoumlrigkeiten ausshyeinandersetzt
Im Rahmen eines Forschungsprojektes an der FU Berlin welches sich mit dieser Frage beschaumlftigt wurde folgende Defishynition aufgestellt bdquoHybriditaumlt tritt auf in Situationen kultureller Uumlberschneidung dh teilweise gegensaumltzliche Sinngehalte und Handlungslogiken die getrennten Handlungssphaumlren entstammen fuumlgen sich zu neuen Mustern zusammen Es kommt zu einer Infragestellung traditioneller Zushygehoumlrigkeitskriterien und einer Delokalishysierung von Identitaumltldquo70
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Auch hier wird deutlich dass eine strikte Trennung und Gegenuumlberstellung der Beshygrifflichkeiten (Hybriditaumlt Transnationashylismus Diaspora etc) wenig Sinn macht dass vielmehr die Herausbildung hybrider Identitaumlten welche entsprechende struktushyrelle Rahmenbedingungen voraussetzt die Bildung eines eigenen sozialoumlkonomishyschen wie kulturellen Raumes bedingen ein Merkmal der zunehmenden transnatioshynalen Ausrichtung von Menschen sind
Grundsaumltzlich bezeichnen hybride Kulshyturen meistens Gruppen ehemaliger Zushywanderer bei welchen sich eine eigene Identitaumlt mit Merkmalen aus der Urshysprungskultur und der Kultur des Aufnahshymelandes herausgebildet hat die sich jeshyweils von beiden unterscheidet ndash also etwas fuumlr sich Autonomes darstellt Nicht alle Mitglieder der ethnischen community des (ehemaligen) Ursprungslandes sind automatisch Teil der hybriden Kultur Im Gegenteil Als Beispiel waumlren hier zB die Amerikaner mexikanischen Ursprungs die sich selbst stolz als bdquoChicanosldquo beshyzeichnen zu nennen die sich ganz bewusst von den neu zugezogenen oft illegalen Zushywanderern aus Mexiko abgrenzen wollen
Weiters bezieht sich der Begriff bdquoHybrishyditaumltldquo im Gegensatz zu Diaspora (bdquodiasshypora politicsldquo) der stark politisch besetzt ist in der Literatur oft eher auf den kultushyrellen Raum
Bei der Beschaumlftigung mit hybrid identishyties wenn man also das Merkmal der Identitaumlt in den Vordergrund stellt kann man eine Frage als elementar und der Theshymatik wesenseigen formulieren Stellt der Migrationshintergrund einen Vorteil dar da es sich leichter zwischen zwei Kulturen bewegen laumlsst Ermoumlglicht er den betrofshyfenen Personen als bdquoVermittlerldquo zwischen den Kulturen aufzutreten oder stellt die Herkunft eine Buumlrde dar mit welcher in vielen Faumlllen Diskriminierung Marginalishysierung und Benachteiligung einhergehen
die mit zunehmender Assimilierung abshynimmt
Diese Frage zu beantworten ist allershydings nicht Inhalt der vorliegenden Arbeit Als Hypothese kann aber angenommen werden dass die Frage nach Vor- und Nachteilen stark von der jeweiligen Hershykunft der betreffenden Person sowie der beobachteten Herkunftsgesellschaft abshyhaumlngt ndash ohne an dieser Stelle auf den Aspekt der starken Heterogenitaumlt der Indishyviduen zu vergessen und somit den Fehler der klassischen Integrationsforschung zu wiederholen von einem bdquoIdealtypusldquo des Migranten auszugehen
Nicht zuletzt ist hinsichtlich der Frage der Identitaumlt Zeit ein maszliggeblicher Faktor Der oft vorgenommene Vergleich der Zushywanderer bzw Personen mit Migrationsshyhintergrund in Europa mit (klassischen Einwanderungs-)Laumlndern wie Kanada USA oder Australien ndash wo transnationale Netzwerke und communities um einiges laumlnger bestehen und nicht zuletzt die Geshyschichte von Migrationsbewegungen eine anderere ist ndash muss serioumlserweise entspreshychend beruumlcksichtigt werden
4 SCHLUSSBETRACHTUNG Je eingehender man sich mit der Thematik auseinandersetzt desto staumlrker ruumlckt deren Komplexitaumlt ins Zentrum Das Themenshyfeld der Transnationalitaumlt umfasst untershyschiedlichste Beruumlhrungspunkte mit andeshyren Konzepten die es zu beruumlcksichtigen gilt beginnend bei der Frage der Identishytaumlt(en) und Moumlglichkeiten der politischen Partizipation uumlber die Frage der Guumlltigkeit des Konzeptes des Nationalstaates als Reshyferenzobjekt in einer globalisierten Welt ndash insbesondere vor dem Hintergrund des Integrationsprozesses der Europaumlischen Union ndash die Frage der Ursachen und Katalysatoren der Transnationalitaumlt und der Differenzierung zu anderen Konzepten wie Diaspora und hybride Kulturen und
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nicht zuletzt des Aufzeigens der Grenzen und Missverstaumlndnisse der bisherigen Inshytegrationskonzepte
Im Rahmen des vorliegenden Beitrags wurden mehrere Punkte angeschnitten und der Versuch unternommen einen Einblick in das komplexe Feld des Transnationalisshymus zu bieten im Bewusstsein viele andere wichtige Aspekte unberuumlhrt gelassen zu haben
Insgesamt liefert das ndash trotz allem relativ junge ndash Konzept des Transnationalismus einen notwendigen theoretischen Rahmen fuumlr die Auseinandersetzung mit Migrashy
tionsbewegungen und deren Auswirkunshygen auf Entsende- und Aufnahmegesellshyschaften und -staaten und gleichsam der bdquoglobal communityldquo in der postwestfaumllishyschen Weltordnung an sich obwohl an der einen oder anderen Stelle auch Unschaumlrfen des Modells zum Ausdruck kommen
So stellt sich schlussendlich zB unweishygerlich die Frage ob Transnationalismus eine Lebensform (mit allen ideologischen Dimensionen) umschreibt oder lediglich eine De-Territorialisierung des Nationalshystaates darstellt71
1 Anm Die intensivere wissenschaftliche
Beschaumlftigung mit dem Phaumlnomen des
Transnationalismus geht auf die fruumlhen
1990er Jahre zuruumlck 2 Vgl httpwwwsowirubdeforschung
profiltrmigrhtmlde am 12042011 3 Zum Beispiel dem Konzept von Human
Security 4 LevittGlick-Schiller 2004 1 5 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
forum2005-04-003 6 Bourne 1916 86ndash97 7 Mayer 2005 11 8 Vgl ebd 9 Glick-Schiller et al 1995 48ndash63 10 Ebd 11 Luumlthi 2005 12 Dahinden 2009 2 13 Glick-Schiller et al 1995 1 14 Portes et al 1999 219 15 Ebd 219 16 LevittGlick-Schiller (LevittGlick-
Schiller 2004) schlagen den Ansatz des
Konzeptes des bdquosozialen Feldesldquo fuumlr mishy
gration studies vor Eine naumlhere Erlaumluteshy
rung folgt spaumlter im vorliegenden Text 17 Vgl Gehmacher oA 18 Bourdieu 1993 183ndash198 19 Siehe dazu weiter unten im Text 20 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 21 Dahinden 2009 22 Pries 2001a 34 23 Bourdieu 1982 171ndash210 24 LevittGlick-Schiller 2004 9 25 Ebd 11 26 Vgl hierzu Punkt 3 dieses Beitrags 27 Auch das Konzept des Transnationalisshy
mustransnationale Migration ndash also die
Etablierung und aller damit verbundenen
Effekte globaler sozialer Netzwerke ndash ist
in diesem Zusammenhang analytisch inteshy
ressant 28 Bei aller Problematik des Begriffes vgl
zB dazu HansenSpetsmann-Kunkel
2008 30 29 Haug 2000 113 ff 30 Vgl zB Massey et al 1993 699ndash749 31 Kastoryano 2003 67
32 Bspw Iran Kurden etc 33 Hier kann zB auf die Rede vom tuumlrkishy
schen Premier Recep Tayyip Erdogan in
Berlin im Februar 2008 verwiesen wershy
den 34 Pries 2001b 35 Zur politischen Partizipation und Diasshy
pora Politics vgl Soumlkefeld 2006 265ndash
284 36 Nach Soumlkefeld 2006 275 37 Vgl hierzu auch Anderson 1991 38 Soumlkefeld 2006 265ndash284 39 Barber 1998 3 40 Vgl Safran 1991 41 Ebd 42 Anm womit wieder der Konnex zum
Transnationalismus hergestellt ist 43 Anm Der Einfluss darf aber einerseits
nicht uumlberschaumltzt werden andererseits ist
auch Vorsicht in der Auseinandersetzung
mit diesem Bereich geboten zu schnell
gelangt man zu den gaumlngigen Mustern
zB der bdquointernationalen juumldischen Weltshy
verschwoumlrungldquo oauml
16
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44 Anm siehe oben im Deutschen etwas
problematisch da dieser Begriff meist
raumlumlich verwendet wird 45 Faist 1999 189ndash222 46 Anderson 1991 47 Vgl httpwwwtranscript-verlagde
ts311ts311_1pdf 48 Anm sowie nach ihnen andere Wissenshy
schaftler die sich der Thematik im Zuge
der letzten zehn Jahre annahmen 49 LevittGlick-Schiller 2004 7 50 Anm Binnenmigration macht den groumlszligshy
ten Anteil an Migrationsbewegungen weltshy
weit aus 51 Vgl zB Beck 2000 Faist 2000 52 Vgl zB Oberndoumlrfer D (2009) Das
Ende des Nationalstaates als Chance
fuumlr die offene europaumlische Republik in
Butterwegge CHentges G (Hg) Zushy
wanderung im Zeichen der Globalisieshy
rung Wiesbaden 237ndash252 53 Kastoryano 2003 65 54 Ebd 75 55 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 56 Nach Soysal 1994 1 57 Bauboumlck 2007 58 Vgl Pollini 2002 Angelli 2002 13ndash70 59 Fassmann plaumldiert zB fuumlr die Verwenshy
dung des Begriffes bdquoMobilitaumltldquo anstelle
von bdquoMigration in diesem Zusammenshy
hangldquo vgl Fassmann 2003 435 60 Ebd 61 Vgl Fassmann 2003 429ndash449 insb ab
436 62 Anm wobei die Wissenschaft sich beshy
reits seit Anfang der 1990er Jahre damit
auseinandersetzt 63 Anm Uumlber diese Rolle der Sozialwissenshy
schaften geht die Meinung auseinander 64 Anm Der NAP wurde von renommiershy
ten oumlsterreichischen Wissenschaftlern und
Experten unter der Schirmherrenschaft
des BMI konzipiert Ein eigens etabliershy
ter Expertenrat befasst sich wissenschaftshy
lich mit den einzelnen Themenfeldern vgl
httpwwwintegrationsfondsatfileadmin
IntegrationsfondNAPnap_berichtpdf 65 Sarrazin 2010 66 httpdiepressecomhomepolitik
aussenpolitik602605Merkel_Multikultishy
in-Deutschland-absolut-gescheitert
29112010 67 Vgl Young 1995 68 Vgl zB Bhabha 1994 69 Anm dies stellt eigentlich ein gaumlngiges
Argument des Antisemitismus dar
Zuletzt zB im Zuge der Schulungen der
FPOuml Parteiakademie deren Inhalte von
der Zeitschrift News aufgedeckt wurden
News Ausgabe 482009 70 httppolsozfu-berlindepolwiss
forschunginternationalvorderer-orient
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uumlber nationalstaatliche Grenzen hinweg verlagert der uumlberwiegende Teil der Menshyschen aus unterschiedlichsten Gruumlnden doch sesshaft bleibt und sich ndash wenn uumlbershyhaupt ndash nur in einem relativ regionalen Umkreis50 bewegt
Insgesamt steht die Forderung nach einer Neukonzeption des Gesellschaftskonzepshytes welches Erscheinungen der Zeit wie Globalisierung und Kosmopolitisierung des Individuums entsprechend Rechnung traumlgt im Zentrum des Interesses einer zushynehmenden Gruppe von Forschern51
Geht man noch einen Schritt weiter zushyruumlck in der ndash wenngleich durchaus philoshysophischen ndash Betrachtung kommt man im Zuge der theoretischen Beschaumlftigung mit Transnationalismus Globalisierung bzw der Zunahme bzw Erweiterung suprashynationaler Organisationen oder Verbaumlnde unweigerlich zu dem Punkt an dem der Nationalstaat in seiner momentanen Ausshypraumlgung in Frage gestellt wird52
bdquoIf we define nation-states as political structures sbquoinventedlsquo in eighteenth-century Europe based on the coincidence of terrishytorial cultural linguistic and even to some extent religious unity then new global structures such as supranational institushytions and transnational networks challenge themldquo53
Insbesondere die wissenschaftliche Ausshyeinandersetzung mit und um den euroshypaumlischen Integrationsprozess von einer oumlkonomischen hin zu einer politischen Gemeinschaft ist gepraumlgt von der Grundshysatzfrage nach der Aufrechterhaltung des Nationalstaatsmodells bzw den Schwieshyrigkeiten die damit verbunden waumlren mit diesem Modell zu brechen Schlieszliglich sind Konzepte wie postnationale kosmoshypolitische oder transnationale Zugehoumlrigshykeiten Identitaumlten und Netzwerke nichts anderes als ein Ausdruck dieses wissenshyschaftlichen Diskurses54 welcher durch
zunehmende Migrationsbewegungen und allgemeine Mobilitaumlt weltweit noch vershystaumlrkt wird bdquoThe nation-state is seen as weakenedsbquo sbquofrom abovelsquo by transnational capital global media and emergent suprashynational political institutions sbquoFrom beshylowlsquo it faces the decentering sbquolocallsquo resishystances of the informal economy ethnic nationalism and grassroots activismldquo55
Oder um es mit Soysal zu sagen bdquoAt the beginning of the twentyfirst century the nation stateacutes capacity for social integrashytion is losing ground We move towards postnational membershipldquo56
Auf die Frage nach der Definition von Staatsbuumlrgerschaft antwortete zB der anerkannte Migrationsforscher Rainer Bauboumlck 2007 Staatsbuumlrgerschaft bdquo(hellip) ist zunaumlchst ein formaler Status Aber Staatsbuumlrger muumlssen sich auch zugehoumlrig fuumlhlen Nur wozu Nicht zur Nation nicht zur Kultur schon gar nicht zur Religion Das sollte so etwas sein wie ein minimashyles Grundverstaumlndnis von demokratischer Gemeinschaft in der wir alle demselben Staat unterworfen sind und deshalb die gleichen Rechte habenldquo57
Zudem lieszlige sich zumindest die Frage in den Raum stellen ob Zugehoumlrigkeit zur bzw Abstammung von derselben ethshynischen Gruppe oder ein gemeinsames Herkunftsland eine zwingende Grundvoshyraussetzung oder Bezugsgroumlszlige fuumlr ein transnationales Netzwerk darstellen oder ob nicht vielmehr gesellschaftspolitische oder religioumlse Stroumlmungen ndash man denke in diesem Zusammenhang zB an die bdquoqueer communityldquo welche beispielsweise auch eine eigene Flagge als Symbol (die Regenshybogenflagge welche sich auch internashytional durchgesetzt hat) verwendet oder an die umma im Islam (als Gegenentwurf zum weltlichen Konzept des Nationalshystaates) ndash nicht auch begrifflich davon zu erfassen waumlren Dieser Gedanke allerdings nur am Rande
SIAK-JOURNAL 42011
3 INTEGRATION(SPOLITIK) ASSIMILIERUNG UND IDENTIshyTAumlT ndash AUS DEM BLICKWINKEL DES TRANSNATIONALISMUS Im Zuge der Transnationalismusdebatte ist neben der Frage ob es sich hierbei um ein neues Phaumlnomen handelt oder aber ein altes in einer neuen Auspraumlgung eine andere Frage wesentlich Hindert die zushynehmende Bildung transnationaler Netzshywerke die Integration von Zuwanderern oder befoumlrdert sie diese Die Relevanz dieser Frage wird auch in der wissenshyschaftlichen Auseinandersetzung deutlich Klar ist dass gaumlngige Integrationskonzepshyte an die Grenzen dessen stoszligen was sie zu erklaumlren im Stande sind
Diesen (moumlglichen) Zusammenhang beshytreffend gaumlbe es in der sozialwissenschaftshylichen Forschung durchaus noch Handshylungsbedarf Geht man einmal grundsaumltzlich von der Praumlmisse aus die Konzepte von Integration bzw Transnationalismus seien mit Kategorien wie bdquoniedrigldquo und bdquohochldquo zu bewerten so lieszligen sich daraus drei Varianten des Wirkungszusammenhangs schlussfolgern
Erstens ein negativer Zusammenhang wobei ein hoher Grad an Integration mit einem niedrigen Grad an transnationaler Verankerung (bzw auch transnationalem Sozialkapital) einher ginge und vice versa zweitens die Moumlglichkeit des positiven Zusammenhangs vielleicht verfuumlgen zB gut integrierte MigrantInnen eher uumlber die notwendigen Ressourcen wie etwa regelshymaumlszligig zu reisen zwei Wohnsitze zu erhalshyten usw Und als letzte Variante die Moumlgshylichkeit dass beide Konzepte vollkommen ohne Wirkungszusammenhang zueinander bestehen Dies sei nur kurz erwaumlhnt um auf den Forschungsbedarf und moumlgliche Untersuchungsansaumltze hinzuweisen
Trotz der gesteigerten Mobilitaumlt von Menschen die sich nicht zuletzt auf eine einfachere Uumlberbruumlckbarkeit weiterer
Distanzen zuruumlckfuumlhren laumlsst verlieren lokale Lebensraumlume als Referenzen fuumlr psycho-soziale Identifizierungsprozesse von Menschen aber nicht zwingend an Reshylevanz bdquoDie Menschen bewegen sich heushyte vielmehr im Spannungsfeld zwischen Kosmopolitismus und Lokalismus Dies wirft die Frage nach dem Zusammenhang zwischen raumlumlicher Mobilitaumlt einerseits und Zugehoumlrigkeit und Integration von Menschen andererseits aufldquo58
Im Zuge der Betrachtung des Phaumlnoshymens der transnationalen Mobilitaumlt wird deutlich dass die bislang geltenden Inteshygrationsansaumltze ndash in all ihrer Unterschiedshylichkeit ndash hier an Guumlltigkeit verlieren und neu uumlberdacht werden muumlssten Nicht dass die herkoumlmmlichen Formen von Migration nicht mehr existierten natuumlrlich wandern auch heute noch Menschen dauerhaft aus ohne einen fixen Bezugs- und Kontaktshypunkt in Form eines Netzwerkes oauml in der alten Heimat zu behalten Die Form der transnationalen Migration59 ergaumlnzt das Spektrum allerdings Es zeigt sich zunehshymend dass die bisherigen Integrationsshyansaumltze die von einer eindeutigen und dauerhaften Orientierung der Zuwanderer auf die Aufnahmegesellschaft ausgehen der Lebensrealitaumlt einer zunehmenden Anshyzahl von Menschen nicht entsprechend Rechung tragen Diese Erkenntnis ist allershydings nichts fundamental Neues vielmehr lassen sich dadurch zum Teil bereits vershymeintliche bdquoIntegrationsdefiziteldquo bei Vershytretern der Gastarbeitergeneration festmashychen Die Grundannahmen und (politische wie gesellschaftliche) Erwartungshaltunshygen gingen lange von wenig umfassenden und dadurch oberflaumlchlichen Grundvoshyraussetzungen aus
Fassmann weist ua auf das diesbezuumlgshyliche Unvermoumlgen der unterschiedlichsten Integrations- (bzw Assimilations-)ansaumltze hin bdquoMit der neuen transnationalen Mobilishy
13
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taumlt werden all jene Integrationskonzepte obsolet die von einer eindeutigen Orienshytierung der MigrantInnen auf die sbquoZielgeshysellschaftlsquo ausgehen (hellip) Doch gehen selbst jene Konzepte die keine perfekte Assimilation annehmen sondern kulturelle (sbquomultikulturellelsquo) Freiraumlume offerieren von einer dauerhaften Aufnahme ausldquo60
Auf Grund der Qualitaumlt der einzelnen Faktoren ist anzunehmen dass sich diese Entwicklung eher im Steigen befindet
Als die vier elementarsten Voraussetshyzungen oder Faktoren fuumlr transnationale Mobilitaumlt benennt Fassmann erstens durchshylaumlssige Grenzen wodurch zirkulaumlre Wanshyderungsbewegungen erst ermoumlglicht wershyden zweitens bdquoschrumpfendeldquo Distanzen (siehe oben) drittens ein bestehendes ethshynisches Netz am Zuwanderungsort und schlieszliglich als weiteres und viertes Merkshymal welches die handelnden Akteure selbst betrifft die globale Verwertbarkeit von deren Qualifikationen61 Unter Beruumlckshysichtigung dessen waumlre es sinnvoll alte wissenschaftliche Theorien62 zu reformushylieren den sich wandelnden gesellschaftshylichen Prozessen anzupassen und ndash als logische und notwendige Konsequenz ndash entsprechende politische Maszlignahmen zu setzen
Hier waumlre und ist die Sozialwissenschaft gefordert ihre Erkenntnisse lauter und geshyzielter in Richtung Zivilgesellschaft und politischer Entscheidungstraumlger zu artikushylieren und somit ihre Verantwortung63 als erster bdquoBeobachterldquo gesellschaftlicher Vershyaumlnderungsprozesse wahrzunehmen Es ist allerdings ein durchaus positiver Trend zu erkennen auch seitens der politischen Entscheidungstraumlger verstaumlrkt auf die aktive Miteinbeziehung wissenschaftlicher Exshypertise zu setzen Seitens des oumlsterreichishyschen Innenressorts spiegelt sich diese Entwicklung zB in der Formulierung des Nationalen Aktionsplans fuumlr Integration samt angeschlossenem Expertenrat wider64
Nicht zuletzt sehen wir uns heute in Europa (speziell in ehemaligen Gastarshybeiterlaumlndern aber auch zB in den Nieshyderlanden oder Frankreich) mit dem Vorshywurf einer weitgehend bdquogescheitertenldquo Integrationspolitik konfrontiert wie im Herbst 2010 im Zuge der Debatte durch Sarrazin65 und Co und nicht zuletzt von der deutschen Bundeskanzerlin Angela Merkel demonstriert wird wenn Sie meint der bdquoMulitikulti-Ansatzldquo sei gescheitert66 Dies nicht zuletzt deshalb weil die bisshyherigen Modelle der Heterogenitaumlt und den Lebensrealitaumlten der betroffenen Menshyschen zu wenig Rechnung getragen haben
31 EXKURS HYBRID CULTURE UND HYBRIDE IDENTITAumlT Im 19 Jahrhundert als der Begriff bdquohybrishyde Identitaumltenldquo gepraumlgt wurde war dessen Praumlgung eindeutig negativer Natur67 Trotzshydem der Begriff Hybriditaumlt in den Geistesshyund Sozialwissenschaften beginnend mit den ersten Ansaumltzen der postcolonial stushydies68 gaumlngig wurde haftet ihm dieser Beishygeschmack ndash zumindest fragmentarisch ndash immer noch an Zu oft wurden und werden Zuwanderern eine Art bdquodoppelteldquo Loyalishytaumlt und versteckte Absichten unterstellt69 Wissenschaftlich bezeichnet der Begriff ein weites Spektrum welches sich mit Formen kultureller Zugehoumlrigkeiten ausshyeinandersetzt
Im Rahmen eines Forschungsprojektes an der FU Berlin welches sich mit dieser Frage beschaumlftigt wurde folgende Defishynition aufgestellt bdquoHybriditaumlt tritt auf in Situationen kultureller Uumlberschneidung dh teilweise gegensaumltzliche Sinngehalte und Handlungslogiken die getrennten Handlungssphaumlren entstammen fuumlgen sich zu neuen Mustern zusammen Es kommt zu einer Infragestellung traditioneller Zushygehoumlrigkeitskriterien und einer Delokalishysierung von Identitaumltldquo70
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Auch hier wird deutlich dass eine strikte Trennung und Gegenuumlberstellung der Beshygrifflichkeiten (Hybriditaumlt Transnationashylismus Diaspora etc) wenig Sinn macht dass vielmehr die Herausbildung hybrider Identitaumlten welche entsprechende struktushyrelle Rahmenbedingungen voraussetzt die Bildung eines eigenen sozialoumlkonomishyschen wie kulturellen Raumes bedingen ein Merkmal der zunehmenden transnatioshynalen Ausrichtung von Menschen sind
Grundsaumltzlich bezeichnen hybride Kulshyturen meistens Gruppen ehemaliger Zushywanderer bei welchen sich eine eigene Identitaumlt mit Merkmalen aus der Urshysprungskultur und der Kultur des Aufnahshymelandes herausgebildet hat die sich jeshyweils von beiden unterscheidet ndash also etwas fuumlr sich Autonomes darstellt Nicht alle Mitglieder der ethnischen community des (ehemaligen) Ursprungslandes sind automatisch Teil der hybriden Kultur Im Gegenteil Als Beispiel waumlren hier zB die Amerikaner mexikanischen Ursprungs die sich selbst stolz als bdquoChicanosldquo beshyzeichnen zu nennen die sich ganz bewusst von den neu zugezogenen oft illegalen Zushywanderern aus Mexiko abgrenzen wollen
Weiters bezieht sich der Begriff bdquoHybrishyditaumltldquo im Gegensatz zu Diaspora (bdquodiasshypora politicsldquo) der stark politisch besetzt ist in der Literatur oft eher auf den kultushyrellen Raum
Bei der Beschaumlftigung mit hybrid identishyties wenn man also das Merkmal der Identitaumlt in den Vordergrund stellt kann man eine Frage als elementar und der Theshymatik wesenseigen formulieren Stellt der Migrationshintergrund einen Vorteil dar da es sich leichter zwischen zwei Kulturen bewegen laumlsst Ermoumlglicht er den betrofshyfenen Personen als bdquoVermittlerldquo zwischen den Kulturen aufzutreten oder stellt die Herkunft eine Buumlrde dar mit welcher in vielen Faumlllen Diskriminierung Marginalishysierung und Benachteiligung einhergehen
die mit zunehmender Assimilierung abshynimmt
Diese Frage zu beantworten ist allershydings nicht Inhalt der vorliegenden Arbeit Als Hypothese kann aber angenommen werden dass die Frage nach Vor- und Nachteilen stark von der jeweiligen Hershykunft der betreffenden Person sowie der beobachteten Herkunftsgesellschaft abshyhaumlngt ndash ohne an dieser Stelle auf den Aspekt der starken Heterogenitaumlt der Indishyviduen zu vergessen und somit den Fehler der klassischen Integrationsforschung zu wiederholen von einem bdquoIdealtypusldquo des Migranten auszugehen
Nicht zuletzt ist hinsichtlich der Frage der Identitaumlt Zeit ein maszliggeblicher Faktor Der oft vorgenommene Vergleich der Zushywanderer bzw Personen mit Migrationsshyhintergrund in Europa mit (klassischen Einwanderungs-)Laumlndern wie Kanada USA oder Australien ndash wo transnationale Netzwerke und communities um einiges laumlnger bestehen und nicht zuletzt die Geshyschichte von Migrationsbewegungen eine anderere ist ndash muss serioumlserweise entspreshychend beruumlcksichtigt werden
4 SCHLUSSBETRACHTUNG Je eingehender man sich mit der Thematik auseinandersetzt desto staumlrker ruumlckt deren Komplexitaumlt ins Zentrum Das Themenshyfeld der Transnationalitaumlt umfasst untershyschiedlichste Beruumlhrungspunkte mit andeshyren Konzepten die es zu beruumlcksichtigen gilt beginnend bei der Frage der Identishytaumlt(en) und Moumlglichkeiten der politischen Partizipation uumlber die Frage der Guumlltigkeit des Konzeptes des Nationalstaates als Reshyferenzobjekt in einer globalisierten Welt ndash insbesondere vor dem Hintergrund des Integrationsprozesses der Europaumlischen Union ndash die Frage der Ursachen und Katalysatoren der Transnationalitaumlt und der Differenzierung zu anderen Konzepten wie Diaspora und hybride Kulturen und
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SIAK-JOURNAL 42011
nicht zuletzt des Aufzeigens der Grenzen und Missverstaumlndnisse der bisherigen Inshytegrationskonzepte
Im Rahmen des vorliegenden Beitrags wurden mehrere Punkte angeschnitten und der Versuch unternommen einen Einblick in das komplexe Feld des Transnationalisshymus zu bieten im Bewusstsein viele andere wichtige Aspekte unberuumlhrt gelassen zu haben
Insgesamt liefert das ndash trotz allem relativ junge ndash Konzept des Transnationalismus einen notwendigen theoretischen Rahmen fuumlr die Auseinandersetzung mit Migrashy
tionsbewegungen und deren Auswirkunshygen auf Entsende- und Aufnahmegesellshyschaften und -staaten und gleichsam der bdquoglobal communityldquo in der postwestfaumllishyschen Weltordnung an sich obwohl an der einen oder anderen Stelle auch Unschaumlrfen des Modells zum Ausdruck kommen
So stellt sich schlussendlich zB unweishygerlich die Frage ob Transnationalismus eine Lebensform (mit allen ideologischen Dimensionen) umschreibt oder lediglich eine De-Territorialisierung des Nationalshystaates darstellt71
1 Anm Die intensivere wissenschaftliche
Beschaumlftigung mit dem Phaumlnomen des
Transnationalismus geht auf die fruumlhen
1990er Jahre zuruumlck 2 Vgl httpwwwsowirubdeforschung
profiltrmigrhtmlde am 12042011 3 Zum Beispiel dem Konzept von Human
Security 4 LevittGlick-Schiller 2004 1 5 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
forum2005-04-003 6 Bourne 1916 86ndash97 7 Mayer 2005 11 8 Vgl ebd 9 Glick-Schiller et al 1995 48ndash63 10 Ebd 11 Luumlthi 2005 12 Dahinden 2009 2 13 Glick-Schiller et al 1995 1 14 Portes et al 1999 219 15 Ebd 219 16 LevittGlick-Schiller (LevittGlick-
Schiller 2004) schlagen den Ansatz des
Konzeptes des bdquosozialen Feldesldquo fuumlr mishy
gration studies vor Eine naumlhere Erlaumluteshy
rung folgt spaumlter im vorliegenden Text 17 Vgl Gehmacher oA 18 Bourdieu 1993 183ndash198 19 Siehe dazu weiter unten im Text 20 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 21 Dahinden 2009 22 Pries 2001a 34 23 Bourdieu 1982 171ndash210 24 LevittGlick-Schiller 2004 9 25 Ebd 11 26 Vgl hierzu Punkt 3 dieses Beitrags 27 Auch das Konzept des Transnationalisshy
mustransnationale Migration ndash also die
Etablierung und aller damit verbundenen
Effekte globaler sozialer Netzwerke ndash ist
in diesem Zusammenhang analytisch inteshy
ressant 28 Bei aller Problematik des Begriffes vgl
zB dazu HansenSpetsmann-Kunkel
2008 30 29 Haug 2000 113 ff 30 Vgl zB Massey et al 1993 699ndash749 31 Kastoryano 2003 67
32 Bspw Iran Kurden etc 33 Hier kann zB auf die Rede vom tuumlrkishy
schen Premier Recep Tayyip Erdogan in
Berlin im Februar 2008 verwiesen wershy
den 34 Pries 2001b 35 Zur politischen Partizipation und Diasshy
pora Politics vgl Soumlkefeld 2006 265ndash
284 36 Nach Soumlkefeld 2006 275 37 Vgl hierzu auch Anderson 1991 38 Soumlkefeld 2006 265ndash284 39 Barber 1998 3 40 Vgl Safran 1991 41 Ebd 42 Anm womit wieder der Konnex zum
Transnationalismus hergestellt ist 43 Anm Der Einfluss darf aber einerseits
nicht uumlberschaumltzt werden andererseits ist
auch Vorsicht in der Auseinandersetzung
mit diesem Bereich geboten zu schnell
gelangt man zu den gaumlngigen Mustern
zB der bdquointernationalen juumldischen Weltshy
verschwoumlrungldquo oauml
16
42011 SIAK-JOURNAL
44 Anm siehe oben im Deutschen etwas
problematisch da dieser Begriff meist
raumlumlich verwendet wird 45 Faist 1999 189ndash222 46 Anderson 1991 47 Vgl httpwwwtranscript-verlagde
ts311ts311_1pdf 48 Anm sowie nach ihnen andere Wissenshy
schaftler die sich der Thematik im Zuge
der letzten zehn Jahre annahmen 49 LevittGlick-Schiller 2004 7 50 Anm Binnenmigration macht den groumlszligshy
ten Anteil an Migrationsbewegungen weltshy
weit aus 51 Vgl zB Beck 2000 Faist 2000 52 Vgl zB Oberndoumlrfer D (2009) Das
Ende des Nationalstaates als Chance
fuumlr die offene europaumlische Republik in
Butterwegge CHentges G (Hg) Zushy
wanderung im Zeichen der Globalisieshy
rung Wiesbaden 237ndash252 53 Kastoryano 2003 65 54 Ebd 75 55 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 56 Nach Soysal 1994 1 57 Bauboumlck 2007 58 Vgl Pollini 2002 Angelli 2002 13ndash70 59 Fassmann plaumldiert zB fuumlr die Verwenshy
dung des Begriffes bdquoMobilitaumltldquo anstelle
von bdquoMigration in diesem Zusammenshy
hangldquo vgl Fassmann 2003 435 60 Ebd 61 Vgl Fassmann 2003 429ndash449 insb ab
436 62 Anm wobei die Wissenschaft sich beshy
reits seit Anfang der 1990er Jahre damit
auseinandersetzt 63 Anm Uumlber diese Rolle der Sozialwissenshy
schaften geht die Meinung auseinander 64 Anm Der NAP wurde von renommiershy
ten oumlsterreichischen Wissenschaftlern und
Experten unter der Schirmherrenschaft
des BMI konzipiert Ein eigens etabliershy
ter Expertenrat befasst sich wissenschaftshy
lich mit den einzelnen Themenfeldern vgl
httpwwwintegrationsfondsatfileadmin
IntegrationsfondNAPnap_berichtpdf 65 Sarrazin 2010 66 httpdiepressecomhomepolitik
aussenpolitik602605Merkel_Multikultishy
in-Deutschland-absolut-gescheitert
29112010 67 Vgl Young 1995 68 Vgl zB Bhabha 1994 69 Anm dies stellt eigentlich ein gaumlngiges
Argument des Antisemitismus dar
Zuletzt zB im Zuge der Schulungen der
FPOuml Parteiakademie deren Inhalte von
der Zeitschrift News aufgedeckt wurden
News Ausgabe 482009 70 httppolsozfu-berlindepolwiss
forschunginternationalvorderer-orient
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SIAK-JOURNAL 42011
3 INTEGRATION(SPOLITIK) ASSIMILIERUNG UND IDENTIshyTAumlT ndash AUS DEM BLICKWINKEL DES TRANSNATIONALISMUS Im Zuge der Transnationalismusdebatte ist neben der Frage ob es sich hierbei um ein neues Phaumlnomen handelt oder aber ein altes in einer neuen Auspraumlgung eine andere Frage wesentlich Hindert die zushynehmende Bildung transnationaler Netzshywerke die Integration von Zuwanderern oder befoumlrdert sie diese Die Relevanz dieser Frage wird auch in der wissenshyschaftlichen Auseinandersetzung deutlich Klar ist dass gaumlngige Integrationskonzepshyte an die Grenzen dessen stoszligen was sie zu erklaumlren im Stande sind
Diesen (moumlglichen) Zusammenhang beshytreffend gaumlbe es in der sozialwissenschaftshylichen Forschung durchaus noch Handshylungsbedarf Geht man einmal grundsaumltzlich von der Praumlmisse aus die Konzepte von Integration bzw Transnationalismus seien mit Kategorien wie bdquoniedrigldquo und bdquohochldquo zu bewerten so lieszligen sich daraus drei Varianten des Wirkungszusammenhangs schlussfolgern
Erstens ein negativer Zusammenhang wobei ein hoher Grad an Integration mit einem niedrigen Grad an transnationaler Verankerung (bzw auch transnationalem Sozialkapital) einher ginge und vice versa zweitens die Moumlglichkeit des positiven Zusammenhangs vielleicht verfuumlgen zB gut integrierte MigrantInnen eher uumlber die notwendigen Ressourcen wie etwa regelshymaumlszligig zu reisen zwei Wohnsitze zu erhalshyten usw Und als letzte Variante die Moumlgshylichkeit dass beide Konzepte vollkommen ohne Wirkungszusammenhang zueinander bestehen Dies sei nur kurz erwaumlhnt um auf den Forschungsbedarf und moumlgliche Untersuchungsansaumltze hinzuweisen
Trotz der gesteigerten Mobilitaumlt von Menschen die sich nicht zuletzt auf eine einfachere Uumlberbruumlckbarkeit weiterer
Distanzen zuruumlckfuumlhren laumlsst verlieren lokale Lebensraumlume als Referenzen fuumlr psycho-soziale Identifizierungsprozesse von Menschen aber nicht zwingend an Reshylevanz bdquoDie Menschen bewegen sich heushyte vielmehr im Spannungsfeld zwischen Kosmopolitismus und Lokalismus Dies wirft die Frage nach dem Zusammenhang zwischen raumlumlicher Mobilitaumlt einerseits und Zugehoumlrigkeit und Integration von Menschen andererseits aufldquo58
Im Zuge der Betrachtung des Phaumlnoshymens der transnationalen Mobilitaumlt wird deutlich dass die bislang geltenden Inteshygrationsansaumltze ndash in all ihrer Unterschiedshylichkeit ndash hier an Guumlltigkeit verlieren und neu uumlberdacht werden muumlssten Nicht dass die herkoumlmmlichen Formen von Migration nicht mehr existierten natuumlrlich wandern auch heute noch Menschen dauerhaft aus ohne einen fixen Bezugs- und Kontaktshypunkt in Form eines Netzwerkes oauml in der alten Heimat zu behalten Die Form der transnationalen Migration59 ergaumlnzt das Spektrum allerdings Es zeigt sich zunehshymend dass die bisherigen Integrationsshyansaumltze die von einer eindeutigen und dauerhaften Orientierung der Zuwanderer auf die Aufnahmegesellschaft ausgehen der Lebensrealitaumlt einer zunehmenden Anshyzahl von Menschen nicht entsprechend Rechung tragen Diese Erkenntnis ist allershydings nichts fundamental Neues vielmehr lassen sich dadurch zum Teil bereits vershymeintliche bdquoIntegrationsdefiziteldquo bei Vershytretern der Gastarbeitergeneration festmashychen Die Grundannahmen und (politische wie gesellschaftliche) Erwartungshaltunshygen gingen lange von wenig umfassenden und dadurch oberflaumlchlichen Grundvoshyraussetzungen aus
Fassmann weist ua auf das diesbezuumlgshyliche Unvermoumlgen der unterschiedlichsten Integrations- (bzw Assimilations-)ansaumltze hin bdquoMit der neuen transnationalen Mobilishy
13
SIAK-JOURNAL
14
42011
taumlt werden all jene Integrationskonzepte obsolet die von einer eindeutigen Orienshytierung der MigrantInnen auf die sbquoZielgeshysellschaftlsquo ausgehen (hellip) Doch gehen selbst jene Konzepte die keine perfekte Assimilation annehmen sondern kulturelle (sbquomultikulturellelsquo) Freiraumlume offerieren von einer dauerhaften Aufnahme ausldquo60
Auf Grund der Qualitaumlt der einzelnen Faktoren ist anzunehmen dass sich diese Entwicklung eher im Steigen befindet
Als die vier elementarsten Voraussetshyzungen oder Faktoren fuumlr transnationale Mobilitaumlt benennt Fassmann erstens durchshylaumlssige Grenzen wodurch zirkulaumlre Wanshyderungsbewegungen erst ermoumlglicht wershyden zweitens bdquoschrumpfendeldquo Distanzen (siehe oben) drittens ein bestehendes ethshynisches Netz am Zuwanderungsort und schlieszliglich als weiteres und viertes Merkshymal welches die handelnden Akteure selbst betrifft die globale Verwertbarkeit von deren Qualifikationen61 Unter Beruumlckshysichtigung dessen waumlre es sinnvoll alte wissenschaftliche Theorien62 zu reformushylieren den sich wandelnden gesellschaftshylichen Prozessen anzupassen und ndash als logische und notwendige Konsequenz ndash entsprechende politische Maszlignahmen zu setzen
Hier waumlre und ist die Sozialwissenschaft gefordert ihre Erkenntnisse lauter und geshyzielter in Richtung Zivilgesellschaft und politischer Entscheidungstraumlger zu artikushylieren und somit ihre Verantwortung63 als erster bdquoBeobachterldquo gesellschaftlicher Vershyaumlnderungsprozesse wahrzunehmen Es ist allerdings ein durchaus positiver Trend zu erkennen auch seitens der politischen Entscheidungstraumlger verstaumlrkt auf die aktive Miteinbeziehung wissenschaftlicher Exshypertise zu setzen Seitens des oumlsterreichishyschen Innenressorts spiegelt sich diese Entwicklung zB in der Formulierung des Nationalen Aktionsplans fuumlr Integration samt angeschlossenem Expertenrat wider64
Nicht zuletzt sehen wir uns heute in Europa (speziell in ehemaligen Gastarshybeiterlaumlndern aber auch zB in den Nieshyderlanden oder Frankreich) mit dem Vorshywurf einer weitgehend bdquogescheitertenldquo Integrationspolitik konfrontiert wie im Herbst 2010 im Zuge der Debatte durch Sarrazin65 und Co und nicht zuletzt von der deutschen Bundeskanzerlin Angela Merkel demonstriert wird wenn Sie meint der bdquoMulitikulti-Ansatzldquo sei gescheitert66 Dies nicht zuletzt deshalb weil die bisshyherigen Modelle der Heterogenitaumlt und den Lebensrealitaumlten der betroffenen Menshyschen zu wenig Rechnung getragen haben
31 EXKURS HYBRID CULTURE UND HYBRIDE IDENTITAumlT Im 19 Jahrhundert als der Begriff bdquohybrishyde Identitaumltenldquo gepraumlgt wurde war dessen Praumlgung eindeutig negativer Natur67 Trotzshydem der Begriff Hybriditaumlt in den Geistesshyund Sozialwissenschaften beginnend mit den ersten Ansaumltzen der postcolonial stushydies68 gaumlngig wurde haftet ihm dieser Beishygeschmack ndash zumindest fragmentarisch ndash immer noch an Zu oft wurden und werden Zuwanderern eine Art bdquodoppelteldquo Loyalishytaumlt und versteckte Absichten unterstellt69 Wissenschaftlich bezeichnet der Begriff ein weites Spektrum welches sich mit Formen kultureller Zugehoumlrigkeiten ausshyeinandersetzt
Im Rahmen eines Forschungsprojektes an der FU Berlin welches sich mit dieser Frage beschaumlftigt wurde folgende Defishynition aufgestellt bdquoHybriditaumlt tritt auf in Situationen kultureller Uumlberschneidung dh teilweise gegensaumltzliche Sinngehalte und Handlungslogiken die getrennten Handlungssphaumlren entstammen fuumlgen sich zu neuen Mustern zusammen Es kommt zu einer Infragestellung traditioneller Zushygehoumlrigkeitskriterien und einer Delokalishysierung von Identitaumltldquo70
SIAK-JOURNAL 42011
Auch hier wird deutlich dass eine strikte Trennung und Gegenuumlberstellung der Beshygrifflichkeiten (Hybriditaumlt Transnationashylismus Diaspora etc) wenig Sinn macht dass vielmehr die Herausbildung hybrider Identitaumlten welche entsprechende struktushyrelle Rahmenbedingungen voraussetzt die Bildung eines eigenen sozialoumlkonomishyschen wie kulturellen Raumes bedingen ein Merkmal der zunehmenden transnatioshynalen Ausrichtung von Menschen sind
Grundsaumltzlich bezeichnen hybride Kulshyturen meistens Gruppen ehemaliger Zushywanderer bei welchen sich eine eigene Identitaumlt mit Merkmalen aus der Urshysprungskultur und der Kultur des Aufnahshymelandes herausgebildet hat die sich jeshyweils von beiden unterscheidet ndash also etwas fuumlr sich Autonomes darstellt Nicht alle Mitglieder der ethnischen community des (ehemaligen) Ursprungslandes sind automatisch Teil der hybriden Kultur Im Gegenteil Als Beispiel waumlren hier zB die Amerikaner mexikanischen Ursprungs die sich selbst stolz als bdquoChicanosldquo beshyzeichnen zu nennen die sich ganz bewusst von den neu zugezogenen oft illegalen Zushywanderern aus Mexiko abgrenzen wollen
Weiters bezieht sich der Begriff bdquoHybrishyditaumltldquo im Gegensatz zu Diaspora (bdquodiasshypora politicsldquo) der stark politisch besetzt ist in der Literatur oft eher auf den kultushyrellen Raum
Bei der Beschaumlftigung mit hybrid identishyties wenn man also das Merkmal der Identitaumlt in den Vordergrund stellt kann man eine Frage als elementar und der Theshymatik wesenseigen formulieren Stellt der Migrationshintergrund einen Vorteil dar da es sich leichter zwischen zwei Kulturen bewegen laumlsst Ermoumlglicht er den betrofshyfenen Personen als bdquoVermittlerldquo zwischen den Kulturen aufzutreten oder stellt die Herkunft eine Buumlrde dar mit welcher in vielen Faumlllen Diskriminierung Marginalishysierung und Benachteiligung einhergehen
die mit zunehmender Assimilierung abshynimmt
Diese Frage zu beantworten ist allershydings nicht Inhalt der vorliegenden Arbeit Als Hypothese kann aber angenommen werden dass die Frage nach Vor- und Nachteilen stark von der jeweiligen Hershykunft der betreffenden Person sowie der beobachteten Herkunftsgesellschaft abshyhaumlngt ndash ohne an dieser Stelle auf den Aspekt der starken Heterogenitaumlt der Indishyviduen zu vergessen und somit den Fehler der klassischen Integrationsforschung zu wiederholen von einem bdquoIdealtypusldquo des Migranten auszugehen
Nicht zuletzt ist hinsichtlich der Frage der Identitaumlt Zeit ein maszliggeblicher Faktor Der oft vorgenommene Vergleich der Zushywanderer bzw Personen mit Migrationsshyhintergrund in Europa mit (klassischen Einwanderungs-)Laumlndern wie Kanada USA oder Australien ndash wo transnationale Netzwerke und communities um einiges laumlnger bestehen und nicht zuletzt die Geshyschichte von Migrationsbewegungen eine anderere ist ndash muss serioumlserweise entspreshychend beruumlcksichtigt werden
4 SCHLUSSBETRACHTUNG Je eingehender man sich mit der Thematik auseinandersetzt desto staumlrker ruumlckt deren Komplexitaumlt ins Zentrum Das Themenshyfeld der Transnationalitaumlt umfasst untershyschiedlichste Beruumlhrungspunkte mit andeshyren Konzepten die es zu beruumlcksichtigen gilt beginnend bei der Frage der Identishytaumlt(en) und Moumlglichkeiten der politischen Partizipation uumlber die Frage der Guumlltigkeit des Konzeptes des Nationalstaates als Reshyferenzobjekt in einer globalisierten Welt ndash insbesondere vor dem Hintergrund des Integrationsprozesses der Europaumlischen Union ndash die Frage der Ursachen und Katalysatoren der Transnationalitaumlt und der Differenzierung zu anderen Konzepten wie Diaspora und hybride Kulturen und
15
SIAK-JOURNAL 42011
nicht zuletzt des Aufzeigens der Grenzen und Missverstaumlndnisse der bisherigen Inshytegrationskonzepte
Im Rahmen des vorliegenden Beitrags wurden mehrere Punkte angeschnitten und der Versuch unternommen einen Einblick in das komplexe Feld des Transnationalisshymus zu bieten im Bewusstsein viele andere wichtige Aspekte unberuumlhrt gelassen zu haben
Insgesamt liefert das ndash trotz allem relativ junge ndash Konzept des Transnationalismus einen notwendigen theoretischen Rahmen fuumlr die Auseinandersetzung mit Migrashy
tionsbewegungen und deren Auswirkunshygen auf Entsende- und Aufnahmegesellshyschaften und -staaten und gleichsam der bdquoglobal communityldquo in der postwestfaumllishyschen Weltordnung an sich obwohl an der einen oder anderen Stelle auch Unschaumlrfen des Modells zum Ausdruck kommen
So stellt sich schlussendlich zB unweishygerlich die Frage ob Transnationalismus eine Lebensform (mit allen ideologischen Dimensionen) umschreibt oder lediglich eine De-Territorialisierung des Nationalshystaates darstellt71
1 Anm Die intensivere wissenschaftliche
Beschaumlftigung mit dem Phaumlnomen des
Transnationalismus geht auf die fruumlhen
1990er Jahre zuruumlck 2 Vgl httpwwwsowirubdeforschung
profiltrmigrhtmlde am 12042011 3 Zum Beispiel dem Konzept von Human
Security 4 LevittGlick-Schiller 2004 1 5 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
forum2005-04-003 6 Bourne 1916 86ndash97 7 Mayer 2005 11 8 Vgl ebd 9 Glick-Schiller et al 1995 48ndash63 10 Ebd 11 Luumlthi 2005 12 Dahinden 2009 2 13 Glick-Schiller et al 1995 1 14 Portes et al 1999 219 15 Ebd 219 16 LevittGlick-Schiller (LevittGlick-
Schiller 2004) schlagen den Ansatz des
Konzeptes des bdquosozialen Feldesldquo fuumlr mishy
gration studies vor Eine naumlhere Erlaumluteshy
rung folgt spaumlter im vorliegenden Text 17 Vgl Gehmacher oA 18 Bourdieu 1993 183ndash198 19 Siehe dazu weiter unten im Text 20 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 21 Dahinden 2009 22 Pries 2001a 34 23 Bourdieu 1982 171ndash210 24 LevittGlick-Schiller 2004 9 25 Ebd 11 26 Vgl hierzu Punkt 3 dieses Beitrags 27 Auch das Konzept des Transnationalisshy
mustransnationale Migration ndash also die
Etablierung und aller damit verbundenen
Effekte globaler sozialer Netzwerke ndash ist
in diesem Zusammenhang analytisch inteshy
ressant 28 Bei aller Problematik des Begriffes vgl
zB dazu HansenSpetsmann-Kunkel
2008 30 29 Haug 2000 113 ff 30 Vgl zB Massey et al 1993 699ndash749 31 Kastoryano 2003 67
32 Bspw Iran Kurden etc 33 Hier kann zB auf die Rede vom tuumlrkishy
schen Premier Recep Tayyip Erdogan in
Berlin im Februar 2008 verwiesen wershy
den 34 Pries 2001b 35 Zur politischen Partizipation und Diasshy
pora Politics vgl Soumlkefeld 2006 265ndash
284 36 Nach Soumlkefeld 2006 275 37 Vgl hierzu auch Anderson 1991 38 Soumlkefeld 2006 265ndash284 39 Barber 1998 3 40 Vgl Safran 1991 41 Ebd 42 Anm womit wieder der Konnex zum
Transnationalismus hergestellt ist 43 Anm Der Einfluss darf aber einerseits
nicht uumlberschaumltzt werden andererseits ist
auch Vorsicht in der Auseinandersetzung
mit diesem Bereich geboten zu schnell
gelangt man zu den gaumlngigen Mustern
zB der bdquointernationalen juumldischen Weltshy
verschwoumlrungldquo oauml
16
42011 SIAK-JOURNAL
44 Anm siehe oben im Deutschen etwas
problematisch da dieser Begriff meist
raumlumlich verwendet wird 45 Faist 1999 189ndash222 46 Anderson 1991 47 Vgl httpwwwtranscript-verlagde
ts311ts311_1pdf 48 Anm sowie nach ihnen andere Wissenshy
schaftler die sich der Thematik im Zuge
der letzten zehn Jahre annahmen 49 LevittGlick-Schiller 2004 7 50 Anm Binnenmigration macht den groumlszligshy
ten Anteil an Migrationsbewegungen weltshy
weit aus 51 Vgl zB Beck 2000 Faist 2000 52 Vgl zB Oberndoumlrfer D (2009) Das
Ende des Nationalstaates als Chance
fuumlr die offene europaumlische Republik in
Butterwegge CHentges G (Hg) Zushy
wanderung im Zeichen der Globalisieshy
rung Wiesbaden 237ndash252 53 Kastoryano 2003 65 54 Ebd 75 55 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 56 Nach Soysal 1994 1 57 Bauboumlck 2007 58 Vgl Pollini 2002 Angelli 2002 13ndash70 59 Fassmann plaumldiert zB fuumlr die Verwenshy
dung des Begriffes bdquoMobilitaumltldquo anstelle
von bdquoMigration in diesem Zusammenshy
hangldquo vgl Fassmann 2003 435 60 Ebd 61 Vgl Fassmann 2003 429ndash449 insb ab
436 62 Anm wobei die Wissenschaft sich beshy
reits seit Anfang der 1990er Jahre damit
auseinandersetzt 63 Anm Uumlber diese Rolle der Sozialwissenshy
schaften geht die Meinung auseinander 64 Anm Der NAP wurde von renommiershy
ten oumlsterreichischen Wissenschaftlern und
Experten unter der Schirmherrenschaft
des BMI konzipiert Ein eigens etabliershy
ter Expertenrat befasst sich wissenschaftshy
lich mit den einzelnen Themenfeldern vgl
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in-Deutschland-absolut-gescheitert
29112010 67 Vgl Young 1995 68 Vgl zB Bhabha 1994 69 Anm dies stellt eigentlich ein gaumlngiges
Argument des Antisemitismus dar
Zuletzt zB im Zuge der Schulungen der
FPOuml Parteiakademie deren Inhalte von
der Zeitschrift News aufgedeckt wurden
News Ausgabe 482009 70 httppolsozfu-berlindepolwiss
forschunginternationalvorderer-orient
forschungprojektindexhtml 71 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
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httppolsozfu-berlindepolwissforschung
internationalvorderer-orientforschungprojekt
indexhtml
httphsozkultgeschichtehu-berlindeforum
2005-04-003
httpwwwintegrationsfondsatfileadmin
IntegrationsfondNAPnap_berichtpdf
Weiterfuumlhrende Literatur und Links
Aschauer W (2006) Transnationale Migration
Analyseebenen und moumlgliche empirische Zugaumlnshy
ge in Oberlechner M (Hg) Die missgluumlckte Inshy
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257ndash277
Bauboumlck R (1994) Transnational Citizenship
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Hants
Coleman J (1988) Social Capital in the Creation
of Human Capital American Journal of Sociology
(94) 95ndash120
Faist T (1997) Migration und der Transfer soshy
zialen Kapitals oder Warum gibt es relativ wenige
internationale Migranten in Pries L Transnashy
tionale Migration Soziale Welt Baden-Baden
63ndash84
Glick-Schiller NBasch LBlanc-Szanton C
(1997) Transnationalismus Ein neuer analytishy
scher Rahmen zum Verstaumlndnis von Migration in
Kleger H (Hg) Transnationale Staatsbuumlrgershy
schaft Frankfurt aM 81ndash107
SIAK-JOURNAL 42011
Glick-Schiller N (2005) Transborder Citizenshy
ship an Outcome of Legal Pluralism within
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Department of Sociology UCLA http
escholarshiporgucitem76j9p6nz 06122009
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Baden
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und Inkorporation Herausforderungen an die
Raum- und Sozialwissenschaften Geographische
Revue (2)
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Challenges for Nation States and New Opportushy
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Iglicka C (Hg) Transnational Migration ndash Dishy
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project Warschau
Waever OBuzan B et al (1993) Identity Mishy
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London
Wimmer AGlick-Schiller N (2002) Methodoloshy
gical nationalism and beyond nation state builshy
ding migration and the social sciences Global
Networks 2 (4) 301ndash334
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SIAK-JOURNAL
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42011
taumlt werden all jene Integrationskonzepte obsolet die von einer eindeutigen Orienshytierung der MigrantInnen auf die sbquoZielgeshysellschaftlsquo ausgehen (hellip) Doch gehen selbst jene Konzepte die keine perfekte Assimilation annehmen sondern kulturelle (sbquomultikulturellelsquo) Freiraumlume offerieren von einer dauerhaften Aufnahme ausldquo60
Auf Grund der Qualitaumlt der einzelnen Faktoren ist anzunehmen dass sich diese Entwicklung eher im Steigen befindet
Als die vier elementarsten Voraussetshyzungen oder Faktoren fuumlr transnationale Mobilitaumlt benennt Fassmann erstens durchshylaumlssige Grenzen wodurch zirkulaumlre Wanshyderungsbewegungen erst ermoumlglicht wershyden zweitens bdquoschrumpfendeldquo Distanzen (siehe oben) drittens ein bestehendes ethshynisches Netz am Zuwanderungsort und schlieszliglich als weiteres und viertes Merkshymal welches die handelnden Akteure selbst betrifft die globale Verwertbarkeit von deren Qualifikationen61 Unter Beruumlckshysichtigung dessen waumlre es sinnvoll alte wissenschaftliche Theorien62 zu reformushylieren den sich wandelnden gesellschaftshylichen Prozessen anzupassen und ndash als logische und notwendige Konsequenz ndash entsprechende politische Maszlignahmen zu setzen
Hier waumlre und ist die Sozialwissenschaft gefordert ihre Erkenntnisse lauter und geshyzielter in Richtung Zivilgesellschaft und politischer Entscheidungstraumlger zu artikushylieren und somit ihre Verantwortung63 als erster bdquoBeobachterldquo gesellschaftlicher Vershyaumlnderungsprozesse wahrzunehmen Es ist allerdings ein durchaus positiver Trend zu erkennen auch seitens der politischen Entscheidungstraumlger verstaumlrkt auf die aktive Miteinbeziehung wissenschaftlicher Exshypertise zu setzen Seitens des oumlsterreichishyschen Innenressorts spiegelt sich diese Entwicklung zB in der Formulierung des Nationalen Aktionsplans fuumlr Integration samt angeschlossenem Expertenrat wider64
Nicht zuletzt sehen wir uns heute in Europa (speziell in ehemaligen Gastarshybeiterlaumlndern aber auch zB in den Nieshyderlanden oder Frankreich) mit dem Vorshywurf einer weitgehend bdquogescheitertenldquo Integrationspolitik konfrontiert wie im Herbst 2010 im Zuge der Debatte durch Sarrazin65 und Co und nicht zuletzt von der deutschen Bundeskanzerlin Angela Merkel demonstriert wird wenn Sie meint der bdquoMulitikulti-Ansatzldquo sei gescheitert66 Dies nicht zuletzt deshalb weil die bisshyherigen Modelle der Heterogenitaumlt und den Lebensrealitaumlten der betroffenen Menshyschen zu wenig Rechnung getragen haben
31 EXKURS HYBRID CULTURE UND HYBRIDE IDENTITAumlT Im 19 Jahrhundert als der Begriff bdquohybrishyde Identitaumltenldquo gepraumlgt wurde war dessen Praumlgung eindeutig negativer Natur67 Trotzshydem der Begriff Hybriditaumlt in den Geistesshyund Sozialwissenschaften beginnend mit den ersten Ansaumltzen der postcolonial stushydies68 gaumlngig wurde haftet ihm dieser Beishygeschmack ndash zumindest fragmentarisch ndash immer noch an Zu oft wurden und werden Zuwanderern eine Art bdquodoppelteldquo Loyalishytaumlt und versteckte Absichten unterstellt69 Wissenschaftlich bezeichnet der Begriff ein weites Spektrum welches sich mit Formen kultureller Zugehoumlrigkeiten ausshyeinandersetzt
Im Rahmen eines Forschungsprojektes an der FU Berlin welches sich mit dieser Frage beschaumlftigt wurde folgende Defishynition aufgestellt bdquoHybriditaumlt tritt auf in Situationen kultureller Uumlberschneidung dh teilweise gegensaumltzliche Sinngehalte und Handlungslogiken die getrennten Handlungssphaumlren entstammen fuumlgen sich zu neuen Mustern zusammen Es kommt zu einer Infragestellung traditioneller Zushygehoumlrigkeitskriterien und einer Delokalishysierung von Identitaumltldquo70
SIAK-JOURNAL 42011
Auch hier wird deutlich dass eine strikte Trennung und Gegenuumlberstellung der Beshygrifflichkeiten (Hybriditaumlt Transnationashylismus Diaspora etc) wenig Sinn macht dass vielmehr die Herausbildung hybrider Identitaumlten welche entsprechende struktushyrelle Rahmenbedingungen voraussetzt die Bildung eines eigenen sozialoumlkonomishyschen wie kulturellen Raumes bedingen ein Merkmal der zunehmenden transnatioshynalen Ausrichtung von Menschen sind
Grundsaumltzlich bezeichnen hybride Kulshyturen meistens Gruppen ehemaliger Zushywanderer bei welchen sich eine eigene Identitaumlt mit Merkmalen aus der Urshysprungskultur und der Kultur des Aufnahshymelandes herausgebildet hat die sich jeshyweils von beiden unterscheidet ndash also etwas fuumlr sich Autonomes darstellt Nicht alle Mitglieder der ethnischen community des (ehemaligen) Ursprungslandes sind automatisch Teil der hybriden Kultur Im Gegenteil Als Beispiel waumlren hier zB die Amerikaner mexikanischen Ursprungs die sich selbst stolz als bdquoChicanosldquo beshyzeichnen zu nennen die sich ganz bewusst von den neu zugezogenen oft illegalen Zushywanderern aus Mexiko abgrenzen wollen
Weiters bezieht sich der Begriff bdquoHybrishyditaumltldquo im Gegensatz zu Diaspora (bdquodiasshypora politicsldquo) der stark politisch besetzt ist in der Literatur oft eher auf den kultushyrellen Raum
Bei der Beschaumlftigung mit hybrid identishyties wenn man also das Merkmal der Identitaumlt in den Vordergrund stellt kann man eine Frage als elementar und der Theshymatik wesenseigen formulieren Stellt der Migrationshintergrund einen Vorteil dar da es sich leichter zwischen zwei Kulturen bewegen laumlsst Ermoumlglicht er den betrofshyfenen Personen als bdquoVermittlerldquo zwischen den Kulturen aufzutreten oder stellt die Herkunft eine Buumlrde dar mit welcher in vielen Faumlllen Diskriminierung Marginalishysierung und Benachteiligung einhergehen
die mit zunehmender Assimilierung abshynimmt
Diese Frage zu beantworten ist allershydings nicht Inhalt der vorliegenden Arbeit Als Hypothese kann aber angenommen werden dass die Frage nach Vor- und Nachteilen stark von der jeweiligen Hershykunft der betreffenden Person sowie der beobachteten Herkunftsgesellschaft abshyhaumlngt ndash ohne an dieser Stelle auf den Aspekt der starken Heterogenitaumlt der Indishyviduen zu vergessen und somit den Fehler der klassischen Integrationsforschung zu wiederholen von einem bdquoIdealtypusldquo des Migranten auszugehen
Nicht zuletzt ist hinsichtlich der Frage der Identitaumlt Zeit ein maszliggeblicher Faktor Der oft vorgenommene Vergleich der Zushywanderer bzw Personen mit Migrationsshyhintergrund in Europa mit (klassischen Einwanderungs-)Laumlndern wie Kanada USA oder Australien ndash wo transnationale Netzwerke und communities um einiges laumlnger bestehen und nicht zuletzt die Geshyschichte von Migrationsbewegungen eine anderere ist ndash muss serioumlserweise entspreshychend beruumlcksichtigt werden
4 SCHLUSSBETRACHTUNG Je eingehender man sich mit der Thematik auseinandersetzt desto staumlrker ruumlckt deren Komplexitaumlt ins Zentrum Das Themenshyfeld der Transnationalitaumlt umfasst untershyschiedlichste Beruumlhrungspunkte mit andeshyren Konzepten die es zu beruumlcksichtigen gilt beginnend bei der Frage der Identishytaumlt(en) und Moumlglichkeiten der politischen Partizipation uumlber die Frage der Guumlltigkeit des Konzeptes des Nationalstaates als Reshyferenzobjekt in einer globalisierten Welt ndash insbesondere vor dem Hintergrund des Integrationsprozesses der Europaumlischen Union ndash die Frage der Ursachen und Katalysatoren der Transnationalitaumlt und der Differenzierung zu anderen Konzepten wie Diaspora und hybride Kulturen und
15
SIAK-JOURNAL 42011
nicht zuletzt des Aufzeigens der Grenzen und Missverstaumlndnisse der bisherigen Inshytegrationskonzepte
Im Rahmen des vorliegenden Beitrags wurden mehrere Punkte angeschnitten und der Versuch unternommen einen Einblick in das komplexe Feld des Transnationalisshymus zu bieten im Bewusstsein viele andere wichtige Aspekte unberuumlhrt gelassen zu haben
Insgesamt liefert das ndash trotz allem relativ junge ndash Konzept des Transnationalismus einen notwendigen theoretischen Rahmen fuumlr die Auseinandersetzung mit Migrashy
tionsbewegungen und deren Auswirkunshygen auf Entsende- und Aufnahmegesellshyschaften und -staaten und gleichsam der bdquoglobal communityldquo in der postwestfaumllishyschen Weltordnung an sich obwohl an der einen oder anderen Stelle auch Unschaumlrfen des Modells zum Ausdruck kommen
So stellt sich schlussendlich zB unweishygerlich die Frage ob Transnationalismus eine Lebensform (mit allen ideologischen Dimensionen) umschreibt oder lediglich eine De-Territorialisierung des Nationalshystaates darstellt71
1 Anm Die intensivere wissenschaftliche
Beschaumlftigung mit dem Phaumlnomen des
Transnationalismus geht auf die fruumlhen
1990er Jahre zuruumlck 2 Vgl httpwwwsowirubdeforschung
profiltrmigrhtmlde am 12042011 3 Zum Beispiel dem Konzept von Human
Security 4 LevittGlick-Schiller 2004 1 5 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
forum2005-04-003 6 Bourne 1916 86ndash97 7 Mayer 2005 11 8 Vgl ebd 9 Glick-Schiller et al 1995 48ndash63 10 Ebd 11 Luumlthi 2005 12 Dahinden 2009 2 13 Glick-Schiller et al 1995 1 14 Portes et al 1999 219 15 Ebd 219 16 LevittGlick-Schiller (LevittGlick-
Schiller 2004) schlagen den Ansatz des
Konzeptes des bdquosozialen Feldesldquo fuumlr mishy
gration studies vor Eine naumlhere Erlaumluteshy
rung folgt spaumlter im vorliegenden Text 17 Vgl Gehmacher oA 18 Bourdieu 1993 183ndash198 19 Siehe dazu weiter unten im Text 20 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 21 Dahinden 2009 22 Pries 2001a 34 23 Bourdieu 1982 171ndash210 24 LevittGlick-Schiller 2004 9 25 Ebd 11 26 Vgl hierzu Punkt 3 dieses Beitrags 27 Auch das Konzept des Transnationalisshy
mustransnationale Migration ndash also die
Etablierung und aller damit verbundenen
Effekte globaler sozialer Netzwerke ndash ist
in diesem Zusammenhang analytisch inteshy
ressant 28 Bei aller Problematik des Begriffes vgl
zB dazu HansenSpetsmann-Kunkel
2008 30 29 Haug 2000 113 ff 30 Vgl zB Massey et al 1993 699ndash749 31 Kastoryano 2003 67
32 Bspw Iran Kurden etc 33 Hier kann zB auf die Rede vom tuumlrkishy
schen Premier Recep Tayyip Erdogan in
Berlin im Februar 2008 verwiesen wershy
den 34 Pries 2001b 35 Zur politischen Partizipation und Diasshy
pora Politics vgl Soumlkefeld 2006 265ndash
284 36 Nach Soumlkefeld 2006 275 37 Vgl hierzu auch Anderson 1991 38 Soumlkefeld 2006 265ndash284 39 Barber 1998 3 40 Vgl Safran 1991 41 Ebd 42 Anm womit wieder der Konnex zum
Transnationalismus hergestellt ist 43 Anm Der Einfluss darf aber einerseits
nicht uumlberschaumltzt werden andererseits ist
auch Vorsicht in der Auseinandersetzung
mit diesem Bereich geboten zu schnell
gelangt man zu den gaumlngigen Mustern
zB der bdquointernationalen juumldischen Weltshy
verschwoumlrungldquo oauml
16
42011 SIAK-JOURNAL
44 Anm siehe oben im Deutschen etwas
problematisch da dieser Begriff meist
raumlumlich verwendet wird 45 Faist 1999 189ndash222 46 Anderson 1991 47 Vgl httpwwwtranscript-verlagde
ts311ts311_1pdf 48 Anm sowie nach ihnen andere Wissenshy
schaftler die sich der Thematik im Zuge
der letzten zehn Jahre annahmen 49 LevittGlick-Schiller 2004 7 50 Anm Binnenmigration macht den groumlszligshy
ten Anteil an Migrationsbewegungen weltshy
weit aus 51 Vgl zB Beck 2000 Faist 2000 52 Vgl zB Oberndoumlrfer D (2009) Das
Ende des Nationalstaates als Chance
fuumlr die offene europaumlische Republik in
Butterwegge CHentges G (Hg) Zushy
wanderung im Zeichen der Globalisieshy
rung Wiesbaden 237ndash252 53 Kastoryano 2003 65 54 Ebd 75 55 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 56 Nach Soysal 1994 1 57 Bauboumlck 2007 58 Vgl Pollini 2002 Angelli 2002 13ndash70 59 Fassmann plaumldiert zB fuumlr die Verwenshy
dung des Begriffes bdquoMobilitaumltldquo anstelle
von bdquoMigration in diesem Zusammenshy
hangldquo vgl Fassmann 2003 435 60 Ebd 61 Vgl Fassmann 2003 429ndash449 insb ab
436 62 Anm wobei die Wissenschaft sich beshy
reits seit Anfang der 1990er Jahre damit
auseinandersetzt 63 Anm Uumlber diese Rolle der Sozialwissenshy
schaften geht die Meinung auseinander 64 Anm Der NAP wurde von renommiershy
ten oumlsterreichischen Wissenschaftlern und
Experten unter der Schirmherrenschaft
des BMI konzipiert Ein eigens etabliershy
ter Expertenrat befasst sich wissenschaftshy
lich mit den einzelnen Themenfeldern vgl
httpwwwintegrationsfondsatfileadmin
IntegrationsfondNAPnap_berichtpdf 65 Sarrazin 2010 66 httpdiepressecomhomepolitik
aussenpolitik602605Merkel_Multikultishy
in-Deutschland-absolut-gescheitert
29112010 67 Vgl Young 1995 68 Vgl zB Bhabha 1994 69 Anm dies stellt eigentlich ein gaumlngiges
Argument des Antisemitismus dar
Zuletzt zB im Zuge der Schulungen der
FPOuml Parteiakademie deren Inhalte von
der Zeitschrift News aufgedeckt wurden
News Ausgabe 482009 70 httppolsozfu-berlindepolwiss
forschunginternationalvorderer-orient
forschungprojektindexhtml 71 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
forum2005-04-003 07122009
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Auch hier wird deutlich dass eine strikte Trennung und Gegenuumlberstellung der Beshygrifflichkeiten (Hybriditaumlt Transnationashylismus Diaspora etc) wenig Sinn macht dass vielmehr die Herausbildung hybrider Identitaumlten welche entsprechende struktushyrelle Rahmenbedingungen voraussetzt die Bildung eines eigenen sozialoumlkonomishyschen wie kulturellen Raumes bedingen ein Merkmal der zunehmenden transnatioshynalen Ausrichtung von Menschen sind
Grundsaumltzlich bezeichnen hybride Kulshyturen meistens Gruppen ehemaliger Zushywanderer bei welchen sich eine eigene Identitaumlt mit Merkmalen aus der Urshysprungskultur und der Kultur des Aufnahshymelandes herausgebildet hat die sich jeshyweils von beiden unterscheidet ndash also etwas fuumlr sich Autonomes darstellt Nicht alle Mitglieder der ethnischen community des (ehemaligen) Ursprungslandes sind automatisch Teil der hybriden Kultur Im Gegenteil Als Beispiel waumlren hier zB die Amerikaner mexikanischen Ursprungs die sich selbst stolz als bdquoChicanosldquo beshyzeichnen zu nennen die sich ganz bewusst von den neu zugezogenen oft illegalen Zushywanderern aus Mexiko abgrenzen wollen
Weiters bezieht sich der Begriff bdquoHybrishyditaumltldquo im Gegensatz zu Diaspora (bdquodiasshypora politicsldquo) der stark politisch besetzt ist in der Literatur oft eher auf den kultushyrellen Raum
Bei der Beschaumlftigung mit hybrid identishyties wenn man also das Merkmal der Identitaumlt in den Vordergrund stellt kann man eine Frage als elementar und der Theshymatik wesenseigen formulieren Stellt der Migrationshintergrund einen Vorteil dar da es sich leichter zwischen zwei Kulturen bewegen laumlsst Ermoumlglicht er den betrofshyfenen Personen als bdquoVermittlerldquo zwischen den Kulturen aufzutreten oder stellt die Herkunft eine Buumlrde dar mit welcher in vielen Faumlllen Diskriminierung Marginalishysierung und Benachteiligung einhergehen
die mit zunehmender Assimilierung abshynimmt
Diese Frage zu beantworten ist allershydings nicht Inhalt der vorliegenden Arbeit Als Hypothese kann aber angenommen werden dass die Frage nach Vor- und Nachteilen stark von der jeweiligen Hershykunft der betreffenden Person sowie der beobachteten Herkunftsgesellschaft abshyhaumlngt ndash ohne an dieser Stelle auf den Aspekt der starken Heterogenitaumlt der Indishyviduen zu vergessen und somit den Fehler der klassischen Integrationsforschung zu wiederholen von einem bdquoIdealtypusldquo des Migranten auszugehen
Nicht zuletzt ist hinsichtlich der Frage der Identitaumlt Zeit ein maszliggeblicher Faktor Der oft vorgenommene Vergleich der Zushywanderer bzw Personen mit Migrationsshyhintergrund in Europa mit (klassischen Einwanderungs-)Laumlndern wie Kanada USA oder Australien ndash wo transnationale Netzwerke und communities um einiges laumlnger bestehen und nicht zuletzt die Geshyschichte von Migrationsbewegungen eine anderere ist ndash muss serioumlserweise entspreshychend beruumlcksichtigt werden
4 SCHLUSSBETRACHTUNG Je eingehender man sich mit der Thematik auseinandersetzt desto staumlrker ruumlckt deren Komplexitaumlt ins Zentrum Das Themenshyfeld der Transnationalitaumlt umfasst untershyschiedlichste Beruumlhrungspunkte mit andeshyren Konzepten die es zu beruumlcksichtigen gilt beginnend bei der Frage der Identishytaumlt(en) und Moumlglichkeiten der politischen Partizipation uumlber die Frage der Guumlltigkeit des Konzeptes des Nationalstaates als Reshyferenzobjekt in einer globalisierten Welt ndash insbesondere vor dem Hintergrund des Integrationsprozesses der Europaumlischen Union ndash die Frage der Ursachen und Katalysatoren der Transnationalitaumlt und der Differenzierung zu anderen Konzepten wie Diaspora und hybride Kulturen und
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nicht zuletzt des Aufzeigens der Grenzen und Missverstaumlndnisse der bisherigen Inshytegrationskonzepte
Im Rahmen des vorliegenden Beitrags wurden mehrere Punkte angeschnitten und der Versuch unternommen einen Einblick in das komplexe Feld des Transnationalisshymus zu bieten im Bewusstsein viele andere wichtige Aspekte unberuumlhrt gelassen zu haben
Insgesamt liefert das ndash trotz allem relativ junge ndash Konzept des Transnationalismus einen notwendigen theoretischen Rahmen fuumlr die Auseinandersetzung mit Migrashy
tionsbewegungen und deren Auswirkunshygen auf Entsende- und Aufnahmegesellshyschaften und -staaten und gleichsam der bdquoglobal communityldquo in der postwestfaumllishyschen Weltordnung an sich obwohl an der einen oder anderen Stelle auch Unschaumlrfen des Modells zum Ausdruck kommen
So stellt sich schlussendlich zB unweishygerlich die Frage ob Transnationalismus eine Lebensform (mit allen ideologischen Dimensionen) umschreibt oder lediglich eine De-Territorialisierung des Nationalshystaates darstellt71
1 Anm Die intensivere wissenschaftliche
Beschaumlftigung mit dem Phaumlnomen des
Transnationalismus geht auf die fruumlhen
1990er Jahre zuruumlck 2 Vgl httpwwwsowirubdeforschung
profiltrmigrhtmlde am 12042011 3 Zum Beispiel dem Konzept von Human
Security 4 LevittGlick-Schiller 2004 1 5 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
forum2005-04-003 6 Bourne 1916 86ndash97 7 Mayer 2005 11 8 Vgl ebd 9 Glick-Schiller et al 1995 48ndash63 10 Ebd 11 Luumlthi 2005 12 Dahinden 2009 2 13 Glick-Schiller et al 1995 1 14 Portes et al 1999 219 15 Ebd 219 16 LevittGlick-Schiller (LevittGlick-
Schiller 2004) schlagen den Ansatz des
Konzeptes des bdquosozialen Feldesldquo fuumlr mishy
gration studies vor Eine naumlhere Erlaumluteshy
rung folgt spaumlter im vorliegenden Text 17 Vgl Gehmacher oA 18 Bourdieu 1993 183ndash198 19 Siehe dazu weiter unten im Text 20 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 21 Dahinden 2009 22 Pries 2001a 34 23 Bourdieu 1982 171ndash210 24 LevittGlick-Schiller 2004 9 25 Ebd 11 26 Vgl hierzu Punkt 3 dieses Beitrags 27 Auch das Konzept des Transnationalisshy
mustransnationale Migration ndash also die
Etablierung und aller damit verbundenen
Effekte globaler sozialer Netzwerke ndash ist
in diesem Zusammenhang analytisch inteshy
ressant 28 Bei aller Problematik des Begriffes vgl
zB dazu HansenSpetsmann-Kunkel
2008 30 29 Haug 2000 113 ff 30 Vgl zB Massey et al 1993 699ndash749 31 Kastoryano 2003 67
32 Bspw Iran Kurden etc 33 Hier kann zB auf die Rede vom tuumlrkishy
schen Premier Recep Tayyip Erdogan in
Berlin im Februar 2008 verwiesen wershy
den 34 Pries 2001b 35 Zur politischen Partizipation und Diasshy
pora Politics vgl Soumlkefeld 2006 265ndash
284 36 Nach Soumlkefeld 2006 275 37 Vgl hierzu auch Anderson 1991 38 Soumlkefeld 2006 265ndash284 39 Barber 1998 3 40 Vgl Safran 1991 41 Ebd 42 Anm womit wieder der Konnex zum
Transnationalismus hergestellt ist 43 Anm Der Einfluss darf aber einerseits
nicht uumlberschaumltzt werden andererseits ist
auch Vorsicht in der Auseinandersetzung
mit diesem Bereich geboten zu schnell
gelangt man zu den gaumlngigen Mustern
zB der bdquointernationalen juumldischen Weltshy
verschwoumlrungldquo oauml
16
42011 SIAK-JOURNAL
44 Anm siehe oben im Deutschen etwas
problematisch da dieser Begriff meist
raumlumlich verwendet wird 45 Faist 1999 189ndash222 46 Anderson 1991 47 Vgl httpwwwtranscript-verlagde
ts311ts311_1pdf 48 Anm sowie nach ihnen andere Wissenshy
schaftler die sich der Thematik im Zuge
der letzten zehn Jahre annahmen 49 LevittGlick-Schiller 2004 7 50 Anm Binnenmigration macht den groumlszligshy
ten Anteil an Migrationsbewegungen weltshy
weit aus 51 Vgl zB Beck 2000 Faist 2000 52 Vgl zB Oberndoumlrfer D (2009) Das
Ende des Nationalstaates als Chance
fuumlr die offene europaumlische Republik in
Butterwegge CHentges G (Hg) Zushy
wanderung im Zeichen der Globalisieshy
rung Wiesbaden 237ndash252 53 Kastoryano 2003 65 54 Ebd 75 55 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 56 Nach Soysal 1994 1 57 Bauboumlck 2007 58 Vgl Pollini 2002 Angelli 2002 13ndash70 59 Fassmann plaumldiert zB fuumlr die Verwenshy
dung des Begriffes bdquoMobilitaumltldquo anstelle
von bdquoMigration in diesem Zusammenshy
hangldquo vgl Fassmann 2003 435 60 Ebd 61 Vgl Fassmann 2003 429ndash449 insb ab
436 62 Anm wobei die Wissenschaft sich beshy
reits seit Anfang der 1990er Jahre damit
auseinandersetzt 63 Anm Uumlber diese Rolle der Sozialwissenshy
schaften geht die Meinung auseinander 64 Anm Der NAP wurde von renommiershy
ten oumlsterreichischen Wissenschaftlern und
Experten unter der Schirmherrenschaft
des BMI konzipiert Ein eigens etabliershy
ter Expertenrat befasst sich wissenschaftshy
lich mit den einzelnen Themenfeldern vgl
httpwwwintegrationsfondsatfileadmin
IntegrationsfondNAPnap_berichtpdf 65 Sarrazin 2010 66 httpdiepressecomhomepolitik
aussenpolitik602605Merkel_Multikultishy
in-Deutschland-absolut-gescheitert
29112010 67 Vgl Young 1995 68 Vgl zB Bhabha 1994 69 Anm dies stellt eigentlich ein gaumlngiges
Argument des Antisemitismus dar
Zuletzt zB im Zuge der Schulungen der
FPOuml Parteiakademie deren Inhalte von
der Zeitschrift News aufgedeckt wurden
News Ausgabe 482009 70 httppolsozfu-berlindepolwiss
forschunginternationalvorderer-orient
forschungprojektindexhtml 71 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
forum2005-04-003 07122009
Quellenangaben
Anderson B (1991) Imagined Communishy
ties Reflections on the Origin and Spread
of Nationalism LondonNew York
Angelli F (2002) in Pollini G (2002)
Apartenenza e migrazione in Fernandez
de la Hoz P Familienleben Transnatioshy
nalitaumlt und Diaspora
httpwwwoifacataktuellMAT21_
Familienleben_Diaspora_2004pdf
Barber B (1998) A Place for us How to
make society civil and democracy strong
in Berezin MSchain M Europe without
Borders Remapping Territory Citizenshy
ship and Identity in a Transnational Age
BaltimoreLondon
Bauboumlck R (2007) Online-Ausgabe der
TAZ am 14072007 httpwwwtazde1
debattetheorieartikel1phaenomenshy
des-langstreckennationalismus
Beck U (2000) The Cosmopolitan Pershy
spective Sociology in the Second Age of
Modernity British Journal of Sociology
51 (1) 79ndash107
Bhabha H K (1994) The Location of
Culture LondonNew York httpwww
freiburg-postkolonialdeSeitengrimmshy
postkolonialismuspdf 5122009
Bourdieu P (1982) Der Sozialraum und
seine Transformationen in Bourdieu P
Die feinen Unterschiede ndash Kritik der geshy
sellschaftlichen Urteilskraft Frankfurt aM
Bourdieu P (1993) Oumlkonomisches Kapishy
tal ndash Kulturelles Kapital ndash Soziales Kapital
in Kreckel R (Hg) Soziale Ungleichheishy
ten Goumlttingen
Bourne R (1916) Trans-National Amerishy
ca Atlantic Monthly (118) httpwww
swarthmoreeduSocScirbannis1AIH19th
Bournehtml
Dahinden J (2009) Neue Ansaumltze in der
Migrationsforschung Die transnationale
Perspektive httpwwwterra-cognitach
15dahindenpdf
Faist T (1999) Transnationalization of
international migration implications for
the study of citizenship and culture in
Fernandez de la Hoz P Familienleben
Transnationalitaumlt und Diaspora http
wwwoifacataktuellMAT21_
Familienleben_Diaspora_2004pdf
Faist T (2000) The Volume and Dynamics
of International Migration New York
Fassmann H (2003) Transnationale Moshy
bilitaumlt Konzeption und Fallbeispiel SWS-
Rundschau (4) 429ndash449
Gehmacher E (oA) Sozialkapital Eine
Einfuumlhrung httpwwwumweltnetat
filemanagerdownload7688
Glick-Schiller NBasch LBlanc-Szanton
C (1995) From Immigrant to Transmishy
grant Theorizing Transnational Migrashy
tion Anthropological Quarterly (68) 1
Guarnizo L ESmith M P (1998) The
Locations of Transnationalism httphcd
ucdavisedufacultywebpagessmith
articlesLocations_of_transnationalismpdf
Hansen GSpetsmann-Kunkel M (2008)
Integration und Segregation Ein Spanshy
nungsverhaumlltnis Muumlnster
Haugh S (2000) Soziales Kapital und
17
SIAK-JOURNAL
18
42011
Kettenmigration Italienische Migranten in
Deutschland in Haug SPointner S (2007) Soshy
zialkapital und Migration httpwwwfisunishy
koelndef ileadminuser_uploaddownload
personenpointnerpublikationenKZSH47_17_
Haugpdf
Kastoryano R (2003) Transnational Networks
and Political Participation The Place of Immishy
grants in the European Union in Berezin
MSchain M Europe without Borders Remapshy
ping Territory Citizenship and Identity in a
Transnational Age BaltimoreLondon 2003
Levitt PGlick-Schiller N (2004) Conceptualishy
zing Simultaneity A transnational social field
perspective on society International Migration
Review 38 (145)
Luumlthi B (2005) Transnationale Migration Eine
vielversprechende Perspektive httpgeschichteshy
transnationalclio-onlinenettransnatasptype=
diskussionenampid=880ampview=pdfamppn=forum
Massey D SArango J et al (1993) Theories of
International Migration A Review and Appraishy
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Mayer R (2005) Diaspora httpwww
transcript-verlagdets311ts311_1pdf
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Pollini GVenturelli-Christensen P (Hg) Migrashy
zione e appartenenze molteplici Gli immigrati
cibnesi filippini ghanesi ex yugoslavi mashy
rocchini senegalesi e tunesiniin Italia Milano
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Study of Transnationalism Pitfalls and Promises
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ons of the Social and the Spatial in ders (Hg)
New Transnational Spaces International Migrashy
tion and Transnational Companies in the Early
Twenty-first Century Routledge London
Pries L (2001b) Internationale Migration in
Fernandez de la Hoz P Familienleben Transnashy
tionalitaumlt und Diaspora 11 httpwwwoifacat
aktuellMAT21_Familienleben_Diaspora_2004pdf
Safran W (1991) Diaspora in modern societies
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Sarrazin T (2001) Deutschland schafft sich ab
Wie wir unser Land aufs Spiel setzen Berlin
Soumlkefeld M (2006) Mobilizing in transnational
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tion of diaspora Global Networks 6 (3) in Cohen
R Global Diasporas An Introduction New York
Soysal Y (1994) Limits of citizenship Migrants
and postnational membership in Europe in
Muumlnch R Nation and Citizenship in the Global
Age London
Young R (1995) Colonial Desire Hybridity in
Theory Culture and Race LondonNew York
httpwwwbpbdepublikationen9XFFAQ0
Hybr ide_ Iden t i tE4 ten_mus l im i sche_
Migrantinnen_und_Migranten_in_Deutschland_
und_Europahtml
httppolsozfu-berlindepolwissforschung
internationalvorderer-orientforschungprojekt
indexhtml
httphsozkultgeschichtehu-berlindeforum
2005-04-003
httpwwwintegrationsfondsatfileadmin
IntegrationsfondNAPnap_berichtpdf
Weiterfuumlhrende Literatur und Links
Aschauer W (2006) Transnationale Migration
Analyseebenen und moumlgliche empirische Zugaumlnshy
ge in Oberlechner M (Hg) Die missgluumlckte Inshy
tegration Wege und Irrwege in Europa Wien
257ndash277
Bauboumlck R (1994) Transnational Citizenship
Membership and Rights International Migration
Hants
Coleman J (1988) Social Capital in the Creation
of Human Capital American Journal of Sociology
(94) 95ndash120
Faist T (1997) Migration und der Transfer soshy
zialen Kapitals oder Warum gibt es relativ wenige
internationale Migranten in Pries L Transnashy
tionale Migration Soziale Welt Baden-Baden
63ndash84
Glick-Schiller NBasch LBlanc-Szanton C
(1997) Transnationalismus Ein neuer analytishy
scher Rahmen zum Verstaumlndnis von Migration in
Kleger H (Hg) Transnationale Staatsbuumlrgershy
schaft Frankfurt aM 81ndash107
SIAK-JOURNAL 42011
Glick-Schiller N (2005) Transborder Citizenshy
ship an Outcome of Legal Pluralism within
Transnational Social Fields UC Los Angeles
Department of Sociology UCLA http
escholarshiporgucitem76j9p6nz 06122009
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A racial Discourse International Migration
Volume 43 (5) 163ndash187
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Baden
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und Inkorporation Herausforderungen an die
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and dilemmas for the European migration policy
project Warschau
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London
Wimmer AGlick-Schiller N (2002) Methodoloshy
gical nationalism and beyond nation state builshy
ding migration and the social sciences Global
Networks 2 (4) 301ndash334
19
SIAK-JOURNAL 42011
nicht zuletzt des Aufzeigens der Grenzen und Missverstaumlndnisse der bisherigen Inshytegrationskonzepte
Im Rahmen des vorliegenden Beitrags wurden mehrere Punkte angeschnitten und der Versuch unternommen einen Einblick in das komplexe Feld des Transnationalisshymus zu bieten im Bewusstsein viele andere wichtige Aspekte unberuumlhrt gelassen zu haben
Insgesamt liefert das ndash trotz allem relativ junge ndash Konzept des Transnationalismus einen notwendigen theoretischen Rahmen fuumlr die Auseinandersetzung mit Migrashy
tionsbewegungen und deren Auswirkunshygen auf Entsende- und Aufnahmegesellshyschaften und -staaten und gleichsam der bdquoglobal communityldquo in der postwestfaumllishyschen Weltordnung an sich obwohl an der einen oder anderen Stelle auch Unschaumlrfen des Modells zum Ausdruck kommen
So stellt sich schlussendlich zB unweishygerlich die Frage ob Transnationalismus eine Lebensform (mit allen ideologischen Dimensionen) umschreibt oder lediglich eine De-Territorialisierung des Nationalshystaates darstellt71
1 Anm Die intensivere wissenschaftliche
Beschaumlftigung mit dem Phaumlnomen des
Transnationalismus geht auf die fruumlhen
1990er Jahre zuruumlck 2 Vgl httpwwwsowirubdeforschung
profiltrmigrhtmlde am 12042011 3 Zum Beispiel dem Konzept von Human
Security 4 LevittGlick-Schiller 2004 1 5 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
forum2005-04-003 6 Bourne 1916 86ndash97 7 Mayer 2005 11 8 Vgl ebd 9 Glick-Schiller et al 1995 48ndash63 10 Ebd 11 Luumlthi 2005 12 Dahinden 2009 2 13 Glick-Schiller et al 1995 1 14 Portes et al 1999 219 15 Ebd 219 16 LevittGlick-Schiller (LevittGlick-
Schiller 2004) schlagen den Ansatz des
Konzeptes des bdquosozialen Feldesldquo fuumlr mishy
gration studies vor Eine naumlhere Erlaumluteshy
rung folgt spaumlter im vorliegenden Text 17 Vgl Gehmacher oA 18 Bourdieu 1993 183ndash198 19 Siehe dazu weiter unten im Text 20 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 21 Dahinden 2009 22 Pries 2001a 34 23 Bourdieu 1982 171ndash210 24 LevittGlick-Schiller 2004 9 25 Ebd 11 26 Vgl hierzu Punkt 3 dieses Beitrags 27 Auch das Konzept des Transnationalisshy
mustransnationale Migration ndash also die
Etablierung und aller damit verbundenen
Effekte globaler sozialer Netzwerke ndash ist
in diesem Zusammenhang analytisch inteshy
ressant 28 Bei aller Problematik des Begriffes vgl
zB dazu HansenSpetsmann-Kunkel
2008 30 29 Haug 2000 113 ff 30 Vgl zB Massey et al 1993 699ndash749 31 Kastoryano 2003 67
32 Bspw Iran Kurden etc 33 Hier kann zB auf die Rede vom tuumlrkishy
schen Premier Recep Tayyip Erdogan in
Berlin im Februar 2008 verwiesen wershy
den 34 Pries 2001b 35 Zur politischen Partizipation und Diasshy
pora Politics vgl Soumlkefeld 2006 265ndash
284 36 Nach Soumlkefeld 2006 275 37 Vgl hierzu auch Anderson 1991 38 Soumlkefeld 2006 265ndash284 39 Barber 1998 3 40 Vgl Safran 1991 41 Ebd 42 Anm womit wieder der Konnex zum
Transnationalismus hergestellt ist 43 Anm Der Einfluss darf aber einerseits
nicht uumlberschaumltzt werden andererseits ist
auch Vorsicht in der Auseinandersetzung
mit diesem Bereich geboten zu schnell
gelangt man zu den gaumlngigen Mustern
zB der bdquointernationalen juumldischen Weltshy
verschwoumlrungldquo oauml
16
42011 SIAK-JOURNAL
44 Anm siehe oben im Deutschen etwas
problematisch da dieser Begriff meist
raumlumlich verwendet wird 45 Faist 1999 189ndash222 46 Anderson 1991 47 Vgl httpwwwtranscript-verlagde
ts311ts311_1pdf 48 Anm sowie nach ihnen andere Wissenshy
schaftler die sich der Thematik im Zuge
der letzten zehn Jahre annahmen 49 LevittGlick-Schiller 2004 7 50 Anm Binnenmigration macht den groumlszligshy
ten Anteil an Migrationsbewegungen weltshy
weit aus 51 Vgl zB Beck 2000 Faist 2000 52 Vgl zB Oberndoumlrfer D (2009) Das
Ende des Nationalstaates als Chance
fuumlr die offene europaumlische Republik in
Butterwegge CHentges G (Hg) Zushy
wanderung im Zeichen der Globalisieshy
rung Wiesbaden 237ndash252 53 Kastoryano 2003 65 54 Ebd 75 55 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 56 Nach Soysal 1994 1 57 Bauboumlck 2007 58 Vgl Pollini 2002 Angelli 2002 13ndash70 59 Fassmann plaumldiert zB fuumlr die Verwenshy
dung des Begriffes bdquoMobilitaumltldquo anstelle
von bdquoMigration in diesem Zusammenshy
hangldquo vgl Fassmann 2003 435 60 Ebd 61 Vgl Fassmann 2003 429ndash449 insb ab
436 62 Anm wobei die Wissenschaft sich beshy
reits seit Anfang der 1990er Jahre damit
auseinandersetzt 63 Anm Uumlber diese Rolle der Sozialwissenshy
schaften geht die Meinung auseinander 64 Anm Der NAP wurde von renommiershy
ten oumlsterreichischen Wissenschaftlern und
Experten unter der Schirmherrenschaft
des BMI konzipiert Ein eigens etabliershy
ter Expertenrat befasst sich wissenschaftshy
lich mit den einzelnen Themenfeldern vgl
httpwwwintegrationsfondsatfileadmin
IntegrationsfondNAPnap_berichtpdf 65 Sarrazin 2010 66 httpdiepressecomhomepolitik
aussenpolitik602605Merkel_Multikultishy
in-Deutschland-absolut-gescheitert
29112010 67 Vgl Young 1995 68 Vgl zB Bhabha 1994 69 Anm dies stellt eigentlich ein gaumlngiges
Argument des Antisemitismus dar
Zuletzt zB im Zuge der Schulungen der
FPOuml Parteiakademie deren Inhalte von
der Zeitschrift News aufgedeckt wurden
News Ausgabe 482009 70 httppolsozfu-berlindepolwiss
forschunginternationalvorderer-orient
forschungprojektindexhtml 71 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
forum2005-04-003 07122009
Quellenangaben
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nalitaumlt und Diaspora
httpwwwoifacataktuellMAT21_
Familienleben_Diaspora_2004pdf
Barber B (1998) A Place for us How to
make society civil and democracy strong
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ship and Identity in a Transnational Age
BaltimoreLondon
Bauboumlck R (2007) Online-Ausgabe der
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51 (1) 79ndash107
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freiburg-postkolonialdeSeitengrimmshy
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Perspektive httpwwwterra-cognitach
15dahindenpdf
Faist T (1999) Transnationalization of
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Transnationalitaumlt und Diaspora http
wwwoifacataktuellMAT21_
Familienleben_Diaspora_2004pdf
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bilitaumlt Konzeption und Fallbeispiel SWS-
Rundschau (4) 429ndash449
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tion Anthropological Quarterly (68) 1
Guarnizo L ESmith M P (1998) The
Locations of Transnationalism httphcd
ucdavisedufacultywebpagessmith
articlesLocations_of_transnationalismpdf
Hansen GSpetsmann-Kunkel M (2008)
Integration und Segregation Ein Spanshy
nungsverhaumlltnis Muumlnster
Haugh S (2000) Soziales Kapital und
17
SIAK-JOURNAL
18
42011
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koelndef ileadminuser_uploaddownload
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Kastoryano R (2003) Transnational Networks
and Political Participation The Place of Immishy
grants in the European Union in Berezin
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ping Territory Citizenship and Identity in a
Transnational Age BaltimoreLondon 2003
Levitt PGlick-Schiller N (2004) Conceptualishy
zing Simultaneity A transnational social field
perspective on society International Migration
Review 38 (145)
Luumlthi B (2005) Transnationale Migration Eine
vielversprechende Perspektive httpgeschichteshy
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diskussionenampid=880ampview=pdfamppn=forum
Massey D SArango J et al (1993) Theories of
International Migration A Review and Appraishy
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Pollini G (2002) Apartenenza e migrazione in
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Portes AGuarnizo L ELandolt P (1999) The
Study of Transnationalism Pitfalls and Promises
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Studies 22 (2)
Pries L (2001a) The Approach of Transnational
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tionalitaumlt und Diaspora 11 httpwwwoifacat
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Safran W (1991) Diaspora in modern societies
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Soumlkefeld M (2006) Mobilizing in transnational
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Young R (1995) Colonial Desire Hybridity in
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httpwwwbpbdepublikationen9XFFAQ0
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Migrantinnen_und_Migranten_in_Deutschland_
und_Europahtml
httppolsozfu-berlindepolwissforschung
internationalvorderer-orientforschungprojekt
indexhtml
httphsozkultgeschichtehu-berlindeforum
2005-04-003
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Aschauer W (2006) Transnationale Migration
Analyseebenen und moumlgliche empirische Zugaumlnshy
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257ndash277
Bauboumlck R (1994) Transnational Citizenship
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Hants
Coleman J (1988) Social Capital in the Creation
of Human Capital American Journal of Sociology
(94) 95ndash120
Faist T (1997) Migration und der Transfer soshy
zialen Kapitals oder Warum gibt es relativ wenige
internationale Migranten in Pries L Transnashy
tionale Migration Soziale Welt Baden-Baden
63ndash84
Glick-Schiller NBasch LBlanc-Szanton C
(1997) Transnationalismus Ein neuer analytishy
scher Rahmen zum Verstaumlndnis von Migration in
Kleger H (Hg) Transnationale Staatsbuumlrgershy
schaft Frankfurt aM 81ndash107
SIAK-JOURNAL 42011
Glick-Schiller N (2005) Transborder Citizenshy
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Transnational Social Fields UC Los Angeles
Department of Sociology UCLA http
escholarshiporgucitem76j9p6nz 06122009
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Volume 43 (5) 163ndash187
Lin NCook KBurt R (2001) Social Capital
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Networks 2 (4) 301ndash334
19
42011 SIAK-JOURNAL
44 Anm siehe oben im Deutschen etwas
problematisch da dieser Begriff meist
raumlumlich verwendet wird 45 Faist 1999 189ndash222 46 Anderson 1991 47 Vgl httpwwwtranscript-verlagde
ts311ts311_1pdf 48 Anm sowie nach ihnen andere Wissenshy
schaftler die sich der Thematik im Zuge
der letzten zehn Jahre annahmen 49 LevittGlick-Schiller 2004 7 50 Anm Binnenmigration macht den groumlszligshy
ten Anteil an Migrationsbewegungen weltshy
weit aus 51 Vgl zB Beck 2000 Faist 2000 52 Vgl zB Oberndoumlrfer D (2009) Das
Ende des Nationalstaates als Chance
fuumlr die offene europaumlische Republik in
Butterwegge CHentges G (Hg) Zushy
wanderung im Zeichen der Globalisieshy
rung Wiesbaden 237ndash252 53 Kastoryano 2003 65 54 Ebd 75 55 Vgl zB GuarnizoSmith 1998 1 56 Nach Soysal 1994 1 57 Bauboumlck 2007 58 Vgl Pollini 2002 Angelli 2002 13ndash70 59 Fassmann plaumldiert zB fuumlr die Verwenshy
dung des Begriffes bdquoMobilitaumltldquo anstelle
von bdquoMigration in diesem Zusammenshy
hangldquo vgl Fassmann 2003 435 60 Ebd 61 Vgl Fassmann 2003 429ndash449 insb ab
436 62 Anm wobei die Wissenschaft sich beshy
reits seit Anfang der 1990er Jahre damit
auseinandersetzt 63 Anm Uumlber diese Rolle der Sozialwissenshy
schaften geht die Meinung auseinander 64 Anm Der NAP wurde von renommiershy
ten oumlsterreichischen Wissenschaftlern und
Experten unter der Schirmherrenschaft
des BMI konzipiert Ein eigens etabliershy
ter Expertenrat befasst sich wissenschaftshy
lich mit den einzelnen Themenfeldern vgl
httpwwwintegrationsfondsatfileadmin
IntegrationsfondNAPnap_berichtpdf 65 Sarrazin 2010 66 httpdiepressecomhomepolitik
aussenpolitik602605Merkel_Multikultishy
in-Deutschland-absolut-gescheitert
29112010 67 Vgl Young 1995 68 Vgl zB Bhabha 1994 69 Anm dies stellt eigentlich ein gaumlngiges
Argument des Antisemitismus dar
Zuletzt zB im Zuge der Schulungen der
FPOuml Parteiakademie deren Inhalte von
der Zeitschrift News aufgedeckt wurden
News Ausgabe 482009 70 httppolsozfu-berlindepolwiss
forschunginternationalvorderer-orient
forschungprojektindexhtml 71 httphsozkultgeschichtehu-berlinde
forum2005-04-003 07122009
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