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Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 1
Theoretischer Teil
Abbildung 2: Hände (Quelle: www.gkps-reutte.at)
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1 Vorwort Ich bin Schülerin des 3. Ausbildungsjahres der Gesundheits- und Krankenpflegeschule
in Reutte. Im Rahmen meiner Ausbildung zur diplomierten Gesundheits- und
Krankenschwester habe ich eine schriftliche Fachbereichsarbeit zu einem von mir
gewählten Thema zu verfassen. Die Themensuche begann bereits am Ende des 2.
Ausbildungsjahres und ich muss sagen, es war wirklich nicht leicht. Mein erstes
gewünschtes Thema „Sterbebegleitung zu Hause“ war viel zu umfangreich und so habe
ich mich entschieden, den wichtigsten Punkt daraus, die „Pflegenden Angehörigen“ als
eigenes Thema zu nehmen und darüber zu schreiben. Da es auch in meiner Familie
bereits einen Pflegefall gab, weiß ich, wie anstrengend und belastend eine solche
Situation für die Angehörigen und besonders für die Hauptpflegeperson sein kann.
Schon damals war es mir ein großes Anliegen, mehr über diesen Bereich zu erfahren.
Aber auch dieses Thema ist viel zu weitreichend, um wirklich alles berücksichtigen zu
können, deshalb bezieht sich mein Schwerpunkt auf die Belastungen, denen die
pflegenden Angehörigen ausgesetzt sind. Vor allem aber wollte ich meiner Vermutung
nachgehen, dass pflegende Angehörige zu sehr auf sich alleine gestellt sind und zu
wenig Informationen und Hilfen erhalten.
Bei meinen Betrachtungen bin ich auf die finanzielle Seite der Pflege zu Hause
(Pflegegeld, etc.) nicht näher eingegangen, da dies wieder ein eigenes Kapitel wäre und
den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde.
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Die Vorstellung, einen lieben Angehörigen zu Hause zu pflegen, sollte keine Angst
machen und für etwas Schönes, Anstrengendes, aber auch sehr Lehrreiches gehalten
werden.
2 Daheim sterben – Angehörige im
Pflegedienst
Die Begleitung schwerkranker und sterbender Menschen wird sehr oft nicht von
professionellen Helfern geleistet. Häufig befinden sich die Angehörigen in der
Situation, die Begleitung und Betreuung übernehmen zu dürfen – oder zu müssen. (vgl.
Specht-Tomann 2000: 51)
Die meisten Kranken und Hilfsbedürftigen möchten in ihrer gewohnten Umgebung
leben und von vertrauten Menschen versorgt werden. Der Gedanke an das persönliche
Zuhause birgt für sie die Hoffnung auf Geborgenheit und Selbstbestimmung. Das
Engagement der Familie gilt als Voraussetzung für die Betreuung von pflegebedürftigen
Menschen zu Hause. (vgl. Wild 2002: 257-258) Damit aber eine Familie als System
wirken kann, sind Zusammengehörigkeit und der menschliche Kontakt eine
Vorbedingung. Familienmitglieder sind jene Mitmenschen, mit denen man sich
verbunden fühlt, Kontakt pflegt und die gleichzeitig eine Bedeutung für einen haben.
Familienmitglieder müssen nicht verwandt sein, manchmal übernehmen auch gute
Freunde die Funktion einer Familie. Bei der Pflege ist die flexible Definition der
Familie eine Voraussetzung, zumal sie der gelebten Realität entspricht. (vgl. Kieslinger
2004: 14)
In unserer heutigen Gesellschaft wird mehr gepflegt denn je. Der Hilfsappell, der von
dem Pflegebedürftigen ausgeht, erreicht am ehesten denjenigen Angehörigen, der die
engste Beziehung zu ihm hat. Dieser Angehörige übernimmt dann, wenn es seine
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Gesundheit zulässt, die meiste Pflege. In der Literatur wird diese Person mit dem
Terminus „Hauptpflegeperson“ umschrieben.(vgl. Buijssen 1996: 13)
Auch früher schon war es eine Selbstverständlichkeit, einen hilfsbedürftigen
Verwandten zu Hause zu betreuen. Jedoch haben es die heutigen Familien schwerer,
den Anforderungen gerecht zu werden. Früher dauerten die Pflegeeinsätze nur einige
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Monate. Durch die medizinische Entwicklung und höhere Lebenserwartung ist nun die
Pflegedauer gestiegen – nicht selten auf Jahre und Jahrzehnte. Erschwerend kommt
noch hinzu, dass sich das familiäre Netzwerk ändert. Die Familien sind heute klein, fast
jedes erwachsene Mitglied ist berufstätig und lebt eventuell weit von den Angehörigen
entfernt. (vgl. Konsument 9, 2004: 14)
2.1 Wie viele Angehörige pflegen?
Die Floskel vom „Abschieben ins Pflegeheim“ muss aus unserem Wortschatz dringend
gestrichen werden: Die Bereitschaft, einen hilfsbedürftigen und kranken Angehörigen
zu versorgen, ist nach wie vor groß. In Tirol gibt es rund 23.000 pflegebedürftige
Menschen, 4.700 Personen werden stationär in Heimen gepflegt. Das bedeutet, dass in
Tirol rund 80 Prozent der Pflegetätigkeit in der Familie erfolgt. Die AK Tirol hat im
August 2004 in einer großangelegten Studie die Befindlichkeit der pflegenden
Angehörigen in Tirol erhoben. Das Marktforschungsinstitut IMAD befragte dazu 318
Personen, die Angehörige zu Hause pflegen. Diese Studie spiegelt die teilweise
dramatische Situation von Angehörigen wider. (vgl. Konsument 9, 2004: 14)
(http://www.ak-tirol.at [24.08.2004])
Im Jahr 2001 wurden in Österreich 35 Millionen Pflegestunden pro Monat durch
Familienangehörige abgedeckt. Ohne diese Familienpflege stünde die Pflegevorsorge
vor einem personellen und wirtschaftlichen Kollaps. Doch wer gilt als pflegender
Angehöriger? Laut Definition: „Menschen, welche betreuungsbedürftige Menschen in
ihrem persönlichen Umfeld pflegen.“ (vgl. Götzinger, 2004)
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Einige Zahlen und Fakten zu pflegenden Angehörigen in Tirol:
87,4 % der pflegenden Angehörigen sind Frauen.
40 % der pflegenden Angehörigen sind bereits selbst über 60 Jahre alt.
Drei Viertel erhalten bzw. erhielten für die Pflegetätigkeit keine Beratung
oder Ausbildung.
Zwei Drittel fühlen sich durch die Pflege belastet.
20 % der Pflegenden mussten ihren Beruf für die Pflege ganz oder teilweise
aufgeben.
Nur rund ein Drittel bezieht als Pflegender für die Pflege eine finanzielle
Unterstützung.
(http://www.ak-tirol.at [24.08.2004])
Kennzahlen der Pflege in Österreich
600.000 Menschen in Österreich sind pflegebedürftig
60.000 davon leben in Alten- und Pflegeheimen
60.000 werden von mobilen Diensten betreut
80% der Pflegebedürftigen werden von der Familie oder Bekannten betreut
350.000 Menschen erhalten Pflegegeld
800.000 wird die Zahl der hilfs- und pflegebedürftigen Personen 2011 betragen.
(http://www.roteskreuz.at/1007.html [05.09.2003])
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2.2 Frauen, die wichtigsten pflegenden
Angehörige
Frauen erbringen im Rahmen der Familie ein hohes Maß an
Gesundheitsleistungen. Sie übernehmen die Gesundheitserziehung
gegenüber ihren Kindern, sind die Behandelnden bei akuten
Erkrankungen von Kindern und Partnern und sind großteils die
Pflegenden von Angehörigen. Frauen haben dadurch eine wichtige
Funktion für die Gesundheit im privaten Umfeld, die
professioneller Hilfe vorgeschaltet ist und diese damit entlastet. Trotz der zunehmenden
Erwerbstätigkeit der Frauen existiert noch immer eine geschlechtsspezifische
Arbeitseinteilung, die Haus – und Familienarbeit vornehmlich den Frauen zuschreibt.
So kommt es, dass die Übernahme der häuslichen Pflege einen weiteren Bereich
umfasst, den es mit den bereits bestehenden Arbeitsfeldern der Frau zu vereinbaren gilt.
(http://www2.bremen.de/info/frauengesundheitsbericht/chap2/21.htm [8.12.2004]) Abbildung 3: Angehörige (Quelle: www.google.at)
Historisch gewachsen und auf die Erziehung zurückzuführen ist, dass Pflege von Frauen
übernommen werden muss. Da die Kindererziehung den Frauen übertragen wird, wird
ihnen wie selbstverständlich auch die Pflege eines Familienmitgliedes
zugeschrieben.(...) Die gesellschaftlichen Erwartungen und der daraus resultierende
Druck auf die Frauen ist enorm. Daher halten es viele Frauen auch für
selbstverständlich, die Pflege zu übernehmen und es „alleine“ schaffen zu müssen. Die
Hemmschwelle ist hoch, wenn es darum geht, professionelle Hilfe anzunehmen.(vgl.
Götzinger 2004)
Aus diesem Grund sind es überwiegend die Frauen, welche in der heutigen Gesellschaft
ihre hilfsbedürftigen Angehörigen pflegen. Drei von vier Hauptpflegepersonen sind
weiblich. Die Hälfte der Pflegepersonen ist zwischen 45 und 65 Jahre alt, wobei das
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Durchschnittsalter bei 57 Jahren liegt. Natürlich gibt es viele Ausnahmen. Die Pflege
eines hilfsbedürftigen Elternteils kommt für ein Kind fast immer zu einem ungünstigen
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Zeitpunkt. Entweder fühlen sich die Betreuerinnen zu jung oder zu alt. Es gibt viele
Frauen, die heutzutage ebensoviel Zeit mit der Pflege ihrer (Schwiegereltern) Eltern wie
mit der Erziehung ihrer Kinder verbringen. Auf Grund der Sorge für zwei Generationen,
der jüngsten und der ältesten, werden diese Frauen im mittleren Alter oft „Sandwich –
Generation“, „Stützpfeiler – Generation“ oder „Gefangene der Liebe“ genannt.
Besonders schwer unter den pflegenden Frauen haben es die allein stehenden
Betreuerinnen. Ihnen fehlt die moralische und praktische Unterstützung durch einen
Partner. (vgl. Buijssen 1996: 14-17)
2.3 Motive für die Pflege
Die Phase, in der die Pflegeübernahme entschieden wird, erweist sich als ausgesprochen
schwierig, weil meistens akuter Handlungsbedarf besteht: Der alte Vater soll nach dem
Schlaganfall aus dem Krankenhaus entlassen werden, die alte Mutter hat den Weg nicht
mehr nach Hause gefunden. In einer solchen Situation wird dann oft „intuitiv“
gehandelt, es erfolgt eine Weichenstellung, die später nur schwer rückgängig gemacht
werden kann. Die Übernahme der Pflege geschieht oftmals unfreiwillig oder einfach,
weil keine Alternativen zur Verfügung stehen. Neben dem eigenen
Verpflichtungsgefühl sind es auch die äußeren Umstände und die gesellschaftlichen
Erwartungen, die für eine Pflegeübernahme sprechen. (http://www.pflegebegleiter.de
[30.08.2004])
2.3.1 Selbstverständlichkeit
„Bei meiner Hochzeit habe ich Ja gesagt, und daran halte ich mich auch. Das ist nicht
eine Frage des Müssens. Es ist eine Sache des Gefühls, trotz der Schwierigkeiten
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die einem während der Ehe begegnen. Wenn ich mit jemandem zusammen bergsteigen
gehe, sage ich auch nicht auf halbem Wege: Tut mir leid, ich habe keine Lust mehr.
Dann ist man ein Feigling. Darüber hinaus ist es fester Bestandteil unseres Glaubens,
einander bis zum Ende treu zu sein.“(Buijssen 1996: 18)
Selbstverständlichkeit ist das häufigst genannte Motiv, das pflegende Angehörige
angeben. Sie drückt die normative und moralische Vorstellung aus, die in Form von
Schuldgefühlen, wenn man es nicht täte, verinnerlicht sind. (vgl. Kieslinger 2004: 17)
2.3.2 Zuneigung
Die Zuneigung und die Sorge um einen geliebten Pflegebedürftigen lassen es oft nicht
zu, dass sich pflegende Angehörige professionelle Hilfe holen. Sie wollen den
Bedürftigen nicht in ein Heim „abschieben“, sondern selbst für dessen Wohl sorgen.
2.3.3 Christliche Nächstenliebe und Mitleid
Die pflegenden Angehörigen fühlen eine religiöse Verpflichtung. Die Liebe, die sie
ihren Nächsten entgegenbringen, wird durch die Liebe Gottes belohnt. Die karitative
Einstellung „Ich habe immer versucht, allen zu helfen“ bezieht sich auf eine allgemeine
Handlung Menschen gegenüber, insbesondere Familienangehörigen, die Hilfe brauchen.
(vgl. Stanjek 1999; Kieslinger 2004: 17)
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2.3.4 Wiedergutmachung
Die Wiedergutmachung beruht auf einer ganz konkreten Erfahrung und Beziehung zum
Gepflegten. Man spürt eine innerliche Verpflichtung. Da man als Kind von den Eltern
betreut und versorgt wurde, will man sich nun auch um die kranken Eltern kümmern.
Man spricht hier von einer reversiblen Eltern-Kind-Beziehung. (vgl. Stanjek 1999)
2.3.5 Versprechen
Einem lieben Menschen zu versprechen, dass man sich um ihn kümmert und für ihn
sorgt, lässt pflegenden Angehörigen oft keine andere Wahl, als die Pflege selbst zu
übernehmen. Die Angehörigen wollen den Betroffenen nicht im Stich lassen, und der
Rolle der Ehefrau / Tochter etc. gerecht werden. Häufig war es der Wunsch des
Pflegebedürftigen, ein Versprechen für die Familienpflege zu bekommen. (vgl.
Kieslinger 2004: 18)
2.3.6 Soziale Anerkennung
Der ideelle Lohn, die Anerkennung für die Belastungen und Entbehrungen durch die
Pflegeübernahme spielt für gewisse Pflegende eine große Rolle. Man erfährt höhere
Anerkennung in der Familie, in der Nachbarschaft und dem Freundeskreis. (vgl. Stanjek
1999)
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2.3.7 Rollenerwartungen an Frauen
Sozial-emotionale Fähigkeiten und Fertigkeiten wie Wärme, Sensibilität und die
natürliche Begabung für Hege und Pflege werden, wie in der Kindererziehung, bei
Frauen eingefordert und erwartet. Durch diese gesellschaftlichen Erwartungen wird auf
die Frauen enormer Druck ausgelöst. (vgl. Stanjek 1999)
2.3.8 Finanzielle Motive
Für einige Familien sind Rente und Pflegegeld eine konstante und benötigte Einnahme.
Ohne sie wäre das Familieneinkommen wesentlich geringer, und manche würden unter
die Armutsgrenze rutschen. Nicht jede Familie kann sich eine professionelle Hilfe, ob
im stationären oder häuslichen Bereich, leisten. (vgl. Stanjek 1999)
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3 Zur Situation der Altenentwicklung
Die Österreicher werden zunehmend „grau“. Bereits in 20 Jahren wird schon ein Drittel
der Bürger älter als 60 Jahre sein. Das hat zur Folge, dass es ein sprunghaftes Ansteigen
der pflegebedürftigen Menschen gibt. In den nächsten zehn Jahren wird sich die Zahl
der hilfs- und pflegebedürftigen Menschen um ein Drittel auf 800.000 erhöhen. Aber
schon jetzt herrscht ein Mangel an Pflegepersonal. Die derzeit intakte Familienpflege
verhindert Schlimmeres, aber wie lange noch? Durch die vielen Scheidungen und
immer mehr zunehmenden Singlehaushalte, durch die höhere Berufstätigkeit der Frauen
und durch den Umstand, dass es immer weniger Kinder gibt, wird sich die Zukunft der
häuslichen Pflege entsprechend verändern. (http://www.ak-tirol.at [24.08.2004])
Abbildung 4 : Demographische Entwicklung Österreichs
(Quelle: www.gw.eduhi.at)
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Die beiden Alterspyramiden zeigen deutlich die Verschiebung des Schwerpunktes der
Bevölkerungsstruktur in Richtung älterer Menschen. Das Durchschnittsalter der
Gesamtbevölkerung im Jahr 1997 betrug 38, 9 Jahre und wird voraussichtlich auf 48, 5
(+9,6) im Jahre 2050 steigen.
(http://www.gw.eduhi.at/schulen/bgsteyr/Bev%C3%B6lkerung%2001.htm
[03.05.2000])
4 Wer ist Angehöriger?
Beim Begriff „Angehöriger“ ist grundsätzlich von zwei Definitionen auszugehen: der
juristischen und der sozialen Definition. Österreichisches Strafgesetzbuch, § 216: „Als
Angehörige gelten Verwandte und Verschwägerte in auf- und absteigender Linie, die
Geschwister und deren Ehegatten, der Ehegatte und dessen Geschwister,
Geschwisterkinder oder fernere Verwandte.“ Die soziale Definition geht auf die
qualitative Beziehung des Patienten ein und beschränkt sich auf die Intensität der
Beziehung: „Angehörige sind jene direkte Bezugspersonen, die dem Patienten am
nächsten stehen, ihm freundschaftlich helfend beistehen können und zu denen der
Patient das tiefste persönliche Verhältnis hat.“ (vgl. Fässler-Weibel 2001: 42-44)
„Angehöriger“ ist nicht gleich „Angehöriger“. Bei den Angehörigen im engeren und
weiteren Sinn kann man vier voneinander getrennte Gruppen unterscheiden:
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4.1 Die intrafamiliären Bezugspersonen
Alle Mitglieder der eigenen Familie gehören in diese Gruppe, wobei man die
Beziehungsmuster zur Herkunftsfamilie und jene zur schwiegerelterlichen Familie nicht
vergessen darf. Durch das Pflegen und Sterben aktualisieren sich die intrafamiliären
Beziehungen (Allianzen, Geschwisterposition, Generationenvermächtnisse usw.) und
die Position der Hinterbliebenen wird sich verändern – für die einen bedeutet es einen
Verlust, für andere einen Positionsgewinn.
4.2 Die extrafamiliären Bezugspersonen
Freundschaften in Vereinen, am Arbeitsplatz oder von Kindheit an, Kollegen aus dem
Studium, der Schule oder einfach ein guter Draht zum Nachbarn. Jeder Mensch hat
eigene Beziehungen außerhalb seiner Familienstruktur. In solchen Beziehungen herrscht
oft eine hohe emotionale Intimität. Der Verlust eines nahestehenden Freundes kann oft
zu einer existenziellen Sinnkrise führen.
4.3 Die exfamiliären Bezugspersonen
Jede dritte Eheschließung wird wieder geschieden und die Tendenz ist steigend. Die
meisten Ehen zerbrechen während der ersten zehn Jahre. Die Krankheit und der Tod
eines Ex – Partners oder eines Mitgliedes der „verlassenen“ Familie kann alte
Zwistigkeiten und Schuldgefühle wieder hervorrufen. Alte, nicht verheilte Wunden
brechen wieder auf.
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4.4 Die beruflichen Bezugspersonen
Hiermit sind alle Berufsgruppen, die sich mit dem Pflegen, dem Tod und der Trauer
beschäftigen, gemeint. Je nach Emotionalität, Nähe und Problemstellung kann ein
Sterben sehr heftig und sehr nahe betroffen machen. Eine professionelle Pflegekraft
wird dann des öfteren als „Angehöriger“ angesehen.
(vgl. Fässler-Weibel 2001: 45-77)
Zusammenfassung:
Jede(r) Angehörige (ob intrafamiliär, extrafamiliär, exfamiliär oder
beruflich) hat seine eigene besondere Beziehungsform zum Sterbenden.
Trauerreaktionen kann und darf man untereinander nicht vergleichen, denn
jeder erlebt sie anders. Die Form der Begleitung wird von der Form der
Beziehung bestimmt.
Jede(r) Angehörige unterscheidet sich von den anderen in der Art der
Begleitung, der Trauer und der Situationsbewältigung.
Je enger die Beziehung des Angehörigen zum Sterbenden, um so intensiver
wird der Sterbevorgang und die begleitende Trauer erlebt.
Jede(r) Angehörige braucht soviel Zeit, wie er für richtig hält.
(vgl. Specht-Tomann 2000: 55)
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5 Belastung von pflegenden Angehörigen
Einen geliebten Menschen zu pflegen und ihn auf seinem letzten Weg zu begleiten
kostet sehr viel Kraft. Durch die Vertrautheit zum Angehörigen ist die Pflege mit vielen
und heftigen Emotionen verwoben, die einerseits sehr befriedigen, andererseits aber
auch zu viel Kummer und Schmerz führen können. Besonders erschwerend für eine
Begleitung im familiären oder freundschaftlichen Rahmen kommt noch hinzu, dass
diese Betreuer als Angehörige selbst in einem Prozess der Trauer stehen und immer
einer Doppelbelastung ausgesetzt sind: Sie müssen mit der jetzigen Belastung
zurechtkommen und nach dem Tod des Angehörigen weiterleben. (vgl. Specht-Tomann
2000: 51-52)
Untersuchungen, die in den letzten 20 Jahren mit pflegenden Angehörigen durchgeführt
wurden, ergaben, dass das Pflegen für einen Großteil der Betroffenen sowohl körperlich
als auch psychisch sehr belastend sein kann. Fast ein Drittel bis die Hälfte aller
pflegenden Angehörigen leiden selbst unter Gesundheitsproblemen, die sich in
Beschwerden wie etwa Angst, Depression, Ruhelosigkeit, Schlaflosigkeit, geringes
Selbstwertgefühl, Magen – und Darmbeschwerden, Nacken – und Rückenschmerzen,
Gereiztheit und Kopfschmerzen äußern. Auch wenn diese Beschwerden nicht in jedem
Fall im Zusammenhang mit den erfüllten Pflegeaufgaben stehen, erkennt man doch,
dass die Pflege eines Nächsten einer der stressreichsten „Jobs“ ist, die es gibt. (vgl.
Buijssen, 1996: 22)
5.1 Definition der Belastung
Belastungen sind objektive, von außen auf den Menschen einwirkende Faktoren, die
körperlicher, informatorischer oder psychosozialer Art sein können. Belastungen stehen
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im engen Zusammenhang mit Beanspruchung. Es geht um die Ansprüche, die jemand
einem anderen gegenüber hat.
Körperliche Belastungen sind z.B. Lärm, Strahlung, Gewicht oder die Körperhaltung
beim Heben von Gewichten. Mit den Informatorischen Belastungen sind z.B. die
Anzahl aufzunehmender Informationen und die Art der Informationsdarstellung
gemeint. (http://medwell24.at/CDA_Master/html [22.12.2004]) Psychische Belastungen
sind von außen auf eine Person einwirkende psychologische Größen, die zu einer
Beanspruchung des Menschen führen. Falls die Belastung starken Einfluss auf die
Psyche der Person ausübt und diese über einen längeren Zeitraum anhält, nennt man
diese Belastung Stress. (http://de.wikipedia.org/wiki/Hauptseite.html [22.12.2004])
In der Physik bedeutet Belastung, dass auf einen Körper Kräfte einwirken, die mit
Druck, Drehung, Biegung, Zug und Verdrehung zu tun haben. Denkt man dabei an die
Pflegesituation, kommt man zu einem ähnlichen Bild. Die Auswirkung von Belastung
kann zu Wandlungen und Wachstum führen, aber ebenso zu völliger Zerstörung. Die
Schwelle der Belastbarkeit und die Fähigkeit, mit Belastungen umzugehen, sind bei den
pflegenden Angehörigen unterschiedlich. Es hängt zum Teil mit der eigenen
Biographie, dem sozialen Umfeld und den Entlastungsmöglichkeiten zusammen. (vgl.
Kieslinger 2004: 21)
5.2 Psychosoziale Belastungen
5.2.1 Veränderung der eigenen Lebensplanung
Man will sich das eigene Leben schön gestalten, nachholen, was versäumt wurde, sich
langersehnte Wünsche erfüllen – und dann kommt es ganz anders als erwartet. Ein
Familienmitglied oder Partner muss über einen längeren Zeitraum hinweg gepflegt
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werden. Die ganze Lebensplanung steht Kopf, denn an einen möglichen Vorfall wie
diesen wurde nicht gedacht.
Das bedeutet für die Pflegenden einen ständigen Konflikt: Besonders die Frauen sehen
ihre eigene Zeit verrinnen und spüren, wie dabei ihre Pläne sich in Nichts auflösen.
Wut, Aggression und Verzweiflung können entwickelt werden und richten sich dann
gegen sich selbst oder gegen Geschwister, Nachbarn, Freunde, gegen all diejenigen die
mehr Freizeit zur Verfügung haben, aber vor allem gegen den gepflegten Menschen.
Gleichzeitig treten dann auch oft Schuldgefühle auf, denn der Kranke kann ja nichts
dafür, und diese Gedanken führen dann wiederum zu besonderen Bemühungen, die
beide Seiten überfordern.
Bei der Betreuung des eigenen Ehepartners wird die Pflege noch viel stärker zur
Lebensform, da sich alle bisherigen Pläne auch auf den Partner als Person bezogen
haben, und somit die Lebensplanung gravierend verändert wurde. (vgl. Wild 2002: 260-
261)
5.2.2 Angebundensein
Die Notwendigkeit ständiger Anwesenheit wird mit 48,5% als größter Belastungsfaktor
(Quelle: AK Tirolstudie 2004) angegeben. Besonders bei dementen und verwirrten
Menschen bedarf es einer ständigen Anwesenheit. Außer für rasche Einkäufe und
kleinere Erledigungen kann die Wohnung oft tagelang nicht verlassen werden.
Pflegende Angehörige berichten davon, kaum abschalten zu können, auch wenn sie
endlich einmal die Möglichkeit haben, für einige Tage Urlaub zu machen.
Gründe dafür liegen zum Teil in der seelischen und körperlichen Anspannung. Diese
führt dazu, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht loslassen können und eine oft
„über – fürsorgliche“ Beziehung zur gepflegten Person aufbauen. Die Art der
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Beziehung hängt häufig von der kindlichen Gebundenheit der Pflegeperson aber auch
aufgrund alter Beziehungsmuster vom Gepflegten selbst ab: „Du warst schon immer
egoistisch, und jetzt lässt du mich wieder so lange allein.“ (vgl. Wild 2002: 261)
5.2.3 Ausschließliche Zuständigkeit
Die Hauptbetreuungspersonen erhalten oft sehr wenig Unterstützung von außen, wobei
es nicht nur um die Unterstützung sondern vor allem auch um die ungeteilte
Verantwortung geht. In der Regel übernimmt der Pflegende die Hauptverantwortung
und die Beaufsichtigungsfunktion, was dann auch die ständige Anwesenheit erfordert.
Diese ausschließliche Zuständigkeit wird von vielen Betreuungspersonen als sehr
belastend empfunden.
Die anderen Familienmitglieder, wie z.B. Ehemann, Kinder und Geschwister beteiligen
sich eher selten an der Pflege. Den Pflegenden selbst fällt es aber auch oft schwer,
jemanden um Hilfe zu bitten oder einen Teil der Pflege abzugeben. Damit geben sie
nämlich auch einen Teil der positiven Elemente in der Pflegebeziehung ab. Dazu gehört
z.B. das Gefühl, gebraucht zu werden, unentbehrlich und unersetzbar zu sein und dafür
Dank und Anerkennung zu erhalten oder sie zumindest erwarten zu können. (vgl. Wild
2002: 261-262)
5.2.4 Verschlechterung des
Gesundheitszustandes
Als sehr frustrierend erleben die pflegenden Angehörigen die kontinuierliche
Verschlechterung des Gesundheitszustandes des pflegebedürftigen Menschen. Sie geben
sich die größte Mühe bei der Pflege und müssen doch miterleben, dass sie gerade
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dadurch womöglich Leiden verlängern oder aufrechterhalten. Die Pflegenden wissen oft
zu wenig über die Krankheit des alten Menschen und ihre Auswirkungen. Eine andere
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Aufgabe ist, den Betreuten zu trösten und bei der Verarbeitung der Krankheit helfen zu
müssen, obwohl auch sie selbst Bedürfnis nach Unterstützung haben.
(vgl. Wild 2002: 262)
5.2.5 Nähe zum Tod
Die Nähe zum Tod und Sterben stellt das nächste Problem für viele
pflegende Angehörige dar. Obwohl wir wissen, dass jeder von uns
einmal sterben wird, verdrängen wir diese sichere Tatsache so, als
würde das Sterben nicht zum Leben dazugehören. Es ist wohl der
Schmerz des Abschiednehmens, die Schwierigkeit des Loslassens und
die Ungewissheit in Zusammenhang mit dem Tod, die besonders den pflegenden
Angehörigen Angst machen. Sie fühlen sich hilflos und ausgeliefert. (vgl. Fritz/Hosp
2004) Abbildung 5: Trauerbegleitung (Quelle: www.google.at)
Die Mehrzahl der sterbenskranken Menschen wird zu Hause gepflegt, wobei aber leider
der endgültige Ort des Todes meistens das Krankenhaus oder eine andere Institution ist.
Im letzten Moment wird seitens der Ärzte doch noch in ein Krankenhaus eingewiesen,
teils mit und auch ohne dem Willen der Angehörigen. Manchmal würden nur wenige
Anstöße genügen, um den Angehörigen Mut zu machen, sich dem Sterben anderer
Menschen anzunähern und sich dieser Herausforderung zu stellen. Neben der Belastung,
die diese Konfrontation mit sich bringt, birgt sie auch wichtige Chancen für die
persönliche Entwicklung der Pflegenden. (vgl. Wild 2002: 262-263; Nagele/Feichtner
2005: 14)
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5.2.6 Fehlende Anerkennung
Leider erfahren die meisten pflegenden Angehörigen tagtäglich, dass sie für ihre Arbeit
wenig oder gar keine Anerkennung von Seiten der Familie, Nachbarn und der
Gesellschaft erhalten. Die Pflege wird als eine Selbstverständlichkeit hingenommen.
Besonders belastend ist es, wenn Lob und Anerkennung von den Betreuten selbst
ausbleiben und sie sich im Gegenteil über ihr Schicksal beklagen und sich nach dem
Tod sehnen. Eine sehr kränkende Form von Frustration erleben manche Angehörige,
wenn ihre Geschwister zu Besuch kommen und die ganze Aufmerksamkeit des
pflegebedürftigen Elternteils auf sich ziehen, während die von ihnen erbrachte Pflege
als Selbstverständlichkeit angesehen wird. (vgl. Wild 2002: 263; Kieslinger 2004: 23)
5.2.7 Belastungen durch Demenz und
Verwirrtheit
Wenn der einst dominierende Vater seine Tochter nicht mehr erkennt, ist das eine
Belastung, zu deren Bewältigung eine reife Haltung und viel Unterstützung gehören.
Eine normale Kommunikation ist mit der betreuten Person nicht mehr möglich. Häufig
entsteht dadurch bei den Pflegenden ein Einsamkeitsgefühl.
Die Gedächtnisstörungen wirken sich auf das gesamte Funktionieren aus, was aber für
viele Angehörige schwer nachvollziehbar ist. Oftmals kommt es auch zu nicht
wahrheitsgemäßen Aussagen seitens der pflegebedürftigen Personen wie z.B.: „Ich habe
heute noch gar nichts zum Essen bekommen, ihr seid alle so gemein.“ Wenn solche
Aussagen dann auch noch vor anderen Verwandten und Bekannten fallen, verletzt es die
Betreuungspersonen sehr. Verhaltensstörungen wie Aggression, Misstrauen und
forderndes Verhalten richten sich eben meistens gegen die Pflegepersonen, die sich
hauptsächlich um den demenziell Erkrankten kümmern. (vgl. Wild 2002: 263)
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5.2.8 Isolation
Durch zunehmende Dauer der Pflege, den steigenden Anforderungen und zunehmenden
Beziehungskonflikten isoliert sich die Pflegeperson. Sie kommt kaum noch aus dem
Haus, trifft sich nur mehr selten mit Freunden und entwickelt häufig selbst psychische
Veränderungen. Bei jahrelanger Pflege bedeutet dies für pflegende Angehörige oftmals
eine Vereinsamung, besonders dort, wo der Haushalt nur aus zwei Personen besteht.
(vgl. Wild 2002: 264; Kieslinger 2004: 23)
5.2.9 Ehe - und Erziehungsprobleme
In Familien, in denen ein Pflegebedürftiger von der Tochter oder Schwiegertochter
gepflegt wird, kommt es oft zu Problemen. Der Partner und die Kinder fühlen sich
vernachlässigt und müssen Einschränkungen hinnehmen. Dies führt zu
Unstimmigkeiten über die angemessene Form der Versorgung und über das Ausmaß der
Inanspruchnahme durch den Pflegebedürftigen. Die Übernahme der Pflege bringt
mehrere belastende Faktoren für die Beziehung der Familienmitglieder mit sich. Es
bestehen z.B. beengte Wohnverhältnisse, Mangel an Privatsphäre und fehlende
gemeinsame Freizeit. Oftmals ist die Pflege ausschlaggebend für die Trennung der
Eheleute. (vgl. Kieslinger 2004: 24)
5.2.10 Belastungen durch unzureichende
Wohnbedingungen
Ein genügend großes Bad, spezielle Krankenbetten oder verschiedene
Hilfseinrichtungen für einen kranken Menschen weisen nur wenige Wohnungen auf.
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Dadurch wird die Pflege für den Angehörigen um vieles erschwert und auch seine
eigene Gesundheit beeinflusst. Manche Wohnungen sind zu klein, der Pflegebedürftige
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hat kein eigenes Zimmer und „stört“ somit die Privatsphäre der pflegenden
Angehörigen. Streit und Reibereien können dadurch die Folge sein. (vgl. Wild 2002:
264)
5.3 Belastungen bei Pflegeaufgaben
5.3.1 Überforderung durch vielschichtige
Pflegeaufgaben
In der häuslichen Pflege ist das Anforderungsprofil sehr hoch und fordert von den
pflegenden Angehörigen neben den sehr hohen psychischen Belastungen eine immense
physische Beanspruchung durch tägliche Pflegeleistungen. Erschwerend kommt noch
hinzu, dass nur 23,3% der Angehörigen eine Pflegeberatung oder Ausbildung für die
Pflegetätigkeit erhalten haben, der Großteil muss ohne die wertvollen Tipps und
Ratschläge zurechtkommen. (Quelle: AK Tirolstudie 2004)
Im Bereich der körperlichen Versorgung fallen Aufgaben wie Helfen beim Waschen,
beim An – und Ausziehen, beim Gang zur Toilette, beim Essen und Baden, die Pflege
der Haare und die Mundhygiene an. Weiters werden spezielle pflegerische Tätigkeiten
übernommen wie z.B. Spritzen, Wundversorgung und Bandagieren. Dazu kommen
häufig auch Verwaltungsaufgaben, z.B. Buchhaltung führen sowie Zuschüsse und
Beihilfen beantragen. Die normale Arbeit im Haushalt bleibt natürlich auch nicht aus
und dann muss doch auch immer wieder Zeit für den Betreuten gefunden werden, um
ihn zu unterhalten und Gesellschaft zu leisten. Die Liste aller Aufgaben von pflegenden
Angehörigen wäre endlos. Deswegen fühlen sich die Angehörigen oftmals überfordert
und alleingelassen. (vgl. Buijssen 1996: 23-24)
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 27
5.3.2 Körperliche Belastungen
Oft wird in der Situation der Pflege kaum auf die eigene Gesundheit geachtet, und auch
Warnsignale des eigenen Körpers werden ignoriert. Durch die verbundenen
körperlichen Anstrengungen bei der Pflege, wie Bücken, Heben, einseitige mit
Kraftaufwand verbundene Bewegungsabläufe und sonstige Tätigkeiten erleiden 37%
der Hauptbetreuungspersonen gesundheitliche Schäden. Die Betroffenen berichten über
Verschleißerscheinungen ihrer Gelenke, über Rücken-, Schulter- und Hüftleiden. Kopf-
und Gliederschmerzen sind ebenso häufige Begleiterscheinungen wie Herz- und
Magenbeschwerden, Schwindel, Schlafstörungen, nervöse Zustände und Erschöpfung.
Bei 37,4% der pflegenden Angehörigen (Quelle: AK Tirolstudie 2004) ist die
Nachtruhe ständig gestört, da sie auch während der Nacht betreuen müssen. Nicht selten
kommt es vor, dass viele Betroffene auf der Suche nach Abhilfe wiederum zu
gesundheitsschädlichen Mitteln greifen: Zigaretten, übermäßiges und ungesundes
Essen, Medikamente und Alkohol können die Folge sein.
(http://www.roteskreuz.at/998_body.html)
5.3.3 Materielle Belastungen
Wenn die Hauptpflegeperson ihre Berufstätigkeit wegen der Pflege einschränkt oder
aufgibt, das sind in Tirol derzeit immerhin ca. 20% (Quelle: AK Tirolstudie 2004),
kommt es natürlich zu finanziellen Einbußen und auch auf den späteren Zeitraum
gesehen zu einer niedrigeren Pension. Auch pflegebedingte Aufwendungen wie z.B.
Wohnungsadaptierungen, Heilbehelfe und Pflegemittel kosten eine Menge Geld. Nur
rund ein Drittel (Quelle: AK Tirolstudie 2004) bezieht für die Pflege finanzielle
Unterstützung. (http://www.roteskreuz.at/998_body.html)
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 28
6 Voraussetzungen und Grenzen einer
häuslichen Versorgung
Eine Reihe von strukturellen Rahmenbedingungen ist notwendig, damit die Pflege zu
Hause bis zuletzt möglich ist. Nicht immer kann die häusliche Versorgung aufrecht
erhalten bleiben. Manchmal machen zu viele Probleme die Pflege zu Hause nur bedingt
möglich.
Die schwedische Ärztin Beck-Friis zeigte im „Mottola-Projekt“, welche
Voraussetzungen für eine umfassende Betreuung sterbender Patienten zu Hause
notwendig sind:
1. Der Patient möchte aus eigener, freier Entscheidung zu Hause sein.
2. Ein oder mehrere Angehörige bejahen die Entscheidung und möchten an der Pflege
teilnehmen.
3. Eine professionelle Pflege und medizinische Betreuung können bei Bedarf rund um die
Uhr und an 7 Tagen in der Woche angeboten werden.
4. Eine hohe pflegerische Kompetenz unter ärztlicher Mitwirkung ist gesichert.
5. Eine stationäre Wiederaufnahme des Patienten ist, falls erforderlich, gewährleistet.
6. Notwendige technische Hilfsmittel stehen zur Verfügung.
7. Angehörige können für die Betreuung des Patienten krankgeschrieben werden oder
finanzielle Unterstützung erhalten.
8. Eine zusätzliche Haushaltshilfe kann angefordert werden.
9. Es besteht eine gute Zusammenarbeit zwischen hochqualifizierten Fachkräften wie
OnkologInnen, ChirurgInnen, AnästesistInnen oder SeelsorgerInnen.
10. Das betreuende Fachteam (ÄrztInnen und Krankenschwestern) besitzt Ausbildung und
Praxis im Bereich Palliativmedizin.
Mit diesem Modell konnte erreicht werden, dass 89% der betreuten PatientInnen zu
Hause sterben konnten. (vgl. Wild 2002: 266)
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 29
6.1 Strukturelle und institutionelle Grenzen
Viele PatientInnen oder Angehörige haben ein mangelhaftes Wissen bezüglich der
Möglichkeit der Inanspruchnahme der Dienste. Auch die MitarbeiterInnen im
Krankenhaus können die Angehörigen oftmals nur unzureichend informieren. Die
ambulante Pflege hat sogenannte „Stundenkontingente“, die nicht überschritten werden
können. Grenzen der häuslichen Pflege sind auch dann gesetzt, wenn professionelle
Hilfe nachts benötigt wird und es dafür keine Möglichkeit oder kein Angebot gibt. (vgl.
Wild 2002: 267)
6.2 Grenzen durch Zustand und Situation der
pflegebedürftigen Menschen
Der Gesundheitszustand des Pflegebedürftigen kann oft Grenzen in der häuslichen
Versorgung setzen, denn bei schwerstpflegebedürftigen Menschen ist häufig eine Pflege
und Betreuung zu Hause nicht möglich. Wenn ein Mensch kein soziales Netzwerk hat
oder die Mitglieder die Betreuung nicht übernehmen können, stößt die Pflege rasch an
ihre Grenzen. Ebenfalls schlechte Wohnbedingungen sind ein Hindernis. Wohnungen
ohne fließendes Wasser, ohne Innentoilette, in oberen Etagen ohne Aufzug sind für eine
intensive Pflege zu Hause kaum geeignet. (vgl. Wild 2002: 267)
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 30
6.3 Grenzen durch Kooperationsprobleme
mit Versorgungspartnern
Eine gut funktionierende Zusammenarbeit mit den Hausärzten muss für eine häusliche
Pflege gewährleistet sein. Der Hausarzt muss bereit sein, Hausbesuche zu machen und
mit der ambulanten Pflege gemeinsam zu arbeiten. Ohne ärztlichen Beistand ist die
Pflege zu Hause schwer durchzuführen. (vgl. Wild 2002: 267)
7 Entlastungsmöglichkeiten für
pflegende Angehörige im Bezirk Reutte
Aufgrund der übermäßigen Belastungen, denen pflegende Angehörige ausgesetzt sind,
werden sie oft selbst zu hilfsbedürftigen Menschen. Körperliche und psychische
Krankheiten entstehen vielmals, wenn die Angehörigen keine Unterstützung bekommen
und mit ihren Problemen allein gelassen werden. Oftmals wissen die Betroffenen über
die vielen Entlastungsmöglichkeiten nicht Bescheid und trauen sich auch nicht um Hilfe
zu fragen. Deshalb wäre es wichtig, dass auch schon das Krankenhauspersonal und die
Hausärzte auf die Unterstützungsmöglichkeiten hinweisen. Für das Außerfern besteht
ein eigener Sozial - und Gesundheitssprengel, der sich mit einem Teil seiner Arbeit der
großen Aufgabe widmet, die pflegenden Angehörigen zu unterstützen. Folgende
Unterstützungsmöglichkeiten stehen im Bezirk Reutte zur Verfügung:
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 31
7.1 Hauskrankenpflege
Aufgabe der Hauskrankenpflege ist die fachgerechte und nach Qualitätsstandards
ausgeführte Pflege von Personen mit akuten und chronischen Erkrankungen in den
eigenen vier Wänden. Die Betreuung erfolgt durch diplomiertes Gesundheits- und
Krankenpflegepersonal und Pflegehelfer in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen
Hausarzt.
Der mobile Dienst sorgt für die richtige Ernährung, die Hygiene bei der Körperpflege,
beobachtet den Krankheitsverlauf, wechselt Verbände, verabreicht vorgeschriebene
Injektionen und Medikamente und veranlasst Vorsorgemaßnahmen. Die
Hauskrankenpflege beinhaltet aber nicht nur die Übernahme der Pflege sondern auch
die Anleitung, Beratung und Betreuung von Angehörigen. Sie gibt Hilfestellung bei der
Auswahl von Pflegehilfsmitteln, Heilbehelfen, und Anleitung zur Durchführung der
Pflege sowie der Lagerung und Mobilisation. Ziel der Hauskrankenpflege ist es, den
pflegebedürftigen Menschen einen Verbleib in ihrer vertrauten Umgebung möglich zu
machen, Heimaufenthalte zu vermeiden bzw. hinauszuzögern und
Krankenhausaufenthalte zu vermeiden oder zu verkürzen.
7.2 Altenhilfe
Die Aufgabe von ausgebildeten Altenhilfen ist es, die Klienten bei der täglichen
Lebensführung zu unterstützen, d. h. gemeinsam hauswirtschaftliche Tätigkeiten zu
erledigen, bei der Körperpflege behilflich zu sein, Begleitung zu Behörden - und
Arztbesuchen zu bieten, Spaziergänge zu tätigen, Gedächtnistraining durchzuführen und
Wünsche, so weit es möglich ist, zu erfüllen. Die Nachmittagsbetreuung und somit auch
die Verbindung nach draußen wird von den alten Menschen sehr gut angenommen und
ist ein sehr wichtiger Bestandteil der Altenhilfe.
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 32
7.3 Altenfachbetreuung und
Unterstützungshilfe
Eine besonders gute Entlastungsmöglichkeit bietet die Altenfachbetreuung. Hier ist es
für die pflegenden Angehörigen möglich, auch kurzfristig das Haus zu verlassen, um
eventuelle Ausflüge zu unternehmen, Abendessen einzunehmen etc. Den Betroffenen
soll dadurch die Möglichkeit gegeben werden, auch einmal Zeit für sich selbst zu
finden. Für einen halben oder ganzen Tag, aber auch stundenweise, kommt ein
Altenfachbetreuer zu dem Klienten nach Hause und kümmert sich um alle anfallenden
Tätigkeiten. Der Betreuer bleibt für die gesamte vereinbarte Zeit bei dem
Hilfebedürftigen. (vgl. Österreichisches Rotes Kreuz, Folder Altenfachbetreuung, 2005)
7.4 Familienhilfe
Eine Familienhelferin kommt, wenn z. B. die Pflege alter Familienmitglieder die
Angehörigen zeitweise überfordert. Sie vertritt oder unterstützt dann die Mutter bzw.
die Hauptbezugsperson solange, bis diese selbst wieder ihre Aufgaben in der Familie
übernehmen kann oder die Familie eine andere Lösung gefunden hat. (vgl.
Österreichisches Rotes Kreuz, Folder Familienhilfe, 2005)
7.5 Die organisierte Nachbarschaftshilfe
Dies ist die Hilfe durch freiwillige Rotkreuz - MitarbeiterInnen und anderen mobilen
Fachkräften in ihrem überschaubaren Wohnbereich und deren spontaner, kurzfristiger
Einsatz in Akutsituationen. Sie deckt hauptsächlich den zwischenzeitlichen Teil der
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 33
Betreuung und Obsorge ab, welcher von den mobilen Diensten nicht gewährleistet
werden kann.
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 34
7.6 Essen auf Rädern und Tiefkühlkost
Damit auch Menschen, die nicht mehr in der Lage sind, selbst zu kochen, oder das nicht
mehr möchten, täglich gut und ausreichend ernährt werden, gibt es verschiedene
Angebote der Essenszustellung. Die täglichen Mahlzeiten des Menschen spielen eine
große Rolle, um sowohl körperliche als auch seelische Energie zu sichern. Die Klienten
können sich entscheiden, ob sie lieber täglich warmes Essen zugestellt bekommen oder
ob sie mit selbst ausgewählter Tiefkühlkost sich unabhängig versorgen möchten. Für
eine Anforderung von Tiefkühlkost ist jedoch ein Vorhandensein von Tiefkühltruhe und
Mikrowellenherd Voraussetzung. Die Klienten können bei beiden Arten der
Essenszustellungen zwischen Normalkost oder speziellen Diäten wählen.
7.7 Hilfsmittelverleih und - vermittlung
Darunter versteht man die kostenlose Bereitstellung und Vermittlung von speziellen
Pflegeutensilien, z. B. Krankenbett, Nachttisch, Bettzubehör usw. für einen bestimmten
Zeitrahmen.
Abbildung 6: Pflegemöbel
(Quelle: www.google.at)
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 35
7.8 Hausnotruf
Sicherheit in den eigenen vier Wänden bietet älteren Menschen und
ihren Angehörigen das Notruftelefon. Der Hausnotruf ist eine
Zusatzeinrichtung zum Telefon. Es besteht aus einem Basisgerät und
einem kleinen Sender, der als Armband, Halskette oder Clip getragen
werden kann. Auf Knopfdruck ist der Pflegebedürftige mit der
Notrufzentrale verbunden, mit der er über eine Freisprecheinrichtung
sofort kommunizieren kann. In Notsituationen kann so Tag und Nacht rasch und
zuverlässig Hilfe organisiert werden. (vgl. Österreichisches Rotes Kreuz, Folder
Hausnotruf, 2005) Abbildung 7: Hausnotruf (Quelle: www.google.at)
7.9 Pflegetelefon und Beratungsstelle für
pflegende Angehörige
Der Sozial- und Gesundheitssprengel Außerfern bietet pflegenden Angehörigen die
Möglichkeit, sich Informationen und Hilfe bei Problemen in der Pflege, Begleitung und
Betreuung alter Menschen zu holen. Insbesondere dann, wenn es um die Besorgung von
Hilfsmitteln, Anträge für Unterstützungen, Entlastungsmöglichkeiten und Gespräche
geht. Von Montag – Freitag jeweils von 8:00 bis 12:00 Uhr unter der Telefonnummer:
05672/63030/30
7.10 Kurse für pflegende Angehörige
Das Österreichische Rote Kreuz bietet eine breite Palette an Kursen an, die es den
Angehörigen erleichtern sollen, sich auf Pflegesituationen vorzubereiten und diese
möglichst unbeschwert zu bewältigen. In einem Grundkurs werden von einem fachlich
geschulten Personal praktische Tipps und Informationen über die Körperpflege,
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 36
Lagerung, rückenschonende Arbeit, etc. weitergegeben. Auch für die verschiedensten
Krankheitsbilder gibt es die Möglichkeit, Kurse oder Referate zu besuchen. Diese Kurse
werden in bestimmten Zeitabständen in den verschiedenen Gemeinden angeboten.
7.11 Kurzzeitpflege
Sowohl im Seniorenzentrum „Haus zum guten Hirten“ in Reutte als auch im Pflegeheim
„Haus Ehrenberg“ in Ehenbichl wird die Kurzzeitpflege angeboten. Unter
Kurzzeitpflege ist die zeitlich befristete, also nur vorübergehende vollstationäre
Versorgung und Betreuung pflegebedürftiger Menschen in einer Pflegeeinrichtung zu
verstehen. Sie ist eine ideale Entlastungsmöglichkeit für die pflegenden Angehörigen
bei Überforderung, Urlaub, Kur oder Erkrankung. (http://www.kreis-
coesfeld.de/menschen-und-pflege.htm[23.08.2002])
7.12 Tagespflege
Tagespflege ist die teilstationäre Pflege und Versorgung pflegebedürftiger alter
Menschen in einer zugelassenen Pflegeeinrichtung (Pflegeheim) durch qualifiziertes
Personal während des Tages, an einigen oder allen Wochentagen. Dabei wird
vorausgesetzt, dass einerseits die häusliche Pflege nicht in ausreichendem Umfang
sichergestellt werden kann, andererseits die Betreuung und Versorgung in der eigenen
Häuslichkeit während der Nacht, am Morgen und Abend und gegebenenfalls am
Wochenende sichergestellt sind. Tagespflege bildet sozusagen das Zwischenglied
zwischen häuslicher Pflege (z.T. ergänzt durch ambulante Dienste) und der
"Vollversorgung" im Heim. Die besondere Bedeutung dieses Angebotes liegt darin,
dass die eigene Wohnung und die vertraute Umgebung einschließlich der gewachsenen
sozialen Beziehungen aufrechterhalten werden können und parallel dazu die notwendige
Pflege- und Betreuungsleistungen von geeigneten Personen in geeigneten Einrichtungen
geleistet werden. (http://www.geroweb.de/altenbericht/3_2_4_2tagespflege.html[2005])
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 37
Praktischer Teil
Abbildung 8: Pflege daheim (Quelle:
www.google.at)
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 38
8 Methodenbeschreibung
Zur Sammlung von Daten für meinen praktischen Teil habe ich eine der bekanntesten
Methoden, die Befragung ausgewählt. Durch die verschiedenen Arten der Befragung,
nämlich der mündlichen und der schriftlichen, war es mir möglich, mehrere
Perspektiven zu betrachten und auszuwerten.
Es war für mich immer klar, dass ich einen pflegenden Angehörigen selbst befragen
möchte, um persönliche Erfahrungen, Eindrücke und Meinungen zu erhalten. Dabei hat
mich besonders interessiert, ob sich die Erzählungen des Befragten mit den
theoretischen Grundlagen vergleichen lassen. Die beste Methode dazu ist natürlich die
mündliche Befragung, das sogenannte Interview. Ich wählte für meine Arbeit ein halb
standardisiertes Interview aus. Als Grundlage erstellte ich einen Interviewleitfaden
(siehe Anhang) mit Fragen, die mir persönlich wichtig waren, ließ aber die befragte
Person frei reden und erfuhr somit alles, was ihr am Herzen lag.
Ein weiterer Punkt, der mich interessierte, war das Pflegeverständnis der Bevölkerung
meines Heimatbezirkes Reutte. Ich wollte wissen, ob die Thematik „Angehörige zu
Hause pflegen“ in Reutte aktuell ist und wie viel Kenntnisse über diesen Bereich
vorhanden sind. Aus diesem Grund entschloss ich mich für eine schriftliche Befragung.
Ich erstellte einen Fragebogen und begab mich in eine Geschäftstelle in Reutte, um
möglichst alle Altersgruppen befragen zu können. So war es mir möglich, viele Daten
schnell zu sammeln. Von den vorgefertigten 40 Fragebögen bekam ich 35 Stück
ausgefüllt zurück. Die Auswertung und Interpretation der Daten erfolgte zu Hause am
Computer. Der Fragebogen ist im Anhang zu finden.
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 39
9 Interview
Frau M. ist eine noch junge 39 - jährige, gut aussehende Frau mit einem strahlenden
Lächeln. Sie ist Mutter von 2 Söhnen und halbtags berufstätig. Doch eine der größten
Aufgaben hat sie schon hinter sich gebracht. Mit bereits 29 Jahren wurde sie zur
Hauptpflegeperson ihrer damals 83 - jährigen Großmutter. Ganze 7 Jahre lang betreute
und pflegte sie ihre Angehörige bis zu deren Tode.
„ Angefangen hat alles ganz plötzlich. Eines Tages war die Oma nicht mehr so, wie sie
sonst war. Sie saß bis 22 Uhr beim Fernseher, hat immer wieder alles vergessen, redete
nicht mehr, wusste nicht mehr, wie sie essen sollte, und war einfach verwirrt. Nachdem
dies einige Tage lang so weiterging, brachten wir sie in das Krankenhaus. Dort blieb sie
für ca. eine Woche, doch wirklich etwas herausgefunden hatte man nicht. Es wurde nur
eine leichte Form der Altersdemenz vermutet. Schon während der Zeit im Krankenhaus
und danach auch zu Hause war die Oma sehr aggressiv. Nichts konnte man ihr recht
machen, schon gar nicht das Essen, das warf sie oft als Trotzreaktion unberührt auf den
Boden. Nach einigen Tagen war sie dann aber auf einmal wieder ganz da, sie stand
selbständig in der Früh auf, versuchte sich anzuziehen, konnte selbständig essen und
wollte sogar wieder selbst kochen. Eine schwierige Zeit folgte dadurch für mich. Sie hat
sich nichts mehr sagen lassen, brachte sich und uns oft in Gefahr, wenn sie z.B. kochen
wollte und vergessen hat, die Herdplatte auszuschalten. Außerdem war sie während
dieser Zeit mir gegenüber bockig und nur zu allen anderen mehr als freundlich. Immer
darauf Acht geben, was die Oma wohl macht, ob sie nicht wieder alleine zur Straße
runtergeht und nicht mehr zurückfindet, das war für mich wirklich eine große
Belastung. Weiters hatte ich ja auch noch eine eigene Familie und vor allem 2 Kinder zu
versorgen. Meine beiden Buben waren damals gerade 6 und 4 Jahre alt und brauchten
natürlich auch eine Mama, die für sie da ist.
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 40
Nach drei etwas schwierigeren Jahren folgte eine leichtere Zeit. Die Oma war mit einem
Stock mobil, war gut gelaunt und konnte sich weitgehend selbst versorgen. Doch dann
passierten immer öfters Stürze, die sich mit blauen Flecken bemerkbar machten.
Einmal, als ich wieder nach ihr schauen wollte, lag sie dann am Boden ihres Zimmers
und kam von alleine nicht mehr auf. Ein Oberschenkelhalsbruch war das Resultat dieses
Sturzes. Für drei Wochen musste sie somit in das Krankenhaus und redete während
ihres Aufenthaltes kein einziges Wort mit mir. Wenn ich sie besuchte, ignorierte sie
mich einfach. Als sie dann nach Hause kam, benötigte sie natürlich wieder mehr Pflege.
Als besonders schlimm empfand ich die Aufgabe, Thrombosespritzen zu verabreichen.
Ich hatte so etwas zuvor noch nie gemacht und konnte mich mit diesen Spritzen noch
nie anfreunden. Auch das Insulin für ihre Diabeteserkrankung zu spritzen war für mich
immer eine Überwindung. Vor allem, weil ich ja selbst entscheiden musste, ob ich
etwas spritzen muss oder nicht. Ich fühlte mich teilweise richtig überfordert und
empfand es als eine zu große Verantwortung für einen Laien. Der Hausarzt hatte für
meine Probleme wenig Verständnis und übertrug mir immer noch mehr Arbeit und
Verantwortung, anstatt mich zu entlasten. Er schlug mir zwar die Hilfe von der
Hauskrankenpflege vor, aber das war mir nicht recht. Ich wollte mir die Zeit selbst
einteilen, wenn ich was mache. Die Hauskrankenpflege hätte mir eher noch mehr Stress
bereitet. Tag und Nacht waren wir einsatzbereit, stellten sogar extra eine Klingel für die
Oma zur Verfügung, sodass sie sich jederzeit bei uns melden konnte. Dies kostete uns
natürlich viele Stunden Schlaf in der Nacht.
Nach einiger Zeit ging es Oma glücklicherweise immer besser, sie brauchte weniger
Medikamente, wurde nicht mehr krank, hatte nicht einmal mehr einen Schnupfen. Nur
mir ging es psychisch immer schlechter. Ich fühlte mich total allein gelassen, hatte
keinen Ansprechpartner. Es haben mir zwar mein Mann und meine Mutter sehr viel
geholfen und auch die Kinder, aber ansonsten gab es nicht viel Hilfe von außen. Das
Familienleben war durch die Pflegesituation nicht leicht, schließlich stand die Oma
immer im Mittelpunkt, dann erst die Kinder und als letztes die Ehe. Auch bei den
Außenstehenden drehte sich natürlich alles nur immer um die Oma. Jeder fragte nur,
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 41
wie es denn der Oma geht, aber nie, wie es mir denn gehe. Ich fühlte mich als Person
einfach nicht mehr wahrgenommen.
Im Laufe der Jahre brauchte sie dann immer mehr Hilfe. Zuerst nur die Hilfe beim An-
und Ausziehen, dann beim Waschen, WC - Gehen usw. Auch nach dem
Oberschenkelhalsbruch stürzte sie immer wieder auf den Boden, weil ihr auf einmal die
Kraft in den Beinen ausging. Meistens war ich alleine, um ihr auf zu helfen, was für
mein Kreuz nicht gerade das Beste war. Da ich zu große Angst vor einem weiteren
bevorstehenden Knochenbruch hatte, besorgte ich einen Rollstuhl. Dieser war jedoch
nicht die große Hilfe, die ich erwartet hätte. Für unsere kleinen Zimmer und besonders
das Bad war der Stuhl einfach zu groß und umständlich. Ich musste durch ihn umso
mehr heben, somit musste doch der Gehbock wieder seinen Nutzen bringen. Doch die
Oma schaffte die kleine Strecke von ihrem Zimmer ins WC nicht mehr, nicht einmal zu
zweit hatten wir eine Chance. Es nützte alles nichts und ich musste sie im Bett lassen.
Für die Oma war dies eine erfreuliche Nachricht, da sie sowieso nie aufstehen und raus
sitzen wollte. Sie war ab diesem Zeitpunkt auch wieder freundlicher und nicht mehr so
schlecht gelaunt. Ich muss sagen, für mich war es nun auch leichter, da ich keine Angst
mehr haben musste, dass sie vielleicht schon wieder irgendwo am Boden liegt. Ich
wusste, sie liegt im Bett und hat alles, was sie braucht. Nun konnte ich auch mal ohne
schlechtes Gewissen fortgehen, und ich muss sagen, für meine Psyche war es eine
Wohltat.
Ich musste mir selbst so viel beibringen, z.B. das richtige Lagern in einem normalen
Bett, den Umgang mit Inkontinenz - Produkten usw. Ich habe eigentlich immer nach
Hilfe gesucht, aber es gab kein passendes Angebot für mich. Zumindest keines, das mir
bekannt war. Das Pflegegeld ließ auch sehr lange auf sich warten.
Acht Monate lang war die Oma dann bettlägerig, und ich merkte, wie es ihr am Schluss
immer schlechter ging. Der Sterbeprozess an sich war für mich kein Problem, weil ich
wusste, dass es für sie eine Erlösung wird. Wovor ich aber Angst hatte, war das
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 42
Verbinden der sogenannten Totenmale. Denn ich hatte so etwas zuvor auch noch nie
gesehen und hoffte, dass sie sozusagen nicht aufbrechen. Bis zu ihrem letzten Atemzug
war ich bei meiner Oma, und dafür bin ich auch dankbar.
Der Grund für die Übernahme der Pflegetätigkeit war eigentlich ganz klar, und zwar,
weil ich im gleichen Haus gewohnt habe. Somit erwartete meine Verwandtschaft und
die ganze Umgebung die Pflege von mir. Ohne viel zu überlegen und zu reden wurde
ich zur Hauptpflegeperson. Es gab immer wieder Höhen und Tiefen in diesen Jahren,
und ich muss zugeben, dass ich auch schon den Gedanken hatte, die Oma in ein Heim
zu bringen. Aber dann war sie wieder so nett zu mir, und ich brachte es nicht über das
Herz. Vielleicht wäre mir die Pflegetätigkeit oftmals leichter gefallen, wenn es meine
eigene Entscheidung gewesen und ich nicht einfach über Nacht zu einer Pflegerin
abgestempelt worden wäre.
Die größten Belastungen waren für mich der psychische „Terror“, die viel zu große
Verantwortung und der Sterbeprozess. Auch machte ich mir immer wieder Vorwürfe,
ob die Pflege wohl richtig war. Als Hauptverantwortliche wurde mir eine sehr große
Last aufgeladen.
Aber trotz allem „Grauen“ bin ich froh, dass ich es erleben durfte und diese Aufgabe
des Lebens erfüllen konnte. Denn es hat alles so kommen müssen, wie es passierte, und
so war es auch gut! Ich nehme mich selber jetzt viel wichtiger, mache was ich will und
habe einfach einen gesunden Egoismus entwickelt!“
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 43
9.1 Stellungnahme zum Interview
In meinem Interview habe ich nun sehr gut heraushören können, wie es einem
pflegenden Angehörigen wirklich ergeht. Die Belastungen, die angegeben worden sind,
entsprechen vollkommen denen des theoretischen Teils. Natürlich macht jeder seine
ganz speziellen Erfahrungen, aber ich denke, es schadet nicht, sich eine wahre
Geschichte auch mal anzuhören und darüber nachzudenken, wie es einem selbst gehen
würde. Man sollte nicht immer voreilig über jemanden urteilen, wenn keine Pflege zu
Hause möglich ist. Denn wie wir erfahren haben, ist die Pflege eine der anstrengendsten
Arbeiten überhaupt und nicht jeder kann es auf sich nehmen. Ich bin jedoch froh, dass
meine Interviewpartnerin einen positiven Schluss daraus ziehen konnte.
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 44
10 Befragung mittels Fragebogen
Ich habe 35 Personen mit Hilfe eines Fragebogens befragt.
10.1 Auswertung und Interpretation der Befragung
Frage 1: Geschlecht
Statistiken
Gültig 35 N
Fehlend 0
Modus 1
Häufigkeit Prozent
weiblich 26 74%
männlich 9 26% Gültig
Gesamt 35 100%
Fehlend 0 0%
Gesamt 35 100%
Geschlecht
74%
26%
weiblichmännlich
Abbildung 9: (Quelle: eigene Darstellung)
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 45
Interpretation
Es haben mit 74% deutlich mehr Frauen an dieser Befragung teilgenommen als Männer,
die nur mit 26% vertreten sind. Der Hauptgrund dafür ist, dass die Frauen viel schneller
dazu bereit waren einen Fragebogen auszufüllen und sich dafür auch die nötige Zeit
nahmen. Ein weiterer Grund besteht aber sicher auch durch den jeweiligen eigenen
Bezug zu diesem Thema. Da Frauen eher als Männer in den „Genuss“ der
Pflegetätigkeit kommen, erweckte dieser Fragebogen das Interesse der Damen mehr als
das der Herren. Derzeit sind nur rund 13% der Pflegepersonen in Tirol männlich.
Frage 2: Alter
Statistiken
Gültig 35 N
Fehlend 0
Modus 3
Häufigkeit Prozent
bis 30 Jahre 9 26%
31 – 40 Jahre 9 26%
41 – 50 Jahre 12 34%
51 – 60 Jahre 1 3%
über 60 Jahre 4 11%
Gültig
Gesamt 35 100%
Fehlend 0 0%
Gesamt 35 100%
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 46
Alter
26%
26%34%
3%
11%bis 30 Jahre31 – 40 Jahre41 – 50 Jahre51 – 60 Jahreüber 60 Jahre
Abbildung 10: (Quelle: eigene Darstellung)
Interpretation
Ich hatte das große Glück, meine Befragung in einem Geschäft durchführen zu dürfen,
wo alle Altersgruppen anzutreffen sind. Mit 34% sind die 41 – 50 - jährigen Befragten
die größte Gruppe. Von ihnen hat der Großteil auch selbst schon einmal gepflegt, und
vielleicht kommt daher ihr größeres Interesse an diesem Fragebogen. Die Befragten mit
einem Alter bis zu 40 Jahren haben genauso fleißig ausgefüllt, obwohl mehrere von
ihnen noch keine Pflegeerfahrung haben. Die Bereitschaft, einen solchen Fragebogen zu
bearbeiten, ist sicher nicht im Zusammenhang mit dem Alter, sondern eher mit dem
eigenen Interesse und der Erfahrung zu verstehen.
Frage 3: Sind Sie selbst schon in die Situation gekommen, einen schwer kranken
oder hilfsbedürftigen Angehörigen zu Hause zu pflegen?
Statistiken
Gültig 35 N
Fehlend 0
Modus 2
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 47
Häufigkeit Prozent
ja 13 37%
nein 22 63% Gültig
Gesamt 35 100%
Fehlend 0 0%
Gesamt 35 100%
Pflege eines Angehörigen
37%
63%
janein
Abbildung 11: (Quelle: eigene Darstellung)
Wenn ja, geben Sie bitte den Zeitraum der Pflegetätigkeit an:
• 3 Wochen
• einige Wochen
• 1 Monat
• 3 Monate
• 4 Monate
• 6 Monate (2x)
• 2 Jahre
• 3 Jahre (3x)
• 7 Jahre
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 48
Interpretation
Dass bei meiner kleinen Befragung doch schon 37% der Befragten selbst einmal
gepflegt haben, spricht für die Wichtigkeit dieser Arbeit. Die Dauer dieser
Pflegetätigkeit reichte von Wochen bis zu Jahren. Dass eine Pflegetätigkeit von
beispielsweise 7 Jahren zu massiven Belastungen führen muss, ist natürlich
verständlich. Durch dieses Ergebnis wird klar, dass gerade auch im Außerfern viele
Leute zu Hause gepflegt werden und dadurch ein noch größeres Angebot für
Hilfeleistungen erstellt werden muss.
Frage 4: Kennen Sie nahe Verwandte oder Bekannte, die schon einmal einen
Angehörigen zu Hause gepflegt haben oder derzeit pflegen?
Statistiken
Gültig 35 N
Fehlend 0
Modus 1
Häufigkeit Prozent
ja 28 80%
nein 7 20% Gültig
Gesamt 35 100%
Fehlend 0 0%
Gesamt 35 100%
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 49
Pflegende Bekannte / Verwandte
80%
20%
janein
Abbildung 12: (Quelle: eigene Darstellung)
Interpretation
80 % der Befragten kennen Verwandte oder Bekannte, die jemanden gepflegt haben
bzw. pflegen. Das bedeutet, dass von den 63%, die selbst noch nie gepflegt haben, der
Großteil doch auch beiläufig mit dem Thema „Angehörige pflegen“ konfrontiert wurde.
Lediglich 20% haben in diesem Bereich noch keine Erfahrungen gesammelt. Ich denke,
dass es oftmals auch für die Außenstehenden nicht einfach ist, mit einer solchen
Situation umzugehen. Man erkennt, wie es dem Freund oder Bekannten eventuell
immer schlechter in der Pflegesituation ergeht, möchte ihm helfen und weiß aber nicht
wie. Mit dem Gefühl, nicht richtig helfen zu können, kommen oftmals auch für
Außenstehende seelische und psychische Belastungen hinzu.
Frage 5: Denken Sie, dass Sie in Zukunft in die Situation kommen könnten, einen
Angehörigen zu Hause zu pflegen (z.B. Eltern, ...)?
Statistiken
Gültig 35 N
Fehlend 0
Modus 2
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 50
Häufigkeit Prozent
ja, gewiss 5 14%
eher ja 24 69%
eher nein 4 11%
nein, keinesfalls 2 6%
Gültig
Gesamt 35 100%
Fehlend 0 0%
Gesamt 35 100%
Pflege in der Zukunft
14%
69%
11% 6%ja, gewisseher jaeher neinnein, keinesfalls
Abbildung 13: (Quelle: eigene Darstellung)
Interpretation
Hier ist eindeutig zu erkennen, dass der Pflege von Angehörigen immer mehr
Bedeutung zukommen muss. Immerhin glauben 14%, dass sie sicher einmal einen
Angehörigen pflegen müssen, und ganze 69% rechnen auch mit einer Pflegetätigkeit in
der Zukunft. Die 6 %, die von sich sagen können, dass sie in der Zukunft nicht pflegen,
sind bereits über 60 Jahre alt und haben demnach eher keine Eltern bzw. Partner mehr,
oder wissen, dass bei eventuellem Pflegebedarf die jüngere Generation dies übernimmt.
Deutlich erkennbar ist aber, dass der Gedanke, jemanden einmal pflegen zu müssen, in
Reutte sehr aktuell ist.
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 51
Frage 6: Angenommen Sie pflegen zu Hause einen Angehörigen und benötigen
Hilfe, an wen würden Sie sich wenden?
Statistiken
Gültig 35 N
Fehlend 0
Modus 2
Häufigkeit Prozent
Krankenhaus 8 13%
Hausarzt 24 40%
niemanden 0 0%
Sozial- und
Gesundheitssprengel
18 30%
Bekannte 6 10%
sonstige 4 7%
Gültig
Gesamt 60 100%
Fehlend 0 0%
Gesamt 60 100%
Hilfe und Ratschläge
13%
40%0%
30%
10% 7%Krankenhaus
Hausarzt
niemanden
Sozial u.GesundheitssprengelBekannte
sonstige
Abbildung 14: (Quelle: eigene Darstellung)
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 52
sonstige:
Rotes Kreuz – Hauskrankenpflege (3x)
Familienmitglieder
Interpretation
Bei diesem Ergebnis erkennt man, dass der Hausarzt mit 40% eine zentrale und
wichtige Rolle in der häuslichen Pflege spielt. Gerade aus diesem Grund wäre es
wichtig, dass sich jeder Hausarzt über die möglichen Entlastungsangebote im Bezirk
genügend informiert und die Angehörigen bei eventuellem Bedarf dazu ermutigen kann,
Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es sollte sich bei den Arztbesuchen nicht alles um den
Pflegebedürftigen drehen, sondern man müsste auch auf die Probleme der Angehörigen
eingehen. Dass 30% der Befragten den Gesundheits- und Sozialsprengel angeben, hat
mich wirklich gefreut. Denn ich hätte mir eher gedacht, dass viele mit diesem Begriff
noch nichts anfangen können. Aber so ist das natürlich ein durchaus positives Ergebnis
für den Sprengel. Auch das Krankenhaus (13%) und Bekannte (10%) sind immer noch
für einen guten Rat erwünscht, die mit „sonstigen“ angegebenen Hilfsmöglichkeiten
gehören in die Gruppe „Sozial- und Gesundheitssprengel“ und „Bekannte“. Es wird
ersichtlich, dass es eigentlich mehrere Anlaufstellen für die nötige Information gibt und
alle dementsprechend genützt werden können. Man müsste nur den Mut finden, um
diese auch aufzusuchen.
Frage 7: Gibt es im Bezirk Reutte genügend Stellen, die Hilfestellung für pflegende
Angehörige anbieten?
Statistiken
Gültig 25 N
Fehlend 10
Modus 2
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 53
Häufigkeit Prozent
ja 8 23%
nein 17 49% Gültig
Gesamt 25 72%
Fehlend 10 28%
Gesamt 35 100%
Hilfestellung in Reutte
32%
68%
janein
Abbildung 15: (Quelle: eigene Darstellung)
Interpretation
Diese Frage war für diejenigen, die noch nie jemanden gepflegt oder sich mit diesem
Thema noch nicht auseinander gesetzt haben, sicherlich nicht leicht zu beantworten.
Dies bestätigt uns auch das Ergebnis, denn lediglich 25 Personen, das sind 72%,
konnten mir darauf eine Antwort geben. Nehmen wir nun diese 72% als 100%, so
finden 68%, also die Mehrheit, dass es zu wenig Hilfestellung in Reutte gibt. 32%
denken, dass genügend Stellen vorhanden sind. Ich würde sagen, dass sich in diesem
sozialen Bereich in der letzten Zeit sehr viel getan hat und dass oftmals nur die nötige
Information bzw. Aufklärung fehlt.
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 54
Frage 8: Ist Ihnen der Begriff „Kurzzeitpflege“ bekannt?
Statistiken
Gültig 34 N
Fehlend 1
Modus 2
Häufigkeit Prozent
ja 9 26%
nein 25 71% Gültig
Gesamt 34 97%
Fehlend 1 3%
Gesamt 35 100%
Kurzzeitpflege
27%
73%
janein
Abbildung 16: (Quelle: eigene Darstellung)
Wenn ja, was bedeutet er?
• für kurze Zeit daheim pflegen (3x)
• wenn jemand ins Haus zum [P]flegen kommt – Hauskrankenpflege
• Pflege in kurzer Zeit
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 55
• dass man einen pflegebedürftigen Angehörigen vorübergehend in eine[r] Pflegestation
unterbringen kann! Aber nicht für immer!
• wenn man einmal Erholung braucht, kann man den Angehörigen für einige Zeit ins
Pflegeheim bringen
• Aufnahme ins Krankenhaus oder Pflegeheim für eine kurze Zeitspanne (z.B. Urlaub
der Angehörigen)
Interpretation
Auf die Auswertung dieser Frage war ich wirklich gespannt, und ich muss sagen, es
kam so, wie ich es erwartet hatte. Der Großteil der Befragten (73%) kennt den Begriff
„Kurzzeitpflege“ nicht, und selbst von denen, die angeben, diesen Begriff zu kennen,
haben nur drei Personen die richtige Vorstellung. Es ist wirklich schade, dass die
Kurzzeitpflege bei uns noch so unbekannt ist, da sie eine ideale Entlastungsmöglichkeit
darstellen würde. Es sollte vermehrt Werbung für dieses Angebot gemacht werden,
damit der Begriff „Kurzzeitpflege“ jedem etwas sagt. Ich hoffe, dass sich in diesem
Bereich in nächster Zeit einiges ändern wird.
Frage 9: Ist Ihnen der Begriff „Pflegegeld“ bekannt?
Statistiken
Gültig 34 N
Fehlend 1
Modus 1
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 56
Häufigkeit Prozent
ja 29 83%
nein 5 14% Gültig
Gesamt 34 97%
Fehlend 1 3%
Gesamt 35 100%
Pflegegeld
86%
14%
janein
Abbildung 17: (Quelle: eigene Darstellung)
Wenn ja, wofür erhält man es?
• für die Pflege (7x)
• für die Pflege eines Angehörigen zu Hause (3x)
• finanzielle Abgeltung als Unterstützung für die Pflege zu Hause
• finanzielle Unterstützung der Pflege von Angehörigen (2x)
• finanzielle Hilfe für pflegebedürftige Angehörige, nach Schwere gestaffelt
• wenn man kranke Personen zu Hause pflegt
• pflegebedürftige Menschen (z.B. bei Behinderung)
• wenn pflegebedürftige Menschen zu Hause gepflegt werden – Geldhöhe hängt von
Pflegebedürftigkeit ab
• für Pflegeaufwand abhängig von Schwere der Krankheit
• der zu [P]flegende wird in eine Pflegestufe eingeteilt – für benötigte Pflegeartikel
• wenn man [für] einen Angehörigen Tag und Nacht da ist
• wenn ich zu Hause bleibe und Angehörige pflege
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 57
• wenn ein Mensch bettlägrig ist
• die gepflegte Person erhält es, um diejenigen, die ihn pflegen, zu entlohnen
• es sollte jenes Geld sein, welches dem Pflegebedürftigen zusteht, um einen
Mehraufwand für Pflegehilfe und Pflegemittel zu decken. Leider erhalten
Pflegebedürftige dieses Geld erst nach einem Jahr (nach Ansuche - Datum) oder nie!
Interpretation
Das Pflegegeld ist dem Großteil der Befragten (86%) ein Begriff. Das ist erfreulich, vor
allem dann, wenn ich durch die Aussagen feststelle, dass die Bedeutung wirklich richtig
erkannt wurde. Es ist noch nicht lange her, da wusste noch fast niemand den Zweck des
Pflegegeldes. Kaum zu glauben, aber selbst jetzt gibt es noch pflegende Angehörige, die
nichts von einer finanziellen Unterstützung gehört haben. Immerhin wissen bei dieser
Befragung 14% nicht, was der Begriff bedeutet. Oftmals gibt es auch die Meinung, dass
man Pflegegeld nur bekommt, wenn man zu Hause pflegt. Das stimmt natürlich nicht.
Es kann genauso für Entlastungsangebote oder Heime (etc.) verwendet werden. Solche
Unklarheiten müssen sich in Zukunft unbedingt ändern, um jedem die Möglichkeit zu
geben, einen Angehörigen nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu pflegen, ohne in
eine finanzielle Krise zu geraten.
Frage 10: Raum für freie Bemerkungen
„ Eine Anregung wäre so eine Art „Fürsorgerin“ für die [Pflegenden] einzurichten. Man
fühlt sich eher alleine gelassen und muss auf viele Sachen selber drauf kommen. Wo
gibt es zum Beispiel einen Kurs, wie man bettlägerige Personen richtig bettet, aus dem
Bett bringt, sie richtig lagert etc. Außer einem kleinen Einführungskurs in Bad Häring
bekamen wir jedenfalls keine Anleitungen oder Hilfen. Dabei muss sogar täglich
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 58
katheterisiert werden. Wenn man keine gute Hand für die Pflege hätte, wäre der
Pflegende genauso arm dran wie der Gepflegte. Wofür andere ein Diplom brauchen,
wird in der Hauskrankenpflege als selbstverständlich vorausgesetzt. Wirklich kümmern
tut sich keine öffentliche Stelle. Hauptsache[,] die Gemeinde bzw. das Land braucht
nichts zu bezahlen.“
„Es ist zu umständlich, das Pflegegeld zu bekommen.“
„Pflegegeld und Pension für 3 Personen beantragt und erst 10 Monate später mit Hilfe
des Volksanwaltes erhalten.“
„Diese[r] Fragestellung – Pflege von Angehörigen usw.- wird in Zukunft große
Bedeutung zukommen müssen. Aufgabe eines modernen, humanen Sozialstaates.
Schulungen, Kurse für Bevölkerung sehr wichtig.“
„Das einzige[,] was ich weiß darüber – ist, dass es sehr teuer ist, jemanden in ein
Pflegeheim zu geben!“
Interpretation:
Den Aussagen zufolge wünschen sich die Angehörigen mehr Information über die
anfallenden Pflegetätigkeiten und eine persönliche Betreuung. Weiters scheint es sehr
wichtig zu sein, genügend Informationen über die Finanzierungsmöglichkeiten und über
das Pflegegeld zu geben. Die Bevölkerung wird noch zu wenig aufgeklärt und
besonders bei der Antragstellung für das Pflegegeld mit sehr langen Wartezeiten
konfrontiert.
N = Stichprobe; Anzahl der befragten Personen
Modus = die am häufigsten genannte Antwortmöglichkeit
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 59
10.2 Schlussfolgerung
Die Thematik „Angehörige pflegen“ ist in Reutte sehr aktuell und von großer
Bedeutung. Die Hauptpflegepersonen sind immer noch vorwiegend die Frauen. Bei der
Suche nach Hilfe steht bei den meisten Befragten der Hausarzt an erster Stelle. Somit
nimmt er in der Angehörigenbetreuung eine sehr wichtige Position ein. Die Hausärzte
sollten sich daher vermehrt über alle Entlastungsmöglichkeiten informieren und dies an
die Angehörigen weitergeben. Weiterhin fehlt es der Bevölkerung an einer gewissen
Grundinformation bezüglich der Hilfsangebote. Es wäre sinnvoll, vermehrt Aufklärung
und Werbung für die sozialen Dienste durchzuführen und natürlich auch immer wieder
neue Angebote zu entwerfen.
Abbildung 18: Baum (Quelle: www.google.at)
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 60
11 Schlusswort
So, jetzt habe ich es wohl doch noch geschafft! Ehrlich gesagt bin ich wirklich
erleichtert, dass ich mein Werk als beendet betrachten darf, denn es hat schon auch so
manch nervenaufreibende Stunden gegeben. Im Rückblick muss ich aber bemerken,
dass es eine tolle Arbeit war. Ich konnte über dieses Thema einiges in Erfahrung
bringen und habe sicherlich viel für die Zukunft gelernt und mitgenommen. Vor allem
aber hat sich herausgestellt, dass sich meine Vermutungen bzgl. der zu geringen
Hilfestellungen und Informationen für pflegende Angehörige bestätigt haben.
Am Anfang ging es zwar etwas holprig voran, doch sobald der erste Satz einmal stand,
konnte ich nicht mehr aufhören zu schreiben. Der theoretische Teil war somit bald
weitgehend fertig, nur der praktische Teil, der musste noch so einige Zeit auf sich
warten. Nachdem der erste Teil gemacht war, legte ich eine längere Pause ein, da einige
Prüfungen und Schulstress am Programm standen und somit keine Zeit für die
Schriftliche Fachbereichsarbeit war. Für den praktischen Teil suchte ich dann eine
Interviewpartnerin, die ich glücklicherweise auch schnell fand, und erstellte einen
Fragebogen. Die Informationen und die Ergebnisse aus diesen Erhebungen waren für
mich wirklich sehr interessant und spannend. Die Endbearbeitung mit Bildern und Fotos
erfolgte als Letztes und tja, jetzt ist sie fertig, meine Fachbereichsarbeit. Ich bin wirklich
glücklich und auch stolz, diese Arbeit geschrieben zu haben.
Andrea Breuss
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 61
12 Dankesworte
Als erstes möchte ich mich bei meiner Familie, insbesondere bei Mama und Papa
bedanken, die stets für mich da sind und mich in diesen nicht immer leichten drei Jahren
unterstützt haben. Ihr seid echt die Besten! Papa auch vielen Dank dafür, dass du meine
durcheinander geratenen Sätze und Beistriche wieder in die richtige Reihenfolge
gebracht hast.
Ein besonderer Dank geht auch an meine Lehrerin, Roswitha Mayer – Kleiner, die mich
mit guten Ratschlägen und Tipps bei meiner Arbeit sehr hilfreich begleitet und
unterstützt hat.
Ein weiterer Dank gilt meinen Lehrerinnen Martina Zotz und Annelies Bader, die mich
reichlich mit Literatur und Lesestoff versorgt haben.
Ein großes Dankeschön natürlich auch meiner Interviewpartnerin und all denen, die sich
die Zeit nahmen, meinen Fragebogen auszufüllen!
Vielen Dank auch an Frau Mag. Christine Kätzler und Herrn Klaus Eberle für die
wichtigen Informationen, die ich von ihnen erhalten habe.
Ein herzliches Dankeschön möchte ich auch dem gesamten Schulteam der Gesundheits-
und Krankenpflegeschule Reutte aussprechen, es war wirklich super bei euch.
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 62
13 Literaturverzeichnis
Bücher:
Buijssen, H. (1996). Die Beratung von pflegenden Angehörigen. Weinheim:
Psychologie Verlags Union.
Fässler-Weibel, P. (2001). Nahe sein in schwerer Zeit: Zur Begleitung von Angehörigen
Sterbender. Freiburg – Schweiz: Paulusverlag.
Nagele, S. und Feichtner, A. (2005). Lehrbuch der Palliativpflege. Wien: Facultas.
Pleschberger, S. und Heimerl, K. und Wild, M. (2002). Palliativpflege: Grundlagen für
Praxis und Unterricht. Wien: Facultas.
Specht Tomann, M. und Tropper, D. (2002). Zeit des Abschieds: Sterbe und
Trauerbegleitung. Düsseldorf: Patmos.
Artikel in Zeitschriften:
AK Tirol Konsument, (2004). Pflege daheim (Teil 1): Helfen und helfen lassen.
Konsument, 9, 14-16. Verein für Konsumenteninformation, Wien.
Graue/unveröffentlichte Literatur:
Fritz und Hosp, (2004). Palliativpflege. Skriptum für das Fach Palliativpflege an der
Schule für Altenfachbetreuung der Caritas, Innsbruck.
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 63
Kieslinger, L. (2004): Angehörige pflegen. Semesterarbeit zur interdisziplinären
Sonder- bzw. Weiterbildung für Führungsaufgaben der mittleren Führungsebene,
Krusdorf.
Broschüren:
Österreichisches Rotes Kreuz, (2005). Information - Folder Sozialdienst:
Altenfachbetreuung, Reutte.
Österreichisches Rotes Kreuz, (2005). Information – Folder Sozialdienst: Familienhilfe,
Reutte.
Österreichisches Rotes Kreuz, (2005). Information – Folder Hausnotruf: Soforthilfe auf
Knopfdruck, Innsbruck.
Internetquellen:
Götzinger, K. (2004). Familienpflege: Geld alleine pflegt nicht, Online im WWW unter
http://www.bmsg.gv.at/ [Stand: 22.04.2004]
Stanjek, K. (1999). Warum wird gepflegt?, Online im WWW unter
http://www.vincentz.net/haeuslichepflege [Stand: 21.12.2004]
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 64
14 Eigenständigkeitserklärung
Ich erkläre hiermit, dass ich die Arbeit ohne fremde Hilfe und ohne Benutzung anderer
als der angegebenen Quellen angefertigt habe. Alle Ausführungen, die wörtlich oder
sinngemäß übernommen worden sind, sind als solche gekennzeichnet.
Reutte, am 6. Juni 2005
......................................
Andrea Breuss
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 65
15 Anhang
Abbildung 19: Frau im Zimmer (Quelle: www.google.at)
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 66
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin Schülerin des 3. Ausbildungsjahres der Gesundheits- und Krankenpflegeschule in Reutte. Im Rahmen meiner Ausbildung zur „Diplomierten Gesundheits- und Krankenschwester“ erstelle ich eine schriftliche Fachbereichsarbeit, die auf die Situation von pflegenden Angehörigen eingeht. In diesem Zusammenhang bitte ich Sie, den anliegenden Fragebogen zu beantworten. Die Fragebögen werden natürlich anonym behandelt und nach erfolgter Auswertung vernichtet. Vielen Dank! Andrea Breuss
Fragebogen (mit Codierung)
1. Geschlecht: ٱ weiblich (1) männlich (2) ٱ 2. Alter: ٱ bis 30 Jahre (1) Jahre (2) 40 - 31 ٱ Jahre (3) 50 - 41 ٱ Jahre (4) 60 - 51 ٱ über 60 Jahre (5) ٱ 3. Sind Sie selbst schon in die Situation gekommen, einen schwer kranken oder
hilfsbedürftigen Angehörigen zu Hause zu pflegen?
nein (2) ٱ ja (1) ٱ wenn ja, geben sie bitte den Zeitraum der Pflegetätigkeit an:
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 67
4. Kennen Sie nahe Verwandte oder Bekannte, die schon einmal einen
Angehörigen zu Hause gepflegt haben oder derzeit pflegen?
nein (2) ٱ ja (1) ٱ 5. Denken Sie, dass Sie in Zukunft in die Situation kommen könnten, einen
Angehörigen zu Hause zu pflegen (z.B. Eltern, ...)?
nein, keinesfalls (4) ٱ eher nein (3) ٱ eher ja (2)ٱ ja, gewiss (1) ٱ 6. Angenommen Sie pflegen zu Hause einen Angehörigen und benötigen Hilfe, an wen würden Sie sich wenden? (Mehrfachnennung möglich) Sozial- und Gesundheitssprengel (4) ٱ Krankenhaus (1) ٱ Bekannte (5) ٱ Hausarzt (2) ٱ sonstige: ____________(6) ٱ niemanden (3) ٱ
7. Gibt es im Bezirk Reutte genügend Stellen, die Hilfestellung für pflegende
Angehörige anbieten?
nein (2) ٱ ja (1) ٱ 8. Ist Ihnen der Begriff „Kurzzeitpflege“ bekannt?
nein (2) ٱ ja (1) ٱ wenn ja, was bedeutet er? ...
Wenn Angehörige pflegen ...
Andrea Breuss 68
9. Ist Ihnen der Begriff „Pflegegeld“ bekannt?
nein (2) ٱ ja (1) ٱ wenn ja, wofür erhält man es? ... 10. Raum für freie Bemerkungen:
Interviewleitfaden
Wen haben Sie gepflegt?
Wie lange haben Sie gepflegt?
Wieso pflegten Sie ihren Angehörigen zu Hause?
Hatten Sie Unterstützung bei der Pflege?
Welche Belastungen hatten Sie durch die Pflege?
Welche Wünsche hatten Sie während dieser Zeit?
Würden Sie wieder jemanden zu Hause pflegen?
Schriftliche Fachbereichsarbeit zur Erreichung des Diploms in allgemeiner Gesundheits- und Krankenpflege
Wenn Angehörige pflegen ...
Abb. 1: Titelbild (Quelle: www.google.at)
Verfasserin: Andrea Breuss
Betreuerin: Roswitha Mayer-Kleiner, akademisch geprüfte Lehrerin der Gesundheits- und Krankenpflege
Einreichtermin: 6. Juni 2005
Gesundheits- und Krankenpflegeschule Reutte
Summary In den letzten Jahren gab es in unserer Gesellschaft eine Vielzahl an Faktoren, die unser
Leben verändert haben. Durch unseren Wohlstand und den medizinischen Fortschritt
erreichten wir eine längere Lebenserwartung und somit auch eine erhöhte und längere
Pflegebedürftigkeit im Alter. Die größte und wichtigste Pflegeinstitution ist und bleibt
immer noch die eigene Familie. Doch viele Angehörige fühlen sich durch die
kontinuierlich erforderliche Pflege über mehrere Jahre und die daraus entstehenden
Belastungen (eigene Familie, Beruf etc. ) überfordert. Die Entlastungsmöglichkeiten für
pflegende Angehörige sind noch zu wenig bekannt oder werden aus Scham nicht in
Anspruch genommen.
Inhaltsverzeichnis Theoretischer Teil 1 Vorwort 02
2 Daheim sterben – Angehörige im Pflegedienst 03
2.1 Wie viele Angehörige pflegen? 04
2.2 Frauen, die wichtigsten pflegenden Angehörige 06
2.3 Motive für die Pflege 07
2.3.1 Selbstverständlichkeit 07
2.3.2 Zuneigung 08
2.3.3 Christliche Nächstenliebe und Mitleid 08
2.3.4 Wiedergutmachung 09
2.3.5 Versprechen 09
2.3.6 Soziale Anerkennung 09
2.3.7 Rollenerwartungen an Frauen 10
2.3.8 Finanzielle Motive 10
3 Zur Situation der Altenentwicklung 11
4 Wer ist Angehöriger? 12
4.1 Die intrafamiliären Bezugspersonen 13 4.2 Die extrafamiliären Bezugspersonen 13 4.3 Die exfamiliären Bezugspersonen 13
4.4 Die beruflichen Bezugspersonen 14
5 Belastung von pflegenden Angehörigen 15
5.1 Definition der Belastung 15
5.2 Psychosoziale Belastungen 16 5.2.1 Veränderung der eigenen Lebensplanung 16
5.2.2 Angebundensein 17
5.2.3 Ausschließliche Zuständigkeit 18
5.2.4 Verschlechterung des Gesundheitszustandes 18
5.2.5 Nähe zum Tod 19
5.2.6 Fehlende Anerkennung 20
5.2.7 Belastungen durch Demenz und Verwirrtheit 20
5.2.8 Isolation 21
5.2.9 Ehe- und Erziehungsprobleme 21
5.2.10 Belastungen durch unzureichende Wohnbedingungen 21 5.3 Belastungen bei Pflegeaufgaben 22
5.3.1 Überforderung durch vielschichtige Pflegeaufgaben 22
5.3.2 Körperliche Belastungen 23
5.3.3 Materielle Belastungen 23
6 Voraussetzungen und Grenzen einer häuslichen Versorgung 24
6.1 Strukturelle und institutionelle Grenzen 25
6.2 Grenzen durch Zustand und Situation der pflegebedürftigen Menschen 25
6.3 Grenzen durch Kooperationsprobleme mit Versorgungspartnern 26
7 Entlastungsmöglichkeiten für pflegende Angehörige im Bezirk
Reutte 26
7.1 Hauskrankenpflege 27
7.2 Altenhilfe 27
7.3 Altenfachbetreuung und Unterstützungshilfe 28
7.4 Familienhilfe 28
7.5 Die organisierte Nachbarschaftshilfe 28
7.6 Essen auf Rädern und Tiefkühlkost 29
7.7 Hilfsmittelverleih und -vermittlung 29
7.8 Hausnotruf 30
7.9 Pflegetelefon und Beratungsstelle für pflegende Angehörige 30
7.10 Kurse für pflegende Angehörige 30
7.11 Kurzzeitpflege 31
7.12 Tagespflege 31
Praktischer Teil
8 Methodenbeschreibung 33 9 Interview 34 9.1 Stellungnahme zum Interview 38 10 Befragung mittels Fragebogen 39 10.1 Auswertung und Interpretation der Befragung 39 10.2 Schlussfolgerung 54 11 Schlusswort 55 12 Dankesworte 56 13 Literaturverzeichnis 57 14 Eigenständigkeitserklärung 59 15 Anhang 60
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Titelbild Titelblatt
Abbildung 2: Hände 01
Abbildung 3: Angehörige 06
Abbildung 4: Demographische Entwicklung Österreichs 11
Abbildung 5: Trauerbegleitung 20
Abbildung 6: Pflegemöbel 29
Abbildung 7: Hausnotruf 30
Abbildung 8: Pflege daheim 32
Abbildung 9: Geschlecht 39
Abbildung 10: Alter 41
Abbildung 11: Pflege eines Angehörigen 42
Abbildung 12: Pflegende Bekannte / Verwandte 44
Abbildung 13: Pflege in der Zukunft 45
Abbildung 14: Hilfe und Ratschläge 46
Abbildung 15: Hilfestellung in Reutte 48
Abbildung 16: Kurzzeitpflege 49
Abbildung 17: Pflegegeld 51
Abbildung 18: Baum 54
Abbildung 19: Frau im Zimmer 60