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Suizid und Suizidalität
OA Dr. I. NenadicKlinik für Psychiatrie und Psychotherapie
UKJ
Übersicht• Begriffsbestimmung
• Epidemiologie und Risikofaktoren
• Ätiopathogenese
• Diagnostik
• Exploration der Suizidalität
• Störungsspezifische Aspekte
• Interventionen
• Begriffsbestimmung
• Epidemiologie und Risikofaktoren
• Ätiopathogenese
• Diagnostik
• Exploration der Suizidalität
• Störungsspezifische Aspekte
• Interventionen
Begriffsbestimmung
• Suizid
• Suizidalität
• Suizidideen
• Parasuizid / parasuizidale Handlung
• (habituell) selbstverletzendes Verhalten
Begriffsbestimmung
• Suizid:
• selbst verursachte bzw. veranlasste Handlung mit der Absicht den eigenen Tod herbeizuführen
• Suizidversuch:
• selbst versursachte bzw. veranlasste Handlung, die mit Todeswunsch angelegt ist, aber überlebt wird
cf. Wolfersdorf, 2000
Begriffsbestimmung
• Suizidalität:
• Summe aller Denk-, Verhaltens- und Erlebensweisen, die eigenen Tod anstreben oder in Kauf nehmen
• Parasuizid / parasuizidale Geste
• absichtlich selbstverletzendes Verhalten ohne Todesfolge (Intention ?)
cf. Wolfersdorf, 2000
Begriffsbestimmung
• Abgrenzung des Suizids zu verwandten Phänomenen:
• „Erweiterter Suizid“
• „murder suicide“ / Amok
Begriffsbestimmung
• Kontinuum-Modell
• Phasen-Modell
• Präsuizidales Syndrom
Kontinuum-Modell der Suizidalität
nach Wolfersdorf und Franke 2006
Wunsch nach Ruhe, Pause (Unterbrechung im Leben mit dem Risiko von Versterben) eher passive Suizidalität
Todeswunsch (jetzt oder in einer unveränderten Zukunft lieber tot sein zu wollen)
Suizidgedanke - Erwägung als Möglichkeit - Impuls (spontan sich aufdrängend, zwanghaft) zunehmender Handlungsdruck,
Zunahme des Handlungsrisikos Suizidabsicht - mit bzw. ohne Plan - mit bzw. ohne Ankündigung
Suizidhandlung - vorbereiteter Suizidversuch, begonnen und abgebrochen (Selbst- und Fremdeinfluss) - durchgeführt (selbst gemeldet, gefunden) - gezielt geplant, impulshaft durchgeführt eher aktive Suizidalität
Kontinuum-Modell: praktische Aspekte
• Exploration passiver vs. aktiver Gedanken, z.B.:
• Haben Sie in letzter Zeit über den Tod nachgedacht?
• Erscheint Ihnen das Leben sinnlos?
• Spüren Sie manchmal eine Gleichgültigkeit dem Leben gegenüber?
• Haben Sie daran gedacht, sich das Leben zu nehmen?
• Haben Sie daran gedacht, wie Sie das tun würden?
• Waren in der letzten Zeit Pläne daran da?
• Drängen sich Ihnen solche Gedanken manchmal auf?
Phasen-Modell
aus Wolfersdorf & Franke, 2006
Das präsuizidale Syndrom (nach Ringel, 1953)
• Zunehmende Einengung
• Situative und dynamische Einengung
• Einengung zwischenmenschlicher Beziehungen
• Aggressionsstauung und Aggressionsumkehr
• fehlende Aggressionsabfuhr (nach außen)
• Suizidphantasien
• aktiv intendiert bzw. passiv sich aufdrängend
• Begriffsbestimmung
• Epidemiologie und Risikofaktoren
• Ätiopathogenese
• Diagnostik
• Exploration der Suizidalität
• Störungsspezifische Aspekte
• Interventionen
Häufigkeit von Suiziden
1
Suizide
Im Jahr 2005 starben in Deutschland 10.260
Menschen durch Suizid (7.523 Männer und
2.737 Frauen). Die Suizidrate (d.h. der Anteil
der Suizide auf 100.000 Einwohner) beträgt
12,4 (18,6 bei den Männern und 6,5 bei den
Frauen; Quelle: Statistisches Bundesamt).
Das Verhältnis der Suizidrate von Frauen zu
Männern liegt bei 1:2,9.
Die Dimension wird durch einige Vergleichs-
zahlen der letzten Jahre deutlich:
• Verkehrsunfälle 5.361 *
• AIDS 720 **
• Illegale Drogen 1.326 ***
• Mord und Totschlag 869 ****
* 2005, Statistisches Bundesamt
** 2005, Robert Koch-Institut
*** 2005, Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung
**** 2005, Bundeskriminalamt - Polizeiliche Kriminalstatistik
Die offiziellen Angaben über Suizide unter-
schätzen die tatsächliche Zahl. Es kann von
einer hohen Dunkelziffer ausgegangen wer-
den. Unter den Todesarten Verkehrsunfälle,
Drogen und den unklaren Todesursachen dürf-
te sich noch ein erheblicher Anteil nicht er-
kannter Suizide verbergen.
Die statistischen Angaben über Suizide unter-
liegen noch weiteren Fehlerquellen wie Fehler
bei der Datenübermittlung und unterschiedli-
che Dokumentationsmethoden. Die Daten des
Statistischen Bundesamtes können deshalb
als eine sehr konservative Schätzung der tat-
sächlichen Anzahl der Suizide gewertet wer-
den, die um mindestens 25% höher angenom-
men wird.
Suizide, Suizidversuche und Suizidalität in DeutschlandDaten und Fakten 2005
Georg Fiedler
Forschungsgruppe Suizidalität und Psychotherapie
Therapie-Zentrum für Suizidgefährdete (TZS) am
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Version 6.0, April 2007
Abbildung 1: Suizide in Deutschland 1980 bis 2005Bereich: Alte und neue Bundes-länder (Quelle: Statistisches Bundesamt)
aus Fiedler (TZS am UKE), 2007
Häufigkeit von Suiziden
aus Fiedler (TZS am UKE), 2007
2
Schmidtke (1996) berechnete die Wahrschein-
lichkeit eines Suizids über die gesamte mittle-
re Lebensspanne einer individuellen Person.
Demnach stirbt in den alten Bundesländern
jeder 71. Mann (bei einer mittleren Lebenser-
wartung von 72,9 Jahren) und jede 149. Frau
(bei einer mittleren Lebenserwartung von
79,3 Jahren) durch Suizid. Im Gebiet der ehe-
maligen DDR sind es jeder 51. Mann und jede
117. Frau.
Die Abbildungen 1
und 2 stellen die Sui-
zide und Suizidraten
in Deutschland seit
1980 dar. Die Anzahl
der Suizide schwankt
zwischen 18.825
(1981) und 11.065
(2000) im Jahr. Aus-
sagekräftiger ist al-
lerdings die Suizidra-
te. Sie ist seit ihrem
Höhepunkt von 32,9
im Jahre 1982, und
besonders deutlich
ab Mitte der achtzi-
ger Jahre, am Sinken
und hat sich in den
letzten vier Jahren
tendenziell stabili-
siert. Diese Tendenz
der sinkenden Suizidraten gab es sowohl in
den neuen als auch in den alten Bundeslän-
dern. (Eine Übersicht der langfristigen Ent-
wicklung in den alten Bundesländern bis 2003
finden Sie im Anhang 1.)
Eine eindeutige Ursache für diese Entwick-
lung kann nicht angegeben werden. Vermut-
lich kann sie auf mehrere Ursachen zurückge-
führt werden:
• Die demographische Entwicklung in
Deutschland. Da die Anzahl der vollendeten
Suizide im höheren Lebensalter ansteigt, hat
die Veränderung der Altersstruktur der Gesell-
schaft Einfluss auf die Suizidrate. Einige
Epidemiologen (Schmidtke 2000) halten we-
gen des steigenden Durchschnittsalters der
Bevölkerung demnächst wieder einen Anstieg
der Suizidrate für möglich.
• Die Verbesserung und Fortschritte in der
Notfall- und intensivmedizinischen Versor-
gung.
• Die Verbesserung der Versorgungsleis-
tungen im Gesundheitswesen für bestimmte
Risikogruppen (z.B. Drogenabhängige).
• Eine Verschiebung von Suiziden in der Er-
hebung zu anderen Todesursachen, besonders
Drogen und den unklaren Todesursachen.
Die Suizidraten variieren sowohl zwischen
den alten und neuen Bundesländern als auch
zwischen allen Bundesländern erheblich.
Da eine getrennte Statistik für die alten und
neuen Bundesländer nur von 1980 bis 1997
erhoben wurde, können Vergleiche nur für
diesen Zeitraum vorgenommen werden.
Die Suizidrate ist in den neuen Bundeslän-
dern bedeutsam höher als in den alten Bun-
desländern. Es ist allerdings davon abzuraten,
aus dieser Tatsache voreilige Schlüsse zu zie-
hen (z.B. der Unterschied ist ein Ausdruck der
„Wende“, der Arbeitslosigkeit oder von Sinn-
krisen). Zu berücksichtigen ist das Faktum,
daß es auf dem Gebiet der ehemaligen DDR in
Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen auch
schon vor 1938 eine höhere Suizidrate gege-
ben hat. Das gleiche gilt auch für die Stadt-
staaten Hamburg und Bremen in den alten
Bundesländern. Das Verhältnis Frauen zu
Männern lag 1997 bei 1:2,6 in den alten und
bei 1:3 in den neuen Bundesländern. Die
höchste Suizidrate in den alten Bundeslän-
dern hatte im Jahre 1999 Hamburg, die nied-
rigste das Saarland. In den neuen Bundeslän-
dern hatte Sachsen die höchste Suizidrate und
Mecklenburg-Vorpommern die niedrigste.
Abbildung 2: Suizidraten in Deutschland 1980 bis 2005, Bereich: Alte und neue Bundesländer (Quelle: Statistisches Bundesamt)
Häufigkeit von Suiziden
aus Fiedler (TZS am UKE), 2007
4
Dagegen ist der Suizid bei Menschen unter 40
Jahren nach den Unfällen die zweithäufigste
Todesursache. Jeder vierte Tod eines Men-
schen unter 30 Jahren ist ein Suizid.
Bei den Suizidmethoden überwiegt sowohl bei
Männern als auch bei Frauen das Erhängen
(ca. jeder zweite Suizid in 1999, 4.480 Männer
und 1.187 Frauen). An zweiter Stelle stehen
Vergiftungen und an dritter Stelle Feuerwaf-
fen bei den Männern und „Sturz aus der Höhe“
bei Frauen.
Das Risiko eines Suizids ist bei Menschen mit
einer psychischen Erkrankung generell er-
höht. Als Gruppen mit im Vergleich zur Ge-
samtbevölkerung erhöhtem Suizidrisiko gel-
ten besonders Depressive, Alkoholiker, Medi-
kamenten- und Drogenabhängige und Alte
und Vereinsamte. Suizidalität hat ein hohes
Mortalitätsrisiko: Nachuntersuchungen erga-
ben, daß ungefähr jeder 5. bis 10. Mensch, der
einen Suizidversuch unternommen hat, spä-
ter durch Suizid stirbt.
Suizidversuche
Im Gegensatz zu Suiziden werden Suizidver-
suche aus datenschutzrechtlichen Gründen
nicht mehr erfaßt. Angaben über die Häufig-
keit sind daher Schätzungen aus wissen-
schaftlichen Studien. Im Vergleich zu den Su-
iziden gibt es erhebliche Unterschiede:
1. Suizidversuche werden häufiger von Frau-
en als von Männern durchgeführt. Die Schät-
zungen betragen für 1996: 122/100.000 für
Männer und 147/100.000 für Frauen (Schmidt-
ke 1998). Anders gesagt bedeutet dies, daß auf
jeden Suizid eines Mannes 5,5 Suizidversuche
entfallen und auf jeden Suizid einer Frau 18
Suizidversuche. Für 1996 würde dies ca.
48.600 Suizidversuche von Männern, ca.
61.600 Suizidversuche von Frauen oder
110.200 Suizidversuche insgesamt bedeuten.
Vermutlich liegt die tatsächliche Zahl deutlich
höher.
2. Suizidversuche werden häufiger von jungen
als von alten Menschen unternommen.
3. Bei den Methoden des Suizidversuchs stan-
den 1996 bei Männern und Frauen an erster
Stelle Vergiftungen, gefolgt von Schnittverlet-
zungen, Sturz und Erhängen (Schmidtke
1998).
Die Anzahl schwerer (Mehrfach-) Verletzun-
gen nach einem Suizidversuch, die eine auf-
wendige chirurgische, intensivmedizinische,
neurologische u.ä. Behandlung mit anschlies-
sender beruflicher Rehabilitation oder Früh-
berentung zur Folge haben können, wurde auf
11.000 im Jahr geschätzt (Schweiberer, Ruch-
hotz, Pajonk 1995).
Bislang wurde nach unserer Kenntnis die
Häufigkeit von Suizidalität in Form von suizi-
dalen Gedanken und Erlebensweisen, die sich
noch nicht in einem Suizidversuch ausge-
drückt haben, nicht untersucht.
Abbildung 4: Suizide und Suizidraten in Deutschland nach Alter und Geschlecht im Jahr 2005 (Quelle: Statistisches Bundesamt) Der „Knick“ in der Kurve der Anzahl der Suizide bei den 50-60jährigen spiegelt die Geburtenlücke nach dem 2.Weltkrieg wieder.
Epidemiologie: Internationaler Vergleich
Nock et al., Epidemiol Rev 2008
Epidemiologie: Regionale Unterschiede
Fiedler, 2007 (Quelle: Statistisches Bundesamt)
3
Innerhalb der Bundesländer gibt es beträcht-
liche Unterschiede. So hat Nordrhein-Westfa-
len die niedrigste (9,4) und Sachsen die höch-
ste Suizidrate (16,2). Bei den Männern liegt
die höchste Suizidrate ebenfalls in Sachsen
(24,2) und die niedrigste in Nordrhein-Westfa-
len (14,1). Mit 8,6 haben Sachsen und Ham-
burg die höchsten Suizidraten für Frauen und
Mecklenburg-Vorpommern die niedrigste (3,8).
Auch das Verhältnis der Suizidrate von Frau-
en zu der von Männern variiert erheblich.
Die Suizidraten variieren nach Geschlecht
und Alter (Abb. 4). Die Suizidrate steigt mit
dem Lebensalter. Während die Suizidrate bei
jungen Menschen vergleichsweise niedrig ist,
steigt sie besonders bei Männern ab dem 60.
Lebensjahr erheblich an. Durch die relativ ge-
ringe Suizidrate bei jungen Frauen gewinnt
die Anzahl der Suizide älterer Frauen an Ge-
wicht: jede zweite Frau, die einen Suizid be-
geht, ist älter als 60 Jahre (1.409 von 2.737
Frauen im Jahre 2005).
Abbildung 3: Suizidraten in Deutschland 1980 bis 1997, getrennt nach alten und neuen Bundesländern (Quelle: Statistisches Bundesamt)
Bundesand je 100.000 Einwohner Anzahl
insgesamt männlich weiblich insgesamt männlich weiblich
Tabelle 1: Suizidraten und Suizide 2005 in den Bundesländern, sortiert nach den Suizidraten (Quelle: Statistisches Bundesamt)
Sachsen 16,2 24,2 8,6 694 505 189
Bremen 14,2 20,2 8,5 94 65 29
Hessen 13,9 20,4 7,8 850 609 241
Bayern 13,8 20,8 7,2 1724 1267 457
Hamburg 13,8 19,3 8,6 240 163 77
Rheinland-Pfalz 13,5 21 6,1 546 419 127
Schleswig-Holstein 13,3 18,8 8,1 377 260 117
Baden-Württemberg 13,3 20,3 6,5 1424 1070 354
Brandenburg 13,1 19 6,6 336 251 85
Thüringen 12,7 19,8 6,5 298 221 77
Niedersachsen 12,5 18,7 6,5 999 735 264
Berlin 12,3 17 7,8 417 282 135
Saarland 12 19,7 4,6 126 101 25
Mecklenburg-Vorpommern 10,6 17,4 3,8 181 148 33
Sachsen-Anhalt 10,2 15,7 5 253 190 63
Nordrhein-Westfalen 9,4 14,1 5 1701 1237 464
zusammen 12,4 18,6 6,5 10260 7523 2737
Epidemiologie: Suizidmethoden
Epidemiologie: Suizidversuche
nach: WHO Multi-Center Studie(gemittelt über Jahre 2001-2005)
Risikofaktoren für Suizide• Alter
• Zunahme der Suizide mit dem Alter
• aber: Suizidversuche bei Jüngeren häufiger
• Geschlecht
• insges. m > f für Suizide
• aber: f > m für Suizidversuche
• Methode
Risikofaktoren: Psychische Erkrankungen
aus: Wolfersdorf, 2008
Risikofaktoren für Suizide• Akute psych. Krisen
• Psychische Erkrankungen
• Alter
• Geschlecht
• Familienstand
Risikofaktoren für Suizide• Psychische Erkrankungen, insbes.
• affektive Störungen (insbes. bipolare Störung)
• Suchterkrankungen
• Persönlichkeitsstörungen
Verlaufsaspekte von Suizidalität• ca. 50% aller wegen eines SV aufgenommenen
Patienten haben mind. 1 früheren SV (Platt et al.1988)
• nach einem SV begehen 12-35% innerhalb der nächsten 2 Jahre einen erneuten SV
• nach 5-10 Jahren suizidieren sich 6-10%, nach 10-30 Jahren 10-13 % der Patienten (Bronisch et al., 1992)
• Begriffsbestimmung
• Epidemiologie und Risikofaktoren
• Ätiopathogenese
• Diagnostik
• Exploration der Suizidalität
• Störungsspezifische Aspekte
• Interventionen
Neurobiologie des Suizids
• Genetik
• Post-mortem Studien
• Neurochemische Studien
• Bildgebung
Neurobiologie des Suizids
nach Roy et al., 1995; Roy et al., 1997
176 Zwillingspaare, jeweils ein Zwillingspartner durch Suizid verstorben
114 dizygot 62 monozygot
2 konkordant 1,8 %
7 konkordant 11,3 %
Neurobiologie des SuizidsBiologische Erklärungsmodelle – Biochemie – Serotoninhypothese der Suizidalität
Verminderte präsynaptische
serotonerge Aktivität
Kompensatorische Überempfindlichkeit
postsynaptischer 5-HT-Rezeptoren
Post-Mortem-Studie
⇓ 5-HT-Transporter im präfrontalen Kortex
⇓ 5-HT und 5-HIAA in den Raphe-Kernen
⇑ 5-HT2-Rezeptoren-Dichte im prä-frontalen Kortex
Liquor ⇓ 5-HIAA-Konzentration
Thrombozyten ⇓ 5-HT-Transporter ⇑ 5-HT2-Rezeptoren-Dichte
Neurobiologie des Suizids
Mann, 1998; Mann, Nat Rev Neurosci 2003
a) SERT
b) 5HT1A-R
Dorsale Raphe Tryptophan-
Hydroxylase-Ak
a) Kontrolle
b) Suizidopfer
Neurobiologie des Suizids
aus: Courtet et al., Translat Psychiatry 2011
recently reported in patients suffering from major depressivedisorder,38 bipolar disorder39,40 and also in self-harmingadolescents.41 Most recently, disadvantageous decisionmaking was found deficient in elderly suicide attemptersversus elderly suicide ideators, non-suicidal depressed andnon-depressed subjects in a reward/punishment-basedtask.42 Although decision making has not been formallystudied in relatives of suicide attempters/completers, onestudy reported decision-making alterations in unaffectedrelatives of alcoholics suggesting that this cognitivedysfunction may be heritable.43 Jollant et al.44 reported thatgenetic polymorphisms previously associated with SBincluding the serotonin transporter promoter variant(5HTTLPR), tryptophan hydroxylase 1, and monoamineoxidase A modulated the learning process necessary in theIowa gambling task for making advantageous choices insuicide attempters. The 5HTTLPR association has also beenconfirmed in an obsessive-compulsive disorder population45
and in healthy individuals.46
Altered skin conductance. An association has been foundbetween a stimulus-elicited electrodermal response(hyporeactivity), as measured by skin conductivity, and SB inseveral studies (see Thorell47 for meta-analysis). Moreover,electrodermal activity during decision making seems to implicatekey brain regions associated with SB (see below), such as theventral and medial prefrontal cortices.48 Electrodermal reactivityis under genetic influence, with a heritability of B50% in healthytwins,49 and is state independent.50 In addition, an electrodermalresponse has been correlated with decision making in the Iowagambling task in healthy subjects.51 Therefore, electro-physiological hyporesponsivity may be an endophenotypepartially linked with poor decision-making abilities.
Neuroimaging. At the neuroanatomical level, postmortemstudies have implicated involvement of the prefrontal cortex,particularly the most ventral regions including theorbitofrontal cortex.52 These regions have been reported tobe different from controls in structural neuroimaging studies
Completedsuicide
Attemptedsuicide
Serotonin system
Decision makingimpairment
ImpulsivityAggression
etc.
Prolactinresponse to fenfluramine
Liab
ility
for
suic
idal
beh
avio
r
HarmfulEnvironment
Protective
Candidategenes and regions
Candidateendophenotypes
Hum
an g
enom
e
Epigeneticinfluences
6q125HTTNOS I
MAOA
NOS III6q25.2
2p12WFS18p21-23
COMT
TPH2
6q26SCN8A
TPH1
Xq25-26.1VAMP4
Figure 1 Candidate gene regions, genes and endophenotypes implicated in suicide research. The upper portion of the figure indicates the dynamic interplay amonggenetic, epigenetic and environmental factors that produce cumulative liability to suicidal behaviors. Although attempted suicide does not always predate a completed suicideas suggested on the reaction surface, it is a significant risk factor.4 None of the sections of this figure can be definitive; many more gene loci, genes, candidate endophenotypesand links among the three remain to be discovered. Environment, protective and harmful, includes a substantial number of environmental events (for example, drug exposure)unmentioned here because of our focus on genetic and neurobiological correlates. Similarly, there are many gene loci, genes and candidate endophenotypes that werenot included because of the conceptual limitations of this Figure. Modified from Kovacsics et al.28 See the following reviews for additional discussion: refs 7, 12, 14, 25, 28,96–98. r II Gottesman and TD Gould and used with permission.
Endophenotypes of suicidal behaviorsP Courtet et al
3
Translational Psychiatry
Soziologische Erklärungsmodelle
• Religionszugehörigkeit
• Stadt-Land-Verteilung
• Klimazonen (Nord-Süd)
• Säkularisierung und
Industrialisierung
• Imitationshypothese
Verteilung der Suizidraten
Änderung der Suizid-raten über die Zeit
Änderung der Suizid-raten nach einem Suizid
• Begriffsbestimmung
• Epidemiologie und Risikofaktoren
• Ätiopathogenese
• Diagnostik
• Exploration der Suizidalität
• Störungsspezifische Aspekte
• Interventionen
Diagnostik der Suizidalität
• Psychiatrische Untersuchung
• einschl. Evaluation von Risikofaktoren und protektiven Faktoren
• Spezifische Exploration der Suizidalität
• Einschätzung des Suizidrisikos
• Therapieplanung
• Berücksichtigung modifizierbarer Risikofaktoren
cf. APA Guidelines, 2003
Psychiatrische Untersuchung bei Suizidalität
• Aktuelle Suizidalität
• Abgrenzung aktive vs. passive suizidale Gedanken
• Dynamik: akute vs. chronische Suizidalität
• Vorgeschichte
• psychische Erkrankung
• frühere Suizidversuche
• Risikoprofil (epidemiologisch)
cf. Wolfersdorf, 2002
Exploration bei SuizidalitätOffene Einstiegsfragen, z.B.:
- Hatten Sie das Gefühl, daß das Leben nicht lebenswert ist?
- Haben Sie schon einmal daran gedacht, einfach einzuschlafen und nicht wieder aufzuwachen?
Konkretere Fragen zu Suizidalität, z.B.:
- Haben Sie in letzter Zeit über den Tod nachgedacht?
- Haben Sie überlegt, sich das Leben zu nehmen?
Eingehendere Exploration zu Dynamik und Abgrenzung aktiver vs. passiver suizidaler Gedanken
Berücksichtigung störungsspezifischer Psychopathologie
modifiz. nach APA Practice Guidelines on Suicide, 2002Jacobs & Brewer, CNS Spectr 2006
aus: Wolfersdorf, 2008
Exploration bei Suizidalität
Störungsspez. Aspekte: affektive Störungen
• erhöhtes Risiko in affektiver Episode
• höheres Risiko für bipolare vs. unipolare Störungen
• unklar, ob BP-I häufiger als BP-II
Psychopathologische Risikofaktoren:
• Hoffnungslosigkeit
• Hohes Maß an Angst, Unruhe und Getriebenheit
• wahnhaft-depressive Symptomatik
cf. Wolfersdorf, 2002
Störungsspez. Aspekte: psychotische Störungen
• imperatives Stimmenhören
• Spezifische Wahninhalte (z.B. Bedrohungserleben)
cf. Wolfersdorf, 2002
Übersicht• Begriffsbestimmung
• Epidemiologie und Risikofaktoren
• Ätiopathogenese
• Diagnostik
• Exploration der Suizidalität
• Störungsspezifische Aspekte
• Interventionen
Therapie / Interventionen bei Suizidalität
• Ist eine stationäre Aufnahme erforderlich?
• Ist eine medikamentöse Intervention sinnvoll?
• Psychotherapeutische Intervention
cf. APA Guidelines, 2003
Therapie / Interventionen bei Suizidalität
Ist eine stationäre Aufnahme erforderlich?
• psychiatr. Konsiliaruntersuchung (z.B. im KH)
• bei akuter Suizidalität: Aufnahme erörtern
• Therapieplan für Akutphase
Therapie / Interventionen bei Suizidalität
Ist eine medikamentöse Intervention sinnvoll?
• Keine spezifische sofort wirksame „anti-suizidale“ Pharmakotherapie erwiesen,aber
• Benzodiazepine akut anxiolytisch und sedierend wirksam
• Antipsychotika bei psychotischer Episode
• Therapie der psych. Grunderkrankung
• Anti-suizidale Effekte von Lithium (mittelfristig)
Therapie / Interventionen bei Suizidalität
Psychotherapeutische Intervention
• Erkennen der Suizidalität als Notsignal
• Aufbau einer therapeutischen Beziehung / Setting
• zeitlichen Aufschub erreichen
• protektive Faktoren stärken
cf. APA Practice Guidlines on Suicide, 2002Jacobs & Brewer, CNS Spectr 2006
Zusammenfassung• Suizidalität ist häufige Komplikation psychischer Störungen
• Neurobiologie weist auf Kombination genetischer Faktoren und (aktueller) Umweltfaktoren hin, u.a 5-HT-System
• Diagnostik / Einschätzung von Suizidalität umfaßt:
• Exploration Suizidalität (aktive vs. passive Gedanken)
• psych. Vorgeschichte (frühere Suizidversuche, psych. Störungen, Sucht)
• Berücksichtigung weiterer Risikofaktoren (aktuelle psychosoziale Situation, epidemiologische Risikofaktoren / Risiko-Konstellationen)
• Intervention umfaßt:
• Psychotherapeutische Intervention
LiteraturWolfersdorf, Nervenarzt 2008, 79(11): 1319-1334
Wolfersdorf & Franke, Fortsch. Neurol. Psych. 2006, 74(7): 400-414
Jacobs & Brewer, CNS Spectrums 2006, 11(6): 447-454
APA Practice Guidelines for the Assessment and Treatment of Patients with Suicidale Behaviors, Arlington, VA, 2004
Bronisch: Krisenintervention bei Persönlichkeitsstörungen, 2009
Mann, Philos Trans R Soc Lond B Biol Sci 2013, 368(1615): 20120537