Serologie: Indikation und Interpretation Stefan Zimmerli Institute for infectious diseases...

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Serologie: Indikation und Interpretation

Stefan Zimmerli

Institute for infectious diseases

University of Bern

Friedbühlstrasse 51

3010 Bern

Serologie

In der Vergangenheit gebraucht, um Infektionen mit schwierig zu

kultivierenden Bakterien zu bestätigen

Für manche dieser Erreger ist die Serologie auch heute noch

nützlich und oft die beste Nachweismethode

z.B. Anaplasma, Ehrlichia, Chlamydophila pneumoniae,

Chlamydophila psittaci, Coxiella burnetii, Leptospira, Rickettsia

spp., und T. pallidum

Serologie

Schwierigkeiten:

- Inadäquate Immunantwort bei immunkompromittierte Patienten

- Antikörperanstieg erst Wochen nach der akuten Erkrankung

- Unterscheidung zwischen einer frischen und einer

abgelaufenen Infektion bei persistierenden Antikörpern

- Kreuzreaktionen beeinträchtigen Spezifität

Serologie wenn möglich einsetzten zur Bestätigung anderer

diagnostischer Tests

Indikationen für Serologie heute

Syphilis

Infektiöse Mononukleose

EBV, CMV

HIV-Infektion

(Lyme Borreliose Stadium 2 und 3)

Frühsommermeningoencephalitis

Andere: Amoeben, Echinokokken, Wurminfestationen, Brucellen,

Francisellen

Wann keine Serologie

Respiratorische Infektionen

Chlamydophila, Mycoplasma (hohe Seroprävalenz, Konsequenzen?)

Respiratorische Viren - Direktnachweis

Frische Herpes-Virus Infektionen (HSV 1 und 2, VZV)

Urethritis

Chlamydia trachomatis (allenfalls bei PID)

Epidemiologie sexuell übertragbarer Infektionen

BAG Bulletin 36/2011 5. September 2011

Serologie bei Lues

Stadium 1, 2, 3 – TP-PA (T. pallidum Partikel Agglutination)

(misst IgM und IgG Antikörper gegen rekombinante

T. pallidum Antigene TpN15, TpN17 und TpN47)

Verlauf nach Therapie VDRL

Titerabfall oder Negativierung

Serologie bei Lues

Stadium 1 – TPPA (TPHA), IgM

Stadium 2 – TPPA (TPHA)

Stadium 3 – TPPA (TPHA)

Verlauf nach Therapie: VDRL nach 3, 6, 12 und 24 Monaten

Titerabfall oder Negativierung

Stadium 1 und 2: Abfall 2 Verdünnungsstufen in 6 Monaten, 3 in

12 und 4 in 24 Monaten

Frühe Latenz: Abfall 2 Verdünnungsstufen nach 12 Monaten

Lues Serologie

Lyme-Borreliose - Klinik

1. Stadium

Zeichen der frühen lokalisierten Infektion (nach 3 bis 30 Tagen)

Erythema migrans

Systemische Infektzeichen: Abgeschlagenheit, Unwohlsein, Muskel- und

Gelenkschmerzen, Fieber (selten bei uns)

Blickdiagnose

Borrelien Serologie

Borrelien Diagnostik

Klinisch

Keine Serologie bei ECM

Serologie kann klinische Diagnose stützen

Serum-Liquor Quotient bei Neuroborreliose

Serologische Verlaufskontrollen nicht möglich

Serologie erlaubt keine Angaben über Infektionszeitpunkt

Klinische Falldefinition für Lyme Borreliose

Stanek Clin Microbiol Infect 2011;17:69

Erythema migrans (Satellitenläsionen)

Lymphozytom

Acrodermatitis chronica atrophicans

Mann,* 1961

Seit 30.8.2005 starke Kopfschmerzen, mehrmaliges Erbrechen. Ausgeprägte Müdigkeit und

Appetitminderung.

Ab 4.9. zusätzlich Kribbelparästhesien Beine, Hand rechts.

Fieber ab 5.9. bis 40°C

Notfallbesuch am 9.9.2005

44-jähriger Mann. Reduzierter Allgemeinzustand. 36.9° (später 39°C). BD 85/45. Puls 77/min.

Voll orientiert. Ausgeprägter Meningismus. Keine fokalen neurologischen Ausfälle. Kraft

symmetrisch und normal. Sensibilität symmetrisch normal

LP: 293 Zellen. 100% mononukleär. Glucose normal. Protein 1.4.

HIV-Test negativ (auswärts, vom Patienten veranlasst).

CT: Normaler Schädel-Hirn-Befund

FSME Diagnose

Liquor

Pleozytose (5 - 1000 Zellen /mm3)

Erhöhtes Eiweiss (bis 2.5 g/L)

Glucose normal

Serologie (ELISA): beweisend sind der Nachweis von

spezifischen IgM oder ansteigenden IgG Titern

Virusnachweis (PCR) aus Blut und/oder Liquor möglich, nicht validiert

Mann, *1989

Leistungsknick seit 5 Tagen

Fieber bis 39.8°

Halsschmerzen und Schluckbeschwerden

symmetrische cervikale Lymphadenopathie. Lymphknoten frei beweglich, nicht spontan schmerzhaft und nur leicht druckschmerzhaft

Splenomegalie

Infektiöse Mononukleose bei EBV-Infektion

Labor:

Lymphozytose mit >50% mononukleären Zellen

>10% atypische Lymphozyten

Thrombopenie bei ca. 50%,

80-90% (moderat) erhöhte Leberwerte

Infektiöse Mononukleose bei EBV-Infektion

Diagnose:

Monospot (Sensitivität >90% bei Teenagern).

Falls negativ: Anti-EBV VCA IgM (>90%)

EBNA Antikörper Zeichen einer durchgemachten Infektion

(können selten auch bei lange zurückliegender Infektion negativ

sein. Bei Unsicherheiten: Immunoblot (Speziallabor): p18 positiv

bedeutet früher durchgemachte Infektion)

Monospot-Test

Nachweis heterophiler Antikörper

Monospot etwas sensitiver als klassische Methode

Kinder <4 Jahre mit klinischer IM ca. 50% positiv

>4 Jahre ca. 80% mit EBV-Primoinfektion positiv

Adoleszente ca. 90% mit klinischer IM positiv

Falsch positive Test kommen sehr selten vor bei Lymphomen

oder Hepatitis; bestätigender Röhrchentest unnötig

Heterophil-negative infektiöse Mononukleose

Differentialdiagnose:

CMV

EBV

Virale Hepatitis (A, B und C)

(Toxoplasmose)

Röteln

primäre HIV-Infektion

19-jähriger Mann

22. 7. Rezeptiver analer Geschlechtsverkehr mit unbekanntem Mann

23. 7. Start PEP mit Combivir (AZT + 3TC) und Viracept

10. 8. T bis 39°C, AZ-Verschlechterung. Hospitalisation für 6 Tage

17. 8. erneut T bis 40°, AZ schlecht, Nachtschweiss

20.8. Stop PEP. Pharyngitis. Generalisierte periphere

Lymphadenopathie. Hepatosplenomegalie.

Labor am 23.8.

Creatinin 93. CRP 13.

ASAT 53. ALAT 47. AP 58. LDH 838

Hb 123. Tc 168.

Lc 7.4.; 3.22 Neutrophile, 21% LV. 3.92 Ly (-3.5). Keine atypischen

Serologie am 23.8.

HIV negativ

Toxo negativ

EBV VCA IgM und IgG negativ. EBNA negativ.

CMV IgM und IgG negativ

Lues TPHA negativ. VDRL negativ.

Serologie am 6.9.

HIV negativ

Toxo negativ

EBV VCA IgM und IgG negativ. EBNA negativ.

CMV IgM positiv, IgG positiv

Lues TPHA negativ. VDRL negativ

Diagnose

Akute CMV-Infektion mit

Fieber, Nachtschweiss, Hepatosplenomegalie, diskreter

Hepatitis, Polylymphadenopathie

Transmission sexuell

Serologie bei negativem Resultat wiederholen

CMV

Kann reaktivieren: IgM können wieder positiv werden

IgG-Avidität kann hier weiterhelfen: Hohe Avidität spricht für eine

Infektion vor mindestens 3 bis 6 Monaten

Katzenkratzkrankheit

Diagnose: Anamnese, Inokulationspapel

Serologie IgG (Sensitivität 86%, Spezifität 96%), wiederholen

nach ein paar Wochen

ev. Direktnachweis der Bartonellen mit PCR aus Biopsie

Frau. *1975

Bisher gesund, verschiedene Tropenreisen, zuletzt im Okt. 05 in Guatemala und im März 06 eine Woche Nairobi ohne Malariaprophylaxe.

Während und nach den beiden letzten Reisen keine gastrointestinalen Beschwerden, keine Diarrhoe, keine Flatulenz, kein Fieber.

Anfangs Juni 06 akut Fieber bis 39,5°C und rechtsseitige Bauchschmerzen

Leukocytose von 18 G/l und CRP von 150 mg/l

Malariaausstrich am 17.06.06 1x negativ Leber- und

Pankreaswerte im Normbereich. Urinstatus unauffällig

Verlauf

18.06.06: Problemlose CT-gesteuerte Punktion von 2 Abszessen mit Entleerung von

schokoladebrauner Flüssigkeit, keine neutrophilen Granulozyten; im

Grampräparat keine Mikroorganismen, Kultur ohne Wachstum

20.6. Amöbenserologie stark positiv (74 AE/ml bei Norm <1)

Yersinienserologie negativ

Stuhl 3x ohne Darmparasiten. Amöben-Antigen nicht gesucht

Ihre Diagnose?

Diagnose

Haque, NEJM 2003;348:1565

Amöbenabszesse meist singulär

3/390 multipel

Bras J Infect Dis 2003;7:96

Amöbiasis

Meist asymptomatische Infektion

ca. 10% machen Colitis bei Invasion der Colonschleimhaut

Weiterverbreitung in Leber via Portalvene bei <1%

Amöben induzieren Apoptose von Leberzellen und Neutrophilen

Granulozyten

Grosse „Abszesse“ ohne Eiter, die unbehandelt weiterwachsen

(Sardellenpaste)

Pertussis

Nachweis heute im akuten Stadium mittels PCR aus

respiratorsichen Sekreten oder Rachenabstrich.

Serologie allenfalls nach 3 – 4 Wochen Krankheitsdauer, wenn

PCR bereits wieder negativ ist

Immunität bzw. positive Serologie verschwindet mit der Zeit wieder.

Reinfektionen bei Erwachsenen

Masern

Serologie zuverlässig

IgM sind positiv bei klinischem Exanthem

Erregernachweis mit PCR aus Wangenabstrich in ersten 2 Wochen

möglich

HSV-1, HSV-2, VZV

Bei vesikulärem Exanthem: Abstrich aus Bläschengrund

Direktnachweis mit PCR

Direkte Immunfluoreszenz

Serologie nur epidemiologische Bedeutung

- VZV IgG bei Pflegepersonal

Respiratorische Viren

Nachweis mittels PCR

Keine Serologie mehr

Adenoviren

humanes Metapneumovirus

Influenza A, B,

Parainfluenza 1 – 3

Respiratory Syncytial (RSV) A

Frau, *1961

21.8. Kopfschmerzen, subfebril, Hüsteln, unwohl.

29.8. Nicht besser. T bis 38.6°C. Kopfschmerzen, AZ-

Verminderung. Obstipation, diffuse Abdominal-

beschwerden. CRP um 50 und BSR um 80.

9.9. Fieberschübe bis 38.8°C. Übrige Symptome idem.

CRP und BSR idem. Im Sono Thorax fraglich

vergrösserte präaortale Lymphknoten.

Labor vom 13.9.

Hb 139, Tc 414

Lc 9, 49% Neutrophile, 19% stabkernige, 1% Eosinophile, 3%

Monozyten, 27.5% Lymphozyten

BSR 60, CRP 54

Elektrolyte, Leberwerte, Nierenparameter normal

Serologie vom 9.9.

CMV IgM und IgG negativ

EBV VCA IgG 1701 (-200), VCA IgM negativ, EBNA

IgG positiv

Legionella negativ

Listeria negativ

Influenza A u. B negativ

Adenovirus negativ

Coxsackie grenzwertig

ECHO-Viren grenzwertig

Serologie vom 9.9. Forts.

Borrelia negativ

FSME IgG und IgM negativ

Leptospiren negativ

C. burnetii negativ

Rickettsia conorii und mooseri IgG und IgM 1:64 – 1:256 (<64)

Brucella Agglutination positiv.

IgM, IgG und IgA positiv.

B. melitensis AK positiv

Brucellose

2 - 4 Wochen nach Inokulation unspezifische Symptome: Fieber,

Schweissausbrüche, Malaise, Inappetenz, Gewichtsrückgang, Kopf- und

Rückenschmerzen

Gastrointestinale Beschwerden bei 70%

Leber: 100%. Enzymatisch oft stumm. Granulome bei B. abortus, diffuse

Infiltration bei B. melitensis

Skelett: 20-60% Sacroileitis, Arthritis, Spondylitis, Osteomyelitis

ZNS: <5% Meningitis, Encephalitis. Depression

Herz: <2% Endocarditis

Frau, *1976

Pathologin im Tiermedizinischen Institut

Sektion von 2 im Zoo gestorbenen Totenkopfaffen

Affe 1 hatte scheinbar Sepsis mit E. coli

Affe 2, der 4 Tage später starb hatte Gram-negative Sepsis

Anamnese

Sektion beider Affen mit Handschuhen, Schürze, ohne Mundschutz

3 Tage nach Autopsie Halsschmerzen, Unwohlsein, Fiebergefühl,

thorakales Oppressionsgefühl, verminderte körperliche

Leitungsfähigkeit

Bergwanderung mit Freund; „unspezifische“ Symptome nicht weiter

beachtet bis Diagnose beim Affen erkannt

Befunde

Guter AZ

3 kleine Ulcera Zunge und Wange

Fragliche diffuse Raumforderung Jugulum, sonst normale

Lymphknotenstationen

Unauffälliger Auskultationsbefund

Normale Haut

Afebril, keine Leukozytose, CRP 40