Rolle der Suchtberatung im behördlichen Gesundheitsmanagement Fachtagung der BAG Königswinter...

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Rolle der SuchtberatungRolle der Suchtberatungim behördlichenim behördlichen

Gesundheitsmanagement Gesundheitsmanagement

Fachtagung der BAGFachtagung der BAGKönigswinter 22.05.2012Königswinter 22.05.2012

Dr. med. Hubert BuschmannDr. med. Hubert BuschmannChefarzt der AHG Klinik TönissteinChefarzt der AHG Klinik Tönissteinwww.wir-machen-unabhaengig.dewww.wir-machen-unabhaengig.de

Warum BGM?Warum BGM?

• … …Managementstrategie, die auf die Managementstrategie, die auf die individuelle Gesundheit und die „gesunde individuelle Gesundheit und die „gesunde Organisation abzieltOrganisation abzielt

• … …bedeutet Wertschätzung, Fürsorge, aber bedeutet Wertschätzung, Fürsorge, aber auch Leistungsfähigkeitauch Leistungsfähigkeit

• … … nimmt Einfluss auf die nimmt Einfluss auf die Leistungsfähigkeit, Kultur und Image einer Leistungsfähigkeit, Kultur und Image einer BehördeBehörde

Warum BGM?Warum BGM?

• umfassender Gesundheitsbegriff unter umfassender Gesundheitsbegriff unter dem Aspekt der Salutogenesedem Aspekt der Salutogenese

• persönliche Handlungskompetenz und persönliche Handlungskompetenz und Gesundheit als dynamischer Prozess im Gesundheit als dynamischer Prozess im Gegensatz zu den klassischen defizitären, Gegensatz zu den klassischen defizitären, passiven Krankheitsverständnispassiven Krankheitsverständnis

• gerade im Bereich der Sucht aber auch gerade im Bereich der Sucht aber auch Ansprache, Konsequenzen, auch rechtlichAnsprache, Konsequenzen, auch rechtlich

Ziele des BGMZiele des BGM

• Systemische Beachtung gesundheitlicher Systemische Beachtung gesundheitlicher Themen bei einzelnen Mitarbeitern und Themen bei einzelnen Mitarbeitern und aktive Rolle der Behörde in der Überwindung aktive Rolle der Behörde in der Überwindung der Krankheit zur dauerhaften Stabilisierung der Krankheit zur dauerhaften Stabilisierung der Dienst- und Verwendungsfähigkeitder Dienst- und Verwendungsfähigkeit

• im somatischen Bereich geringe Hürden, im somatischen Bereich geringe Hürden, bei psychischen Erkrankungen mit bei psychischen Erkrankungen mit Unsicherheiten besetztUnsicherheiten besetzt

Ziele des BGMZiele des BGM

• im somatischen Bereich: Rückenschule, im somatischen Bereich: Rückenschule, Koronarsportgruppen, Sportgruppen, Koronarsportgruppen, Sportgruppen, Fitness, WellnessFitness, Wellness

• im psychischen Bereich: Mobbing, im psychischen Bereich: Mobbing, Burnout, Depression, PTBS, aber v.a. oder Burnout, Depression, PTBS, aber v.a. oder auch:auch:

• Suchtmittelkonsum !Suchtmittelkonsum !

Ziele des BGMZiele des BGMSomatisch vs. psychischSomatisch vs. psychisch

• Trennung in körperliche und psychische Trennung in körperliche und psychische Erkrankungen nicht sinnvoll, dennErkrankungen nicht sinnvoll, denn

• Suchtpatienten sind keine gesunde Suchtpatienten sind keine gesunde PatientenPatienten

SuchtmittelkonsumSuchtmittelkonsumHäufigkeit bei 14-75 Jährigen (BRD)Häufigkeit bei 14-75 Jährigen (BRD)

Alkohol (Alkohol (>>))

Abhängigkeit: 7%Abhängigkeit: 7% Schädlicher Gebrauch: 8%Schädlicher Gebrauch: 8% 10% in Arztpraxen10% in Arztpraxen 20% im Allgemeinkrankenhaus20% im Allgemeinkrankenhaus 50% in Unfallchirurgie etc.50% in Unfallchirurgie etc. Gipfel 43. LebensjahrGipfel 43. Lebensjahr

SuchtmittelkonsumSuchtmittelkonsumFolgeschädenFolgeschäden

AlkoholAlkohol ZNS: Abbausyndrome, Cerebellare Syndrome, hirnorg. AnfälleZNS: Abbausyndrome, Cerebellare Syndrome, hirnorg. Anfälle

Nachlassendes Leistungsvermögen, vermehrte GereiztheitNachlassendes Leistungsvermögen, vermehrte Gereiztheit Depressive VerstimmungenDepressive Verstimmungen

PNS: PolyneuropathienPNS: Polyneuropathien LeberparenchymschädenLeberparenchymschäden Verdauungstrakt, PancreasVerdauungstrakt, Pancreas Blutbildendes System, Infektanfälligkeit, KrebsrisikoBlutbildendes System, Infektanfälligkeit, Krebsrisiko Herz- Kreislaufsystem (Cardiomyopathie, art. Hypertonie)Herz- Kreislaufsystem (Cardiomyopathie, art. Hypertonie) Stoffwechselerkrankungen (Gicht, Hypercholest., Diabetes M.)Stoffwechselerkrankungen (Gicht, Hypercholest., Diabetes M.) Hautveränderungen (Rhinophym, Ulcus)Hautveränderungen (Rhinophym, Ulcus) Hormonelle VeränderungenHormonelle Veränderungen

MedikamenteMedikamente Vergleichbar Alkohol, OrganspezifischVergleichbar Alkohol, Organspezifisch

Prävention im Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen

Genuss/Lebensqualität Schäden

Alkoholindustrie

Auflösung des Spannungsfeldes gesundes Verhalten

• TrinkmengeTrinkmenge

• TrinksituationTrinksituation

• KontrolleKontrolle

• negative Konsequenzen vermeidennegative Konsequenzen vermeiden

Auflösung des Spannungsfeldes gesundes Verhalten

Kritische Grenzwerteunterschieden nach Männern und Frauen:

Männer: 24g (ca. 2 Gläser Wein a 0,2l)Frauen: 12g (ca. 1 Glas Wein a 0,2l)1Liter Bier etwa 40g Reinalkohol

Individuelle Konsummuster:

abhängig von Lebensgewohnheiten, Erfahrungen, Lebensalter, Gesundheitszustand, Trinksituation etc.

Spannungsfeldes kritisches Verhalten

• schädlicher Gebrauch trotz negativer schädlicher Gebrauch trotz negativer Konsequenzen im körperlichen, Konsequenzen im körperlichen, psychischen, sozialen Bereichpsychischen, sozialen Bereich

• Abhängigkeit, KontrollverlustAbhängigkeit, Kontrollverlust

• es nicht mehr (immer) gelingt, es nicht mehr (immer) gelingt, Konsummenge, Zeitpunkt (Beginn-Ende) Konsummenge, Zeitpunkt (Beginn-Ende) selbst zu bestimmenselbst zu bestimmen

• „ „externe“ Kontrolle, Schuldgefühle, externe“ Kontrolle, Schuldgefühle, AnspracheAnsprache

Prävalenzraten stoffgebundener Süchte

Abhängigkeit Mortalität

Alkohol 1,7 Mio 42.000

Tabak 14,3 Mio 120.000

stimmungs...Medikamente 1,9 Mio ?

Illegale Drogen 300.000 1000 (2011)

Konsummuster und Kosten

0

20

40

60

80

100

abstinent "normal" riskant schädlich abhängig

Kriterien der Abhängigkeit

• Dosissteigerung (Toleranzsteigerung)

• Entzugssymptome

• Häufiger Konsum von größeren Mengen und länger als beabsichtigt

• Anhaltender Wunsch aber erfolglose Versuche, den Substanzgebrauch auf Dauer zu verringern oder zu kontrollieren

• Anstrengung und zeitlicher Aufwand, Substanz zu beschaffen oder sich von den Folgewirkungen zu erholen

• Soziale, berufliche und Freizeitaktivitäten werden vernachlässigt

• Fortgesetzter Substanzmissbrauch trotz der in vielen Bereichen bereits aufgetretenen Problemen

Risikofaktoren

TrinkverhaltenBeginn, Dauer,

Intensität

Peergroupsubgruppen- spezifische

Normen

FamilieWirkung,

Alkohol +, Modell, Belastung

PersönlichkeitImpulskontrolle,

Frustrationstoleranz, Selbstwerterleben

Genetik; Biologie Belohnungszentrum,

Verträglichkeit, Schädigungen

BelastungenArbeitslosigkeit,

Mobbing, Trauma

SuchtmittelWirkung,

Verfügbarkeit

SubstanzenCrack

KokainCannabis/THC

Heroin Ecstasy/Amphetamine

Nachtschattengewächse

LSD

Pilze

Spielsucht/Glücksspielsucht (pathologisches Glücksspiel)

Erscheinungsformen

• Casino, RouletteCasino, Roulette

• AutomatenspielAutomatenspiel

• Online-SpieleOnline-Spiele

• Wetten, Sportwetten, PferdewettenWetten, Sportwetten, Pferdewetten

• LotterieLotterie

• BörseBörse

• pathologischer PC-Gebrauch (WoW)pathologischer PC-Gebrauch (WoW)

Spielsucht/Glücksspielsucht (pathologisches Glücksspiel)

Symptome

• ImpulskontrollstörungImpulskontrollstörung

• Sozialer AutismusSozialer Autismus

• SchuldenSchulden

• PC: Komorbidität zu THCPC: Komorbidität zu THC

• 100.000 bis 350.000100.000 bis 350.000

• junge Männerjunge Männer

• Problemstellung mit weiter Verbreitung, Problemstellung mit weiter Verbreitung, gerade auch bei den versch. gerade auch bei den versch. Arbeitsbereichen der PolizeiArbeitsbereichen der Polizei

• Hohes Erkrankungsrisiko mit weitreichenden negativen Konsequenzen für Person, ihr Umfeld und Arbeitsplatz

• Präventions- und Interventionsmaßnahmen sind nachgewiesenermaßen erfolgreich

Begründung der behördlichen Begründung der behördlichen SuchtpräventionSuchtprävention

• Arbeitsrecht / Beamtenrecht

• Unfallverhütung

• Versicherungsrecht (Haftung)

• Dienstvereinbarung

• Verantwortung für die Person (Familie)

• für die Kollegen

• für die Behörde und deren Leistungskraft und Image

Begründung der behördlichen Begründung der behördlichen SuchtpräventionSuchtprävention

• top-down-Projekt

• Alkohol und Dienst passen nicht zusammen

• Regeln bestehen und werden verbindlich eingehalten

• Ressourcen für die Suchtberatung müssen verbindlich, vertraulich, supportiv, aber auch eindeutig sein

Voraussetzungen im behördlichen Umfeld

Die Behörde erkennt die hervorragende Bedeutung der Suchtberatung und hat sich

•grundsätzlich für gesundheitsbezogene Kultur entschieden,

•Mittel und Maßnahmen werden bereitgestellt,

•Führungskräfte setzen die Vorgaben um und

•das behördliche Gesundheitsmanagement mit Akteuren vor Ort und außerhalb unterstützt diesen Prozess

Voraussetzung zum Gelingen des Prozesses

Auffälligkeiten im Dienstverhalten

• Kurze oder nicht nachvollziehbare Abwesenheiten während des Dienstes oder ganzer Arbeitstage

• Entschuldigungen durch Dritte

• Unzuverlässigkeit, Konzentrationsmängel, fehlerhafte Arbeitsergebnisse, versäumte Termine

• Beschwerden über den Beamten

Auffälligkeiten im Sozialverhalten

• Wechselhafte Stimmungen

• Unberechenbarkeit zwischen „Bester Freund und Nichtbeachtung“

• unangemessen aggressiv oder devot, distanzlos

• Rückzugstendenzen

• Unzugänglichkeit für gute Ratschläge oder Kritik

• Schuldzuweisung, Verschwörungstheorien, Mobbing, etc.

Auffälligkeiten im äußeren Erscheinungsbild (Alkohol)

• Ungepflegt, nachlässig, gerötete Gesichtsfarbe, teilweise aufgedunsenes Gesicht

• Schweißausbrüche, diverse Körpergerüche von Pfefferminz über Knoblauch bis Rasierwasser, viel Parfum

• Gangunsicherheit und/oder Überkontrolle der Bewegung, unkonzentriert, umständlich

• Artikulationsprobleme, sprachlich verlangsamt oder besonders betont überdeutlich,Alkoholfahne etc.

Effektive Reaktion

verständlich, abernicht hilfreich nicht beachten

verharmlosen

erklären

entschuldigen

anklagen

ausgrenzen

verteufeln

hilfreich und sachdienlichbeobachten

Ernst nehmen

als mögliches Problem einschätzen

klar ansprechen

konsequent handeln

Hilfe aufzeigen

KLARe – Haltung als Aufgabe aller!

EinsichtIch habe eine gefährdete Person vor mirIch habe das Spiel lange mitgespieltIch werde KLAR anders vorgehen

KonsequentAuf auffälliges Verhalten hinweisen, Kontakte zur Beratern ermöglichen, Verhaltensänderungen einfordern und konkret vereinbaren, Einhalten von Absprachen verfolgen

LoslassenDas Problem erkennen und AkzeptierenVerantwortung an die Person zurückgebenUnterstützung auf dem Weg zusichern

AbgrenzenIch glaube, Du schaffst dasEs ist Deine EntscheidungDu musst wissen, wohin Du willst

RedenIch rede mit und nicht über die PersonIch suche selbst Beratung auf, wenn in meinem Umfeld ein Suchtproblem ist

Fazit

• Suchterkrankungen zu den häufigsten Erkrankungen gehören

• sie sinnvoll und hocheffektiv ist

• sie eine wichtige Rolle im behördlichen GM spielt

• viele Begleiterkrankungen „mitbehandelt“ werden

• sie zur Erfüllungen von Fürsorgepflicht, aber auch Mitwirkungspflicht beiträgt

• sie nicht ausgrenzt sondern die Dienst- und Verwendungsfähigkeit stabilisiert

Suchtberatung im behördlichenSuchtberatung im behördlichenGesundheitsmanagement ist wichtig und Gesundheitsmanagement ist wichtig und erfolgreich, weilerfolgreich, weil

Vielen Dank!