RN-FOTO KLAPSING-REICH Wehmut, Wodka und Wick …€¦ · Davies Jr., Eric Clapton und anderen auf....

Post on 29-Jul-2018

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Von Anke Klapsing-Reichleine Literaturforma-te kommen heute zugroßen Ehren“, hatteKulturamtsleiterin

Sabine Podlaha am Samstag-abend die Kooperationsveran-staltung von Kulturbüro,Stadtbibliothek und Corne-lia-Funke-Baumhaus einge-läutet – und da stürmten auchschon die „großen Formate“des Abends die Bühne imVHS-Forum: Das Schauspie-ler-Ehepaar Christine Som-mer und Martin Brambach –bekannt aus der Fernseh- undTheaterwelt. Den beiden zurSeite (und Saite) stand Mat-thes Fechner, der die Lesungmit Gitarre und Blues-Songsbestens begleitete.

Ohne große Vorrede rührtedas Paar auch gleich nach derRezeptvorlage von Ruhrpott-Autor Frank Goosen den ers-ten Cocktail an: Man nehmeeine leere, gründlich gespülte

K1-Liter-Flasche, kippe 0,7 Li-ter Wodka hinein, löse darineine Tüte Wick-Blau-Husten-bonbons auf und lasse dasGanze mit mehrmaligemDurchschütteln etwas „arbei-ten“ – fertig ist „Wodka-Wick-Blau“. „Den lassen wirjetzt etwas gären“, schüttelteMartin Brambach das Killer-Gebräu vor erwartungsvollenPublikumsaugen kräftigdurch, „dann können Sie inder Pause selbst probieren“.

Spüli, Pommes und MückeCocktails und Bars, Zigaret-ten und Petticoats – die Sehn-sucht nach der „amerikani-schen Glitterwelt“ trieb in derNachkriegszeit so manchenins schwärmerische Träumen.Und immer waren es dieschwarzhaarigen Ladys imeng anliegenden Kleid mit derZigarettenspitze zwischenden knallrot lasziv geschürz-ten Lippen, die die Männer-

welt ins Unglück stürzten.Um Sex und Drugs und

Rock’n‘Roll geht’s auch beiSpüli, Pommes, Mücke unddem Ich-Erzähler Frank Goo-sen: Die Jungs träumen voneiner Karriere als Rockmusi-ker. Doch bevor sie anfangen,ein Instrument zu erlernen,wollen sie an ihrer Biografiearbeiten, und die muss skan-dalös und schmutzig sein.

Die frustrierte Ehefrau ei-nes Friedhofswärters, die ihreEhe in ihrer eigens geschaffe-nen Parallelwelt übersteht,das Pärchen, das mit Glücks-pillen nach Bewusstseinser-weiterungen sucht, der Opa,der posthum durch seinenEnkelsohn das lange gehüteteGeheimnis lüften lässt, dasser seine launische Ehefraujahrelang mit der Oberstei-ger-Gattin aus dem Nachbar-haus betrogen hat – ChristineSommer und Martin Bram-bach bringen die Geschichten

von Franz Goosen, MichaelKlaus und Ezra Pennekampüber den kleinen Mann, seineSehnsüchte und (zerplatzten)Träume als inszeniertesSchauspiel auf die Bühne: Daspringt Brambach euphori-siert auf den Stuhl oder flehtdie Kassiererin auf Knien umeine Payback-Karte an. Daschwellen ihm vor Zorn dieAdern im Hals, währendChristine Sommer überzeu-gend die traurig-naive oderbekiffte Partnerin mimt.

Blues-SongsMatthes Fechner nimmt dieThemen der Texte in seinenwunderbar interpretiertenBlues-Songs von Armstrong,Davies Jr., Eric Clapton undanderen auf. Und wer auchgerne einmal mit solch mar-kanter, rauchiger Stimme sin-gen möchte, der kann’s ja malmit einer Lage Wodka-Wick-Blau versuchen.

Wehmut, Wodka und Wick-BlauDORSTEN. Auf ihrer literarischen Reise „Von Gelsenkirchen bis Hollywood“ machten Christine Sommer,

Martin Brambach und Matthes Fechner auch Station in Dorsten – und begeisterten ihr Publikum.

Eine wahrhaft bewegte Lesung: Da springt Martin Brambach auch schon ´mal auf den Stuhl und seine Schauspieler-Kollegin und Ehefrau Christine Sommerwedelt sich in andere Bewusstseins-Sphären. RN-FOTO KLAPSING-REICH

Matthes Fechner begleitetedie Lesung mit Blues-Songs,die von Menschen und ihren(zerplatzten) Träumen erzäh-len. RN-FOTO KLAPSING-REICH