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Risiken und Chancen

der Gentechnik

Gliederung des Vortrages:1 Wie funktioniert Gentechnik

2 Welche Gentechnik-Arten gibt es

3 Kennzeichnung

4 Risiken der Gentechnik

5 Gentechnikgesetz

6 Situation in anderen Ländern

7 Patentierung

8 Position des Bayerischen Bauernverbandes

9 Ausblick

Wie funktioniert Gentechnikbzw. Genübertragung

Genübertragung durch:

1 Bakterien

2 Genkanonen

3 Protoplasten-Transformation

In einem Selektionsverfahren werden die Pflanzen ausgesucht, die gewünschte Eigenschaften enthalten und keine anderen Veränderungen zeigen

„Rote Gentechnik“

Prinzip: Herstellung von Medikamenten bzw. Impfstoffen durch gentechnisch veränderte Mikroorganismen

1 Insulin:

früher: Insulingewinnung aus der Bauchspeicheldrüse geschlachteter Rinder oder Schweine

heute: Insulingewinnung durch Mikroorganismen, in die ein menschliches Gen eingeschleust wurde (bessere Verträglichkeit)

2 Behandlung von Hepatitis, Multiple Sklerose

3 Transplantationsmedizin, Behandlung von Krebs

4 Impfstoffe: Aujeszkysche Krankheit, Hepatitis B, Cholera

•Aminosäuren (in Nahrungsergänzungsmitteln, Diätnahrung)

•Ascorbinsäure (E 300, Vitamin C)

•Beta-Carotin (E 160 a, gelber Farbstoff)

•Biotin (Vitamin H, z. B. in Babynahrung)

•Glutaminsäure (Salze der Glutaminsäure dienen als Geschmacksverstärker, E 621-E 625, z. B. in Fertigprodukten)

•Lecithin (E 322, Herstellung aus Soja, verbindet fett- und wasserhaltige Zutaten, z. B. in Schokolade)

•Zitronensäure (E 330, Antioxidationsmittel, z. B. in Limonaden, Säuglingsnahrung, Backpulver)

„Weiße Gentechnik I“Zutaten bzw. Zusatzstoffe, bei denen Gentechnik eine Rolle spielt

bzw. spielen kann

„Weiße Gentechnik II“Technische Hilfsstoffe, bei denen Gentechnik

eine Rolle spielt bzw. spielen kann

1 Amylase (Brot- und Backwarenherstellung)

Amylasen spalten Stärke in Glucose; z. B. Produkt „Novamyl“; durch Einsatz dieser Amylase bleibt Brot länger frisch

2 Pektinase (Fruchtsaftherstellung)

Pektinasen unterstützen die Klärung des frisch gepressten Mosts.

3 Chymosin (Käseherstellung)Bewirkt als Labferment die Milchgerinnung; Auszug aus dem populären Lexikon der Gentechnik von Spahl/Deichmann: “Würde die weltweite Käseherstellung wieder nur auf Kälbermagen-Enzym umgestellt, müssten dafür jährlich schätzungsweise 70 Mio. Kälber geschlachtet werden“

„Grüne Gentechnik“

1 Herbizidresistenz (Toleranz gegenüber Glyphosat; Totalherbizid Roundup: Sojabohnen, Mais, Baumwolle)

2 Insektenresistenz (z. B. gegen Maiszünsler; gentechnisch veränderter Mais kann Bt-Toxin produzieren)

3 Kombination aus 1. und 2.

4 Nachwachsende Rohstoffe

5 Weitere Bereiche

KennzeichnungGrundsätzlich unterliegen alle Lebens- und Futtermittel bzw. deren Zutaten und Zusatzstoffe der Kennzeichnungspflicht,

1 wenn sie ein gentechnisch veränderter Organismus sind oder

2 wenn sie aus gentechnisch veränderten Organismen

hergestellt sind oder

3 wenn sie gentechnisch veränderte Organismen über den

Schwellenwert von 0,9 % enthalten

Es müssen Kennzeichnungsinformationen vom Erzeuger über die Verarbeiter bis zum Supermarkt weitergegeben werden

Beispiele• Gentechnisch veränderte Kartoffel: kennzeichnungspflichtig

• Öl aus gentechnisch verändertem Soja: kennzeichnungspflichtig

• Stärke aus gentechnisch verändertem Mais: kennzeichnungspflichtig

• Fleisch bzw. Milch von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert worden sind: nicht kennzeichnungspflichtig

• Käse, der mit Hilfe von Chymosin hergestellt worden ist, das von gentechnisch veränderten Bakterien stammt: nicht kennzeichnungspflichtig

Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ IVoraussetzungen für tierische Lebensmittel:

• Lebensmittel und Zutaten dürfen keine (GVO) sein, nicht aus GVO hergestellt werden oder aus GVO bestehen

• Der Einsatz von Futtermittel-Zusatzstoffen, die mit GVO erzeugt wurden, ist erlaubt

• Die Verwendung gentechnisch hergestellter Tierarzneimittel ist erlaubt

• Die Zeiträume, innerhalb deren eine Verfütterung von nach EU-Gentechnikrecht kennzeichnungspflichtigen Futtermitteln unzulässig ist, wurden wie folgt festgelegt:

• Rinder: 12 Monate und mindestens ¾ ihres Lebens

• Schweine: 4 Monate

• Milchproduzierende Tiere: 3 Monate

• Unbeabsichtigte Verunreinigungen unter 0,9 % stehen der Kennzeichnung nicht im Weg!

Kennzeichnung „ohne Gentechnik“II

Voraussetzungen für pflanzliche Lebensmittel:

• Auch bei der Produktion pflanzlicher Lebensmittel dürfen keine Lebensmittel und Lebensmittelzutaten verwendet werden, die gemäß dem Gentechnikrecht als „genetisch verändert“ zu kennzeichnen sind

• Im Vergleich zu den tierischen Lebensmitteln gilt für zufällige oder technisch unvermeidbare Beimischungen von GVO allerdings nach wie vor quasi eine Nulltoleranz

• Bei der Zubereitung bzw. Bearbeitung der Lebensmittel sind Zutaten, Enzyme und technologische Hilfsstoffe, die mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen erzeugt wurden, nur dann zulässig, wenn keine konventionell hergestellten Alternativprodukte auf dem Markt verfügbar sind. Dies entspricht den Anforderungen der Erzeugung ökologischer/biologischer Lebensmittel

Risiken der Grünen Gentechnik•Antibiotika-Resistenz (Antibiotikaresistenzgenübertragung ab 2005 verboten; für Versuchszwecke bis 2008 erlaubt!)

Resistenzgene umfassen:

- Kanamycin (Augensalben)

- Ampicillin (innerliche Anwendung)

- Streptomycin (u. a. Reserveantibiotikum)

•Allergiepotential (neue Allergene)

•Gefährdung der Nicht-Zielorganismen (Tiere, Pflanzen)

•Resistenz von Schädlingen/Krankheitserregern (Evolution)

•Auskreuzung

Gentechnikgesetz I•Umsetzung der sog. EU-Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG (Regelung der Freisetzung von GVO)

Artikel 22 „Unbeschadet des Artikels 23 (Schutzklausel) dürfen Mitgliedstaaten das Inverkehrbringen von GVO als Produkte oder in Produkten, die den Anforderungen dieser Richtlinie entsprechen, nicht verbieten, einschränken oder behindern“

•Inhalte des Gentechnikgesetzes

•Einrichtung eines Bundesregisters

•I) Öffentlich zugänglich: Gemeinde, Postleitzahl

•II) Personenbezogene Daten: Personen mit berechtigtem Interesse (benachbarte Landwirte, Imker)

•Verschuldensunabhängige, gesamtschuldnerische Haftung

•Ausgleichsanspruch für Verunreinigungen <0,9 % nicht geregelt!!!

•Regelung der „guten fachlichen Praxis“

Gute fachliche Praxis1 Zwischen einem Feld mit GV-Mais und der nächsten

konventionell bewirtschafteten Maisfläche ist ein Mindestanstand von 150 Metern vorgeschrieben

2 Der Mindestabstand zu Öko-Mais beträgt 300 Meter

3 Spätestens drei Monate vor der Aussaat muss ein „GVO-Landwirt“ seine Nachbarn darüber informieren, wenn er GV-Pflanzen anbauen will

4 Innerhalb eines Monats muss der Nachbarbetrieb mitteilen, ob ein Anbau von nicht-GV-Pflanzen derselben Kulturart geplant ist. Der „GVO-Landwirt“ ist dann verpflichtet, seinen Anbau entsprechend anzupassen

5 Antwortet der Nachbar nicht, kann der „GVO-Landwirt“ davon ausgehen, dass er wie geplant anbauen kann

1 Niederlande

Kein Gesetz; dafür freiwillige Vereinbarung zwischen allen Wirtschaftsbeteiligten. Leitlinien für GVO-Kartoffeln, GVO-Zuckerrüben, GVO-Mais (Abstand zwischen GVO-Mais und nicht GVO-Mais: 25 Meter; Abstand zwischen GVO-Mais und Ökomais: 250 Meter).Haftungsfonds, in den alle Wirtschaftsbeteiligte einzahlen (auch Ökobauern).

2 Dänemark

Fondslösung (jeder Landwirt, der GVO anbaut, muss 13,4 €/ha zahlen; Entschädigungsanspruch, wenn „nicht GVO-Waren“ über 0,9 % GVO aufweisen)

3 Schweiz

Kommerzieller Anbau von GVO-Pflanzen wurde per Moratorium am 26.11.2005 für 5 Jahre verboten

Situation in anderen Ländern

Patentierung IGeschichte des Patentschutzes:

•Venediger Erfindungsstatut (erste Regelungen zum Schutz technischer Erfindungen aus dem Jahr 1474)

•Statue of Monopolies (England, 1624)

•Reichspatentgesetz (Deutsches Reich, 1877; erstes Patent zur Herstellung von Ultramarinblau erteilt)

•Europäische Biopatentrichtlinie 98/44/EG (2005 in das deutsche Recht übernommen)

Patentierung IIObwohl Pflanzensorten vom Patentschutz ausdrücklich ausgenommen werden, können pflanzensortenübergreifende Erfindungen patentiert werden (z. B. durch Gentechnik erzielte Herbizidresistenz für alle Getreidesorten)Problem 1: Durch die Möglichkeit der Patentierung von Pflanzen wird die Umgehung des Patentverbotes von Sorten ermöglicht (Umgehungspatente)

Problem 2: Eventuell parallele Geltung von Patent- und Sortenschutzrecht; langfristig wird das Sortenschutzrecht vom Patentrecht verdrängt werden

Problem 3: Neue Sorten, die aus Sorten mit patentgeschütztem Material entwickelt worden sind, können nur mit Erlaubnis des Patentinhabers vermarktet werden

Beispiel für bereits erfolgtes zweifelhaftes Patent:

EP 445 929, Weizen mit besonderer Backqualität; Ergebnis konventioneller züchterischer Arbeit

Position der Kreisobmänner des BBV vom 04.05.2006 I

1. Wahlfreiheit zwischen gentechnisch veränderten und gentechnisch nicht veränderten Erzeugnissen

2. EU-weit gültiger Schwellenwert für zufällig und technisch unvermeidbare gentechnische Verunreinigungen in Saat- und Pflanzgut von möglichst 0,1 %

3. Die gute fachliche Praxis zum Gentechnikanbau muss EU-weit festgelegt werden. Dabei sind auch Wetterkapriolen hinsichtlich der Auskreuzungsproblematik zu berücksichtigen

Position der Kreisobmänner des BBV vom 04.05.2006 II

4. Forschung in Deutschland weiter notwendig

1. Optimale Koordinierung auf möglichst wenigen Standorten

2. Langzeitfütterungsversuche und Untersuchungen auf Auswirkungen im Ökosystem

5. Legislativer Rahmen für gentechnikanbaufreie Zonen. Hier ist der Berufsstand mit einzubeziehen

6. Problemstellungen, die durch BT-Mais gelöst werden sollen, sind eigenständig wie bisher z. B. durch angepasste Fruchtfolgen sowie ackerbauliche Maßnahmen zu lösen.

7. Der Bayerische Bauernverband lehnt die Patentierung von Pflanzen und Tieren entschieden ab.

Position der Kreisobmänner des BBVvom 04.05.2006 III

Ausblick:Neue klassische Züchtungsmethoden: z. B. Marker-assisted Selection:

•Züchter ermitteln, welche Genabschnitte welche Eigenschaften codieren.

•Weiß der Züchter, welches Genmuster signalisiert, ob eine Pflanze z. B. kälteresistent ist, kann er schon beim Keimling danach suchen

•Prof. Fried, Gießen: „Früher rechnete man 15 Jahre für eine neue Sorte. Mit Marker-assisted Selection sind es oft weniger als 10 Jahre“. Auch mit Gentechnik ist man kaum schneller

Streit innerhalb der Wissenschaft

•Vereinigung Deutscher Wissenschaftler: Gentechnik schädigt die Umwelt

•Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften: Forschungsfreiheit in der Gentechnik