Post on 06-Apr-2015
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Regionalplanertreffen Peithmann, 28.10.2004: Belange der Landwirtschaft in der Raum- und Umweltplanung -
Planungsansätze und Instrumente
Interesse an der räumlichen Anordnung
Vermeidung von Störungen mit anderen Raumansprüchen
• Wasserschutz• Immissionsschutz
– Wohngebiete– Erholungsgebiete– Wald
• Erhalt von Lebensräumen für Tiere und Pflanzen• Landschaftsbild
– Kulturlandschaftspflege– Erholungsräume
Nutzung spezifischer Raumpotenziale
• Nähe zu Siedlungsschwerpunkten– ab-Hof-Verkauf am Rand der Agglomerationen
• Nähe zu verarbeitenden Betrieben– Schlachtereien– Kühlhäuser– Kartoffelstärkefabriken– Molkereien
• Nutzung spezifischer Bodenqualitäten/Bodenprobleme– Bodenqualitäten für spezifische Pflanzenbedarfe– Beachtung von Kontaminationen– Beachtung von Pufferkapazitäten
Problemstruktur
physische Probleme
• Luftemissionen• Bodenbelastungen• räumliche Verteilung
Steuerungsprobleme
• § 35 BauGB• Historie (früher -> heute)• Regelungsentwicklung
früher
• Erscheinungsformen– Betriebe mit eigener Futtergrundlage als vollständige
Systeme– Integration in ein Hofgebäude– Mensch und Tier ggf. unter einem Dach– Misthaufen neben dem Stall
• (kein) Regelungsbedarf– landw. Betriebe sind per se außenbereichsverträglich– die Gemeinde spart Planungsaufwand– für "sperrige" Nutzungen gibt es die Planfeststellung und
die Vorbereitung in übergeordneten Plänen– für staatliche Vorhaben sind kommunale Planvorgaben
unerwünscht
heute
• Erscheinungsformen• Regelungsbedarf• Regelungslogik
des § 35 BauGB
Erscheinungsformen
• keine Flächenbindung durch Futterimport (national und betrieblich)
• Ställe in der Dimension von Gewerbebauten
• automatisierte Fütterung und Stallreinigung erlaubt extrem große Bestände/Arbeitskraft
• Standort abseits der Hofanlage möglich
Regelungsbedarf
• Abstände zu empfindlichen Nutzungen– Wohnen– Erholung– Fremdenverkehr
• Schutz von gestörten Raumfunktionen– Erholung– Fremdenverkehr
Regelungslogik des § 35 BauGB
• Erschließunggesichert– § 35 (1) 1.: regelmäßige Zulässigkeit: für
"bäuerliche" Betriebe nach § 201 (eigene Futtergrundlage)• Öffentliche Belange stehen nicht
entgegen– § 35 (1) 2.: Zulässigkeit im Einzelfall
• öffentliche Belange werden nicht beeinträchtigt
Regelungsentwicklung
• Ausgliederung aus § 35 BauGB durch Positivplanung – Bodenabbau (Regionalplanung)– Windenergie (Bauleitplanung)
• Option: Verzicht auf § 35 BauGB– d.h. Gleichstellung der Tierhaltung
mit Gewerbebetrieben
Lösungsanssätzeallgemein:
• Ordnungsrecht• Verhandlung• ökonomische
Instrumente
Ordnungsrecht
• Instrumente• Planungsebenen• Gegenargumente
Instrumente
• Negativplanung– Konkretisierung
entgegenstehender/beeinträchtigter Belange
• Positivplanung– Ausweisung von Gebieten für
gewerbliche Tierhaltung
Planungsebenen
• übergeordnete Planung(Regionalplanung)
• Planung der Gemeinde
übergeordnete Planung (Regionalplanung)
• Instrumente gem. § 7 ROG– Vorranggebiete– Vorsorgegebiete– Eignungsgebiete
• Zulässigkeit einer Regelung durch Raumordnung (Rechtfertigung gem. Art. 28 (2) GG)– Beeinträchtigung überörtlicher
Raumfunktionen– wegen regionaler Engpasssituation
Planung der Gemeinde
• Sondergebiete für gewerbliche Tierhaltung
• entgegenstehende Nutzungen– Flächen für die Landwirtschaft– Pufferflächen für Immissionsschutz– Wohngebiete, Gewerbegebiete
Gegenargumente
• Gebietsfremde kommen• Seuchenrisiko• nur wenige Flächen in
unmittelbarer Nähe vorhandener landwirtschaftlicher Betriebe
Verhandlung
• Moratorium• einzelbetriebliche
Bestandsobergrenzen
ökonomische Instrumente
• Lizenzmodell (Deckelung regionaler Bestandsdichten und Handelbarkeit von Rechten zur Tierhaltung)
niedersächsische Beispiele (1)
• Damme– Gutachter-Entwurf-F-Plan mit Sondergebiet für
gewerbliche Tierhaltung, Gebieten für die Landwirtschaft und übersetzten Wohn- und Gewerbegebieten
– Moratorium• Wangerland
– Versuch vertraglicher Vereinbarungen mit Landwirten; Erfolg ca. 50 Prozent
– Zonierungskonzept mit Emissionsobergrenzen im Bezug zur GIRL 52. als F-Plan-Änderung mit 3 Zonen Staubdichte
niedersächsische Beispiele (2)
• Friesoythe– F-Plan mit informeller Entwicklungsplanung,
Berücksichtigung einzelbetrieblicher Entwicklungswünsche
– 12 B-Pläne für Ortsteil Gehlenberg mit Gebieten für Landwirtschaft
• Garrel– F-Plan-E mit übersetzten Wohngebieten– Einzelgespräche mit Landwirten zur
Berücksichtigung durch Sondergebiete für einzelne Betriebe
niedersächsische Beispiele (3)
• Meppen– F-Plan-E Sonderbauflächen für gewerbl.
Tierhaltung wg Problemen mit der Darstellung bestehender Betriebe aufgegeben
– F-Plan-E mit Eignungsgebieten– B-Plan im Konfliktbereich von neuen
Wohngebieten und bestehenden gewerblichen Tierhaltungsanlagen
• Lathen– Gutachter-Entwurf F-Plan mit Sondergebieten für
gewerbliche Tierhaltung
Fazit (1):
Die Planungspraxis der Gemeinden in Niedersachsen, die um eine konfliktarme Regulierung der Standorte für
Anlagen der gewerblichen Tierhaltung bemüht sind, zeigt Unsicherheit und Vielfalt. In den meisten Fällen mussten mehrere Anläufe unternommen werden, um
ein geeignetes Instrumentarium zu finden. Die Regionalplanung unterstützt die Gemeinden durch
Nutzung der Ihnen mit dem LROP gegebenen Möglichkeiten nicht.
Fazit (2):Mit dem Experimentieren der Gemeinden geht Zeit
verloren, in der sich ungewünschte Zustände verfestigen können. Die Experimente sind Zeichen einer
unzureichenden Regulierung der Problematik im Baugesetzbuch und in der Raumordnung. Als einfache und klare Lösung erscheint vor dem Hintergrund der politischen Rhetorik zur Nachhaltigkeit die Streichung des § 35 aus dem Baugesetzbuch. Es erscheint nicht länger akzeptabel, dass ein verbales Ringen um die
Reduzierung von Flächenverbrauch und die Schonung des Außenbereichs zelebriert wird, die
verwaltungsvereinfachende Maßnahme der Streichung einer unzeitgemäßen Vorschrift jedoch nicht in Angriff
genommen wird.