Post on 26-Aug-2020
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Veranstaltung MIL & VKU:
Energiewende lokal gestalten
„Klimagerecht, digital, smart“,
Potsdam, 19.02.2020
Prof. Dr. Bernd Hirschl
IÖW – Institut für ökologische
Wirtschaftsforschung, Berlin
BTU Cottbus-Senftenberg
Regionale Wertschöpfungseffekte
durch die
Energie- und Mobilitätswende
Prof. Dr. Bernd Hirschl: Ökonomische Aspekte der Energiewende; Fachtagung MIL & VKU, 19.2.20, Potsdam
KurzvorstellungProf. Dr. phil. Dipl-Ing-Oec. Bernd Hirschl
– Leiter der Abteilung Nachhaltige Energiewirtschaft und Klimaschutz am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung IÖW (GmbH, gemeinnützig), Berlin
– seit 1985 Forschung und Politikberatung für nachhaltiges Wirtschaften
– Standorte Berlin und Heidelberg, über 60 Mitarbeiter/innen aus Wirtschafts- und Sozial-, Ingenieur- und Naturwissenschaften
– Langjährige Erfahrungen in der Analyse, Entwicklung und Bewertung von Innovationen und Märkten sowie politischen Instrumenten und Klimaschutzstrategien
– Unabhängig, 100% durch Drittmittel finanziert; überwiegend öffentliche Auftraggeber
– www.ioew.de
– Infoseite Prof. Hirschl IÖW
– Leiter Fachgebiet Management regionaler Energieversorgungssysteme an der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg (Lausitz)
– Website Fachgebiet: https://www.b-tu.de/fg-energieversorgungsstrukturen
– Infoseite Prof. Hirschl BTU
– Ausgewählte Funktionen
– Mitarbeit im Akademienprojekt Energiesysteme der Zukunft ESYS
– Sprecher des Berliner Klimaschutzrates 2
Prof. Dr. Bernd Hirschl: Ökonomische Aspekte der Energiewende; Fachtagung MIL & VKU, 19.2.20, Potsdam
Inhalt
– Ausgangslage
– Ökonomische Aspekte und aktuelle Entwicklungen der
– Stromwende
– Wärmewende
– Mobilitätswende
– Fazit
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Prof. Dr. Bernd Hirschl: Ökonomische Aspekte der Energiewende; Fachtagung MIL & VKU, 19.2.20, Potsdam
Die Ausgangslage – Klimaschutz und Energiewende müssen wieder Fahrt aufnehmen
4 Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg 2019: Energie- und CO2-Bilanz im Land
Brandenburg 2016
Kein rückläufiger
Trend beim EEV
Kaum Zunahme seit
mehreren Jahren bei
Erneuerbaren,
Fernwärme, Strom
Kaum
Verbesserungen bei
CO2-Emissionen
Prof. Dr. Bernd Hirschl: Ökonomische Aspekte der Energiewende; Fachtagung MIL & VKU, 19.2.20, Potsdam
Ökonomische Aspekte der Stromwende
– Günstigste Stromkraftwerke in Deutschland (Neubau): PV, Windenergie
– gilt bereits bei heutigen CO2-Kosten – und erst recht unter Berücksichtigung aller Umweltkosten und Risiken der fossilen Technologien
– Die Investitionskosten der Stromwende sind hoch, aber leistbar –Herausforderung ist die möglichst gerechte Verteilung der Kosten …
– Netzentgeltreform, Abgaben-/Umlagereform(en) etc.
– … und Nutzen: Die Dezentralität der Energiewende ist Chance und Belastung zugleich – Schlüssel ist auch hier: Beteiligung und ökonomische Teilhabe, bestenfalls Investition & Betrieb durch lokale Akteure!
– Stadtwerke, Bürgerenergieunternehmen, regionale Unternehmen, Prosumer –sowie Kooperationen dieser Akteure
– stärkere Regionalisierung des Strommarktes, Regional- und Mieterstrom-angebote – schaffen regionale Wertschöpfung und Beschäftigung
– Gesicherte finanzielle Mindestbeteiligung von Kommunen und Bürgern an „raumbedeutsamen EE-Anlagen“
– Für Windenergie aktuell auf Bundesebene in Entwicklung
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Prof. Dr. Bernd Hirschl: Ökonomische Aspekte der Energiewende; Fachtagung MIL & VKU, 19.2.20, Potsdam
Vertiefung: PV-Wind-Hybridanlagen auf Tagebauflächen bzw. in der Region
Ansatz
– Energieregion Lausitz zur Energiewenderegion transformieren
– Vorhandene Kompetenzen, Infrastrukturen und Flächen (anteilig und effizient) nutzen
– Aufbau der Kraftwerke möglichst synchronisieren mit Abschaltung von Blöcken (planerische Herausforderung)
– Regionalplanung braucht verbindliche EE-Ausbauziele und Kriterien
– These: hohe regionale PV- und Winderzeugung sind zukünftig Voraussetzung für die wirtschaftliche PtX-Nutzung
– Überschüsse UND dauerhaft günstiger Strom
– signifikante Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte für die Lausitz, insbesondere durch eigene Anlagen
6 Quelle: IFOK, IÖW, Prognos et al. (2018): Erneuerbare Energien-Vorhaben in
Tagebauregionen; Studie im Auftrag des BMWi
Prof. Dr. Bernd Hirschl: Ökonomische Aspekte der Energiewende; Fachtagung MIL & VKU, 19.2.20, Potsdam
Ökonomische Aspekte der WärmewendeAusgangslage: Stagnation
– Schwankende
Wärmeverbräuche,
seit einer Dekade
kein sinkender
Trend
– Keine signifikante
Zunahme in den
letzten Jahren bei
– Erneuerbaren
(seit Jahren ca.
14% = Zielwert
für 2020)
– Strom
(Sektorkopplung)
– Fernwärme
7 Quelle: www.umweltbundesamt.de/ (29.4.2019)
Prof. Dr. Bernd Hirschl: Ökonomische Aspekte der Energiewende; Fachtagung MIL & VKU, 19.2.20, Potsdam
Ökonomische Aspekte der Wärmewende
– Wirtschaftlichkeit erneuerbarer Wärme ist bei niedrigen (globalen) fossilen Preisen (inkl. CO2-Preisen) unter Druck – hierfür braucht es entsprechende Kompensationen
– ambitionierte CO2-Bepreisung und Förderung – aber auch stärkere Ausrichtung auf Klimaneutralität, da wo es zumutbar ist (z.B. Neubau, öffentliche Hand)
– Wirtschaftlichkeit allein macht noch keine Wärmewende – vielzahligeHemmnisse erfordern Maßnahmenbündel
– Investitionsrestriktionen privater Eigentümer, Investitionslogiken privater und kommunaler Unternehmen, Mieter-Vermieter-Dilemma, …
– Insbesondere die energetische Gebäudesanierung stagniert auf zu niedrigem Niveau
– hier muss mehr gefördert UND gefordert (und vollzogen) werden
– Die Fernwärme kann – insbesondere für den urbanen Raum – eine Lösung sein; hier fehlen aber noch gute Beispiele für klimaneutrale Fernwärme im Bestand
– Fernwärme als Plattform für EE&Abwärme nutzen, CO2-Anforderungen für Fernwärmebetreiber, Demonstrationsprojekte, klimaneutrale Wärmenetze 4.0 im Bestand, Kompetenzen in den Verwaltungen stärken, …
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Vertiefung: urbane Fernwärme –Szenarien für ein reales Netz
– Hohe EE- und Abwärmepotenziale sind möglich - aber voraussetzungsvoll
– Klimaneutralität mit SynGasvorauss. nur mit sehr niedrigen Gasanteilen machbar
– Dämmung und Nutzung lokaler EE und Abwärme schont fossile Brennstoffe und Grünstrom, Akzeptanz und Flächen
9 IÖW-Projekt „Urbane Wärmewende“, hier Ergebnisse auf Fallstudie „Nord-Neukölln“
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Ökonomische Aspekte der Mobilitätswende
– Ausgangslage: Anteil Verkehr am Endenergieverbrauch in Brandenburg: seit 2000 stabil auf hohem Niveau, absolut wie relativ (ca. 30%)
– Mobilitätsinfrastrukturen sind „Automobil-zentriert“ – auch deshalb „rechnen“ sich andere Verkehrsträger derzeit weniger
– konsequenter Aus-/Umbau der Infrastrukturen pro Umweltverbund, (intelligente) Reduktion/Verlagerung des Automobilverkehrs (nicht: Abschaffung), Erhöhung der Lebensqualität insbesondere in urbanen Räumen
– Steigerung des Umweltverbundes ist gut für das Klima und für regionale Wertschöpfung
– Wertschöpfungsketten Rad, Bus- und Bahn, Car-Sharing weisen signifikante lokale Anteile auf
– Elektromobilität muss zentrale Säule motorisierter Mobilität werden …
– perspektivisch klimaneutral, emissionsfrei und lärmarm, direktelektrischer Antrieb ökologischer als Verbrennungsantrieb (inkl. H2)
– … „rechnet“ sich derzeit für die meisten Anwendungen und Nutzergruppen aber noch nicht
– zu wenig Ladesäulen, Reichweite, Ladezeiten, … (Transaktionskosten)
– Lokaler Verteilnetzausbaubedarf, insbesondere bei ungesteuertem (Schnell)Laden, Batterielebensdauer?10
Prof. Dr. Bernd Hirschl: Ökonomische Aspekte der Energiewende; Fachtagung MIL & VKU, 19.2.20, Potsdam
Ökonomische Aspekte der Mobilitätswende
– Lösungsansatz 1: Wechselakkusysteme für Flotten, ÖPNV & Pkw
– Standardisiert in allen gängigen E-Fahrzeugen, Plug-in-fähig, an E-Tankstellen binnen 3 Minuten tauschbar, gesteuertes Laden sicher möglich, Regelenergiefähig, Netzausbaumindernd, Batterielebensdauerverlängernd, …
– Signifikante regionale Wertschöpfungspotenziale für Stromvertrieb und Systemdienstleistungen, Perspektive für Tankstellen
– Industrieperspektive für dt. Automobilindustrie (Differenzierung ggü. Tesla)
– Stand: Technologie in China in breiten Feldtests und bereits kommerziell im Einsatz; in D erste Projekte in Anbahnung
– Lösungsansatz 2: grüner Wasserstoff für restliche mobile Anwendungen (Schwerlast, Flugzeuge, Großschiffe)
– PtG bietet (begrenzte) Wertschöpfungspotenziale bei Anlagen, Betrieb, Wartung, Produktverkauf und Systemdienstleistungen
– Wirtschaftlichkeit nur bei höheren (regionalen) EE-Anteilen, steigenden fossilen Preisen und als Flexibilitätsoption
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Prof. Dr. Bernd Hirschl: Ökonomische Aspekte der Energiewende; Fachtagung MIL & VKU, 19.2.20, Potsdam
Fazit
– Energiewende und Kohleausstieg sind keine Bedrohungen für Brandenburg, sondern bieten viele ökonomische Chancen für alle, auch strukturschwache Regionen im ganzen Land
– Die Umweltkosten und –Risiken müssen stärker als bisher eingepreist werden – ein wirksamer CO2-Preis ist die Basis der Energiewende -aber allein insbesondere für die Wärme- und Mobilitätswende nicht ausreichend
– Die betroffenen Bürger und Kommunen vor Ort (Verwaltungen! Stadtwerke!) müssen stärker als bisher aktiv werden, profitieren und sich beteiligen (können)
– Ohne Wärme- und Verkehrswende keine Klimaneutralität – dies geht in allen Bereichen aber nur mit signifikanten Einsparungen und Effizienz – auch EE-Strom ist knapp (Akzeptanz, Flächen)
– Dezentrale Potenziale treffen auf vielfältige Herausforderungen vor Ort – hier sind aktive kommunale Akteure gefragt – und signifikante Unterstützung von Landes- und Bundesebene
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Die Energiewende braucht Beschleunigung und Beteiligung. Und das nicht nur Freitags.
Vielen Dank.
Prof. Dr. Bernd Hirschl
IÖW – Institut für ökologische
Wirtschaftsforschung, Berlin
BTU Cottbus-Senftenberg