Post on 21-Aug-2019
transcript
Sonderausgabe im Wochenschau Verlag
Auszug aus:
Ulrich Schnakenberg
Politik in Karikaturen
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Arbeitsaufträge 1. Bildet Gruppen. Stellt euch vor, ihr seid in einem arabischen Staat an die regierung gewählt worden. Dis-kutiert, was für eine Politik ihr verfolgen würdet, um „euer“ Land wirtschaftlich zu modernisieren. Berück-sichtigt dabei gesellschaftliche, religiöse, wirtschaftliche und politische reformen. Stellt eure ergebnisse anschließend im Plenum vor.
2. erörtert im Klassenverband, welche der vorgestellten Maßnahmen praktikabel sind und welche (warum) eher weniger sinnvoll erscheinen.
Schwierigkeitsgrad 2
Beschreibung Links im Bild sieht man drei Männer in schwarzen Anzügen, welche auf einem mit „europa“ beschrifteten hügel stehen. Die Menschen halten unterschiedliche Statistiken in die höhe, die mit den Begriffen „westlicher Lebensstandard“, „technischer Fortschritt“ und „industrialisierung“ überschrieben sind. Alle drei abgebildeten Kurvendiagramme weisen mehr oder weniger stark aufwärts. Gleichzeitig gestikulieren die „europäer“ wild mit den Armen und scheinen dabei irgendetwas zu dem Mann im rechten Bildrand hinüberzurufen.
Der riesige, wohlbeleibte Mann mit turban und langem Bart auf der anderen Seite des „tiefen Grabens“ in der Mitte erinnert an einen islamischen Geistlichen. er sitzt auf einem Ölfass und hält ein großes Buch mit arabischen Schriftzeichen vor sich. Allerdings scheint er nicht besonders konzentriert zu lesen, es wirkt, als blicke er unsicher bzw. neugierig zur Seite. ein weiteres Detail: Der hügel „Asien“, auf dem der Bärtige sitzt, ist durch einen tiefen Spalt von europa getrennt.
Deutung Peter Leger spielt mit dieser Zeichnung auf die (angebliche?) Spaltung zwischen Orient und Okzident an: Während die europäer, ausgelöst durch die industrielle revolution, in den letzten rund 200 Jahren einen enormen Zuwachs an technischem Fortschritt und in der Folge auch einen starken Anstieg des Lebensstan-dards erfahren haben, lebt die Masse der Menschen in der muslimischen Welt weiterhin in bitterer Armut. eine leistungsfähige industrie, die diesen namen verdient, existiert dort praktisch nicht – ungeachtet der tatsache, dass die arabische Welt über riesige Ölvorräte und damit enormen potentiellen reichtum verfügt. Das „Zur-Seite-Schielen“ des bärtigen Mullahs zeigt dabei, dass er sich nicht ganz sicher ist, ob seine Kultur nicht vom Westen lernen und so Anschluss an die Moderne fi nden sollte. Ob so die „Kluft“ zwischen „europa“ und der islamischen Welt überwunden werden kann? Dazu äußert sich Peter Leger nicht, weshalb die Karikatur unter-schiedliche interpretationen zulässt.
Ergänzende
Materialien
31. kampf der kulturen? – Die islamische Welt zwischen tradition und Moderne
Vi. Feindbild islam – islam – islamismus – Arabischer Frühling
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Schlagworte
islamische Welt, Westen, Orient, Okzident, Abendland, Morgenland, islam, Moderne, Lebensstandard, technischer Fortschritt, indus-trielle revolution, industrialisierung, Öl, Glaube, Aufklärung, reformation, Säkularisierung, säkular, weltlich, geistlich
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Arbeitsaufträge 1. recherchiere, in welchen Ländern heute das Scharia-Gesetz angewandt wird. Stelle ein bis zwei Fälle vor.
2. erörtere das islam-Bild des Karikaturisten Pepsch Gottscheber.
3. Vergleiche die Karikatur mit der Karikatur 33.
Schwierigkeitsgrad 1
Beschreibung im Mittelpunkt der Karikatur steht ein riesiges hölzernes Gerüst, welches aus mehreren Galgen besteht. Die Galgen sind dabei jeweils mit den namen verschiedener Staaten beschriftet: „iran, Saudi-Arabien, Jemen, Syrien, Afghanistan, Pakistan“.
Deutung Die Karikatur thematisiert fundamentalistische tendenzen in der islamischen Welt. nach der unabhängigkeit zahlreicher ehemaliger europäischer Kolonien scheiterte in vielen dieser Staaten sowohl der eingeschlagene nationalistische als auch der sozialistische entwicklungspfad. immer mehr Staaten wandten sich daraufhin verstärkt der religion zu (u.a. Algerien, Ägypten, irak, iran). Spätestens seit der islamischen revolution 1979, welche in der errichtung eines Gottesstaates unter dem Ayatollah Khomeini kulminierte, wurde die re-isla-misierung von Staat und Gesellschaft in weiten teilen der muslimischen Welt offensichtlich. Vielleicht, so die hoffnung der Menschen damals, bietet der islam Antworten auf die ökonomische und politische Krise, einen Ausweg aus Armut, Misswirtschaft und politischer Bedeutungslosigkeit der islamischen Welt? in der Folge gerieten säkulare eliten immer mehr unter Druck. religion war nicht länger Privatsache, sondern begann, das öffentliche Leben zu dominieren. Diese entwicklung ging einher mit einer zunehmend strengeren religionsaus-übung, einer Ablehnung von „westlichen“ Werten und einer strikten Auslegung des islamischen rechts, der Scharia.
Mit großen hoffnungen gestartet, blieben sichtbare erfolge dieser neuorientierung aber auch weiterhin aus: hohe Arbeitslosigkeit, teilweise extreme Armut (trotz Ölreichtum), Korruption und cliquenwirtschaft, unterdrü-ckung der Meinungsfreiheit und Menschenrechtsverletzungen blieben auch weiterhin in vielen muslimischen Staaten an der tagesordnung bzw. nahmen in einigen Staaten, z.B. im iran, sogar noch zu.
Der Karikaturist Pepsch Gottscheber spitzt die Folgen der re-islamisierung in seiner Zeichnung weiter zu. Archaische hinrichtungspraktiken – etwa durch hängen – in den genannten Staaten sieht er als „richtungwei-send“ an: Der islam bewege sich also zurück in richtung Mittelalter. Gottscheber geht dabei so weit, „den“ islam auf drastische Weise auf die in einigen islamischen Staaten praktizierten Menschenrechtsverletzungen zu reduzieren und diesen mit den radikalen Scharia-Vorschriften (handabhacken bei Diebstahl, Steinigung bei ehebruch, hängen bei Drogenhandel) gleichzusetzen.
32. Zurück ins Mittelalter? – Radikale Scharia-Bestimmungen in der islamischen Welt
Vi. Feindbild islam – islam – islamismus – Arabischer Frühling
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1988, S
. 33)
Schlagworte
islam, Scharia, islamisches recht, todesstrafe, Menschenrechte, Diktatur, Afghanistan, iran, Koran, Sunnah, islamismus, Fundamen-talismus, extremismus, interpretation, Adaption, islamische revolution, Gottesstaat
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Arbeitsaufträge 1. Was kommt dir zum thema religiöser Fundamentalismus in den Sinn? Mache dir in einer Art Brainstorming notizen.
2. erläutere die intention der Karikatur: Was bezweckt der Zeichner?
3. Beurteile die Karikatur.
4. interpretiere die ergebnisse der Meinungsumfrage M 1.
Schwierigkeitsgrad 2
Beschreibung Die Szene spielt in einem Museum. ins Auge springt zunächst ein riesiges Gemälde. Dieses zeigt eine „he-xenverbrennung“: in der Mitte des Bildes erkennt man eine Frau, die in weiße tücher gewickelt und an einen Pfahl gefesselt ist. Zu ihren Füßen lodert ein Feuer. Vorne links im Bild steht ein Geistlicher (vgl. den Krumm-stab bzw. Bischofsstab) in einer Kutte. Dieser zeigt auf die „hexe“. im Bildhintergrund sind mittelalterliche Fachwerk- und Steinhäuser sowie ein Kirchturm auszumachen.
Das Gemälde wird von zwei heutigen Museumsbesuchern betrachtet. Dabei entfährt der Frau rechts der Satz: „Der böse, böse islam!!“.
Deutung Denkt man heute an religiösen Fundamentalismus, kommt einem zuallererst der islamische Fundamentalismus in den Sinn. Dass die christliche Kirche vor nicht allzu langer Zeit ähnlich gewalttätig, intolerant und rückwärts-gewandt war, wie es diese Strömung des islams heute ist, daran erinnert Klaus Stuttmann in seiner Karikatur. Stuttmann macht uns bewusst, welch weiten Weg das christentum vom mittelalterlichen Fanatismus bis zum heutigen tag zurückgelegt hat: Aufklärung, toleranz, Laizismus und Demokratie kamen nicht über nacht. in-dem der Zeichner nahelegt, dass auch die Muslime diesen Weg gehen können bzw. gehen werden, wenn die Zeit reif dafür ist, plädiert er für eine weniger herablassende Sicht auf „den“ islam.
Ergänzende
MaterialienM1 Woran denken Sie beim Stichwort „islam“?
Antworten in fünf europäischen Staaten (in Prozent)
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Westdeutschland Dänemark Niederlande
ostdeutschland Frankreich Portugal
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40
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Benachteiligung der Frau Fanatismus Gewaltbereitschaft
Quelle: umfrage des exzellenzclusters „religion und Politik“ der universität Münster mit tnS emnid im Juli/August 2010
82,0 81,186,0
68,2
80,2
59,7
72,6 70,5 69,2
40,9
73,7
54,360,5
67,1
56,1
21,0
66,6
39,4
M2 Befürworten Sie den Bau von Moscheen?Zustimmung in Prozent
80
Westdeutschland Dänemark
ostdeutschland Frankreich
60
niederlande
Portugal
40
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28,4
19,5
55,4
65,6 67,173,5
33. Der böse islam? – Religiöser Fundamentalismus im christlichen Mittelalter
Vi. Feindbild islam – islam – islamismus – Arabischer Frühling
Quelle: umfrage des exzellenzclusters „religion und Politik“ der universität Münster mit tnS emnid im Juli/August 2010 ©
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Schlagworte
islam, christentum, hexenverbrennung, Moderne, Mittelalter, Fanatismus, Dogmatismus, Fundamentalismus, reformfähigkeit, reformbestrebungen, Populismus, islamfeindlichkeit, Menschenrechte, Frauenrechte, Gottesstaat, Demokratie, religionsfreiheit, toleranz, Aufklärung
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Arbeitsaufträge 1. informiert euch über islamistische terroranschläge seit dem 11. September 2001.
2. Diskutiert mögliche Maßnahmen, die die terrorgefahr verringern helfen könnten.
3. erläutere den unterschied zwischen „Muslimen“ und „islamisten“ und erkläre, warum diese unterscheidung so wichtig ist.
Schwierigkeitsgrad 2
Beschreibung Die dargestellte Szene spielt sich auf einem Flughafen ab: rechts ist ein Abfl ugterminal zu erkennen, links besteigen Passagiere ein Flugzeug. in der Bildmitte sieht man – perspektivisch vergrößert – einen Mann mit Vollbart, längerem Gewand, turban und rucksack, der ebenfalls auf die wartende Maschine zuläuft. noch im Gehen reißt er einzelne Seiten aus einem dicken Buch (dessen umschlag ein halbmond ziert), diese sind u.a. „Liebe“, „Glaube“, „Gerechtigkeit“, „Moral“ und „toleranz“ überschrieben. Das besondere an dem Buch: Durch das entfernen von Seiten zwischen den Buchdeckeln ist ein hohlraum entstanden, in dem ein Messer Platz gefunden hat.
Deutung Der berühmte französische Karikaturist Plantu spielt mit dieser Karikatur auf die terroranschläge und Flugzeug entführungen durch islamistische terroristen seit dem 11. September 2001 an. Ähnlich wie die Bibel enthält der Koran neben Stellen, in denen zum Kampf gegen ungläubige aufgerufen wird, auch viele Passa-gen zu Versöhnung und Frieden. Fundamentalisten wie Osama bin Laden jedoch ignorieren diese im Koran durchaus enthaltenen Aufforderungen zu „Liebe“, „Moral“, „toleranz“ etc., und genau dies tut auch der potenti-elle Attentäter in der Karikatur: er entfernt alle versöhnenden Passagen und pervertiert so den islam, indem er ihn als eine religion interpretiert, die Massenmord um des Glaubens Willen gutheißt.
Ergänzende
Materialienislamische oder islamistische terroristen?
gläubig
religiöse toleranz
MuslimeKoran und Sunna:
Auslegung/interpretation
islamisten
Perversion des islamreligion „gekidnappt“
Fundamenta-lismus
extremismus
Orthodoxie
Streng-gläubigkeit
hamas
Muslim-brüder
Al Qaida
Selbstmord-anschläge
34. islamistischer terror – Perversion des islam
Vi. Feindbild islam – islam – islamismus – Arabischer Frühling
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Schlagworte
Koran, interpretation, terrorismus, islam, islamismus, 11. September, Anschläge, religion, al Qaida
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Arbeitsaufträge 1. erläutere die Aussage der Karikatur.
2. erkläre die intention des Karikaturisten: Was will er mit seiner Zeichnung erreichen?
3. Beurteile, inwiefern die gegenseitigen Vorwürfe berechtigt sind bzw. inwieweit sie eine Gefahr für die deut-sche bzw. europäische Gesellschaft oder sogar für die Weltgemeinschaft darstellen.
Schwierigkeitsgrad 2
Beschreibung Zu sehen sind zwei Männer, die auf der Straße aneinander vorbeilaufen und sich dabei misstrauisch beäugen. Der Mann links sieht mit seinen dunklen haaren und seinem Schnurrbart eher südländisch aus, der Mann rechts mit Brille, hellem haar und Anzug wirkt dagegen eher mitteleuropäisch. Über den Köpfen der Männer sind Gedankenblasen zu sehen: Links ein Furcht erregender ritter mit blutiger Streitaxt; rechts ein turban und Vollbart tragender Mann, der eine Bombe sowie ein Maschinengewehr in der hand hält.
Deutung Der Zeichner thomas Plassmann spielt hier auf typische Vorurteile an, die das Klima zwischen Deutschen und muslimischen einwanderern vergiften, das friedliche Miteinander in Frage stellen und somit auch die integration der Muslime erschweren. Während laut Plassmann die Muslime „den“ christen immer noch die mittelalterlichen Kreuzzüge vorwerfen, setzen viele Deutsche bzw. europäer den islam generell mit Fundamen-talismus und terrorismus gleich. indem Plassmann diese Geisteshaltung verurteilt, mahnt er gleichzeitig zum Abbau von Vorurteilen an. hierbei sieht er beide Seiten gefordert, muslimische Deutsche bzw. Zuwanderer und nicht-muslimische Deutsche.
Ergänzende
MaterialienWie gegenseitige Vorurteile das Zusammenleben gefährden
Vorurteile über den Westen Vorurteile über Muslime
– „der Westen führt Krieg gegen Musli-me“: Wiederbelebung der mittelalter-lichen Kreuzzüge
– „die Menschen im Westen sind ungläubig“
– „die Menschen im Westen sind dekadent“
– „sie wollen uns missionieren“
– „sie lehnen uns generell ab“, „wollen uns nicht in der eu“
– Angst vor „islamisierung“ (z.B. durch Moscheebauten)
– „Alle Muslime sind terroristen bzw. unterstützen den terrorismus bzw. distanzieren sich nicht von ihm“
– „,die’ Muslime wollen sich nicht integrieren“
– „islam und Demokratie sind unver-einbar“
– „der islam ist rückständig“
GeFAhr für Zusammenleben und integration
� Daher: Vorurteile abbauen!
� integrationsbereitschaft muslimischer Mitbürger anerkennen und unterstützen
� Sich integrieren lassen wollen
35. Sind alle Christen kreuzzügler und alle Muslime terroristen? – Wie gegenseitige Vorurteile das Zusammenleben gefährden
Vi. Feindbild islam – islam – islamismus – Arabischer Frühling
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Schlagworte
islam, terrorismus, christentum, Kreuzzüge, integration, Zusammenleben, Gesellschaft, Misstrauen, Vorurteile, Fundamentalismus, (in)toleranz
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Arbeitsaufträge teilt die Klasse in Gruppen auf. Jedes team wählt ein Land des Arabischen Frühlings und stellt die wich-tigsten entwicklungen vom Ausbruch der Arabellion bis heute vor. Leitfrage der referate ist dabei: Welche chancen hat die Demokratie?
Präsentiert eure ergebnisse anschließend auf Plakaten oder über Powerpoint.
Schwierigkeitsgrad 2
Beschreibung Zu sehen ist ein recht karges Feld mit einigen kleinen Pfl anzen, die in langen reihen wachsen. in der rechten Bildhälfte steht eine wohlbeleibte Gärtnerin. Diese hält einen rechen in ihrer hand, auf ihrer Schürze ist „De-mokratie“ zu lesen. neben der Frau steht eine Gießkanne, welche einen angekreuzten Kreis aufweist.
Die „Gärtnerin“ blickt kritisch nach links, von wo sich zahlreiche schwarze Vögel nähern. Drei raben/elstern haben bereits auf dem Schild „Vorsicht! Frische Saat!“ Platz genommen und schauen gierig auf das frisch bestellte Feld. Weitere Details: Am himmel steht eine große Sonne, die Bildunterschrift lautet „Arabischer Frühling“.
Deutung Das Jahr 2011 war das Jahr des Arabischen Frühlings. in zahlreichen muslimischen Staaten (vor allem in tunesien, Ägypten, Libyen, Syrien und Jemen) gingen Millionen Menschen auf die Straße, um gegen poli-tische unterdrückung, Menschenrechtsverletzungen, Korruption, cliquenwirtschaft, Armut und wirtschaftliche unterentwicklung zu protestieren. Der Aufstand begann in tunesien und breitete sich von dort aus rasch auf weitere muslimische Staaten auf. erfolge wie die Flucht des tunesischen Präsidenten Ben Ali, der Sturz des ägyptischen Präsidenten Mubarak und die Flucht des libyschen „revolutionsführers“ Gaddafi brachten den Volksbewegungen immer mehr Zulauf und trugen zu ihrer Ausbreitung auf die nachbarländer bei. nach Jahrzehnten Diktatur und wirtschaftlichem Stillstand keimte hoffnung auf, dass sich nun Demokratie und Men-schenrechte in der islamischen Welt durchsetzen: Die „Saat“ war gelegt, „das Feld bestellt“, und erste „zarte Pfl änzchen der Demokratie“ wurden vereinzelt sichtbar. Bald jedoch tauchte verstärkt die Frage auf: ist die arabische Welt bereit für die Demokratie? Will die Mehrheit der Bevölkerung überhaupt eine Demokratie nach westlichem Vorbild?
Der Zeichner nik ebert spielt mit dem titel seiner Karikatur auf die für das Frühjahr typische Feldarbeit an – das Säen. er scheint dem Arabischen Frühling eine gewisse chance zu geben. Vor allem die Ausrichtung von freien Wahlen (vgl. die Gießkanne) mache hoffnung. Andererseits ist die Zahl der „diebischen elstern“, welche die Feinde der Demokratie (islamische Fundamentalisten, neue potentielle Diktatoren) verkörpern, besorgnis-erregend. Diese könnten die Saatkörner fressen, noch bevor aus ihnen starke Pfl anzen wachsen.
Ergänzende
MaterialienDie arabische Welt vor 2011
Wirtschaftliche not politische unterdrückung Korruption Stillstand
Demonstrationen Massenproteste (Anfang 2011)
tunesien Ägypten Libyen Syrien
Sturz Ben Alis(24 Jahre Allein-herrscher)
Sturz Mubaraks(30 Jahre Allein-herrscher)
Sturz Gaddafi s(42 Jahre Allein-herrscher)
• Alleinherrschaft der Familie Assad (seit 1970)
• Andauernder Bürgerkrieg (Ausgang offen)
36. Der Arabische Frühling – Eine Chance für die Demokratie?
Vi. Feindbild islam – islam – islamismus – Arabischer Frühling
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Schlagworte
Arabischer Frühling, Arabellion, Demonstrationen, Massenproteste, revolution, Aufstand, Diktatur, unterdrückung, Armut, hoffnung, Freiheit, ethnische/religiöse Minderheiten, islam, Demokratie, Wahlen, reformer, Säkulare, religiöse
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Inhalt
Inhalt
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Einleitung............................................................................................................... 5AnregungenfürAufgabenvorschläge................................................................. 11Interpretationsraster...............................................................................................12Literatur ................................................................................................................13Schlagwortverzeichnis...........................................................................................14
I. Finanzkrisen–Wirtschaftskrisen–Schuldenkrisen......................................161. Schrottimmobilien,Bankenzusammenbrüche,weltweiteRezession–
WerträgtdieVerantwortungfürdieFinanzkrise?....................................162. DenGriechenhelfenoderdenBankenhelfen?–
DieeuropäischeSchuldenkriseI.................................................................183. DenGriechenhelfenoderdenBankenhelfen?–
DieeuropäischeSchuldenkriseII................................................................204. ZuhoheprivateVerschuldung–
DieGefahrvonFinanz-undWirtschaftskrisen..........................................225. GlobaleVerflechtungderMärkte–
BörsenkrisenundihreAuswirkungenaufdieRealwirtschaft.................246. AnstiegderStaatsverschuldung–
WirtschaftundWohlstandinGefahr?.........................................................26
II. Globalisierung–DemographischeEntwicklung–Sozialstaat....................287. EndedesGenerationenvertrages?–Diedemographische
Entwicklung.....................................................................................................288. SinddieRentennochsicher?–DemographischeEntwicklung,
ArbeitslosigkeitundsteigendeLohnnebenkosten....................................309. Das„Wuchern“derLohnnebenkosten–
WieistihrdramatischerAnstiegzustoppen?.........................................3210. GewinnmaximierungdurchUnternehmensverlagerung?–
InternationaleStandortkonkurrenzunddieEU-Osterweiterung.............3411. UnzureichendesozialeAbsicherung?–
StreitumdieAusstattungdesSozialstaatsI............................................3612. Infarktgefährdet?–StreitumdieAusstattungdesSozialstaatsII.........3813.„Diesinddochnurzufaulzumarbeiten“?–
Stammtischparolenentlarven.......................................................................4014.DieAgenda2010–
ErfolgreicheReformoderAnfangvomNiedergangderSPD?.............42
III.WeltmachtUSA–Auslandseinsatz–UNO......................................................4415.Saddamistgestürzt–wasnun?–
DieUSAunddie„DemokratisierungdesNahenOstens“......................4416.DrohtnuneinKonfliktmitIranoderNordkorea?–
DieUSAunddie„AchsedesBösen“........................................................4617.ZumScheiternverurteilt?–
DemokratisierungundWiederaufbauAfghanistans.................................4818.KlubderHeuchler?–
DerSicherheitsratderVereintenNationen................................................5019.Völkermordverhindern?–VomKampfeinsatzzurAufbauhilfe..............5220.Werwirddas21.Jahrhundertdominieren?–WeltmachtUSAI..........5421.WeltmachtUSAII–ScheinundSein........................................................56
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Inhalt
IV. Entwicklungspolitik – Überbevölkerung – Hunger – Welthandel ...............5822. Afrika – der vergessene Kontinent? ............................................................5823. „In den Wind geschossen“? –
Über den Sinn und Unsinn von Entwicklungshilfe ...................................6024. Hunger inmitten von Wohlstand? –
Die prekäre Ernährungslage am Horn von Afrika ...................................6225. Entwicklungsländer oder Industriestaaten –
Wer ist wirklich überbevölkert? ....................................................................6426. Westliche Doppelmoral? – Entwicklungshilfe auf der einen,
Protektionismus auf der anderen Seite ......................................................66
V. Terrorismus – Datenschutz – Rechtsstaat .......................................................6827. Kampf für eine bessere Welt? – Gewalt als Mittel zum Zweck ..............6828. Freiheit oder Sicherheit? (I) – Die Sorge vor dem Überwachungsstaat ...................................................7029. Freiheit oder Sicherheit? (II) – Was ist uns wichtiger? ............................7230. Bekämpfung des Terrorismus –
Gefahr für Rechtsstaat und Demokratie? .................................................74
VI. Feindbild Islam – Islam – Islamismus – Arabischer Frühling .....................7631. Kampf der Kulturen? –
Die islamische Welt zwischen Tradition und Moderne ............................7632. Zurück ins Mittelalter? –
Radikale Scharia-Bestimmungen in der islamischen Welt .....................7833. Der böse Islam? –
Religiöser Fundamentalismus im christlichen Mittelalter ........................8034. Islamistischer Terror – Perversion des Islam ...........................................8235. Sind alle Christen Kreuzzügler und alle Muslime Terroristen? –
Wie gegenseitige Vorurteile das Zusammenleben gefährden ...............8436. Der Arabische Frühling – Eine Chance für die Demokratie? .................86
VII. Umwelt – Atomdebatte – Ressourcenverbrauch – Überfluss .....................8837. Wohin mit dem Atommüll? – Pro und Contra Atomkraft .........................8838. Geborgter Wohlstand? – Die Abhängigkeit der Industriestaaten
von der Verfügbarkeit billiger Energie ........................................................9039. Gibt es morgen noch Fisch? – Die Überfischung der Weltmeere .......9240. Energie der Zukunft? – Der Übergang von fossilen Brennstoffen
zu erneuerbaren Energieträgern ..................................................................9441. Rettet die Umwelt!? – Und was tust du? ....................................................9642. Die Umwelt retten – aber wie? ...................................................................98
VIII. Jugend – Schule – Bildung – Ausbildung .................................................. 10043. Keine Aussicht auf einen Ausbildungsplatz? –
Jugendarbeitslosigkeit I .............................................................................. 10044. Mehr offene Stellen als Bewerber? – Jugendarbeitslosigkeit II .......... 10245. „Keinen Bock auf Schule?“ –
Der Aufstieg Asiens und der Abstieg des Westens .............................. 10446. Burn-out schon bei Grundschulkindern? –
Gestiegener Leistungsdruck im Schulwesen ......................................... 10647. Für Bildung bezahlen? – Pro und Contra Studiengebühren ............... 10848. Leselust oder Lesefrust? – Lesen als Kulturtechnik und
Grundstein schulischen und beruflichen Erfolgs ....................................110