Post on 16-Jul-2020
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Physiotherapie beim kritisch
Kranken
Andreas Römer
München Klinik Schwabing
Klinik für Physikalische Medizin,
Frührehabilitation und Geriatrie
München Klinik Schwabing
• Einführung
• Was ist ein kritische Kranker
• Frühmobilisation
• IMR
• Zusammenfassung
Gliederung
Einführung
• Kritisch-Kranke Intensivpatienten
Absehbar langer Behandlungsbedarf bei kompliziertem Verlauf
500.000 ITM-Proceduren bei 18 Mio Fällen
Durch die fortschreitende medizinische Entwicklung (Notfallmedizin, Intensivmedizin, Stroke Units, neue operative und interventionelle Therapiemethoden, wie z. B. minimal-invasive Herzklappenchirurgie) überleben zunehmend mehr jüngere wie auch ältere Patienten mit schwersten Erkrankungen.
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Der kritisch kranke Patient
• Akut
Intensivpatienten Weaning Polytrauma usw
• Chronisch
Mukoviscidose COPD Herzinsuffizienz usw
• Palliativ
Tumorpatienten Kardiopulmonal usw
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Was ist ein kritisch Kranker?
• Ein akut lebensbedrohlicher Zustand führt zur Aufnahme und Behandlung auf der Intensivstation.
• Akute kritische Erkrankungen (acute critical illness), die unter intensivmedizinischer Behandlung regelhaft positiv verlaufen, d. h. mit nur kurzfristigen Komplikationen, die intensivmedizinisch erfolgreich behandelt werden können.
• Dazu gehören z. B.
Pneumonien mit akuter respiratorischer Insuffizienz, ausgedehnte Herzinfarkte, schwere Polytraumata, Verbrennungen, Intoxikation, Intra-/postoperative Komplikationen.
• Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit (Körperfunktionen, Aktivitäten, Teilhabe) sind mit Ausbehandlung der akuten Erkrankung weitgehend behoben.
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Was ist ein kritisch Kranker?
• Ein verlängerter Intensivstationsaufenthalt ist mit zahlreichen Langzeitfolgen und einer hohen Mortalität assoziiert, welche unter dem Begriff „Post Intensive Care Syndrome“ (PICS) zusammengefasst wurden.
• Ursachen
ARDS, SIRS Sepsis Kardiogener Schock Polytrauma Kardiochirurgie SHT usw
Needham, 2012 , SAMV, 2013
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World Sepsis Day
Alle 4 Sekunden stirbt weltweit ein Mensch an
Sepsis
ICUAW (intensive care unit acquired weakness)
• Generalisierte Muskelschwäche nach Auftreten einer kritischen Erkrankung
• diffuse Schwäche (Beteiligung der distalen und proximalen Muskeln), symmetrisch, schlaff und generell ohne Beteiligung der Hirnnerven
• MRC Summenscore <48, respektive Mittelwert der getesteten Muskeln <4 zu mindestens zwei unterschiedlichen Zeitpunkten
• Abhängigkeit von der mechanischen Beatmung
• Ausschluss möglicher Differentialdiagnose
Diagnose: mindestens 1,2,3 oder 4+5 erfüllt
Stevens, 2009, ; [Hodgson CL, Tipping CJ (2016) Journal of Physiotherapy 63
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Was ist ein kritisch Kranker?
ICUAW (intensive care unit acquired weakness)
• Komplikationen ICUAW
Risiko einer erfolglosen Entwöhnung steigt um das 1,5-fache
Verlängerung der Beatmungszeit um das 2,5-fache
Re-Intubationsrate von bis zu 41%
• Körperliche Beeinträchtigungen
54% Mobilitätsprobleme
54%-69% eingeschränkte Aktivitäten des täglichen Lebens eingeschränkte Lebensqualität
51% Verlust der Arbeitsfähigkeit
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• Garnacho-Montero, 2005, De Jonghe, 2004, De Jonghe, 2007
• Griffiths, 2013, van der Schaaf, 2009, Herridge, 2003, Dowdy, 2005, Herridge, 2003
Latronico Critical Care2007 11:R11
Dauer ITM und Auftreten von Multiorganversagen und Myo-
/Neuropathie
CI-Neuropathie
• mikrovaskuläre Durchblutungsstörung
• endoneurales Ödem, Hypoxie, Nekrose
• Hyperglykämie / Hyperinsulinismus / Malnutrition
• Neurotoxine
• Bolton, Crit Care Med 1996; Bednarik, J Neurol 2005, van den Berghe, NEJM 2001; NEJM 2006, Druschky, Intensive Care Med 2001
CI-Myopathie
• Membran- & Mitochondrien – Dysfunktion durch:
Glukokortikoide
Muskelrelaxantien
Sepsis
NO & Gluthathion
Proteinsynthese
Calpaine
Na-Kanal-Blockade
Hypocalcämie
Narkotika ?
Hermanns, Crit Care Med 2009 , Rich, J Physiol 2003, Anastasopoulos, Crit Care 2011, Hund, Crit Care Med 1999
Was ist ein kritisch Kranker?
• Zustand der Hilflosigkeit
• Ggf. Beatmungspflichtigkeit
• Fallweise Dialyse
• Überwachungspflichtigkeit
• Notwendigkeit interkurrenter therapeutischer und diagnostischer Eingriffe
(Z.B. Bronchoskopie, Endoskopie, CT, MRT, Angiographie, ….)
• Multidisziplinäre Therapiebedürftigkeit
Physiotherapie (Gelenke, Mobilisation, …) Ergotherapie (Kognition, ADL, Feinmotorik, …) Logopädie (Schlucken, Sprechen, …) Physikalische Therapie (Ödeme, Obstipation, …)
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Was ist ein kritisch Kranker?
• Es überleben aber auch mehr Patienten mit initial komplikationsreichen intensivpflichtigen Behandlungsverläufen.
• Die weiterbestehende Schädigungen erlauben einen unmittelbaren Übergang aus der intensivmedizinischen Behandlung in eine Rehabilitation mit weitgehender Selbstständigkeit als Zugangskriterium noch nicht.
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Was ist ein kritisch Kranker?
• nach 10 Tagen Bettruhe Kraftabnahme von 16%. Kortebein, 2007
• Muskelabbau beginnt innerhalb der ersten 72 Stunden. Tesch, 2008
• Verlust der Muskelmasse korreliert negativ mit der IPS- Aufenthaltsdauer und ist während den ersten 3 Wochen am höchsten. Gruther, 2008
• Muskelabbau betrifft bei einer mechanischen Beatmung ebenfalls das Diaphragma (Abbau beginnt bereits nach 18h). Levine, 2008
• Bettruhe in Kombination mit einer kritischen Erkrankung führt zu einem höheren Muskelverlust. Fink, 2008
• Neuromuskuläre Dysfunktion tritt rasch auf (Latronico, 2007),
ist aber reversibel (Novak, 2009)
• Teufelskreis intensivmedizinischer Maßnahmen: mechanische Beatmung, Sedation, Immobilisation und Delirium. Vasilevskis, 2010
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Aufgaben der Physiotherapie
• Prophylaxen
Pneumonieprophylaxe Thrromboseprophylaxe Kontrakturprphylaxe Dekubitusprphylaxe
• Stabilisierung und Reaktivierung der gestörten
cerebralen Basisfunktionen Bewußtsein Wahrnehmung Reaktionsfähigkeit
• Reaktivierung der motorischen Fähigkeiten
• Mobilisierung und Kräftigung
Glaesener,JJ, 2016
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Aufgaben der Physiotherapie
Therapeutische Gesichtspunkte • Atemtechnik Lungenfunktion Muskelfunktion
• Bewegungsapparat Kraft Bewegungsausmaß
• Neurologie Ansteuerung Wahrnehmung
• Herz-Kreislaufsystem Ausdauer Stoffwechsel
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Interdisziplinäre Ziele
• Entwöhnung vom Beatmungsgerät
• Mobilisation
• Schlucktraining
• Training ADL
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Frühmobilisation
• Bei allen intensivmedizinische behandelten Patienten ohne Ausschlusskriterien
• Voraussetzungen für die Frühmobilisation
Symptomkontrolle von Schmerz, Angst, Agitation und Delir Ausreichende respiratorische Reserve Ausreichende kardiovaskuläre Reserve Art mittlerer Blutdruck >65 oder <110mmHG Systolischer Blutdruck <200mmHg Herzfrequenz >40 oder <130/min Art Sauerstoffsättigung (Pulsoxymetrie >88% Keine höherdosierte Vassopressorentherapie Abbruch der Mobilisierung bei zunehmender kardiopulmonaler
Instabilität
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Frühmobilisation
• Abbruchkriterien
Sauerstoffsättigung < 88%
Herzfrequenzanstieg >20% oder Herzfrequenz <40 oder >130/min
Systol. Blutdruck >180mmHg
Temp >39°
AWMF LeitlinieFrühmobilisation
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Frühmobilisation
• Ausschlusskriterien
Erhöhter intrakranieller Druck
Aktive Blutung
Akute myokardiale Ischämie
Agitiertes Delir
• Eingeschränkte Formen der Mobilisation im Einzelfall unter Berücksichtigung von Nutzen und Risiko
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Frühmobilisation
• Dauer und Intensität
Innerhalb 72 Stunden nach Aufnahme auf Intensivstation
2x täglich im Mittel von mindestens 20 Minuten
• Mobilisierung und Lagerung verbessert
Ventilations/Perfusionsverhältnis der Lunge
Steigerung der Lungencompliance
Verbesserung der pulmonalen Sekretion und der mucoziliären Clearance
Verbesserung der peripheren und zentralen Perfusion
Keine unerwünschten Wirkungen der Mobilisierung auf Intensivstation bei Beachtung der Kontraindikationen und Abbruchkriterien
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• AWMF-Leitlinie prolongiertes Weaning,, AWMF-Leitlinie weaning in der neuroch-neurologische Rehabilitation, Menge;Dissertation 1987
Frühmobilisation
• Vorteile Physiotherapie auf Intensiv- und Wachstationen
PT soll möglichst früh einsetzen
PT ist sicher
Lindert das Delir
Verbessert kognitive und koordinative Fähigkeiten Positiver Einfluss auf Weaning
Fördert Sekretmobilisation
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• Malfertheimer, MV, Brückner U2013, DMW 2013, 138
Frühmobilisation
• Bisherige Evidenz Ein frühes Mobilisationskonzepts verkürzte signifikant den Intensivstations- und Spitalaufenthalt. Morris, 2008
• Ein zusätzliches Bettfahrradtraining verbesserte die isometrische Quadricepskraft sowie die subjektive körperliche Funktionsfähigkeit und resultierte in einer höheren Gehstrecke bei Spitalaustritt. Burtin, 2009
• Physio- und Ergotherapie in Kombination mit täglichen Sedationsstopps resultierten in einem höheren Level bei der Durchführung von Alltagsaktivitäten.
• schädliche Ereignisse <0.2 Schweickert, 2009
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Frühmobilisation
• Ist Frühmobilisation kosteneffektiv?
22% kürzere Verweildauer auf IST 19% kürzere Verweildauer auf Allgemeinstation
Kostenreduktion von 800000 US-Dollar bei
n = 900 Aufnahmen
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• Lord RK, et al. 2013, ICU Early Physical Rehabilitation Programs: Crit Care Med 2013,41
Herausforderung Intensivmedizin
Intensivmedizinische Rehabilitation
(IMR) als
Gesamtbehandlungskonzept
Intensivmedizinische Rehabilitation und Frührehabilitation
Mod nach
Epidemiologie
• starke Zunahme aufwendiger häuslicher Krankenpflege bei Patienten mit Tracheostoma
• ca. 1.000 Fälle im Jahr 2005
• 15-30.000 Fälle im Jahr 2016
• Versorgungskosten bis zu vier Milliarden Euro pro Jahr
• circa 85 Prozent der betroffenen Patienten werden direkt von der Akut-Intensivstation in den ambulanten Bereich entlassen – ohne ausreichendes weaning
• Positionspapier der DIGAB
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Zielgruppe IMR
• Kritisch Kranke Intensivpatienten
• Absehbar langer Behandlungsbedarf bei kompliziertem Verlauf
• 500.000 ITM-Proceduren bei 18 Mio Fällen
• Bedarf bei ca. 10.000 Patienten jährlich
Zielgruppe IMR
• Kriterien für Rehabilitation mit noch intensivmedizinischen Elementen
akute lebensbedrohliche Problemlagen, die sich im Verlauf als persistierende kritische Krankheitsbilder manifestieren
Ausgeprägten Beeinträchtigungen der Autonomie
Bei diesen Patienten finden sich z. B. folgende Merkmale:
Akut oder im Verlauf auftretende Schädigung(en) vitaler Funktionen
Komplikationen im Verlauf (z. B. rezidivierende Sepsen, Re-Operationen)
Längerdauernde intensivmedizinische Behandlung (in der Regel ab 7 Tage)
ggf. prolongierte Beatmung (in der Regel ab 7 Tage)
Einschlusskriterien bei Übernahme in die IMR
Obligatorisch noch bestehender intensivmedizinischer
Überwachungs- und Therapiebedarf Die intensivmedizinische Überwachung und
Therapie sind das durchgehend IMR-begründende Kriterium.
Die IMR endet, wenn keine Intensivpflichtigkeit mehr besteht.
• W. Schönle, J. Beyer et al. Neurologie & Rehabilitation 2017
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Einschlusskriterien bei Übernahme in die IMR
Fakultativ Trachealkanüle Beatmung Hämofiltration Sondenernährung Über PEG, PEJ (perkutane
endoskopische Gastrostomie, perkutane endoskopische Jejunostomie), nasogastrale/nasoduodenale Sonde
parenterale Ernährung Bewusstseinsstörungen weitgehend von pflegerischer Hilfe abhängig – nicht
fähig zur kooperativen Mitarbeit Es müssen noch intensivmedizinische
Behandlungsmöglichkeiten vorgehalten werden. Z. B. invasive und nicht-invasive Beatmungs erhebliche Eigen- und/oder Fremdgefährdung bei
Dyskontrollsyndrom Delir (Verwirrtheitszustand) oder andere schwere
psychische Störungen Keimbesiedlung mit Isolationsbedarf.
• W. Schönle, J. Beyer et al. Neurologie & Rehabilitation 2017
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Ausschlusskriterien für Übernahme in die IMR
• Nicht-abgeschlossene Primärversorgung, die der IMR entgegensteht
• z.B. aktuelle Sepsis
• kardial dekompensierter Zustand
• vital bedrohliche Vasospasmen
• geplante Palliativversorgung, Hospizversorgung
• W. Schönle, J. Beyer et al. Neurologie & Rehabilitation 2017
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Intensivmedizinische Rehabilitation
ICF-basierte Betrachtung
• Mit Blick auf die Wiedergewinnung ihrer Teilhabe sind bei diesen Patienten schwere, persistierende Schädigungen der globalen mentalen Funktionen in den Bereichen b:esonders bedeutsam
Bewusstsein Orientierung Intelligenz globale psychosoziale Funktionen Temperament Persönlichkeit psychische Energie Antrieb Schlaf
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Die rehabilitationsmedizinischen Aufgaben und
Maßnahmen in der Intensivmedizinische
Rehabilitation
• Statuserhebung auf der Grundlage des bio-psychosozialen Modells
Reha-Diagnostik (u. a. FIM, Singer, ICF-basierte Intensivmedizinische Reha-Parameter (IMRP), Frühreha-Barthel)
Fortlaufende ärztliche und pflegerische Beurteilung der funktionellen Belastbarkeit der Patienten bezogen auf eingesetzte Therapien hinsichtlich Zeitpunkt, Dauer, Intensität
funktionsorientierte Therapien, z. B. Atemtherapie, facioorale Therapie (Kauen, Schlucken, Essen)
Aktivitätsorientierte Therapie bei zunehmender Besserung der funktionellen Leistungsfähigkeit
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Neurologie & Rehabilitation 3 · 2017 | 253
Die rehabilitationsmedizinischen Aufgaben und
Maßnahmen in der Intensivmedizinische
Rehabilitation
• Statuserhebung auf der Grundlage des bio-psychosozialen Modells
Adaptive Einbeziehung der Patienten bei beginnender Wiederherstellung basaler funktioneller, aktivitäts- und teilhabebezogener Fähigkeiten
Kontrolliert stimulierende Behandlung mit dem Ziel der Kontaktaufnahme über verschiedene sensorische Zugänge, Kommunikations-/Interaktionsbehandlung, Sprachtherapie und Sprechtherapie
Sensomotorik-, koordinations- und interaktionsbezogene Behandlung (u. a. funktionelle Lagerung, Passive Range of Motion, Tonisierung, Muskelaufbau, unterstützte Bewegungen, Rumpfkontrolle
Häufig langwierige Behandlung großer, schlecht heilender Wunden, auch mit VAC-Therapie (Unterdruck-Wund-Behandlung)
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Neurologie & Rehabilitation 3 · 2017 | 253
Die rehabilitationsmedizinischen Aufgaben und
Maßnahmen in der Intensivmedizinische
Rehabilitation
• Stabilisierung, Besserung und Wiederherstellung basaler Funktionen und Aktivitäten
basale körperliche, mental-kognitive und psychische Funktionen
der basalen Mobilität, Interaktions-, Kommunikations-, Kooperations- und Teilhabefähigkeit (z. B. freies Sitzen an der Bettkante, im Rollstuhl mobil)
Vermeiden oder Begrenzen von sekundären Komplikationen
neurokognitiven und neuropsychischen Störungen inkl. Depressionen/posttraumatischem Stress-Syndrom
Kontrolliert stimulierende Behandlung mit dem Ziel der Kontaktaufnahme über verschiedene sensorische Zugänge, Kommunikations-/Interaktionsbehandlung, Sprachtherapie und Sprechtherapie
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Demenz- und Delirsensibles Krankenhaus
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T. Saller Kognitive Störung nach OP u. Anästhesie Klinikarzt 2018;
47:199-203
Die rehabilitationsmedizinischen Aufgaben und
Maßnahmen in der Intensivmedizinische
Rehabilitation
• Die Therapiedichte umfasst u. a.
Rehabilitationspflege (hier als aktivierende therapeutische Pflege) von sechs und mehr Stunden täglich, unabhängig von Intensivpflege/-überwachung
mehrfach täglich Visite multidisziplinär
Aktivitäts- und Funktionstherapie (flexibel und an den Zustand des Patienten angepasst in kürzeren oder längeren Einheiten) insgesamt mindestens zwei Stunden am Tag
häufig durch mehrere Teammitglieder gleichzeitig
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Die rehabilitationsmedizinischen Aufgaben und
Maßnahmen in der Intensivmedizinische
Rehabilitation
• Ziele der IMR
Nutzen des Rehabilitationspotentials
Hochfrequente Therapien und Intensiv- und Rehapflege
Verbessertes Gesamtbehandlungskonzept
Entlastung der Intensivstationen incl. Pflege
Verminderung der Komplikationen CIP, CIM, Delir, Malnutrition, PTBS
Verminderung der ausserklinischen Beatmung
Die rehabilitationsmedizinischen Aufgaben und
Maßnahmen in der Intensivmedizinische
Rehabilitation
• Behandlungs-/Rehabilitationszeitraum
In Abhängigkeit vom individuellen Verlauf bis zu sechs Monate IMR, bei positiver Prognose auch länger
Bei besonderer medizinischer Indikation kann im begründeten Einzelfall unter Berücksichtigung des bisherigen Behandlungsverlaufs (z. B. zunächst komplikationsreicher Verlauf, im weiteren aber Stabilisierung und funktioneller Fortschritt) die Behandlung auch über einen längeren Zeitraum fortgesetzt werden).
Wenn bei weitgehend ungestörtem Verlauf über
mindestens acht Wochen kein funktioneller Zugewinn feststellbar ist, ist die Beendigung angezeigt.
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Die rehabilitationsmedizinischen Aufgaben und
Maßnahmen in der Intensivmedizinische
Rehabilitation
• Behandlungs-/Rehabilitationszeitraum
Bei Patienten mit unterbrochenen Behandlungszeiträumen (z. B. bei der Wiederaufnahme aus dem Pflegebereich, Intensivpflege- und Beatmungswohngemeinschaft) wird in der Regel von einer achtwöchigen Beobachtungs- und Behandlungsphase zur Klärung des Rehabilitationspotentials ausgegangen.
Kann keine ausreichende Stabilisierung der lebenswichtigen Funktionen erreicht werden, kann eine Therapiezieländerung zur palliativen Behandlung erforderlich sein.
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Zusammenfassung
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IMR in London/Liverpool
Cost-efficiency of specialist hyperacute in-patient
rehabilitation services for medically unstable patients with
complex rehabilitation needs: a prospective cohort analysis
Turner-Stokes L, Bavikatte G, Williams H, Bill A, Sephton K.
BMJ Open. 2016 Sep 8;6(9):e012112.
Despite its relatively high initial cost, specialist HA rehabilitation
can be highly cost-efficient, producing substantial savings in on-
going care costs, and relieving pressure in the acute care
services.
• Physical therapy in the ICU appears to confer significant benefit in improving
quality of life, physical function, peripheral and respiratory muscle strength,
increasing ventilator-free days, and decreasing hospital and ICU stay. Kayambu G.; Crit Care Med. 2013 Jun;41(6):1543-54
Sommers J.; Clin Rehabil. 2015 Nov; 29(11): 1051–1063
• unbedingt Physiotherapie
• je mehr, desto besser Needham, JAMA 2008
• je früher, desto besser Novak, Int J Rehabil Res 2011
• gilt auch für Beatmete Fan, Respir Care 2012
• Physiotherapy management of intensive care unit-acquired weakness Hodgson CL, Tipping CJ (2016) Journal of Physiotherapy 63: 4–10]
Physiotherapie auf
Intensivstation - unbestritten
Zusammenfassung
Zusammenfassung
• Interdisziplinäres und multiprofessionelles Team
Angehörige
Sozialarbeiter Apotheker
Arzt Ernährungsberater Atemtherapeut Pflege Physiotherapie Psychologe Ergotherapeut Logopädie
00. Monat 2018 45
Patient
Vielen Dank
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Intensivmedizinische Rehabilitation
ICF-basierte Betrachtung
• Auch für die funktionell schwerstgeschädigte Patienten mit intensivmedizinischem Behandlungsbedarf können die Krankheitsfolgen den Komponenten des bio-psychosozialen Modells der WHO zugeordnet werden.
• Orientierung für die intensivmedizinische Rehabilitation (IMR).
• Die Schädigungen sämtlicher Körperfunktionen können kurzfristig, bei längerer Intensivbehandlung aber persistierend und in den einzelnen Teilbereichen in unterschiedlichem Ausmaß ausgeprägt auftreten.
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Zielgruppe IMR
Durch die fortschreitende medizinische Entwicklung (Notfallmedizin, Intensivmedizin, Stroke Units, neue operative und interventionelle Therapiemethoden, wie z. B. minimal-invasive Herzklappenchirurgie) überleben zunehmend mehr jüngere wie auch ältere Patienten mit schwersten Erkrankungen.
Es überleben aber auch mehr Patienten mit initial komplikationsreichen intensivpflichtigen Behandlungsverläufen, deren weiterbestehende Schädigungen einen unmittelbaren Übergang aus der intensivmedizinischen Behandlung in eine Rehabilitation mit weitgehender Selbstständigkeit als Zugangskriterium noch nicht erlauben.
Intensivmedizinische Rehabilitation
00. Monat 2018 53
Pat bewusstlos
Pat ist stabil
Pat ist stabil aber zu
schwach
45°erhöhtes Kopfteil
Mobilisierung im Stufenplan
bis hin zum Gehen und
Gehen unter Monitoring
und adaptierten Grenzen
Übungen zur Kräftigung
des Rumpfes und der
Extremitäten
Regelmäsige
Positionierung
Passive Bewegung aller
Gelenke
Ziel:innerhalb 5 Tagen den
Pat in Kat B zu haben
Teamorientiertes therapeutisches Konzept
Stufe Aktivität Ziel
1 Passiv Prophylaxen,
Anbahnung
2 Passiv-assistiv Wahrnehmung,
Koordination
3 Assistiv-aktiv
Kraft
4 Aktiv
ADL
5 Aktiv
Gang, Selbständigkeit
Intensivmedizinische Rehabilitation
• Studienlage
00. Monat 2018 55
Psychologische Betreuung auf Intensivstationen:
Belastende Grenzsituationen
Dtsch Arztebl 2018; 115(22): A-1052
Bühring, Petra
„Das Setting für eine Traumatisierung ist gelegt“
Dr. rer.nat. T. Deffner Uni Jena
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Akutgeriatrie und geriatrische
Frührehabilition in München
• Demographische Entwicklung
• Definition geriatrischer Patient
• Geriatrische Komplex-Behandlung
Bevölkerungsentwicklung
Dimensionen des Geriatrischen
Assessments
Kognitiver
Status
Soziale
Situation
Ökonomischer Status Medizinische
Daten
Psychisches
Befinden
ADL-
Status
Wohnungs-
situation
Aufgaben und Ziele der
Geriatrie
• Verbesserung der Versorgungsqualität
für multimorbide ältere Patienten
• An den individuellen Bedürfnissen der Patienten
orientierte Diagnostik und Therapie
• Optimale Platzierung in der „Versorgungskette“
• Vermeidung von Pflegebedürftigkeit
bzw. dauerhafter Behinderung
• Erhalt der Selbstbestimmung
• Reintegration ins bisherige Umfeld
Frühreha – früh genug ?
Maternusklinik Bad Oeynhausen 33
Tage
Krankenhaus Ludmillenstift Meppen 21
Tage Guter Ansatz für frühe Rehabilitation:
OPS- Code: Stroke
spezielle Intensivbehandlung
DÄ/dpa
• Von besonderer Bedeutung für die Funktionsfähigkeit ist die hochgradige Schädigung des peripheren Nerven-Muskel-Systems, zumal critical illness polyneuropathy (CIP), critical illness myopathy (CIM) und CIPCIM auch mit Muskelschwund, Kachexie, Inaktivitätsatrophie, Bettlägerigkeitssyndrom und ähnlichen Krankheitserscheinungen einhergehen und partiell auch für die Entstehung der Osteoporose bei diesen Patienten mitverantwortlich gemacht werden. Folgen systemischer Infektionen, metabolische Störungen und septische Verläufe sind nicht selten verantwortlich für Qn delirante, teils auch persistierende hirnorganische Syndrome (mit medizinisch notwendig erscheinender, rehabilitativ jedoch kontraindizierter Fixierungsnotwendigkeit), Qn organischen Psychosen8 mit illusionären Verkennungen, Halluzinationen, Wahnwahrnehmungen, Wahngedanken sowie Depressionen, Angstzuständen und Panikattacken
• 6
00. Monat 2018 64
• funktionell schwerstgeschädigter Patienten
• es Sitzen, Aufstehen, Stehen, Gehen, Greifen und Handhaben von Gegenständen) Qn Gezielte Mobilisierung zur Verhinderung von Sekundärschäden Qn Neurokognitive und neurobehaviorale Behandlungen Qn Selbstständigkeitstraining (auf basaler Ebene) Qn Erfassung funktions-, aktivitäts- und teilhabebezogener Rückbildungstendenzen (rehabilitationsspezifische Verlaufsdiagnostik) Qn Beratung der Angehörigen und Einführung in die individuelle lebensverändernde Situation Qn Einbeziehung der Angehörigen (Information über Krankheitsverlauf, Befinden, Möglichkeiten der Unterstützung, emotionale Stabilisierung, individuell und im Gruppensetting) Qn Klären des weiteren Rehabilitationspotentials, Planung und Einleitung von weiterführenden Rehabilitationsleistungen und Versorgung
00. Monat 2018 65
Intensivmedizinische Rehabilitation
ICF-basierte Betrachtung
• In der Folge können auch schwere anhaltende Schädigungen der
spezifischen mentalen Funktionen verursachen werden
Aufmerksamkeit
Gedächtnis
Psychomotorik,
Emotionalität
Wahrnehmung (Selbst-/Zeitwahrnehmung)
Denken
höhere kognitive Leistungen (kognitiv-sprachlich/rechnerisch)
Durchführung komplexer Bewegungshandlungen und zielgerichtetes Handeln
00. Monat 2018 66