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Physik A – VL2 (11.10.2012)
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http://www.uni-muenster.de/Physik.AP/NLOL/lehre/physika1213.html
Physik A – VL2 (11.10.2012)
• Messen und Abschätzen
Messmethoden
• Messfehler
Angabe/Quantifizierung zufälliger (statistischer) Messfehler
Mittelwert, Varianz, Standardabweichung
Fehlerfortpflanzung
• Signifikante Stellen, wissenschaftliche Schreibweise
• Einheiten
• Mathematische Grundlagen!
Messen und Abschätzen
• Genaue (!) Messungen sind ein grundlegender Teil der Physik!
Jede Messung vergleicht die Messgröße mit einer Referenzgröße
aber: Mit jeder Messung ergibt sich ein Messfehler!
und: In manchen Fällen reicht es aus, eine bestimmte Größe lediglich
grob abzuschätzen,
mmmBlatt
mm 510808.0500
0,40
• Abschätzung der Größenordnung einer Messgröße:
Angabe innerhalb eines Faktors 10 genau.
Beispiel: Bestimmung der Dicke einer Buchseite mit einem Lineal
das Buch hat 1000 Seiten = 500 Blätter
mit dem Lineal wird gemessen: 500 Blätter = 40,0 mm
Messen
Einsatz unterschiedlicher Messmethoden
Wahl der Messmethode abhängig von • zu erwartendem Wertebereich
• Anforderungen an die Genauigkeit der Messung
Beispiel: Längenmessung
Methode/Gerät Messbereich Genauigkeit
Massband, Lineal einige mm bis m ± 1 mm (± 0,5 mm)
Schieblehre mm bis cm ± 0,1 mm
Mikrometerschraube µm bis cm wenige µm
Laufzeit von Lasern
(Interferometer)bis > 105 km
Bereich der
Lichtwellenlängen
(µm)
Mikroskope (Licht-,
Elektronen-, Raster-)einige nm bis µm
bei Tunnelmikroskopen:
0.1 nm(atomare Auflösung!)
Kobaltatome auf Kupferoberfläche, Durchmesser ca. 15 nm (1,5·10-8 m)
Messen
Messfehler
Wiederholte (gleiche) Messungen können verschiedene Ergebnisse liefern.
Die Differenz zwischen Messwert und (unbekanntem!) wahren Wert ist der Messfehler.
Einteilung der Messfehler in zwei Gruppen:
1. zufällige Fehler
Schwankungen / Streuung der
Messwerte durch Störeffekte
• äussere Einflüsse
(Temperaturschwankungen,
Zugluft, elektromagnetische
Felder, Erschütterungen)
• „Rauschen“ der Messgeräte
2. systematische Fehler
• Fehler der Messinstrumente
• nicht optimale Auslegung des
Experiments in Bezug auf die
Fragestellung
• falsche Nutzung von Messgeräten
• Fehler des Messenden (Ablesefehler!)
Oft schwer abzuschätzen bzw. werden
häufig nicht erkannt!
Messfehler
• Messfehler ergeben sich aus unterschiedlichen Ursachen:
- Begrenzte Genauigkeit des Messinstrumentes
Beispiele: • Genauigkeit von Skalen und Eichung
• Empfindlichkeit des Messgerätes
• bei digitalen Instrumenten:
Digitalisierung liefert diskrete Anzahl möglicher
Messwerte, d.h. begrenzte Auflösung,
z.B. digitales Multimeter:
12 bit analog-digital-Wandler
212 = 4096 mögliche Werte!
Messbereich 0-1000 V: Genauigkeit ± ~0.25 V
Spannungsänderungen im mV-Bereich
bleiben verborgen!
• Messfehler ergeben sich aus unterschiedlichen Ursachen:
- Ablesefehler
(bei analogen Anzeigen oder durch Digitalisierung)
Beispiel: Ablesegenauigkeit eines Zentimetermaßes,
Zollstocks oder Lineals mit 1 mm
als kleinster Einteilung
→ Ablesegenauigkeit von ± 1 mm, eventuell auch ± 0,5 mm,
aber z.B. 10,1 oder 10,2 mm nicht bestimmbar!
Demgegenüber: Schieblehre
Mikrometerschraube
- Äussere Einflüsse, die das Messergebnis beeinflussen können
Beispiel: Ballwurf, bei dem (unkontrollierbare) Luftbewegungen die Messergebnisse
beeinflussen und verfälschen.
Messfehler
Angabe/Quantifizierung zufälliger (statistischer) Messfehler
• relativer Messfehler:
- Verhältnis des Messfehlers zum gemessenen Wert, multipliziert mit 100:
Direkt mit einem möglichen Messfehler verknüpft ist die Zahl signifikanter Stellen
bei der Angabe bzw. Auswertung von Messwerten.
Beispiel (s.o.): Angabe des Messwertes in der Form 10,00 mm impliziert,
dass die Messung mit einer Genauigkeit erfolgte, die es z.B.
erlaubt zu unterscheiden, ob eine Länge 10,00 oder 10,05 mm
beträgt!
Tatsächlich wissen wir (s.o.), dass wir gerade in der Lage sind,
10,0 von 10,5 mm zu unterscheiden!
%51000,10
5,0
mm
mm
Messfehler
Angabe/Quantifizierung zufälliger (statistischer) Messfehler
• Angabe des Messfehlers:
• Berechnung des Mittelwertes einer Messgröße aus n Messungen:
• Der Mittelwert ist der wahrscheinlichste Wert für die gemessene Größe x.
• Die Verlässlichkeit des Mittelwertes steigt mit der Anzahl der Wiederholungsmessungen.
! Das gilt nur bei zufälligen, statistischen Fehlern !
statsys xxx
1 2
1
1 1n i
n
i
x x x x xn n
x
Messfehler
Angabe/Quantifizierung zufälliger (statistischer) Messfehler
• Quantifizierung der Streuung der Messwerte um den Mittelwert Δx =
als Maß für den Messfehler:
Nicht die Summe der Differenzen vom Mittelwert:
xxi
1 1
1 1
1 1
1 10
n n
i i
i i
n n
i
i i
x x
x x x xn n
x xn n
2 2 2
1
2
1
1( ) ( )
1
1
1
n
i
i
n
i
i
x xn
x xn
Stattdessen: Quadratische Differenz = Varianz
Messfehler
Angabe/Quantifizierung zufälliger (statistischer) Messfehler
• Aus der Varianz σ2 erhält man die Standardabweichung σ, über die die Messgröße
bestimmt wird:
Messgröße = Mittelwert ± Standardabweichung
x x
• Die Angabe des Messergebnisses erfolgt dann als
absoluter Fehler oder relativer Fehler
x x 5% bzw. 05,010
5,0
mm
mm
x
Beispiel
Messfehler
Angabe/Quantifizierung zufälliger (statistischer) Messfehler
• Beispiel: Messreihe mit n = 5 Messwerten (Zeit) Messung # Messwert
1 1.34 s
2 1.54 s
3 1.44 s
4 1.29 s
5 1.43 s
1. Mittelwert
s 408,1s 04,75
1s 43,1s 29,1s 44,1s 54,1s 34,1
5
11 5
1
i
itn
t
2. Quadratische Differenz / Varianz
2
222225
1
222
s 03748,0
s 022,0s 118,0s 032,0s 132,0s 068,04
1
15
1
i
i ttt
3. Standardabweichung
s 194,0s 03748,0 22
Angabe des Messwertes
mit absolutem Fehler:
mit relativem Fehler:
s 19,041,1 t
%5,13135,041,1
19,0
t
s %5,13141,1 t
Messfehler
Angabe/Quantifizierung zufälliger (statistischer) Messfehler
• Graphische Darstellung des Messfehlers: Fehlerbalken
1 2 3 4 5
0.0
0.5
1.0
1.5
2.0
t /
s
Experiment #
Messung # Messwert
1 1.34 s
2 1.54 s
3 1.44 s
4 1.29 s
5 1.43 s
s 19,041,1 t
s %5,13141,1 t
Messfehler
Angabe/Quantifizierung zufälliger (statistischer) Messfehler
• Fehlerfortpflanzung
1. Addition und Subtraktion
c = a + b; Messfehler: a ± Δa, b ± Δb
c ± Δc = a + b ± Δa ± Δb
Δcmax = Δa + Δb
Bei Addition oder Subtraktion von Messwerten addieren sich die absoluten Fehler.
Messfehler
Angabe/Quantifizierung zufälliger (statistischer) Messfehler
• Fehlerfortpflanzung
2. Multiplikation und Division
c = a · b; Messfehler: a ± Δa, b ± Δb
c ± Δc = (a ± Δa)(b ± Δb)
= ab ± bΔa ± aΔb ± ΔaΔb
Δcmax = bΔa + aΔb + ΔaΔb
relativer Fehler:
Bei Multiplikation und Division addieren sich die relativen Fehler.
abbabaab
babaab
c
c
, ;
b
b
a
a
c
c
Messfehler
Angabe/Quantifizierung zufälliger (statistischer) Messfehler
• Fehlerfortpflanzung
3. Allgemeine Definition des Größtfehlers
Messfehler
...
,...,,
zdz
dRy
dy
dRx
dx
dRR
zyxfR
Partielle Ableitungen von R nach x,y und z
Relativer Größtfehler:R
R
Signifikante Stellen
• Die Zahl signifikanter Stellen eines Messergebnisses ergibt sich aus dem mit der Messung
verknüpften Messfehler.
Beispiel: Lineal, Zollstock mit 1 mm-Skalierung
10 mm
oder, falls es möglich ist, auch „halbe Millimeter“ abzulesen
10,0 mm (da sich 10,0 bzw. 10,5 mm noch ablesen lassen)
aber:
weder 1 cm (impliziert, das der Messwert auch bei 0,9 oder 1,2 cm
liegen könnte),
noch 10,00 mm (impliziert eine Messgenauigkeit < 0.1 mm!!)
• Entscheidend ist die Anzahl signifikanter Stellen auch bei Rechnungen
insbesondere, wenn dabei Messgrößen die mit unterschiedlicher Genauigkeit bestimmt
wurden, miteinander verknüpft werden.
Das Endergebnis einer Multiplikation oder Division sollte nur so viele Stellen haben wie
die Zahl mit der kleinsten Signifikanz.
Signifikante Stellen
Das Endergebnis einer Multiplikation oder Division sollte nur so viele Stellen haben wie
die Zahl mit der kleinsten Signifikanz.
Beispiel: 11,3 cm x 6,8 cm = 76,84 cm2,
6,8 cm: 2 signifikante Stellen
76,84 aufrunden auf 2 signifikante Stellen: 77 cm2!
Gleiches gilt für Addition und Subtraktion:
(3,6 – 0,57 = 3,0 und nicht 3,03)!
Auch nicht zu wenige signifikante Stellen angeben:
2,5 x 3,2 = 8,0 und nicht 8!
Im Laufe einer Rechnung sollte mit mehr Stellen gerechnet werden
Vermeidung von Rundungsfehlern,
das Endergebnis sollte aber nur mit der entsprechenden (sinnvollen!) Anzahl
signifikanter Stellen angegeben werden!
Wissenschaftliche Schreibweise
Angabe in Zehnerpotenzen:
36900 = 3,69 x 104
oder = 3,6900 x 104,
wenn alle 5 Stellen signifikant sind.
Offensichtliche Vorteile bei großen Zahlen („Übersichtlichkeit“):
Welche Zahl ist größer?: 1543000000000 oder 154300000000000?
Besser: 1,543 x 1012 vs. 1,543 x 1013 !!!
Und: Die wissenschaftliche Schreibweise verdeutlicht die Anzahl signifikanter Stellen!
Einheiten
• Keine (physikalische) Größe ist sinnvoll ohne Einheit!!
• Das SI-Einheitensystem
(Systeme International des Unites, seit 1954)
1. Länge (Meter, m)
Ursprüngliche Definition (1790): zehnmillionster Teil der Entfernung
zwischen dem Äquator und den Polen.
1960: 1 Meter ist das 1 650 763,73-fache der Wellenlänge einer Emissions-
Linie des Gases Krypton 86 (im orangefarbenen Bereich).
1983: 1 Meter ist die Wegstrecke, die das Licht im Vakuum während einer
Zeit von 1/299 792,458 Sekunde zurücklegt.
Beispiele: Größenordnungen von subatomaren Partikeln bis hin zu
astronomischen Größenordnungen (Entfernung zwischen
Galaxien, Größe des bekannten Universums).
Protonen-/Neutronen-Radius 10-15 m
Atom (inkl. Elektronenhülle) 10-10 m
Virus 10-7 m
Bakterien 10-6 m
Blatt Papier 10-4 m
Fingerdicke 10-2 m
Fussballfeld 102 m
Höchste Berge (Mt. Everest) 104 m
Erddurchmesser 107 m
Abstand Erde-Sonne 1011 m
Abstand nächster Fixstern 1016 m
Abstand nächste Galaxie 1022 m
Größe des beobachtbaren Universums
(fernste sichtbare Galaxie)1026 m
Größenordnungen der Länge
von subatomaren Partikeln zu astronomischen Größenordnungen
Einheiten
• Das SI-Einheitensystem
1. Länge (Meter, m)
2. Masse (Kilogramm, kg)
Beispiele: Größenordnungen von subatomaren Partikeln bis hin zu astronomischen
Größenordnungen (Masse von Erde & Sonne).
Elektron 10-30 kg
Proton/Neutron 10-27 kg
Bakterium 10-15 kg
Mücke 10-5 kg
Maus 10-2 kg
Mensch 102 kg
Schiff 108 kg
Erde 6·1024 kg
Sonne 2·1030 kg
Galaxie 1041 kg
Größenordnungen der Masse
von subatomaren Partikeln zu astronomischen Größenordnungen
Einheiten
• Das SI-Einheitensystem
1. Länge (Meter, m)
2. Masse (Kilogramm, kg)
3. Zeit (Sekunde, s)
4. Elektrischer Strom (Ampere, A)
5. Temperatur (Kelvin, K)
Vergleich mit anderen (nicht-SI) Einheiten: °Celsius, °Fahrenheit
6. Stoffmenge (Mol, mol)
7. Lichtstärke (Candela, cd)
Einheiten
• Kohärente SI-Einheiten
Alle anderen physikalischen Größen sind abgeleitete Größen, die als Produkt aus
Potenzen der 7 SI-Basiseinheiten ausgedrückt werden.
Beispiele:
Größe EinheitEinheiten-
Zeichen
in
SI-Einheiten
in SI-
Basiseinheiten
Kraft Newton N J/m m·kg·s-2
Druck Pascal Pa N/m2 m-1·kg·s-2
Energie Joule J N·m; W·s m2·kg·s-2
Leistung Watt W J/s; V·A m2·kg·s-3
elektr. Spannung Volt V W/A m2·kg·s-3·A-1
elektr. Ladung Coulomb C A·s A·s
Mathematische Grundlagen
• Grundrechenarten!
• Vektoren und Skalare, Vektorrechnung (VL 3 & 4)
• Geometrie
• Funktionen - lineare Funktionen
- Parabeln und Polynome
- trigonometrische Funktionen
- Exponential- und Logarithmusfunktion
• Differential- und Integralrechnung, partielle Ableitungen
Übungen (ÜZ 1 & 2)
Zusammenfassung
• Messen und Abschätzen
Jede Messung vergleicht die Messgröße mit einer Referenzgröße.
Mit jeder Messung ergibt sich ein Messfehler!
In manchen Fällen reicht es aus, eine bestimmte Größe lediglich grob abzuschätzen.
Es gibt zufällige und systematische Messfehler. Erstere können quantifiziert werden.
Messwerte werden angegeben in der Form: Mittelwert ± Standardabweichung.
Die Standardabweichung berechnet sich dabei aus der quadratischen Differenz (Varianz).
Beim Rechnen mit fehlerbehafteten Größen muss die Fehlerfortpflanzung beachtet werden.
• Signifikante Stellen
Die Zahl signifikanter Stellen eines Messergebnisses ergibt sich aus dem Messfehler.
Ergebnisse von Rechnungen nur mit der entsprechenden Anzahl signifikanter Stellen
angegeben!
• Sehr große und sehr kleine Zahlen sollten in wissenschaftlicher Schreibweise ausgedrückt werden.
• Einheiten
Keine (physikalische) Größe ist sinnvoll ohne Einheit!!
Nach Möglichkeit sollte das SI-Einheitensystem verwendet werden bzw. Werte in SI-
Einheiten umgerechnet werden.