PD Dr. Elke Rauch - uni-muenchen.de · 2019-05-10 · Einleitung 2 • Kälbersterblichkeit liegt...

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EIN GUTER START INS LEBEN

-

BIESTMILCHMANAGEMENT BEI KÄLBERN

PD Dr. Elke Rauch

Lehrstuhl für Tierschutz, Verhaltenskunde, Tierhygiene und Tierhaltung

Einleitung

2

• Kälbersterblichkeit liegt weltweit bei 10 – 15 %, betriebsabhängig auch höher

(Kaske, 2012)

• Durchfall und respiratorische Erkrankungen stellen mit die Hauptursachen für

die großen Kälberverluste dar

• 80 % der Kälberverluste durch betriebsspezifische Managementprobleme

(Rademacher, 2000)

• Zusammensetzung der Antikörper wird durch Mutterschutzvakzine positiv beein-

flusst (Kaufmann, 2012)

Maternale Immunität

3

• Kälber werden agammaglobulinämisch geboren. Maternaler Immunglobulin-

Transfer ist notwendig für einen adäquaten Schutz vor infektiös bedingten

Krankheiten

Was heißt das?

Maternale Immunität

4

• Rinder haben eine Plazenta

epitheliochorialis

(nahezu undurchlässig für

Immunglobuline)

• Präkolostrale Serum Werte

- IgG1 0,15 mg/ml,

- IgG2 0,06 mg/ml

(Erhard et al., 1999) Foto: Sinowatz

Maternale Immunität

5

• Kälber werden agammaglobulinämisch geboren. Maternaler Immunglobulin-

Transfer ist notwendig für einen adäquaten Schutz vor infektiös bedingten

Krankheiten

• Nur die unmittelbare Aufnahme von Kolostrum nach der Geburt kann akzeptable

Versorgung mit den wichtigsten Immunglobulinen gewährleisten (Kaske et al., 2009,

Rademacher, 2013)

• Immunglobuline können „Darmschranke“ nur kurze Zeit passieren und somit vom

Kalb aufgenommen werden („gut closure“)

• Immunglobulin G (IgG) ist das vorherrschende Immunglobulin im bovinen

Kolostrum

Immunologische Lücke

www.vetmedica.d

e

www.vetmedica.de

Aufstallung Kälber

7

Anforderungen an die Unterbringung neugeborener Kälber:

Sauberkeit, Sauberkeit, Sauberkeit!

Infektionen stellen die größte Gefahr für neugeborene Kälber dar.

- weicher, trockener Liegeplatz

- gutes Mikroklima

- Schutz gegen Infektionen

- adäquate Lüftung, Frischluft

- keine Zugluft

- ausreichende Anzahl an Unterbringungsmöglichkeiten

- eigener Eimer für jedes Kalb

Aufstallung Kälber

8

Fotos: A. Köpernik

Aufstallung Kälber

9

Kolostrum – 3 Q-Regel

10

• Management entscheidend (3 Q-Regel)

Quantity → richtige Menge

Quality → richtige Qualität

Quickly → so schnell wie möglich

Kolostrum - Quantity

11

Quantity – die richtige Menge

• Kälber, die 1h nach der Geburt das 1. Mal gefüttert wurden, nahmen auch bei der

2., 3. und 4. Fütterung signifikant größere Mengen auf als Kälber, die nach 8h das

1. Mal getränkt wurden

• Bei Kälbern, die kein Kolostrum nach der Geburt erhalten, sinkt bereits nach 12 h

p.n. die Absorptionsfähigkeit

• Permeabilität des Darmes direkt nach der Geburt am besten

• Mind. 100 g Immunglobulin < 12 Lebensstunden

• Verabreichte Menge an Erstkolostrum ist signifikant zur Serum-IgG-Konzentration

(Steigerung von 2,0 mg/ml für jeden weiteren verfütterten Liter)

Kolostrum - Quality

12

Quality – die richtige Qualität

- Immunglobulingehalt ist im Erstkolostrum besonders hoch

- Hohe IgG-Konzentration im Kolostrum wirkt sich positiv auf die Serum-IgG-

Konzentration aus

- Kolostrum mit geringem IgG-Gehalt führt auch bei Verdopplung des Volumens

nicht zu einer Steigerung des Serum-IgG-Gehaltes

Kolostrum - Quickly

13

• Quickly – so schnell wie möglich nach der Geburt

• „Darmschranke“

• Einige Stunden post natum ist Dünndarmepithel nicht mehr permeabel für

Immunglobuline.

Grund: Interaktion zwischen intestinalen Mikroben und Immunglobulinen

um einen best. Rezeptor an der intestinalen Zellwand und ungenügendem

Recycling der Rezeptoren

Kolostrum – 1. Fütterung

14

Abbildung aus: Michel A. Wattiaux, The Babcock Institute (Heifer Raising - Birth to Weaning, Chapter 27: Overview of Sound Management Practices)

Mortalität Kälber

15

Gould, 2012, Michigan State University

Kolostrummenge

16

Studie 2004/2005 Rauch et al. (2015)

Durchfallhäufigkeit

17

DurchfallinzidenzMittelwert

mg/ml

Standard

Fehler

X < 10%

(n= 152)14,9 0,9488

10% ≤ X < 20%

(n= 155)12,2 0,8918

20% ≤ X < 50%

(n= 372)14,3 0,5467

50% ≤ X < 80%

(n= 214)17,5 0,7962

X ≥ 80%

(n= 134)17,3 1,014

Gesamt (n= 1027)15,1 0,3534

Studie 2004/2005

Durchfallhäufigkeit

18

DurchfallinzidenzMittelwert

mg/ml

Standard

Fehler

X < 10%

(n= 152)14,9 0,9488

10% ≤ X < 20%

(n= 155)12,2 0,8918

20% ≤ X < 50%

(n= 372)14,3 0,5467

50% ≤ X < 80%

(n= 214)17,5 0,7962

X ≥ 80%

(n= 134)17,3 1,014

Gesamt (n= 1027)15,1 0,3534

Studie 2004/2005

DurchfallinzidenzMittelwert

mg/ml

Standard

Fehler

X < 10%

(n= 23)9,2 1,0452

10% ≤ X < 20%

(n= 43)11,1 0,857

20% ≤ X < 50%

(n= 51)9,2 0,6714

50% ≤ X < 80%

(n= 31)9,7 0,8722

X ≥ 80%

(n= 21)10,3 1,0949

Gesamt (n= 169)9,9 0,3907

Studie 2015

Krankheitsverlauf

19

Fragebogen zur Rückverfolgbarkeit des Krankheitsverlaufes der Kälber

Durchfall Atemwegserkrankungen

Durchfall

IgG Ja

(n=74)

Nein

(n= 86)

Mittelwert 10,3 9,7

Median 10,05 8,05

Atemwegserkrankung

IgG Ja

(n=18)

Nein

(n= 124)

Mittelwert 10,5 10,1

Median 11,1 8,6

Verabreichungsform

20

2004/2005 2009-2013 2015

Verabreichungs-

form

Median

(mg/ml)n

Median

(mg/ml)n

Median

(mg/ml)n

Eimer 11,9 468 12,3 240 8,4 581

Drenchen 15,2 140 12,5 27 8,5 95

Flasche 12,7 282 15,5 129 8,3 427

Rauch et al. (2015)

Kolostrum - Verabreichung

21

Kolostrumverabreichung

• Art der Verabreichung nicht entscheidend

• Zwangstränke nur bei entsprechender Indikation:

DeutschesTierschutzgesetz:

§ 3 Es ist verboten ...

9. ... einem Tier durch Anwendung von Zwang Futter

einzuverleiben, sofern dies nicht aus gesundheitlichen

Gründen erforderlich ist.

IgG Geschlecht

22

Geschlecht

IgG Weiblich

(n=307)

Männlich

(n= 262)

Mittelwert 15,7 14,4

Median 13,6 12,2

Studie 2004/2005

Geschlecht

IgG Weiblich

(n=645)

Männlich

(n= 500)

Mittelwert 9,3 9,0

Median 8,4 8,4

Studie 2015

Rauch et al. (2015)

IgG-Gehalt Serum

23

IgG-Gehalt 2004/2005 2009-2013 2015

> 10 mg 61,2% (634) 62,05 % (381) 40,9 % (508)

5 -9,9 mg 20,4% (212) 24,59 % (151) 36,2 % (450)

< 5 mg 18,4% (191) 13,36 % (82) 22,9 % (284)

Gesamt: n = 1037 n = 614 n = 1242

Rauch et al. (2015)

)

Kälberdurchfall und -grippe

24

0

20.000

40.000

60.000

80.000

100.000

120.000

140.000

0

100

200

300

400

500

600

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember

An

zah

l an

Geb

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sm

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un

gen

(n

)

An

zah

l an

Dia

gn

osen

(n

)

Kälberdurchfall EBP Geburtsmeldungen 2015

Geburtsmeldungen 2014 Geburtsmeldungen 2013 2 Periode gleit. Mittelw. (Kälberdurchfall )

2 Periode gleit. Mittelw. (EBP ) Zeiler et al. (2017)

Kälberdurchfall p.n.

25

0

100

200

300

400

500

600

700

800

900

1000

kleiner 2Tage

1. Woche 2. Woche 3. Woche 4. Woche 2.Monat 3.Monat 4.Monat 5.Monat 6.Monat

Zeiler et al. (2017)

Wirtschaftlichkeit

26

…Kühe, die als Kalb krank waren, gehen früher ab!

Trilk und Münch, 2010

MIL Brandenburg

Wirtschaftlichkeit

27

…und das hat Auswirkungen auf die Tageszunahmen

-

Trilk und Münch, 2010

MIL Brandenburg

Wirtschaftlichkeit

28

Kranke Kälber müssen später öfter besamt werden….B

es

am

un

gs

ind

ex

Trilk und Münch, 2010

MIL Brandenburg

Wirtschaftlichkeit

29

Kranke Kälber haben ein höheres Erstkalbealter…

Trilk und Münch, 2010

MIL Brandenburg

26,0

25,0

Schlussfolgerung

30

• Management entscheidend (3 Q-Regel)

Quantity → richtige Menge

Quality → richtige Qualität

Quickly → so schnell wie möglich

• Art der Verabreichung nicht entscheidend

(Zwangstränke nur bei entsprechender Indikation)

• In den letzten 10 Jahren keine

Verbesserung bei der

Kolostrumversorgung bei Kälbern??

Schlussfolgerung

31

Aber durch:

• Adäquate Kolostrumversorgung der Neugeborenen

• Gute Tränkehygiene und gutes Tränkemanagement

• Gezielte Vorbeuge durch Impfungen

• Konsequentes Hygienemanagement im gesamten Betrieb

Gute Voraussetzungen für gesunde und langlebige Kühe

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