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Häufigkeit des idiopathischen Parkinson-Syndroms
Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt zwischen 50 und 60 Jahren.
Morbus Parkinson beginnt selten vor dem 30. Lebensjahr.
Danach nimmt die Inzidenz steil mit dem Alter zu.
Die Prävalenz in der Gesamtbevölkerung liegt bei 100-200 / 100.000,
Bei Personen älter als 85 liegt die Prävalenz bei 2,2%.
Das männliche Geschlecht ist etwas häufiger betroffen.
Das Parkinson Syndrom ist gekennzeichnet durch: Akinese (Brady- und Hypokinese) + eines der folgenden Kardinalsymptome: Rigor Ruhetremor (4-6 Hz) Posturale Instabilität Begleitsymptome können sein: Sensorische Symptome (Dysästhesien und Schmerzen)
Vegetative Symptome (Störungen von Blutdruck, Temperaturregulation, Harnblasenfunktion und sexuellen Funktionen)
Psychische Symptome (vor allem Depression)
Kognitive Symptome (frontale Störungen, in fortgeschrittenen Stadien Demenz)
Symptomatologie des Morbus Parkinson
Motorische Symptome beginnen meist unilateral
Das extrapyramidal-motorische System
-Ist polysynaptisch -steuert vornehmlich die gröber erscheinenden Bewegungsabläufe vor allem der Rumpf- (tonische Halte- und Stützmotorik) und proximalen Extremitätenmuskulatur -Grundlage für die pyramidal verschaltete Feinmotorik -beeinflusst stark den Muskeltonus -sorgt zudem durch die Verschaltung u. a. mit dem Kleinhirn, dem optischen Reflexzentrum und den Gleichgewichtskernen für die Harmonie der Bewegungen und Korrektur der Körperhaltung
Primär motorischer Cortex
1. Nucleus caudatus 2. Thalamus 3. Putamen 4. Pallidum 5. Formatio reticularis 6. Nucleus ruber 7. Substantia nigra 8. Nucleus dentatus cerebelli
Pathogenese des Parkinson-Syndroms
• Folgen des Dopaminmangels:
1. Enthemmung cholinerger Interneurone:
Rigor und Tremor
2. Verminderte GABA-Aktivität der direkten
Unterschleife, dadurch Zunahme der
GABAergen-Hemmung im Thalamus:
Akinese
3. Enthemmung GABAerger Neurone der
indirekten Unterschleife, dadurch
Zunahme der GABAergen-Hemmung im
Thalamus: Akinese
Glutamat
GABA
Dopamin
Acetylcholin
Catechol-O-methyltransferase (nicht in Catecholaminneuronen
MAO-A MAO-B (nicht in Catecholamin-Neuronen)
Abbau von Dopamin
Radikalentstehung
Mögliche molekulare Ursache des Parkinson-Syndroms
DA = Dopamin NM = Neuromelanin Fe= Eisen ROS = Reaktive Sauerstoffspezies
Lewy-Körperchen
Alpha-Synuclein-Aggregate
Erhöhter oxidativer Stress führt zum Untergang der Neurone. Eine Rolle dabei spielen vermutlich: -Eisenbeladung -Radikalbildung beim Dopamin-abbau -Neuromelanin
Makropathologie der Substantia nigra
Normal Parkinson
Untergang der Neuronen und Neuronenbahnen von der Substantia nigra zum Corpus striatum
Schwarzfärbung durch Neuromelanin
Parkinson-Therapieziele
Therapieziele relevant je nach Alter und Lebensumstände:
Therapie von motorischen, autonomen, kognitiven und kommunikativen sowie
psychiatrischen Symptomen der Erkrankung (Impairment)
Erhaltung der Selbstständigkeit in den Aktivitäten des täglichen Lebens
Verhinderung/Verminderung von Pflegebedürftigkeit
Erhaltung der Selbständigkeit in Familie und Gesellschaft (soziale Kompetenz)
Erhaltung der Berufsfähigkeit
Erhalt/Wiedergewinnen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität
Vermeidung von sekundären orthopädischen und internistischen
Begleiterkrankungen
Verhinderung/Behandlung von motorischen und nicht motorischen Komplikationen
Vermeidung von dopaminergen Nebenwirkungen
• Dopaminagonisten • L-Dopa + Decarboxylasehemmer • L-Dopa + COMT-Inhibitor
Anticholinergika
NMDA-Rezeptor-antagonisten
MAO-B-Hemmer
Parkinson-Therapeutika im Überblick
Glutamat
GABA
Dopamin
Acetylcholin
Parkinson-Therapeutika im Überblick
Levodopa (L-Dopa): Dopaminvorstufe Carbidopa: L-Dopa-Decarboxylasehemmer Benserazid: L-Dopa-Decarboxylasehemmer Entacapon: Catecholamin-O-Methyltransferase-Hemmstoff Rasagilin: Irreversibler MAO-B-Hemmer Selegilin: Irreversibler MAO-B-Hemmer Bromocriptin: Dopamin-D2-Agonist (Ergot-Dopaminagonist) Pramipexol: Dopamin-D2-Agonist (Non-Ergot-Dopaminagonisten) Amantadin: NMDA-Rezeptorantagonist Biperiden: Anticholinergika
L-Dopa (Levodopa)
Levodopa (L-Dopa): Dopaminvorstufe + Carbidopa: L-Dopa-Decarboxylasehemmer Benserazid: L-Dopa-Decarboxylasehemmer
L-Dopa beim Morbus Parkinson
Generell: In der Monotherapie ist L-Dopa anderen Parkinson-Therapeutika überlegen. L-Dopa verzögert nicht die Progression der Erkrankung. Substanzen: L-DOPA + Decarboxylasehemmer (Benserazid, Carbidopa) Madopar®: L-Dopa + Benserazid (auch als Retard) Nacom®: L-Dopa + Cabidopa (auch als Retard) Intrajejunale L-Dopa-Infusionstherapie (Duodopa-Pumpe) Vorteil: Weniger Fluktuationen, Nachteil: Teuer, techn. anspruchsvoll Dosierung: Möglichst nicht über 1g/d (ab 500mg Kombinationstherapie) Kombinationen mit Dopaminagonisten, peripher-wirkendem COMT-Inhibitor (Entacapon) und/oder zentral-wirkendem MAO-B Inhibitor (Rasagilin, Selegilin) möglich. Wirkspektrum: Alle Parkinson-Symptome, weniger Tremor Indikationen: Bei vermindertem Ansprechen auf Dopaminagonisten, Patienten > 70 und/oder multimorbid
UAWs: Psychosen (Halluzinationen) Übelkeit (Dopamin-Effekt in der Area postrema) Orthostatische Regulationsstörungen Herzrhythmusstörungen Besonderheiten: Verbesserung von Lebensqualität und Lebenserwartung (vermindert krankheitsbedingte Komplikationen) Keine Neuroprotektion („Autotoxizitäts-Hypothese“) Wirkverlust - Dosissteigerungen Fluktuationen und Dyskinesien nach 3-5 Jahren
EOD= End of dose Akinese
L-Dopa beim Morbus Parkinson
Probleme der L-Dopa-Therapie
• Gute Wirksamkeit lässt nach ungefähr 3-5 Jahren nach
• Wirkungseinschränkung = verkürzte Wirkdauer und verringertes Wirkungsausmaß
– Verringerte Speicherkapazität für L-Dopa durch Progression des Untergangs dopaminerger Neurone
– Verzögerung durch Einsparen von L-Dopa mittels Kombinationstherapie möglich?
• Wirkungsfluktuationen = u.a. on/off-Phänomen
– Unregelmäßiger plötzlicher Wirkungsverlust mit abrupter Wirkungsrückkehr
– Pharmakokinetische Ursachen: keine ausreichend konstanten Dopaminlevel im Striatum
– Akut subkutane Gabe von Apomorphin (D2-Agonist) und dauerhaft prophylaktisch Domperidon (D2-Antagonist, geht nicht durch die Blut-Hirn-Schranke)
• Dyskinesien = abnorme, unfreiwillige Bewegungen
Apomorphin
Dopamin-Agonisten beim Morbus Parkinson
Generell: Wirkmechanismus vor allem am D2-Rezeptor Substanzen: Ergoline (Derivate von Mutterkornalkaloiden) Bromocriptin Lisurid, Pergolid Cabergolin nicht-Ergoline Pramipexol Ropinirol Rotigotin (transdermal) Wirkspektrum: Ähnlich wie Levodopa weniger Dyskinesien und Wirkungsfluktuationen durch längere Halbwertszeiten, aber auch weniger wirksam Kombination: L-Dopa-sparender Effekt und eine Besserung von L-Dopa assoziierten Fluktuationen UAW: Übelkeit, orthostatische Dysregulation, Ödeme und Psychosen Vermehrte Tagesmüdigkeit, Schlafattacken Herzklappen- und Lungenfibrosierung durch Affinität zum 5-HT2b- Rezeptor (nur Ergoline Agonisten, vor allem Pergolid und Cabergolin) Indikationen: Möglichst frühzeitig in Monotherapie (Patienten<70 Jahre), 1. Wahl sind nicht-ergoline Agonisten, später in Kombinationen
Dopamin-Agonisten beim Morbus Parkinson
Besonderheit: Das Auftreten von Impulskontrollstörungen: pathologische Spielsucht, pathologisches Kaufen, pathologisches Essverhalten und Hypersexualität Dosis-abhängig? Selten bei L-Dopa-Monotherapie Risikofaktoren: familiärer Substanzgebrauch, männliches Geschlecht, junges Alter bei Erkrankungsbeginn sowie psychiatrische Komorbidität Maßnahmen: Reduktion der Dosis Im Einzelfall atypische Neuroleptika oder SSRIs
COMT-Antagonisten beim Morbus Parkinson
Substanzen: Entacapon (wirkt nur 2 h, sehr kurze Plasmahalbwertszeit) Darreichung: Monopräparat und in fester Kombination mit L-Dopa und Carbidopa erhältlich Wirkspektrum: Periphere Hemmung des L-Dopa-Abbaus, Erhöhung des L- Dopa-Anteils, der ins ZNS gelangt UAWs: ähnlich denen der L-Dopa-Therapie allein, verstärkt L-Dopa UAW (Nausea, orthostatische Störungen, Halluzinationen,…) Indikationen: Nur in Kombination mit L-DOPA bei end-of-dose Fluktuationen
Entacapon
MAO-B-Hemmer beim Morbus Parkinson
Generell: MAO-B-Hemmer sind insbesondere im Frühstadium der Erkrankung symptomatisch und mild wirksam, keine MAO-B in dopaminergen Neuronen, daher Wirkung nicht direkt im Neuron Substanzen: Rasagilin, Selegilin Wirkspektrum: Irreversible Hemmung der MAO-B, soll Dopaminabbau im Striatum verzögern: Neuroprotektion, prophylaktische Wirkung möglich? UAWs: Verstärkung der UAW von L-DOPA Herzrhythmusstörungen Depressive Verstimmung Indikationen: nur leichte Anti-Parkinsonwirkung bei alleiniger Gabe, erlaubt in Kombination Levodopa zu reduzieren Bei end-of-dose Fluktuationen Besonderheit: Selegilin wird zu Amphetamin-Derivaten metabolisiert
NMDA-Antagonisten
Substanzen: Amantadin, Memantin Wirkspektrum: Nicht-kompetitive Hemmung der enthemmten exzitatorischen Glutamatwirkung UAWs: Übelkeit Schlafstörungen (Gabe vor 16 Uhr) Unruhe Indikationen: Monotherapie bei leichter Hypokinese, i.d.R. Kombination Akinetische Krise: intensivmedizinischer Notfall mit völliger Bewegungsunfähigkeit bei fortgeschrittenem Parkinson, schnell Exsikkose möglich, kann Stunden bis Tage dauern Ursachen: Flüssigkeitsmangel, Infektionen, Unterbrechung der Medikation, Antibiotika- oder Neuroleptikagabe Behandlung: Fiebersenkung, parenteral oder über Magensonde Elektrolytlösungen, Thromboseprophylaxe, sowie Amantadin i.v. oder Apomorphin s.c. oder L-Dopa per Nasensonde
Zentrale Anticholinergika beim Morbus Parkinson
Substanzen: Biperiden, Metixen Wirkspektrum: (Zentrale) m-Cholinozeptor-Antagonisten (stark lipophil) UAWs: Tachykardie Harnverhalt, Obstipation Auge (Mydriasis, Akkommodationsstörungen) Demenzprogression (KI: kognitive Störungen) Sedation, Unruhe, Desorientierung (mentale Konfusion) Indikationen: mäßiger Antiparkinsoneffekt, v.a. bei Tremor, Hyperhidrosis, Hypersalivation in Kombination
Metixen Biperiden
Parkinson-Therapie
Die wichtigsten Empfehlungen auf einen Blick (Leitlinientherapie)
Parkinson Patienten unter 70 Jahren ohne wesentliche Komorbidität:
Therapieeinleitung der ersten Wahl ist die Monotherapie mit einem Non-Ergot-
Dopaminagonisten (z.B. Pramipexol). Bei unzureichender Wirkung einer Monotherapie oder
Unverträglichkeit bei effektiven therapeutischen Spiegeln mit Dopaminagonisten wird zur
weitergeführten Agonistentherapie eine Kombinationstherapie mit L-Dopa eingeleitet.
Parkinson Patienten über 70 Jahre oder multimorbide Patienten:
Therapieeinleitung der ersten Wahl ist die Monotherapie mit L-Dopa solange keine
Wirkungsfluktuationen oder andere Therapiekomplikationen auftreten.
Bei Patienten, die neu auf eine Therapie mit einem Ergot-Dopaminagonisten eingestellt
werden, ist eine kardiovaskuläre Untersuchung durch einen Kardiologen, einschließlich
transthorakaler Echokardiographie, durchzuführen. Hierdurch soll eine bereits vorbestehende
Herzklappenerkrankung ausgeschlossen werden.
Patienten unter einer Therapie mit Ergot-Dopaminagonisten sollten halbjährlich einer
körperlichen Untersuchung mit Auskultation des Herzens und der Lunge, jährlich einer
transthorakalen Echokardiographie unterzogen werden.
Organische Psychosen (primär oder sekundär, akut oder chronisch)
u.a. aufgrund von Hirnerkrankungen (Demenz, raumfordernde
Prozesse), Hirnverletzungen (Schädel-Hirn-Trauma), exogen
zugeführten Substanzen (Medikamente, Drogen).
Nichtorganische Psychosen:
Psychosen des schizophrenen Formenkreises
Affektive Psychosen (bipolare Störung und schwerste Depressionen)
Mischform der sogenannten schizo-affektiven Psychose
Psychosen
Positiv-Symptome (überwiegend im akuten Schub)
Formale Denkstörungen (äußern sich in der Sprache) Abreißen von Gedanken, Verlust des logischen und grammatikalischen Zusammenhangs,
Wortsalat "Als ich den Neumond sah, wusste ich, dass der russische Geheimdienst wieder sendet, weshalb auch
nicht? Die Leute haben ja kein Geld mehr, und, wenn sie Geld haben, können sie ihr Fahrrad nicht
gebrauchen, weil keine Luft mehr in Läden liegt."
Wahnvorstellungen Verfolgungswahn, Vergiftungswahn, Größenwahn, Abstammungswahn, Berufungswahn
Halluzinationen Akustische Halluzinationen, Körperhalluzinationen, Geschmacks- und
Geruchshalluzinationen und selten optische Halluzinationen
Ich-Störungen Gefühl der Fremdsteuerung, Filtern der Eindrücke eingeschränkt
Affektstörungen und Psychomotorische Störungen z.B. Inadäquate emotionale Reaktion,
z.B. Schreien, Grimassen schneiden
Symptomatik der schizophrenen Psychosen
Negativ-Symptome (zwischen den Schüben)
Völliger Verlust positiver Gefühle (Anhedonie)
Affektabflachung: z.B. Gefühlsleere oder Oberflächlichkeit
Antriebsverarmung
Verlust sozialer Kontakte
„Autismus“
Nicht gestört sind bei der Schizophrenie üblicherweise Gedächtnis,
Intelligenz, Bewusstsein und Orientierung.
Symptomatik der schizophrenen Psychosen
van Rossum 1966: „Die Schizophrenien könnten verursacht sein, durch die Überaktivität bestimmter
dopaminerger Bereiche des menschlichen Gehirns.“ Horn and Snyder 1971: „Die Blockaden der Dopaminrezeptoren bedingt eine antipsychotische Wirkung bei den
Schizophrenien.“ Davis et al. 1991 „Die Schizophrenien sind bedingt durch abnormal niedrige Dopaminaktivitäten im Bereich
des präfrontalen Cortex, welche Negativ-Symptome verursachen, was zu erhöhten Dopaminaktivitäten in den mesolimbischen Dopamin-Neuronen führt, wodurch die Positiv-Symptome verursacht werden.“
Die Dopamin-Hypothese
Die Dopaminhypothese ist aber nur ein Bestandteil der neurobiologischen Schizophreniekonzepte von heute.
D2-Rezeptor: (Wichtigster) Angriffspunkt der Neuroleptika
• Sofortige Rezeptorblockade, aber antipsychotische Wirkung manifestiert sich langsam:
• Initial vermehrte Dopaminfreisetzung durch Blockade von präsynaptischen D2-Autorezeptoren und Ausschaltung inhibitorischer Regelkreise, normalisiert sich im weiteren Verlauf wieder
• Im weiteren Therapieverlauf kommt daher die kompetitive Blockade postsynaptischer D2-Rezeptoren stärker zum Tragen und führt zu Adaptionsprozessen im ZNS: antipsychotische Wirkung!
D2-Rezeptor: Angriffspunkt der Neuroleptika
Positronenemissionstomographie: Markierung der D2-Rezeptoren mit 11C-Racloprid vor (A) sowie unterschiedlich lange nach (B: 3 h, C: 6 h, D: 27 h) Haloperidolgabe: reversibler Antagonismus durch Haloperidol
Neuroleptika Klassifikationen
1. Nach ihren Wirkung/Nebenwirkungen
Typische:
Weitgehend einseitigen Wirkung auf die Positiv-Symptomatik der
Schizophrenie → Vorwiegend Antagonisten des D2-Rezeptor
Atypische:
Seltener typische Nebenwirkungen der Neuroleptika, insbesondere
extrapyramidal-motorische Störungen (EPS) und Spätdyskinesien.
Breiteres Rezeptor-Spektrum
Verschiedene Rezeptor-Affinitäten der Neuroleptika
Amisulprid Vergleichbares Spektrum wie Haloperidol, trotzdem atypisch, da geringere EPMS. Mögliche Erklärung: Wirkung eher mesolimbisch als nigro-striatal?
Neuroleptika Klassifikationen
2. Nach ihrer Potenz
Niederpotente Neuroleptika (CPZi ≤ 1,0)
Mittelpotente Neuroleptika (CPZi = 1,0-10,0)
Hochpotente Neuroleptika (CPZi > 10,0)
CPZi = Chlorpromazin-Index
3. Nach ihrer chemischen Struktur
Trizyklische Neuroleptika (Phenothiazine und Thioxanthene)
Dibenzepine
Butyrophenone und Diphenylbutylpiperidine
Benzamide
Benzisoxazol-Derivate, andere Stoffe
Alkaloide (Reserpin)
Wirkstoff Chemische
Klasse
Typisch/
Atypisch
Potenz
np/mp/hp-
CPZi
Sonstiges
Promethazin Phenothiazin np 0,5 Anti-histaminerge
Wirkung
Levomepromazin Phenothiazin Typisch np 0,5
Fluphenazin Phenothiazin Typisch
hp 40 Erstes Depot-
Neuroleptikum
(i.m.)
Haloperidol Butyrophenon Typisch hp 50
Clozapin Dibenzepin Atypisch np 1
Olanzapin Dibenzepin Atypisch hp 50
Risperidon
Benzisoxazol-
Derivat
Atypisch
hp 50
Einige ausgewählte Neuroleptika
Haloperidol
Promethazin
Fluphenazin
Mesolimbisch-mesokortikal
Nigro-striatal
Tubero-infundibulär
Angriffspunkte von Neuroleptika
D2-Rezeptor-Antagonismus der meisten Neuroleptika
D2-Hemmung verursacht extrapyramidal-
motorische Störungen
D2-Hemmung führt zur gewollten antipsychotischen Wirkung
Insbesondere eine Unterdrückung der Positiv-Symptome findet statt.
Freisetzung von Prolaktin: Galaktorrhoe, Gynäkomastie
Area postrema: antiemetisch Hypothalamus: Hypothermie
Mesolimbisch-mesokortikal
Nigro-striatal
Tubero-infundibulär
Besonderheit des atypischen NL Aripiprazol
Aripiprazol: Partieller Agonist am D2-Rezeptor
Aripiprazol vermindert extrapyramidal-
motorische Störungen
Aripiprazol hemmt mesolimbisch D2-Rezeptoren
Hemmung der Positiv-Symptome Aripiprazol aktiviert mesokortikal D2-
Rezeptoren Hemmung der Negativ-Symptome
Keine gesteigerte Prolaktinfreisetzung
Aripipazol
Blockade Klinisches Korrelat
D4 Negativsymptome einer Schizophrenie, Fehlen von extrapyramidal-
motorischen Symptomen (Clozapin)
5HT2A Antipsychotische Wirkung und Besserung der Negativsymptomatik,
Milderung von EPS
5HT2C Appetit und Gewichtszunahme, Abnahme des induzierten Prolaktin
Anstieges
H1 Sedierung, Gewichtszunahme, Erniedrigung der Krampfschwelle
1 Hypotonie, orthostatische Dysregulation,
Aktivierung Klinisches Korrelat
5HT1A Agonismus wirkt antidepressiv (Aripiprazol)
Weitere Angriffspunkte von Neuroleptika
Blockade von Klinisches Korrelat
Muskarinrezeptoren
ZNS Verminderung von EPMS, pharmakogenes Delir
Autonomes Nervens. Vegetative Nebenwirkungen, (Obstipation, Harnverhalt...)
M4-Rezeptoren Hypersalivation bei Clozapin
Weitere Angriffspunkte von Neuroleptika
Syndrom Verhältnis
Männer/Frauen
Häufigkeit des Auftretens
(Manifestationszeit) Therapie
Frühdyskinesie („Schnauzkrampf“)
2:1 erste 5 Tage ca. 5%
Muscarinrezeptor- Antagonisten
Parkinsonoid 1:2 erste 72 Tage ca. 20%
Muscarinrezeptor- Antagonisten
Akathisie („Unmöglichkeit still zu sitzen“)
1:2 erste 70 Tage ca. 25%
Dosisreduktion und Umsetzen auf ein anderes NL, zusätzlich Propranolol, BZD, Muscarinrezeptor-Antagonist, Antidepressiva (Mirtazapin)
Spätdyskinesie 1:1,7 erste 3 Jahre ca. 20%
Ausschleichende Therapie (über Wochen-Monate), Umstellen auf Clozapin, zusätzlich z.B. Tiaprid (typ. NL)
Malignes Neuroleptisches Syndrom
erste 2 Wochen ca. 0,07-0,5%
Absetzen und intensivmedizinische Maßnahmen, Dantrolen, Bromocriptin, Amntadin, Lorazepam
Wichtigste Nebenwirkungen klassischer Neuroleptika
• Wahrscheinlichkeit: ca.0,02-0,5%
• Beginn: 1.-2. Woche, entwickelt sich über 1-3 Tage
• Risikofaktoren: hochpotente NL Lithium-Komedikation, junge Männer
• Symptome: Rigor/Akinesie, Bewußtseinsstörung, autonome Funktionsstörung (Fieber, Tachykardie, labiler RR, Tachypnoe, Hyperhidrosis,Harninkontinenz), CK-Erhöhung, Leukozytose, Transaminasenanstieg, renale Komplikationen, Letalität 20%
• Therapie: Absetzen des NL, Kühlung, Flüssigkeitszufuhr, Intensivüberwachung, Dantrolen, Amantadin, Bromocriptin
Malignes neuroleptisches Syndrom
++ häufig und/oder besonders zu beachten + selten/gelegentlich und/oder im Allgemeinen nur in leichter Ausprägung (+) sehr selten Ø kein erhöhtes Risiko ? unzureichende Daten
Dtsch Arztebl 2004; 101(48): A-3270 / B-2772 / C-2626
Wichtigste Nebenwirkungen atypischer Neuroleptika
Atypische Neuroleptika • Haben andere Rezeptorinteraktionsprofile als klassische Neuroleptika:
• Clozapin: schwacher D2-Antagonist, stärkerer D4- und 5-HT2A-
Antagonist, stark sedierend & anti-cholinerg, keine EPS
(z. B. Spätdyskinesien), PROBLEM: Agranulocytose
• Olanzapin: starker 5-HT2A- u. D2-Antagonist, deutliche vegetative
Begleitwirkungen; starke Gewichtszunahme, EPS bei
höheren Dosen
• Risperidon: starker 5-HT2A-Antagonist (5-HT2A > a1 > D2 > H1), nicht-
anticholinerg), Gewichtszunahme, EPS in hohen Dosen !!!
• Aripiprazol: Partialagonist an D2-Rezeptoren, in Gegenwart von Dopamin
antagonistische Wirkung, ohne Dopamin agonistischer Effekt
• Amisulprid: selektiver D2/D3-Antagonismus
Clozapin - Agranulocytose
Behandlungsdauer (Wochen)
Agr
anu
lozy
tose
-Fäl
le/1
00
00
2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 0
20
40
60
80
100
120
160
140
Kontrollierte Anwendung in den ersten 18 Wochen einmal pro
Woche Blutbildkontrolle; danach einmal pro Monat
Daher: Clozapin ist nur unter sehr strenger Indikationsstellung bei therapieresistenten Psychosen indiziert.
Clozapin
Pharmakokinetik der Neuroleptika
• Pharmakokinetik durch Lipophilie bestimmt:
– Gute Resorption aus dem Magen-Darm-Trakt
– Plasmaproteinbindung > 90%
– Hepatische Metabolisierung:
• ausgeprägter first-pass Effekt
• Halbwertszeiten 15-35 h
Depotformulierungen:
i. m. Applikation von Fettsäureestern der Neuroleptika in Öl, langsame Freisetzung aus dem Depot, Spaltung im Blut, z.B. Haloperidoldecanoat: 2-4 Wochen
Einbettung in Mikrosphärenpartikel, die langsam zerfallen, z.B. Risperidon (Risperdal consta): 2 Wochen
Symptome einer Schizophrenie Wirkqualitäten von Neuroleptika
1. Beseitigung oder Abschwächung produktiver psychotischer Symptome (+)
- Denkstörungen - Wahnideen - Halluzinationen
2. Abschwächung von Negativsymptomen schizophrener Erkrankungen (-)
- Verarmung der Sprache - affektive Verflachung - sozialer Rückzug - Apathie
3. Sedierung
- psychomotorische Erregungszustände - affektive Spannung
Alle Neuroleptika, besonders hoch-potente klassische Neuroleptika
Generell schlechteres Ansprechen, atypische Neuroleptika besser wirksam als klassische Neuroleptika?
Niedrig-potente klassische sowie einige atypische NL (oder hoch-potente NL plus Benzodiazepine)
Atypische Neuroleptika
Substanz Vorteile Nachteile
Clozapin Praktisch keine EPMS; Wirkung gegen Negativsymptome; in 30-60% Wirksamkeit bei therapieresistenten Schizophrenien
Gefahr der Agranulozytose; Sedierung und vegetative UAW sehr häufig; starke Gewichtszunahme
Olanzapin EPMS bei niedriger und mittelhoher Dosierung selten; Wirkung gegen Negativsymptome
Ausgeprägte Gewichtszunahme; Erhöhung der Lipide im Blut
Risperidon EPMS bei Dosen < 4mg selten; Wirkung gegen Negativsymptome; Depotformulierungen verfügbar
Blutdruckabfall möglich
Olanzapin Risperidon