Post on 14-Mar-2021
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Optionen in Mietverträgen
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Einseitig durch den Mieter ausübbares Recht, das ohne weitere Gegenerklärung die Verlängerung eines Vertrages oder die Ausdehnung des Mietobjektes zur Folge hat
Es handelt sich dabei um ein sogenanntes Gestaltungsrecht
Definition (echte) Option
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Interessen der Parteien
• Grundsätzliches Interesse an langjähriger Vertragsbeziehung (Vermieter und Mieter)
• Der Mietzins soll periodisch an Veränderungen der Marktverhältnisse angepasst werden können (Vermieter).
• Flexibilität (Mieter)
• Echte Option:
– Durch einseitige Willenserklärung verlängert sich das Mietverhältnis ohne weiteres
• "Unechte" Option
– Keine Möglichkeit zur einseitigen Verlängerung, Parteien müssen sich (i.d.R. über den Mietzins) einigen; keine Verlängerung bei Dissens
• Pflicht zur Offertstellung
– Der Vermieter ist verpflichtet, dem Mieter ein Angebot zur Verlängerung des Mietverhältnisses zu unterbreiten
Übersicht
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Damit die Verlängerung des Mietverhältnisses durch einseitige Willenserklärung herbeigeführt werden kann, müssen die wesentlichen Vertragselemente (Mietobjekt und Mietzins) bestimmt oder bestimmbar sein, nämlich
• gleiche Bedingungen oder• vorher festgelegte Bedingungen oder• eindeutig bestimmbare Bedingungen
Option
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Formulierungsbeispiel
Formulierung im Mietvertrag:
«Die Parteien nehmen 18 Monate vor dem erst-möglichen Kündigungszeitpunkt Verhandlungen über die Verlängerung des Mietvertrages zu dannzumal marktüblichen Bedingungen auf. Sie führen diese Verhandlungen nach Treu und Glauben.»
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Formulierungsbeispiel
Formulierung im Mietvertrag
«Dem Mieter steht ein Vormietrecht um weitere fünf Jahre zu.»
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Formulierungsbeispiel
(Echte Option)Der Mieterin wird eine Option auf Verlängerung des Vertrages um fünf Jahre, d.h. bis zum 30. April 2025, zu unveränderten Bedingungen des vor-liegenden Vertrages eingeräumt. Will sie davon Gebrauch machen, so hat sie dies bis spätestens am 31. Oktober 2019 der Vermieterin mit einge-schrieben zugestelltem Brief mitzuteilen.
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Formulierungsbeispiel
Echte Option?Der Mieterin wird eine Option auf Verlängerung des Vertrages um fünf Jahre, d.h. bis zum 30. April 2025, des vorliegenden Vertrages eingeräumt. Will sie davon Gebrauch machen, so hat sie dies bis spätestens am 31. Oktober 2019 der Ver-mieterin mit eingeschrieben zugestelltem Brief mitzuteilen.Macht die Mieterin von dem ihr eingeräumten Optionsrecht Gebrauch, so ist die Vermieterin berechtigt, den Mietzins auf den Beginn der durch die Ausübung der Option verlängerten Vertragsdauer den dannzumal herrschenden ortsüblichen Verhältnissen anzupassen.
Alte Praxis des Bundesgerichts 4C.152/2004, E. 3.2:– Bei Ausübung des "Optionsrechts" keine Gewissheit
über den Mietzins– In der Folge keine Einigung der Parteien über den
Mietzins: Die Vorinstanz hatte festgestellt, dass die Parteien davon ausgegangen waren, die neuen Konditionen müssten erst verhandelt werden
– Keine Verlängerung des Mietverhältnisses um fünf Jahre, sondern Übergang in ein unbefristetes Miet-verhältnis
Bestimmbarkeit der Ortsüblichkeit
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Neue Praxis des Bundesgerichts (4A_551/2008 = MRA 4/10, S. 177 ff.)
Ist der Mietzins für die Verlängerung des Vertrages bestimmbar, so handelt es sich um eine echte Option. Es genügt, wenn die Parteien vereinbaren, der Mietzins werde an die orts- oder quartierüblichen Verhältnisse angepasst.Sieht der Vertrag indessen vor, dass über die Konditionen verhandelt werden muss, hängt die Verlängerung davon ab, ob eine Einigung erzielt wird.
Bestimmbarkeit der Ortsüblichkeit
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FormulierungsbeispielUnechte Option?Der Mieterin wird eine Option auf Verlängerung des Vertrages um fünf Jahre, d.h. bis zum 30. April 2025, des vorliegenden Vertrages eingeräumt. Will sie davon Gebrauch machen, so hat sie dies bis spätestens am 31. Oktober 2019 der Ver-mieterin mit eingeschrieben zugestelltem Brief mitzuteilen.Macht die Mieterin von dem ihr eingeräumten Optionsrecht Gebrauch, so ist die Vermieterin berechtigt, den Mietzins auf den Beginn der durch die Ausübung der Option verlängerten Vertragsdauer den dannzumal herrschenden marktüblichen Verhältnissen anzupassen.
• Ortsüblich ist nicht gleich marktüblich:– Der ortsübliche Mietzins bestimmt sich aufgrund der
Vergleichsmietzinse bestehender Mietverträge– Der marktübliche Mietzins bestimmt sich aufgrund der
Marktverhältnisse beim Abschluss eines neuen Miet-vertrages für vergleichbare Objekte
– Das Bundesgericht scheint die Begriffe aber als Synonym zu verwenden
Marktüblicher Mietzins
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• Ist das Kriterium "marktüblich" genügend bestimmt?• Abzustellen wäre auf den Willen der Parteien• Analoge Anwendung der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung ist naheliegend• Das Kriterium der "Marktüblichkeit" ist nicht im
Gesetz, aber definiert• Fraglich, ob der Begriff "marktüblich" den
Anforderungen an die Bestimmtheit genügt
Bestimmbarkeit der Marktüblichkeit
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• Zur Vermeidung von Unklarheiten sollen Vertragsbestimmungen eindeutig und klar sein
• Es empfiehlt sich daher, im Mietvertrag festzulegen, was die Parteien unter einem bestimmten Kriterium verstehen oder wie dieses festgelegt werden soll
Vermeidung von Unklarheiten
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FormulierungsbeispielKönnen sich die Parteien über die dannzumal herrschenden marktüblichen Verhältnisse nicht bis zum 31. Dezember 2017 einigen, so beauftragen sie die Firma XY AG […] aus dem Kreis ihrer leitenden Angestellten eine fachkundige und mit den örtlichen Verhältnissen vertraute Person zu bestimmen, die diesen Mietzins als Schiedsgutachter festzulegen hat. Die Parteien anerkennen dabei das Resultat des Schiedsgutachtens als für sie verbindlich.
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Zulässigkeit von Schiedsklauseln
BGE 141 III 201 ff., E. 3.2.3:"Im Gegensatz zur Miete und Pacht von Wohnräumen ist ausserdem bei allen übrigen Miet- und Pacht-verhältnissen (so insbesondere bei der Geschäfts-miete und -pacht) sowohl die Vereinbarung von Schiedsgutachten (Art. 189 ZPO) als auch die Streit-erledigung durch ein frei wählbares Schiedsgericht zulässig"
• Keine Option im Sinne des Rechts, da die Ver-längerung des Mietverhältnisses gerade nicht durch eine einseitige Willenserklärung ausgeübt werden kann
• Die Fortsetzung des Mietverhältnisses setzt eine Einigung über den Mietzins voraus
"Unechte" Option
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• Folgen, wenn Mieterin mit den neuen Bedingungen nicht einverstanden ist oder keine Einigung über den Mietzins zustande kommt:– Beendigung des Mietverhältnisses auf den Ablauf der
vereinbarten Mietdauer bei befristeten Mietverträgen– Eventuell Übergang in ein unbefristetes Mietverhältnis,
falls dieses von den Parteien trotz fehlender Einigung über den Mietzins fortgesetzt wird
"Unechte" Option
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Formulierungsbeispiel"Unechte Option"Der Mieterin wird eine Option auf Verlängerung des Vertrages um fünf Jahre, d.h. bis zum 31. März 2025, des vorliegenden Vertrages eingeräumt. Eine solche Verlängerung hat sie der Vermieterin bis spätestens sechs Monate vor Ablauf der Miet-dauer, d.h. bis am 30. September 2019, schriftlich mitzuteilen.Im Anschluss an die erfolgte Mitteilung der Mieterin einigen sich die Parteien über den neuen Mietzins für die Verlänge-rungsdauer. Können sich die Parteien bis am 31. Januar 2018 nicht einigen, so endet das Mietverhältnis mit Ablauf der Miet-dauer am 31. März 2018.
Pflicht des Vermieters, dem Mieter ein Angebot zur Fortsetzung des Mietverhältnisses zu unterbreitenProbleme: • Wie wird die Höhe des Angebots bestimmt?• Kann der Vermieter diese frei festlegen?• Was passiert, wenn der Vermieter einen
exorbitanten Mietzins verlangt, um die Verpflichtung zur Offertstellung zu umgehen?
• Wie kann die Pflicht durchgesetzt werden?
Verpflichtung zur Offertstellung
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FormulierungsbeispielDie Vermieterin verpflichtet sich, der Mieterin spätestens 6 Monate vor Vertragsbeendigung eine Offerte zur Fortsetzung des Mietverhältnisses um mindestens 5 Jahre zu den dann-zumal herrschenden marktüblichen Verhältnissen zu unter-breiten.Darunter verstehen die Parteien denjenigen Mietzins, der bei einer Neuvermietung des Mietobjektes auf dem freien Markt mit hoher Wahrscheinlichkeit erzielt werden könnte, und zwar unabhängig davon, ob das Mietobjekt als Ganzes oder in Teilflächen zu irgendeiner Nutzung, also nicht zwingend zu dem in diesem Vertrag vereinbarten Nutzungszweck, auf dem Markt angeboten wird.
Seminar vom 19. März 2019 23
Formulierungsbeispiel Forts.Der Nachweis der dannzumal herrschenden marktüblichen Verhältnisse wird erbracht durch eine ernst gemeinte, von einem oder mehreren Interessenten schriftlich unterbreitete Offerte (z.B. im Rahmen einer Absichtserklärung ["Letter ofIntent"] etc.).Wird die von der Vermieterin unterbreitete Offerte von der Mieterin nach entsprechender Offertstellung nicht innert einer Frist von 2 Monaten … angenommen so ist eine Vereinbarung über die Vertragsverlängerung nicht zu Stande gekommen mit der Konsequenz, dass das Vertragsverhältnis auf den ... endigt, ohne dass es einer Kündigung bedarf.
Fragen?
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