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Mitschrift ZustandsregelungMartin Vierling, 2. Februar 2008
Bei Fragen, Verbesserungen etc.: martin@die-webber.com
Alle Angaben ohne Gewahr
Mitschrift NICHT vollstandig! Wer Interesse hat diese Fortzufuhren bitte eine Email schreiben!
Inhaltsverzeichnis
1 Stabilisierung linearer Systeme im Zustandsraum 2
1.1 Zustandsstabilitat linearer Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.2 Kriterien fur Stabilisierbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.3 Stabilisierung linearer Systeme durch Eigenwertvorgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
2 Entwurf von Zustandsregelungen auf Fuhrungsverhalten 7
2.1 Einstellung des Fuhrungsverhaltens durch Vorgabe des Fuhrungsubertragungsverhaltens . . . . . . . 7
2.1.1 Stationare Entkopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
2.1.2 Dynamische Entkopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Mitschrift - Zustandsregelung Seite 2/15
1 Stabilisierung linearer Systeme im Zustandsraum
1.1 Zustandsstabilitat linearer Systeme
Ausgangspunkt: Lineares ungeregeltes System n-ter Ordnung in der Zustandsraumdarstellung
x = Ax, x(0) = x0
Ruhelage des Systems
x = 0→ x(0) = AxR = 0
Mit det(A) 6= 0 ist xR = 0 einzige Ruhelage des Systems. System mit Anfangswertstorung, d.h. x(0) 6= 0.
Abbildung 1: Beispiel zur Stabilitat
Stabilitatsdefinition
Ein lineares System heißt asymptotisch stabil (as.st.), wenn die Zustandstrajektorie x fur t → ∞ gegen xR = 0
strebt und zwar ∀x(0) ∈ Rn
Frage: Wie lasst sich Stabilitat bei linearen Systemen nachweisen?
→ Fur lineare (zeitinvariante) Systeme kann Losung des Anfangswertproblems (AWP) geschlossen angegeben
werden!
AWP:
x = Ax, x(0) 6= 0
• Losungsansatz: Taylorreihenentwicklung der Losung x um x(0):
x(t) = x(0) + x(0)t +1
2x(0)t2 + · · · =
∞∑k=0
xk(0) · tk
k!
Da x(0) bekannt ist, kann x(0)t berechnet werden.
• Darstellung von xk(0) mittels der Zustandsgleichung:
x = Ax ; x = Ax = A2x . . . ; xk = Akx
• Damit folgt fur Losung:
x(t) = x(0) + Ax(0)t +1
2A2x(0)t2 + · · · = (I + At +
1
2A2t2 + . . . )︸ ︷︷ ︸∑∞
k=0(At)k
k!=eAt(Matrizenexponentialprodukt)
x(0)
• Eindeutige Losung des AWP
x(t) = eAt · x(0) (Abbild bzw. Fluss einer DGL)
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Mitschrift - Zustandsregelung Seite 3/15
Bemerkung: Losung der inhomogenen Zustandsgleichung x = Ax +Bu kann stets durch Variation der Konstanten
bestimmt werden.
Eine Methode zur Berechnung der Matizenexponentialfunktion:
Annahme: A sei diagonalisierbar, d.h. es existiert eine regulare Matrix V der Eigenvektoren (EV) von A, so dass
A · V = V · ΛmitΛ = diag(λ · ν) Λ = Diagonalmatrix der Eigenwerte (EW)
Und λ · ν = λν(A)bzw.V −1AV = Λ
A [v1 . . . vn] = [v1 . . . vn]
λ1 · · · 0...
. . ....
0 · · · λn
; A · vi = λivi
Transformation der Matrizenexponentialfunktion:
V −1eAtV = V −1(I + At +1
2A2t2 + . . . )V
= V −1(I + At +1
2AV V −1At2 + . . . )V
= I + Λt +1
2Λ2t2 + · · · = eΛ>Ft
Fur Diagonalelemente gilt:
1 + λνt +1
2λ2νt
2 + · · · = eλνt
Damit folgt (EWe konnen komplex sein!)
V −1eAtV =
eλ1t · · · 0...
. . ....
0 · · · eλnt
= diag(eλνt)
→ eAt = V · diag(eλνt) · V −1
Losung des AWP:
x(t) = V · diag(eλνt) · V −1 · x(0)
bzw.
x(t) = [v1 . . . vn]
eλ1t · · · 0...
. . ....
0 · · · eλnt
w
T1...
wTn
x(0)
mit der Matrix w = V −1 =
wT1...
wTn
der Linkseigenvektoren wν von A.
Darstellung der Losung x mit Links- und Rechts-Eigenvektoren
wi = Links-EV
λi , vi = Rechts-EV
x(t) =
n∑ν=1
vν · wTν · eλνtx(0) =
n∑ν=1
(wTν · x(0)
)· eλνt · vν
Interpretation (dieser Losung):
• EWe λν legen Form der Eigenbewegungen eλνt fest
• EV vν legen Verteilungen der Eigenbewegungen auf Zustandsvektor x fest
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Mitschrift - Zustandsregelung Seite 4/15
• AB x(0) bewirkt Anregung von Eigenbewegungen
Untersuchung des Stabilitatsverhaltens
limt→∞
x(t) =
n∑ν=1
(wTν x(0)
) (limt→∞
eλνt)vν
mit
limt→∞
eλνt = limt→∞
eReλνt+j Imλνt = limt→∞
eReλνt (cos(Imλνt + j sin(Imλνt)) = 0
gilt
limt→∞
x(t) = 0 ∀x(0) ∈ Rn
genau dann, wenn
Reλν < 0, ∀ν = 1, 2, . . . , n
Ergebnis: Stabilitatskriterium
Ein lineares System ist genau dann as.st., wenn Reλν < 0, ∀ν = 1, 2, . . . , n bzw. wenn alle EWe links der
Imaginarachse liegen.
Bemerkung:
• Stabilitatskriterium gilt allg., d.h. auch fur nichtdiagonalisierbare A
• Stabilitatsverhalten wird durch EWe vollstandig charakterisiert ; im Weiteren mussen nur die EWe betrachtet
werden und nicht die gesamte Losung des AWP.
1.2 Kriterien fur Stabilisierbarkeit
Stablilisierungsproblem
Gegeben sei ein lineares System n-ter Ordnung
x = Ax + Bu
mit p Eingangsgroßen u. Gesucht ist eine (vollstandige) Zustandsruckfuhrung (auch Zustandsregler genannt
u = −kx
so, dass das geregelte System
x = (A− BK)x
as.st. ist.
Bemerkung:
• Stabilisierung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die geregelte Strecke as.st. und durch Wahl der EWe
eine gewunchste Dynamik besitzt.
• Da zu jedem Zeitpunkt t bei Kenntnis der Zustande x(t) und der Eingange u(t) die weitere Systementwick-
lung festgelegt ist (x(t) ist eindeutige Losung des AWP), verwendet die Zustandsruckfuhrung die volle zur
Systembeeinflussung verfugbare Information.
Frage: Wann ist das Stabilisierungsproblem losbar?
→ Kriterien fur Stabilisierbarkeit
• Kalman-Kriterium
Alle EWe des Regelkreises konnen beliebig vorgegeben werden genau dann, wenn
rg(QS) = rg[B AB . . . An−1B
]= n
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Mitschrift - Zustandsregelung Seite 5/15
gilt. In diesem Fall ist das System steuerbar.
Problem: Kalman-Kriterium ist nur hinreichend fur Stabilisierbarkeit.
Beispiel:
Abbildung 2: Beispiel zum Kalman-Kriterium
λ2 ist im Stabilitatsgebiet verschiebbar ; System stabilisierbar. λ1 ist nicht verschiebbar ; System ist nicht
steuerbar, d.h. Kalmann-Kriterium nicht erfullt.
=⇒ Eigenwertbezognenes Stabilisierbarkeitskriterium verwenden
• Hautus-Kriterium
Ein Eigenwert λν (bzw. ein Eigenwertpaar λν , λν+1 = λ∗ν) ist durch eine Zustandsruckfuhrung verschiebbar
genau dann, wenn
rg [A− λνI B] = n
gilt. In diesem Fall ist der Eigenwert λν (bzw. das Eigenwertpaar λν , λν+1 = λ∗ν) steuerbar.
• Kriterium fur Stabilisierbarkeit
Ein lineares System ist stabilisierbar genau dann, wenn alle instabilen EWe λν (d.h. Re(λν) ≥ 0) steuerbar
sind.
1.3 Stabilisierung linearer Systeme durch Eigenwertvorgabe
Herleitung der Synthesegleichung
Geregelte Strecke
x = (A− BK)x
Vorgabe der n EWe λν , ν = 1, 2, . . . n der geregelten Strecke fuhrt auf
det(λI − A+ BK)!
=
n∏ν=1
(λ− λν) = λnan−1λn−1 + · · ·+ a0
Auswertung der Determinante
λn + an−1(k)λn−1 + · · ·+ a0(k)!
= λn + an−1λn−1 + · · ·+ a0
Koeffizientenvergleich liefert Synthesegleichung
an−1(k) = an−1, . . . , a0(k) = a0
=⇒ n Gleichungen fur pn unbekannte Elemente in der Zustandsreglermatrix Kp×n
Eigenschaften der Synthesegleichung bei p Eingangsgroßen
1. Eingroßensysteme, d.h. p = 1
• lineare Synthesegleichung
• eindeutige Losung, falls System steuerbar
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2. Mehrgroßensysteme, d.h. p > 1
• nicht lineare Synthesegleichung
• unendlich viele Losungen, wenn System steuerbar
Problem: Losung der nichtlinearen Synthesegleichung im Mehrgroßenfall
→ nicht die Elemente von K ab Entwurfsparameter verwenden.
Ansatz: Allgemeine Losung des Eigenwertvorgabeproblems durch Verwendung anderer Entwurfsparameter
Darstellung der Reglermatrix K durch Eigenwerte und Parametervektoren
Annahme: A− BK sei diagonalisierbar
Bestimmungsgleichung der Regelungseigenvektoren vν , ν = 1, 2, . . . , n
(λI − A+ BK)vν = 0, ν = 1, 2, . . . , n
von K abhangiger Term auf eine Seite
(A− λνI)vν = B Kvν︸︷︷︸pν
= Bpν
mit den invarianten Parametervektoren pν , v = 1, 2, . . . , n, der Regelung.
Annahme: Strecken- und Regelungseigenwerte samtlich voneinander verschieden ; det(A− λνI) 6= 0
Darstellung von vν in Abhangigkeit von λν und pν
vν = (A− λνI)−1Bpν
Darstellung von K in Abhangigkeit von λν und pν
Kvν = pν , v = 1, 2, . . . , n
Zusammenfassung in Matrixgleichung
K [v . . . vn] = [p1 . . . pn]
mit vν folgt Zustandsreglerformel der Vollstandigen Modalen Synthese
K = [p1 . . . pn] [v . . . vn]−1
mit
vν = (A− λνI)−1B pν , ν = 1, 2, . . . , n
→ K kann in Abhangigkeit der neuen Entwurfsparameter λν und pν dargestellt werden.
→ allgemeine Losung des Eigenwertvorgabeproblems mit diesen Entwurfsparametern moglich (siehe Beiblatt #3)
Bemerkung:
• Multiplikation der Parametervektoren mit Konstanten cν 6= 0 verandert Reglermatrix nicht ; Entwurfspara-
meter λν und pν besitzen pn Freiheitsgrade
• Die nach der Eigenwertvorgabe noch vorhandenen n(p − 1) Freiheitsgrade werden durch Parametervektoren
erfasst
→ Regelungseigenvektoren
vν = (A− λνI)−1Bpν
konnen innerhalb des Unterraums
Bild{
(A− λνI)−1B}
vorgegeben werden.
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2 Entwurf von Zustandsregelungen auf Fuhrungsverhalten
2.1 Einstellung des Fuhrungsverhaltens durch Vorgabe des Fuhrungsubertragungsver-
haltens
Abbildung 3: Beispiel zum Fuhrungsubertragungsverhalten
→ Einschwingvorgang bei Einstellung einer neuen Fuhrungsgroße ( 6= Istwert) ist durch die Fuhrungssprungantwort
festgelegt.
Struktur der Zustandsregelung
Abbildung 4: Struktur der Zustandsregelung
Annahmen
• w mit konstantem Endwert w∞
• dim u = dim y = dimw = m
Zustandsregler mit Fuhrungsgroßenaufschaltung
u = −kx + Mw︸︷︷︸Fuhrungsgroßenauf-
schaltung (Steuerung)
2.1.1 Stationare Entkopplung
Forderung: Im stationaren Zustand soll gelten
y∞!
= w∞
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Voraussetzung: Regelkreis ubertragungsstabil, damit sich Endwert einstellt.
Bestimmung der Form von Fw (s)
Fuhrungsubertragungsverhalten
y(s) = C(sI − A+ BK)−1BM︸ ︷︷ ︸Fw (s)
W (s)
Endwertsatz der Laplace-Transformation
y∞ = lims→0
sY (s)
= lims→0
sFw (s)W (s)
= Fw (0) lims→0
sW (s)︸ ︷︷ ︸=w∞=const.
Stationares Fuhrungsubertragungsverhalten
y∞ = Fw (0)w∞!
= w∞ ; Fw (0)!
= I
→ Fuhrungsverhalten muss stationar entkoppelt sein, d.h. stationar konnen konstante Fuhrungsgroßen unabhangig
voneinander ubertragen werden
Bestimmungsgleichung des Vorfilters
Fw (0) = C(−A+ BK)−1BM!
= I
; M =[C(−A+ BK)−1B
]−1
Frage: Wann existiert Vorfilter?
1© det(−A+ BK) 6= 0, wenn keine Regelungseigenwerte bei 0
2© Wann existiert [. . . ]−1?
→ abhangig von invarianten Nullstellen
Definition invarianter Nullstellen (fur dim y = dim u) Die Losung η von
detP (η) = 0
mit der Rosenbrock-Matrix
P (s) =
[A− sI B
C 0
]heißen invariante Nullstellen (inv. NS) der Strecke.
Frage: Warum sind η Nullstellen des Systems?
Betrachten fur η 6= λi(A) ∀i = 1, 2, . . . , n
detP (η) = det
[A− ηI B
C 0
]= det
[I 0
−C(A− ηI)−1 I
]︸ ︷︷ ︸
=1
· det
[A− ηI B
C 0
]
= det
[A− ηI B
0 C(ηI − A)−1B
]= det(A− ηI) · detC(ηI − A−1)B︸ ︷︷ ︸
F (η)
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mit Streckenubertragungsmatrix F (s) = C(sI − A)−1B
Ergebnis: Nullstellen von detF (s) sind invariante Nullstellen
(; Eingroßensysteme: detF (s) = det Z(s)N(s) = Z(s)
N(s)
!= 0 ; Z(s)
!= 0 )
Beachte:
• detF (s) = 0 kann nicht zur Bestimmung der invarianten Nullstellen verwendet werden, wenn η = λi(A) fur
ein i
• invariante Nullstellen sind Systemgroßen des Zustandssystems nicht des Ubertragungsverhaltens
Frage: Warum heißen die Nullstellen invariant?
Betrachten [A− sI B
C 0
]︸ ︷︷ ︸Rosenbrockmatrix
der Strecke
[I 0
−K M
]︸ ︷︷ ︸Regular, falls
detM 6= 0
=
[A− BK − sI BM
C 0
]︸ ︷︷ ︸
Rosenbrockmatrix
der Regelung
Ergebnis: Die invarianten Nullstellen werden durch Zustandsregler
u = −Kx +Mw, M 6= 0
mit regularer Fuhrungsgroßenaufschaltung nicht verandert, d.h. das geregelte System besitzt die gleichen invarianten
Nullstellen wie die Strecke
Beantwortung der Frage 2©
Betrachten[A B
C 0
]︸ ︷︷ ︸
=P (0)
[I 0
−K I
]︸ ︷︷ ︸
regular
[I −(A− BK)−1B
0 I
]︸ ︷︷ ︸
regular (det(A− BK)
6= 0 vorausgesetzt)
=
[A− BK B
C 0
] [I −(A− BK)−1B
0 I
]=
[A− BK 0
C C(−A+ BK)−1B
]
; detP (0) = det(A− BK)︸ ︷︷ ︸6=0(siehe 1©)
det(C(−A+ BK)−1B
)
Ergebnis: Kriterium fur stationare Entkoppelbarkeit
Eine Strecke ist stationar entkoppelbar (d.h. M =[C(−A+ BK)−1B
]−1existiert), wenn
• keine Regelkreis-Eigenwerte bei 0 und
• keine invarianten Nullstellen bei 0
Wahl von K: Stabilisierung des Regelkreises.
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2.1.2 Dynamische Entkopplung
Problem: Betrachten Fuhrungsverhalten eines Zweigroßensystems
Abbildung 5: Fuhrungsverhalten eines Zweigroßensystems
[y1(s)
y2(s)
]=
[f11(s) f12(s)
f21(s) f22(s)
]︸ ︷︷ ︸
Fw (s)
[w1(s)
w2(s)
]
→ Anderung in w1 beeinflusst y1 und y2
; Einschwingvorgange fur y1 und y2 beeinflussen sich gegenseitig
; Fuhrungsverhalten kann nicht getrennt fur y1 und y2 eingestellt werden
Abhilfe: Dynamische Entkopplung, d.h. Dynamik des Fuhrungsverhaltens fur y1 und y2 ist entkoppelt
→ Fuhrungsubertragungsfunktionsmatrix Fw (s) muss diagonal sein.
Fuhrungsentkopplung durch Zustandsruckfuhrung
Gesucht ist ein Zustandsregler
u = −Kx +Mw, detM 6= 0
so, dass
Fw (s) = diag(fi i(s)
)(dynamische Entkopplung)
mit
Fw (0) = I (stationare Entkopplung)
gilt.
Gestalt der Ubertragungsfunktionen fi i(s)
Zur Spezifizierung von fi i(s) werden der Differenzgrad Si benotigt.
Betrachten i-te Ausgangsgroße yi mit cTi i-te Zeile von C
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yi = cTi x
yi = cTi x = cTi Ax + cTi B︸︷︷︸=0T
u
yi = cTi Ax = cTi A2x + cTi AB︸ ︷︷ ︸
=0T
u
y δi−1i = cTi A
δi−1x + cTi Aδi−2B︸ ︷︷ ︸
=0T
u
y δii = cTi Aδi x + cTi A
δi−1B︸ ︷︷ ︸6=0T
u
→ u wirkt sich erstmalig auf y δii aus.
Definition des Differenzgrades δi der i-ten Ausgangsgroße yi
Ausgangsgroße yi hat Differenzgrad δi , wenn
cTi AkB = 0T , k = 0, 1, . . . , δi−2
cTi Aδi−1B 6= 0T
Die Summe
δ = δi + · · ·+ δm, δ ≤ n
heißt Differenzgrad des Systems
Der Differenzgrad kann durch (statische) Zustandsruckfuhrungen mit regularem Vorfilter M nicht verandert werden
→ bleibt im geregeltem System erhalten
Fuhrungsubertragungsgunktionen fi i(s)
Anforderungen an fi i(s) = zi i (s)ni i (s) :
• stationare Genauigkeit ; fi i(0) = 1
• Differenzgrad δi ; deg ni i(s)− deg zi i(s)!
= δi
Annahme: fi i(s) habe keine Nullstellen
→ Gestalt von fi i(s)
fi i(s) =
∑δiµ=1(−λiµ)
(s − λi1) · . . . · (s − λiδi ), i = 1, 2, . . . , m
Bestimmung des Entkopplungsreglers
Vereinfachende Annahme: einfache Regelungseigenwerte ; A− BK diagonalisierbar.
Bestimmungsgleichung fur Reglermatrix K und Vorfilter M
Fw (s) = C(sI − A+ BK)−1BM!
= diag(fi i(s)
)Frage: Wann existiert Losung (K,M) der Bestimmungsgleichung?
1© Wegen Fw (0)!
= I muss Strecke stationar entkoppelbar sein
2© diag(fi i(s)
)besitzt δ Pole und keine Nullstellen
; n − δ Eigenwerte mussen mit invarianten Nullstellen kompensiert sein
; Strecke muss genau n − δ invariante Nullstellen besitzen
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Mitschrift - Zustandsregelung Seite 12/15
Da auch die Umkehrung von 2© gezeigt werden kann, folgt das Kriterium fur dynamische Entkoppelbarkeit.
Ein System ist dynamisch entkoppelbar ganau dann, wenn fur die Rosenbrock-Matrix P (s) der Strecke
deg detP (s) = n − δ
gilt, d.h. die Strecke genau n − δ invariante Nullstellen besitzt.
Bestimmung von K
Partialbruchzerlegung (PBZ) von Fw (s) mit A− BK = V ΛV −1
Fw (s) = C (sI − (A− BK))−1BM
= C(sI − V ΛV −1
)−1BM mit: (AB)−1 = B−1A−1
= CV(sI − Λ
)−1V −1BM
= C[v1, . . . , vn
] 1
s−λ1· · · 0
.... . .
...
0 · · · 1s−λn
w
T1...
wTn
BM=
n∑ν=1
CvνwTν BM
s − λν
=
n∑ν=1
Rν(Residuenmatrix)
s − λν
mit Residuenmatrizen zum Pol λνRν = Cvνw
Tν BM
Bemerkung: Die in Fw (s) auftretenden Eigenwerte λν heißen (Ubertragungs-) Pole der Regelung. Damit der Pol
λiµ, i = 1, 2, . . . , m︸ ︷︷ ︸Zeilen vonFw
, µ = 1, 2, . . . , δi︸ ︷︷ ︸Pole in i-ter Zeile
in der i-ten Zeile und Spalte auftritt, muss fur seine Residuenmatrix
Riµ = CvνwTν BM = eie
Ti riµ︸ ︷︷ ︸
i-te Zeile→
0
riµ0
i-te Spalte
Anforderung an die Regelkreis-Eigenvektoren
Cviµ!
= ei (= Rk-EW λiµ tritt in i-ter Zeile auf) (*)
Bemerkung: Wenn Strecke steuerbar, dann wTiµB 6= 0T und mit detM 6= 0 ; wTiµBM 6= 0T
Fur die Regelkreis-EV gilt nach der VMS
viµ =(A− λiµI
)−1B · piµ
;(A− λiµI
)viµ − B · piµ = 0 (**)
Zusammenfassung von * und ** in Matrizengleichung[A− λiµI B
C 0
]︸ ︷︷ ︸
P (λiµ)
[viµ−piµ
]=
[0
ei
]i = 1, 2, . . . , m
µ = 1, 2, . . . , δi
Ergebnis:
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Mitschrift - Zustandsregelung Seite 13/15
• δ Anforderungen an die Paare (λiµ, piµ)
• losbar, falls detP (λiµ) 6= 0 ; λiµ verschieden von den inversen Nullstellen vorgeben
Noch fehlende n − δ Anforderungen
→ n−δ Eigenwerte λν , ν = δ+1, . . . , n treten in Fw (s) nicht auf ; Kompenstation mit invarianten Nullstellen,
d.h. zugehorige Residuenmatrizen Rν mussen verschwinden.
Also
Rν = CvνwTν BM
!= 0
fur
Cvν!
= 0 (***)
Bemerkung: Mit dieser Forderung werden Eigenwerte λν unbeobachtbar gemacht, denn es gilt Hautus-Kriterium
in Eigenvektor-Form.
Ein Eigenwert λν ist beobachtbar genau dann, wenn fur seine Eigenvektoren vν
Cvν 6= 0
gilt.
Zusammenfassung von ** (Seite 12) und *** (Seite 13) in Matrizengleichung
[A− λνI B
C 0
]︸ ︷︷ ︸
P (λν)
[vν−pν
]=
[0
0
]ν = δ + 1, . . . , n
Ergebnis:
• weitere n − δ Anforderungen an die Paare (λν , pν) ; K uber Zustandsreglerformel festgelegt.
• nichttriviale Losung (vν , pν) existiert, falls detP (λν) = 0 ; λν gleich den invarianten Nullstellen vorgeben.
Bestimmung von M
Forderung nach stationarer Entkopplung
; M = [C(−A+ BK)−1B]−1
Frage: Sichert dieses Vorfilter auch ein diagonales Fw (s)?
• zeilenweise Entkopplung: K stellt zeilenweise Vorgabe der Regelkreis-Pole sicher
• spaltenweise Entkopplung durch Wahl von M
Betrachten i-te Zeile von Fw (s)
f Tiw = [fi1(s) . . . fi i(s) . . . fim(s)]
Gestalt der Elemente von Fw (s)
fi j(s) =zi j(s)
ni j(s)
Es gilt
deg ni j(s)︸ ︷︷ ︸1©
− deg zi j(s)︸ ︷︷ ︸3©
= δi︸︷︷︸2©
1© = δi , da δi Pole in i-ter Zeile vorgegeben
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Mitschrift - Zustandsregelung Seite 14/15
2© – Differenz kann nicht kleiner sein als δi , da Differenzgrad invariant gegenuber Zustandsruckfuhrung
– Differenz kann nicht großer sein als δi , da nur δi Pole in i-ter Zeile
3© ; deg zi j(s) = 0 bzw. deg zi j(s) = zi j = const.
A© Nebendiagonalelemente: i 6= j
stationare Genauigkeit: fi j(0) = 0 ; zi j = 0
→ Fw (s) ist Diagonalmatrix
B© Diagonalelemente: i = j
stationare Genauigkeit: fi i(0) = 1 ; zi i = ni i(0)
→ Diagonalelemente besitzen die geforderte Form
Entwurfsvorschriften fur die Regelungseigenwerte und die Parametervektoren einer vollstandigen Fuhrungsentkopp-
lung (siehe Beiblatt 4)
Stabilitatsuntersuchung der Entkopplungsregelung
Fallunterscheidung
1© δ = n: alle Eigenwerte werden beliebig vorgegeben ; Regelkreis asymptotisch stabil
2© δ < n:
– δ Eigenwerte werden beliebig vorgegeben
– n − δ Eigenwerte sind durch invariante Nullstellen festgelegt
→ Regelkreis asymptotisch stabil falls alle invarianten Nullstellen links der jw -Achse
Hinreichende Bedingung fur Stabilitat der Entkopplungsregelung
Die Entkopplungsregelung ist asymptotisch stabil, wenn die Strecke minimalphasig ist, d.h. fur alle inversen Null-
stellen ηiRe ηi < 0
gilt.
Frage: Kann ein nichtminimalphasiges System stabil entkoppelt werden?
→ System muss dynamisch entkoppelbar sein ohne dass”
instabile“ Nullstellen kompensiert werden.
Dann gilt fur ein Diagonalelement fj j(s) von Fw (s)
fj j(s) =s − η
(s − λj1) . . . (s − λjδj+1)·∏δj+1
µ=1(−λiµ)
−η
mit Re η ≥ 0 und j ist durch Strecke festgelegt.
Bestimmung von j fur eine einfache Nullstelle η, Re η ≥ 0
Betrachten [rT qT
] [A− ηI B
C 0
]︸ ︷︷ ︸
=P (η),detP (η)=0
[I 0
−K M
]︸ ︷︷ ︸
regular fur
detM 6= 0
[I −(A− BK − ηI)−1BM
0 I
]︸ ︷︷ ︸
regular und kein Rk-EW
bei η, da η unkompensiert
=
=[rT qT
] [A− ηI − BK BM
C 0
] [I −(A− BK − ηI)−1BM
0 I
]=
=[rT qT
] A− ηI − BK 0
C C(ηI − A+ BK)−1BM︸ ︷︷ ︸Fw (η)
!=0T
c© Martin Vierling Stand: 2. Februar 2008
Mitschrift - Zustandsregelung Seite 15/15
Ergebnis: Fur jede durch stabilisierende Zustandsruckfuhrung u = −Kx+Mw erzielte Fuhrungsubertragungsmatrix
Fw (s) gilt
qTFw (η) = 0T , qT 6= 0T (wegen vorrausgesetzter Stabilisierbarkeit)
Damit ist folgendes Ergebnis plausibel.
Ergebnis: Eine invariante Nullstelle kann in Fw (s) in der j-ten Zeile vorgegeben werden ohne Verkopplung zu bewirken
genau dann, wenn [rT qT
] [A− ηI B
C 0
]= 0T ; qT = eTj
Denn dann gilt
eTj Fw (η) =[0 . . . 0 fj i(η) 0 . . . 0
]= 0T
Die invariante Nullstelle η heißt dann non-interconnecting-zero (n-i-z).
Kriterium fur stabile Entkoppelbarkeit
Eine dynamisch entkoppelbare Strecke ist stabil entkoppelbar (d.h. Regelkreis ist asymptotisch stabil) genau dann,
wenn alle in Re s ≥ 0 liegenden inversen Nullstellen non-interconnecting-zeros sind.
Berechnung des Entkopplungsreglers bei non-interconnecting-zeros
Unterschied zur bisherigen Vorgehensweise:
η sei n-i-z mit Re η ≥ 0 in j-ter Zeile
→ Vorgabe von δj+1 Polen in j-ter Zeile, damit Differenzgrad δj erhalten bleibt.
Beispiel zur Fuhrungsentkopplung
siehe Beiblatt #5 (Wichtig fur Klausur!)
Frage: Was kann man tun, wenn Strecke nicht stabil oder dynamisch entkoppelbar ist?
• teilweise Fuhrungsentkopplung
→ nur zeilenweise Entkopplung
• mittels dynamischer Erweiterung kann jedes lineare System stabil entkoppelt werden
c© Martin Vierling Stand: 2. Februar 2008