Post on 08-Aug-2019
transcript
Ruhr-Universität Bochum
PD Dr. med. Hans-Jörg Assion
Dienstort: Gemeindepsychiatrisches Zentrum, gpz
Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie
Neuropsychologische Defizite schizoaffektiver Patienten
im Stadium der Remission
Inaugural-Dissertation
zur
Erlangung des Doktorgrades der Medizin
einer
Hohen Medizinischen Fakultät
der Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt von Florian Balkau
aus Osnabrück
2009
Dekan: Prof. Dr. G. Muhr
Referent: PD Dr. H.-J. Assion
Koreferent: Dr. C. Norra
Tag der Mündlichen Prüfung: 24.06.2010
Abstract
Balkau, Florian
Neuropsychologische Defizite schizoaffektiver Patienten im Stadium der
Remission
Problem: Bezüglich der nosologischen Position der schizoaffektiven Störung gibt
es bis dato keine wissenschaftliche Einigkeit. Zuweisungen zur
affektiven Störung lassen sich ebenso finden wie Zuweisungen ins
schizophrene Spektrum; eine Zwischenstellung inmitten beider Pole im
Sinne eines „psychotischen Kontinuums“ liegt nah.
Methode: Untersucht wurden in der vorliegenden Arbeit 32 schizoaffektive
Patienten im Stadium der klinischen Remission mittels einer
neuropsychologischen Testbatterie. Die Remission der schizoaffektiven
Störung wurde über mehrere standardisierte Tests sowie fachärztliche
Sichtung validiert. Die angewandte Testbatterie fokussierte die Bereiche
Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Exekutivfunktionen.
Ergebnis: Die schizoaffektiven Probanden zeigten in sämtlichen getesteten
neuropsychologischen Bereichen signifikante kognitive Defizite im
Vergleich zur gesunden Bevölkerung.
Diskussion: Es kann nicht nur die Frage, ob schizoaffektive Patienten auch im
Stadium klinisch kompletter Remission neuropsychologisch als defizitär
auffallen, mit Ja beantwortet werden. Auch die Möglichkeit der
differentialdiagnostischen Abgrenzung zur bipolaren Erkrankung einer-
und zur Schizophrenie andererseits anhand standardisierter
neuropsychologischer Tests scheint möglich.
Meinen Eltern
Große Leidenschaften sind Krankheiten ohne Hoffnung. Was sie heilen könnte,
macht sie erst recht gefährlich.
Johann Wolfgang von Goethe, Wahlverwandtschaften
INHALTSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG 4
1.1 Geschichte der schizoaffektiven Störungen 4
1.2 Kognition und Neuropsychologie bei schizoaffektiven 8
Patienten – Symptome und Ursachen
1.3 Neuropsychologische Erfassung kognitiver Prozesse 10
1.3.1 Kognitionspsychologische Diagnostik 10
1.3.1.1 Aufmerksamkeit 11
1.3.1.2 Gedächtnis 11
1.3.1.3 Exekutivfunktionen 12
1.3.2 Überblick: Apparative Diagnostik 13
1.3.2.1 Elektroenzephalographie (EEG) 13
1.3.2.2 Magnetenzephalographie (MEG) 13
1.3.2.3 Ereigniskorrelierte Potentiale (EKP) 14
1.3.2.4 Zerebral bildgebende Verfahren 14
1.3.2.4.1 Single-Photon-Emissions-Computer-Tomographie (SPECT) 14
1.3.2.4.2 Positronen-Emissions-Tomographie (PET) 15
1.3.2.4.3 Funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) 15
2 FRAGESTELLUNG / HYPOTHESEN 17
3 MATERIAL UND METHODIK 18
3.1 Aufbau der Testbatterie 18
3.2 Einschlusskriterien und Zusammensetzung der Stichprobe 19
3.3 Durchführung 22
3.4 Statistische Auswertung 22
4 ERGEBNISSE 23
4.1 Analysen der Gesamtstichprobe 23
4.1.1 Mehrfachwahl-Wortschatz-Intelligenz-Test, Version B (MWT-B) 23
4.1.2 Verbaler Lern- und Merkfähigkeitstest (VLMT) 25
4.1.2.1 Gesamtlernleistung (Σ Dg 1-5) 26
4.1.2.2 Abrufleistung nach zeitlicher Verzögerung (Dg 7) 27
- 2 -
4.1.2.3 Verlust nach zeitlicher Verzögerung (Dg5-Dg7) 28
4.1.2.4 Korrigierte Wiedererkennensleistung (W-F) 29
4.1.3 Trail Making Test A und B (TMT-A; TMT-B) 30
4.1.4 Zahlen- und Blockspanne (Teil des Wechsler Gedächtnistests) 32
4.1.5 Aufmerksamkeits-Belastungs-Test d2 34
4.1.5.1 Konzentrationsleistung 34
4.1.5.2 Arbeitssorgfalt 34
4.1.5.3 Arbeitstempo 34
4.1.6 Proaktive Interferenz 35
4.1.7 Emotionales versus neutrales Gedächtnis 36
4.2 Analyse der Rohdaten – Auffälligkeiten 37
4.2.1 Geschlechtsvergleich 37
4.2.2 Anamnese / Krankheitsdauer 39
4.2.3 Drogenabusus als Einflussgröße: Cannabis 40
5 DISKUSSION 41
5.1 Interpretation der Ergebnisse im Literaturvergleich 41
5.2 Vergleich mit bipolaren und schizophrenen Patienten 45
5.3 Probleme und Einschränkungen 46
5.4 Überprüfung der Hypothesen 47
5.5 Ausblick 49
6 LITERATURVERZEICHNIS 51
7 ANHANG
Danksagung
Lebenslauf
- 3 -
Abkürzungsverzeichnis
♀ Frauen; weibliche Probanden
♂ Männer; männliche Probanden
AD Antidepressivum
AP Antipsychotikum
Atyp. Atypisch
BPRS Brief Psychiatric Rating Scale
CGI Clinical Global Impression
d2 Aufmerksamkeits-Belastungs-Test d2
Diss. Dissertation
EEG Elektroenzephalographie
EKP Ereigniskorrelierte Potentiale
fMRT funktionelle Magnetresonanztomographie
ICD-10 International Classification of Diseases 10, Revision
IQ Intelligenzquotient
k. A. keine Angabe
MADRS Montgomery-Asberg Depression Rating Scale
MEG Magnetenzephalographie
MWT-B Mehrfachwahl-Wortschatz-Intelligenztest, Version B
PET Positronen-Emissions-Tomographie
PhPr Phasenprophylaktikum; Stimmungsstabilisierer
SD Standardabweichung
sig. signifikant
SPECT Single-Photon-Emissions-Computer-Tomographie
SPSS Statistical Package for the Social Sciences
TMT-A Trail Making Test A
TMT-B Trail Making Test B
VLMT Verbaler Lern- und Merkfähigkeitstest
YMRS Young Mania Rating Scale
- 4 -
1 Einleitung
1.1 Geschichte der schizoaffektiven Störungen
Schizoaffektive Psychosen trotzten seit ihrer Entdeckung bis heute allen
Anstrengungen, möglichst homogene Patientenkollektive mit exakt definierten
Symptom-Diagnose-Beziehungen zu schaffen. Somit stellen sie weiterhin eine
besondere Herausforderung an die psychiatrische Forschung ebenso wie die
klinische Versorgung dar (Marneros & Tsuang, 1986, 1990).
Bereits der griechische Arzt Aretaios von Kappadokien (~ 81-134 n. Chr.)
beobachtete eine mögliche Zusammengehörigkeit verschiedenpoliger seelischer
Verstimmungen mit minutiösen Symptombeschreibungen insbesondere der
manischen Phasen sowie Theorien über Ätiologie, Diagnostik und Therapie. In den
erhalten gebliebenen Schriften kommt eine für diese Epoche bemerkenswerte
Anteilnahme am Leidensdruck jener Patienten zum Ausdruck (Mann, 1858).
Die älteste bekannte Konzeption der schizoaffektiven Psychosen indes stammt -
sinngemäß - von Kahlbaum, welcher 1863 mit seinem Werk „Die Gruppierung der
psychischen Krankheiten und die Einteilung der Seelenstörungen. Entwurf einer
historisch-kritischen Darstellung der bisherigen Einteilung und Versuch zur
Anbahnung einer empirisch-wissenschaftlichen Grundlage der Psychiatrie als
klinische Disziplin“ die „Vesania typica circularis“, das zirkuläre Irresein, definierte,
wenngleich auch der Begriff „schizoaffektiv“ erst seit 1933 existiert (Kasanin, 1933).
21 Jahre später vertiefte er jenes Konzept in der Arbeit „Über Cyclisches Irresein“
(Kahlbaum, 1863, 1884).
Seinerzeit wurde die Schizophrenie noch als „Dementia praecox“ bezeichnet, und
Kahlbaum betrachtete nach heutigen Vorstellungen melancholische wie auch
manische Episoden im Ablauf einer Schizophrenie.
Bereits Emil Kraepelin (1856-1926), Begründer der modernen, empirisch orientierten
Psychiatrie, beschrieb Zustandsbilder mit Symptomen der Dementia praecox wie
auch des manisch-depressiven Irreseins sowie einer von der Dementia praecox
deutlich differenten Verlaufsdynamik. Im Jahre 1909 publizierte Zendig, ein Schüler
- 5 -
Kraepelins, nach eingehender Analyse von Kraepelins Notizen und Daten über seine
Patienten, eine schärfere Differenzierung dieser Zustandsbilder und postulierte die
These, dass ca. 30% der Patienten, die im Kraepelinschen Dichotomieprinzip unter
Dementia praecox eingeteilt waren, eher Mischbildern mit günstigerer Prognose
zuzuordnen seien (Zendig, 1909). Parallel hierzu schrieb Kraepelin in seiner
vielbeachteten Arbeit „Die Erscheinungsformen des Irreseins“ 1920: „Kein Erfahrener
wird leugnen, dass die Fälle unerfreulich häufig sind, in denen es trotz sorgfältigster
Beobachtung unmöglich erscheint, hier zu einem sicheren Urteil zu gelangen […]“. In
einem späteren Teil eben dieser Arbeit mutmaßt Kraepelin, dass manisch-depressive
Zustandsformen durchaus im Rahmen der Dementia praecox in Erscheinung treten
können, ohne eine eigene Entität zwischen beiden Typen einzuräumen (Kraepelin,
1920).
Leonhard hat die bislang differenzierteste Aufteilung der endogenen Psychosen
entwickelt. Er postulierte, dass es aufgrund detaillierter klinischer Beobachtungen
manigfache Ätiologien für Schizophrenien geben muss und der Begriff
"Schizophrenie" stets nur einen grober Über- oder Sammelbegriff darstellen kann,
der in Wirklichkeit eine Gruppe von einander klar zu trennenden Erkrankungen
bezeichnet, welche sich lediglich in einigen Symptomen überlappen. Aufgrund
akribischer Beobachtungen konstatierte Leonhard, dass sich singulär zu
bezeichnende Einzelsymptome in einem Patienten niemals miteinander vermischen,
sondern sich lediglich kombinieren. Sie bleiben immer einzelne Symptome, die
lediglich an einem Patienten zwar gleichzeitig auftreten können, aber dennoch durch
die Summe ihrer Teile keine eigene neue Krankheitsentität bilden. Nach dieser
Sichtweise kann derselbe Patient zeitgleich an verschiedenen psychotischen
Subtypen leiden.
Bei Eugen und Manfred Bleuler wurden die schizoaffektiven Psychosen im Rahmen
ihrer Einteilung zwar als Mischpsychosen erkannt, doch ausschließlich unter der
Krankheitsgruppe der Schizophrenien klassifiziert (E. Bleuler, 1911; M. Bleuler,
1972).
Auch Kurt Schneider sah die schwierig zu klassifizierenden „Zwischen-Fälle“,
bezeichnete sie jedoch als rein deskriptiv und umging die Infragestellung der
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Kraepelinschen Dichotomie: „Dass sich Zyklothymie und Schizophrenie grundsätzlich
nur typologisch unterscheiden lassen, sei noch einmal betont. In den allermeisten
Fällen kann man sich aber eindeutig zum einen oder anderen Typus entscheiden“
(Schneider, 1980). Die operationalisierten Definitionen, die heutzutage Anwendung
finden, sind mit Schneiders „Zwischen-Fällen“ vergleichbar.
Im frühen 20. Jahrhundert wurde das Dichotomiekonzept unter Berufung auf die
facettenreichen klinischen Bilder der beobachteten Mischpsychosen mannigfaltig von
vielen Seiten hinterfragt, so von Kretschmer mit seiner Tübinger Schule, von Wagner
von Jauregg (Wiener Schule) oder Paul Schröder (Angst, 1986). Kasanin war
schliesslich 1933 Namensgeber der „schizoaffektiven“ Psychosen als Psychosen mit
sowohl schizophrener als auch manisch-depressiver Symptomatik (Kasanin, 1933).
Jedoch sind die heutigen Kriterien weit entfernt von seiner inzwischen überholten
Definition - Kasanin bezog auch prämorbide, psychodynamische und
extrasymptomatologische Anzeichen mit ein – allein das Klassifikationsproblem war
nun begrifflich fassbarer geworden.
Die Inhomogenität der schizoaffektiven Psychosen zwang die Wissenschaft zur
Vermutung, dass ein psychotisches Kontinuum zwischen beiden hypothetischen
endogenen Extrempolen existiert mit fließenden Übergängen in
psychopathologischer, klinisch-verlaufsdynamischer, soziodemographischer
(Benabarre et al., 2001; Marneros et al., 1995; Marneros et al., 1991), genetischer
(Bramon & Sham, 2001; Cardno et al., 2002) und biologischer (Meltzer, 1986)
Hinsicht (Abb. 1). Dies haben in der Vergangenheit Angst, Marneros und Crow
postuliert (Angst, 1986; Crow, 1986; Marneros et al., 1988) und somit die
nosologische Fragestellung erneut aufgeworfen, ob schizoaffektive Störungen partiell
oder in ihrer Gesamtheit eine Subgruppe des einen oder anderen psychotischen Pols
darstellen, eine eigene Entität rechtfertigen oder doch als „fließender“ Bestandteil
eines Kontinuums anzusehen sind. Welche dieser Ansichten am treffendsten ist bzw.
einer differentialdiagnostischen Klassifikation am besten entspricht, ist weiterhin
Gegenstand aktueller wissenschaftlicher Diskussion.
- 7 -
Schizophrenie ??? manisch-depressive
Erkrankung
Abb. 1: Klassische Kraepelin’sche Dichotomie
S-Pol Mischzustände M/D-Pol
Abb. 2: Modell des psychotischen Kontinuums
„S-Pol“ entspricht dem schizophrenen Pol, „M/D-Pol“ der manisch-depressiven
Vollausprägung.
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1.2 Kognition und Neuropsychologie beim schizoaffektiven Patienten –
Symptome und Ursachen
Störungen der Kognition bei Patienten mit Erkrankungen aus dem schizophrenen
Formenkreis wurden schon von Kraepelin beschrieben. Lange Zeit als Randnotiz
behandelt, finden solche Defizite in der aktuellen Forschung wieder vermehrte
Beachtung, sind sie doch – als Kernsymptome - für den Verlauf der Erkrankung von
entscheidender Bedeutung.
Neuropsychologische Untersuchungen legen die Art der Verbindung von
Gehirnfunktion und Verhalten dar. Durch die objektive Fassbarkeit kognitiver Defizite
ist eine neuropsychologische Typisierung möglich, die Korrelationen zu
psychiatrischen Krankheitsbildern erlaubt und im Idealfall somit eine
Differentialdiagnose erleichtert und/oder psychische Komorbiditäten zutage fördert
(Barch, 2009).
Von hohem diagnostisch-praktischem Vorteil der kognitiven Testverfahren ist die
Möglichkeit einer objektivierbaren, standardisierten Erfassung bei verhältnismässig
geringem Zeit-, Personal- und Materialaufwand sowie der Verzicht auf invasive
medizinische Maßnahmen oder eine kostenaufwändige Bildgebung.
Kognitive Funktionen umfassen sowohl bewusst als auch unbewusst ablaufende
Vorgänge, die bei der Verarbeitung in- wie auch externer Informationen ablaufen.
Diese umfassen Wahrnehmung, Erkennen, Vorstellung, Denken, Gedächtnis,
Handlungsplanung und Kommunikation. Sie sind von rein physiologischen
(membranös oder synaptisch ablaufenden) Prozessen ebenso abzugrenzen wie von
neuronalen (z. B. Reflexbögen) und sogenannten präkognitiven Prozessen
(Konstanzleistungen). Einige dieser physischen Ressourcen sind zeitlich begrenzt (z.
B. Aufmerksamkeit, Gedächtnis), andere selektiv, individuell und partiell interpretativ
(Wahrnehmung, Kommunikation). Dies hat zur Folge, dass die „Eingangsinformation“
zur Durchführung kognitiver Tests möglichst objektiv und neutral sein sollte.
Besonders die psychosoziale Funktionsleistung psychiatrischer Patienten zeigt sich
bei neuropsychologisch gefundenen Defiziten häufig beeinträchtigt, was auf das
alltägliche berufliche und private Leben – auch in schubfreien Phasen – schwere
Auswirkungen mit teils erheblichem Leidensdruck hat; sind doch in der heutigen
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Gesellschaft psychische Erkrankungen noch immer nicht hinreichend entstigmatisiert
(Jaeger et al., 2006; Martinez-Aran et al., 2004; Assion, 2004, 2007).
Wie bei jeder Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis sind auch bei
schizoaffektiven Patienten Störungen der Kognition Kernsymptome. Obgleich
seinerzeit noch nicht als Entität bekannt und definiert, erinnert Kraepelins
Beschreibung einiger schizophrener Patienten an diese Variante: „Ganz allgemein
geht ihnen [an Schizophrenie Erkrankten] Neigung und Fähigkeit ab, ihre
Aufmerksamkeit aus eigenem Antriebe stark und dauerhaft anzuspannen. Oft ist es
schon schwierig, sie überhaupt zum Aufmerken zu bringen“ (Kraepelin 1913). Auch
erkannte Kraepelin schon den zeitstabilen Charakter der Beeinträchtigungen, welche
zwar unterschiedlich stark ausgeprägt, jedoch sowohl in der Akutphase als auch
während kompletter Remission zu beobachten waren.
All jene neuropathologischen Auffälligkeiten bei Patienten mit Erkrankungen aus dem
schizophrenen Formenkreis können im Rahmen zweier Hauptkonzepte zur
Pathogenese (sogenannte frühe vs. späte Störungshypothese) diskutiert werden.
Erstere sieht prä- bzw. perinatale Einflussfaktoren wie genetische Disposition,
nutritive bzw. viral bedingte intrauterine Schädigungen oder Komplikationen unter der
Geburt als ursächlich für die später gezeigten kognitiven Defizite an. Hierbei
entstünden neuronale Läsionen, welche während der Hirnreifung im Kindesalter
klinisch stumm blieben, sich jedoch bei Einsetzen der Spätadoleszenz durch erhöhte
psychosoziale Anforderungen dekompensieren und die Exazerbation der Erkrankung
zur Folge haben. Es gebe aber auch Verlaufsformen, die mit auffälligem Verhalten
sowie „weichen“ neurologischen Symptomen (auffälliges Gangbild, propriozeptive
Störungen, Tics, Epilepsien) einhergehen (Foerster et al., 1991a & b)
Die späte Störungshypothese hingegen postuliert eine kurz vor dem Ausbruch der
Erkrankung stattgehabte Neurodegeneration durch exzessive synaptische und
dendritische Eliminations- und Wachstumsprozesse während der Pubertät, welche in
einer gestörten Entwicklung neuronaler Netzwerke und den typischen psychotischen
Symptomen münden (Feinberg, 1982 & 1997).
Zahlreiche Autoren beschrieben in bildgebenden und zytologischen Post-mortem-
Untersuchungen pathologische Korrelate in Gehirnen schizophrener Patienten.
- 10 -
Insbesondere Beckmann und Jakob (1986, 1989, 1994) fanden Störungen der
neuronalen Migration in der Area entorhinalis (limbischer Allocortex), der insulären
Zytoarchitektur sowie heterotoper Prä-α-Zellen.
1.3 Neuropsychologische Erfassung kognitiver Prozesse
Neuronale Vorgänge, welche die Grundlage kognitiver Leistungen bilden, sind auf
zweierlei Art und Weise erfassbar: Einerseits wird durch klinisch-technische
Diagnostik wie z. B. die Elektroenzephalographie (EEG) und die
Magnetenzephalographie (MEG) die Aktivität bestimmter Neuronenverbände
messbar. Andererseits ermöglichen kognitionspsychologische Testungen z. B. der
Wahrnehmung, der Aufmerksamkeit oder des Gedächtnisses klinisch bedeutsame
Aussagen über den momentanen kognitiven Status des Probanden.
1.3.1 Kognitionspsychologische Diagnostik
In der klinischen Praxis versucht man, kognitive Qualitäten wie Aufmerksamkeit,
Gedächtnisleistung, Intelligenz, Visuomotorik und Exekutivfunktionen über
entsprechende Tests zu erfassen und zu skalieren. Nach Auswertung der Leistung
des Probanden in verschiedenen Testverfahren können Aussagen über den
jeweiligen kognitiven Teilbereich getroffen werden. Bei Testbatterien zur Erfassung
der kognitiven Leistung handelt es sich um standardisierte, nach klinisch-
wissenschaftlichen Kriterien konstruierte psychometrische Testverfahren.
Sie erlauben eine zeitökonomische Teilüberprüfung verschiedener geistiger
Leistungsbereiche und eine Einschätzung über das Vorliegen einer
kognitiven Funktionsstörung. Da Kognitionsstörungen Kernsymptome schizophrener
wie auch affektiver Krankheitsbilder darstellen, erhofft man sich über die
neuropsychologische Diagnostik, welche kostengünstig und nicht-invasiv geschieht,
Hilfestellungen bei Differentialdiagnose und Prognose psychischer Erkrankungen.
Das Ziel neuropsychologischer Untersuchungen ist, unterschiedliche kognitive
Funktionen zu beschreiben und funktionelle und morphologische Ursachen zu
verstehen. Bei der Untersuchung kognitiver Funktionen werden die im folgenden
beschriebenen Konstrukte unterschieden.
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1.3.1.1 Aufmerksamkeit
Die Aufmerksamkeitsfunktion umfasst die Fokussierung der Umgebungsinformation,
der Aufrechterhaltung und die Änderung des Fokus (Hartwich, 1980). PET-
Untersuchungen weisen auf ein rechtshemisphärisches Netzwerk, bestehend aus
Regionen des präfrontalen Kortex, des vorderen Cingulums und des Locus
coeruleus, hin. Bei Beeinträchtigung der Kontrolle der noradrenergen Systeme des
Hirnstamms durch den rechten präfrontalen Kortex resultiert deutliche
Verlangsamung bei einfachen Reaktionsaufgaben ohne etwaigen Selektivitätsaspekt.
Letzterer schließt die fokussierte Aufmerksamkeit, die visuospatiale Aufmerksamkeit
mit wechselndem Focus und die geteilte Aufmerksamkeit ein. In hierzu
durchgeführten PET-Untersuchungen korreliert das Maß der Selektivität von
Aufmerksamkeit mit einer linkshemisphärischen Aktivierung (Sturm et al., 1999).
Posner und Petersen (1990) fanden ein posteriores Aufmerksamkeitssystem, das in
der Parietalregion lokalisiert ist und räumliche Prozesse beinhaltet sowie ein
anteriores Aufmerksamkeitssystem, das im Cingulum und rechten Frontalhirn
heimatet ist und für Handlungsplanen und Kontrollfunktionen verantwortlich ist neben
einem dritten System, das sich im rechten Präfrontalhirn befindet und die Vigilanz
steuert. Mesulam (1990) merkt an, dass die Aufmerksamkeitsfunktion keiner
neuroanatomischen Region lückenlos zugeordnet werden kann, sondern aus
netzwerkartigen Verbindungen zwischen kortikalen (präfrontaler Kortex),
subkortikalen (Basalganglien, Thalamus), Hirnstammstrukturen und dem limbischen
System besteht und somit keineswegs als anatomische, sondern vielmehr als
funktionelle Einheit anzusehen ist.
1.3.1.2 Gedächtnis
Das Gedächtnis kann mittels empirisch überprüfter Modelle in funktionell miteinander
kommunizierende Subsysteme unterteilt werden. Die zeitliche Komponente umfasst
die Unterteilung in ein Kurz - sowie ein Langzeitgedächtnis, die inhaltsbezogene
Dimension beschreibt ein explizites und ein implizites System innerhalb des
Langzeitgedächtnisses. Das Arbeitsgedächtnis ist als Zwischenablage des
Kurzzeitspeichers für die Speicherung und die Verarbeitung komplexerer
Informationen zuständig. Spatiale Inhalte, Informationen zur Objekterkennung,
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Informationen über die Herkunft des Informationsclusters, Sequenzdaten und auch
emotionale Konnotationen werden zwischengespeichert. Das theoretische Modell
von Baddeley (1986) bildet das Fundament der Vorstellung eines
Arbeitsgedächtnisses. Das Arbeitsgedächtnis ist aus zwei Hauptkomponenten
zusammengesetzt. Die zentrale Exekutive als übergeordnetes System dient zur
Abstimmung kognitiver Vorgänge und zur Modifikation von Informationen des slave
systems. Die zentrale Exekutive wird zwingend zur Selektion, Inhibition, Initiation und
Termination von Verarbeitungsroutinen und damit zur Entscheidungsfindung,
Planung und Strategiebildung benötigt. Ferner wird das Aussortieren weniger
wichtiger Informationsbestandteile neben dem Transfer der wichtigeren in den
Langzeitspeicher gesteuert. Koordiniert und überprüft werden die verschiedenen
Speicher im Arbeitsgedächtnismodell durch jeweils höherrangige Kontrollprozesse.
Es besteht eine intrinsische Beziehung zwischen exekutiven Funktionen (Kognitive
Allokation, Finden von verschiedenen Lösungsansätzen für ein Problem) und dem
Arbeitsgedächtnis. Diese gegenseitig voneinander abhängigen wissenschaftlichen
Konstrukte sind zu unterscheiden, da sich Störungen nur entweder in den exekutiven
Funktionen oder nur im Arbeitsgedächtnis manifestieren können. Regionale
Frontalhirnbeeinträchtigungen führen differentielle Defizite im Arbeitsgedächtnis
herbei. Dorsolaterale Läsionen ziehen Schwierigkeiten bei Aufgaben mit verzögerter
Antwort, orbitofrontale Läsionen hingegen Hindernisse bei der Objektalteration
(Oscar-Bermann & Bonner, 1985), nach sich; Läsionen in beiden Gebieten
verschlechtern die Leistungen im Bereich verzögerter alternierender Aufgaben. Bei
Gold et al. (1997) wird von einem Netzwerk von Arbeitsgedächtniskomponenten mit
einer zentralen Rolle für das Frontalhirns ausgegangen.
1.3.1.3 Exekutivfunktionen
Als exekutive Funktionen bezeichnet man höhere kognitive Prozesse (wie z. B. den
Handlungsentwurf, die Handlungsplanung, die Fähigkeit, Probleme zu lösen). Eine
exakte Definition derjenigen kognitiven Funktionen, welche exekutiv sind sowie deren
Verhältnis zum Konzept des Arbeitsgedächtnisses werden kontrovers diskutiert.
Beim Vorliegen eines Problems muss zunächst das Problem als solches erkannt,
dann die Problemsituation konstruiert und die Aufmerksamkeit auf den status quo,
nachfolgend auf die „Regeln“ bzw. den Rahmen der Möglichkeiten, die zur Lösung
- 13 -
der Aufgabe zur Verfügung stehen und schließlich auf die Lösungsansätze fokussiert
werden. Hierbei können gespeicherte Informationen in Form von früheren
Erfahrungen, Assoziationen, Strategien oder Gewohnheiten je nach Anforderung
förderlich oder hinderlich sein (Volz, 2000).
Die vorliegende Studie setzt sich ausschließlich aus neuropsychologischen
Testinstrumenten zusammen.
1.3.2 Überblick: Apparative Diagnostik
1.3.2.1 Elektroenzephalographie (EEG)
Das EEG zeichnet nach Anbringen von Oberflächenelektroden extrazelluläre
Spannungen auf, welche, durch synaptische Potentiale induziert, senkrecht zur
Kortexoberfläche, größtenteils entlang der Ausdehnung der Pyramidenzellen fließen.
Je nach Input-Position sind jene Ströme positiv oder negativ, abhängig von der
Schichttiefe des Inputs (tiefe kortikale Schichten zeigen negative Ströme an,
oberflächlichere Schichten sind durch positive Onputs charakterisiert). Die zeitliche
Auflösung dieser elektrophysiologischen Vorgänge geschieht sehr exakt, bei
computergestützter Interpolierung kann eine räumliche Darstellung lokaler kortikaler
Aktivität erfolgen. Doch ist die räumliche Zuordnung der gemessenen
Potentialschwankungen massiv eingeschränkt, da die Eindringtiefe dieses
Messverfahrens lediglich wenige Millimeter beträgt. Somit werden
elektrophysiologische Aktivitäten tiefergelegener Hirnregionen, wie der
Basalganglien, dem Thalamus oder der Hypophyse nicht erfasst werden.
1.3.2.2 Magnetenzephalographie (MEG)
Das MEG erfasst – im Gegensatz zum EEG – parallel zur Kortexoberfläche
verlaufende Magnetfelder, welche bei massenhafter neuronaler Aktivität bestimmter
Areale entstehen, da elektrischer Strom stets mit der Induktion eines Magnetfeldes
einhergeht. Bei hinreichender zeitlicher Auflösung bietet das MEG eine bessere
örtliche Auflösung als das EEG, da das Hirngewebe magnetische Felder schlechter
leitet als elektrische Ströme und somit die intrazerebrale Signalausbreitung geringer
- 14 -
ist als beim EEG. Überdies verfügt das MEG über die Möglichkeit einer
dreidimensionalen Darstellung der Hirnströme und analysiert zudem tiefer gelegene
Hirnstrukturen.
1.3.2.3 Ereigniskorrelierte Potentiale (EKP)
Beim Setzen eines definierten Reizes weicht die EEG-Aktivität reaktiv nach einer
gewissen Latenzzeit von der Norm (= kein Reiz) ab. Bei einem einzelnen Reiz fällt
diese Abweichung derart gering aus, dass im Spontan-EEG keine Änderung der
Aktivität festzustellen ist. Wird derselbe Einzelreiz wiederholt dargeboten und mittelt
man die darauf erfolgenden EEG-Aktivitäten, so werden die in stets derselben
Latenzzeit nach dem Reiz auftretenden Potentialantworten aufaddiert und die
Spontan-EEG-Aktivitäten herausgemittelt. Es resultiert eine eindeutig abgrenzbare
Welle, welche EKP genannt wird. Beim Ableiten des EKPs differenziert man erneut
zwischen positiven und negativen Potentialschankungen. Die Richtung des
Ausschlags ist abhängig von der Reizintensität und dem Ort, von dem aus die
Potentiale abgeleitet werden. Die EKP gestatten die Differenzierung früher
subkortikaler Hirnstammpotentiale von späteren thalamischen sowie rein kortikalen
Verarbeitungsprozessen.
1.3.2.4 Zerebral bildgebende Verfahren
Zerebral bildgebende Verfahren wie die Single-Photon-Emissions-Computer-
Tomographie (SPECT), die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und die
funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) beziehen ihren Nutzwert aus der
lokalen Differenz von Hirnperfusion und zellulärem Stoffwechsel bei neuronaler
Aktivität gegenüber dem Ruhezustand. Die Lokalisation der gerade aktiven Areale
soll sichtbar gemacht und so nachvollzogen werden.
1.3.2.4.1 Single-Photon-Emissions-Computer-Tomographie (SPECT)
Bei der SPECT wird das radioaktiv markierte Edelgas Xenon als Tracer genutzt. Das
Xenon wird per Inhalation oder intravenöser Injektion in den Körper der Probanden
eingebracht und emittiert Photonen, welche von Gammakameras gemessen werden.
- 15 -
Dank der homogenen Löslichkeit des Xenons im Blut wird die Gehirnregion, welche
zum Zeitpunkt der SPECT-Untersuchung eine stärkere Perfusion erfährt, abgrenzbar.
Nachteilig wirkt sich neben der niedrigen räumlichen Auflösung die radioaktive
Belastung des Probanden aus.
1.3.2.4.2 Positronen-Emissions-Tomographie (PET)
Hierbei setzt man dem Blut des Probanden ein Positronen emittierendes Isotop wie
18F, 15O, 14C oder 13N zu, welches zuvor in ein Molekül eingebaut wurde, das am
zerebralen Stoffwechsel beteiligt ist. Beispiele für derartige Substanzen sind
18Fluorid-Desoxy-Glukose (FDG-PET) oder Wasser mit 15O-markiertem Sauerstoff
(Wasser-PET). Ersteres Molekül dient vordergründig zur Darstellung
energieabhängiger neuronaler Vorgänge aufgrund des entsprechend vermehrten
Glukoseumsatzes bei Hirnaktivität. Die Wasser-PET hingegen erfasst vornehmlich
Prozesse, welche mit erhöhter Blutperfusion einhergehen, da sich H²15O homogen
im Blut löst. Die vom markierten Atom emittierten Positronen treffen im umliegenden
Gewebe auf Elektronen und senden bei einer Kollision Gammastrahlen aus, welche
ein entsprechender Detektor erfassen kann. Resultat ist ein dreidimensionales Abbild
der Gehirnaktivität ohne jegliche Differenzierung anatomischer Strukturen. Die
räumliche Auflösung dieser Technik ist im Gegensatz zur zeitlichen sehr hoch, was
zwar scharfe Bilder ermöglicht, jedoch Latenzen von bis zu 90 Sekunden erfordert.
Hierdurch wird die Erfassung schnellerer kognitiver Prozesse unmöglich, weshalb
meist eine Kombination mit computertomographischer oder
magnetresonanztomographischer Bildgebung angezeigt ist.
1.3.2.4.3 Funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT)
Die fMRT erfasst Änderungen des Eigendrehmoments (Kernspin) bestimmter Atome
mit ungerader Kernladungszahl (z. B. Wasserstoff). Die Ausrichtung des Kernspins
kann über die Einstrahlung hochfrequenter elektromagnetischer Wellen beeinflusst
werden. Entlang des erzeugten Magnetfeldes ordnen sich die Spins entweder
parallel oder antiparallel an, jedoch zeigen lediglich parallel angeordnete Spins
kernmagnetische Resonanzen. Bei der Erfassung jener Spinänderungen durch die
MRT sind enorm exakte anatomische Abbilder des untersuchten Gehirnes sowohl in
- 16 -
vivo als auch in situ möglich. Die fMRT zeichnet ferner auch Schwankungen im
Sauerstoffgehalt des (arteriellen oder venösen) Blutes auf und stellt den Unterschied
bildlich dar. Dies wird möglich, weil oxygeniertes und desoxygeniertes Hämoglobin
unterschiedliche magnetische Dispositionen aufweisen. Das magnetische Verhalten
eines Hirnareales (und somit das wiedergegebene Bild) ändert sich folglich durch
neuronale Aktivität. Infolgedessen ist die räumliche Auflösung der fMRT enorm hoch,
doch durch bestimmte Vorgehensweisen lassen sich auch die lokalen
Schwankungen der Hämoglobinoxygenierung innerhalb einer Sekunde erfassen.
Zusätzlich können durch sogenannte Subtraktionsverfahren, bei denen die
Bearbeitung einer kognitiven Aufgabe sowie eine Kontrollbedingung (z. B. Ruhe oder
eine andere Aufgabe) verglichen werden, Differenzen der Gehirnaktivität in Relation
zu bestimmten kognitiven Anforderungen bestimmt werden. Bei einer
Magnetresonanztomographie fällt zudem keinerlei Strahlenbelastung für den
Organismus an.
- 17 -
2 Fragestellung / Hypothesen
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, anhand der Testergebnisse im wesentlichen
folgende drei Hypothesen zu bestätigen bzw. zu widerlegen:
1. Schizoaffektive Patienten sind selbst im Stadium der Remission neurokognitiv
beeinträchtigt im Hinblick auf:
I. Aufmerksamkeit (Dauer, Kapazität, selektive & geteilte Aufmerksamkeit)
II. Gedächtnis (Merkfähigkeit, Abrufleistung)
III. Exekutive Funktionen (Bewältigung abstrakter Probleme, längerfristige
Planung).
Diese Beeinträchtigung ist katamnestisch empirisch messbar.
2. Die schizoaffektive Störung ist durch ihr typisches, differentialdagnostisch
abgrenzbares neuropsychologisches Profil eine eigene Entität im psychotischen
Kontinuum.
- 18 -
3 Material und Methodik
3.1 Aufbau der Testbatterie
Die in der vorliegenden Studie eingesetzten Fragebögen entstammen diversen
Testinventars (Tab. 1). Zudem wurden anhand von Aktendaten der LWL-Kliniken der
Ruhr-Universität Bochum in Bochum und Dortmund sowie eines strukturierten
persönlichen Interviews demographische Variablen, das Lebensalter, das
Geschlecht, psychiatrische Anamnesedaten, Daten über Suizidalität, sozialen Status
sowie den Stand der Medikation erhoben.
Tab. 1 : Angewandte neuropsychologische Testbatterie
Testart Auswertungsresultat Bemerkung
Mehrfachwahl-
Wortschatz-
Intelligenztest, Version
B (MWT-B)
IQ (kristalline Intelligenz) Gängiger IQ-Test mit nur
geringer Beeinflussung
durch psychische
Störungen
(Intelligenzspurentest)
Verbaler Lern- und
Merkfähigkeitstest
(VLMT)
Lernfähigkeit,
Langzeitgedächtnis
Bestandteil der Wechsler
Memory Scale (WMS-R,
deutsche Adaptation der
revidierten Fassung)
Trail Making Tests A
und B (TMT)
Kognitive
Verarbeitungsgeschwindigkeit,
Aufmerksamkeit
Bestandteil diverser
neuropsychologischer
Testbatterien
Zahlenspanne Auditives Gedächtnis Bestandteil der WMS-R
Blockspanne Visuelles Gedächtnis Bestandteil der WMS-R
Aufmerksamkeits-
Belastungs-Test d2
Konzentration, Sorgfalt,
Arbeitstempo
Bestandteil diverser
neuropsychologischer
Testbatterien
Proaktive Interferenz Testinventar P. Calabrese (Diss. Amnestische Syndrome,
1997) Emotionales Gedächtnis
Neutrales Gedächtnis
- 19 -
Der euthyme bzw. remittierte Zustand der Probanden zum Zeitpunkt der
neuropsychologischen Testung wurde sowohl klinisch als auch mittels der Young
Mania Rating Scale (YMRS), der Montgomery Asberg Depression Rating Scale
(MADRS), dem Schweregradindex der Clinical Global Impression (CGI) sowie der
Brief Psychiatric Rating Scale (BPRS) fachärztlich verifiziert.
3.2 Einschlusskriterien und Zusammensetzung der Stichprobe
Als Versuchspersonen konnten 30 remittierte schizoaffektive Patienten der LWL-
Klinik der Ruhr-Universität Bochum gewonnen werden. Ergänzt wurde die Stichprobe
durch drei Patienten der LWL-Klinik Dortmund, so dass insgesamt n=33 Patienten
die Testbatterie sowie das strukturierte Interview durchliefen. Die Erhebung wurde
nach Einholung eines Ethikvotums mit Zustimmung der Ethik-Kommission
durchgeführt. Zunächst wurde im Beisein des betreuenden Arztes jeder Patient über
das Testverfahren und das strukturierte klinische Interview ausführlich aufgeklärt
sowie nach ausreichender Bedenkzeit eine schriftliche Einverständniserklärung
eingeholt, die alle Probanden unterzeichneten. Für eine genetische Untersuchung
wurde zudem jedem Probanden EDTA-Blut abgenommen.
Bei der Auswertung der Fragebögen musste eine Patientin aufgrund eines
fortgeschrittenen dementiellen Syndroms aus der Studie ausgeschlossen werden, so
dass eine Stichprobe von n=32 Probanden in die statistische Berechnung einging.
Einschlusskriterium war eine mindestens neun und höchstens 18 Monate
zurückliegende Exazerbation einer schizoaffektiven Störung (ICD-10: F25.0; 25.1;
25.2) nach ICD-10 (WHO 1992), die seinerzeit stationär behandelt worden war, nebst
einer kompletten klinischen Remission derselben.
Von den insgesamt 32 Versuchspersonen waren 23 (71,9%) weiblich und 9 (28,1%)
männlich. Das Alter der Patienten lag zwischen 24 und 70 Jahren, das
Durchschnittsalter bei 45,1 Jahren (SD 10,5).
Der durchschnittliche YMRS-Wert der Probanden lag zum Testzeitpunkt bei 7,9, der
MADRS-Wert bei 10,1, der BPRS-Wert bei 6,4. Kein Patient war zu diesem Zeitpunkt
klinisch akut manisch, depressiv oder psychotisch.
- 20 -
Die letzte stationär behandelte Episode war bei 29 der 32 (90,63%) Patienten
ermittelbar (Tab. 2). Durchschnittlich hielten sich die Patienten bei ihrer letzten
Episode 39,1 Tage stationär auf (SD 24,1).
Tab. 2: Letzte Episode
Manisch 20 62,5%
Depressiv 4 12,5%
Gemischt 5 15,6%
k. A. 3 9,4%
Die Erstdiagnose einer psychiatrischen Erkrankung lag im Mittel 20,5 Jahre zurück
(SD 10,8), die Erstdiagnose der schizoaffektiven Psychose 14,7 Jahre (SD 10,7).
Durchschnittlich hatten die Testpersonen 8,8 stationäre psychiatrische Aufenthalte in
ihrer Vorgeschichte (SD 5,58) mit einer Streuung zwischen 3 und 25 Aufenthalten.
Zur ambulanten Behandlung machten 29 der 32 Patienten Angaben (90,6%). Zum
Testzeitpunkt waren 28 der 29 (96,6%) hierzu befragten Patienten in ambulanter
bzw. teilstationärer nervenärztlicher Behandlung; niemand aus dem gesamten
Kollektiv konsultierte lediglich den Hausarzt.
Tab. 3 gibt Aufschluß über die Art der ambulanten Betreuung.
Tab. 3: Art der ambulanten Behandlung
Art der ambulanten Behandlung N
Niedergelassener Nervenarzt bzw. psychiatrische
Ambulanz der behandelnden Klinik
24 (82,8%)
Tagesklinik (gelegentlich, nicht 5 Tage/Woche Vollzeit) 3 (10,3%)
Tagesklinik (intensivstmögliche teilstationäre
Behandlung)
1 (3,5%)
Keine 1 (3,5%)
- 21 -
Zum Zeitpunkt der Testung nahmen 30 der 32 Patienten (93,8%) Psychopharmaka
ein (Tab. 4). Ein Patient war über die Art der Medikation nicht auskunftsbereit. Die
am häufigsten eingenommene Kombination (53,1%) waren ein atypisches
Antipsychotikum mit einem Stimmungsstabilisierer.
Tab. 4 : Medikamente / Patientenzahl
Keine psychiatrische
Medikation
2 6,3%
AD + Atyp. AP + PhPr 2 6,3%
AD + Atyp. AP 1 3,1%
AD + Typ. AP 1 3,1%
Atyp. AP + PhPr 17 53,1%
Atyp. AP 8 25%
k. A. 1 3,1%
Die Testpersonen wurden zu vorangegangenen Suizidversuchen befragt (Tab. 5). 31
von 32 Probanden (96,9%) machten hierzu Angaben.
Tab. 5: Anamnese zu Suizidalität
Suizidversuch 12 38,7%
Konkreter Suizidplan 3 9,7%
Suizidgedanken 6 19,4%
Keine Suizidalität 10 32,3%
Zum Zeitpunkt der Testung hatten 14 (43,8%) der Probanden eine(n) gesetzliche(n)
Betreuer(in) und 16 (50%) nicht. Zwei Probanden (6,3%) machten hierzu keine
Angaben.
Zum Testzeitpunkt konsumierte keiner der Probanden Alkohol oder andere
Rauschmittel.
- 22 -
3.3 Durchführung
Die Datenerhebung erfolgte im Zeitraum zwischen Dezember 2005 und August 2006.
Alle Patienten wurden vom Untersucher in einem separaten Raum der Klinik
interviewt und getestet. Durchschnittlich wurden hierfür 80 Minuten benötigt.
3.4 Statistische Auswertung
Zur Auswertung wurden die Daten in Tabellen des Programms SPSS (Statistical
Package for the Social Sciences), Version 11.5 transferiert. Sämtliche statistischen
Auswertungen wurden mit SPSS durchgeführt. Neben Methoden zur deskriptiven
Auswertung kam nach entsprechenden Tests auf Normalverteilung der t-Test zur
Berechnung möglicher Signifikanzen sowie Bivariate Korrelationsberechnungen nach
Pearson zum Einsatz.
Die grafischen Darstellungen erfolgen mit SPSS und Microsoft Excel 2007.
Von einem statistischen Zusammenhang wird bei einem Signifikanzniveau von p <
0,05 ausgegangen.
- 23 -
4 Ergebnisse
4.1 Analysen der Gesamtstichprobe
Die Häufigkeitsverteilungen sowie die Signifikanzniveaus der einzelnen
Testergebnisse werden nachfolgend aufgeführt. In den zu einigen Tests erstellten
Diagramme werden auf der x-Achse die erreichten Punkte im jeweiligen
Testverfahren und auf der y-Achse per blauer Linie die Anzahl der Probanden,
welche die jeweilige Punktzahl erreichten, aufgeführt. Je nach Anforderungen ist die
x-Achse entweder auf- oder absteigend angeordnet. Die grüne Linie stellt den von
den Testpersonen erreichten Mittelwert dar, die rote Linie den Mittelwert des
Kontrollkollektivs.
4.1.1 Mehrfachwahl-Wortschatz-Intelligenz-Test, Version B (MWT-B)
Ergebnis des MWT-B ist eine grobe Einschätzung des Intelligenzquotients (IQ) des
Probanden, der in Form der kristallisierten Intelligenz anhand einer
Wissensstichprobe ermittelt wird. Dies stellt nur geringe Anforderungen an die aktuell
verfügbare Leistungsfähigkeit, was die Ergebnisse kaum für psychische Störungen
anfällig macht (Intelligenzspurentest).
Er besteht aus einer kurzen Anweisung für die Testperson, in jeder der folgenden
Zeilen herauszufinden, ob eines der präsentierten Wörter in der deutschen Sprache
existiert. In jeder Zeile steht nach dem Mehrfachwahl-Prinzip (multiple-choice) ein
umgangs- oder wissenschaftssprachlich bekanntes Wort unter vier fiktiven
Neukonstruktionen. Die insgesamt 37 Items sind nach zunehmender Schwierigkeit
angeordnet. Die Gesamtzahl der benannten Wörter wird mit den Leistungen einer
repräsentativen Stichprobe deutschsprachiger Erwachsener von 20 bis 64 Jahren (n
= 1952) verglichen. Danach lassen sich Standardnormen (IQ, Standardwert und
Prozentrang) ermitteln (Lehrl 2005).
Die Bearbeitung des MWT-B nahm ca. fünf Minuten in Anspruch und bereitete den
Probanden in keinem Falle Schwierigkeiten.
- 24 -
Abb. 3: IQ-Punkte nach MWT-B. Der von den Testpersonen erreichte Mittelwert ist
grün hervorgehoben.
Der in der Gesamtbevölkerung durchschnittliche IQ entspricht 90 bis 110 Punkten;
der Durchschnitt aller 32 Testpersonen entsprach 105,2 Punkten mit einer
Spannweite von 73-136 (SD 16,4). Hierzu ergab der t-Test mit t = 1,78 und p = 0,085
keinen signifikanten Unterschied.
0
1
2
3
4
5
6
7
70 75 80 85 90 95 100 105 110 115 120 125 130 135 140
- 25 -
4.1.2 Verbaler Lern- und Merkfähigkeitstest (VLMT)
Der VLMT ist ein Test zum seriellen Listenlernen mit nachfolgender Distraktion, Abruf
nach Distraktion und halbstündiger Verzögerung sowie einem
Wiedererkennungsdurchgang. Unser Testmaterial bestand aus zwei Wortlisten, die
sich aus je 15 semantisch unabhängigen Wörtern zusammensetzten. Mit dem VLMT
können unterschiedliche Parameter des deklarativen Verbalgedächtnisses wie die
Supraspanne, die Lernleistung, die langfristige Enkodierungs- bzw. Abrufleistung und
die Wiedererkennungsleistung erfasst werden. Das Verfahren differenziert vor allem
im unteren Leistungsbereich. Entsprechend den klinischen Daten zeigt die
Faktorenstruktur des Tests mit 77% Varianzaufklärung, dass Kurzzeitgedächtnis-
bzw. Arbeitsspeicherprozesse, Prozesse der Langzeitkonsolidierung bzw. des
Langzeitgedächtnisses und Wiedererkennungsprozesse erfasst werden. Aspekte des
verbalen Kurz- und Arbeitsgedächtnisses sind mit Maßen zur verbalen Gedächtnis-
spanne und zum bildhaft orientierten Lernen und Gedächtnis (zwischen r = 0,46 und
r = 0,59) korreliert. Der Test ist an über 500 Gesunden normiert, wobei auch Normen
für Kinder und ältere Menschen vorliegen (umfasstes Altersspektrum 6-79 Jahre). Es
gibt Prozentränge und T-Werte für 5 Altersgruppen sowie klinische Cut-Off Werte
und zusätzliche Referenzwerte klinischer Gruppen von Patienten mit unterschiedlich
lokalisierten Epilepsien, rechtshemisphärisch repräsentierten Sprachleistungen,
Depression und der Verdachtsdiagnose Alzheimer (Helmstaedter, Lendt & Lux,
2001).
Wir verwendeten zur Auswertung die Testnormen für das Durchschnittsalter unserer
Probanden.
- 26 -
4.1.2.1 Gesamtlernleistung (Σ Dg 1-5)
Der für das Durchschnittsalter der Probanden (45,1 Jahre) zutreffende Normwert
entsprach 50,5 Punkten für die Gesamtlernleistung (Σ Dg1-5). Die Spannweite
erreichter Punkte reichte von 10-60 Punkten. Der Durchschnitt aller Testpersonen
entsprach 33,5 Punkten (SD 12,99). Hierzu ergab der t-Test mit t = -7,39 und p <
0,001 eine hochsignifikant schlechtere Gesamtlernleistung.
Abb. 4: Ergebnisse für die Gesamtlernleistung nach VLM-T. Der von den
Testpersonen erreichte Mittelwert ist grün, der Durchschnittswert gesunder
Probanden rot hervorgehoben. Nur zwei Testpersonen übertrafen die
Durchschnittsleistung der Kontrollgruppe.
0
1
2
3
4
10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60
- 27 -
4.1.2.2 Abrufleistung nach zeitlicher Verzögerung (Dg 7)
Hierbei betrug der normierte Wert 11 Punkte in der betreffenden Altersgruppe. Die
Spannweite der erreichten Punkte zeigte Werte von 0 bis 15. Durchschnittlich
erzielten die Probanden 4,9 Punkte (SD 3,7). Der t-Test zeigte mit t = -9,51 und p <
0,001 auch hier eine hochsignifikant schlechtere Abrufleistung.
Abb. 5: Ergebnisse für die Abrufleistung nach Zeitverzögerung. Analog zum
Abschneiden bei der Gesamtlernleistung fallen die deutlich unter dem Durchschnitt
der Normalbevölkerung liegenden Leistungen auf. Man beachte, dass fünf
Testpersonen null Punkte erreichten.
0
1
2
3
4
5
6
7
8
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
- 28 -
4.1.2.3 Verlust nach zeitlicher Verzögerung (Dg5-Dg7)
Bei einem Normwert von 1,5 reichte hier die Spannweite der Werte von -2 bis 10
Punkten. Der durchschnittliche erreichte Punktwert betrug 2,7 (SD 2,8). Im t-Test fiel
mit t = 2,285 und p = 0,029 ein signifikant höherer Verlust auf.
Abb. 6: Datenverlust nach Zeitverzögerung. Erneut zeigen sich die signifikanten
Defizite im Arbeitsgedächtnis.
0
1
2
3
4
5
6
7
-2-1012345678910
- 29 -
4.1.2.4 Korrigierte Wiedererkennensleistung (W-F)
Zur korrigierten Wiedererkennensleistung liegen Werte von 28 Patienten vor. Hier
beträgt der Altersnormwert 12,7 Punkte; die Spannweite der erreichten Punkte
bewegte sich zwischen 0 und 15. Im Durchschnitt erzielten die Probanden 7,1 Punkte
(SD 3,85). Somit zeigte der t-Test eine hochsignifikant schlechtere korrigierte
Wiedererkennensleistung (t = -7,58; p < 0,001).
Abb. 7: Korrigierte Wiedererkennensleistung. Nur drei Probanden lagen über dem
Durchschnitt der gesunden Kontrollgruppe; die Durchschnittsleistung der
Testpersonen beträgt nur knapp mehr als die Hälfte jener des nicht erkrankten
Kollektivs.
0
1
2
3
4
5
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
- 30 -
4.1.3 Trail Making Test A und B (TMT-A; TMT-B)
Der TMT gibt Aufschluss über visuelles Suchen, Beurteilen,
Bearbeitungsgeschwindigkeit, kognitive Flexibilität und exekutive Funktionen (Reitan
& Wolfson, 1985).
Er besteht aus zwei Teilen: Beim TMT-A soll der Proband sequenziell 25 eingekreiste
Ziffern (von 1-25), die auf einem Blatt Papier verteilt sind, durch gerade Linien
verbinden. Der TMT-B läuft ähnlich ab, doch hier wechseln sich Ziffern von 1-13 mit
Buchstaben von A-L (in alphabetischer Reihenfolge) ab. Die hierfür benötigte Zeit
wird gemessen und repräsentiert die erbrachte Leistung.
Der TMT ist sensitiv für eine Vielzahl an neuropsychologischen Defiziten (Lezak et
al., 1995; Mitrushina et al., 1999).
Normwerte für die Bearbeitung des TMT-A sind in der altersgematchten Gruppe 31,8,
beim TMT-B 63,8 Sekunden.
Abb. 8: TMT-A. Der Trail Making Test ist in der durchgeführten Testbatterie das
eindrucksvollste Beispiel für die Einschränkung der Exekutivfunktionen der
Testpersonen gegenüber der gesunden Kontrollgruppe.
0
1
2
3
4
5
20
25
30
35
40
45
50
55
60
65
70
75
80
85
90
95
100
105
110
115
120
125
130
135
140
145
150
155
160
165
170
175
180
- 31 -
Die Bearbeitungszeit für den TMT-A divergierte zwischen 20 und 180 Sekunden bei
einem Durchschnitt von 64,1 Sekunden (SD 43,27). Im t-Test fiel eine hochsignifikant
schlechtere Leistung auf (t = 4,22; p < 0,001).
Beim TMT-B waren die Ergebnisse noch deutlicher, diesen Test konnten 4 der 32
Testpersonen nicht einmal beenden; in diesen Fällen musste nach mehreren Minuten
aufgegeben werden. Sie flossen nicht in die Auswertung ein. Für die übrigen 28
Probanden ergab sich ein ähnliches Bild wie beim TMT-A.
Die altersgematchte Vergleichsgruppe benötigte durchschnittlich 63,8 Sekunden für
die Bearbeitung des TMT-B. Dieser Wert wurde von nur einem Probanden überhaupt
unterschritten. Die Bearbeitungszeit für den TMT-B differierte zwischen 43 und 360
Sekunden bei einem Durchschnitt von 150 Sekunden (SD 88,3). Im t-Test zeigte sich
eine hochsignifikant schlechtere Leistung (t = 5,07; p < 0,001).
Abb. 9: TMT-B. Nur ein Proband übertraf den Durchschnitt des gematchten
Kontrollkollektivs. Vier Testpersonen zeigten sich hier derart überfordert, dass sie
den Test abbrechen mussten und nicht mit in die Bewertung eingingen.
0
1
2
3
4
40
50
60
70
80
90
100
110
120
130
140
150
160
170
180
190
200
210
220
230
240
250
260
270
280
290
300
310
320
330
340
350
360
- 32 -
4.1.4 Zahlen- und Blockspanne (Teil des Wechsler Gedächtnistests)
Die Zahlen- und Blockspanne als Teil des WMS-R führt als mnestische Aufgabe zur
Bewertung von Leistungsaspekten der allgemeinen Gedächtnisleistung in Hinblick
auf das auditive und visuelle Kurzzeitgedächtnis. Die Probanden sollen sich
Zahlenfolgen aufsteigender Länge merken und diese wiedergeben. Die Vorgabe der
einzelnen Ziffern erfolgt hierbei im Takt von jeweils einer Sekunde zwischen zwei
Zahlen. Auch muss der Proband Zahlenfolgen in umgekehrter Reihenfolge
wiedergeben. Begonnen wird mit dem Vorwärtsdurchlauf mit einer Spannenlänge
von drei Zahlen, bei jeder zweiten Spanne verlängert sich diese um eine Zahl, die
längste Spanne besteht aus acht Zahlen. Der Test wird beendet, sobald der Proband
zwei Spannen gleicher Länge nicht mehr korrekt wiedergeben konnte oder die
maximale Spannenlänge erreicht. Der gesamte WMR-S Test besteht aus 14
Untertests und wird normalerweise als eine Einzeluntersuchung durchgeführt
(Härting et al., 2000).
Ausgewertet wurden die insgesamt erreichten Punkte bei der Zahlen- bzw.
Blockspanne. Die Kontrollgruppe erreichte hier Werte von 15,1 (Zahlenspanne) und
15,9 (Blockspanne).
Bei der Zahlenspanne (Abb. 10) erreichten die Probanden durchschnittlich 13,8
Punkte (SD 3,8) und bewegten sich im Bereich zwischen 6 und 21 Punkten. Im t-Test
ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zur Normgruppe.
Ähnlich fielen die Ergebnisse für die Blockspanne (Abb. 11) aus: Hier divergierten die
erreichten Punktzahlen zwischen sieben und 24, durchschnittlich erzielten die
Probanden 15,3 Punkte (SD 3,9). Im t-Test fiel keine signifikante Differenz zur
Kontrollgruppe auf.
- 33 -
Abb. 10: Zahlenspanne. Die Werte ähneln einer Gaußschen Normalverteilung. Ein
signifikanter Unterschied zur gesunden Kontrollgruppe bestand hier nicht.
Abb. 11: Blockspanne. Ein ähnliches Bild wie bei der Zahlenspanne.
0
1
2
3
4
5
6
6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
0
1
2
3
4
5
6
7
8
7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24
- 34 -
4.1.5 Aufmerksamkeits-Belastungs-Test d2
Der Test besteht aus den Buchstaben d und p, welche in 14 Reihen zu 47 Zeichen
angeordnet und mit 1 bis 4 Strichen markiert sind. Die Aufgabe des Probanden
besteht darin, in jeder Reihe innerhalb von 20 Sekunden alle mit 2 Strichen
markierten “d“ durchzustreichen. Die Auswertung liefert Ergebnisse hinsichtlich
Konzentrationsleistung, Arbeitstempo und Arbeitssorgfalt (Brickenkamp, 1994).
Die altersgematchte Kontrollgruppe lieferte hinsichtlich Konzentrationsleistung,
Arbeitssorgfalt sowie Arbeitstempo folgende Durchschnittswerte: 157,5; 4,7; 449,5.
4.1.5.1 Konzentrationsleistung
Bei einer Spannweite zwischen 0 und 275 lag der Durchschnittswert bezüglich der
Konzentrationsleistung der Probanden bei 126,13 (SD 67,48). Im t-Test zeigte sich
eine signifikante Differenz zur Kontrollgruppe (t = -2,63; p = 0,013).
4.1.5.2 Arbeitssorgfalt
Hier divergierten die Punktzahlen von 3,0 bis 78,6; durchschnittlich wurden 35,84
Punkte erreicht (SD 20,72). Im t-Test fiel eine hochsignifikante Diskrepanz im
Vergleich mit der Kontrollgruppe auf (t = 8,50; p < 0,001).
4.1.5.3 Arbeitstempo
Beim Arbeitstempo ergaben sich Punktzahlen zwischen 280 und 639. Hier lag der
Durchschnitt aller Probanden bei 479,94 (SD 100,04). Der t-Test ergab keine
signifikanten Unterschiede zur Kontrollgruppe.
- 35 -
4.1.6 Proaktive Interferenz
Die Proaktive Interferenz bezeichnet in der Gedächtnispsychologie die Beeinflussung
bzw. Überlagerung von neu erworbenen Gedächtnisinhalten durch früher Gelerntes.
Gemessen wird sie anhand eines Tests aus fünf Wortlisten. Jede Wortliste enthält
zwölf Wörter; die ersten vier Wortlisten enthalten ausschließlich Tiernamen, die fünfte
Berufsbezeichnungen. Nacheinander werden die Wortlisten dem Probanden
vorgetragen. Dieser wird aufgefordert, möglichst viele der soeben genannten Wörter
aus dem Gedächtnis wiederzugeben. Charakteristisch ist hierbei die
Verschlechterung bis zur vierten Liste („Durcheinanderwürfeln“ der Tiere) sowie eine
Verbesserung bei der fünften Liste (Berufe) über das Niveau der vierten Liste, da der
Input nicht verwandt ist und somit die Tiernamen interferenzlos überlagert. Ein
vorbestehender Hirnschaden korreliert mit pathologischen Ergebnissen (Calabrese,
1997).
Die Proaktive Interferenz wies bei 22 der 32 Probanden pathologische Werte auf;
dies entspricht 68,75%.
- 36 -
4.1.7 Emotionales versus neutrales Gedächtnis
Bei diesem Testverfahren werden dem Probanden zwei kurze Geschichten erzählt, in
denen je 16 Details vorkommen. Danach wird der Proband aufgefordert, möglichst
viele Details wiederzugeben; die Reihenfolge ist hierbei nicht relevant. Die
„emotionale“ Geschichte handelt von einem Verkehrsunfall, bei dem Menschen zu
Tode kommen, die „neutrale“ Geschichte erzählt von einer Vereinsfeier (Calabrese,
1997). Die Testleistungen sind in nachfolgender Tabelle wiedergegeben.
Tab. 6: Emotionales versus neutrales Gedächtnis
N Minimum Maximum Durchschnitt SD
Emotionales
Gedächtnis
32 4 16 9,1 3,3
Neutrales
Gedächtnis
0 12 6,2 3,2
Bemerkenswert ist das schlechte Abschneiden der Testpersonen beim Neutralen
Gedächtnis; keiner der Probanden erreichte mehr als zwölf erinnerte Details. Das
Emotionale Gedächtnis wurde hochsignifikant besser bearbeitet (t = 5,05; p < 0,001).
- 37 -
4.2 Analyse der Rohdaten - Auffälligkeiten
4.2.1 Geschlechtsvergleich
Im Geschlechtsvergleich ergaben sich einige Auffälligkeiten. Bei der Interpretation
dieser Daten sollte der geringere Anteil der Männer (n=9) im Vergleich zu den
Frauen (n = 23) berücksichtigt werden.
Die männlichen Probanden schnitten bei der Gesamtlernleistung sowie der
Abrufleistung nach zeitlicher Verzögerung und der korrigierten
Wiedererkennensleistung (alle VLMT) (hoch)signifikant besser ab als die
Testteilnehmerinnen. Bei beiden Trail Making Tests hingegen lieferten die Frauen
signifikant bessere Leistungen. Der Test „Emotionales Gedächtnis“ wiederum wurde
von den männlichen Probanden signifikant besser bearbeitet. Eine Übersicht hierzu
liefert die nachstehende Tabelle 7.
- 38 -
Tab. 7: Testergebnisse im Geschlechtsvergleich
Testverfahren Gemessene kognitive
Fähigkeit
Signifikanter
Geschlechtsunterschied
MWT-B Kristalline Intelligenz (IQ) Keiner
VLMT Gesamtlernleistung ♂ hochsignifikant besser
VLMT Abrufleistung nach zeitlicher
Verzögerung
♂ hochsignifikant besser
VLMT Verlust nach zeitlicher
Verzögerung
Keiner
VLMT Korrigierte
Wiedererkennensleistung
♂ signifikant besser
TMT-A Verarbeitungsgeschwindigkeit ♀ signifikant besser
TMT-B Aufmerksamkeit ♀ signifikant besser (1
männlicher, 3 weibliche
Abbrecher)
Zahlenspanne Akustisch-verbales
Gedächtnis
Keiner
Blockspanne Visuelles Gedächtnis Keiner
D2 Konzentration Keiner
D2 Sorgfalt Keiner
D2 Tempo Keiner
Proaktive Interferenz Überlagerung ♀: 15 von 23 pathologisch
(65,2%)
♂: 7 von 9 pathologisch
(77,8%)
Emotionales Gedächtnis ♂ signifikant besser
Neutrales Gedächtnis Keiner
- 39 -
4.2.2 Anamnese / Krankheitsdauer
Folgende Korrelationen zeigten sich bei der statistischen Auswertung:
Je länger der letzte stationäre Aufenthalt aufgrund einer Exazerbation der
schizoaffektiven Psychose gedauert hatte, desto schlechter fiel das Testergebnis
beim akustisch-verbalen Gedächtnis aus (p = 0,037). Die restlichen Testverfahren
korrelierten allesamt nicht signifikant mit der Dauer der letzten stationären
Behandlung.
Bei Patienten mit mindestens zehn stationären Voraufenthalten bzw. einer mehr als
zehnjährigen Anamnese der schizoaffektiven Erkrankung zeigten sich gegenüber
den weniger anamnestisch Belasteten signifikante Veränderungen (siehe
untenstehende Tabelle 8). Jedoch ist hierbei zu bedenken, dass lediglich vier
Patienten im gesamten Testkollektiv keine langjährige Krankheitsanamnese
aufwiesen.
Tab. 8: Korrelation der Testleistungen mit Dauer der Erkrankung
Testverfahren Bessere Leistung Signifikanz
Gesamtlernleistung Langzeitanamnese p = 0,039
Verlust nach zeitlicher
Verzögerung
Kurzzeitanamnese p = 0,003
Verarbeitungsgeschwindigkeit Langzeitanamnese p = 0,006
Sorgfalt Kurzzeitanamnese p = 0,018
Arbeitstempo Kurzzeitanamnese p < 0,001
(hochsignifikant)
- 40 -
4.2.3 Drogenabusus als Einflussgröße: Cannabis
Insbesondere Cannabis- und Alkoholkonsum wurden bei der statistischen Erhebung
berücksichtigt. 29 der 32 Patienten gaben zu ihrem Konsumverhalten bezüglich
dieser Drogen Auskunft. 21 der 29 Patienten, das entspricht 72,4%, gaben an,
niemals Cannabis konsumiert zu haben; acht hingegen hatten Cannabis
eingenommen (27,6%). Überdies lebten 18 der 29 Patienten (62,1%)
alkoholabstinent; elf (37,9%) gaben gelegentlichen Alkoholkonsum an. Aktuell
bestehender Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit wurde glaubhaft verneint.
Tab. 9: Auffälligkeiten bei Cannabis-Konsumenten
Testverfahren Auffälligkeit Signifikanz
IQ Höher p = 0,013
Gesamtlernleistung Besser p = 0,004
Abrufleistung nach zeitlicher
Verzögerung
Besser p < 0,001
(hochsignifikant)
Korrigierte
Wiedererkennensleistung
Besser p < 0,001
(hochsignifikant)
Verarbeitungsgeschwindigkeit Besser p = 0,037
Aufmerksamkeit (1 Abbruch
gegenüber 3 Abbrüchen bei
Nicht-Konsumenten)
Besser p = 0,007
Akustisch-verbales
Gedächtnis
Schlechter p = 0,033
Bemerkenswert sind hierbei die nahezu durchweg stärkeren Leistungen bezüglich
der Merkfähigkeit bei Cannabiskonsumenten (zu denen später im Diskussionsteil
noch Stellung genommen werden wird), zu bedenken ist jedoch die kleine
Stichprobe.
- 41 -
5 Diskussion
5.1 Interpretation der Ergebnisse im Literaturvergleich
Die vorliegende Arbeit will unter Bezugnahme auf die aktuelle Diskussion über die
Rolle der schizoaffektiven Störung zum einen allgemeine Erkenntnisse über die
neurokognitive Leistungsfähigkeit dieser Patientengruppe in der alltagsrelevanten
Phase der Remission gewinnen, zum anderen klären, ob die Abgrenzbarkeit
insbesondere zu anderen Erkrankungen des psychotischen Kontinuums überhaupt
gegeben ist. Ferner sollten Aussagen über das Funktionieren im Alltag und der
Gesellschaft anhand der Testergebnisse möglich sein.
In der vorliegenden Studie wiesen die getesteten schizoaffektiven Patienten im
remittierten Zustand deutliche kognitive Defizite in sämtlichen
kognitionspsychologisch relevanten Teilbereichen auf.
Der Intelligenzquotient, welcher über den MWT-B ermittelt wurde, wies keine
signifikanten Differenzen im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe (repräsentativ für
die Allgemeinbevölkerung) auf. Anzumerken ist, dass der in der vorliegenden
Untersuchung verwandte IQ-Test den Intelligenzquotienten ausschließlich über den
Wortschatz ermittelt, wobei teils recht antiquierte Vokabeln abgefragt werden. Da die
Wortlisten von 1956 stammen, hatten Probanden mit Migrationshintergrund sowie
jüngere Testpersonen deutliche Schwierigkeiten bei der Beurteilung einiger
Aufgaben, zumal die Normierung des Tests an deutschen Probanden vorgenommen
worden war. Somit ist die statistisch nicht signifikant abweichende Leistung beim
MWT-B tendenziell stärker einzuschätzen als tatsächlich ausgefallen.
Bei der Auswertung des VLMT fielen in Bezug auf alle Teilaspekte des Tests
(Gesamtlernleistung, Abrufleistung, Verlust nach zeitlicher Verzögerung, korrigierte
Wiedererkennensleistung) deutlich ausgeprägte Einschränkungen der
schizoaffektiven Patienten im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe auf. Da der
VLMT einen spezifischen Bereich des Gedächtnisses, nämlich das verbale,
deklarative episodische Gedächtnis erfasst, ist ein Defizit in diesem Test besonders
alltagsrelevant für den Probanden, da das aktive Teilnehmen am Tagesgeschehen
- 42 -
das kurz- und mittelfristige Behalten von Informationen von geringer bis mittlerer
Komplexität (z. B. im Rahmen einer Unterhaltung) erfordert. Im wesentlichen lässt
sich der VLMT in drei getestete Faktoren zerlegen: Das Lernen bzw. die
Datenakquisition, die Konsolidierung des Lernstoffes ins Langzeitgedächtnis sowie
die Wiedererkennensleistung. Die getesteten schizoaffektiven Probanden schnitten
in allen drei Einzelschritten der Faktorenanalyse signifikant schlechter ab als die
gematchte Kontrollgruppe. Dennoch sollte eine klinische Interpretation mit Vorsicht
geschehen, da die Herausgeber auf voreilige Überinterpretationen des VLMT in
Bezug auf Alltagssituationen im WMS-R-Manual hinweisen (Härting et al., 2000). Am
ehesten kann das schlechte Abschneiden der Probanden wohl durch eine allgemein
geringere verbale mnestische Kapazität und Lernfähigkeit schizoaffektiver Patienten
erklärt werden – interessant wären hier weiterführende bildgebende Untersuchungen
der entsprechenden zentralnervösen Strukturen sowie ein Vergleich mit nicht
remittierten Probanden, auch in Hinblick auf die Medikation zum Testzeitpunkt.
Im Trail Making Test, welcher Aussagekraft betreffs das visuelle Suchen, das
Beurteilen, die Bearbeitungsgeschwindigkeit sowie die kognitive Flexibilität und auch
über exekutive Funktionen besitzt (Tombaugh, 2004), fielen deutlich schwächere
Leistungen der getesteten remittierten schizoaffektiven Probanden im Vergleich zur
gematchten Kontrollgruppe auf, ebenso wie beim d2-Aufmerksamkeits-
Belastungstest, welcher in punkto Konzentration und Arbeitssorgfalt massive Defizite
nahezu aller Testpersonen offenbarte. Auch war die Mehrzahl (68,75%) der
Testungen auf Proaktive Interferenz ebenso pathologisch wie das Neutrale
Gedächtnis. Wie sind nun diese auffälligen Schwächen zu erklären? Es stellt sich die
Frage nach dem morphologischen Korrelat, die existentielle Frage der Diagnose
„schizoaffektiv“. Gehört die Krankheit in den Umkreis der Schizophrenie, worauf die
Ähnlichkeit der kognitiven Defizite hindeutet, da mit ihrem Nachweis schizophrene
Kernkriterien als hinreichend erfüllt gelten, so stellt sich die Frage der besonderen
Verquickung mit dem anderen Pol, dem Affekt. Hierzu vorliegende Studien winden
sich um dieselbe Frage und suchen Antwortmöglichkeiten in iatrogen induzierten
Bedingungen wie der Medikation, familiären Häufungen oder in der Problematik der
starren Klassifikationen medizinischer Codierungssysteme (Evans et al., 1999;
Kendler et al., 1995).
- 43 -
Doch weist die Literatur verschiedene Ansätze auf: Glahn et al. sehen Möglichkeiten
zur Differenzierung anhand verschiedener neuropsychologischer Profile und zeigen
qualitative und quantitative Unterschiede z. B. betreffs des Arbeitsgedächtnisses
zwischen bipolaren und schizoaffektiven bzw. schizophrenen Patienten auf (Glahn et
al, 2006). Aufgrund des kontrovers diskutierten diagnostischen Status der
schizoaffektiven Störung kann dies – wie auch die vorliegende Arbeit zeigt – ein
wichtiges diagnostisches Utensil darstellen. Gerade die Abgrenzung zur bipolaren
Erkrankung, zu dessen neuropsychologischem Charakter bereits Metaanalysen
vorliegen (Robinson et al., 2006), kann hierdurch erleichtert werden.
Zum anderen, vermeintlich näheren Pol, der Schizophrenie hin, ist in einer aktuellen
Untersuchung die schizoaffektive Störung bereits unscharf abgrenzbar. Heinrichs et
al. wiesen nach, dass schizophrene im Gegensatz zu schizoaffektiven Patienten eine
klare neuropsychologische Profilierung aufweisen (Heinrichs et al., 2007) Letztere
konnten nur zu einem Drittel eindeutig klassifiziert werden – ein weiterer Beleg für die
breit facettierte neurokognitive Ausprägung dieses Krankheitsbildes.
Soweit nun zu den Defiziten, doch fielen in zwei Untersuchungen kaum Unterschiede
zur gesunden Kontrollgruppe auf: Das auditive und visuelle Kurzzeitgedächtnis
(Zahlen- bzw. Blockspanne) sowie das Emotionale Gedächtnis (Calabrese-Inventar)
waren bei den schizoaffektiven Probanden nicht signifikant beeinträchtigt.
Offensichtlich bleiben Kurzzeitgedächtnis und emotionales Gedächtnis also von den
Einschränkungen, welche sich bis hierher weitgehend mit schizophrenen Symptomen
decken, weitgehend verschont. Eine mögliche Erklärung für letzteres ist in einer
engen Verschränkung zwischen Affekt bzw. emotionaler Lage und kognitiv-
mnestischer Leistung zu sehen. Die paradigmatischen Grenzen zwischen Kognition
und Emotion verschwimmen angesichts der Tatsache, dass mit Gefühlen verknüpfte
Inhalte stets besser memoriert werden; dies ist vor dem eher funktionell-
neuroanatomischen Hintergrund des limbischen Systems paradox, sind Emotion und
Kognition doch per se gar keine getrennten Entitäten (Markowitsch 1994; LeDoux,
1994).
Mögliche morphologische Korrelate sind in Fehlfunktionen insbesondere des
anterioren Cingulums als Teil des limbischen Systems sowie des präfrontalen Kortex
- 44 -
zu suchen, da diese Hirnregionen nach heutigem Kenntnisstand am ehesten die
getesteten Funktionen steuern.
Auffällig war in der vorliegenden Studie vor allem ein Detail: Stellenweise waren
Probanden, welche in der Vorgeschichte Cannabis konsumiert hatten, in einigen
Teilen der Testbatterie, insbesondere den VLMT betreffend, signifikant
leistungsfähiger im Vergleich zu den anderen schizoaffektiven Probanden, jedoch
nicht über dem Niveau der gesunden Kontrollgruppe. Dies korrelierte nicht mit dem
Bildungsgrad.
Dass Cannabiskonsumenten in Bezug auf Merkfähigkeit bzw. in
neuropsychologischen Tests besser abschneiden, führt eine hierzu an
schizophrenen Patienten durchgeführte Studie auf verbesserte kognitive Funktionen
bei Cannabiskonsum zurück (Coulston et al., 2007). Andere Ergebnisse sprechen für
gemischte Effekte; teils bessere, teils aber auch deutlich schwächere Leistungen
durch Einflüsse u. a. auf den Cortex cingularis anterior und den Hippocampus
(Solowij et al., 2007). Somit spricht die in der vorliegenden Studie gezeigte
Leistungsverbesserung im Anteil der Cannabiskonsumenten für eine grössere Nähe
der schizoaffektiven Erkrankung zum schizophrenen Spektrum.
Fraglich ist jedoch, ob Unbedenklichkeit bezüglich der kognitiven Leistungen
schizoaffektiver Patienten bei Konsum dieser Droge angebracht ist; ist Cannabis
doch mehr als verdächtig, Auslöser bzw. Triggerfaktor mannigfaltiger schizophrener
Erkrankungsbilder zu sein (Berhardson et al., 1972; Thacore et al., 1976; Rottanburg
et al., 1982; Andreasson et al., 1987).
- 45 -
5.2 Vergleich mit bipolaren und schizophrenen Patienten
Zum Vergleich kognitiver Leistungen mit bipolaren und schizophrenen Patienten
liegen zu schizoaffektiven Patienten einige Studien vor; die angewandte Testbatterie
variiert hierbei. Goldstein et al. (2004) beschreiben schizoaffektive Patienten als
neuropsychologisch sehr heterogene Gruppe; im Vergleich mit an Schizophrenie
leidenden Patienten schneidet die schizoaffektive Gruppe geringfügig besser,
insbesondere beim TMT-B ab, dennoch weit schwächer als die nicht erkrankte
Kontrollgruppe. Eingeräumt wird jedoch, dass letztere jünger ist und einen höheren
Bildungsgrad besitze. Auch befanden sich die Probanden nicht im Stadium
kompletter Remission.
Die Studienlage weist darauf hin, dass die neuropsychologische Leistungsfähigkeit
der schizoaffektiven Probanden zwischen der bipolarer und schizophrener Patienten
anzusiedeln ist; Schizophreniepatienten weisen die ausgeprägtesten Defizite in
Hinblick auf Konzentration und Aufmerksamheit auf, während schizoaffektive
Probanden zwar merklich in sämtlichen neuropsychologischen Qualitäten,
insbesondere in den Exekutivfunktionen, beeinträchtigt sind, sich aber dennoch
merklich von der Leistung Schizophreniekranker abheben (Heinrichs et al., 2008;
Röttig, 2007; Bühler et al., 1991; Reichenberg et al., 2009). Röttig (2007) faßt hierbei
schizoaffektive und bipolare Patienten noch als eine Entität zusammen, bei
Reichenberg et al. (2009) wird diesbezüglich differenziert.
Im Vergleich mit bipolaren Patienten zeigt sich, dass hier die schizoaffektiven
Probanden merklich unterlegen sind; bei Torrent et al. (2007) imponieren
schizoaffektive Probanden gerade in Bezug auf das verbale Gedächtnis, die
Aufmerksamkeit und besonders die Exekutivfunktionen mit signifikant schwächeren
Leistungen als bipolare und nicht erkrankte Probanden.
- 46 -
5.3 Probleme und Einschränkungen
Mögliche statistisch wertvolle Einflußgrößen wie Geschlecht oder Dauer der
psychiatrischen Anamnese lieferten widersprüchliche Resultate ohne
richtungsweisende Auffälligkeiten. Hierbei ist das relativ kleine statistisch relevante
Kollektiv der vorliegenden Studie zu berücksichtigen; in weiteren Studien mit höheren
Probandenzahlen sollten gerade jene Einflußfaktoren, welche beeinflußbar sind,
exakter untersucht werden.
Die antipsychotische bzw. stimmungsbeeinflussende Medikation, unter der die große
Mehrheit der Probanden zum Testzeitpunkt stand, wurde nicht differenziert, sondern
lediglich nach dem klinischen Bild entschieden. Dabei kann die längerzeitige
Pharmakotherapie mit Antipsychotika auch im remittierten Zustand je nach Präparat
signifikant leistungsverbessernde oder aber -verschlechternde Auswirkungen auf die
kognitiven Leistungsfähigkeiten haben (Houthoofd et al., 2008; Elie et al., 2009).
Zudem ist die Fassade vieler psychiatrisch zum Testzeitpunkt nicht auffälliger, also
klinisch remittierter Patienten sehr gut, so dass eine klinisch diskret ausgeprägte
hypomanische bzw. dysthyme Stimmungslage zum Testzeitpunkt die gängigen
Ausschlußkriterien unterlaufen und somit die Leistungsfähigkeit der Probanden
beeinflussen würde. Dass das tägliche gesellschaftliche Miteinander von der
schizoaffektiven Erkrankung auch außerhalb einer akuten Exazerbation beeinflußt
wird, fiel einer Arbeitsgruppe um Twamley auf; aus neuropsychologischen Defiziten
wurden alltagsrelevante Lern- und Fähigkeitsdefizite abgeleitet (Twamley et al.,
2008).
Ferner fehlt eine aktuelle neurologische Bildgebung bei den Probanden, so dass
nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen wurde, dass zum Testzeitpunkt die
kognitive Leistungsfähigkeit gravierend beeinträchtigende Komorbiditäten
(Bunevicius et al., 2008) wie beispielsweise eine mögliche intrazerebrale Neoplasie
das Testergebnis verfälschten.
- 47 -
5.4 Überprüfung der Hypothesen
Ad Hypothese 1)
Unsere erste, vordergründige Hypothese, dass schizoaffektive Patienten im
remittierten Stadium im Hinblick auf Aufmerksamkeit, Gedächtnis und
Exekutivfunktionen weiterhin beeinträchtigt seien, konnte durch die erzielten
Testergebnisse eindeutig gesichert werden und wird nach der aktuell vorliegenden
Studienlage durchgehend auch in anderen neuropsychologischen
Testbatteriezusammensetzungen bestätigt. Im gesamten neuropsychologisch
getesteten Spektrum fielen teils signifikant, teils hochsignifikant schwächere Werte
auf als bei gesunden Probanden.
Dazu lässt sich klar konstatieren, dass die schizoaffektive Störung eine Erkrankung
ist, welche die betroffenen Patienten auch im Stadium der klinischen Remission
deutlichen kognitiven Einschränkungen unterwirft.
Ad Hypothese 2)
Diese Hypothese konnte nicht abschließend geklärt, jedoch untermauert werden.
Hier imponierten Diskrepanzen zu Studien sowohl an remittierten schizophrenen als
auch an remittierten bipolaren Patienten auf. Gemeinsam ist sämtlichen
Erkrankungen eine insgesamt schwächere kognitive Leistungsfähigkeit, wobei die
Leistungen schizoaffektiver Patienten unter denen bipolarer (Torrent et al., 2007;
Studentkowski, 2008), jedoch über jenen schizophrener (Heinrichs et al., 2008)
Patienten anzusiedeln sind. Dies spricht für den vermuteten „mittleren“ Platz der
schizoaffektiven Störungen im psychotischen Kontinuum; die Existenz eines
unverwechselbar klaren kognitionspsychologischen Profils gelang zwar in der
vorliegenden Studie nicht, dennoch ist eine – wenn auch bisher unscharfe –
Abgrenzung zu anderen schizophrenen wie auch biopolaren Entitäten erkennbar.
Somit liegt nahe, dass die psychotische Komponente an der schizoaffektiven Störung
die neuropsychologischen Leistungen am ehesten schmälert; nur so ist zu erklären,
dass bipolare Patienten ohne psychotische Symptome bessere Leistungen,
- 48 -
ausschließlich schizophrene Patienten aber schlechtere Leistungen als
schizoaffektive Patienten erbringen.
Damit ist aus neuropsychologischer Sicht der Beweis für die eigene nosologische
Entität „schizoaffektiv“ erbracht, wenn auch – besonders in Hinblick auf viele,
unterschiedlich facettierte, mögliche Arrangiermöglichkeiten von Testassessments –
die praktische Abgrenzbarkeit der Entität im klinischen Alltag weiterhin schwierig
bleibt.
- 49 -
5.5 Ausblick
Das zurzeit vorliegende angewendete neuropsychologische Testinventar erlaubt
immer exaktere Einordnungen von psychiatrisch auffälligen Patienten in
diagnostische Gruppen.
Aufgrund der klinischen Ähnlichkeit der Symptomatik wird zudem eine gemeinsame
biologische Basis der Syndrome des bipolaren/schizophrenen Kontinuums in
genetischer, anatomischer wie auch neurochemischer Hinsicht angenommen; die
Rolle der Genetik wird in der Psychiatrie gewichtiger werden. Die Ergebnisse von
Familien-, Zwillings- und Adoptionsstudien sprechen für gemeinsame genetische
Faktoren bei beiden Erkrankungen. Mittlerweile konnten durch systematische
Kopplungsuntersuchungen verschiedene chromosomale Loci identifiziert werden, in
denen Dispositions- oder Suszeptibilitätsgene liegen, welche sowohl bei bipolaren
als auch bei Erkrankungen des schizophrenen Formenkreises eine wichtige Rolle zu
spielen scheinen. Diese Ergebnisse sprechen für eine genetische Prädisposition
beider Erkrankungen. Noch erscheinen die Möglichkeiten vage, familiäre Faktoren
und Neuropsychologie synergistisch zur exakten psychiatrischen Diagnosefindung zu
nutzen (Antila et al., 2009). Jedoch konnten mit modernen bildgebenden Verfahren
ähnliche strukturelle Veränderungen im Gehirn von Patienten mit bipolarer und
schizophrener Erkrankung festgestellt werden (Chang et al., 2004). Bei beiden
Patientengruppen zeigten sich eine Abnahme der grauen Substanz sowie eine
Überaktivität des limbischen Systems. Überdies fielen Veränderungen der
dopaminergen Neurotransmission auf, welche ebenfalls typisch für beide
Erkrankungen sind; in PET-Untersuchungen zeigte sich eine wesentlich höhere
Dopamin-D²-Rezeptorendichte sowie eine reduzierte Aktivität der
Glutamatdecarboxylase 67 als Schlüsselenzym für die Synthese des
Neurotransmitters GABA (Pearlson et al., 1995). Auf der molekularbiologischen
Ebene sind in den kommenden Jahren weitere Fortschritte bei der Identifizierung
verantwortlicher Neurotransmitter und/oder pathognomonischer Vorgänge in
bestimmten neuroanatomischen Strukturen zu erwarten.
Die künftige Bedeutung der Neuropsychologie, insbesondere der
kognitionspsychologischen Testverfahren, könnte noch mehr diagnostische Relevanz
- 50 -
bekommen als bisher und somit z. B. auch Einfluss auf die medikamentöse Säule der
zumeist multimodalen Therapie der schizoaffektiven Erkrankung gewinnen. Die
interdisziplinäre Zusammenarbeit von Psychiatern, Neurologen und Psychologen auf
diesem Feld wird in naher Zukunft durch die individuelle Profilgebung des
psychiatrischen Patienten mithilfe neuropsychologischen Testinventars intensiviert
und erleichtert werden, insbesondere wird sich die Diagnostik auf die Differenzierung
der schizoaffektiven von der bipolaren Störung erweitern und größere Konsequenzen
für die Pharmakotherapie nach sich ziehen. Auch könnte die Neuropsychologie im
Falle größer angelegter Studien Schlüssel zur Frage der grundsätzlichen
Positionierung der schizoaffektiven Störung im psychotischen Kontinuum sein.
- 51 -
6 Literaturverzeichnis
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Alle Tabellen: selbst erstellt
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7 Anhang
Danksagung
Besonders herzlich danken möchte ich meinem Doktorvater PD Dr. Hans-Jörg
Assion für seine fachliches Engagement, seine Geduld mit mir und seine
menschliche Unterstützung schon während meiner Famulatur und des PJs sowie
zum Fertigstellen dieser Dissertation.
Ferner möchte ich Herrn Prof. Dr. Juckel für stets komplikationslosen Zugang zu den
Daten der LWL-Klinik und die Möglichkeit, jederzeit Patienten zu interviewen,
danken.
Meinen Eltern möchte ich herzlich danken; sie waren und sind mir immer wichtigste
Stütze.
Lebenslauf
Persönliche Daten
Name Balkau
Vorname Florian
Geburtsdatum 14. August 1983
Geburtsort Osnabrück
Familienstand ledig
Konfession evangelisch
Bildungsweg
Aug. 1989 – Juli 1992 Bruder-Klaus-Grundschule Brochterbeck
Aug. 1992 – Juni 2001 Graf-Adolf-Gymnasium Tecklenburg
Okt. 2001 – Dez. 2007 Studium der Humanmedizin an der Ruhr-Universität
Bochum
19.12.2007 Erteilung der Approbation als Arzt
Dez. 2007- Mai 2009 Assistenzarzttätigkeit im Klinikum Natruper Holz,
Osnabrück, Medizinische Klinik IV für Innere Medizin und
Geriatrie
Seit 01.06.2009 Assistenzarzttätigkeit im Städtischen Klinikum Osnabrück,
Klinik für Neurologie