Post on 05-Apr-2015
transcript
München, den 03. Mai 2008
Standardisierung der HbA1c Bestimmung
- Theorie und Praxis
Albrecht Pfäfflin
Zentrallabor/Med.Klinik Abt. IV, Tübingen
Fallbeispiel
• Patient wird am selben Tag in verschiedenen Laboratorien bzgl. HbA1c untersucht:
Labor A: 7,3%
Labor B: 7,7%
Labor C: 8,5%
• Therapie beibehalten oder intensivieren?
Ergebnisse Ringversuch 1/2003 des Referenzinstitut für Bioanalytik der DGKL
Plan
• Einleitung• Methoden-Vergleichbarkeit • Möglichkeiten zur Standardisierung
– Referenzmethode– Mittels Kalibration– Designated comparison method (DCM)
• Probleme• Zusammenfassung
• Einleitung
Plan
stabiles Addukt von D-Glukose
am N-terminalen Ende der ß-Kette des HbA0
=N-(1-deoxyfructosyl)haemoglobin
Definition HbA1c:
• Erstbeschreibung (1955) von Glykiertem Hämoglobin
• Differente Methoden ergeben nicht-vergleichbare Werte
• Durch einheitliche Kalibration: interlabor-Variations-Koeffizienten (VK) von 16% auf 9% gesenkt.
• Trotzdem sind die Werte nicht ausreichend vergleichbar
• 1994 Gründung des National Glycohemoglobin Standardization Program (NGSP)– 2001: im Rahmen der NGSP-Aktivitäten: VK auf <5% gesenkt.
Literatur: Kunkel 1955 Science ; Weykamp CC 1995 Clin Chem; Little 2001 Clin Chem
Rückblick:
Warum ist HbA1c nicht einfach standardisierbar?
• Analyt aufgrund physikalischer Eigenschaften charakterisiert
• unspezifische Substanzen können diese Eigenschaften imitieren
• Vergleichbarkeit innerhalb einer Methode gut
• Vergleichbarkeit zwischen Methoden schlecht
• alle müssten das wirklich wollen
• Verantwortung des Laborleiters/der Laborleiterin, welchen Kalibrator er/sie verwendet.
• ca. 70 verschiedene kommerzielle Methoden zur HbA1c-Messung
Warum ist HbA1c nicht einfach standardisierbar?
• Methoden-Vergleichbarkeit
Plan
Webseite Instand: VK bei Ringversuchen
• VK=(SD/MW)*100 SD=Standardabweichung MW= Mittelwert
• Bei Zielwert HbA1c 10%: SD von 0,7% • „kritische Differenz“: 3 SD nicht sicher unterscheidbar:
Werte zwischen 9,0 und 11,0 % nicht sicher unterscheiden
• Fazit: der VK sollte möglichst klein sein; • 2% sind vorgeschlagen von EASD, ADA, IDF• Ziel: um Unterschiede von 0,5% sicher zu erkennen• Diese Präzision ist interlaboratorisch schwer erreichbar
Rechenbeispiel: Variationskoeffizient (VK) von 7%
Gesetzliche Vorgaben: Deutschland: Richtlinien der Bundesärztekammer
Vom 24.08.2001Weiterhin übergangsweise gültig bis 31.03.2010Richtigkeit 8%, Unpräzision 6%, max. Abweich.
Einzelwert/Ringversuch: 20%
Vom 23.11.2007Gültig seit 01.04.2008Zulässiger quadratischer Mittelwert der Messabweichung (Streuung
der Messwerte um den wahren Wert): 10%Max. Abweichung Ringversuch: 18%
Plan
• Möglichkeiten zur Standardisierung– Referenzmethode– mittels Kalibration– Designated comparison method (DCM)
• Von IFCC-Experten entworfene, geprüfte und publizierte Goldstandard-Methode zur Bestimmung von HbA1c
Referenzmethode für HbA1c
Definition:
Literatur: Jeppsson et al. (2002) Approved IFCC Reference Method for the measurement of HbA1c in Human Blood. CCLM 40(1)78-89
Referenzmethode für HbA1c
Prinzip:
Hemolysate
Enzymatic Cleavage
HPLC-CapillaryElectrophoresis
HPLC-MassSpectrometry
Fig.1 Flow chart of the reference method procedure
Vorbereitung: EDTA-Blut wird mit NaCl-Lösung gewaschen und hämolysiert
Dann: Mittels Endopeptidase Glu-C werden 6 Aminosäuren abgespalten
Val
HbAo-peptide
HbA1c-peptide
Gluc
Glu-C
His Leu Thr Pro Glu Glu Lys Ser
Val His Leu Thr Pro Glu Glu Lys Ser
. . . .
. . . .
Fig.2 Principle for the proteolytic digestion of the haemoglobin chains
•Prinzip: Analyt wird ionisiert, verdampft und mittels Masse-Ladungsverhältnis analysiert
Literatur: Kobold et al Clin Chem, 1997
Referenzmethode für HbA1cESI-MS ( =Elektrospray-Ionisations-Massenspektrometrie):
Fig. 4 Electrospray mass spectra of synthetic N-terminal peptidesof the b-chain of hemoglobin
Referenzmethode für HbA1c
Probleme (I) der Referenzmethode:
Die Werte sind ca 1,5% niedriger
Literatur: Miedema 2004 Diabetologia
Referenzmethode für HbA1c
Die Referenzmethode soll gar nicht in den Routinelabors angewendet werden (zu aufwändig)
Unklar: ob diese exakte Analytik tatsächlich die prädiktive Aussage der alten DCCT/UKPDS-Messungen hat
die Methode gibt es seit 6 Jahren, aber in der Praxis hat sich nichts wesentliches geändert
Probleme (II) der Referenzmethode:
•Mittels einer Probe mit bekanntem Zielwert: sollen die verschiedenen Methoden abgeglichen werden
• Japanese diabetes society (JDS): Kalibratoren wurden produziert und einheitlich verwendet. Methoden für die Produktion eines Referenzmaterials sind beschrieben. •Problem: Aufwendige Herstellung der Kalibratoren
Einheitliche Kalibrierung für HbA1c
Prinzip:
Literatur: Finke Clin Chem Lab Med 1998
•Mittels einer (willkürlichen) “Referenz”-methode werden Methodenvergleiche durchgeführt, dadurch können Regressionsgleichungen ermittelt werden, um die Werte ineinander umzurechnen.
•Vorteil: bietet sich an, da der Analyt mit unterschiedlichen Methoden gemessen wird, und Referenzmaterialien unzureichend verfügbar sind.
Designated Comparison method
Prinzip:
•NGSP seit 1994•“Referenz”-methode:
Biorex 70-Ionenaustauschchromatographie in speziellen Referenzlaboratorien durchgeführt.
•Problem: die Methode ist unspezifisch
Designated Comparison method
Wesentliche praktische Anwendung:
Designated Comparison method
•CPRL: zentrales Labor, produziert den Kalibrator und erfüllt harte QC-Richtlinien•PRL: primäre Referenzlaboratorien•SRL: sekundäre Referenzlaboratorien
•Müssen jeweils in definierten Zeiten eine definierte Anzahl von Proben messen und dabei definierte QC-Kriterien erfüllen.
•Herstellerzertifikation•Ringversuchswesen
Designated Comparison method
Was macht das NGSP:
•Swedish standardization scheme
•“Referenz”-methode:
Mono S-HPLC
•Problem: die Methode ist auch unspezifisch, deutlich überlegen gegenüber Biorex 70
Designated Comparison method
Weitere praktische Anwendung:
Vergleich Referenzmethode vs. Designated Comparison method/einheitliche Kalibrierung
Literatur: Hoelzel Clin Chem 2004
• Probleme
Plan
Organisationsstrukturen
• Klinisch-Chemische Vereinigungen: – IFCC, daraus Referenzmethoden-Entwicklung– AACC, daraus NGSP hervorgegangen– DGKL
• Klinische Vereinigungen: – ADA– EASD– IDF– DDG
Literatur: Mosca et al. Clin Chem Lab Med, 2007
• IFCC-working-group HbA1c– Gegründet 1995– Referenzmaterialien hergestellt 1998– Entwicklung der Referenzmethode 2002– Verschiedene Vergleichsstudien wurden
durchgeführt– Sekundäres Referenzmaterial wurde hergestellt
Literatur: Consensus Committee, Diabetes Care, 30, 2007
• Aktuelles consensus-statement 2007:
• ADA/EASD/IDF/IFCC– HbA1c-Werte weltweit einheitlich reportieren– IFCC-Referenzmethode ist Basis für Standardisierung– Soll als mmol/mol und % (NGSP) angegeben werden– Falls Studien dokumentieren:
Umrechnung des HbA1c-Wertes in „mean blood glucose“
Harmonisierungsbestreben von verschiedenen Organisationen
Es gibt zwischen den verschiedenen Organisationen einen Dialog:
Die IFCC-Werte– Könnten zu unzureichender Behandlung führen
(e.g. Hanas R., Diabetes care 2002)
– Wesentliche Studien wurden nicht mit der Referenzmethode durchgeführt
…die Referenzmethode ist Fortschritt, aber...
Problem: Referenzmaterial
• Aufwendige Herstellung– mehrere
Aufbereitungsschritte
– komplexe Qualitätskontrolle
• sonst nicht generell für verschiedene Methoden geeignet
Literatur: Finke Clin Chem Lab Med 1998
Rückführbarkeit auf Referenzmethode/Referenzmaterial
• Durch eine Standardisierung werden negative Einflüsse nicht eliminiert
(Hb-Varianten, unspezifische Veränderungen z.B. Carbamylierung, weitere Glykierungsprodukte)
• Werte werden nur heruntergerechnet.
• Bessere Vergleichbarkeit so nur bedingt erreichbar.
Persistierende Probleme bei Standardisierung
• Interlabor-Präzision 2%• Dokumentiert (Weycamp, Clin Chem 2008):
Präzision innerhalb eines Netzwerks <0,9% möglich
• RiLiBÄK bis 2010: 6% Unpräzision, 8% Unrichtigkeit
Forderungen
Gegebenheiten
• Zusammenfassung
Plan
Zusammenfassung
• Es gibt eine Referenzmethode– aufwändig– verändert die Werte– Routinemässig nicht anwendbar
• Standardisierung unter freiwilligen Bedingungen weltweit ist schwierig
Perspektive
• Was setzt sich durch?– Von der analytischen Seite ist zu fordern, den
Analyten so spezifisch und standardisiert wie möglich zu messen.
– Von klinischer Seite sowenig wie möglich ändern
– Praktische Empfehlung: bislang weiter möglichst im selben Labor messen
Danke für die Aufmerksamkeit
Standardisierung ist Sisiphosarbeit