Post on 18-Oct-2020
transcript
Mehr bezahlbarer Wohnraum
durch mehr Markt – genial
oder irreal? Zum Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für
Wirtschaft und Energie „Soziale Wohnungspolitik“
Prof. Dr. Carsten Kühl
Deutsches Institut für Urbanistik
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Diagnose
• Starker Anstieg der Kosten des Wohnens
• Mietwohnungen
• Eigenheime
• Regional unterschiedlich
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Therapie
• Deregulierung: Mietrecht (erlössteigernd)
• Steuersenkung: Grunderwerbsteuer, degressive Abschreibung
(kostensenkend)
• Privatisierung: Ausstieg sozialer Wohnungsbau (ordnungspolitisch)
• Subjektförderung: Wohngeld (kaufkraftsteigernd)
> klassischer Ansatz Supply-Side-Economies
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(erhoffte) Wirkung
N
Miete
Wohnungen W0
M0
A
5
(erhoffte) Wirkung
N
Miete
Wohnungen W0
M0
A
N1
W1
M1
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Genauere Analyse der Mietsteigerungen
auf dem Wohnungsmarkt
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Entwicklung des Mietpreisindex für Deutschland
in den Jahren 1995–2017
80
85
90
95
100
105
110
115
Mie
tindex (
2010 =
Index 1
00)
Quelle: Statistisches Bundesamt, Verbraucherpreisindizes für Deutschland Jahresbericht 2017.
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1. Verbraucherpreisindex für Deutschland
1.1. Gliederung nach dem Verwendungszweck
Jahr/Monat
Verbraucher-
preisindex
insgesamt
Nahrungs-
mittel und
alkoholfreie
Getränke
Alkoholische
Getränke und
Tabakwaren
Bekleidung
und Schuhe
Wohnung,
Wasser,
Strom, Gas u.a.
Brennstoffe
Möbel, Leuchten,
Geräte u.a. Haus-
haltszubehör
SEA-VPI-Nr. 01 02 03 04 05
Gewichtung in % 1000 102,71 37,59 44,93 317,29 49,78
2010-100
2015 JD 106,9 112,3 113,4 106,3 108,0 103,2
2016 JD 107,4 113,2 116,0 107,0 107,9 103,8
2017 JD 109,3 116,4 118,9 108,5 109,6 104,1
2018 JD
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Städte mit den höchsten Mietpreisen für
Wohnungen in Deutschland im 2. Quartal 2018
11,74
11,83
11,92
11,94
11,96
11,97
12,04
13,77
14,03
17,66
0 2,5 5 7,5 10 12,5 15 17,5 20
Darmstadt
Wiesbaden
Mainz
Freiburg
Hamburg
Berlin
Ingolstadt
Stuttgart
Frankfurt am Main
München
Mietpreis in Euro pro m²
Quelle: Statistisches Bundesamt.
https://de.statista.com/infografik/11157/die-steigenden-mieten-in-deutschen-grossstaedten/
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Städte mit den höchsten Quadratmeterpreisen für Eigen-
tumswohnungen im Vergleich der Jahre 2010 und 2017
2.659
2.890
3.126
3.062
3.258
2.798
4.290
3.034
3.070
4.619
4.547
4.602
4.611
4.616
4.661
4.872
5.005
5.110
5.389
7.484
0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 7.000 8.000 9.000
Berlin
Erlangen
Rosenheim
Regensburg
Hamburg
Ingolstadt
Freiburg i.Br.
Frankfurt a.M.
Stuttgart
München
Kaufpreis pro Quadratmeter
2017
2012
Quelle: Statistisches Bundesamt.
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Mietbelastungsquote
• 77 große deutsche Städte
• Prozentanteil, den Haushalte im Mittel (=Median) von ihrem
Nettoeinkommen für ihre Bruttokaltmiete aufbringen müssen:
26,8 % (Bonn: 30,3 %)
• Anteil der Haushalte, die mindestens 30 % ihres Nettoeinkommens für
die Bruttokaltmiete aufwenden müssen: 40,0 % (Bremen: 47,5 %)
• Anteil der Haushalte, die mindestens 40 % ihres Nettoeinkommens für
die Bruttokaltmiete aufwenden müssen: 18,7 % (Neuss: 25,8 %)
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Wohnkostenlast und Einkommensverteilung
• Anteil des Nettoeinkommens, den Haushalte für die Unterkunft
ausgeben
Ergebnis:
„Für das untere Fünftel der Einkommensbezieher ist die
Wohnkostenlast zwischen 1993 und 2013 von 27 Prozent auf 39
Prozent gestiegen, während sie für das obere Fünftel der Verdiener
gefallen ist: Sie müssen statt 16 Prozent nur noch 14 Prozent ihres
Nettoeinkommens zur Deckung des Wohnbedarfs ausgeben.“
Quelle: FAZ vom 22.10.2018
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(zu erwartende) Wirkung
N
Miete
Wohnungen W0
M0
A
A1
W2
M2
N1
W1
M1
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(zu erwartende) Wirkung
• Wirksamkeit der Wohngeldlösung ist in überhitzten Märkten deutlich
eingeschränkt
• Den Vermietern gelingt es relativ gut, die zusätzliche Kaufkraft in die
Mieten zu überwälzen (Subvention vs Sozialtransfer)
• In überhitzten Märkten sind Mietsteigerungen nicht nur ein Problem für
Wohngeldempfänger
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Welche Kostenkomponenten haben einen
besonders starken Einfluss auf die Höhe
der Wohnkosten?
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Baukostenindizes für Wohngebäude
ohne Umsatzsteuer
Preisindex
2010 = 100
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Preisindex für Bauland
1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal
Index 104,60 102,10 102,50 102,00
2011
1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal
Index 104,40 104,80 107,00 108,10
2012
1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal
Index 111,90 112,40 113,50 112,4r
2013
1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal
Index 116,3p 118,7p 121,4p 122,1p
2014
1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal
Index 124,0p 127,7p 130,4p 130,2p
2015
1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal
Index 129,6p 128,8p 134,1p 135,6p
2016
1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal
Index 143,6p 145,6p 154,5p 156,4p
2017
Quelle: Statistisches Bundesamt.
Preisindex
2010 = 100
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Fazit
Korrigierende dirigistische Eingriffe in den Marktprozess sind
auch ordnungspolitisch geboten, weil Wohnen den Charakter
eines meritorischen Gutes hat und das Marktergebnis zu
unerwünschten verteilungspolitischen Ergebnissen führen
kann.
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Fazit
Die soziale Wohnraumförderung alleine reicht in überhitzten
Märkten nicht aus, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen,
weder für die Bezieher von Wohngeld noch für diejenigen,
die einen immer höheren Anteil ihres Einkommens für
Wohnen aufbringen müssen.
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Fazit
Preisregulierungen (sog. Mietpreisbremse) sind ein temporär
und regional geeignetes Instrument, um in überhitzten
Märkten Mietpreisexplosionen einzudämmen, wenn sie für
den Mieter transparent ausgestaltet sind und für den
Vermieter nicht zu Substanzverlusten führen.
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Fazit
Die soziale Wohnraumförderung und kommunale
Wohnungsunternehmen tragen zur Stabilität der
Wohnungsmärkte bei, wenn sie professionell geführt werden,
wenn Segregation vermieden wird und Fehlbelegungen
durch eine moderate Abgabe sanktioniert werden.
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Fazit
Boden führt zur Verknappung und zur Verteuerung des
Wohnungsangebotes. Deshalb sollten verschiedene
Maßnahmen zur Baulandentwicklung ergriffen werden.
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