Post on 14-Mar-2016
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g a n z persönlich
Bärenumarmung
Kinder lieben Gutenachtgeschichten. (Und ich auch!) Vor Kurzem las ich von einem Vater, der sei-nen Kindern jeden Abend die Geschichte von den drei Bären erzählte, die auszogen, um die Welt zu entdecken.
‚Das ist wirklich unsinnig‘, dachte er schließlich, ‚warum nehme ich die Geschichte nicht auf Kasset-te auf und spiele sie den Kindern vor?‘ Gesagt, getan. Dann setzte er sich ins Wohnzimmer und las die Zei-tung.
Doch als die Geschichte zu Ende war, rannte sein jüngster Sohn nach unten und kletterte auf den Schoß seines Vaters.
Erstaunt fragte dieser: „Was ist los, mein Schatz? Hast du denn nicht die Kassette gehört? War das nicht meine Stimme?“
„Ja“, sagte der Junge, „aber sie hat mich nicht in den Arm genom-men!“ Seit jenem Abend hat es der Vater nie mehr versäumt, das Bärenabenteuer selbst zu erzählen.
Diese Geschichte erinnert mich an Gottes Liebe zu uns. Zu Weih-nachten sandte der Vater im Him-mel seinen einzigen Sohn auf die Erde, um seine Kinder in den Arm zu nehmen. Gottes Plan war es, in die Welt zu kommen, indem er in die Herzen kam. Das ist das Wunder von Weihnachten.
Denn er schuf uns, um Gemeinschaft mit uns zu haben. Wie viel Freude machte es ihm, jeden Tag mit Adam und Eva spazieren zu gehen! Doch als er eines Abends den Garten betrat, vermisste er zwei Menschen und eine Frucht. Die einst reine Luft hing drückend schwer unter der Last des Schweigens und der Scham.
Doch er sorgte bereits für die Erlösung seiner gelieb-ten Menschen und sagte zur Schlange: „Von nun an setze ich Feindschaft zwischen dir und der Frau und deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen. Er wird dir den Kopf zertreten und du wirst ihn in seine Ferse beißen“ (1. Mose 3,15).
Diese sonderbare Geburtsankündigung war Gottes Art zu sagen, dass Eden allein nicht mehr genug war. Eden brauchte Bethlehem. So gesehen, begann Weih-
nachten im Garten Eden, und zwar mit einer Verhei-ßung. Die Erfüllung der Verheißung geschah in Beth-lehem, mit Stroh und Stall als Kulisse.
An Weihnachten denken wir an das Baby in der Krippe. Aber schnell vergessen wir, warum dieses Baby überhaupt kommen musste. Babys sind ent-waffnend. Babys wärmen unser Herz und inspirieren uns. Babys geben uns Hoffnung. Doch Gottes Baby kam, um zu tun, was alle anderen Babys nicht konn-ten: Es kam, um die Kluft zu schließen, die zwischen Gott und Mensch entstanden war. Adams und Evas Ungehorsam bewirkte eine entsetzliche Kluft, wel-che die enge Gemeinschaft auseinanderriss, die Gott mit seinen Geschöpfen hatte. Es gab nur einen ein-
zigen Weg, um den Abgrund zu überbrücken: Gott selbst. Nur am Kreuz konnte er seine Beziehung zu uns wiederherstellen. Das war sein Geschenk. Er kam, um uns die Liebe des Vaters zu zeigen. Um uns das Leben in Fülle zu geben. Er kam, um seinen Arm um unsere Schultern zu legen.
In dieser Ausgabe lesen Sie viele „Umarmungsgeschichten“ – wie die von Miroslav, mit dem ich auf-gewachsen bin. Er erzählt, wie er und seine Frau auf den großen Tag gewartet haben, bis sie ihr kleines
Adoptivbaby in den Arm schließen durften und ihm versprachen: „Wir werden für dich da sein“ (S. 30 ff.). Oder die Geschichte von Ursula Link, die die Kraft hatte, ihre Hand zu dem Mörder ihrer Tochter aus-zustrecken und dadurch die Kluft zwischen ihm und dem Vater im Himmel schließen konnte (S. 68 ff.).
Ich hoffe, diese Ausgabe wird Sie ermutigen und Ihnen zeigen, dass in der Weihnachtszeit jede Umar-mung wichtig ist. Wen werden Sie dieses Weihnach-ten umarmen?
Mit einer großen Bärenumarmung,Ihre
Elisabeth Mittelstädt
Gottes Plan war es,
in die welt zu
kommen, um unsere
Herzen zu umarmen.
Das ist das wunder
von weihnachten.
Maria
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A R t I K e l
Patricia Kellytitelfoto: thomas Stachelhaus
www. lyd ia .net
Endlich zu Hause
Interview – Seite 6
6 Endlich zu Hause! Interview mit Patricia Kelly –ElisabethMittelstädt
12 Jerusalem, Jerusalem! –VesnaBühler
14 Begegnung mit Maria – WiliamFrancis
16 Amy Grant: Irgendwo auf dem Weg
20 Das Schweigen der Einsamen Wenn die Seele nach Herzensgemeinschaft schreit – InesEmptmeyer
22 Das erste Fest ohne dich Auch wenn dein Stuhl leer ist – du hast einen Platz in meinem Herzen
BrittaLaubvogel
24 Bethlehem im Licht von Golgatha Dr.DavidJeremiah
30 Selbstlose Liebe Lange Zeit verstand ich nicht, warum eine Mutter ihr Baby zur Adoption freigeben würde ... – Dr.MiroslavVolf
34 „Papa, rück die Kohle raus!“ Unsere Kinder und das liebe Geld – Dr.StephanHolthaus
38 Vom Glück zu geben –CorneliaMack
40 Warten auf Weihnachten Was wünschen Kinder sich wirklich? – EvaBreunig
44 Meine (perfekte) Patchworkfamilie – MarionKlug
50 Depression: Winter der Seele – IngridLawrenz,BirgitDoussier,CarolynStonehacker,K.Höfert,
ElkeHöffle
56 In der Grauzone Können Sie unterscheiden, was christlich ist und was nicht? – RuthvanReken
62 Wie kann ich meine Eltern betreuen, ohne dass meine Ehe darunter leidet? – MarthaSparks
66 Gemeinsam durchhalten Wie ich meinen Mann bei der Arbeitssuche unterstützte – SandraBrezoianu
I N H A L TAmy GrantDie erfolgreichste christliche Popsängerin wird 50
„Irgendwo auf dem weg“
Seite 16
Babys riechen gut!“Sängerin Florence Joy erzählt von ihrem ersten Baby Seite 28
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R U B R I K e N
Meine (perfekte) PatchworkfamilieSeite 44
I N H A L T 3 Ganz persönlich Bärenumarmung ElisabethMittelstädt
10 Im Blickpunkt Bücher und CDs
18 Nachgefragt Weihnachten für Singles – AnnemariePfeifer
28 Girl Talk „Babys riechen gut!“ – FlorenceJoy
36 Meine Meinung Wie bringen Sie Ihrem Kind einen guten Umgang mit Geld bei?
42 Schmunzeln mit LYDIA
48 Unter uns Müttern Du hast uns gerade noch gefehlt! – SaskiaBarthelmeß
59 Liebe Leser
61 LYDIA kreativ –ImkeJohannson
68 Meine Geschichte Der Mörder meiner Toch-ter – UrsulaLink
72 Heilige heute Unser schwarzer Engel HelenLescheid • Reif für die (Advents-) Insel?Simo-neKathrinWollmann • Ein Erlebnis aus der KriegszeitIrmaBathelt
76 Für Sie notiert
80 Briefe an LYDIA
81 Impressum
81 Sag mal, ... Fragen an Rahab
82 Nachgedacht Vom beschädigten Jesuskind AndreaSchneider
84 Zu guter Letzt Lieben –AmyCarmichael
BethlehemDen Sinn von weihnachten genauer
entdecken: was bedeuten die
verschiedenen Symbole?
Seite 24
Das erste Fest ohne dichAuch wenn dein Stuhl leer ist – du hast
einen Platz in meinem Herzen
Seite 22
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In Rom verlor Patricias Familie alles – bis auf ihre Instrumente. So blieb
Vater, Mutter und zehn Kindern nichts anderes übrig, als mit Straßenmu-
sik Geld zu verdienen. Das Sprungbrett für eine zweieinhalbjährige Euro-
patour und einen legendären Erfolg: als Kelly Family!
Seitdem gelang Patricia als Sängerin, Songschreiberin und Bandmana-
gerin nahezu alles, was man sich wünschen kann. Weltweit gaben die Kel-
lys Konzerte, füllten zahllose Fußballstadien, hatten in Wien vor einem
Publikum von 250.000 Menschen ihren größten Live-Auftritt, verkauften
16 Millionen Platten und erhielten 48 Gold- und Platin-Auszeichnungen.
In Rom war Patricia damals sechs Jahre alt. Mit 30 wäre sie beinahe
Nonne geworden. Heute ist sie Mutter von zwei Kindern und glücklich
verheiratet. Doch Patricia erlebte auch schwere Zeiten. Lesen Sie, wie ein
Unglück eine Lebenswende bewirkte und ihr half, ein Zuhause zu finden.
Endlichzu Hause!
Interview mit Patricia Kelly
Die bewegende Reise der legendären Kelly Family
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Patricia, Sie kommen aus Spanien, haben in Irland gelebt und sprechen wunderbar Deutsch – woher kommen Sie denn nun wirklich?
Ich bin in Spanien geboren. Meine Eltern sind irischer Abstammung und kamen 1964 aus Amerika in ein kleines spanisches Dorf. Später haben wir in verschiedenen Ländern gelebt, zum Beispiel in Frankreich, Holland, Irland und in den USA. Auch in Deutsch-land habe ich bestimmt zehn Jahre gelebt. Mein Urgroßvater kam als siebenjähriger Junge aus Irland nach Amerika, mit einer Geige unterm Arm.
also war die Musik schon immer ein Teil Ihrer Familie?
Oh ja! Mein Vater liebte die Musik über alles, auch wenn er keinen Takt halten konnte! (lacht) Deshalb haben wir Kinder alle Unterricht bekommen und ein Instru-ment gespielt. Irgendwann lud ein Freund uns ein, bei einer Hochzeit zu spielen, und da waren die Leute so begeistert, dass wir immer wieder eingeladen wurden. Wir hat-ten nie geplant, Profis zu werden. Die Musik war einfach als Freude für zu Hause gedacht.
Wir gründeten eine kleine Band und wur-den immer öfter eingeladen: zu Geburtsta-gen und Hochzeiten, dann Stadtfeste … Es wurde immer mehr! Schließlich hat mein Vater gesagt: „Ich kann nicht mit euch
gekauft. Wir haben auch sieben Jahre auf einem Wohnschiff von 1929 gelebt! Das war in Amsterdam und wir haben es restau-riert. Ich hatte eine eigene kleine Kajüte, ein Traum! Ja, wir haben einiges erlebt. Walt Disney wollte sogar einen Film von uns machen, aber mein Vater hat das abgelehnt.
Ich bin unendlich dankbar für meine Eltern. Ich habe erfahren dürfen, was es heißt, geliebt zu sein. Zu Hause war ich geborgen und hatte eine sehr glückliche Kindheit. Heute weiß ich das zu schätzen, weil ich viel um mich sehe, was heute in der Gesellschaft passiert.
Haben Sie eine besondere Kindheitserin-nerung?
Ich hatte immer eine große Liebe für Gott. An ein Erlebnis erinnere ich mich noch sehr genau. Wir hatten gerade ein Haus gekauft. In einer Ecke fand ich als Siebenjährige ein Herz-Jesu-Bild. In der Mitte ist das Herz mit den Dornen, und aus dem Herzen kommen Flammen. Ich war so tief gerührt, dass ich weinen muss-te. Ich wollte die Dornen aus dem Herzen rausnehmen. Ich dachte: Der arme Jesus, das tut ihm weh! Ich bin zu meiner Mutter gelaufen und habe sie gefragt, ob ich das Bild behalten dürfe. Sie hat gesagt, ja. Über die Jahre hat mich dieses Bild überallhin begleitet.
jedes Wochenende irgendwo hinfahren und ganz normal weiterarbeiten. Das ist zu viel! Was sollen wir tun???“ Wir Kinder haben geantwortet: „Wir wollen Musik machen!“ Daraufhin hat mein Vater seinen Beruf als erfolgreicher Antiquitätenhändler aufgege-ben, den er sehr, sehr liebte. „Okay“, meinte er, „wir wagen den Sprung!“
ab dann standen Sie auf der Bühne?Zuerst durften wir jüngeren Geschwister
nicht mit. Aber ich wollte immer mit und habe jedes Mal gebettelt und geweint. Eines Tages, ich war vielleicht fünf oder sechs, hat
mein Vater gesagt, um mich loszuwerden: „Patricia, wenn du in zwei Wochen alle Songs lernst, Text und Musik, dann darfst du mitkommen.“ „Okay!“, meinte ich und habe alles mit meiner Schwester gelernt. Mein Vater konnte es gar nicht fassen! Aber er hielt Wort und ich durfte mit.
Ihre Eltern waren sehr mutig!Ja, dass sie sich das getraut haben! Meine
Eltern waren beide pilgerhaft, immer auf der Suche. Meine Mutter ist für mich eine Hel-din. Mit zehn Kindern im VW-Bus durch Europa! Anfangs wohnten wir wirklich im Doppeldeckerbus, und sie hat uns alle unter-richtet. Als wir dann mehr Erfolg hatten mit der Musik, haben wir ein Haus in Spanien
Endlich zu Hause
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Begegnung mit Maria William Francis
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‚Wer klopft um diese Zeit noch an die Tür?‘, fragte ich mich etwas ungeduldig. Es war
spät am Heiligabend 1975. Ich hatte nicht vorgehabt, noch lange im Gemeindehaus zu
bleiben, doch das Geld aus der Sammelbüchse musste im Safe eingeschlossen werden
und ich wollte noch einen letzten Kontrollgang übers Gelände machen, bevor ich nach
Hause zu meiner Familie ging. Ich hätte schon zu Hause im Bett sein sollen, doch das
beharrliche Klopfen drohte meine Pläne umzuwerfen.
Meine Frau und ich leiteten eine Heilsarmeegemeinde in den USA. Die Wochen vor Weihnachten waren turbulent
gewesen, und wir waren beide erschöpft. Wir brachten unsere dreijährige Tochter und unseren siebenjährigen Sohn zu Bett, und sobald sie schliefen, steckte meine Frau noch ein paar letzte Kerzen an den Baum, während ich das Spielzeug aufbaute, das wir für die Kinder gekauft hatten.
Als alle Geschenke eingepackt und die Vorbereitungen abgeschlossen waren, ging ich noch einmal zurück ins Gemeindehaus.
Es war eine bitterkalte Nacht mit leichtem Schneefall, ein Weihnachtsabend wie im Bilderbuch. Und dann klopfte es ...
Widerhall der ersten WeihnachtAls ich die Tür öffnete, stand dort eine
in Lumpen gekleidete Frau. „Es ist Heiliga-bend und ich weiß nicht, wo ich die Nacht verbringen kann“, sagte sie. Die Frau war offensichtlich in Not. Sie lebte auf der Stra-ße, war zwischen 35 und 45 Jahre alt und trug abgelegte Kleidung sowie einen Schal eng um den Kopf gewickelt, um sich in dieser Nacht irgendwie warmzuhalten. Zerzaustes
schwarzes Haar fiel auf ihre Schultern.Doch was mir an der Frau, die da vor mir
stand, besonders auffiel, waren ihre sympa-thischen Augen. Obwohl sich das Trauma ihres Lebens deutlich auf ihrem Gesicht widerspiegelte, lag ein gewisses Leuchten in den noch immer jugendlichen Augen.
Ich bat sie hereinzukommen und stellte mich vor. „Ich heiße Maria“, sagte sie. Ich war sprachlos. Vor zweitausend Jahren war eine andere Maria am Heiligabend allein gewesen. Zwar hatte die biblische Maria ihren Mann Josef bei sich, aber sie waren beide allein in der Kälte und hatten keinen Ort, wohin sie gehen konnten. Und nun stand diese Maria vor meiner Tür und bat um Hilfe. Wie hätte ich Nein sagen können?
Unvergessliche ErinnerungenIch ließ sie an meinem Schreibtisch Platz
nehmen und schenkte ihr eine Tasse heißen Tee ein. Zwischen den Schlucken erzähl-te Maria von ihrem Leben. Sie hatte keine Arbeit, kein Zuhause und keine Familie, aber sie hatte all diese Dinge einmal gehabt.
D i e n e n
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