Post on 26-Aug-2019
transcript
Leitliniengerechte Therapie und gesundeErnährung –
wie kann dies bei Typ-2-Diabetes aussehen?
Prof. Dr. med. Rüdiger Landgraf
4. Patiententag Diabetes 2016München, 17.09.2016
Diabetes ist nicht Diabetes!Die häufigsten Diabetes-Typen
Klassischer Typ-1-Diabetes absoluterInsulinmangel (ca. 0,4% der Bevölkerung) –Zunahme 5% pro Jahr
Typ-2-Diabetes relativer bis absoluterInsulinmangel + Insulinresistenz(ca. 10% der Bevölkerung)– Zunahme ca. 300.000 Patienten pro Jahr
--
Schwangerschaftsdiabetesschwangerschaftsbedingte (meist)vorübergehende Insulinunempfindlichkeit +relativer Insulinmangel (ca. 5% allerSchwangeren)– Zunahme durch z.B. Adipositas,Bewegungsmangel etc
Sonstige Typen/Formen
Mod. nach Tamayo T et al. Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 77–82
Alter in Jahren
Präv
alen
z, %
Frauen
FrauenMänner
Männer
Vorkommen des Diabetes 20108,5% – 12,3%
abhängig vom Bundesland
Vorkommen und Entwicklung von Diabetes in Deutschland65 Millionen Versichertendaten der GKV: 2009 und 2010
Tamayo T et al. Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 177–82.
Menschen mit nicht erkanntem Diabetes:2 – 8% in der Bevölkerung
Typ-2-Diabetes in unserer Gesellschaft- Die großen Irrtümer -
• Dieser Diabetes-Typ ist eigentlich keine schwere Erkrankung• Verharmlosung der Krankheit (Gesellschaft, Arzt, Patient)
• Wenn diabetische Komplikationen auftreten, hat das nichtsmit Diabetes zu tun (z.B. Herzinfarkt)
• Diabetes ist eine selbstverschuldete Erkrankung• Menschen mit Diabetes sind häufiger krank• Berufsauswahl stark begrenzt• Leistungsfähigkeit im Beruf deutlich geringer
Diskriminierung der Menschen mit DiabetesStigmatisierung
Mögliche Folgen des Diabetes mellitus
Mikrovaskulär
GehirnChronisches, hirnorganischesPsychosyndrom [HOPS]
Augen:Häufigste Erblindungsursache derBevölkerung im erwerbstätigen Alter
Nieren:Hauptursache der terminalenNiereninsuffizienz
Nerven:NervenfunktionsstörungemnCa. 50% aller Diabetiker
MakrovaskulärGehirn:Schlaganfall2-4-fach erhöhtes Risiko
Herz:Herzerkrankungen/Herztod2-6-fach erhöhtes Risiko
PeriphereArterien:Durchblutungsstörungen3-5x mal häufiger
Diabetisches Fuss-SyndromHauptursache nicht-traumatischer Amputationen
der unteren Extremitäten5-10% aller Diabetiker
Bindegewebe- undGelenkerkrankungenHände und Füße
Mundgesundheit
Diabetes hat weitreichende Auswirkungenauf das Leben von Menschen mit Diabetes
Diabetes hat weitreichende Auswirkungenauf das Leben der Angehörigen
DAWN2™ Deutschland – StudieKulzer B, Landgraf R et al. Diabetologe
2015;11:211–218
„Diabetes F“
Prognose von Menschen mit Diabetes -Komplikationen (Morbidität) und Sterblichkeit (Mortalität)
Kardiovaskuläre Erkrankungen und Sterblichkeit:Verlorene Jahre!
The Emerging Risk Factors Collaboration. JAMA. 2015;314(1):52-60
Verlu
st a
n Le
bens
jahr
en
Verlu
st a
n Le
bens
jahr
en
Alter, Jahre Alter, Jahre
Männer Frauen
Behandlung des Typ-2-Diabetes
Allgemeine Behandlungs- und BetreuungszieleNationale Versorgungs-Leitlinie 2016
Orientierungsgrößen der TherapiezieleLandgraf R et al: Diabetologie und Stoffwechsel 2016, im Druck
EASD/ADA Consensus 2016
Übersterblichkeit von Menschen mit Typ-2-Diabetes inSchweden
Tancredi M et al. N Engl J Med 2015;373:1720-32
Compliance• Arzt zentriert• Arzt dominiert• Informations-Diktat• Patient passiv• Zwang, Überreden
Adhärenz• Patienten zentriert• Zusammenarbeit zwischen
Patient/Betreuer undDiabetesteam
• Austausch vonInformationen
• Aktive Einbindung desPatienten/sozialen Umfelds
• Diskussion undVerhandlung
Medikations-Adhärenz ist eine Partnerschaft-Medikations-Compliance nicht!Gould E, Mitty E. Geriatr Nurs. 2010;31(4):290–98
Medikamenten-Adhärenz:
20-60% nach einemJahr
Typ-2-DiabetesPraxisempfehlungen DDG
Landgraf R et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2016, im Druck undNationale Versorgungs-Leitlinie Therapie Typ-2-Diabetes: www.versorgungsleitlinien.de
Praxisempfehlungen DDGLandgraf R et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2016, in press und
Nationale Versorgungs-Leitlinie: www.versorgungsleitlinien.de
Gefahr von Unterzuckerungen:Sulfonylharnstoffe und Insuline
Effekte der Antidiabetika auf dasKörpergewicht
Gewichtsabnahme
Metformin
Glitazone
1-3 kg
Gewichtszunahme
Glinid
-Glukosidase-Inhibitor
2-4 kg Sulfonylharnstoffe
4-6 kg
4- 10 kg Insulin/Detemir
DPP-4-Inhibitor
GLP-1- RA2 - 4 kg
2 - 4 kg
SGLT2-Inhibitor2 kg
Praxisempfehlungen DDGLandgraf R et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2016, in press und
Nationale Versorgungs-Leitlinie: www.versorgungsleitlinien.de
Praxisempfehlungen DDGLandgraf R et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2016, in press und
Nationale Versorgungs-Leitlinie: www.versorgungsleitlinien.de
Erste Er
• Schulung• Ernährungstherapie• Steigerung der körperlichen Aktivität• Raucher-Entwöhnung• Stressbewältigung
Schutzfaktoren zur Vermeidung oderdeutlichen Verbesserung der Prognose eines
Typ-2-Diabetes
1. Mehr Bewegung2. Schlanke Taille3. Weniger energiereiche Nahrung4. Softdrink-Stopp5. Alkoholgenuss reduzieren6. Guter Schlaf7. Nikotin-Stopp8. Entspannte Blutgefäße
Ernährung: Nationale Versorgungs-Leitlinie
• Eine generelle Empfehlung zu einer kohlenhydratarmen Kostbei Menschen mit Typ-2-Diabetes ist wissenschaftlich nichtbegründet. Je nach Therapie gilt es, die Kohlenhydratmengeund die Art der Kohlenhydrate anzupassen.
• Die Kostform soll immer individuell und anhand derzusätzlichen vaskulären Risikofaktoren und der Verträglichkeitder Zusammensetzung der Nahrung des Patienten entschiedenwerden.
• Bestandteil einer gesunden Ernährung bei Menschen mit Typ-2-Diabetes sind Kohlenhydrate aus Gemüse, Hülsenfrüchten,frischem Obst, Vollkorngetreideprodukten und fettarmer Milchwichtiger
Ernährung: Nationale Versorgungs-Leitlinie
Ernährung: Nationale Versorgungs-Leitlinie
Glykämischer Index
Hoch
• Die Gesamtkalorienzufuhr ist der wichtigste Prädiktor für dasKörpergewicht.
• Eine Niedrig-Kohlenhydrat-Diät (≤45% der Gesamtkalorien) hatkeinen Vorteil gegenüber einer höheren Kohlenhydratzufuhr inBezug auf viele Stoffwechselparameter einschließlich derBlutglukose und des Körpergewichts.
• Extrem Niedrig-Kohlenhydrat-Kostformen (130-160 g KH proTag) werden von den Menschen nur kurzfristig toleriert. Sieändern dann auf höhere Kohlenhydrat-Kostformen.
• Die unterschiedliche Qualität der Studien und Meta-Analysenerklären die inkonsistenten Aussagen früherer Meta-Analysen.
Kritische Übersicht über eine Kohlenhydrat-arme Diät beiTyp-2-Diabetes.
van Wyk HJ,, Davis RE, Davies JS. Diabet. Med 2016;33: 148–157
• Niedrig-Kohlenhydrat-Diäten führen zu einem größerenGewichtsverlust als Niedrig-Fett-Diäten:
-1,15 kg [0,52 bis 1,79]• Niedrig-Fett-Diäten führen zu keinem Unterschied in der
Gewichtsveränderung im Vergleich zu Hoch-Fett-Diäten:- 0,36 kg [–0,66 bis1,37],
• Niedrig-Fett-Diäten führten zu einem größerenGewichtsverlust als gewöhnliche Diäten:
- 5,41 kg [–7,29 bis –3,54]
Effekte von Niedrig-Fett-Diäten im Vergleich zu anderen Kostformenauf die langfristigen Gewichtsveränderung.Systematischer Review und Meta-analyse
Deirdre K Tobias KD et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2015;3: 968–79
Auswirkungen einer Mittelmeer-Diät ohneFettrestriktion auf wichtige klinische Endpunkte
Systematic Review and Meta-analysisBloomfield HE et al. Ann Intern Med. doi:10.7326/M16-0361
Mittelmeer-Diät:7 Komponenten• Hoher Anteil ungesättigter zu gesättigten Fettsäuren (z.B.
viel Olivenöl)• Viel Früchte und Gemüse• Viel Hülsenfrüchte, Korn und Getreide• Mäßiger Rotweinkonsum• Mäßiger Genuss von Milchprodukten• Geringer Verzehr von Fleisch (rotem!) und Fleischprodukten• Größerer Verzehr von Fisch
Auswirkungen einer Mittelmeer-Diät ohne Fettrestriktionauf klinische Endpunkte: PREDIMED-Studie
Systematic Review and Meta-analysisBloomfield HE et al. Ann Intern Med. 2016 doi:10.7326/M16-0361
• n=7447 Teilnehmer an einer Mittelmeer-Diät mitzusätzlich Extra-Virgin Olivenöl oder Nüssen
• Kontrollgruppe mit einer Diät mit niedrigemFettanteil
• Mittlere Beobachtung 4,8 Jahre
Diese RCT zeigte über einen Beobachtungszeitraum von fast 5 Jahren ineiner Gruppe (n=7447) von meist älteren Menschen (55-80 Jahren), dasseine Pflanzen-basierte, nicht Kalorien-restriktive, fettreiche Diät (>40%)(=klassische mediterrane Kost) nicht zu einer Zunahme vonGewicht und Taillenumfang führt, aber:
Auswirkungen aeiner Mittelmeer-Diät ohne Fettrestriktionauf klinische Endpunkte: PREDIMED-Studie
Systematic Review and Meta-analysisBloomfield HE et al. Ann Intern Med. doi:10.7326/M16-0361
Reduktion:• Große kardiovaskulärer Ereignisse um 29%
(HR, 0.71 [95% CI, 0.56 to 0.90])• Brustkrebs um 57%
(HR, 0.43 [CI, 0.21 to 0.88])• Diabets Risiko um 30%
(HR, 0.70 [CI, 0.54 to 0.92])• Die Gesamtmortalität wurde nicht beeinflußt.
Ernährungsempfehlungen zur Behandlung desDiabetes mellitus – Empfehlungen zur Proteinzufuhr. 2016
• Für Menschen mit Diabetes mellitus und einer GFR über 60 ml/mingibt es auf Basis einer Studie keine Hinweise auf eineVerschlechterung der Stoffwechselkontrolle bei dauerhafter Zufuhrvon 15 – 21 % Protein der täglichen Energiezufuhr, dies entsprichteiner oberen Grenze von 1,2 g/kg KG; für Frauen und 1,3 g/kg KGfür Männer.
• Die Proteinaufnahme sollte bei diabetischer Nephropathie umcirca 0,8 g/kg KG pro Tag liegen.
• In Kombination mit einer Energierestriktion kann eine kurz- bismittelfristige moderate Senkung des HbA1c Wertes bei Menschenmit Diabetes mellitus durch einen erhöhten Proteinanteil erreichtwerden.
• Es gibt Hinweise, dass eine Ernährung mit vorwiegend pflanzlichenProteinen anstatt tierischer Proteine den Cholesterinspiegel beiMenschen mit Diabetes mellitus günstig beeinflussen kann.
Schutzfaktoren zur Vermeidung oderdeutlichen Verbesserung der Prognose eines
Typ-2-Diabetes
1. Mehr Bewegung2. Schlanke Taille3. Weniger energiereiche Nahrung4. Softdrink-Stopp5. Alkoholgenuss reduzieren6. Guter Schlaf7. Nikotin-Stopp8. Entspannte Blutgefäße
Schutzfaktoren zur Vermeidung oderdeutlichen Verbesserung der Prognose eines
Typ-2-Diabetes
1. Mehr Bewegung2. Schlanke Taille3. Weniger energiereiche Nahrung
Softdrink-StoppAlkoholgenuss reduzieren
4. Guter Schlaf5. Nikotin-Stopp6. Entspannte Blutgefäße
Foodwatch Studie 2016
Foodwatch Studie 2016
Getränk (ca. 200 ml) Würfelzucker______________________________________Eistee bis 15Smoothies (Ganzfruchtgetränke) 9Orangensaft 8Bier 2__________________________________________
„Gesunde“ Getränke3g Zucker=12 Kcal
Der gesündeste Durstlöscher ist frisches Wasser!!
Schutzfaktoren zur Vermeidung einesDiabetes
1. Schlanke Taille2. Mehr Bewegung3. Weniger energiereiche Nahrung4. Softdrink-Stopp5. Alkoholgenuss reduzieren6. Guter Schlaf7. Nikotin-Stopp8. Entspannte Blutgefäße
Relationsship between alcohol consumption andvascuar complications and mortality in type 2 diabetes
Blomster Ji et al. Diabetes Care 2014;37:1353-1359
Das Risiko für Gefäßerkrankungen und Tod istgeringer bei Patienten mit Typ-2-Diabetes, die
mäßig Alkohol trinken.
Starker Trinker:21 Drinks pro Woche bei Männer, 14 bei FrauenModerate Trinker:≤ 21 Drinks pro Woche für Männer, ≤ 14 bei Frauen
Alkohol-Konsum und das Typ-2-Diabetes-Risiko. Reviewund Meta-Analyse
Li XH et al. Am J Clin Nutr 2016;103:818–829
Light: RR: 0.83;95% CI: 0.73, 0.95; P = 0.005
Moderate: RR: 0.74;95% CI: 0.67, 0.82; P < 0.001
Heavy: RR: 0.95;95% CI:0,83, 1,09; P=0,480
10 Regeln einer gesunden ErnährungDeutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE)
1. Die Lebensmittelvielfalt genießen
2. Reichlich Getreideprodukte sowie Kartoffeln
3. Gemüse und Obst – Nimm „5 am Tag“
4. Milch und Milchprodukte täglich, Fisch ein- bis zweimal in der
Woche, Fleisch, Wurstwaren sowie Eier in Maßen
5. Weniger Fett und fettreiche Lebensmittel
6. Zucker und Salz in Maßen
7. Reichlich Flüssigkeit
8. Schonend zubereiten
9. Sich Zeit nehmen und genießen
10.Auf das Gewicht achten und in Bewegung bleiben
Schutzfaktoren zur Vermeidung einesDiabetes
1. Schlanke Taille2. Mehr Bewegung3. Weniger energiereiche Nahrung4. Softdrink-Stopp5. Alkoholgenuss reduzieren6. Guter Schlaf7. Nikotin-Stopp8. Entspannte Blutgefäße
Ich danke Ihnenfür Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Interesse